25.09.2006
Föderalismus Info 4
Wie vor jeder Wahl wird auch diesmal über mögliche Steuersenkungen und nötige Verwaltungsreformen diskutiert. Allzu leicht wird dabei der Kurzschluss gezogen, dass vor allem die föderalistische Struktur Österreichs zu einer unnötig hohen Abgabenquote führe. Ein Vergleich verschieden organisierter Länder beweist das Gegenteil. Gerade die föderalistischen Länder verfügen über eine besonders niedrige Abgaben- und Steuerquote. Österreich liegt im Mittelfeld.
Föderalistische Staaten
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Abgabenquote in % des BIP
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Österreich
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16,19
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USA
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13,24 (2003)
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Schweiz
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13,70 (2002)
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Deutschland
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6,69
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Belgien
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21,08
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Einheitsstaaten mit starkem Dezentralisierungsgrad
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Spanien
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19,78
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Italien
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21,08
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Einheitsstaaten mit starkem
Zentralisierungsgrad |
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Dänemark
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29,32
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Schweden
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28,20
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Finnland
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24,15
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Vereinigtes Königreich (abgesehen von
Schottland und Wales) |
22,03
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Es ist ein leicht widerlegbares Vorurteil, dass die Länder seit Österreichs Beitritt zur Europäischen Union für Umsetzungsdefizite und Gesetzesflut verantwortlich seien. So erlässt der Bund ein Vielfaches an Gesetzen, verglichen mit den Bundesländern. Auch ist der Bund wesentlich öfter mit der Aufhebung von Gesetzen durch den Verfassungsgerichtshof betroffen als die Länder. Und auch ein anderes Vorurteil ist beim Blick auf nüchterne Zahlen zu widerlegen. Nur rund ein Viertel der vom Nationalrat und den Landtagen beschlossenen Gesetze sind Umsetzungen von EU-Richtlinien.
Der Begriff „Sozialkapital“ ist in den letzten Jahren zu einem Schlüsselwort geworden, das im Zusammenhang mit der Stärkung von Gemeinsinn und bürgerschaftlichem Engagement Verwendung findet. Sozialkapital soll das Schlüsselwort sein, das Zusammenhalt und Fortschritt von Gesellschaften gewährleistet. Sozialkapital entlastet den Staat in der Finanzierung und Erhaltung vielfältiger Strukturen, angefangen vom Katastrophenschutz, über die Pflegevorsorge bis hin zur Kultur. Damit stellt sich die Frage, welche Rahmenbedingungen am ehesten die Entstehung von Sozialkapital erhalten. Ebenso wäre zu klären, ob ein Zusammenhang zwischen Sozialkapital, regionaler Identität und Föderalismus besteht. Wenn dies so wäre, könnte Sozialkapital ein Argument für föderale Strukturen sein? Das Institut für Föderalismus veranstaltet zu diesem Themenkomplex gemeinsam mit der Donau-Universität Krems am 7. Dezember 2006 in der Donau-Universität, Audimax, ein Symposium.
Im aktuellen Wahlkampf wurden unterschiedlichste Konzepte zur Lösung der Pflege-Problematik diskutiert. Von verschiedenen Seiten geforderte zentralistische Lösungen, wie bundeseinheitliche Pflegestandards sind wieder von der Bildfläche verschwunden. Zu Recht, meint das Föderalismusinstitut. Denn tatsächlich sind regionale Strukturen wesentlich besser geeignet um die verschiedenen Aspekte wie die mobilen Hilfsdienste, die ehrenamtlichen Tätigkeiten, die Hauskrankenpflege, aber auch die Unterstützung durch ausländische Pflegekräfte zu koordinieren.
Das Dienstrecht der öffentlich Bediensteten befindet sich im Umbruch. In den vergangenen Jahren haben die Länder von der ihnen durch die Beseitigung des Homogenitätsprinzips im Jahre 1999 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Gestaltung des Dienstrechtes ihrer Bediensteten von den Strukturen des Bundesdienstrechtes abzuweichen. Auf der anderen Seite hat auch der Bund sein Dienstrecht wesentlich reformiert bzw. es bestehen Pläne einer noch weiter gehenden Modernisierung. Am 24. November 2006 veranstaltet des Föderalismus-Institut im Grillhof-Tiroler Zentrum für Weiterbildung eine Workshops, in dessen Rahmen verschiedene Themenbereiche der Dienstrechtsreformen bei Bund und Ländern diskutiert werden.
Die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften sind in jedem dezentralisierten System von enormer politischer Bedeutung. In föderalen Staaten, in denen parallel zur zentralen Ebene regionale Träger auf Grund ihrer Gesetzgebungshoheit als eigenständige Akteure auftreten, ist die Frage nach dem System der Verteilung von Besteuerungsrechten und Steuererträgen nicht unwesentlich. Am 25. November 2005 veranstaltete das Institut für Föderalismus in Linz ein Seminar zum Thema „Finanzausgleich und Finanzverfassung auf dem Prüfstand“, bei dem auch der Blick über die österreichischen Grenzen nicht zu kurz kam. Nun liegt der Tagungsband vor.