Im «Fall Heta» entscheidet sich die Zukunft des österreichischen Föderalismus

von , 24.06.2015

mbe. ⋅ In Österreich geniesst die Ordnungspolitik keinen besonders hohen Stellenwert. Wenn Probleme auftauchen, versucht man sie eher mit einem pragmatischen «Schau'n ma» zu lösen. Der «Fall Heta» ist jedoch ganz anders gelagert: Selten ist in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten eine ordnungspolitische Grundsatzfrage des Staatswesens dermassen klar auf dem Tisch gelegen. Von der Antwort wird die Zukunft des österreichischen Föderalismus abhängen.

Als Gegenspieler fungieren der österreichische Finanzminister Schelling und der Kärntner Landeschef Kaiser. Schelling sprach Anfang März den mittlerweile berüchtigten Satz aus, dass der Bund nicht für die Kärntner Haftungen einspringen werde . Damit war gemeint, dass Klagenfurt selbst eine Lösung für seine rund 10 Mrd. € an Heta-Haftungen finden müsse. Das war eine fast revolutionäre Aussage, denn tatsächlich ist in der österreichischen Verfassung nicht geklärt, ob im Föderalismus das No-Bail-out-Prinzip gilt oder ob dem Bund eine Beistandspflicht zukommt.

Seither hängen die Heta-Haftungen wie ein Damoklesschwert über Kärnten. Während die akuten Finanzierungsprobleme des Landes durch Kreditzusagen des Bundes gelöst werden konnten (siehe obenstehenden Text), bilden die Heta-Garantien das eigentlich viel grössere und ungelöste Problem. In Klagenfurt stellt man sich auf den Standpunkt, dass man die Heta-Lasten niemals selbst tragen könne. «Es kann nur eine gemeinsame Lösung mit dem Bund geben», erklärt dazu Landeschef Kaiser.

Gibt es einen Weg, wie sich die beiden gegensätzlichen Positionen verbinden liessen? Den wahrscheinlich einzigen Ansatz haben Analytiker der Bank Berenberg skizziert . In einer Studie vom März gingen sie davon aus, dass Kärnten wohl für rund 3 Mrd. € seiner Haftungen tatsächlich wird aufkommen müssen. Kärnten könnte sich vom Bund einen Kredit in dieser Höhe geben lassen und diesen dann über 50 Jahre hinweg abstottern. Laut den Berenberg-Berechnungen würde dies Klagenfurt dank den derzeit niedrigen Zinsen rund 85 Mio. € pro Jahr kosten. Damit stünde Kärnten für seine Haftungen ein, aber würde vom Bund unterstützt – ein eleganter Lösungsweg. Landeschef Kaiser winkt ab: Zusätzlich einen so grossen Betrag im Haushalt einzusparen, sei unmöglich. In der Tat haben sich die Perspektiven verdüstert, seit jüngst eine noch grössere Kapitallücke bei der Heta bekanntgeworden ist . Kärnten benötigte nun wohl eher einen Kredit von 5 Mrd. € und hätte dafür 140 Mio. € im Budget freizumachen.

Wenn Kärnten allerdings in der Schweiz oder in den USA liegen würde, käme Kaiser nicht umhin, sich Gedanken über zusätzliche Sparanstrengungen zu machen. Im wettbewerblichen Föderalismus dieser Länder ist Bundeshilfe prinzipiell ausgeschlossen . Schelling geht es darum, dem Nicht-Beistands-Prinzip auch in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen. Kärnten mag Auslöser und Exempel sein, aber im Zentrum steht das grössere Ganze: Man möchte die Landespolitiker zur finanzpolitischen Eigenverantwortung erziehen. Dafür gibt es einigen Grund. Im «kooperativen» Föderalismus Österreichs ist es um die Selbstverantwortung der Landesfürsten nicht gut bestellt. Kärnten stellt zwar einen Extremfall dar, aber es ist kein Ausnahmefall. Auch in anderen Bundesländern wurden etwa Haftungen übernommen, die ein Jahresbudget deutlich übersteigen. Künftig will der Bund verhindern, dass die Länder über die Verhältnisse leben und bei Notlagen auf Bundeshilfe schielen.

Mit Kaisers Ablehnung der Berenberg-Kompromisslösung ist klar, dass es zum Showdown kommen wird. Entweder wird sich Schelling mit dem No-Bail-out-Prinzip durchsetzen, oder der Bund wird einspringen. Angesichts der enormen Finanzlöcher bei der Heta wird sich die Bundeshilfe realpolitisch kaum vermeiden lassen. Denkbar ist etwa, dass sich der Bund und Kärnten die Lasten hälftig teilen. Für die Zukunft des österreichischen Föderalismus wäre das ein schlechtes Signal. Schellings Streben nach einem System mit starken und eigenverantwortlichen Bundesländern wäre gescheitert. Die Länder würden definitiv zu Verwaltungseinheiten am Tropf des Bundes.

 

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