Gemeindefinanzierung: Aufgabenorientierung erfordert klare Definition

von Christian Mayr, 16.05.2017

Mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz wurde erstmals eine vielgeforderte Aufgabenorientierung bei der Verteilung der Gemeindeertragsanteile eingeführt. Vorerst für den Bereich der Elementarpädagogik – sozusagen als Pilotprojekt. Die Elementarpädagogik zählt zu den wichtigsten und ausgabenintensivsten Aufgabenbereichen und würde wohl somit im allgemeinen Verständnis zu den „kommunalen Basisaufgaben“ gezählt werden. Doch auch wenn hier die Klassifizierung als Basisaufgabe relativ eindeutig ist, ist sich die Literatur bei der Abgrenzung zwischen Basisaufgaben und weiteren kommunalen Aufgaben nicht einig.

Bisherige Studien stützen sich auf Aufgabendefinitionen wie ballungsraumspezifische und zentralörtliche Aufgaben.  So wurden beispielsweise Ausgaben für einzelne Verwaltungsleistungen (z.B. Hoch- und Tiefbau), Pflegeheime und Hauptschulen als ballungsraumspezifische bzw. zentralörtliche Aufgaben identifiziert. Jedoch werden diese Aufgaben ebenso von kleinen Gemeinden wahrgenommen, wenn auch in weniger institutionalisierter Form. Daher muss der Begriff für kommunale Basisaufgaben weiter gefasst werden, als es in den bisherigen Untersuchungen üblich war.

Die aufgabenorientierte Gemeindefinanzierung benötigt eine anerkannte Definition und Bewertung der kommunalen Basisaufgaben aller Gemeinden.

Die „Analyse der Gemeindefinanzen vor dem Hintergrund eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs“ (erschienen in: Schriftenreihe Recht und Finanzierungspraxis der Gemeinden, Band 03/2015) wurde von dieser Fragestellung geleitet. Dazu wurden die kommunalen Aufgaben in verschiedene Aufgabenbereiche anhand einer neuen Aufgabenklassifizierung gegliedert. Als zentraler Aufgabenbereich werden kommunale Basisaufgaben zusammengefasst:

Kommunale Basisaufgaben sind Aufgaben, die jede einzelne Gemeinde gemäß den gesetzlichen Mindestanfordernissen an Quantität und Qualität wahrnehmen muss (Verwaltung, Kindergarten, Volksschule). Aufgaben, die von einer Gemeinde nicht selbst bereitgestellt werden (können), jedoch eine Mitfinanzierungspflicht besteht, sind ebenfalls als kommunale Basisaufgaben zu klassifizieren (z.B. Krankenanstaltenfonds).

Die Definition der kommunalen Basisaufgaben basiert auf folgenden Prämissen:

Neben den kommunalen Basisaufgaben wurden drei weitere Aufgabenbereiche definiert:

Über kommunale Basisaufgaben hinausgehende Aufgaben umfassen jene Aufgaben, die von den Gemeinden zusätzlich zu den kommunalen Basisaufgaben erfüllt werden. Dazu zählen Aufgaben, für die es keinen rechtlichen Auftrag für Gemeinden gibt, welche jedoch politisch gewollt oder historisch gewachsen sind (z.B. Einrichtungen der Freizeitgestaltung sowie Aufgaben, die nur einzelne wahrzunehmen haben. Die Zielgruppe dieser Aufgaben sind die Einwohner der Gemeinde und des Umlandes.

Aufgaben des Gebührenhaushaltes sind Aufgaben, die über Gebühren ausgabendeckend zu finanzieren sind (Abfallwirtschaft, Abwasserwirtschaft, Wasser, Friedhof).

Zu den Wirtschaftliche Tätigkeiten einer Gemeinde werden gemeindeeigene Betriebe und Unternehmen sowie jene Tätigkeiten gezählt, die nicht den kommunalen Basisaufgaben zugerechnet werden können, die jedoch über Einnahmen finanziert werden (können). Auf Basis dieser Definition werden zum Beispiel gemeindeeigene Tennishallen den wirtschaftlichen Tätigkeiten zugeordnet, jedoch nicht Pflege- oder Altenheime.

Alle Unterabschnitte der Haushaltsgruppe 9 „Finanzwirtschaft“ (bis auf 900 Gesonderte Verwaltung) werden dem Bereich „Finanzen“ zugeordnet.

Die definierten Aufgabenbereiche wurden gemessen an den Netto-Ausgaben pro Einwohner nach Gemeindegrößenklassen dargestellt, um so Erkenntnisse über die Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen den Gemeinden aufgrund ihrer Größe oder Funktion zu gewinnen. Netto-Ausgaben ergeben sich aus der Differenz aus den einzelnen Unterabschnitten zugeordneten (zweckspezifischen) Einnahmen und Ausgaben.

Aus den Ergebnissen der „Analyse der Gemeindefinanzen vor dem Hintergrund eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs“ konnten folgende Rückschlüsse gezogen werden:

Gemeinden verwenden den Großteil ihres Budgets für Basisaufgaben. Klein(er)e Gemeinden haben keinen finanziellen Spielraum, große Gemeinden und Städte hingegen schon.

Es findet sich kein einheitliches Bild bei den „Zusatzaufgaben“ der Städte.

Standortvorteile der großen Einheiten bringen zusätzliche Finanzmittel.

Hohe Ausgaben sind nicht zwangsläufig ein Argument für hohen Finanzbedarf. Größenvorteile werden nicht realisiert.

Der Beitrag basiert auf der Studie „Analyse der Gemeindefinanzen vor dem Hintergrund eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs“ von Promberger/Mayr/Ohnewas (erschienen in: Schriftenreihe Recht und Finanzierungspraxis der Gemeinden, Band 03/2015). Die hier dargestellten Erhebungsergebnisse sind nur ein beispielhafter Auszug.

Informationen zu Christian Mayr



Christian MayrMMag. Dr. Christian Mayr (Betriebswirtschaft) ist Prokurist und Senior Consultant bei der Institut für Verwaltungsmanagement GmbH sowie externer Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck. Tätigkeitsschwerpunkte sind öffentliche Finanzen und Haushaltswesen sowie Organisationsanalysen.




christian.mayr@verwaltungsmanagement.at

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