Die Bezirkshauptmannschaft als tragende Säule der österreichischen Landes- und Bundesverwaltung

von Stephan Rihs, 22.06.2022

Die vorliegende Arbeit stellt als erste Monographie die Bezirkshauptmannschaft in ihren Grundlagen und in ihrem Zukunftspotenzial umfassend dar. Vielfach unterschätzt, ist die Bezirkshauptmannschaft eine der wichtigsten Behörden im Aufbau der österreichischen Verwaltung. Gerade im ländlichen Raum führt die Mehrzahl der Rechtsmaterien und Behördenwege zur Bezirkshauptmannschaft. Zuletzt war die Bezirkshauptmannschaft vor allem als Gesundheitsbehörde, mit ihrer essentiellen Rolle in der Bekämpfung der Corona-Pandemie, im Gespräch. Dieser Aspekt wird, ebenso wie das Zukunftspotenzial dezentraler Verwaltung in Zeiten technologischer Disruption, wird in einem einleitenden Sonderkapitel diskutiert.

Historische Kontroversen und offene Interpretationsfragen 

Ein historischer Abriss verfolgt die Geschichte der Bezirkshauptmannschaft an ihren Ursprung im Verwaltungsaufbau der Monarchie. Zudem wird die politische Kontroverse in der ersten Republik um die Demokratisierung der Bezirksverwaltung und das rivalisierende Konzept der Gebietsgemeinde rekapituliert. 

Aufgrund des mangelnden politischen Konsenses über eine konkretere Ausgestaltung und weitergehende Verankerung der Bezirksverwaltung im Bundes-Verfassungsgesetz erschließt sich das Wesen der Bezirkshauptmannschaft nur aus der Zusammenschau und Interpretation einer Reihe verstreuter verfassungsrechtlicher Bestimmungen. Diese wird im zweiten Abschnitt der Arbeit unternommen. Der vergleichsweise schlanke verfassungsrechtliche Rahmen der Bezirkshauptmannschaft lässt bis zum heutigen Tag Fragen offen. Gerade die mittelbare Bundesverwaltung, in deren Brennpunkt die Bezirkshauptmannschaft steht, scheint in ihrem Wesen und in der Verwaltungspraxis problematischer und komplexer, als ihr landläufig zugestanden wird. Insbesondere die Abstimmung, Koordination und Steuerung zwischen den an der mittelbaren Bundesverwaltung beteiligten Akteuren erscheint diskutabel.

Die Zukunft der Bezirkshauptmannschaft und der mittelbaren Bundesverwaltung

Der Ausblick diskutiert Fragen der Reform des österreichischen Bundesstaats und Potenziale zur Deregulierung. Vielversprechende Innovationen, beispielsweise im Bereich der sprengelübergreifenden Zusammenarbeit von Bezirkshauptmannschaften, werden vorgestellt und beurteilt. Der Fluchtpunkt der Arbeit ist die Frage nach dem Wesen und der Zukunft der mittelbaren Bundesverwaltung. Die vorangestellte verfassungsrechtliche Analyse legt den Schluss nahe, dass die mittelbare Bundesverwaltung sowohl hinsichtlich ihrer Praktikabilität, als auch ihrer Effizienz in ihrer aktuellen Ausgestaltung und Verwaltungspraxis zu hinterfragen ist.

Das komplexe Gefüge des österreichischen Mehrebenen-Föderalismus verschließt sich allerdings einfachen, undifferenzierten Antworten. „Mehr Bund“, „mehr Land“, oder artverwandte global-abstrakte Forderungen nach (De)Zentralisierung werden in der Debatte über die Zukunft des österreichischen Föderalismus nicht zum Ziel führen. Vielmehr bedarf es einer konkreten, materienabhängigen Betrachtung – manches eignet sich zur dezentralen Erledigung, anderes erfordert zentrale Steuerung – die sowohl dem verfassungsrechtlichen Rahmen als auch der empirischen Realität des politischen Systems und Verwaltungsaufbaus Österreichs Rechnung trägt.

 

Informationen zu Stephan Rihs



Stephan RihsStephan Rihs promovierte an der Universität Wien und wurde für seine im Verlag Österreich erschienene Monographie über die Bezirkshauptmannschaften in Österreich mit dem Föderalismus-Preis 2022 ausgezeichnet.

stephan.rihs@gmail.com

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