Neues Rechnungswesen: Konstruktives Verhandeln
von Egon Mohr, 06.10.2014Oft ist es schwer, eine Verhandlungsposition aller Länder darzustellen. In diesem Fall ist es wesentlich leichter, da die Weiterentwicklung des Haushaltswesens die letzten zwei Jahre immer wieder einen Tagesordnungspunkt der Landesfinanzreferentenkonferenz bildete (z.B. am 26.04.2013, 11.10.2013 und 09.05.2014) und bei dieser Gelegenheit jeweils einstimmige Beschlüsse gefasst wurden.
Die Aussage des neuen Finanzministers Dr. Schelling, dass die Länder keine Reformverweigerer sind, bezieht sich unter anderem auch auf die Reform des Haushaltswesens. Die Ländervertreter haben schon bei der Besprechung auf höchster politischer Ebene am 04.01.2013 in Mondsee einvernehmlich signalisiert, dass sie bezüglich des Spekulationsverbotes und des Haushaltswesens zu transparenten und vergleichbaren Regelungen bereit sind und für den Fall, dass es zu keinen verfassungsrechtlichen Bestimmungen kommt, den Abschluss von Art. 15a B-VG Vereinbarungen wünschen oder bei entsprechender Ergänzung des Ermächtigungs- BVG Vereinbarungen, bei welchen auch der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund Vertragspartner sind.
Das Spekulationsverbot wurde zwischenzeitlich von allen neun Ländern in unterschiedlicher, aber vergleichbarer und zielführenderer Form umgesetzt, jedoch nicht vom Bund.
Der Bund hat seine Bundeshaushaltsreform in 2 Etappen umgesetzt. Leider waren die Länder in diese Haushaltsreform nicht eingebunden und es sind die Kontenpläne des Bundes, der Länder und der Gemeinden nicht verändert worden. Dies hat einerseits den Vorteil, dass bei der betreffenden Gebietskörperschaft die Zeitreihe rückwärts auch Jahre vor der Haushaltsreform umfassend problemlos möglich ist, andererseits die bisher erschwerte Vergleichbarkeit zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden auch in Zukunft nicht verbessert wird. Meines Erachtens wäre diese große Haushaltsreform auch die Chance gewesen, die Kontenpläne zu vereinheitlichen und damit die Vergleichbarkeit gebietskörperschaftsübergreifend zu verbessern.
Die Landesfinanzreferentenkonferenz hat sich am 26.04.2013 einvernehmlich zu den Vorgaben aus dem Entwurf der Art. 15a B-VG Vereinbarung über einheitliche Grundsätze des Haushaltsrechts und eine risikoaverse Finanzgebarung mit einer möglichst getreuen, vollständigen und einheitlichen Darstellung der finanziellen Lage in Liquiditäts-, Ressourcen- und Vermögenssicht sowie zu Transparenz, Effizienz und weitgehender Vergleichbarkeit der Haushaltsregeln (Ergebnis von Mondsee) bekannt.
Das Bundesministerium für Finanzen hat einen Vorschlag für eine neue VRV (Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung), die wiederum nur für die Länder und Gemeinden gilt, übermittelt. Da dieser Vorschlag nicht in allen Bereichen annehmbar war, wurde auf deren Basis von den Ländern unter Mitarbeit des Städte- und Gemeindebundes ein Gegenvorschlag erarbeitet. Auf Basis des Bundesvorschlages und des Gegenvorschlages der Länder ist seit dem Frühjahr 2014 an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet worden. Dabei sind einige wesentliche Fragen auf Beamtenebene offen geblieben, die durch eine politische Runde des Bundes, der Länder und Gemeinden nach Möglichkeit noch im Herbst 2014 gelöst werden müssen.
Unter den Ländern besteht weitestgehend Einigkeit. Globalbudgets und Wirkungsorientierung soll es in der neuen VRV nur optional geben. Zur rechtlichen Absicherung der neuen VRV soll es eine Art. 15a B-VG Vereinbarung geben, da die neue VRV weit über Form und Gliederung hinausgeht und der derzeit geltende § 16 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 als verfassungsrechtliche Grundlage nicht ausreicht und die Zweidrittel-Mehrheit für eine Erweiterung des § 16 F-VG 1948 im Nationalrat nicht erreichbar sein wird.
Da Vorarlberg mit Ausnahme der Finanzierungsrechnung, die auf einem kameralen Rechnungswesens aufbaut, die anderen Systeme des Drei-Komponenten-Rechnungswesens, nämlich Ressourcen- und Vermögensrechnung, schon viele Jahre hat, zeigen meine Erfahrungen, dass die erhoffte volle Transparenz nur dann gegeben ist, wenn der Leser des Voranschlages oder Rechnungsabschlusses diese Rechnungssysteme gut versteht. Ob die erwartete Verbesserung der Vergleichbarkeit innerhalb der Länder eintritt, werden die Erfahrungen nach dem Inkrafttreten der neuen VRV voraussichtlich im Jahre 2018 zeigen. Obwohl die gesamte Haushaltsreform mit beachtlichen Kosten für die Länder verbunden ist, bekennen sich die Länder einhellig dazu, da es ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung ist.
Die Gemeinden zögern noch und wünschen sich eine wesentlich vereinfachte Form. Nach Ansicht der Gemeinden ist mit der Haushaltsreform ein großer finanzieller und bürokratischer Aufwand verbunden, den der dadurch gewonnene zusätzliche Informationsgehalt nicht zu rechtfertigen vermag. Eine Argumentation, die den Ländervertretern sehr bekannt ist. Da es eine Jahrhundertumstellung ist, sollte die Reform dennoch mit vertretbaren Kosten umgesetzt werden.
Informationen zu Egon Mohr
Hofrat Dr., Leiter der Finanzabteilung der Vorarlberger Landesregierung
egon.mohr@vorarlberg.at
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