Föderalismus Info - Archiv

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2025


Veranstaltungshinweis: Festakt 50 Jahre Institut für Föderalismus am 30.06.2025 in Innsbruck



Am Montag, den 30.06.2025 findet im Großen Saal / Landhaus 1 in Innsbruck von 18:00 – 21:00 der Festakt „50 Jahre Institut für Föderalismus“ satt. Nach Grußworten des Landeshauptmanns von Tirol Anton Mattle wird der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Univ. Prof. DDr. Dr. h.c. Christoph Grabenwarter eine Festrede halten. Anschließend wird der Institutsdirektor Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger eine Rückschau auf die Arbeit des Instituts für Föderalismus halten sowie einen Ausblick auf dessen Zukunft werfen.

Nähere Informationen zur Veranstaltung werden zeitnah veröffentlicht.

Veranstaltungshinweis: Tagung „100 Jahre Kompetenzverteilung und allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern“ am 04.07.2025 in Innsbruck



Nicht nur das Institut für Föderalismus feiert heuer ein rundes Jubiläum: Am 1. Oktober 2025 jährt sich auch zum 100. Mal das Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, eines zentralen Forschungsgegenstands des Instituts. Der Grundstein für die allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern ging ebenso auf die große Verwaltungsreform im Jahr 1925 zurück. Sie verdient durch die aktuelle Debatte über Einsparungen in der Verwaltung besonderes Interesse. Am Freitag, den 04.07.2025 findet aus Anlass dieser beiden Jubiläen eine wissenschaftliche Tagung an der Universität Innsbruck statt. Die Tagung ergänzt den Festakt zum 50-jährigen Bestehen des IFÖ am Montag, den 30. Juni 2025 im Tiroler Landhaus und widmet sich dem Thema 100 Jahre Kompetenzverteilung und allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen wissenschaftlich zu reflektieren, historisch einzuordnen und mit Blick nach vorn zu diskutieren.

Details zur Veranstaltung und Informationen zur Anmeldung finden Sie unter https://foederalismus.at/de/foederalismus/veranstaltungen/index.php?news_id=20045.


Veranstaltungshinweis: Ringvorlesung zum 50. Jubiläum des Instituts für Föderalismus von September – November 2025 in Innsbruck



Zum 50. Jubiläum veranstaltet das Institut für Föderalismus im Herbst 2025 eine sechsteilige Ringvorlesung. In dieser wird das breite Feld der Föderalismusforschung abgedeckt, es werden Forschungsfragen aus den Disziplinen der Politikwissenschaft, der Ökonomie, des Rechts und der Geschichte für ein breites Publikum eingefangen und aufbereitet. Namhafte Wissenschaftler aus In- und Ausland sind als Vortragende geladen und werden dem Auditorium Einblick in die vielfältige föderale Welt geben.

Folgende Vorträge sind dabei geplant:

  • 22.09.2025: 1. Vorlesung – „Föderalismus als Modell der Staatsorganisation im internationalen Vergleich“ / Dr. Karl Kössler, Forschungsgruppenleiter und Wissenschaftler am Institut für Vergleichende Föderalismusforschung an der Eurac Research in Bozen/Bolzano
  • 29.09.2025: 2. Vorlesung – „Entwicklung der Europäischen Union als eine quasi-föderale Ordnung aus historischer und gegenwärtiger Sicht“ / Univ.-Prof. Dr. Michael Gehler, Leiter des Instituts für Geschichte und Professor an der Stiftung Universität Hildesheim
  • 13.10.2025: 3. Vorlesung – „Föderalismus, Landesparlamente und demokratische Beteiligung“ / Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung und Professorin an der Universität der Bundeswehr München
  • 27.10.2025: 4. Vorlesung – „Föderalismus als Selbst- und Mitbestimmung“ / Ass.-Prof. Dr. Sean Müller, Politologe und Assistenzprofessor am Institut für politische Studien an der Universität Lausanne
  • 10.11.2025: 5. Vorlesung – „Wie die Globalisierung den Föderalismus fordert, fördert und formt: Eine ökonomische Analyse“ / Prof. Dr. David Stadelmann, Ökonom und Professor an der Universität Bayreuth
  • 24.11.2025: 6. Vorlesung – „Einstellungen zum österreichischen Föderalismus“ / Dr. Katrin Praprotnik, Politologin an der Universität Graz und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Strategieanalysen

Weitere Informationen sowie Details zur Anmeldung werden demnächst veröffentlicht.

VfGH 04.03.2025, G 164/2024: Keine Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Oö GrundverkehrsG 1994 betreffend die Einschränkungen des Erwerbs von Fr



In VfGH 04.03.2025, G 164/2024 befasste sich der Gerichtshof mit der Verfassungsmäßigkeit von § 7 Oö Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö GVG 1994), welcher den Rechtserwerb zu Freizeitwohnsitzzwecken im Vorbehaltsgebiet generell untersagt, sofern nicht im Gesetz angeführte Ausnahmetatbestände vorliegen. Dem Erkenntnis sind interessante Aussagen zur allgemeinen Zulässigkeit der Beschränkung von Freizeitwohnsitzen aus grundrechtlicher Sicht zu entnehmen.

Ausgangspunkt des Prüfverfahrens war, dass der in Wien wohnhafte Beschwerdeführer und dessen Bruder von der gemeinsamen Tante jeweils zur Hälfte deren Anteile an einer Liegenschaft in einem Vorbehaltsgebiet der Gemeinde Bad Ischl in Oberösterreich geerbt hatten. Der Beschwerdeführer wollte nun mit einem Kaufvertrag die Hälfteanteile seines Bruders erwerben. Zu diesem Zweck beantragte er die Erlassung eines Feststellungsbescheides für den Rechtserwerb an den betroffenen Anteilen auf Grund des Kaufvertrages. Darin begehrte er die Feststellung, dass das Rechtsgeschäft einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht bedürfe; in eventu möge die Behörde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei diesem Rechtsgeschäft um die Zusammenziehung der Hälfteanteile (Erbantritt gemäß Einantwortungsbeschluss) handle.

Die zuständige Behörde stellte fest, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich sei. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Im Anschluss versagte die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ausnahmetatbestände im Sinne des § 7 Abs 2 und 3 Oö GVG 1994 nicht vorlägen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als unbegründet ab. Das LVwG führte aus, dass sich der Beschwerdeführer in dieser Wohnung in der Absicht niederlasse, sie nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern nur zeitweilig zu Erholungszwecken zu verwenden und dass es sich damit um einen Freizeitwohnsitz handle. Der Rechtserwerb zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb eines Vorbehaltsgebiets ist aber gemäß § 7 Abs 1 Oö GVG 1994 unzulässig, soweit nicht eine der im Gesetz genannten Ausnahmen vorliegt. Derartige Ausnahmen bestehen gemäß § 7 Abs 2 Oö GVG 1994 für Rechtserwerbe an Grundstücken

  • mit der Widmung Zweitwohnungsgebiet (Z 1),
  • durch nahe Angehörige, wenn der Rechtsvorgänger zumindest die letzten zehn Jahre Eigentümer des Grundstücks oder Grundstücksteiles war (Z 2), oder
  • deren Gegenstand während der letzten fünf Jahre ausschließlich zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurde (Z 3).

Keine dieser Ausnahmen lag im vorliegenden Fall vor: Das Grundstück sei nicht als Zweitwohnungsgebiet gewidmet, der Verkäufer (der Bruder des Beschwerdeführers) sei in den letzten zehn Jahren nicht Eigentümer der Wohnung gewesen, und die Wohnung sei auch nicht in den letzten fünf Jahren als Freizeitwohnsitz genutzt worden. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher zu Recht abgewiesen worden.

Gegen die Entscheidung des LVwG Oberösterreich erhob der Beschwerdeführer eine Erkenntnisbeschwerde gemäß Art 144 B-VG an den VfGH. Dieser prüfte die Verfassungsmäßigkeit des § 7 Oö GVG 1994 – konkret, ob diese Bestimmung das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzte – von Amts wegen. Der VfGH verwies auf die Ziele des Grundverkehrsrechts in § 1 Abs 1 Z 1 und Z 3 bis Z 6 Oö GVG 1994 und hielt dazu fest:

Sofern es zur Verwirklichung dieser Ziele notwendig ist, hat die Landesregierung gemäß § 6 Abs 1 Oö GVG 1994 durch Verordnung Gebiete, in denen die Anzahl der Freizeitwohnsitze im Verhältnis zur Anzahl der Hauptwohnsitze erheblich über den entsprechenden Zahlen in den angrenzenden oder vergleichbaren Gebieten liegt oder die Anzahl der Freizeitwohnsitze einer soziokulturellen, strukturpolitischen, wirtschaftspolitischen oder gesellschaftspolitischen Entwicklung dieses Gebietes (Ortsentwicklung) entgegensteht oder eine überdurchschnittliche Erhöhung der Preise für Baugrundstücke durch die Nachfrage an Freizeitwohnsitzen eingetreten ist bzw eine solche unmittelbar droht, zu Vorbehaltsgebieten zu erklären.

Nach § 7 Abs 1 Oö GVG 1994 sind Rechtserwerbe gemäß § 1 Abs 2 Z 1 Oö GVG 1994 zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb eines Vorbehaltsgebietes unzulässig, soweit keine Ausnahmetatbestände vorliegen. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass jene Rechtserwerbe reguliert werden sollen, die Freizeitwohnsitzzwecken dienen und nicht ausdrücklich in entsprechend gewidmeten Bereichen liegen.

Ein Rechtserwerb gemäß § 1 Abs 2 Z1 bis 4 Oö GVG 1994 fällt aber nicht unter den Anwendungsbereich des § 7 Abs1 Oö GVG 1994, wenn ein Erwerber bereits Miteigentum an einer dem Rechtserwerb unterliegenden Liegenschaft besitzt und diese schon als Freizeitwohnsitz im Sinne des §2 Abs6 Oö GVG 1994 rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf. In derartigen Konstellationen wird das Ziel der Vermeidung der Nutzung einer Liegenschaft als Freizeitwohnsitz durch die Untersagung eines solchen Rechtserwerbes nicht erreicht. Aus dem Zweck und dem Regelungszusammenhang des Oö GVG 1994 – insbesondere der §§ 1, 6 und 7 Oö GVG 1994 – ergibt sich daher, dass die Übertragung eines ideellen Anteils in solchen Fällen nicht von § 7 Abs 1 Oö GVG 1994 umfasst ist. Vor diesem Hintergrund vermochte der VfGH eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums und des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu erkennen.

Für den Anlassfall (VfGH 04.03.2025, E 2269/2023) bedeutete dies, dass der Entscheidung des LVwG Oberösterreich zwar keine rechtswidrige generelle Norm zugrunde lag; dennoch verletzte die Entscheidung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums, weil das LvWG davon ausging, dass es sich bei dem Kaufvertrag, der diesem Fall zugrunde lag, um einen Rechtserwerb im Sinne des § 7 Oö GVG 1994 handle.

Insgesamt zeigt sich somit, dass der Landesgesetzgeber das Ziel einer Vermeidung einer Nutzung von Liegenschaften als Freizeitwohnsitz auch mit potenziell eingriffsintensiven Maßnahmen verfolgen kann, solange sich diese – insbesondere auch durch die gesetzliche Normierung von Ausnahmen in begründeten Fällen – als verhältnismäßig erweisen.

Stand der Umsetzung der RED III-Richtlinie in den Bundesländern



Gegen die Republik Österreich ist derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren wegen fehlender Teilumsetzung der „Richtlinie (EU) 2023/2413 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001, der Verordnung (EU) 2018/1999 und der Richtlinie 98/70/EG im Hinblick auf die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/652 des Rates“ (Renewable Energy Directive III – RED III-Richtlinie) anhängig (VV 2024/0206).

Die RED III-Richtlinie ist eine Überarbeitung der EU Erneuerbare-Energie-Richtlinie. Die EU-Staaten werden dabei verpflichtet, die oftmals jahrelangen Verfahren zur Genehmigung von erneuerbaren Energieanlagen erheblich zu verkürzen. Die RED III-Richtlinie hat das Ziel, den Anteil an Erneuerbaren Energien im Endverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 42,5 Prozent innerhalb der EU zu erhöhen. Durch die Richtlinie werden die EU-Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien in den Sektoren Elektrizität, Gebäude, Wärme und Fernwärme, Industrie sowie Verkehr (Transport) angehoben. Weiters werden Regelungen betreffend grenzüberschreitende Projekte, Herkunftsnachweise, Verwaltungsverfahren sowie Information und Ausbildung adaptiert. Die Richtlinie gibt auch Vorgaben bezüglich der Kriterien für Nachhaltigkeit und Treibhausgasemissionen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe, Biomassebrennstoffe und erneuerbare Brennstoffe nicht biogenen Ursprungs und wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe vor. Da die RED III-Richtlinie zu einem großen Teil Länderkompetenzen betrifft (etwa das Bau- und Naturschutzrecht; betroffen ist auch die Ausführungsgesetzgebungskompetenz im Elektrizitätswesen), müssen die Landesrechtsordnungen zu deren Umsetzung adaptiert werden.

Das derzeit anhängige Vertragsverletzungsverfahren soll zum Anlass genommen werden, einen generellen Überblick über den Stand der Umsetzung der RED III-Richtlinie in den Ländern zu geben.

Am 12.05.2025 wurde im Burgenland das Gesetz vom 24. April 2025, mit dem das Burgenländische Elektrizitätswesengesetz 2006, das Burgenländische Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz und das Burgenländische Baugesetz 1997 geändert werden (Erstes Burgenländisches Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz), LGBl 19/2025, kundgemacht, womit die unionsrechtlichen Vorgaben im Landesrecht umgesetzt wurden.

In Kärnten erfolgte eine Umsetzung mit dem Gesetz vom 18. Juli 2024, mit dem das Kärntner Raumordnungsgesetz 2021, die Kärntner Bauordnung 1996, das Kärntner Elektrizitätsgesetz und das Kärntner Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2011 geändert werden (1. Kärntner Energiewende-Gesetz), LGBl 55/2024.

In Niederösterreich wurde die RED III-Richtlinie am 17.03.2025 durch eine Änderung der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), LGBl 40/2025, umgesetzt.

In Oberösterreich hatten mehrere Gesetze die Umsetzung der RED III-Richtlinie zum Ziel:

  • Landesgesetz, mit dem die Oö. Bauordnung 1994 geändert wird (2. Oö. Bauordnungs-Novelle 2024), LGBl 60/2024;
  • Landesgesetz, mit dem das Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, das Oö. Nationalparkgesetz und das Oö. Umwelthaftungsgesetz geändert werden (Oö. Natur- und Landschaftsschutzrechtsnovelle 2024), LGBl 62/2024;
  • Landesgesetz, mit dem das Landesgesetz über begleitende Maßnahmen zur Durchführung und Umsetzung von Rechtsvorschriften der Europäischen Union (Oö. EU-Begleitregelungs- und Umsetzungsgesetz - Oö. EU-BUG) geändert wird, LGBl 99/2024;
  • Landesgesetz, mit dem das Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 und das Oö. Starkstromwegegesetz 1970 geändert werden, LGBl 100/2024.

In Salzburg diente das Gesetz vom 2. Oktober 2024, mit dem das Salzburger Naturschutzgesetz 1999, das Salzburger Nationalparkgesetz 2014 und das Landesumweltanwaltschafts-Gesetz geändert werden, LGBl 85/2024, der Teilumsetzung (im Naturschutzrecht) der RED III-Richtlinie.

In Tirol ist primär das Gesetz vom 2. Oktober 2024 über Anpassungen der Tiroler Landesrechtsordnung zum Zweck der Erleichterung des Ausbaus von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erstes Tiroler Erneuerbaren Ausbaugesetz), LGBl 73/2024, zu nennen. Weitere weniger weitreichende Umsetzungsmaßnahmen wurden durch das Gesetz vom 5. Februar 2025, mit dem das Tiroler Raumordnungsgesetz 2022 und das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 geändert werden, LGBl 6/2025, gesetzt.

Vorarlberg setzte einen ersten Schritt zur Umsetzung der RED III-Richtlinie mit dem Gesetz über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl 57/2024. Am 29.01.2025 wurde vom Vorarlberger Landtag dann das Gesetz über Erleichterungen für Vorhaben der Energiewende – Sammelgesetz, LGBl 21/2025, zur weiteren Umsetzung der Richtlinie beschlossen.

Federal Scholar in Residence Programm 2026



Um den wissenschaftlichen Austausch zu vergleichenden Föderalismus- und Regionalismusstudien zu fördern und um die Anregung und Weiterentwicklung neuer Projektideen zu unterstützen, hat das Institut für Vergleichende Föderalismusforschung von Eurac Research (Bozen) das jährliche Federal Scholar in Residence-Programm ins Leben gerufen. Der Gewinn der Ausschreibung ermöglicht einen bis zu dreiwöchigen Forschungsaufenthalt am Forschungszentrum Eurac Research in Bozen, Südtirol. Es bietet sich die Gelegenheit, eigene Forschungsergebnisse aus vergleichender Föderalismus- und Regionalismusforschung und im Bereich der intergouvernementalen Beziehungen mit internationalen WissenschaftlerInnen und ExpertInnen zu diskutieren und zu präsentieren.

Bewerbende müssen ein noch nicht veröffentlichtes Manuskript einreichen und bereit sein, ihre Forschungsergebnisse auf Englisch in Seminaren an der Eurac Research und in benachbarten Universitäten vorzustellen.

Bewerbungen müssen bis 01. Juli 2025, 15:00 Uhr direkt an die Projektleitung (federalscholar@eurac.edu) gesendet werden.

Nähere Informationen sind unter http://www.eurac.edu/federalscholar abrufbar.

Buchpräsentation „Rechtsstaat und Rechnungshöfe“ am 27.05.2025 in Innsbruck



Am Dienstag, den 27. Mai 2025 um 16:00 Uhr, findet im Landhaus 1, Landtagssitzungssaal, Eduard-Wallnöfer Platz 3, 6020 Innsbruck die Präsentation des Buches „Rechtsstaat und Rechnungshöfe. Ein Vergleich zwischen Österreich und Italien“ statt. Der Tagungsband fasst die Ergebnisse einer im Juni 2024 an der Universität Innsbruck abgehaltenen Tagung zusammen.

Programm:

  • Begrüßung: Landtagsvizepräsident Mag. Dominik Mainusch
  • Einführende Worte: Univ.-Prof.in Dr.in Esther Happacher
  • Festrede Mag. Martin Kreutner, MSc (Vorsitzender der Untersuchungskommission im Justizministerium; Erster Dekan em. der IACA): Freiheit und Verantwortung – Die Kontrolle im demokratischen Rechtsstaat
  • Abschließende Bemerkungen: Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger
  • Im Anschluss (ca. 17 Uhr) wird zum Apéro geladen.

Anmeldungen werden bis spätestens 26. Mai 2025 an landtag.direktion@tirol.gv.at oder Michaela.Irowec@uibk.ac.at erbeten.

Jubiläumsjahr 2025 – IFÖ50: Fünfzig Jahre Forschung für Vielfalt



In diesem Jahr feiert das Institut für Föderalismus sein 50-jähriges Bestehen. Das Jahr wird daher unter dem Motto „IFÖ50: Fünfzig Jahre Forschung für Vielfalt“ stehen, was sich auch in mehreren Veranstaltungen des Instituts für Föderalismus äußern wird. Im Rahmen dieser Föderalismus-Info dürfen wir daher bereits auf drei dieser Veranstaltungen – darunter insbesondere den Festakt anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums am 30.06.2025 – sowie eine ebenfalls im Zeichen des Jubiläumsjahres stehende Ringvorlesungsreihe im Herbst 2025 hinweisen.

Über weitere Veranstaltungen, welche ebenfalls unter dem Motto des Jubiläumsjahres stehen, wird das IFÖ laufend informieren – es sei an dieser Stelle auch auf die unter https://www.foederalismus.at/de/foederalismus/veranstaltungen/ abrufbare Veranstaltungsübersicht hingewiesen.

Podiumsdiskussion „Celebrating 50 Years of Research on Austrian Federalism“ am 05.02.2025



Einen Einstieg ins Jubiläumsjahr des Instituts für Föderalismus stellt die vom Institut für Föderalismus in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck sowie Eurac Research veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema „Celebrating 50 Years of Research on Austrian Federalism“ dar, welche am 05.02.2025 im Claudia-Saal Claudiana, Herzog-Friedrich-Straße 3, 6020 Innsbruck stattfinden wird.

In englischer Sprache werden dabei nach einer Einführung durch den Institutsdirektor folgende Expertinnen und Experten in englischer Sprache diskutieren:

  • Eva Maria Belser, University of Fribourg, Switzerland
  • Erin F. Delaney, University College London, UK
  • Anna Gamper (Chair), University of Innsbruck, Austria
  • Francesco Palermo, EURAC Bolzano-Bozen/University of Verona, Italy
  • Patricia Popelier, University of Antwerp, Belgium

Nähere Informationen sind unter https://foederalismus.at/de/foederalismus/veranstaltungen/ abrufbar. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei; eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Festakt 50 Jahre Institut für Föderalismus am 30.06.2025



Höhepunkt der Feierlichkeiten wird ein Festakt am 30.06.2025 um 18:00 Uhr im Landhaus 1, 6020 Innsbruck sein. Nach Grußworten durch den Landeshauptmann von Tirol, Herrn Anton Mattle, wird der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Univ.-Prof. DDr. Dr. h.c. Christoph Grabenwarter einen Festvortrag halten. Im Anschluss wird eine moderierte Diskussion zum Föderalismus in Österreich stattfinden.

Tagung 100 Jahre Kompetenzverteilung



Am 1. Oktober 2025 jährt sich das Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, eines zentralen Forschungsgegenstands des Instituts für Föderalismus, zum 100. Mal. Der Grundstein für die allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern ging ebenso auf die große Verwaltungsreform im Jahr 1925 zurück. Am 04.07.2025 wird in den Räumlichkeiten der Universität Innsbruck eine wissenschaftliche Tagung zum Thema „Kompetenzverteilung/Allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern“ stattfinden.

Im Rahmen der Tagung werden folgende Vorträge gehalten:

Panel I: Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung im nationalen und internationalen Rahmen

  • Anna Gamper, Universität Innsbruck: Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Bundesstaat
  • Markus Vašek, Universität Linz: Die Entwicklung der Kompetenzverteilung seit 1925 – eine schleichende Gesamtänderung oder vielmehr Stärkung des Föderalismus?
  • Nathalie Behnke, Technische Universität Darmstadt: Kompetenzverteilung und die „Checks and Balances“ in föderalen Systemen
  • Eva Maria Belser, Universität Fribourg: Möglichkeiten und Chancen der Flexibilisierung der Kompetenzverteilung im internationalen Rahmen
  • Georg Lienbacher, Verfassungsgerichtshof und Wirtschaftsuniversität Wien: Die Auswirkungen des EU-Rechts auf die innerstaatliche Kompetenzverteilung

Panel II: Die Zukunft der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern – ein Modell für die Zukunft?

  • Ewald Wiederin, Universität Wien: 100 Jahre mittelbare Bundesverwaltung – Ein Rückblick auf die Entwicklung und aktuelle Herausforderungen
  • Maria Bertel, Universität Graz: Die allgemeine staatliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung und ihre Entwicklungsperspektiven
  • Peter Bußjäger, Institut für Föderalismus: Die Zukunft der Bezirksverwaltung zwischen Allgemein- und Spezialbehörden sowie Landes- und Gemeindeebene
  • Christian Rathgeb, Chur, eh. Vorsitzender der Konferenz der Kantonsregierungen: Der Vollzug von Bundesrecht durch die Kantone in der Schweiz

Ringvorlesung im Herbst 2025



Zum 50. Jubiläum veranstaltet das Institut für Föderalismus im Herbst 2025 eine sechsteilige Ringvorlesung. In dieser wird das breite Feld der Föderalismusforschung abgedeckt, es werden Forschungsfragen aus den Disziplinen der Politikwissenschaft, der Ökonomie, des Rechts und der Geschichte für ein breites Publikum eingefangen und aufbereitet. Namhafte Wissenschaftler aus In- und Ausland sind als Vortragende geladen und werden dem Auditorium Einblick in die vielfältige föderale Welt geben.

Folgende Vorträge sind dabei geplant:

22.09.2025

1. VO – „Föderalismus als Modell der Staatsorganisation im internationalen Vergleich“ (Arbeitstitel)

Dr. Karl Kössler, Forschungsgruppenleiter und Wissenschaftler am Institut für Vergleichende Föderalismusforschung an der Eurac Research in Bozen/Bolzano

29.09.2025

2. VO – „Entwicklung der Europäischen Union als eine quasi-föderale Ordnung aus historischer und gegenwärtiger Sicht“ (Arbeitstitel)

Univ.-Prof. Dr. Michael Gehler, Leiter des Instituts für Geschichte und Professor an der Stiftung Universität Hildesheim

13.10.2025

3. VO – „Föderalismus, Landesparlamente und demokratische Beteiligung“ (Arbeitstitel)

Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung und Professorin an der Universität der Bundeswehr München

27.10.2025

4. VO – „Föderalismus als Selbst- und Mitbestimmung“ (Arbeitstitel)

Ass.-Prof. Dr. Sean Müller, Politologe und Assistenzprofessor am Institut für politische Studien an der Universität Lausanne

10.11.2025

5. VO – „Wie die Globalisierung den Föderalismus fordert, fördert und formt: Eine ökonomische Analyse“ (Arbeitstitel)

Prof. Dr. David Stadelmann, Ökonom und Professor an der Universität Bayreuth

24.11.2025

6. VO – „Einstellungen zum österreichischen Föderalismus“ (Arbeitstitel)

Dr. Katrin Praprotnik, Politologin an der Universität Graz und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Strategieanalysen

Föderalistische Herausforderungen in der neuen Legislaturperiode des Nationalrats



Noch immer ist unklar, welche Parteien die neue Bundesregierung bilden werden, ebensowenig liegt ein Regierungsprogramm vor. Wie entschlossen daher die neue Bundesregierung Reformen im bundesstaatlichen System vorantreiben wird, bleibt offen. Fest steht jedoch, dass die bisweilen vorgebrachte Ansicht, dass der österreichische Föderalismus eine Reformbremse darstelle, unzutreffend ist. Im aktuellen Föderalismus-Talk Nr. 35 „Föderalismus als Reformbremse? Ein Irrtum.“ führt der Institutsdirektor aus, warum vielmehr das Gegenteil der Fall ist. Der Talk in seiner Langfassung ist unter https://foederalismus.at/de/media/foederalismus-talk/ frei abrufbar.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit ist es jedenfalls besser, kleinere Reformpakete zu schnüren als sich großangelegte Verfassungsreformen vorzunehmen, die in einen schwierigen Verhandlungsprozess münden. Im Folgenden sollen daher lediglich stichwortartig einige Herausforderungen genannt werden, denen sich die künftige Bundesregierung annehmen sollte:

  • Beschleunigung von Verfahren: Insbesondere bei Betriebsanlagen stellt sich die Frage einer umfassenden Verfahrenskonzentration mit einer Integration der bisher von den Gemeinden geführten Bauverfahren in das Betriebsanlagenverfahren. Das Thema Verfahrenskonzentration wird auch im Zusammenhang mit der Umsetzung der RED III-Richtlinie (Richtlinie [EU] 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, ABl L 328/82) in Österreich eine wichtige Rolle spielen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Steuerungsbefugnisse der obersten Organe von Bund und Ländern gewahrt bleiben.
  • Integration von Bundesbehörden in die Landesorganisation: Die Aufgaben von Bundesbehörden wie der Wildbach- und Lawinenverbauung oder des Bundesdenkmalamtes sollten nach Maßgabe der sachlichen Zusammenhänge in die allgemeine staatliche Verwaltung auf Landesebene integriert werden. Dadurch könnten Synergien erzielt werden.
  • Stärkung der Abgabenautonomie der Länder: Die langjährige Forderung des Instituts für Föderalismus könnte auch durch den einfachen Bundesgesetzgeber erfüllt werden. Voraussetzung wäre allerdings eine massive Reduktion der Steuern auf Bundesebene und eine Übertragung auch von Teilen der Massensteuern (Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer) in die Landeskompetenz, was die Entscheidung über die Höhe des Zuschlags betrifft.
  • Herausforderungen wie der Klimawandel (etwa im Zusammenhang mit der Reduktion des Bodenverbrauchs) erfordern eine neue Governance zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Mit Zentralisierung werden die Probleme nicht bewältigt, dies gilt auch für die immer neuen Vorgaben auf Unionsebene. Dazu müssen das Instrumentarium der Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG angepasst werden.
  • Im Bereich des Gesundheitswesens, des Elektrizitätswesens, des Armenwesens (allesamt Kompetenzen nach Art 12 B-VG) sowie im Bildungswesen sind die Aufgaben zu entflechten. Besonders diese Projekte werden, sofern sie überhaupt angegangen werden, aber eine längere Vorlaufzeit benötigen.

Neuerscheinung: Kommunalwahlen in Vorarlberg 1950–2020



Ende letzten Jahres ist unter dem Titel „Kommunalwahlen in Vorarlberg 1950–2020. Fakten, Prozesse, Perspektiven“ eine von Günther Pallaver, Wolfgang Weber und Marcelo Jenny herausgegebene umfassende Übersicht über die Besonderheiten, Geschichte und Dynamiken der Gemeinderatswahlen in Vorarlberg seit 1950 erschienen.

Als politische Gestaltungsebene nehmen Gemeinden einen bedeutenden Stellenwert im österreichischen und im europäischen Mehrebenensystem ein. Dies gilt auch für die Gemeinden Vorarlbergs, deren Wahlen in diesem Sammelband untersucht werden. Die Themen behandeln das Wahlsystem mit der regionalen Besonderheit der sogenannten Mehrheitswahl in Kleingemeinden, Vorwahlen und Wahlkämpfe sowie die Analyse der Wahlergebnisse seit 1950. Als wahlrelevante Faktoren werden weiters lokale Parteiorganisationen und Parteiensysteme ins Blickfeld genommen. 1998 wurde in Vorarlberg die Direktwahl der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen eingeführt, die eine weitere Dynamik in den lokalen politischen Wettbewerb brachte. In einer nach wie vor männlich dominierten Kommunalpolitik hat auch die Partizipation von Frauen zuletzt stark zugenommen, ebenso die politische Vertretung von Personen mit Migrationshintergrund. Hingegen bleibt die politische Partizipation von Personen mit Behinderung weitgehend marginal. Die vorwiegend politikwissenschaftlichen Beiträge werden mit historischen Rückblenden inhaltlich erweitert. Ein Vergleich mit anderen Bundesländern arbeitet schließlich Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Besonderheiten der Vorarlberger Gemeindewahlen heraus. Die Beiträge machen deutlich: Die mit den Gemeindewahlen verbundenen Institutionen, Prozesse und Politikfelder ändern sich immer wieder und bilden eine ständige Herausforderung für die Politik.

Günther Pallaver, Wolfgang Weber, Marcelo Jenny (Hg.), Kommunalwahlen in Vorarlberg 1950–2020. Fakten, Prozesse, Perspektiven. Studienverlag, Oktober 2024, 29,90 Euro.

Neuerscheinung: Innsbrucker Verfassungsrechtsgespräche (Schriftenreihe Band 141)



Band 141 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus vereinigt die Beiträge des Symposiums „Innsbrucker Verfassungsrechtsgespräche“, welches im Jänner 2024 in Innsbruck stattgefunden hat. Die in den einzelnen Beiträgen behandelten Themen reichen von den gegenwärtigen krisenhaften Erscheinungen rund um das Klima und im Bereich der Versorgung mit Energie, dem Rechtsschutz gegen Verordnungen sowie Fragen ihrer Kundmachung bis hin zur bundesstaatlichen Kooperation und dem Thema Grundverkehr. Hinzu treten Beiträge zur Zusammensetzung der Wahlbehörden und zu Ansprüchen des VfGH an die Formerfordernisse im Wahlverfahren. Arnold Autengruber/Arno Kahl (Hg.), Innsbrucker Verfassungsrechtsgespräche. Band 141 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, 2025, 25,- Euro.

VfGH 03.12.2024, G 10/2024-16, G 44/2024-13: Aufhebung einer Bestimmung im oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 auf Antrag des



In VfGH 03.12.2024, G 10/2024-16, G 44/2024-13 hob der VfGH § 43a des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes (Oö NschG 2001, LGBl 129/2001 idF LGBl 35/2014) als verfassungswidrig auf. Interessant ist dies vor allem deshalb, da der VfGH die im Wesentlichen wortgleiche Regelung in § 56 der Oberösterreichischen Bauordnung (Oö BauO 1994, LGBl 66/1994 idF LGBl 60/2024), welche ausweislich der Gesetzesmaterialien Vorbild für die Regelung im Oö NSchG 2001 stand, im Jahr 2015 für verfassungskonform erachtete (VfSlg 19.969/2015). Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass sich diese unterschiedliche Wertung aus den Unterschieden zwischen bau- und naturschutzrechtlichem Verfahren ergibt.

§ 43a Oö NSchG 2001 regelt die aufschiebende Wirkung von Beschwerden der Oö Umweltanwaltschaft sowie von berechtigten Umweltorganisationen. Die Bestimmung legt fest, dass einer Beschwerde gegen einen naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt; eine solche kann lediglich auf Antrag der beschwerdeführenden Partei zuerkannt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Diese Regelung ist somit genau umgekehrt wie die in § 13 VwGVG getroffene, wonach einer Bescheidbeschwerde grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommt und diese von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden kann, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Gem Art 136 Abs 2 dritter Satz B-VG darf eine solche, vom VwGVG abweichende Regelung nur getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Diese „Erforderlichkeit“ ist als „Unerlässlichkeit“ zu verstehen; zusätzlich dürfen die abweichenden Regelungen auch nicht anderen Verfassungsbestimmungen, etwa dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes widersprechen. In seiner bisherigen Rechtsprechung hob der VfGH mehrfach Regelungen auf, die einen (generellen) Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vorsahen, weil der Gesetzgeber zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips die Position des Rechtsschutzsuchenden, Zweck und Inhalt der Regelung, Interessen Dritter sowie das öffentliche Interesse zu berücksichtigen habe und unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen habe, wobei dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukomme und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig sei. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur hatte das LVwG Oö Bedenken gegen den in einem Verfahren anzuwendenden § 43a Oö NschG 2001 und stellte gem Art 140 Abs 1 lit a B-VG den Antrag an den VfGH, die Bestimmung zur Gänze (in eventu näher bezeichnete Teile derselben) als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Oö Landesregierung brachte in ihrer im Zuge des Normprüfungsverfahrens erstatteten Äußerung unter anderem vor, dass im Erkenntnis VfSlg 19.969/2015 § 56 Oö BauO 1994 – eine Regelung, die im Wesentlichen gleichlautend wie der nun in Prüfung stehende § 43a Oö NSchG 2001 – für verfassungskonform befunden wurde; es sei kein Grund ersichtlich, weshalb das Ergebnis im aktuellen Normprüfungsverfahren anders ausfallen solle.

In seinem Erkenntnis teilte der VfGH die Bedenken des Oö LVwG. Der zentrale Unterschied von § 43a Oö NSchG 2001 im Vergleich zu § 56 Oö BauO 1994 liege gemäß dem VfGH darin, dass im naturschutzrechtlichen Verfahren – anders als in baurechtlichen Angelegenheiten, die der Entscheidung VfSlg 19.969/2015 zugrunde lagen – potenzielle Beeinträchtigungen der damit betroffenen Schutzgüter auf Grund der Umsetzung von mit solchen Bescheiden bewilligten Vorhaben typischerweise nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr zur Gänze reversibel sein können. Insgesamt sei die Regelung in § 43a Oö NSchG 2001 vor allem aus dem Grund nicht erforderlich, da auch ohne diese Regelung die aufschiebende Wirkung von Beschwerden gegen naturschutzrechtliche Bewilligungsbescheide gem § 13 VwGVG mit Bescheid ausgeschlossen werden könne, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Die von § 13 VwGVG abweichende Regelung des § 43a Oö NSchG 2001 erweist sich damit insgesamt als nicht „erforderlich“ im Sinn des Art 136 Abs 2 B-VG und ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2025 ausgeschrieben



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten Österreichs und Südtirols und das Institut für Föderalismus schreiben auch heuer wieder den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen und für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis (Einreichung zwischen 01.04.2023 und 31.03.2025) verliehen.

Der Preis ist mit insgesamt € 4.000,00 dotiert; das Preisgeld kann an einen oder mehrere Preisträgerinnen bzw. Preisträger (Mindestbetrag € 1.000,00) vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens Sonntag, 31. März 2025 an das Institut für Föderalismus zu richten.

Weitere Informationen, insbesondere die Ausschreibungsbedingungen sowie das Einreichformular sind unter https://foederalismus.at/de/foederalismus/foederalismus-preis/ abrufbar.


2024


Verfassungspreis für em. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler



Die Stiftung Forum Verfassung verlieh den Wissenschaftspreis des Verfassungspreises 2024 an em. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler, der sich in den vergangenen Jahrzehnten um die „österreichische Bundesstaatlichkeit höchste Verdienste erworben“ hat und diese nachhaltig gestaltete.

Das Institut für Föderalismus, das Peter Pernthaler von 1975 bis 2000 aufgebaut und zu einer anerkannten wissenschaftlichen Forschungsinstitution gemacht hat, beglückwünscht seinen ersten Institutsdirektor recht herzlich. Seine umfangreichen Werke – wie u.a. zu Raumordnung und Verfassung (in drei Bänden 1975, 1978 und 1990 erschienen), zur Kompetenzverteilung in der Krise (1989) oder zum differenzierten Bundesstaat (1992) –, vielfach in der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus erschienen, haben den österreichischen Bundesstaat wesentlich geprägt und weiterentwickelt.

Für Peter Pernthaler war nicht nur die Entwicklung wissenschaftlicher Theorien wichtig, sondern auch deren erfolgreiche Umsetzung in die Praxis. Seine Arbeiten und sein Engagement haben Impulse für Gesetzgebung und Verwaltung gesetzt und das Verständnis und die Wertschätzung für den Föderalismus in unserer Gesellschaft gestärkt. Mit der Vergabe des Preises wird auch die Tätigkeit und das Wirken des Instituts für Föderalismus anerkannt.

VfGH 03.10.2024, E 4003/2023-12 zur Reichweite der Bundeskompetenz „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ (Art 10 Abs 1 Z 7)



In VfGH 03.10.2024, E 4003/2023-12 traf der VfGH vor dem Hintergrund einer Regelung im Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (AGesVG), BGBl I 68/2017 Aussagen zur Reichweite der Bundeskompetenz „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ in Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG. Dabei stellte er klar, dass diese zwar weitreichend sei, sich aber doch nicht jedwede Regelung, welche das Zusammenleben der Gesellschaft zum Inhalt hat, auf diesen Kompetenztatbestand stützen lasse.

Über den Beschwerdeführer wurde von der BH Korneuburg eine Strafe verhängt, da er sich durch das Tragen einer Burka im Bahnhofsbereich der Erfassung durch die den öffentlichen Raum erfassende Videoüberwachungskamera zu entziehen suchte und somit gegen § 2 Abs 1 Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (AGesVG), BGBl I 68/2017 verstoßen habe. Das LVwG NÖ wies die gegen diesen Strafbescheid erhobene Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer vorbrachte, dass das AGesVG verfassungswidrig sei (insbesondere wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Datenschutz), als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer eine Erkenntnisbeschwerde an den VfGH wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm.

In dieser brachte der Beschwerdeführer – neben anderen Bedenken – vor, dass sich das gesamte AGesVG nicht auf den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG stützen lasse, da nicht nachvollziehbar sei, inwiefern ein Verhüllungsverbot mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu tun habe.

In den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1586 BlgNR 25. GP, 11) wird dazu ausgeführt: „Die Regelung stützt sich kompetenzrechtlich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung, jedoch mit Ausnahme der örtlichen Sicherheitspolizei). Die öffentliche Ordnung im Sinne dieser Kompetenzbestimmung bezeichnet nicht die Rechtsordnung, sondern die äußerliche Ordnung, d.h. ‚die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen angesehen wird‘ (VwSlg 543 A/1948). Der Verfassungsgerichtshof fasst unter den Begriff der öffentlichen Ordnung ‚Regelungen, die für das Funktionieren des Zusammenlebens der Menschen im Staate wesentlich sind‘ (VfSlg 15394). Die Ermöglichung zwischenmenschlicher Kommunikation ist eine wesentliche Funktionsbedingung für ein friedliches Zusammenleben in einem demokratischen Rechtsstaat. Für Kommunikation bildet das Erkennen des Anderen bzw. dessen Gesichts eine notwendige Voraussetzung.“

Der VfGH wies die Beschwerde als unbegründet ab. In seinen Entscheidungsgründen hält der VfGH zu den kompetenzrechtlichen Bedenken des Antragstellers fest: „Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof auch keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen das AGesVG. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AGesVG stufen das Erkennen der Gesichtszüge einer Person in der Öffentlichkeit als wesentliche Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in einem demokratischen Rechtsstaat ein […]. Regelungen, deren Befolgung als Voraussetzung für ein funktionierendes Zusammenleben in der Gesellschaft wesentlich ist, sind vom Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG (‚Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung‘) erfasst.“

Diese – wohl etwas zu allgemein gehaltene – Aussage lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass sich jedwede Regelung, welche für ein „funktionierendes Zusammenleben in der Gesellschaft wesentlich ist“, auf Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG stützen lasse. Wie bereits aus der in den Gesetzesmaterialien zitierten Judikatur hervorgeht, muss es sich dabei um Regelungen handeln, welche für das friedliche Zusammenleben „unentbehrliche Voraussetzung“ bzw „wesentlich“ sind.

Im gegenständlichen Verfahren mag dies bezogen auf das Gesichtsverhüllungsverbot wohl der Fall gewesen sein (die mehr oder weniger vollständige Verhüllung einer Person ist auch ein Sicherheitsaspekt, was gerade im Beschwerdefall deutlich wurde, war doch der Beschwerdeführer ein Mann, der durch die den öffentlichen Raum erfassende Videoüberwachungskamera nicht erfasst werden und in der Öffentlichkeit nicht erkannt werden wollte); nähere Ausführungen des VfGH zu der Frage, aus welchen konkreten Gründen das Erkennen der Gesichtszüge einer Person in der Öffentlichkeit eine wesentliche Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben, hätten diesbezüglich für weitere Klarheit sorgen können.

Gemeindebund-Studie zum Vertrauen in die Politik



Der österreichische Gemeindebund hat im Oktober 2024 eine Studie zu Vertrauen und Zufriedenheit der Österreicher und Österreicherinnen in die verschiedenen politischen Ebenen präsentiert. Die Ergebnisse der Studie decken sich mit jenen des Föderalismus-Monitors des IFÖ (2019-2023): Je näher die politische Ebene, desto größer die Zufriedenheit und das Vertrauen.

So antworteten 36% bzw. 21% der Befragten, dass sie der Gemeinde- bzw. Landespolitik am meisten vertrauen. 11% bzw. 7% nannten die Bundes- und EU-Politik. Diese Werten verhalten sich seit der ersten Erhebung der Gemeindebundstudie im Jahre 2021sehr stabil. Die Menschen differenzieren also klar zwischen einer „Politik der Nähe“ (Gemeinde- und Landespolitik) und einer „Politik der Ferne“ (Bundes- und Europapolitik). Ein föderaler Staatsaufbau kann also für das wichtige gesellschaftliche Kapital des Vertrauens und der Zufriedenheit unterstützend wirken.

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Neues Vorzugstimmensystem in der Bgld LTWO kommt Anfang 2025 erstmals zur Anwendung



Bei der burgenländischen Landtagswahl am 19. Jänner 2025 wird erstmals ein neues Vorzugsstimmensystem mit zwei Besonderheiten zur Anwendung kommen: Zum einen schlägt im Burgenland gem § 61 Abs 5 Bgld LTWO die Vorzugsstimme die Parteistimme; wird also eine Vorzugstimme für den Kandidaten einer anderen als der bezeichneten Partei vergeben, so gilt die Parteistimme automatisch auch für die Partei des angekreuzten Kandidaten (und nicht für die eigentlich angekreuzte Partei). Zum anderen erfolgt gem § 77 Bgld LTWO die Zuweisung der Mandate an die Wahlwerber der Wahlkreisliste anhand der Vorzugsstimmen und nicht nach der von der jeweiligen wahlwerbenden Partei vorgenommenen Listenreihung.

Es stellt sich die Frage, ob diese beiden Besonderheiten – man führe sich etwa im Vergleich dazu die entsprechenden Regelungen zur Wahl des Nationalrats vor Augen – mit dem wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip vereinbar sind.

Hier gibt das Erk VfSlg 19.820/2013 Aufschluss: Der VfGH prüfte in diesem Fall eine Bestimmung der NÖ LTWahlO, welche einen Vorrang der Vorzugsstimme vor der Parteistimme festlegt („Wenn eine gültige Vorzugsstimme für Bewerber der selben Parteiliste […] abgegeben wurden, so gilt der Stimmzettel als gültige Stimme für diese Partei, selbst wenn eine andere Partei bezeichnet wurde.“), und diese für verfassungskonform befunden. In dieser Entscheidung wurde generell zur Ausgestaltung eines Vorzugsstimmensystems auf Landesebene ausgeführt: „Das System der Vorzugsstimmen stellt einen wesentlichen Aspekt der Personalisierung der Parteilisten dar. So hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Personalisierung den wahlwerbenden Parteien (VfSlg 10.178/1984) insbesondere ermöglichen soll, im Wege der Kandidatur von für die Wähler besonders attraktiven Bewerbern die Parteienpräferenz der Wähler zu beeinflussen; ein Effekt, der durch das Fehlen des ‚Stimmensplitting‘ und die Regelung, wonach eine Stimme für eine wahlwerbende Partei auch dann gültig ist, wenn zwar nicht diese, wohl aber mindestens ein Bewerber einer Parteiliste, bezeichnet ist, noch verstärkt wird.“ Weiters hielt der VfGH in diesem Erk fest: „Die Bundesverfassung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften über die Frage der Gültigkeit bzw. Zurechenbarkeit von Stimmzetteln insgesamt und der von Vorzugsstimmen im Speziellen. Auch bilden die in der Nationalrats-Wahlordnung 1992 enthaltenen Bestimmungen keinen abschließenden Maßstab für die Ausgestaltung des Verhältniswahlsystems durch die Landesgesetzgeber […], sodass sie beispielsweise an kein bestimmtes Wahlsystem gebunden sind und ihnen auch die Regelung der Wahlkreise sowie der Wahlzahl überlassen bleibt (zB VfSlg 8852/1980). Die Entscheidung, wie die Frage der Gültigkeit eines Stimmzettels, auf dem sowohl eine Partei angekreuzt als auch ein Bewerber einer anderen Wahlpartei bezeichnet ist, geregelt wird, liegt ebenso innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers, weshalb sich auch ein Vergleich mit den anderen Bundesländern und der Nationalrats-Wahlordnung 1992 erübrigt.“

Das zur Regelung in der NÖ LTWahlO Ausgeführte lässt sich auch auf § 61 Abs 5 und § 77 Bgld LTWO anwenden: Dem Burgenländischen Landesgesetzgeber steht es frei, ein solches Vorzugsstimmensystem, welches von den Bestimmungen der NRWO abweicht, zu regeln; das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip steht dem jedenfalls nicht entgegen. Es ist erfreulich, wenn die Länder, wie hier Niederösterreich und Burgenland, Möglichkeiten nutzen, innerhalb der Schranken des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips für eine stärkere Personalisierung des Wahlrechts zu sorgen.

Föderalismus Check 8 von 10

Neuerscheinung: Tagungsband zur IACFS-Tagung 2021 in Innsbruck



Als Band 20 der Reihe „Studies in Territorial and Cultural Diversity Governance” ist im Verlag Brill/Nijhoff der Tagungsband zur Konferenz der International Association of Federal Studies (IACFS) erschienen, welche von 28. Bis 30. Oktober 2021 in Innsbruck angehalten wurde. Die einzelnen Beiträge des Sammelbandes widmen sich der Frage, wie föderale und quasi-föderale Systeme geschaffen werden und ob es gemeinsame Muster bzw bestimmte Voraussetzungen gibt, welche das Entstehen bzw den Untergang föderaler Systeme begünstigen. Dabei werden auch Fallbeispiele aus Brasilien, Spanien und Italien behandelt. Peter Bußjäger/Mathias Eller/Julia Oberdanner (Hg.), The Making and Ending of Federalism, Brill/Nijhoff, August 2024, 176,- Euro.

Föderalismus-Talk #33: Katastrophenbekämpfung: Vor Ort einsatzbereit



Im aktuellen Föderalismus-Talk geht der Institutsdirektor auf die Katastrophenbekämpfung in den Ländern ein – ein Thema, der vor allem aufgrund der Hochwassersituation im September 2024 in Teilen Österreichs wieder aktuell geworden ist. Dabei zeigt sich, dass dezentrale Strukturen Vorteile mit sich bringen, die nicht von der Hand zu weisen sind. Der Talk in seiner Langfassung ist unter https://foederalismus.at/de/media/foederalismus-talk/ frei abrufbar.

Neubesetzung Institutsassistent



Seit 1. Oktober 2024 ist Mag. Dr. Florian Klebelsberg, LL.M. neuer Institutsassistent. Damit folgt er MMag. Dr. Mathias Eller nach, der in die Tiroler Landesverwaltung wechselt. Mag. Dr. Florian Klebelsberg, LL.M. war vor seiner Tätigkeit am Institut für Föderalismus studentischer Mitarbeiter sowie anschließend Universitätsassistent im Team von Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Innsbruck.

Das Institut für Föderalismus möchte dem scheidenden Institutsassistenten MMag. Dr. Mathias Eller für die ausgesprochen gute Zusammenarbeit in den vergangenen vier Jahren herzlichen Dank aussprechen. Zahlreiche Publikationen, viele gemeinsam mit dem Institutsdirektor Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger, stellen die gute Kooperation eindrucksvoll unter Beweis (Auswahl):

  • Bußjäger/Eller, Abschied von der Homogenität? Die Entwicklung des Dienstrechts der öffentlich Bediensteten in Österreich seit 1999, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2020 (2020) 321-330.
  • Bußjäger/Eller, Informationsfreiheit für Österreich? Neue Transparenzregeln und ein Paradigmenwechsel als Herausforderung für den Föderalismus, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2021 (2021) 317-330.
  • Bußjäger/Eller, Die föderalistische Finanzordnung im Überblick, in: Bußjäger/Eller (Hg), Handbuch der österreichischen Finanzverfassung (2022) 3-15.
  • Bußjäger/Eller, Bundesaufsicht und Landesaufsicht in der österreichischen Finanzverfassung, in: Bußjäger/Eller (Hg), Handbuch der österreichischen Finanzverfassung (2022) 373-384.
  • Bußjäger/Eller, Finanzverfassungsrechtliche Grundlagen der finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, in: Bauer/Biwald/Mitterer (Hg), Finanzausgleich 2024: Ein Handbuch (2024) 98-117.

Für seine weitere berufliche Laufbahn in der Tiroler Landesverwaltung wünscht das Institut für Föderalismus MMag. Dr. Mathias Eller alles Gute!

Dr. Harald Schneider †



Am 19. Oktober 2024 ist Dr. Harald Schneider, Bezirkshauptmann von Dornbirn, verstorben. Harald Schneider war in seiner Funktion als Vorstand der Abteilung Regierungsdienste des Amtes der Vorarlberger Landesregierung von 2006 bis 2021 Ersatzmitglied des Kuratoriums des Instituts für Föderalismus. Er war mit den Werten und Zielen des Föderalismus tief verbunden und uns in vielen Angelegenheiten nicht nur ein wichtiger Ratgeber, sondern auch eine wertvolle Stütze. Als Mitherausgeber des Kommentars zur Vorarlberger Landesverfassung (gemeinsam mit Dr. Matthias Germann und Dr. Borghild Goldgruber-Reiner) bin ich darüber froh, dass auch einige Kommentierungen (zu Art 40, 41, 47, 49 und 50 Vorarlberger Landesverfassung) aus der Feder Haralds stammen, der damals bereits von seiner Krankheit schwer belastet war, gegen die er tapfer angekämpft hat. Das Institut für Föderalismus hat einen großen mentalen Förderer und Ich einen persönlichen Freund verloren.

Peter Bußjäger


Vertragsraumordnung: Verbesserung der Rechtssicherheit durch neue B-VG-Novelle?



Eine Verfassungsnovelle ermächtigt die Länder, in Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung (Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG) landesgesetzliche Regelungen zu erlassen, die zur Verfolgung öffentlicher Interessen das Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrags als Voraussetzung für Flächenwidmungen von Gemeinden bzw. andere hoheitliche Handlungen vorsehen. Damit wird einer Forderung der Länder und Gemeinden entsprochen, auf diese Weise leistbaren Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus soll die Rechtssicherheit im Bereich der Vertragsraumordnung erhöht werden – wobei allerdings zweifelhaft ist, ob das durch die gegenständliche Novelle auch wirklich gelingt.

Um diesen Zweck zu erreichen, wird in Art. 15 B-VG ein neuer Abs. 5 eingefügt. Der Landesgesetzgebung soll damit, entgegen der bisherigen, eine solche Option ablehnenden Rechtsprechung des VfGH,[1] eine Koppelung von hoheitlicher Flächenwidmung und privatrechtlicher Vereinbarung in der örtlichen Raumplanung ermöglicht werden. Gemeinden sollen damit Flächenwidmungen an bestimmte Auflagen knüpfen können. So könnte beispielsweise die Umwidmung eines Grundstückes in Bauland mit der Bedingung verbunden werden, einen Teil des Grundstückes zur Schaffung leistbaren Wohnraums zu verwenden.

Ob das angestrebte Ziel der „Rechtssicherheit“ durch diese Novelle tatsächlich erreicht werden kann, ist dennoch fraglich. Gerade das bereits bisher bestehende Rechtsschutzproblem, das der Vertragsraumordnung innewohnt, könnte durch die gegenständliche Novelle vielmehr befeuert werden, da Grundstückseigentümer bis zu einem gewissen Grad der Willkür des Gemeinderates bzw. der Gemeindevertretung ausgeliefert sind, der bzw. die – sofern damit öffentliche Interessen verfolgt werden – hoheitliche Handlungen oder Flächenwidmungen vom Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrags abhängig machen kann. Entscheidend wird wohl sein, wie die Landesgesetzgebung die Möglichkeit der Gemeinden, derartige zivilrechtliche Verträge bei Widmungen bzw. anderen hoheitlichen Handlungen abzuschließen, legistisch verankert. Für die Gemeinden wird indes das Hauptaugenmerk darauf liegen, unsachliche Bedingungen in zivilrechtlichen Verträgen hintanzuhalten. Solche unsachlichen Bedingungen könnten – im Rahmen der Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes – in Form eines Individualantrages auch direkt an den VfGH herangetragen werden.



Föderalismus Check 7


 


[1] Vgl. grundlegend VfSlg. 15.625/1999.

RED III: Umsetzung in Österreich nach wie vor ausständig



Die RED III („Renewable Energy Directive“) verpflichtet EU-Staaten, Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energieanlagen zu beschleunigen. Der Bund plant daher ein „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz“. Die Intention ist zwar nachvollziehbar – doch die vorgestellten Eckpunkte des Gesetzes schießen zum Teil über die EU-rechtlichen Vorgaben hinaus, was wiederum größere Kompetenzverluste für die Länder zur Folge haben könnte. Zudem bestehen Unklarheiten bezüglich der Ausweisung von Freiflächen für Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie der (Nicht )Anwendung der Beschleunigungsmechanismen bei bestimmten Wasserkraftanlagen.

Die wesentlichen Eckpunkte dieses Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes wurden den Ländern vom Bundesministerium für Klimaschutz anlässlich einer Besprechung Ende Februar 2024 vorgestellt. Ein Entwurf eines solchen Gesetzes wurde bislang jedoch nicht veröffentlicht. Die Länder äußerten im Rahmen der ihnen eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit auch einige Bedenken gegen die Pläne des Bundes.[1]

Wenngleich der Ausbau erneuerbarer Energie durch Beschleunigung der Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu begrüßen ist, besteht die Gefahr, dass es durch das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz zu einem weitreichenden Kompetenzverlust der Länder in den Bereichen Anlagenrecht und Raumplanungsrecht kommen könnte.

Einige der im Frühjahr seitens des Bundes geplanten Änderungen wären im Übrigen auch nicht zur Umsetzung der RED III erforderlich:

So scheint etwa der Bund die Auffassung zu vertreten, dass nach der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie für sämtliche Vorhaben im Anwendungsbereich dieser Richtlinie ein konzentriertes Genehmigungsverfahren zu etablieren ist. Diese Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut einzelner Richtlinienbestimmungen nicht gestützt. Die Einführung eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens für alle in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Anlagen und der damit zwangsläufig verbundene Eingriff in die Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz der Länder, insbesondere in Angelegenheiten des Baurechts, des Naturschutzrechts und des Elektrizitätswirtschaftsrechts, scheint daher unionsrechtlich nicht geboten. Auch die vom Bund beabsichtigte Erlassung grundsatzgesetzlicher Vorgaben für Beschleunigungsgebiete im Raumplanungsrecht würde einen weitgehenden Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz der Länder bewirken und ihren Handlungsspielraum massiv einschränken. Die maßgeblichen inhaltlichen Vorgaben, die die Länder bereits derzeit im Rahmen ihrer Raumordnungskompetenz treffen können, ergeben sich ohnehin aus der Richtlinie selbst.

Vereinzelt wäre es zudem zweckmäßiger, den Landesgesetzgeber zu ermächtigen, die erforderliche Verfahrenskonzentration im landesrechtlichen Verfahren vorzusehen, etwa bei Vorhaben, die einer Naturverträglichkeitsprüfung bedürfen.

 

Es bleibt abzuwarten, inwiefern der Bund die durchwegs berechtigten Bedenken der Länder berücksichtigt. Die Umsetzung drängt jedenfalls, da sie bis spätestens 21. Mai 2025 zu erfolgen hat bzw. einige Bestimmungen sogar bereits implementiert werden hätten müssen, was bislang – soweit ersichtlich – großteils aber noch nicht erfolgt ist.

 


[1] Siehe VSt-2600/3 vom 3.4.2024 sowie die entsprechende Beilage dazu.

Datenschutz: DSGVO auch für parlamentarische Arbeit anwendbar



Der Nationalrat hat neue Datenschutzregeln für die Gesetzgebung als Reaktion auf ein EuGH-Urteil beschlossen. Der beschlossene Gesetzesantrag enthält keine Bestimmung mehr darüber, ob auch die Landtage und deren Mitglieder zur Verarbeitung personenbezogener Daten ermächtigt sind. Die Ausführungen im Abänderungsantrag stützen die Ansicht, dass der Landesgesetzgeber eine solche Ermächtigung selbst vorsehen darf.

Die entsprechenden Änderungen im B-VG wurden mit BGBl I 68/2024 kundgemacht.

Während im ursprünglichen Initiativantrag (3848/A), der in den Nationalrat eingebracht wurde, noch eine Regelung enthalten war, wonach die Berechtigung zur Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten und Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten, zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch für Landtage und deren Mitglieder sinngemäß gelte, wurde diese Bestimmung im Rahmen der Ausschussberatungen ersatzlos gestrichen. Es stellt sich daher nun die Frage, ob der Landesgesetzgeber selbst eine entsprechende Regelung für die Landtage erlassen darf. Ausweislich der Ausführungen im Abänderungsantrag des Ausschusses scheint der Bundesgesetzgeber davon auszugehen, dass es sich bei einer derartigen Regelung nicht primär um eine Angelegenheit des Datenschutzes (Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG), sondern um eine Frage der Geschäftsbehandlung im jeweiligen Vertretungskörper handelt. Folgt man dieser Auffassung, ist der Landesgesetzgeber auch ermächtigt, eine entsprechende Regelung für den Landtag vorzusehen.

Im Übrigen wurde durch die Verfassungsbestimmung des § 35a Informationsordnungsgesetz mit dem Parlamentarischen Datenschutzkomitee eine eigene Aufsichtsbehörde nach der DSGVO für den Bereich der Gesetzgebung eingerichtet. Auch die Landtage können sich durch Landesverfassungsgesetz dieser neuen Behörde unterstellen (Abs. 2 leg. cit.).

Neuerscheinung: Erster Kommentar zum Informationsfreiheitsgesetz



Dieses neue Werk setzt sich mit dem IFG sowie den entsprechenden bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen auseinander. Die Kommentierungen zu den einzelnen Bestimmungen werden von den jeweils einschlägigen Gesetzesmaterialien flankiert. Damit bietet dieser Kommentar bereits jetzt eine praxisnahe Hilfestellung für die sich schon im Vorfeld des Inkrafttretens des IFG am 1. September 2025 stellenden Rechtsfragen. Peter Bußjäger und Marco Dworschak (Hg.), IFG. Informationsfreiheitsgesetz, Jan Sramek Verlag, August 2024, 98,- Euro.

Föderalismus-Talk #31: Welchen Wert hat eine Länderstellungnahme?



In Zusammenhang mit der Beschlussfassung des EU-Renaturierungsgesetzes, bei der sich Umweltministerin Leonore Gewessler über den Willen der Länder hinweggesetzt und dem Rechtssetzungsvorhaben auf EU-Ebene zugestimmt hat, sind zahlreiche Fragen zu Länderstellungnahmen aufgetaucht. Im neuen Föderalismus Talk setzt sich Institutsdirektor Peter Bußjäger mit den wichtigsten dazu auseinander. Der Talk in seiner Langfassung ist unter https://foederalismus.at/de/media/foederalismus-talk/ frei abrufbar.

Leerstandsabgabe: Länder können über Art und Umfang künftig selbst entscheiden



Die Bevölkerung erwartet von der Politik Antworten zum Thema leistbares Wohnen. Eine Leerstandsabgabe ist in dieser Frage ein erfolgversprechender Ansatz. Bislang waren den Ländern durch den VfGH jedoch enge Grenzen betreffend die Höhe der Abgaben gesetzt. Eine Kompetenzänderung zugunsten der Länder ermöglicht nun erstmals die Festsetzung „spürbarer“ Leerstandabgaben. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen erforderlich, die derzeit jedoch an kompetenzrechtlichen Schranken scheitern. Daher sind Kompetenzübertragungen in den Bereichen „Volkswohnungswesen“ und „Assanierung“ an die Länder nötig. Das würde eine neue Landeskompetenz „Raumentwicklung“ schaffen, die eine differenzierte Steuerung und Regionalentwicklung ermöglicht.

Konkret wird mit der B-VG-Novelle „die Erhebung öffentlicher Abgaben zum Zweck der Vermeidung der Nicht- oder Mindernutzung“ von Wohnungen in die Zuständigkeit der Länder übertragen. Dabei geht es auch um Zweitwohnsitze. Außerdem stellt eine ergänzende Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes sicher, dass die Länder auch dann Leerstandsabgaben einheben dürfen, wenn der Bund ähnliche Steuern beschließt.

Diese Kompetenzänderung zugunsten der Länder ist jedenfalls zu begrüßen, da den Ländern dadurch mehr Handlungsspielraum eingeräumt wird und sie nunmehr auch Leerstandabgaben mit hinreichend steuernder Wirkung einheben dürfen. Als weiteren Schritt zur Verminderung des Drucks am Wohnungsmarkt ist diese Maßnahme wichtig, dennoch aber nur ein Puzzlestück von vielen. Zahlreiche weitere Maßnahmen, wie etwa die Festlegung eines zwingenden Anteils an förderbaren Wohnungen bei Neubauprojekten, Eingriffe in den Siedlungsbestand, z.B. im Dienste von Klimawandelanpassung und Klimaschutz („Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen“) oder die Förderung von Rückbau, Abriss und Entsiegelung dort, wo keine Nachnutzung erfolgt, können auf Grund kompetenzrechtlicher Schranken nach wie vor nicht gesetzt werden. Das Institut für Föderalismus hat bereits in der Vergangenheit gefordert, dass die nicht aktiv ausgeübten Bundeskompetenzen „Volkswohnungswesen“ (Art. 11 Abs. 1 Z. 3 B-VG) und „Assanierung“ (Art. 11 Abs. 1 Z. 5 B?VG) nahezu gänzlich in die Kompetenz der Länder übertragen werden. Die Übertragung in die Landeskompetenz würde eine zielgerichtete, von den jeweiligen Bedürfnissen auf Landesebene abhängige und daher notwendigerweise differenzierte Steuerung ermöglichen. Auf diese Weise würde eine neue Landeskompetenz „Raumentwicklung“ geschaffen werden, die eine an den aktuellen Notwendigkeiten einschließlich des Klimaschutzes orientierte Regionalentwicklung ermöglichen würde.

EGMR macht Weg für Klimaklagen frei



Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem wegweisenden Urteil die Schweiz wegen unzureichender Klimaschutzmaßnahmen verurteilt. Das Gericht stellte fest, dass das Recht auf Privat- und Familienleben auch ein Recht auf effektiven Schutz vor den Folgen des Klimawandels umfasst. Auch Österreich muss nun einen Rechtsschutz in derartigen Fällen sicherstellen, wobei der EGMR einen weiten Entscheidungsspielraum bei der konkreten Ausgestaltung einräumt. Es bleibt abzuwarten, welchen Weg der VfGH insbesondere in der Frage von Individualanträgen einschlagen wird. Ein Föderalismus-Talk mit Institutsdirektor Peter Bußjäger zu diesem Urteil ist unter https://foederalismus.at/de/media/foederalismus-talk/ abrufbar.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Urteil vom 09.04.2024, Nr. 53.600/20, Verein KlimaSeniorinnen Schweiz ua (Große Kammer), erstmals über eine „Klimaklage“ entschieden und die Schweiz wegen unzureichender Klimaschutzmaßnahmen verurteilt.

Im gegenständlichen Urteil wurde festgestellt, dass Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ein Recht auf wirksamen Schutz vor schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität umfasst.

Für Österreich bedeutet das, dass Klimaschutzorganisationen und Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen nun eine Verletzung in Grundrechten aufgrund unzureichender Klimaschutzmaßnahmen des Staates geltend machen können.

Darüber hinaus lag nach Ansicht des EGMR auch eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK vor, weil der beschwerdeführende Verein nach dem innerstaatlichen Recht keine Möglichkeit hatte, die Verletzung von Art. 8 EMRK durch die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Schweiz geltend zu machen.

Es muss daher auch in Österreich ein ausreichender Rechtsschutz in derartigen Fällen sichergestellt sein. Die meisten Klimaklagen erfolgten hierzulande in Form von Individualanträgen nach Art. 139 oder 140 B-VG an den VfGH. Solche Individualanträge in Zusammenhang mit dem Klimaschutz wurden bislang stets aus formalen Gründen zurückgewiesen.[1] Es ist auch in Zukunft nicht damit zu rechnen, dass der VfGH seine strengen formalen Anforderungen (unmittelbare Betroffenheit, Umwegsunzumutbarkeit) an Individualanträge grundsätzlich lockern wird. Gerade für Verordnungen hat der VfGH in jüngerer Rechtsprechung im Bereich des Unionsumweltrechts einen zumutbaren Umweg (Stellung eines Antrages auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung einer Verordnung bei der zuständigen Behörde, woraufhin diese jedenfalls einen bekämpfbaren Bescheid zu erlassen hat) aufgezeigt,[2] welchen er nun auch auf das – ebenfalls weitgehend unionsrechtlich determinierte – Klimaschutzrecht anwenden könnte. Da bei Änderung oder Aufhebung von Gesetzen kein vergleichbarer „Umweg“ ersichtlich ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der VfGH in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung eine Antragslegitimation bei Individualanträgen in Zusammenhang mit dem Klimawandel nunmehr anerkennt. Eine (gänzliche) Untätigkeit des Gesetzgebers kann nach dem österreichischen Rechtsschutzsystem dagegen wohl nicht bekämpft werden. Dies ist letztlich auch die Schwäche der „Klimaklagen“: Adressat ist der nicht entschlossen genug handelnde Gesetzgeber. Der VfGH ist jedoch kein positiver Gesetzgeber, der einen Rechtszustand schaffen kann, der den Anforderungen des Klimaschutzes entspricht. Dies bleibt daher Aufgabe und Verantwortung der demokratisch legitimierten Parlamente auf Bundes- und Landesebene. Alles andere wäre auch mit der Gewaltenteilung nicht vereinbar.

In Zukunft werden in Österreich wohl vermehrt sogenannte „Klimaklagen“ erhoben werden.[3] Der EGMR hat zwar betont, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, einen allgemeinen Rechtsrahmen zum Klimaschutz zu schaffen, räumt ihnen bei der Wahl der konkreten Maßnahmen aber einen weiten Entscheidungsspielraum ein, weshalb es wohl eher unwahrscheinlich ist, dass konkrete Projekte – bei Einhaltung der einfachgesetzlichen Voraussetzungen – durch Klimaklagen verhindert werden können, außer die Beschwerdeführer könnten nachweisen, dass die (verpflichtend festzulegenden) Klimaschutzziele und -pläne gerade durch das konkrete Vorhaben nicht eingehalten werden können.

Es bleibt auch abzuwarten, wie der EGMR in bei ihm bereits anhängigen Klimaklagen gegen Österreich entscheiden wird.[4]

 


[1] Z.B. VfGH 27.06.2023, G 139/2021; 27.06.2023, E 1517/2022; 27.06.2023, G 123/2023.

[2] VfGH 13.03.2024, V 62/2023.

[3] Experten erwarten mehr Klimaklagen in Österreich, MeinBezirk.at vom 10.04.2024, https://www.meinbezirk.at/c-politik/experten-erwarten-mehr-klimaklagen-in-oesterreich_a6628047 (abgerufen am 30.04.2024).

[4] Österreichische Klimaschützer ziehen mit Klage vor Gerichtshof für Menschenrechte, Die Presse vom 10.11.2023, https://www.diepresse.com/17809450/oesterreichische-klimaschuetzer-ziehen-mit-klage-vor-gerichtshof-fuer-menschenrechte (abgerufen am 30.04.2024); Reibenwein, Erfolgreiche Schweizer Klimaklage: Auch Österreicher zieht vor Gericht, Kurier vom 09.04.2024, https://kurier.at/chronik/oesterreich/schweiz-klimaklage-oesterreicher-gericht-egmr-mex-m-michaela-kroemer/402850249 (abgerufen am 30.04.2024).

Neuerscheinung: Compliance und Transparenz – Korruptionsbekämpfung als Mehr Ebenen-Aufgabe



Band 140 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus setzt sich mit dem Thema Compliance und Transparenz aus verschiedenen Blickwinkeln auseinander. Neben grundsätzlichen Beiträgen, wie etwa zur Entwicklung des Korruptionsstrafrechts, fokussiert sich das Werk auf Maßnahmen der Länder und Gemeinden zur Gewährleistung einer „sauberen“ Verwaltung unter Einbeziehung der nationalen und internationalen Ebene. Peter Bußjäger/Mathias Eller (Hg.), Compliance und Transparenz – Korruptionsprävention als Mehr-Ebenen-Aufgabe, Band 140 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, 2024, 32,90 Euro.

Veranstaltungshinweis: Verfassungsrechtliche Sicherung des Gesetzgebungsverfahrens



Das Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Gesetzgebungslehre (ÖGGL) in Erinnerung an ihren langjährigen Vorsitzenden Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger findet am 29. Mai 2024 im Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofes (Freyung 8, 1010 Wien) statt. Die Tagung wird in Präsenz abgehalten. Eine Anmeldung ist unter daniela.michalek@wu.ac.at möglich. Das Tagungsprogramm und weitere Informationen sind unter https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/i/ioer/Sonstige_Bilder_und_Unterlagen/Veranstaltungen/%C3%96GGL_Einladung_Symposion_29.05.2024_eMail.pdf zu finden.

Veranstaltungshinweis: Die Rechnungshöfe: ein Vergleich zwischen Österreich und Italien



Die vom Institut für Italienisches Recht und vom Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck veranstaltete Tagung findet am 10. Juni 2024 in der Aula der Universität Innsbruck (Innrain 52, 6020 Innsbruck) statt. Die Tagung wird in Präsenz abgehalten und simultan übersetzt (Deutsch-Italienisch). Eine Anmeldung ist bis 4. Juni 2024 unter michaela.irowec@uibk.ac.at möglich. Das Tagungsprogramm und weitere Informationen sind unter https://www.uibk.ac.at/events/2024/06/10/die-rechnungshoefe-ein-vergleich-zwischen-oesterreich-und-italien abrufbar.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2024 ausgeschrieben



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten Österreichs und Südtirols und das Institut für Föderalismus schreiben auch heuer wieder den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen und für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis (Einreichung zwischen 1.4.2022 und 31.3.2024) verliehen.

Der Preis ist mit insgesamt 4.000 € dotiert; das Preisgeld kann an einen oder mehrere Preisträgerinnen bzw. Preisträger (Mindestbetrag 1.000 €) vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens Sonntag, 31. März 2024 an das Institut für Föderalismus zu richten.

Weitere Informationen, insbesondere die Ausschreibungsbedingungen sowie das Einreichformular sind unter https://foederalismus.at/de/foederalismus/foederalismus-preis/ abrufbar.

VfGH: Aufgabenübertragung an COFAG verfassungswidrig



Der VfGH hebt Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes auf, da die Übertragung von Verwaltungsaufgaben an die COVID-19-Finanzierungsagentur (COFAG) gegen die Verfassung verstößt. Die COFAG wird vor allem deswegen als staatliche Verwaltung qualifiziert, da sie organisatorisch und funktionell eng mit dem Staat verbunden ist. Der VfGH erachtet es auch als sachlich nicht gerechtfertigt, dass Unternehmen keinen Rechtsanspruch auf COVID-19-Ausgleichsleistungen haben. Die Aufhebung wirft Fragen zur künftigen Organisation staatlicher Förderungsverwaltung auf.

Im lange erwarteten Erkenntnis zur COFAG hob der VfGH Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot durch die Ausgliederung von staatlichen Verwaltungstätigkeiten an die COFAG, die Organisation der COFAG sowie die spezifische Art und Weise der Aufgabenerfüllung durch die COFAG auf.[1] Wenngleich Aufgaben der staatlichen Privatwirtschaftsverwaltung auf einen privaten Rechtsträger übertragen worden seien, sei die Tätigkeit der COFAG nichtsdestotrotz als staatliche Verwaltung im Sinne des Art. 20 Abs. 1 B?VG zu qualifizieren. Begründet wurde dies damit, dass die COFAG einerseits in einem spezifischen organisatorischen Naheverhältnis zum Bund (Alleingesellschafter der COFAG) stehe und andererseits auch (auf Grund der zu besorgenden Aufgaben) ein spezifisches funktionelles Naheverhältnis gegeben sei. Darüber hinaus sei die COFAG befugt, hohe finanzielle Mittel an einen weiten Kreis begünstigter Unternehmer zu gewähren. Der VfGH hielt zudem – neben anderen, hier nicht zu behandelnden Punkten – fest, dass die COFAG nicht über die notwendige eigene Sachausstattung, insbesondere nicht die technische Ausstattung, verfüge, um ihre Aufgaben in einer Art und Weise besorgen zu können, die der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch staatliche Organe gleichwertig sei. Die COFAG habe zudem keine wesentlichen, selbständig zu erledigenden Aufgaben, da die Kontrolle der Anspruchsvoraussetzungen nach dem COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz im Wesentlichen den Finanzämtern übertragen ist.

Die Leitungs- und Aufsichtsbefugnis des Finanzministers betreffend die COFAG ist hingegen über die im Alleineigentum des Bundes stehende ABBAG, die auf die Geschäftsführung der in der Rechtsform einer GmbH gegründeten COFAG Einfluss nehmen kann, ausreichend sichergestellt.

Der VfGH erachtete es zudem als sachlich nicht gerechtfertigt, dass kein Rechtsanspruch auf die Gewährung von COVID-19-Ausgleichsleistungen besteht, da die Finanzhilfen als Entschädigung für Nachteile anzusehen seien, die Unternehmen beispielsweise durch Ausgangsbeschränkungen oder Betretungsverbote entstanden seien.

Die Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2024 in Kraft.

Die Aussagen des VfGH entfalten losgelöst vom Anlassfall Bedeutung für die künftige Organisation der staatlichen Förderungsverwaltung sowie generell für die Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung:[2] So wird im Hinblick auf die Abgrenzung von Privatwirtschaftsverwaltung zur „Nichtverwaltung“ insbesondere interessant sein, in welchen konkreten Fällen ein spezifisches organisatorisches Naheverhältnis zur Gebietskörperschaft oder ein funktionelles Naheverhältnis zwischen ausgegliedertem Rechtsträger und Gebietskörperschaft vorliegt. Während das Kriterium des organisatorischen Naheverhältnisses auf Grund seiner Unschärfe nur begrenzt zur Abgrenzung taugt, scheint das (materielle) Kriterium der funktionellen Nahebeziehung diesbezüglich eine größere Rolle spielen zu können. Aus der Entscheidung lässt sich ableiten, dass ein derartiges Naheverhältnis insbesondere dann vorliegen wird, wenn eine Tätigkeit (ausschließlich) im öffentlichen Interesse bzw. dem Interesse der Gebietskörperschaft vorgenommen und von der Gebietskörperschaft finanziert wird, der private Rechtsträger auf Grund entsprechender Determinierung durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber keinen eigenen unternehmerischen Gestaltungsspielraum besitzt und auch selbst keine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit erbringt sowie die erbrachte Tätigkeit ein Äquivalent zu hoheitlich zu vollziehenden Regelungen darstellt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern der VfGH diese Rechtsprechung auch auf nachfolgende Fälle zur Anwendung bringt bzw. näher konkretisiert und welche weiteren Konsequenzen sie nach sich ziehen wird.

 


[1] VfGH 5.10.2023, G 265/2022 (G 265/2022-45).

[2] Vgl. dazu insbesondere auch die Beiträge von Fuchs, COFAG – Neues vom VfGH, ÖJZ 2024, 65; dies., Staatliche Förderung zwischen Verwaltung und und Nicht-Verwaltung, ÖJZ 2024, 70 ff.; sowie Th. Müller, VfGH: Neues zur Reichweite der Privatwirtschaftsverwaltung, ÖJZ 2024, 68 ff.; im Schwerpunktheft der ÖJZ zum COFAG-Erkenntnis.

Neuerscheinung: Kommentar zur Vorarlberger Landesverfassung



Am 22. Februar 2024 wurde in Bregenz im Beisein zahlreicher Festgäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft der neue Kommentar zur Vorarlberger Landesverfassung feierlich vorgestellt. Festredner, Präsident des Verfassungsgerichtshofes Univ.-Prof. DDr. Dr. h.c. Christoph Grabenwarter, ging bei seinem Vortrag auf das Verhältnis der Bundesverfassung zur Vorarlberger Landesverfassung ein. Der verfassungsgeschichtliche Vortrag von Dr. Ulrich Nachbaur, Leiter des Vorarlberger Landesarchivs, sowie die Präsentation des Kommentars durch Institutsdirektor Univ. Prof. Dr. Peter Bußjäger rundeten die Veranstaltung ab.

Das Werk enthält eine ausführliche und aktuelle Kommentierung der Vorarlberger Landesverfassung, deren Stammfassung bis ins Jahr 1923 zurückreicht. Die einzelnen Bestimmungen werden von Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte, ihren Zusammenhang mit der Bundesverfassung, dem Unionsrecht wie auch dem sonstigen internationalen Recht erläutert und analysiert. Die Staatspraxis sowie ausführende Regelungen unterhalb des Verfassungsrechts finden ebenfalls Berücksichtigung. Die einzelnen Kommentierungen werden durch Hinweise auf weiterführende Literatur und Judikatur abgerundet.

Peter Bußjäger/Matthias Germann/Borghild Goldgruber-Reiner (Hrsg.), Vorarlberger Landesverfassung, Verlag Österreich, 2024, 259,00 Euro.

Neuerscheinung: Waldbetretung und Waldaufenthalt – ein Recht und seine Schranken



In Band Nr. 15 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht des Instituts für Föderalismus behandelt Jonas Kaschka die Waldbetretung und den Waldaufenthalt aus öffentlich-rechtlicher Sicht. Die Monografie stellt die umfangreiche Rechtslage dar, hinterfragt die Zuständigkeiten der Materiengesetzgeber, die Übereinstimmung mit der Kompetenzverteilung, mögliche Länderkompetenzverletzungen durch den Bundesgesetzgeber und nimmt eine Analyse am Maßstab der Grundrechtsordnung vor.

Jonas Kaschka, Waldbetretung und Waldaufenthalt – ein Recht und seine Schranken, Schriftenreihe Verwaltungsrecht 15, Institut für Föderalismus, 2024, 37,90 Euro.



2023


VfGH-Erkenntnis zum ORF: Chance für den Föderalismus



Der VfGH hat Teile des Rundfunkgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass sowohl im Stiftungsrat als auch im Publikumsrat der Einfluss der Politik zu groß sei. Die Bestellung von neun Mitgliedern im Stiftungsrat durch die Bundesländer wurde hingegen als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft. Das ist als Ausdruck des Pluralismusgebotes zu verstehen und bietet im Zuge der nun anstehenden Reform die Chance, diesen föderalistischen Aspekt weiter zu stärken.

Der VfGH hat in seiner Herbstsession Teile der Bestellung und Zusammensetzung von ORF-Stiftungs- und Publikumsrats wegen Verstoßes gegen das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebots nach dem BVG Rundfunk[1] als verfassungswidrig aufgehoben. Dem Gesetzgeber wurde bis 31. März 2025 eine Reparaturfrist gewährt, der bis dahin eine (verfassungskonforme) Neuregelung zu treffen hat. Die Gründe für die Aufhebung von Bestimmungen bestanden im Wesentlichen darin, dass hinsichtlich des Stiftungsrates der Einfluss der Bundesregierung (neun Mitglieder), hinsichtlich des Publikumsrates der Einfluss des Bundeskanzlers (17 Mitglieder) als zu weitreichend erachtet wurde.

Das Erkenntnis selbst ist deshalb hervorzuheben, weil der VfGH darin auch auf eine föderalistische Komponente Bezug nimmt: So wird die Bestellung von neun Mitgliedern im Stiftungsrat durch die Bundesländer ausdrücklich als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft. Wenngleich der Einfluss der Länder an der Bestellung der Stiftungsratsmitglieder ein vergleichsweise bescheidener ist, ist die Systematik, aus den Ländern je einen Stiftungsrat zu entsenden, als ein Ausdruck des vom BVG Rundfunk geforderten Pluralismusgebots zu werten.

Die nun anstehende Reform bietet die Möglichkeit, diesen föderalistischen Aspekt weiter zu betonen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die besondere Bedeutung der ORF-Landesstudios hinzuweisen, denen das Institut in jüngerer Vergangenheit bereits eine eigene Publikation gewidmet hat.[2]

 


[1] VfGH vom 5.10.2023, G 215/2022-26.

[2] Bußjäger/Keuschnigg/Schramek (Hg), Die föderale Bedeutung der ORF-Landesstudios, FÖDOK 42 (2020).

Finanzausgleich: Licht und Schatten



Die Einigung in den Finanzausgleichverhandlungen stellt auf der einen Seite die Funktionsfähigkeit des kooperativen Föderalismus unter Beweis. Auf der anderen Seite ist es nicht gelungen, die geforderte Änderung des geltenden Verteilungsschlüssels zu erreichen. Darüber hinaus ist der Einfluss des Bundes auf die Kompetenzen der Länder im Rahmen des sogenannten Zukunftsfonds bedenklich. Eine Entschärfung bietet in diesem Zusammenhang lediglich der fehlende Sanktionsmechanismus, was jedoch einmal mehr eine „österreichische Lösung“ im Sinne eines wenig gelungenen Kompromisses darstellt.

In der im Dezember erschienenen Ausgabe des Gemeindemagazins „public“ beschäftigen sich der Institutsdirektor und der Institutsassistent mit der nun getroffenen Einigung in den Finanzausgleichsverhandlungen.[1] Wenngleich durch das ausgehandelte Paktum einmal mehr die Funktionsfähigkeit des kooperativen Föderalismus unter Beweis gestellt wurde, wird im Kern kritisiert, dass sich am geltenden Verteilungsschlüssel – trotz eingehender Forderungen zu Beginn der Verhandlungen – auch in der kommenden Finanzausgleichsperiode nichts ändern wird. Zudem ist die Vorgehensweise, auf die Kompetenzen der Länder in Gestalt von Anschubfinanzierungen (Zukunftsfonds) Einfluss zu nehmen, als bedenklich einzustufen. Die föderalistische Problematik wird allerdings durch den fehlenden Sanktionsmechanismus in Zusammenhang mit den aus dem Zukunftsfonds abrufbaren Geldern entschärft. Dies ist allerdings auch als Auftrag an die Länder zu verstehen, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel angepasst an die regionalen Gegebenheiten sowie bedarfsgerecht in den Bereichen Elementarpädagogik, Pflege und Gesundheit einzusetzen.

 


[1] Der Beitrag ist unter http://www.gemeindemagazin.at/epaper/_Online-Ausgaben/2023/Digi_03_2023/10/ frei abrufbar (13.12.2023).

Tagungsbericht: Die Rolle der Länder in der Energiewende



Ende November organisierte das Institut für Föderalismus eine Tagung zum Thema „Die Rolle der Länder in der Energiewende“. Die Herausforderungen sowie die Rolle und die Spielräume der Länder in diesem Bereich wurden dabei umfassend beleuchtet. In Summe wurde deutlich, dass es in den nächsten Jahren seitens der Länder noch erhebliche Anstrengungen brauchen wird, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.

Am 30. November 2023 fand im Sitzungszimmer des Chiemseehofes in Salzburg die vom Institut für Föderalismus organisierte und gut besuchte Tagung zum Thema „Die Rolle der Länder in der Energiewende“ statt. Die Referentinnen und Referenten der Tagung zeigten dabei eindrücklich, welchen Herausforderungen sich die Länder in rechtlicher und technischer Sicht bei der Umsetzung der Energiewende noch stellen müssen, zudem auch, welche Rolle und Spielräume die Länder in diesem Bereich gegenwärtig einnehmen. Klar wurde, dass die Länder bereits einige Anstrengungen unternommen haben (zB Ausweisung von Eignungszonen für Windkraft/PV; Verfahrensbeschleunigungen etc.), die landesrechtlichen Regelungen dennoch von einer auffallend hohen Dynamik gekennzeichnet sind. Das legt den Schluss nahe, dass die Umstellung auf Erneuerbare Energien die Länder auch in den nächsten Jahren intensiv – und auf mehreren Ebenen – beschäftigen wird.

Die Tagungsbeiträge sollen im nächsten Jahr in der Zeitschrift „Baurechtliche Blätter“ veröffentlicht werden.

Nachruf: Theo Öhlinger



Der Verfassungsrechtsexperte Theo Öhlinger ist am 10. Dezember 2023 in Wien im 85. Lebensjahr verstorben. Der gebürtige Oberösterreicher, der sich in Innsbruck habilitierte und jahrzehntelang zunächst in Innsbruck und später in Wien lehrte, setzte sich in seiner vielfältigen Tätigkeit auch mit Themen der direkten Demokratie sowie dessen Ausbau auf Bundes- und Landesebene auseinander. Öhlinger erwarb sich mit zahlreichen Publikationen Verdienste um den Föderalismus in Österreich.

Aus seiner Zeit in Innsbruck resultiert auch das 1976 als Band 2 der Schriftenreihe des damals gerade eben gegründeten Instituts für Föderalismus erschienene Werk „Der Bundesstaat zwischen Reiner Rechtslehre und Verfassungsrealität“. Weniger bekannt ist seine Arbeit rund um das VfGH-Erkenntnis zur „Vorarlberger Volksgesetzgebung“.[1] Das von ihm im Prüfungsverfahren für die Vorarlberger Landesregierung erstattete Gutachten[2] beurteilte den Prüfungsbeschluss kritisch. Die Entscheidung des VfGH, die ja auch auf das „Ludesch-Erkenntnis“[3] nachwirkt, wird in seinem bekannten, mit Harald Eberhard verfassten Standardlehrbuch zum Verfassungsrecht,[4] „weil sie die im bundesstaatlichen Prinzip inkludierende Verfassungsautonomie verkennt“, als „jedenfalls in Bezug auf die Landesebene verfehlt“ bezeichnet. Nicht zuletzt auch damit hat sich Theo Öhlinger um die Belange des Föderalismus verdient gemacht. Das Institut wird im stets ein ehrendes Andenken bewahren.

 


[1] VfSlg 16.241/2001.

[2] Siehe Öhlinger, Bundesverfassungsrechtliche Grenzen der Volksgesetzgebung, Montfort 2000, 402 ff.

[3] Vgl dazu auch Bußjäger et al, Möglichkeiten und Grenzen des Ausbaus direktdemokratischer Elemente auf Gemeindeebene ohne Gesamtänderung der Bundesverfassung, Online-Publikation 3 (2023).

[4] Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht13 (2022) Rz 66.

Veranstaltungshinweis: Die Rolle der Länder in der Energiewende



Die vom Institut für Föderalismus organisierte Veranstaltung findet am 30. November 2023 im Chiemseehof in Salzburg statt und beleuchtet die Rolle des

Die Umsetzung der Energiewende im Föderalismus ist eine der vordringlichsten, aber auch herausforderndsten Aufgaben, mit denen sich die Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Gemeinden aktuell konfrontiert sehen. Die vom Institut für Föderalismus organisierte Veranstaltung will veranschaulichen, welche Rolle der Föderalismus darin spielt und wie er dazu beitragen kann, die Umstellung in Erneuerbare Energien zu beschleunigen.

Die Veranstaltung findet am 30. November 2023 im Chiemseehof in Salzburg (5010 Salzburg, Chiemseehof) statt.

Um eine Anmeldung per E-Mail bis 23. November 2023 an andrea.schafferer@foederalismus.at wird gebeten.

Das Veranstaltungsprogramm und weitere Informationen sind unter https://www.foederalismus.at/de/foederalismus/veranstaltungen/ zu finden.

Neuerscheinung: Änderungen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern 1925–2022



In Band Nr. 46 der FÖDOK-Reihe des Instituts für Föderalismus setzen sich Peter Bußjäger und Julia Oberdanner mit den Änderungen der Kompetenzverteilu

In ihrem Werk gehen der Autor und die Autorin dabei der Frage auf den Grund, wie sich die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern seit 1925 verändert hat, und ob der vielfach geäußerte Befund, wonach der Bund im Laufe der Jahre immer mehr Kompetenzen an sich gezogen hat, auch tatsächlich zutreffend ist.

Peter Bußjäger/Julia Oberdanner, Änderungen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern 1925–2022, FÖDOK 46, Institut für Föderalismus, 2023, 5,00 Euro (Printversion) oder online kostenlos abrufbar unter https://www.foederalismus.at/de/publikationen/.

Winter School on Federalism and Governance 2024



Innsbruck und Bozen sind auch im Jahr 2024 wieder die Schauplätze für die „Winter School on Federalism and Governance“. Die Veranstaltung steht in der kommenden Ausgabe der Winter School unter dem Motto „Federalism and Sustainability“.

Das EURAC Research Center organisiert in Kooperation mit der Universität Innsbruck auch im Jahr 2024 die „Winter School on Federalism and Governance“, die in der ersten Woche traditionell in Innsbruck und in der zweiten Woche in Bozen stattfinden wird (5. Februar 2024 – 16. Februar 2024). Die diesjährige Tagung beschäftigt sich mit dem Thema „Federalism and Sustainability“. Die Teilnehmer*innen der Tagung, darunter junge Forscher*innen und Akademiker*innen aus aller Herren Länder, dürfen sich auf spannende Vorträge und Diskussionen einstellen.

Bewerbungen sind noch bis zum 15. Oktober 2023 online möglich. Nähere Infos zur Veranstaltung, insbesondere zu den erforderlichen Bewerbungsunterlagen, können der Website https://winterschool.eurac.edu/ entnommen werden.

Daneben besteht 2024 erstmals für einen Alumnus oder eine Alumna einer vorangegangenen Winter School die Möglichkeit, einen Vortrag im Rahmen der Winter School zum diesjährigen Tagungsthema zu halten. Weitere Informationen dazu und der Call for Presentations sind ebenfalls unter https://winterschool.eurac.edu/ zu finden.

Änderung der Kostenersatzregelungen für die Waldbrandbekämpfung: Drohende Kostenüberwalzung auf Länder und Gemeinden



Bislang besteht eine Ermächtigung der Länder zur Regelung der Kosten von Waldbrandbekämpfungen. Durch eine Änderung des Forstgesetzes soll zukünftig ein bundeseinheitliches System greifen. Seitens der Länder und Gemeinden gibt es zahlreiche Kritikpunkte, die den neu geregelten Kostenersatz betreffen. Aus föderaler Sicht würde die neue Regelung in Teilbereichen zwar eine Vereinfachung bringen, aber zu einer Überwälzung der Kosten auf die Länder und Gemeinden führen – obwohl diese grundsätzlich der Bund zu tragen hat.

Durch einen neuen § 41a Forstgesetz soll der Kostenersatz für die Waldbrandbekämpfung künftig nach einem bundeseinheitlichen System geregelt werden.[1] Die bisherige Ermächtigung der Länder zur Regelung der Tragung der Kosten der Waldbrandbekämpfung würde damit entfallen. Der geplante Paradigmenwechsel wird im Wesentlichen damit begründet, dass die einzelfallbezogene Abwicklung des Kostenersatzes zu aufwändig sei und ein einheitliches System mit näher geregelten Pauschaltarifen (nach Art und Ausmaß eines Brandes) verwaltungsökonomisch sinnvoller wäre.[2]

In ihren Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf haben die Länder zwar die Vereinfachung des Kostenersatzes grundsätzlich begrüßt, überwiegend allerdings auch darauf hingewiesen, dass der aktuelle Gesetzesentwurf aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung zu einer Überwälzung der gemäß § 2 F-VG 1948 grundsätzlich vom Bund zu tragenden Waldbrandbekämpfungskosten auf Länder und Gemeinden führen würde.[3] Die im Entwurf einer Waldbrand-Pauschaltarifverordnung vorgesehenen Pauschaltarife für die Abgeltung der Waldbrandbekämpfungskosten der Feuerwehren seien zu niedrig angesetzt und würden neben der Kostentragungsregel des § 2 F-VG 1948 wohl auch der Judikatur des VfGH, wonach der Bund der zuständigen Gemeinde sämtliche durch eine Waldbrandbekämpfung verursachten Kosten für den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr einschließlich der Verpflegungskosten sowie für Schäden an deren Fahrzeugen, Geräten, Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen zu ersetzen hat, widersprechen. Die Pauschaltarife wären dabei in einer Höhe festzulegen und jährlich zu valorisieren, sodass im Ergebnis in einer Durchschnittsbetrachtung alle anfallenden Waldbrandbekämpfungskosten der Feuerwehren abgedeckt werden müssten. Dies sei umso wichtiger, als auch ausweislich der Erläuternden Bemerkungen zukünftig von einer erhöhten Anzahl von Waldbränden auszugehen ist.[4]

Konkret soll lediglich bei Extrembränden (ab 30 Hektar) der tatsächlich damit verbundene Aufwand ersetzt werden. Bei allen übrigen Brandereignissen (je nach betroffener Fläche erfolgt eine Einteilung in Klein-, Mittel- oder Großbrände) würden die Kosten durch einen Pauschaltarif ersetzt werden. Die Länder monieren in ihren Stellungnahmen im Wesentlichen, dass die vorgenommene Abgrenzung zwischen Großbränden und Extrembränden nicht nachvollziehbar und unter Berücksichtigung der vorgesehenen Pauschaltarife bei einem Großbrand unsachlich sei. Darüber hinaus dürfe nicht die veraltete Tarifordnung 2017 des Bundesfeuerwehrverbandes – eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers, auf den der Bund keine Ingerenzmöglichkeiten hat – als Grundlage für die Kosten, sondern jene aus dem Jahr 2023, herangezogen werden.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den (geplanten) Ersatz der Kosten für Löschflüge mit Hubschraubern, damit zusammenhängendem Personal sowie der Tätigkeiten der Bergrettung im Brandfall. Gemäß § 41a Abs. 6 des Entwurfs soll bei nach den landesrechtlichen Bestimmungen behördlich angeforderten Dienst- und Sachleistungen ein Anspruch der Verpflichteten auf Entschädigung durch den Bund bestehen. Angesichts des Zeitfaktors, dem im Rahmen der Bekämpfung eines Waldbrandes besondere Bedeutung zur Schadensminimierung zukommt, wird – richtigerweise – seitens der Länder gefordert, in der vorgesehenen Regelung klarzustellen, dass eine Anforderung einer Sach- und Dienstleistung auch in Form einer (nicht-hoheitlich verfügten) Beauftragung durch das landesgesetzlich zuständige Organ der Behörde erfolgen kann, um die Entschädigungspflicht des Bundes nach dieser Bestimmung auszulösen.

Zudem ging die Gemeinde in Bezug auf die angeforderten Sach- und Dienstleistungen bislang in Vorleistung. Mit der neuen Regelung in § 41a Abs 6 müsste jedoch der Verpflichtete (Hubschrauberunternehmen etc.) selbst seine Kosten beim zuständigen Bundesministerium geltend machen. Dadurch verschlechtere sich die Position privater, im Rahmen der Waldbrandbekämpfung allerdings äußerst wichtiger Partner und es bestehe die begründete Gefahr, dass im Bedarfsfall kein ausreichendes Angebot an Hubschraubern zur Bekämpfung von Waldbränden zur Verfügung steht, insbesondere dann, wenn die Abrechnung mit dem Bund mit deutlichen Abschlägen erfolgen sollte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Assistenzleistung des Bundesheeres gemäß § 2 Abs 1 lit c Wehrgesetz 2001 nur als „ultima ratio“ erfolgen soll, also erst, wenn mit den eigenen Mitteln oder unter Heranziehung privater Dienstleistungsunternehmen nicht das Auslangen gefunden werden kann. In diesem Zusammenhang wird vom Bundesministerium für Landesverteidigung darauf hingewiesen, dass eine Kostenersparnis – etwa seitens einer Gemeinde oder des Landes - keinen Grund für eine Assistenzanforderung darstellt.[5] Bereits derzeit übernimmt der Bund nur einen Teil der Kosten von Löschwasserflügen.


Föderalismus Check 3 von 10

Dass der Bund die Kosten der Waldbrandbekämpfung auf Länder und Gemeinden überwälzen will, ist aus föderaler Sicht bedenklich.


[1] 282/ME XXVII. GP, 1 f und EB zu 282/ME XXVII. GP, 3 ff.

[2] EB zu 282/ME XXVII. GP, 3 ff.

[3] Vgl Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, 16/SN-282/ME vom 07.08.2023, 2 f und 6 ff; Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung, 32/SN-282/ME vom 11.08.2023, 1 ff; Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, 26/SN-282/ME vom 10.08.2023, 3 f; Stellungnahme des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung 21/SN-282/ME vom 09.08.2023, 2 ff; Stellungnahme des Landes Salzburg, 40/SN-282/ME vom 29.08.2023, 2 ff.

[4] EB zu 282/ME XXVII. GP, 3.

[5] Darauf hinweisend die Stellungnahme des Landes Salzburg, 40/SN-282/ME vom 29.08.2023, 3.

Finanzausgleich: Verhandlungen in der entscheidenden Phase



Aktuell befinden sich die Finanzausgleichsverhandlungen auf der Zielgeraden. Es diesen geht es allerdings nicht – wie fälschlicherweise immer wieder berichtet – darum, dass der Bund einen Teil „seines“ Geldes an die Länder und Gemeinden abgibt. Vielmehr handelt es sich um Steuermittel des Staates, die gerecht zu verteilen sind. Dabei sind besonders die steigenden Kosten der Länder im Gesundheits- und Pflegebereich zu berücksichtigen. Die im Zuge der Verhandlungen erhobene Forderung nach Reformen in den Ländern lenkt davon ab, dass diese selbstverständlich auch auf Ebene des Bundes nötig sind. Der vom Finanzminister vorgeschlagene Zukunftsfonds ist indes zu begrüßen, sofern die Zielvorgaben einvernehmlich ausgearbeitet werden.

Die Finanzausgleichsverhandlungen befinden sich aktuell in der entscheidenden Phase, was mitunter am etwas gereizteren Ton der Verhandlungspartner, dem Finanzminister, der Landeshauptleute sowie den Vertreterinnen und Vertretern des Städte- und Gemeindebunds sichtbar wird.

Entgegen der von vielen Medien verbreiteten Sichtweise gibt der Bund beim Finanzausgleich nicht Teile „seines“ Geldes an die Länder ab. Es handelt sich vielmehr um Mittel der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die vom Bund im Wege verschiedener Steuern, wie etwa der Lohnsteuer oder Kapitalertragsteuer, eingehoben werden. Diese Steuern bilden die gesamten Staatseinnahmen, die schließlich im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt werden.[1] Die Bundesverfassung verlangt, dass diese Verteilung so zu erfolgen hat, dass jede staatliche Ebene ihre Aufgaben erfüllen kann. Eine gerechte Verteilung liegt nach der Judikatur des VfGH dann vor, wenn ihr Verhandlungen vorausgehen, im Rahmen derer die Beteiligten ihre Wünsche und Forderungen äußern können, und im Rahmen derer schließlich eine Einigung aller Verhandlungspartner erzielt wird.

Der erfolgreiche Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen wäre aus Sicht der Länder und Gemeinden insbesondere deshalb erforderlich, weil sich diese Ebenen primär im Gesundheits- und Pflegebereich mit ständig steigenden Kosten konfrontiert sehen. Daneben besteht in den Bereichen Klimaschutz (öffentlicher Personennahverkehr), im Bau- und Raumordnungsrecht oder der Wohnbauförderung ein notwendiger Finanzierungsbedarf.

Im Zuge der Verhandlungen werden allerdings vonseiten des Bundes als Gegenzug für mehr Finanzmittel immer wieder Forderungen nach Reformen in den Ländern laut – zuletzt etwa von Gesundheitsminister Johannes Rauch, der eine strukturelle Reform des Gesundheitswesens in den Bundesländern anstrebt.[2] Derartige Forderungen machen die Länder nicht nur zu Befehlsempfängern des Bundes, sondern verschleiern zudem, dass gerade auch im Bundesbereich Reformen dringend notwendig wären. Dies gilt insbesondere im von Minister Rauch angesprochenen Gesundheitswesen, wo die Länder zwar für den Spitalsbereich zuständig sind, der Bund aber für die niedergelassenen Ärzte und die Sozialversicherung verantwortlich ist.

Prinzipiell positiv zu bewerten ist der von Finanzminister Magnus Brunner geäußerte Vorschlag eines Zukunftsfonds, über den zusätzliche Mittel in die Bereiche Kinderbetreuung, Wohnen und Klima/Umwelt fließen sollen, wenn die Länder definierte und messbare Ziele in diesen Bereichen erreichen.[3] Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass die Zielvorgaben gemeinsam ausgearbeitet werden und den Ländern ein entsprechender Ermessensspielraum verbleibt.

Dem im Rahmen der Verhandlungen immer wieder erhobenen Ruf nach Zentralisierung verschiedener Aufgaben, zuletzt etwa im Bereich der Kinderbetreuung, mit der Begründung, dass die Aufgaben vom Bund effektiver erfüllt werden könnten, ist zudem eine klare Absage zu erteilen. Gerade im Bereich der Kinderbetreuung ist eine bedarfsorientierte Steuerung unerlässlich. Die Länder und Gemeinden können den in diesem Bereich bestehenden Bedarf auf Grund der größeren Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern wesentlich besser einschätzen als der Bund.

Der Österreichische Städtebund hat schließlich im Rahmen des 72. Städtetages am 1. Juni 2023 in Linz eine Resolution mit Schwerpunkt auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen beschlossen. In dieser Resolution werden ua steuerliche Maßnahmen sowie eine angepasste Verteilung der Finanzmittel zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung, die den Dynamiken der Aus- und Aufgabenbereiche der Gebietskörperschaften Rechnung trägt, gefordert.[4]

 


[1] Siehe dazu auch den neuen Föderalismus-Talk Nr. 24, in dem sich Institutsdirektor Peter Bußjäger ausführlich dem Thema Finanzausgleich widmet.

[2] Vgl zB Werner, Noch mehr Verhandlungsbedarf rund um die Gesundheitsreform, Vorarlberger Nachrichten vom 24.07.2023, https://www.vn.at/politik/2023/07/24/noch-mehr-verhandlungsbedarf-rund-um-die-gesundheitsreform.vn (abgerufen am 25.08.2023); Bußjäger, Geld und Reformen, vol.at (20.07.2023) https://www.vol.at/geld-und-reformen/8198017 (abgerufen am 25.08.2023).

[3] „Finanzausgleich: Wallner begrüßt Brunners Zukunftsfonds“, vorarlberg.orf.at (08.09.2023) https://vorarlberg.orf.at/stories/3223352/ (abgerufen am 12.09.2023).

[4] „Parteiübergreifende Einigkeit bei Resolution“, ÖGZ 8/2023, 16 f. Die gesamte Resolution ist abrufbar unter https://www.staedtebund.gv.at/organisation/oesterr-staedtebund/positionen/.

Kärnten übernimmt den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz



Es sind wichtige Themen, die auf Kärnten als aktuelles Vorsitzland der Landeshauptleutekonferenz zukommen: Es geht um Lösungen bei den brennenden Fragen Gesundheit, Pflege und Armut sowie um ein Ergebnis beim anstehenden Finanzausgleich.

Nach dem Burgenland hat mit 1. Juli 2023 das südlichste Bundesland den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernommen. Im zweiten Halbjahr sollen unter dem Motto „Gemeinsam Krisen meistern und Zukunft schaffen“ die inhaltlichen Schwerpunkte auf den Themen Gesundheits- und Pflegeversorgung sowie Schutz vor Armut, insbesondere von Kindern, gelegt werden. Im Rahmen des Kärntner Vorsitzes wird auch weiterhin der neu auszuverhandelnde Finanzausgleich breiten Raum einnehmen.

Lichtverschmutzung: In Oberösterreich liegt das erste Gesetz vor



Es ist schon länger bekannt, dass künstliches Licht die Umwelt schädigt. Nun reagiert der Gesetzgeber. Oberösterreich geht in Vorlage und legt den ersten Entwurf eines Gesetzes gegen Lichtverschmutzung vor. Für die Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen wird die entsprechende Ö-Norm (mit einigen, eng definierten Ausnahmen) für verbindlich erklärt. Für die Gemeinden beinhaltet die Novelle die Verpflichtung, öffentliche Außenbeleuchtungsanlagen energieeffizient und umweltschonend zu errichten und zu betreiben.

Mit einer Novelle[1] zum Oö. Umweltschutzgesetz sollen erstmals Regelungen zur Vermeidung von Lichtverschmutzung in landesrechtlichen Materien geschaffen werden (vgl dazu auch die programmatische Bestimmung in § 1 Abs. 1c Oö. Umweltschutzgesetz). Unter Lichtverschmutzung wird dabei die nicht notwendige Emission von Licht in die Umwelt verstanden. Ziel dieser Novelle ist die dauerhafte Verringerung der negativen Auswirkungen von künstlichem Licht zum Schutz der Umwelt. Durch die Verringerung von Beleuchtungen soll dabei nicht nur elektrische Energie eingespart werden, sondern auch die künstliche Aufhellung des Nachthimmels reduziert und – damit einhergehend – die Natur- und Tierwelt sowie das Landschaftsbild geschützt werden. Die Novelle umfasst dabei zwei Kernpunkte:

Einerseits soll die ÖNORM O 1052:2020-10 „Lichtimmissionen Messung und Beurteilung“,[2] Ausgabe 15.10.2022, für sämtliche Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich des Landes fallen, für verbindlich erklärt werden, soweit eine Beleuchtung des öffentlichen Raumes erfolgt und der Anwendung dieser ÖNORM im Einzelfall nicht Ruhe, Ordnung oder Sicherheit entgegenstehen (§ 41b Oö. Umweltschutzgesetz). In den Erläuternden Bemerkungen[3] werden als Ausnahmen von der Verbindlichkeit der Anwendung der genannten ÖNORM Fälle der Beleuchtung zur Vorsorge, zum Schutz, zur Abwehr und zur Beseitigung von Katastrophen oder im Zuge von Rettungseinsätzen bzw Hilfeleistungen genannt. Auch Beleuchtungen, die aus Sicherheitsgründen – etwa zur Vorsorge und Abwehr von kriminellen Handlungen – installiert oder betrieben werden, fallen unter diese Ausnahme.

Andererseits beinhaltet die geplante Novelle eine Pflicht für die Gemeinden zur energieeffizienten und umweltschonenden Errichtung und zum Betrieb von öffentlichen Außenbeleuchtungsanlagen (§ 41c Abs. 1 Oö. Umweltschutzgesetz). Der Begriff der „öffentlichen Außenbeleuchtungsanlage“ wird dabei erweitert und umfasst alle Außenbeleuchtungsanlagen, die mit künstlichem Licht den öffentlichen Raum beleuchten, wobei es unerheblich ist, ob das künstlich erzeugte Licht direkt oder indirekt auf den öffentlichen Raum einwirkt (vgl. die Begriffsdefinition in § 1a Abs. 5 Z 1 Oö. Umweltschutzgesetz). Unter diesen Begriff fallen auch Außenbeleuchtungsanlagen mit dekorativem Charakter und für Werbezwecke. Unter „öffentlichem Raum“ werden dabei alle der Öffentlichkeit zugänglichen oder zur Verfügung gestellten Bereiche, wie etwa Verkehrswege, Plätze, Parkplätze, Einrichtungen, Anlagen oder Sportstätten, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können, verstanden (vgl. § 1a Abs. 5 Z 2 Oö. Umweltschutzgesetz). Gemeinden müssen schließlich die Lichtstärke derartiger Außenbeleuchtungsanlagen und die Dauer der Beleuchtung auf jenes Maß beschränken, das aus Sicherheitsgründen unbedingt erforderlich bzw für den Verwendungszweck geboten ist.

In den Erläuternden Bemerkungen[4] wird zudem ausdrücklich festgehalten, dass Maßnahmen zur Vermeidung von Lichtverschmutzung im Rahmen des § 7 Oö. Umweltschutzgesetz und entsprechend der Richtlinien zur Umweltförderung in Oberösterreich als Umweltschutzmaßnahmen gefördert werden können.

Mit dem Entwurf nimmt Oberösterreich in diesem Bereich eine Vorreiterrolle ein und ist davon auszugehen, dass sich auch die übrigen Bundesländer dieser Thematik zeitnah annehmen werden. Der Gesetzesbeschluss ist im Herbst 2023 geplant.

 


[1] Vgl. dazu den Entwurf eines Berichtes des Umweltausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. Umweltschutzgesetz 1996 geändert wird (Oö. Umweltschutzgesetz-Novelle 2023), Stand 23.05.2023, sowie allgemein Amt der Oö. Landesregierung, Information zur Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, Dr.in Sigrid Sperker (Leiterin Strahlenschutz – Land OÖ) und Mag. Jürgen Frank (Leiter Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Anlagenrecht) am 19. Juni 2023 zum Thema Oberösterreich bringt den Nachthimmel zurück – Gesetzesnovelle bringt Meilenstein zur Bekämpfung der Lichtverschmutzung – Gemeinden bekommen Regelwerk zur Umstellung auf energiesparende und umweltverträgliche Beleuchtung, abrufbar unter https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/LK/PKLRKaineder_1906233_Internet.pdf (12.07.2023); Pöchinger, Landtag erleuchtet und mit „Verdunkelungsgesetz“, krone.at vom 26.05.2023, abrufbar unter <https://www.krone.at/3016692> (12.07.2023); Gesetz gegen Lichtverschmutzung geplant, ooe.orf.at vom 20.06.2023, abrufbar unter https://ooe.orf.at/stories/3212379/ (12.07.2023).

[2] Die gegenständliche ÖNORM legt ua Grenzwerte für die Lichteinwirkung auf Menschen und Umwelt, welche durch Licht emittierende Anlagen hervorgerufen werden, fest.

[3] Entwurf eines Berichtes des Umweltausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. Umweltschutzgesetz 1996 geändert wird (Oö. Umweltschutzgesetz-Novelle 2023), Stand 23.05.2023, 4.

[4] Entwurf eines Berichtes des Umweltausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. Umweltschutzgesetz 1996 geändert wird (Oö. Umweltschutzgesetz-Novelle 2023), Stand 23.05.2023, 4.

Umstrittene EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur



Im Juli hat das EU-Parlament mit knapper Mehrheit für eine Verordnung zur Wiederherstellung der Natur gestimmt. Damit verbunden sind verbindliche Zielvorgaben, die jedoch in zahlreiche Länderkompetenzen massiv eingreifen würden. Aus diesem Grund haben die österreichischen Bundesländer Bedenken gegen die Erlassung einer derartigen Verordnung ausgesprochen. Die Frage ist noch nicht gänzlich entschieden - der endgültige Kompromiss, der nun auf EU-Ebene zu finden ist, steht noch aus.

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (COM[2022] 304 final vom 22. Juni 2022) dient der Umsetzung des European Green Deal und der EU-Biodiversitätsstrategie.[1] Die Festlegung rechtsverbindlicher Ziele soll dabei die Biodiversität fördern und den Naturschutz verbessern. Im Entwurf ist im Wesentlichen die (etappenweise) Wiederherstellung von 80 % der europäischen Lebensräume, die sich in einem schlechten Zustand befinden, wie etwa Wald- und landwirtschaftliche Flächen oder Meeres-, Süßwasser- und städtische Ökosysteme, vorgesehen. Bis 2030 sollen dabei in mindestens 20 % der betroffenen Land- und Meeresgebiete in der EU Wiederherstellungsmaßnahmen durchgeführt und bis 2050 schrittweise auf alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme ausgedehnt werden.

Zentrales Element der Verordnung ist die Verpflichtung der EU-Mitglieder zur Entwicklung nationaler Wiederherstellungspläne, in denen die Maßnahmen zur Verwirklichung der in der Verordnung vorgesehenen verbindlichen Ziele, die wiederherzustellende Gesamtfläche sowie ein Zeitplan festgelegt werden. Beispiele für derartige Maßnahmen sind etwa die Wiedervernässung trockengelegter Torfmoore, das Entfernen nicht heimischer Gewächse auf Grünland, in Feuchtgebieten und Wäldern, ein verringerter Einsatz chemischer Pestizide und Düngemittel bzw. der Verzicht darauf oder die Förderung der Erhaltung unberührter Natur. Die geplanten verbindlichen Zielvorgaben würden zahlreiche Landeskompetenzen, wie Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, Energiepolitik, Katastrophenschutz, Wasserbau oder Raumordnung, betreffen.

Die österreichischen Bundesländer äußerten in einer einheitlichen Länderstellungnahme gemäß Art. 23d Abs. 2 B-VG grundsätzliche rechtliche wie auch schwerwiegende fachliche Bedenken gegen eine Erlassung der Verordnung in der vorgeschlagenen Fassung. Obgleich Bestrebungen der Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität an sich zu begrüßen seien, werde der vorliegende Entwurf entschieden abgelehnt.[2] Tatsächlich stellt sich die Frage, wie die teilweise sehr einschneidenden Maßnahmen praktisch umgesetzt werden könnten.

Am 12. Juli 2023 hat das EU-Parlament mit knapper Mehrheit für die vorgeschlagene Verordnung der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur gestimmt, nachdem der Entwurf vorher in mehreren Ausschüssen abgelehnt wurde. Es muss nunmehr noch ein endgültiger Kompromiss gefunden werden, damit die neuen Vorhaben in Kraft treten können.[3]

Kritiker der geplanten Verordnung befürchten auch einen Rückgang land- und forstwirtschaftlicher Flächen, da Produktionsflächen nicht mehr genutzt werden dürften. Dadurch würde nicht nur in Eigentum von Grundbesitzern eingegriffen, sondern es führe auch dazu, dass vermehrt Lebensmittel importiert werden müssten.[4]

 


[1] Vgl. dazu https://www.consilium.europa.eu/de/policies/nature-restoration/#:~:text=Mit%20der%20Verordnung%20zur%20Wiederherstellung,Feldvogelarten (18.07.2023); https://environment.ec.europa.eu/topics/nature-and-biodiversity/nature-restoration-law_en (18.07.2023); Institut für Föderalismus, 47. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2022) (2023) (in Druck), 95 f.

[2] Institut für Föderalismus, 47. Bericht, 95 f (und Anhang 16).

[3] Siehe zB „Mit knapper Mehrheit: EU-Parlament für Renaturierungsgesetz“, news.ORF.at, https://orf.at/stories/3323616/ (18.07.2023).

[4] Siehe news.ORF.at, https://orf.at/stories/3323616/ (18.07.2023); https://ktn.lko.at/lk-k%C3%A4rnten-kritisiert-eu-parlamentsbeschluss-zur-wiederherstellung-der-natur-scharf+2400+3849864 (18.07.2023).

Neuerscheinung: Federalism and the rights of persons with disabilities. The Implementation of the CRPD in Federal Systems and Its Implications



Das Buch beleuchtet die bislang noch unerforschten Zusammenhänge zwischen Föderalismus und Rechten von Menschen mit Behinderung. Es untersucht die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention in verschiedenen föderalen Systemen weltweit.

Das Werk analysiert die Effekte, welche die im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention eingegangenen Verpflichtungen auf föderale Regierungsstrukturen und die Gewaltenteilung in 14 föderalen Systemen, darunter Österreich, Deutschland, Italien, Kanada, Brasilien, Indien und das Vereinigte Königreich, haben. Es beinhaltet unter anderem Beiträge von Peter Bußjäger (Österreich), Felix Welti (Deutschland), Paolo Addis und Matteo Monti (Italien) oder Gilberto MA Rodrigues und Paloma Breit (Brasilien).

 

Delia Ferri/Francesco Palermo/Giuseppe Martinico (Hg), Federalism and the rights of persons with disabilities. The Implementation of the CRPD in Federal Systems and Its Implications, Hart Publishing, 2023, 120,00 Dollar

Baulandabgabe: Nach Salzburg und Burgenland nun auch in Tirol in Diskussion



Die Koalitionspartner ÖVP und SPÖ haben sich bereits im Regierungsübereinkommen zur Einführung einer Baulandabgabe ausgesprochen. Die Abgabe soll die Hortung von Bauland verhindern und sich dämpfend auf die Grundpreise auswirken. Ein entsprechender Antrag soll nun im Mai-Landtag eingebracht werden. Soweit derzeit bekannt ist, soll sich die Baulandabgabe am tatsächlichen Verkehrswert orientieren und ab 500 bis 1.000 Quadratmetern zum Tragen kommen. Kompetenzrechtlich ist dieser Spielraum mangels einer eigener Bundesabgabe für die Länder innerhalb bestimmter Grenzen gegeben. Es gibt bereits Beispiele für Baulandabgaben im Burgenland, in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark. Die unterschiedlichen Ansätze zeigen den Wert des sogenannten „Laborföderalismus“.

Im Regierungsprogramm der neuen Tiroler Landesregierung wird die Einführung einer Baulandabgabe forciert.[1] Ein entsprechender Antrag dazu soll bei der kommenden Landtagssitzung im Mai eingebracht werden. Durch die Baulandabgabe soll die Hortung von Bauland verhindert und leistbares Bauland verfügbar gemacht werden. In Tirol sind etwa über 3.000 ha an Baugrundstücken mit entsprechender Widmung unbebaut, das entspricht ca. 17,5 % des verfügbaren Baulandes. Nach Angaben von LH-Stv. Georg Dornauer (SPÖ) soll die Baulandabgabe vom tatsächlichen Verkehrswert der brachliegenden Liegenschaft bemessen und erst ab einer gewissen Liegenschaftsgröße – etwa von 500 oder 1.000 m2 – vorgeschrieben werden. Da es in Tirol zahlreiche Grundeigentümer:innen gibt, – gerade auch aus dem bäuerlichen Bereich – mit Baugrundstücken, die größer als 1000 m2 sind, wird durchaus mit entsprechendem Widerstand gegen die Einführung einer Baulandabgabe zu rechnen sein.[2]

 

Im Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark existieren allerdings solche Regelungen bereits.

 

Aus kompetenzrechtlicher Sicht kann dazu zunächst festgehalten werden, dass Länder (nur) dann über eine Abgabenkompetenz verfügen, als sie vom Bundesgesetzgeber überhaupt nicht geregelte und daher auch nicht von ihm beanspruchte Abgaben „erfinden“ können; gleichzeitig können sie innerhalb des bundesgesetzlichen Rahmens Abgaben erheben, wo der Bund zwar einen Abgabengegenstand geregelt hat, den Ländern dabei aber zumindest einen gewissen Spielraum belässt.[3] Dieser Spielraum ergibt sich je nach Abgabenart aus bundesgesetzlichen Vorgaben gemäß § 7 Abs 3 bis 5 F-VG sowie den bundesgesetzlichen Ermächtigungen gemäß § 8 Abs 3 und § 8 Abs 4 letzter Satz F?VG.[4] Da im Bereich der Baulandmobilisierung keine ausdrücklichen bundesrechtlichen Vorschriften zu finden sind, muss die konkrete Abgabe als „Erfindung“ der Länder den dafür vorgesehenen Voraussetzungen entsprechen. Der VfGH hat iZm dem im Oö. Raumplanungsgesetz 1994 vorgesehenen „Erhaltungsbetrag“ die Zulässigkeit einer derartigen Länderabgabe bestätigt.[5]

 

Im Burgenland ist eine entsprechende Baulandabgabe seit 2021 in § 24a Burgenländisches Raumplanungsgesetz 2019 („Baulandmobilisierungsabgabe“) festgelegt. Sie wird vom Land eingehoben und fließt zu je 50 % dem Land und der jeweiligen Gemeinde zu (§ 24a Abs 1 leg cit). Mit der Abgabe wird dabei auch im Burgenland das Ziel verfolgt, Grundstücke zu bebauen oder zu verkaufen.[6] Dort sind etwa 40 % der verfügbaren Baulandflächen ungenutzt. Gegenstand der Abgabe sind unbebaute Baulandgrundstücke, die als Bauland in bestimmten Widmungskategorien ausgewiesen sind und deren aktuelle Widmung vor mehr als fünf Jahren festgelegt wurde, wobei bestimmte Zeiten (zB Zeiten von Bausperren) nicht in die Fünfjahresfrist eingerechnet werden (§ 24a Abs 2 leg cit). Die Höhe der jährlich zu leistenden Abgabe – von näher im Gesetz bezeichneten Ausnahmen abgesehen[7] – ergibt sich aus einem Prozentsatz des Grundstückswertes. Der Grundstückswert ist dabei von der Gemeinde mittels Verordnung festzulegen. Der Prozentsatz für die Abgabe beträgt – gestaffelt nach der Grundstücksgröße – jährlich zwischen 0,5 und 2,5 % (§ 24a Abs 5 und 6 leg cit). Die im Bgld RPG 2019 vorgesehenen Ausnahmen sind freilich nicht unumstritten und werden von zahlreichen Grundstücksbesitzer:innen als unsachlich kritisiert, vom Haus- und Grundbesitzerbund Burgenland wird diesbezüglich sogar die Erhebung einer Sammelklage vor dem VfGH ins Auge gefasst.[8]

 

In Oberösterreich wird Eigentümer:innen von unbebauten Grundstücken mit Baulandwidmung zum Zweck der Baulandmobilisierung ein „Erhaltungsbeitrag“ je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage oder eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage vorgeschrieben (§ 28 Oö. ROG 1994). Dieser Beitrag ist erstmals fünf Jahre nach der Vorschreibung einzuheben (§ 28 Abs 2 leg cit). Der Erhaltungsbeitrag ist als reine Gemeindeabgabe iSd § 6 Abs 1 Z 5 F-VG 1948 ausgestaltet und abhängig von der Größe des Grundstückes (ohne Ausnahmen für kleinere Grundstücke). Die Höhe beträgt für die Aufschließung durch eine Abwasserentsorgungsanlage 24 Cent bzw für die Aufschließung durch eine Wasserversorgungsanlage 11 Cent pro Quadratmeter und wird jährlich an den Baukostenindex für den Straßenbau angepasst (§ 28 Abs 3 und 3a leg cit). In bestimmten Fällen kann die Gemeinde diesen Erhaltungsbeitrag durch Verordnung bis zum Doppelten pro Quadratmeter anheben (§ 28 Abs 3 leg cit).

 

In Salzburg wird eine Abgabe auf unbebautes Bauland unter dem Titel „Infrastruktur-Bereitstellungsbeitrag“ eingehoben. Sie ist seit 2018 in § 77b Sbg ROG 2009 normiert und als reine Gemeindeabgabe ausgestaltet. Gegenstand der Abgabe sind unbefristete unverbaute Baulandgrundstücke, die ab dem 1. Jänner 2018 seit mehr als fünf Jahren als Bauland in bestimmten Widmungskategorien ausgewiesen sind, wobei auch hier – wie im Burgenland – bestimmte Zeiten nicht in die Fünfjahresfrist einzurechnen sind (§ 77b Abs 2 leg cit). Die Bemessung der Abgabe richtet sich nach der Grundstücksgröße, wobei eine Abgabe – im Unterschied zum Burgenland, wo keine expliziten Ausnahmen für kleinere Grundstücke vorgesehen sind – erst ab einer Grundstücksgröße von 501 m2 eingehoben wird, und ist je nach Region bzw Stadt gestaffelt (§ 77b Abs 4 und 5 leg cit). Die Abgabenhöhen werden dabei direkt in § 77b Abs 5 leg cit normiert. Auch in Salzburg sind gewisse Personen bzw. Körperschaften von der Leistung der Infrastruktur-Bereitstellungsabgabe befreit, wie etwa Gemeinden im Fall von eigenen Baulandgrundstücken im Gemeindegebiet und die Baulandsicherungsgesellschaft mbH (§ 77 leg cit) sowie Grundstückseigentümer:innen, die schriftlich um eine entschädigungslose Rückwidmung ihrer Grundstücke in Grünland angesucht haben (§ 77b Abs 3 leg cit). Nach Angaben des Landes Salzburg sei bereits eine Baulandmobilisierung feststellbar.[9]

In der Steiermark kann die Einhebung einer „Raumordnungsabgabe“ bei unbebauten Baugrundstücken dann vorgesehen werden, wenn die Gemeinde im Flächenwidmungsplan eine fünfjährige Bebauungsfrist vorgesehen hat und das Grundstück innerhalb dieser Frist nicht bebaut wird (§ 36 Abs 1 und 3 Z 1 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010). Im Rahmen einer land- und/oder forstwirtschaftlichen Nutzung bestehen abweichende Regelungen. Die jährlich vorzuschreibende Raumordnungsabgabe richtet sich diesfalls nach der Grundstücksgröße (unabhängig von einer bestimmten Mindestgröße), die mit dem aktuellen Baugrundstückspreis pro Quadratmeter multipliziert wird. 2 % dieses Betrages sind als Abgabe vorzuschreiben (§ 36 Abs 4 Z 1 leg cit). Die Baulandabgabe ist als reine Gemeindeabgabe iSd § 6 Abs 1 Z 5 F-VG 1948 ausgestaltet (§ 36 Abs 9 leg cit).

 

Am Beispiel der geschilderten Baulandabgabe ist der Wert des sogenannten „Laborföderalismus“ zu erkennen. So kann eine gezielte Maßnahme – räumlich begrenzt – eingeführt und deren Nutzen zunächst beobachtet werden. Ziel der Baulandabgabe ist es einerseits, der Gemeinde entstandene Kosten für die Infrastrukturanbindung von (unbebauten) Baulandgrundstücken abzudecken und andererseits insbesondere aber auch, die Hortung von bebaubaren Grundstücken zu verhindern und leistbares Bauland auf den Markt zu bringen. Stellt sich heraus, dass es sich um eine sinnvolle Maßnahme handelt, führt dies zu einem befruchtenden Wettbewerb und maßgeschneiderten Lösungen auch in anderen Regionen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgende Bewertung auf unserem Föderalismus-Barometer:


Föderalismus Barometer 8 von 10 Punkten

 


[1] Stabilität in der Krise. Erneuerung für Tirol. Regierungsprogramm für Tirol 2022 – 2027, 9, abrufbar unter https://www.tirol.gv.at/fileadmin/bilder/navigation/regierung/2022/Regierungsprogramm_2022_Stabilitaet_Erneuerung.pdf (abgerufen am 14.4.2023).

[2] Vgl auch https://tirol.orf.at/stories/3202725/ (abgerufen am 14.4.2023).

[3] Bußjäger/Eller, Verfassungsrechtliche Aspekte einer Leerstandsabgabe als Landesabgabe, ÖHW 2023, 1 (4 f).

[4] Bußjäger/Eller, ÖHW 2013, 5; Gamper, Die Kompetenzverteilung in der Finanzverfassung, in Bußjäger/Eller (Hg), Handbuch der österreichischen Finanzverfassung (2022) 85 (95).

[5] VfSlg 17.890/2006.

[6] Vgl https://www.burgenland.at/themen/wohnen/baulandmobilisierung/ (abgerufen am 14.4.2023).

[7] §§ 24a Abs 2 bis 7 Bgld RPG 2019.

[8] Siehe https://tirol.orf.at/stories/3202725/ (abgerufen am 14.4.2023).

[9] Siehe https://tirol.orf.at/stories/3202725/ (abgerufen am 14.4.2023).

VfGH hebt Teile des Sozialhilfe-GrundsatzG und des Wiener MindestsicherungsG auf



Im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz legt der Bund einerseits fest, dass die Wohnkostenpauschale und bestimmte Zusatzleistungen nur als Sachleistungen zu gewähren sind, anderseits werden Höchstgrenzen für Sozialleistungen definiert. Der VfGH erachtete die Gewährung von bestimmten Zusatzleistungen nur in Form von Sachleistungen als verfassungswidrig. Ebenfalls als verfassungswidrig qualifizierte der VfGH die Regelung im Wiener Mindestsicherungsgesetz, dass monatliche Leistungen für Personen, die in einer Hausgemeinschaft leben, 75 % des Richtsatzes betragen dürfen. Dies überschreite die vom Bund vorgegebene Grenze von 70 % des Richtsatzes. Auswirkungen auf andere Bundesländer bleiben abzuwarten. Bedauerlich bleibt jedoch, dass der VfGH nach wie vor die Höchstgrenzen – anstelle verbindlicher Mindeststandards – des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes nicht beanstandet hat.

In § 5 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz[1] legt der Bund Höchstgrenzen für Sozialhilfeleistungen fest. Die Wohnkostenpauschale und Zusatzleistungen zur Vermeidung besonderer Härtefälle sind dabei ausschließlich in Form von Sachleistungen zu gewähren (§ 5 Abs 5 und § 6 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz).

 

Der VfGH qualifizierte diese Regelung als Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Er erachtete es zwar als legitim, dass durch ein Sachleistungsgebot sichergestellt werden solle, dass Leistungen tatsächlich auch für jenen Zweck verwendet werden, für den sie gewährt wurden, allerdings könne es Fälle geben, in denen Hilfsbedürftige keinen Einfluss auf einen höheren Bedarf hätten, wie etwa bei besonders hohen Mietkosten. Es könnten also auch sachliche Gründe dafürsprechen, Zusatzleistungen durch Geld abzudecken. Der VfGH hob daher die entsprechenden Wortfolgen in § 5 Abs 5 zweiter und letzter Satz Sozialhilfe-Grundsatzgesetz als verfassungswidrig auf und stellte fest, dass die Wortfolge „in Form zusätzlicher Sachleistungen“ in § 6 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verfassungswidrig war. Die nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz zusätzlich in Form einer Geldleistung gewährte Mietbeihilfe wurde auf Grund der Verfassungswidrigkeit des Zwanges zur Sachleistung nach dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz als zulässig erachtet.

 

Als verfassungswidrig qualifizierte der VfGH allerdings § 8 Abs 2 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes[2], der festgelegt hat, dass monatliche Leistungen für Personen, die in einer Hausgemeinschaft leben, 75 % des Richtsatzes betragen dürfen. Nach dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz des Bundes dürfen monatliche Leistungen für diese Personen nämlich maximal 70 % des Richtsatzes betragen. Es ist dem Landesgesetzgeber verwehrt, die im Grundsatzgesetz festgelegten Höchstsätze zu überschreiten. Diese Regelung sowie die auf Grundlage dieser Regelung festgesetzten Beträge in den jährlichen Verordnungen zum Wiener Mindestsicherungsgesetz wurden daher vom VfGH als verfassungswidrig aufgehoben.

 

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entscheidung des VfGH auf die entsprechenden Regelungen zur Mindestsicherung in den anderen Bundesländern auswirken wird und ob zur Deckung eines erhöhten Wohnbedarfs oder der Vermeidung von Härtefällen nunmehr auch in anderen Ländern Geld- statt Sachleistungen vorgesehen werden oder Anpassungen bezüglich monatlicher Leistungen für Personen, die in einer Hausgemeinschaft leben, erforderlich sind. Es bleibt jedoch bedauerlich, dass der VfGH, wie bereits in einer früheren Entscheidung[3] ausgesprochen, das System der vom Grundsatzgesetzgeber festgelegten Höchstsätze nicht beanstandet hat und daher das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz statt verbindlichen Mindeststandards vielmehr Höchstgrenzen, die in den einzelnen Ländern zu problematischen Verzerrungen führen können, vorgibt.

 

 


[1] BGBl I 41/2019.

[2] LGBl 38/2010 idF LGBl 2/2018.

[3] VfGH 12.12.2019, G 164/2019-25, G 171/2019-24.

Veranstaltungshinweis: Netzwerktagung „Spannungsfeld Erneuerbare Energie und Schutz der Biodiversität“



Die Veranstaltung findet am 3. und 4. Mai 2023 an der JKU Linz (4040 Linz, Altenberger Straße 69) statt. Die Tagung wird in hybrider Form abgehalten und kann sowohl in Präsenz als auch online besucht werden.

Das Tagungsprogramm, weitere Informationen sowie das Anmeldeformular sind unter https://www.jku.at/institut-fuer-umweltrecht/forschung/veranstaltungen/programm-netzwerk-tagung-spannungsfeld-erneuerbare-energie-und-schutz-der-biodiversitaet/  zu finden.

Call for Applications: Federal Scholar in Residence 2024



Die Eurac Research in Bozen schreibt auch heuer wieder das Federal Scholar in Residence Program aus. Es richtet sich an Expert:innen der Fachgebiete Föderalismus und Regionalismus aus Wissenschaft und Verwaltung, die wissenschafts-, verwaltungs- und gesetzgebungsrelevante Fragestellungen präsentieren und diskutieren wollen.

Das Programm bietet einen dreiwöchigen Forschungsaufenthalt an der Eurac Reserach in Bozen inklusive Übernahme der Kosten für Reise und Unterkunft in Bozen sowie die Möglichkeit, sich mit Forscher:innen der Eurac Research in den Bereichen vergleichende Föderalismus- und Regionalismusforschung zu vernetzen. Einreichungen sind bis spätestens 1. Juli 2023 an die Eurac Research unter federalscholar@eurac.edu zu richten.

 

Weitere Informationen, insbesondere die Ausschreibungsbedingungen sowie Informationen über die einzureichenden Unterlagen sind unter https://www.eurac.edu/de/institutes-centers/institut-fuer-vergleichende-foederalismusforschung/pages/federal-scholar-in-residence-program abrufbar.

Neuerscheinung: Recht der politischen Parteien



Das im Jan Sramek Verlag 2023 in der 3. Auflage erschienene Werk von Christian Eisner, Michael R. Kogler und Andreas Ulrich enthält Anmerkungen zu wesentlichen Bestimmungen des Parteienrechtes sowie die dazugehörigen Materialien und die wichtigsten Entscheidungen.

Der in 3. Auflage vorliegende Kommentar enthält Anmerkungen zu sämtlichen Bestimmungen des Parteiengesetzes sowie die dazugehörigen Materialien und die wichtigsten Entscheidungen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats, des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Verwaltungsgerichtshofs zu den Bestimmungen des Parteiengesetzes. Ebenfalls im Werk zu finden sind Änderungen des Parteien-Förderungsgesetzes 2012 und des Klubfinanzierungsgesetzes 1985 sowie eine Aktualisierung der bereits in den Vorfassungen enthaltenen Regelungen in den Bundesländern.

 

Christian Eisner/Michael R. Kogler/Andreas Ulrich, Recht der politischen Parteien

Jan Sramek Verlag, 3. erweiterte Auflage 2023, 174,00 Euro

 

Neue Mitarbeiter am IFÖ: Julia Oberdanner und Andreas Pehr



Am Institut für Föderalismus sind seit Kurzem zwei neuen Mitarbeiter:innen tätig.

Mag.a Julia Oberdanner studierte Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck. Sie ist dort neben ihrer Tätigkeit am Institut für Föderalismus auch noch als Universitätsassistentin am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre beschäftigt und absolviert derzeit das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften.

 

Andreas Pehr, MA studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Gesellschaftswissenschaften an den Universitäten Basel, Freiburg i. Br., Los Angeles (Long Beach) und Salzburg. Er ist derzeit auch als Projektmitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck tätig.

 

Das Institut für Föderalismus freut sich sehr über die Verstärkung durch die beiden neuen Kolleg:innen.

Burgenland übernimmt den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz



Der Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz wechselt halbjährlich in alphabetischer Reihenfolge. Nach Wien übernimmt nun das Burgenland die Führung unter dem Motto „Sicherheit in bewegten Zeiten“. Das informelle Gremium wird mit Vorschlägen zu den Schwerpunktthemen Pflege, Gesundheit, Energiekrise und Finanzausgleich mit dem Bund in Verhandlung treten.

Nach Wien hat mit Beginn des neuen Jahres das östlichste Bundesland den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernommen. Im ersten Halbjahr sollen unter dem Motto „Sicherheit in bewegten Zeiten“ die inhaltlichen Schwerpunkte auf den Themen Pflege, Gesundheit und Bewältigung der Energiekrise gelegt werden. Im Rahmen des burgenländischen Vorsitzes wird auch der neu auszuverhandelnde Finanzausgleich breiten Raum einnehmen.

 

Die Landeshauptleutekonferenz ist ein informelles Gremium, das dem Zweck dient, gemeinsame Interessen der Länder zu filtern und diese dann im Verhandlungswege mit und vor dem Bund zu vertreten. Der Vorsitz zwischen den Ländern wechselt dabei halbjährlich und nach alphabetischer Reihenfolge der Länder. Nach dem Burgenland wird daher Kärnten das vorsitzführende Land im zweiten Halbjahr des Jahres 2023 sein. Die Landeshauptleutekonferenz fasst ihre Beschlüsse einstimmig. Diese werden aufgrund des informellen Charakters der Treffen nicht veröffentlicht, sondern lediglich den Teilnehmern sowie der Bundesregierung, soweit sie davon betroffen ist, zugänglich gemacht. Die Beschlüsse selbst sind rechtlich unverbindlich, entfalten aber eine beachtliche politische Wirkung.[1]

 


[1] Folgende weiterführende Literatur zur Bedeutung der Landeshauptleutekonferenz ist zu empfehlen: Bußjäger, Föderalismus durch Macht im Schatten? – Österreich und die Landeshauptmännerkonferenz, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2003 (2003) 79 ff; Bußjäger, Die Landeshauptleutekonferenz: Vom Schatten in die Sonne?, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2012 (2012) 310 ff; aus politologischer Sicht vgl Karlhofer, Gestaltungskraft und Vetomacht. Funktion und Praxis der Landeshauptleutekonferenz, in: Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates. FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 311 ff.

Landesrechnungshof: Kontrollzuständigkeit unmittelbar aus Gesetz erforderlich



Der VfGH hat ein Verfahren betreffend der Prüfkompetenz des steiermärkischen Landesrechnungshofes entschieden, das auch für andere Bundesländer relevant ist. Dabei ging es um die Prüfung der Gebarung von gemeinnützigen Wohnbauträgern. Die Kernaussage des Erkenntnisses ist, dass sich die Zuständigkeit des Rechnungshofs ausschließlich und unmittelbar aus dem Gesetz ergeben muss. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass es für die Länder grundsätzlich zulässig ist, eine Prüfkompetenz ihres Landesrechnungshofes unmittelbar im Gesetz vorzusehen. Das dürfte in absehbarer Zeit zu einer Novellierung der betreffenden Bestimmungen in einzelnen Bundesländern führen.

Ein für die Verfassungsautonomie der Länder wichtiges Verfahren betreffend die Prüfkompetenz des steiermärkischen Landesrechnungshofes (LRH) hinsichtlich der Gebarung gemeinnütziger Wohnbauträger in der Steiermark wurde nun vom VfGH entschieden.[1]

 

Hintergrund des Verfahrens war ein schwelender Streit zwischen dem LRH einerseits und insgesamt 27 steirischen Wohnbauträgern andererseits. Auf Antrag des steiermärkischen Landtages wurde ersterer nämlich beauftragt, die Gebarung der Wohnbauträger, die zum Teil mit Mitteln des Landes gefördert werden, umfassend zu prüfen. Nachdem sich letztere nicht bereit erklärten, einen ausführlichen Fragenkatalog zu beantworten, wandte sich der LRH direkt an den VfGH.[2] Bei der Behandlung des Antrags sind dem VfGH schließlich Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des Art 50 Abs 1 Z 7 Stmk L-VG entstanden und in der Folge ein Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen eingeleitet worden.

Der VfGH begründete dies zum einen damit, dass die Prüfkompetenz öffentlich geförderter Wohnbauträger durch den LRH sich nicht (ausschließlich) aus dem Gesetz ergebe, sondern davon abhängig sei, ob die steiermärkische Landesregierung sich diese für das Land vertraglich vorbehalten hat („sofern sich das Land vertraglich eine solche Kontrolle vorbehalten hat“). Es dürfte demnach offenbar im freien Ermessen der Landesregierung liegen, bei der Gewährung von finanziellen Mitteln zur Wohnbauförderung für das Land eine Kontrolle durch den LRH Steiermark vertraglich vorzubehalten. Da der VfGH aber ausschließlich zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des LRH begründen, berufen sei, verstoße die Bestimmung daher gegen eine darauf gerichtete bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung (Art 127c Z 1 iVm Art 126a erster Satz B-VG). Zum anderen hegte der VfGH das Bedenken, dass im Umfang seiner Zuständigkeit gemäß Art 50 Abs 1 Z 7 Stmk L-VG nicht die im Art127c Z1 B-VG zugrunde liegende „Gleichartigkeit“ eines LRH mit dem Rechnungshof des Bundes aufweise.

 

Die Landesregierungen der Steiermark, Kärnten, Oberösterreichs und Vorarlberg, das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst sowie der Rechnungshof des Bundes erstatteten im Verfahren Äußerungen und wendeten im Wesentlichen ein, dass nicht ersichtlich sei, weshalb die nach Art 127c B-VG geforderte „Gleichartigkeit“ des LRH Steiermark mit dem Rechnungshof des Bundes in Frage zu stellen sei, zumal gerade keine Deckungsgleichheit hinsichtlich der Prüfkompetenzen vorliegen müsse. Ferner wurde vorgebracht, dass der VfGH auch bei der Auslegung von (bundesverfassungs)gesetzlichen Bestimmungen, die Zuständigkeiten des Rechnungshofes des Bundes regeln, seiner Beurteilung privatrechtliche Gesichtspunkte zugrunde zu legen habe. Außerdem wurde eine (mögliche) verfassungskonforme Interpretation der Bestimmung insofern, als sich die Prüfungsbefugnis auf Wohnbauförderungen des Landes Steiermark zu beschränken habe, ins Spiel gebracht.

 

Im Ergebnis konnten die vom VfGH im Gesetzesprüfungsverfahren gehegten Bedenken nicht zerstreut werden. Er führte dabei aus, dass sich die zu prüfende Bestimmung von jenen über die Kontrolle von Unternehmen durch den Rechnungshof des Bundes darin unterscheidet, dass es diese (Verfassungs-)Bestimmungen einem Verwaltungsorgan gerade nicht ermöglichen, über die Zuständigkeit des Rechnungshofes zu disponieren. Die Begründung von Zuständigkeiten des RH müsse sich ausschließlich und unmittelbar im Wege von Gesetzen im formellen Sinn ergeben, um von einer „Gleichartigkeit“ mit dem RH des Bundes sprechen zu können. Eine verfassungskonforme Interpretation der Bestimmung komme ebenso wenig in Betracht.

 

Damit hat der VfGH nach Auffassung des Instituts für Föderalismus aber keineswegs zum Ausdruck gebracht, dass es den Ländern grundsätzlich verwehrt wäre, eine Prüfkompetenz vorzusehen, wie sie in der Steiermark verankert war. Wenn allerdings der VfGH über Meinungsverschiedenheiten entscheiden können soll, muss sie nun so formuliert werden, dass sich die Zuständigkeit des LRH unmittelbar aus dem Gesetz (bzw der Landesverfassung) ergibt.

 

Der Ausgang des Verfahrens war auch für andere Bundesländer, die über ähnliche Bestimmung in ihren Landesverfassungen verfügen, bedeutsam. Diese werden vor dem Hintergrund dieses verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses wohl zeitnah novelliert werden.

 


[1] G 221/2022-14 vom 6.12.2022.

[2] Art 50 Abs 4 Stmk L-VG normiert, dass bei Entstehen von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Landesrechnungshof und einem Rechtsträger über die Auslegung der Zuständigkeiten des Landesrechnungshofs der VfGH ua auf Antrag des Landesrechnungshofes angerufen werden kann.

UVP-Gesetzesnovelle: Schwerwiegende Bedenken



Nach Ablauf der Begutachtungsfrist wurde nun die Regierungsvorlage zur Novellierung des UVP-G 2000 eingebracht. Die vom Föderalismusinstitut bereits vorgebrachten Bedenken bleiben nach wie vor aufrecht. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die vorgesehene Aufhebung landesrechtlicher Genehmigungsvoraussetzungen nicht mehr von der Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes umfasst und aufgrund des Berücksichtigungsgebotes seitens des Bundes auch sachlich nicht gerechtfertigt ist. Darüber hinaus wird die Raumordnungskompetenz der Gemeinden ausgehebelt.

Nachdem im September 2022 die Begutachtungsfrist für einen Entwurf zu einer Novelle des UVP-G 2000 (200/ME. 27. GP) abgelaufen ist, wurde nun im Parlament eine entsprechende Regierungsvorlage eingebracht. Die vom Institut für Föderalismus im Begutachtungsverfahren abgegebene Stellungnahme ist – soweit ersichtlich – in der nun vorliegenden Regierungsvorlage[1] inhaltlich nicht berücksichtigt worden.[2]

 

Wenngleich das Bestreben, die Energiewende in Österreich voranzutreiben, grundsätzlich zu begrüßen ist, bestehen gegen die geplante Novelle weiterhin schwerwiegende Einwände seitens des Instituts. Strittig ist zum einen der Umfang und die Reichweite der Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes. Das Institut geht davon aus, dass die vorgesehene Sistierung landesrechtlicher Genehmigungsvoraussetzungen nicht mehr von der genannten Kompetenz des Bundes umfasst ist und auch aufgrund des vom Bund zu beachtenden Berücksichtigungsgebots sachlich nicht gerechtfertigt erscheint. Darüber hinaus wird durch das Außerachtlassen von Festlegungen auf örtlicher Planungsebene (Flächenwidmungen) die Raumordnungskompetenz der Gemeinden ausgehebelt, was einen unzulässigen Eingriff in deren eigenen Wirkungsbereich dar (Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG) darstellt. Die als – aus der Sicht des Instituts ebenso zu hinterfragende – Kompensation in Gestalt eines Zustimmungserfordernisses der Standortgemeinde, die vom Projektwerber bzw. von der Projektwerberin mit dem Genehmigungsantrag nachzuweisen ist, steht im Übrigen mit Art 18 Abs 1 B-VG in Widerspruch, weil diese letztlich eine Bindung des obersten Organs (Landesregierung) an die Willensäußerung einer anderen Behörde bewirkt.

 

Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem geplanten Gesetzgebungsvorhaben ist in einem Fachbeitrag in der Zeitschrift „ecolex“ erfolgt.[3]

 

Auf unserem Föderalismusbarometer wird die geplante Gesetzesnovelle daher nicht allzu positiv bewertet.

Föderalismus Check mit 3 von 10 Punkten

 


[1] RV 1901 BlgNR 27. GP.

[2] Siehe dazu auch die im Begutachtungsverfahren abgegebene Stellungnahme des Instituts, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/0dd96e5b-7105-4fcc-822e-2f6b29dfe239 vom 31.8.2022.

[3] Bußjäger/Eller, Keine Flächenwidmung für Windräder?, ecolex 11/2022, 928 ff.

NEU: Föderalismus-Talk zu den Themen Finanzausgleich und Energiewende



Im Föderalismus-Talk#19 setzt sich der Institutsdirektor mit dem anstehenden Finanzausgleich sowie mit dem von der Bundesregierung im Rahmen einer Klausur beschlossenen „Energiepaket“ auseinander. Der Talk in seiner Langfassung ist unter https://foederalismus.at/ifoetalk.php frei abrufbar.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2023 ausgeschrieben



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten Österreichs und Südtirols und das Institut für Föderalismus schreiben auch heuer wieder den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen und für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis (Einreichung zwischen 1.4.2021 und 31.3.2023) verliehen.

Der Preis ist mit insgesamt 4.000 € dotiert; das Preisgeld kann an einen oder mehr Preisträgerinnen bzw. Preisträger (Mindestbetrag 1.000 €) vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens Donnerstag, 31. März 2022 an das Institut für Föderalismus zu richten.

 

Weitere Informationen, insbesondere die Ausschreibungsbedingungen sowie das Einreichformular sind unter https://foederalismus.at/foederalismuspreis/ abrufbar.

 

 


2022


VfGH: „Gesamthafte integrative Planung“ im Gesundheitswesen Bundessache



Die komplexe kompetenzrechtliche Gemengelage im Gesundheitswesen hat zum Abschluss zweier Art 15a B-VG-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern geführt. Im Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz hat der VfGH nun zwei Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben, in diesem Zuge aber klargestellt: Die „gesamthafte integrative Planung“ im Bereich des Gesundheitswesens (inklusive Krankenanstalten!) fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Das Problem dabei: Wie „integrative Planung“ konkret zu definieren ist, bleibt unklar.

Der VfGH hat im Bereich des Gesundheitswesens im August 2022 ein im November 2021 eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Systems der Gesundheits-Zielsteuerung abgeschlossen und im Zuge dessen zwei Bestimmungen im Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz als verfassungswidrig aufgehoben.[1] 

Das Gesundheitswesen, wozu auch das Berufsrecht der selbständig niedergelassenen Ärzte gehört, ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG). Hingegen fallen Krankenhäuser einschließlich selbständiger Ambulatorien in die Regelungszuständigkeit der Länder; in diesem Bereich ist der Bund lediglich befugt, Grundsätze für die Landesgesetzgebung aufzustellen (Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG).

Vor dem Hintergrund dieser Kompetenzlage haben der Bund und die Länder zwei Vereinbarungen abgeschlossen: 

  • die (unbefristete) Vereinbarung Zielsteuerung-Gesundheit und
  • die Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, die an den seit 2017 geltenden Finanzausgleich gekoppelt ist. 

In dieser zweiten Vereinbarung sind der Bund und die Länder übereingekommen, den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) als zentrale Planungsinstrumente für eine integrative Versorgungsplanung einzusetzen: Diese erstreckt sich sowohl auf die niedergelassenen Ärzte (Gesundheitswesen, Kompetenz des Bundes) als auch auf die Krankenhäuser und Ambulatorien (Länderkompetenz). Es obliegt dabei der Gesundheitsplanungs GmbH, bestimmte Teile des ÖSG und der RSG durch Verordnung verbindlich zu erklären (§ 23 Abs 4 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz). Die Errichtung einer Bundesbehörde im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung hätte so der Zustimmung der Länder nach Art 102 Abs 1 und 4 B-VG bedurft, die allerdings nicht eingeholt wurde. Dies gilt auch dann, wenn Aufgaben der Bundesverwaltung einem selbständigen Rechtsträger zugewiesen werden.

Die organisationsrechtliche Anordnung, wonach die Landesgesetzgebung vorzusehen hat, dass die Verbindlicherklärung von Planungen, die Angelegenheiten des Krankenanstaltenrechts betreffen, der Gesundheitsplanungs GmbH zukommen, geht laut VfGH zudem über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes hinaus und war daher wegen Verstoßes gegen die bundesstaatliche Kompetenzverteilung aufzuheben.

Allerdings stellte der VfGH auch fest, dass – ungeachtet der Landeskompetenz zur konkreten Krankenanstaltenplanung – die „gesamthafte integrative Planung im Bereich des Gesundheitswesens (inklusive Krankenanstalten), etwa durch Vorgabe gemeinsamer Planungsziele […]“ in die alleinige Zuständigkeit des Bundes fällt. Hinsichtlich des Begriffs der „integrativen Planung“ bleibt der VfGH eine weitere Konkretisierung dennoch schuldig. So stellt sich insbesondere die Frage, wie tief diese integrative Planung unter Einschluss der Krankenanstalten gehen kann, ohne die Krankenanstaltenplanung, welche Angelegenheit des Art 12 B-VG ist, einzuschränken.

 


[1] VfGH vom 30. Juni 2022, G 334/2021 ua.

Streit um Flächenwidmungs-Kompetenz



Sozialminister Johannes Rauch hat die Verschiebung der Flächenwidmungs-Kompetenz von den Gemeinden zu den Ländern angeregt. Für eine derartige Verschiebung wäre eine Änderung des B-VG mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat erforderlich. Aus Sicht des Föderalismusinstituts wäre es anstelle einer Verschiebung der Kompetenz sinnvoller, den Planungsspielraum der Gemeinden durch eine Stärkung der überörtlichen Raumplanung einzugrenzen und dadurch klarere Vorgaben zu liefern.

Sozialminister Johannes Rauch hat in einem unlängst geführten Interview laut über die Verschiebung der Flächenwidmungs-Kompetenz von den Gemeinden zu den Ländern nachgedacht. Er argumentiert dabei damit, dass die Bürgermeister:innen zu nahe an den lokalen Interessenlagen seien, um sich gegen kommerzielle Ansprüche wehren zu können. Der Gemeindebund konnte dem Vorschlag des Ministers wenig abgewinnen und erkannte einen „glatten Eingriff in die Gemeindeautonomie“.

Nach aktueller Verfassungsrechtslage fällt die Besorgung der behördlichen Aufgaben in Angelegenheiten der „örtliche[n] Raumplanung“ gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden. Bei den in dieser Gesetzesbestimmung aufgezählten Angelegenheiten handelt es sich um solche, die zum „Kern“ der im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zu bewältigenden Aufgaben zu zählen sind. Wollte man den Gemeinden diese Kompetenz nehmen, wäre daher jedenfalls eine Änderung des B-VG und daher auch die für Verfassungsänderungen im Nationalrat notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.

Abgesehen davon, dass sich eine breite Mehrheit für eine solche Verfassungsänderung im vorgenannten Sinne nicht gerade abzeichnet, darf darauf hingewiesen werden, dass die Raumordnungsgesetze der Länder bereits den rechtlichen Rahmen für Flächenwidmungen auf kommunaler Ebene vorgeben. Die Flächenwidmungspläne haben dabei die Ziele der örtlichen Raumordnung sowie des örtlichen Raumordnungskonzeptes zu berücksichtigen, sich zudem an den Grundsätzen der überörtlichen Raumordnung zu orientieren. Der von den Gemeinderäten (und nicht den Bürgermeister:innen) zu beschließende Flächenwidmungsplan als zentrales Planungsinstrument auf kommunaler Ebene ist daher eingebettet in einen sogenannten „Stufenbau der Raumordnung“ und sind diese (sowie auch deren Änderungen) nach der Beschlussfassung durch den Gemeinderat der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob ein Widerspruch zu überörtlichen Verordnungen (Landesentwicklungsprogrammen, Sachprogrammen) oder zu gesetzlichen Bestimmungen in den Raumordnungsgesetzen (Raumordnungsziele und -grundsätze) besteht.

Eine Verschiebung der Flächenwidmungskompetenz auf eine „höhere“ Ebene – Länder oder Bund – würde aus Sicht des Instituts für Föderalismus das Problem nicht lösen: Investoren, Industriebetriebe und andere starke Player würden dann eben versuchen, ihre Interessen auf dieser Ebene durchzusetzen. Sinnvoller ist es, den Planungsspielraum der Gemeinden durch eine Stärkung der überörtlichen Raumplanung einzugrenzen. Der Raumordnungsexperte Arthur Kanonier von der TU Wien schlägt in diesem Zusammenhang beispielsweise die Vorgabe von Widmungsquoten für gemeinnützige Bauprojekte vor, um sozialen Wohnbau zu begünstigen.

Vorarlberg: Parteienförderungsgesetz beschlossen



Vorarlberg hat als erstes Bundesland Österreichs ein Parteienförderungsgesetz beschlossen, das modernen Transparenz-Maßstäben gerecht wird. Damit nimmt Vorarlberg eine Vorreiterrolle für alle anderen Bundesländer sowie den Bund ein. Ziel des Gesetzes ist es, künftig alle Geldflüsse von und zu einer Partei sichtbar zu machen. Verstöße gegen die Bestimmungen des Parteienförderungsgesetzes werden mit der Rückforderung von Förderungen sanktioniert.

Die Fraktionen im Vorarlberger Landtag haben Ende September 2022 einstimmig eine Novelle des Parteienförderungsgesetzes beschlossen, das mehr Transparenz im Bereich der Parteienfinanzierung herstellen soll. Primäres Ziel des Gesetzes ist es, künftig alle Geldflüsse von und zu einer Partei sichtbar zu machen. Vorarlberg ist somit das erste Bundesland Österreichs mit einem Parteienförderungsgesetz, welches modernen Transparenz-Maßstäben gerecht wird und nimmt damit eine Vorreiterrolle auch für alle anderen Bundesländer sowie den Bund ein.

Dem beschlossenen Gesetz zufolge müssen die Vorarlberger Parteien ab 2023 Spenden von über 1.000 Euro angeben, davon betroffen sind auch deren Teilorganisationen bzw. einzelne Abgeordnete. Anonyme Spenden – sowohl für die Parteien als auch die Landtagsfraktionen –sind in Zukunft nicht mehr zulässig. Ebenso sind die Parteien verpflichtet, Berater- und Werbeunternehmen zu nennen, wenn höhere Entgelte als 1.000 Euro bezahlt werden. Weitere Maßnahmen betreffen etwa die Beschränkung der Wahlwerbung bei Landtagswahlen sowie die Einräumung der Befugnis an den Landesrechnungshof, die Parteienfinanzen zu prüfen. Im jährlich von den Parteien zu erstellenden Rechenschaftsbericht müssen alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Landesparteien samt nahestehenden Organisationen und Beteiligungsunternehmen angegeben werden. Verstöße gegen die Bestimmungen des Parteienförderungsgesetzes werden mit der Rückforderung von Förderungen sanktioniert.

Mit den nun beschlossenen strengen Vorschriften im Vorarlberger Parteienförderungsgesetz macht das Land von seiner Ermächtigung Gebrauch, über das Parteiengesetzes des Bundes hinausgehende strengere Spendenregelungen (siehe § 6 Abs 10 des Parteiengesetzes 2012) sowie strengere Sponsoring- und Inseratenregelungen (siehe § 7 Abs 4 des Parteiengesetzes 2012) vorzusehen. Die Regelung der Förderung von Parteien sowie parlamentarischer Fraktionen unterliegt, soweit es um die Tätigkeit von Parteien und Fraktionen auf Landesebene geht, indes der Landeskompetenz nach Art 15 Abs 1 B-VG; dies gilt ebenso für die Beschränkung der Wahlwerbung. Damit geht der Vorarlberger Landesgesetzgeber an die Grenzen dessen, was ihm die Verfassungsautonomie der Länder eröffnet. Entsprechend positiv fällt daher die Bewertung auf unserem Föderalismus-Barometer aus.

Föderalismus Check 9

Veranstaltungshinweis: „Verwaltungsimpulse im Wandel der Zeit“



Die Österreichische Verwaltungswissenschaftliche Gesellschaft lädt zu ihrer Herbsttagung am 14. Oktober 2022 ins Landhaus St. Pölten ein. Die Tagung wartet mit hochkarätigen Referent:innen aus Wissenschaft und Praxis auf.

Die Veranstaltung findet in hybrider Form statt und kann sowohl in Präsenz als auch digital via Internet besucht werden. Das Tagungsprogramm sowie weitere Informationen sind auf unserer IFÖ-Homepage unter folgendem Link abrufbar: https://foederalismus.at/news_detail.php?id=1833

Veranstaltungshinweis: Winter School on Federalism and Governance 2023



Das EURAC Research Center organisiert in Kooperation mit der Universität Innsbruck auch im Jahr 2023 wieder die „Winter School on Federalism and Governance“, die in der ersten Woche traditionell in Innsbruck und in der zweiten Woche in Bozen stattfinden wird (6. Februar 2023 – 17. Februar 2023). Die diesjährige Tagung beschäftigt sich mit dem Thema „Federalism and Equality“. Nähere Infos zur Veranstaltung können der Website https://winterschool.eurac.edu/ entnommen werden.

Buchtipp: Participatory Governance in the Europe of Cross-Border Regions



Das im NOMOS-Verlag im Jahr 2021 erschienene Werk von Peter Ulrich behandelt aus politologischer Sicht die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Regionen in Europa und untersucht deren Auswirkungen auch auf die dort angesiedelte Zivilgesellschaft.

Die auf Basis der EVTZ-Verordnung nunmehr vorgesehene Möglichkeit der Gründung eines Europäischen Verbunds territorialer Zusammenarbeit zur Förderung interregionaler Arbeit wird anhand dreier Anwendungsfälle, namentlich den Europaregionen Tirol-Südtirol-Trentino, Galizien-Nordportugal, Eurodistrikt SaarMoselle und TransOderana, näher analysiert. Da die EVTZ insgesamt eine Erfolgsgeschichte der Regionalpolitik sind, ist dieses Werk zur praktischen Funktionsweise der Verbünde und die Einbeziehung der Bevölkerung von großer Bedeutung.

Peter Ulrich, Participatory Governance in the Europe of Cross-Border Regions

Nomos-Verlag, 2021, 134,00 Euro

Parteiengesetz neu: Licht und Schatten



Die Novelle zum Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien wurde mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Zu begrüßen ist die Erhöhung der Transparenz im Bereich der Parteienförderung und die Ausweitung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofs. Allerdings wird den Ländern die Pflicht auferlegt, den in den Parlamenten vertretenen Parteien Förderungen zuzuwenden. Das beschränkt den Handlungsspielraum der Länder und greift in ihre Budgethoheit ein.

Eine lang verhandelte Novelle (BGBl I 125/2022) zur Änderung des Bundesgesetzes über die Finanzierung politischer Parteien – Parteiengesetz 2012 hat im Nationalrat nunmehr breite Unterstützung erhalten (Zweidrittelmehrheit). Ziel des Gesetzespakets ist es, mehr Transparenz in die Parteienfinanzierung zu bringen und damit nicht zuletzt für mehr Fairness im politischen Wettbewerb zu sorgen.

Die Reform selbst ist grundsätzlich zu begrüßen, zumal die Prüfkompetenzen des Rechnungshofes (§ 10) erweitert, die Spendenregelungen verschärft sowie ein grundsätzliches Spendenannahmeverbot für parlamentarische Klubs und Parteiakademien (§ 6) festgelegt wurde. Dem Rechnungshof ist es nunmehr beispielsweise möglich, bei „begründetem Verdacht“ auf Verletzung des Parteiengesetzes diesem selbst nachzugehen.

Von der Fülle auch teils neuer Verfassungsbestimmungen erscheint aus grundsätzlicher verfassungspolitischer Perspektive vor allem die Bestimmung des § 3 erster Satz PartG bedenklich. Nunmehr müssen Bund und Länder, Gemeinden können politischen Parteien für ihre Tätigkeit bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung in Bund, Ländern und Gemeinden jährlich angemessene Fördermittel zuwenden. Als Folge des Wechsels von einer Kann- zu einer Mussbestimmung wird – abgesehen davon, dass damit für die bereits in den Parlamenten vertretenen Parteien und nur für diese, ein verfassungsmäßiges Parteienrecht auf angemessene Parteienförderung ausdrücklich festgelegt wird – die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt. Diese haben künftig nicht mehr die Möglichkeit, politischen Parteien für ihre Tätigkeit bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung im Land Fördermittel gänzlich zu versagen. Zudem darf sich eine finanzielle Zuwendung auch nicht mehr unterhalb des vom Bundesverfassungsgesetzgeber als „angemessen“ erachteten Mindestsatzes (dh betragsmäßig weniger als 3,10 EUR gemäß § 3 zweiter Satz bzw. den nach § 14 Abs 1 PartG valorisierten Betrag je Wahlberechtigtem) orientieren. Dies bedeutet auch einen massiven Eingriff in die Budgethoheit der Länder. Aus diesem Grund war auch eine qualifizierte Zustimmung des Bundesrats gemäß Art 44 Abs 2 B-VG erforderlich.

Im Ergebnis ist die Novelle des Parteiengesetzes daher zwiespältig zu beurteilen: Während zum einen die Transparenz im Bereich der Parteienförderung erhöht und auch die Kompetenzen des Rechnungshofes tatsächlich erweitert werden, werden die Handlungsspielräume der Länder in diesem Bereich neuerlich eingeschränkt und dem Kartell der bereits vertretenen Parteien ein Grundrecht auf Parteienförderung eingeräumt.

Verteidigungsministerium plant föderalistischen Vorstoß



Das Institut für Föderalismus spricht sich seit längerem für die Dezentralisierung von Bundesdienststellen aus. Im Entwurf einer Novelle zur Änderung des Wehrgesetzes soll nun vorgesehen sein, einzelne Stellen des Verteidigungsressorts in die Länder auszulagern. Bleibt zu hoffen, dass sich im Parlament die nötige Zweidrittelmehrheit findet und den Lippenbekenntnissen der einzelnen Parteien zum Föderalismus Taten mit Vorbildwirkung folgen.

Im Mai dieses Jahres wurden Pläne des Verteidigungsministeriums bekannt, im Zuge einer Strukturreform offenbar auch eine Dezentralisierung anzustreben. So soll laut einem Entwurf zur Änderung des Wehrgesetzes beabsichtigt sein, „nach Maßgabe militärischer Interessen Teile des für militärische Angelegenheiten zuständigen Bundesministeriums außerhalb Wiens“ einzurichten. In den Erläuterungen dazu heißt es, „eine strikte Beschränkung der Zentralstelle des Verteidigungsressorts auf Wien“ sei „unzweckmäßig“ und widerspreche „aktuellen Bestrebungen für eine verstärkte Nutzung einer modernen Büroorganisation und -kommunikation“. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat kann allerdings nur mit Stimmen der Oppositionsparteien erreicht werden.

Das Institut für Föderalismus begrüßt den Reformvorstoß ausdrücklich und spricht sich schon seit geraumer Zeit für eine Verlagerung von Bundesdienststellen in die Peripherie aus.[1] Mit zunehmendem Ausbau der Digitalisierung gibt es zudem kaum noch Argumente, eine Dezentralisierung der Bundesverwaltung kategorisch abzulehnen. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Pläne des Verteidigungsministeriums tatsächlich in die Tat umgesetzt werden.

 


[1] Vgl Bußjäger/Keuschnigg/Radosavljevic, Der Bund und seine Dienststellen (2015); Bußjäger et al, Dezentralisierungspotentiale in der Bundesverwaltung (2017).

LRH Steiermark: Prüfung von Wohnbauträgern verfassungsmäßig?



Der steiermärkische Landesrechnungshof ist laut Landesverfassung auch für die Prüfung der Gebarung von Wohnbauträgern zuständig. Derzeit ist eine Prüfung seitens des VfGH anhängig, welche die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Bestimmung beleuchtet. Es bestehen Zweifel in Hinblick auf die Systematik der Zuständigkeit, die Gleichartigkeit mit dem Rechnungshof des Bundes sowie dem Umfang der Gebarungsprüfung durch den steiermärkischen Landesrechnungshof.

Mit Prüfungsbeschluss vom 18. Juni 2022, KR 1/2021-13, hat der VfGH die amtswegige Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Art 50 Abs 1 Z 7 Stmk L-VG auf Grund eines Antrages des Landesrechnungshofes des Landes Steiermark (LRH) gemäß Art 50 Abs 4 Stmk L-VG veranlasst. Im Vorverfahren wurden unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich des Prüfungsumfanges des LRH artikuliert. Während sich der LRH für zuständig erachtete, die Gebarung von Wohnbauträgern umfassend zu prüfen, gingen die betroffenen Wohnbauträger von einer nur eingeschränkten Prüfungsbefugnis des LRH aus.

Bei der Behandlung des Antrages des LRH kamen dem VfGH Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Art 50 Abs 1 Z Stmk L-VG, der wie folgt lautet: „Der Landesrechnungshof kontrolliert die Gebarung von Wohnbauträgern, die Mittel aus der Wohnbauförderung erhalten, sofern sich das Land vertraglich eine solche Kontrolle vorbehalten hat“. Zum einen stößt sich der VfGH daran, dass die Kontrollbefugnis des LRH von einer vertraglichen Vereinbarung durch das Land abhängt und daher durch diese und nicht durch die genannte landesverfassungsgesetzliche Regelung selbst begründet zu sein scheint. Aufgrund dieser Systematik dürfte im Ergebnis dem VfGH eine Zuständigkeit eingeräumt werden, die von der bundesverfassungsrechtlichen Ermächtigung des Landesverfassungsgesetzgebers zur Regelung einer Zuständigkeit des VfGH nach Art 127c Z 1 iVm Art 126a erster Satz B-VG nicht gedeckt sein dürfte. Überdies dürfte nach Ansicht des VfGH der LRH das dem Art 127c Z 1 B-VG zugrundeliegende Erfordernis der „Gleichartigkeit“ mit dem Rechnungshof des Bundes im Umfang seiner Zuständigkeit gemäß Art 50 Abs 1 Z 7 Stmk L-VG nicht aufweisen, wie der VfGH in seinem Prüfungsbeschluss näher ausführt. Schließlich hegt der VfGH Bedenken hinsichtlich des offenbar möglichen Umfangs der Gebarungskontrolle, die – eine entsprechende vertragliche Vereinbarung vorausgesetzt – nicht auf die Verwendung von öffentlichen Mitteln des Landes durch den Wohnbauträger eingeschränkt sein dürfte. Eine über die bloße Verwendung von Mitteln des Landes bezogene Prüfungsbefugnis des LRH begegnet laut VfGH wohl nicht nur kompetenzrechtlichen Bedenken – weder Art 99 Abs 1 noch Art 15 Abs 1 B-VG kämen als Kompetenzgrundlage in Frage –, eine uneingeschränkte Prüfungsbefugnis würde zudem auch dem die Rechnungshofkontrolle immanenten System, das auf die Kontrolle der Gebarung mit öffentlichen Mitteln abzielt, widersprechen und dürfte sachlich daher nicht gerechtfertigt sein.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob im weiteren Verfahren die Bedenken des VfGH zerstreut oder die Verfassungswidrigkeit der angesprochenen Bestimmungen tatsächlich festgestellt werden wird. In Bezug auf die bemängelte „Gleichartigkeit“ könnte dem VfGH zumindest entgegengehalten werden, dass in funktioneller Hinsicht lediglich eine Vergleichbarkeit mit dem RH des Bundes gegeben sein muss. Insofern die Aufgaben des LRH über jene des RH hinausgehen, schadet dies der Gleichartigkeit nicht, zumal „Gleichartigkeit“ nicht „Gleichheit“ bedeutet.[1]

 


[1] Siehe Bußjäger, Was ist ein Landesrechnungshof?, ZfV 2011, 737 (739 ff).

Kassenreform: Vernichtender Bericht des Rechnungshofes



Es war eines der Prestigeprojekte der vergangenen Jahre: Die Fusionierung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Die Politik warb mit massiven Einsparungspotenzialen in Höhe der sogenannten „Patientenmilliarde“. Statt versprochener Einsparungen sind Mehrkosten von über 200 Millionen Euro entstanden. Das Projekt zeigt einmal mehr: Zentralisierungen führen regelmäßig nicht zu Kostensenkungen – im Gegenteil. Darüber hinaus haben die Zweigstellen in den Ländern ihre Entscheidungskompetenzen eingebüßt und wurden ihrer Spielräume in der regionalen Gesundheitspolitik beraubt.

Es war eines der wichtigsten Reformprojekte der letzten Jahre – die Fusionierung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Allein die versprochene „Patientenmilliarde“ konnte durch die vollzogene Zentralisierung nicht lukriert werden. Im Gegenteil: In einem Rohbericht des Rechnungshofes (RH) vom Juli 2022 wird dargelegt, dass durch die Fusion der Krankenkassen in Wahrheit Mehrkosten in der Höhe von 214,95 Mio Euro entstanden sind. Dabei verglichen die Prüfer die tatsächlichen Verwaltungskosten und die Prognosen für das Jahr 2023, die aus dem Februar 2022 stammen, mit den Einsparungszielen der Regierung aus dem Jahr 2018. Das Soll wurde um 1,21 Milliarden gesprengt.[1]

Die Reform der Krankenkassen ist ein plakatives Beispiel dafür, dass Zentralisierungen nicht Hand in Hand mit Kosteneinsparungen gehen, sondern diese regelmäßig das Gegenteil bewirken. Bereits im Vorfeld wurde eindringlich gewarnt, dass die mit der Zerschlagung der Gebietskrankenkassen kolportierten Einsparungsziele alles andere als realistisch seien. Von der Kostenfrage abgesehen wiegt für die Länder noch viel schwerer, dass die Zweigstellen der Gesundheitskasse nunmehr über keine echten Entscheidungskompetenzen mehr verfügen und sie ihrer regionalen Spielräume in der Gesundheitspolitik beraubt wurden.[2] Da in maßgeblichen (und auch unbedeutenden) Angelegenheiten folglich in der Zentralstelle in Wien nachgefragt werden muss, ist auch der bürokratische Aufwand keinesfalls geringer als vorher. Die angekündigten personellen Einsparungen sind bis dato ebenso wenig eingetreten: So ist laut RH ein Mitgrund für die Kostensteigerung, dass sich der Personalstand der fusionierten Krankenkassen sogar leicht erhöht hat.

Die in einem, noch vor Inkrafttreten der Reform angestrengten Verfahren vor dem VfGH artikulierten Bedenken gegen eine Verletzung des Effizienzprinzips durch die Fusion der Gebietskrankenkassen zur ÖGK, wurden von diesem allerdings nicht geteilt.[3] Das Höchstgericht begnügte sich in diesem Zusammenhang mit der Feststellung, dass er nicht zu erkennen vermag, „dass die Zusammenführung von neun länderweise eingerichteten Gebietskrankenkassen (Selbstverwaltungskörper iSd Art 120a ff B-VG) zu einer bundesweiten Gesundheitskasse zwangsläufig zur Folge hätte, dass eine zweckmäßige und effiziente Verwaltungsführung nicht mehr gewährleistet wäre. […] Selbst unvollständige, in sich widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Gesetzesmaterialien oder solche Angaben in der bloß einfachgesetzlich vorgesehenen (§17 Bundeshaushaltsgesetz) ‚wirkungsorientierten Folgenabschätzung‘ können keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes begründen, auf das sie Bezug haben.“ Der Gesetzgeber habe seinen politischen Gestaltungsspielraum insgesamt daher nicht überschritten.

Mit dieser Argumentation lässt der VfGH das Effizienzprinzip allerdings zu einer leeren Floskel verkommen – der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entpuppt sich, diesen Aspekt betreffend, vielmehr als ein Raum ohne Grenzen. Angesichts seiner Ausführungen ist zudem fragwürdig, ob der VfGH überhaupt in der Lage ist, die Einhaltung des Effizienzprinzips zu überprüfen. So setzt eine Vertretbarkeitskontrolle im Lichte des Effizienzprinzips – entgegen der bisher vertretenen Linie des VfGH – doch zwangsläufig voraus, dass den Gesetzgeber zumindest eine Beweislast dahingehend trifft, Effizienzgewinne durch die Umgestaltung eines Systems nicht nur unsubstantiiert zu behaupten, sondern im Gesetzgebungsprozess in nachvollziehbarer Weise (mit Zahlenmaterial) zu belegen. Bleibt der VfGH bei seiner bisherigen Judikaturlinie, stellt das Effizienzprinzip auch bei möglichen weiteren Zentralisierungen kein ernstzunehmendes Hindernis für den Gesetzgeber dar.

Im aktuellen Föderalismus-Talk (abrufbar unter: https://foederalismus.at/ifoetalk.php?talks_id=16) beschäftigt sich Institutsdirektor Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger ebenso mit der Fusionierung der Gebietskrankenkassen zur ÖGK. Indes fällt auf dem Föderalismus-Barometer – da die Ziele der Kassenreform bisher klar verfehlt wurden – die Bewertung dieser Reform entsprechend schlecht aus:



Föderalismus Check 0

 


[1] Siehe zB „Rechnungshofbericht: ‚Patientenmilliarde’ von ÖVP und FPÖ hat es nie gegeben, in: derstandard.at vom 2.7.2022; „Rechnungshof-Bericht: Die Patientenmilliarde war ein Schmäh“, in profil.at vom 2.7.2022.

[2] Siehe dazu auch „Fata Morgana“, Kommentar des Institutsdirektors Peter Bußjäger in der VN vom 15.7.2022.

[3] VfSlg 20.361/2019.

UVP-Gesetz-Novelle: Massiver Eingriff in Länderrechte



Derzeit ist eine Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) in Begutachtung. Hauptstoßrichtung ist die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, vor allem der Windkraft. Bedenklich ist, dass landesrechtliche Genehmigungspflichten durch die geplante Novelle komplett ausgeschaltet werden können. Das würde die bestehende Kompetenzverteilung aus den Angeln heben und ist daher aus mehreren Gründen überschießend.

Umweltministerin Leonore Gewessler hat Ende Juli 2022 eine Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) in Begutachtung geschickt,[1] die einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien – vor allem der Windkraft – ermöglichen soll. Nunmehr soll eine fehlende Energieraumplanung künftig die Errichtung von Windrädern nicht mehr blockieren können. Primäres Ziel der Novelle ist es, Vorhaben der Energiewende möglichst zu beschleunigen.

Dabei stützt sich der Ministerialentwurf laut den Erläuterungen auf Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG („Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist; soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, Genehmigung solcher Vorhaben“). Aus Ländersicht bedenklich erweist sich allerdings die Tatsache, dass die landesrechtlichen Genehmigungspflichten durch die geplante Novelle ausgeschaltet werden können. Der Bundesgesetzgeber bewertet die Ausschaltung indes als legitim, weil der Ausbau der Windkraft durch die Länder ansonsten gehemmt sei. Er würde daher von seiner Bedarfskompetenz Gebrauch machen, die gegebenenfalls auch die Abänderung mitanzuwendenden Landesrechts rechtfertige.[2] Aus Sicht des Bundesgesetzgebers sei eine Regelung für Windkraftanlangen bei fehlender Energieraumplanung (oder fehlender planungsrechtlicher Festlegungen auf örtlicher Planungsebene wie Flächenwidmungsplänen) im Hinblick auf die Energie- und Klimakrise für eine effektive Entscheidungskonzentration unverzichtbar und daher auch eine solche Regelung gerechtfertigt.

Ein derart weitgehendes Verständnis der mit der B-VG-Novelle 508/1993 geschaffenen bundesverfassungsrechtlichen Grundlage zur „Umweltverträglichkeitsprüfung“ lässt sich allerdings weder aus den Materialen zur genannten B-VG-Novelle nachweisen,[3] noch aus kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigen. Andernfalls würde die bestehende Kompetenzverteilung faktisch aus den Angeln gehoben werden: Der einfache Bundesgesetzgeber wäre in der Lage – wie im aktuellen Ministerialentwurf (§ 4a Abs 2 und 3) angedacht – die landesrechtlichen (Genehmigungs-)Bestimmungen völlig wirkungslos zu machen, was bedeuten würde, dass es dem Bundesgesetzgeber möglich wäre, durch Festlegung materieller Genehmigungspflichten beispielsweise den zur Regelungen der Angelegenheiten des Naturschutzes oder der Raumordnung zuständigen Landesgesetzgeber vom Kern seiner Zuständigkeiten auszuschließen.[4] Einer Ausschaltung des Landesrechts steht auch die den Bundes- wie Landesgesetzgeber bindende Rücksichtnahmepflicht entgegen. Diese verbietet es dem Gesetzgeber, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen zu unterlaufen (Torpedierungsverbot). In Bezug auf Landesrecht wäre der Bundesgesetzgeber im UVP-G deshalb lediglich befugt, die Mitanwendung landesgesetzlich geregelter Bewilligungs- und Genehmigungskriterien im Wege der Verweisung (§ 17 Abs 1 UVP-G) anzuordnen, ihm ist es aber verwehrt, das mitanzuwendende Landesrecht in materiellrechtlicher Hinsicht abzuändern oder dessen Anwendung völlig auszuschließen.

 


[1] 220/ME XXVII. GP.

[2] So Madner, Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2020] Rz 26.

[3] Ennöckl, Kompetenzrechtliche Grundlagen des UVP-G, in ders/Raschauer N. (Hg), Rechtsfragen des UVP-Verfahrens vor dem Umweltsenat (2008) 19 (24 f).

[4] Ausführlich dazu Bußjäger, Die Kompetenzen des Bundes zur Regelung der „Umweltverträglichkeitsprüfung“ und „Bürgerbeteiligung, JBl 1995, 690 (694 ff).

Föderalismus-Monitor



Das Institut für Föderalismus hat die Performance des Föderalismus in Österreich in den Jahren 2019, 2020 und 2021 untersucht. Drei repräsentative Studien („Föderalismus-Monitor“ September 2019, Oktober 2020, August 2021) lassen Rückschlüsse auf die Entwicklung der öffentlichen Meinung zu und geben Einblicke in die Rolle des Föderalismus vor und während der gesamten Pandemie. Die aussagekräftigsten Ergebnisse der Studie wurden mittlerweile auf unserer Institutshomepage in übersichtlicher Form veröffentlicht und können unter folgendem Link eingesehen werden: https://foederalismus.at/foederalismus_monitor.php

Veranstaltungshinweis: „Staat und Daten“



In Kooperation mit der Universität Basel und der Universität Innsbruck organisiert das Institut für Föderalismus eine am Donnerstag, 15. September 2022 in Basel stattfindende Tagung zum Thema „Staat und Daten. Open Government Data und Verpflichtung zur Gewährung des Datenzugangs an den Staat“. Diese wird sich ganz zentral mit der staatlichen Nutzung und Zurverfügungstellung von Daten befassen. Die Tagung findet in hybrider Form statt und kann sowohl in Präsenz als auch digital über das Medium „Zoom“ besucht werden. Das Tagungsprogramm ist auf unserer IFÖ-Homepage unter folgendem Link abrufbar: https://foederalismus.at/news_detail.php?id=1807

Anmeldungen mit Angabe, ob vor Ort oder digital teilgenommen wird, nimmt Frau Anna-Lia Käslin-Tanduo (office-braunbinder-ius@unibas.ch) gerne entgegen.


Mittelbare Bundesverwaltung und Corona-Bekämpfung



Der österreichische Föderalismus ist vom Modell der „mittelbaren Bundesverwaltung“ geprägt. Dieses ermöglicht eine zentrale Steuerung im Gesundheitswesen durch den Bund sowie eine Umsetzung der Vorgaben durch die Länder. Die Bezirksverwaltungsbehörden stehen als leistungsfähige Schnittstelle zur Verfügung, mit der sich Doppelgleisigkeiten verhindern und Synergieeffekte nutzen lassen. Doch in der Praxis haben sich einige neuralgische Punkte herauskristallisiert, die sich als Bremsklötze für eine effektive COVID-19 Bekämpfung erwiesen haben. Die Problemzonen reichen von ungenügenden gesetzlichen Grundlagen über mangelnde strategische Ausrichtung bis hin zu Kommunikationsproblemen und Diskrepanzen zwischen medizinischen und rechtlichen Zielen.

Das COVID-19-Management des Bundes und der Länder steht seit Anbeginn der Gesundheitskrise laufend im Fokus der Medien, ist mangels strategischer Ausrichtung allerdings mit latenter Kritik konfrontiert. Dabei scheint gerade das für den österreichischen Föderalismus prägende Modell der „mittelbaren Bundesverwaltung“, das eine zentrale Steuerung im Gesundheitswesen durch den Bund sowie eine Umsetzung dieser Vorgaben durch die Länder ermöglichen würde, prädestiniert für die Bewältigung einer derartigen Krise zu sein. Die Vorzüge dieses Modells liegen auf der Hand: Sie ermöglicht, dass die Vollzugsstränge von Bund und Land bei den Bezirksverwaltungsbehörden zusammenlaufen und verhindert die Einrichtung eigener separater Bundesbehörden. Dadurch können Doppelgleisigkeiten vermieden und Synergieeffekte erzielt werden.

 

Dennoch haben sich in der COVID-19-Bekämpfung einige neuralgische Punkte herauskristallisiert, die einer effektiven Bewältigung der Krise bislang im Weg standen:

  • ungenügende gesetzliche Grundlagen und Auslegungsdivergenzen;
  • mangelnde strategische Ausrichtung der Verwaltung;
  • Kommunikationsprobleme zwischen Bund und Ländern (sowohl horizontal zwischen den Ministerien als auch vertikal mit den Ländern);
  • Diskrepanz zwischen dem epidemiologisch Wünschenswerten und dem rechtlich Möglichen (jede einschränkende Maßnahme ist anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen).

 

Auf die genannten Aspekte wird im letzten sowie im kommenden 46. Föderalismusbericht, der im September dieses Jahres erscheinen wird, ausführlich Bezug genommen.

COVID-19-Impfpflicht: Länder bei Umsetzung gefordert



Österreich hat es erstes Land Europas eine allgemeine COVID-19 Impfpflicht eingeführt. Wesentliche Teile davon liegen derzeit jedoch bis zur Entscheidung einer Kommission auf Eis. Auch wenn aktuell noch nicht klar ist, wie es im Sommer bzw. Herbst mit der Impfpflicht weitergehen wird, sind bereits Teile des Gesetzes in Kraft, die vor allem die Länder betreffen. Sie sind gefordert, in der Zwischenzeit die organisatorischen Vorkehrungen für eine Vollziehung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes zu treffen.

Im Februar wurde in Österreich als erstes Land in Europa eine allgemeine COVID-19-Impfpflicht eingeführt. Teile des ohnehin gesundheits- wie gesellschaftspolitisch massiv umstrittenen Gesetzes sind temporär allerdings nicht zu vollziehen, weil mit Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die vorübergehende Nichtanwendung einiger Bestimmungen des COVID-19-Impfpflichtgesetzes sowie der darauf basierenden COVID-19-Impfpflichtverordnung angeordnet wurde.[1] Eine erneute Evaluierung der COVID-19-Impfpflicht durch eine unabhängige Kommission findet im Mai 2022 statt.

Das COVID-19-IG enthält zahlreiche Bestimmungen, die auch auf die Impforganisation in den Ländern durchschlagen. Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist § 16 COVID-19-IG, der die Kostentragung und Durchführung von Impfungen regelt und folglich erstmals die Impforganisation in Österreich zumindest rudimentär einer gesetzlichen Regelung zugeführt wird. So hat der Landeshauptmann niederschwellige Impfangebote zur Verfügung zu stellen und Vorkehrungen zu treffen, dass an bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten Impfungen durchgeführt werden. Diese Bestimmung ist von der zuvor genannten Verordnung, mit der Teile des COVID-19-IG vorübergehend nicht anzuwenden sind, im Übrigen nicht erfasst.

Die Länder sind daher gefordert, alle notwendigen organisatorischen Vorkehrungen für eine Vollziehung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes zu treffen. Sie haben zwischenzeitlich auch von der in § 3a (Digitales Ausnahmenmanagement) normierten Ermächtigung Gebrauch gemacht und dafür gesorgt, dass auf ihren Homepages jeweils ein Online-Tool für Corona-Impfbefreiungsanträge angeboten wird – dies nicht zuletzt auch deshalb, weil eine bundeseinheitliche Einmeldeplattform bislang fehlt.

 


[1] BGBl II 103/2022.

Partizipative Demokratie in den Ländern



Die direkte Demokratie ist in Österreich einem engen (verfassungs)rechtlichen Rahmen unterworfen. Doch über die klassischen Instrumente (Volksabstimmung, Volksbefragung und Volksbegehren) hinaus haben sich in den Ländern daher partizipative Varianten der Mitbestimmung etabliert. Dazu gehören etwa Bürgerräte oder die Bürgerbegutachtungen von Gesetzesentwürfen. Diese Gremien verfügen über keine Letztentscheidungsbefugnisse, weshalb sie mit dem repräsentativ–demokratischen Grundmodell in Österreich nicht in Konflikt geraten. Sie leisten dennoch einen wertvollen Beitrag zur Stärkung des Demokratiebewusstseins.

Das Regelmodell der Demokratie in Österreich ist – wie jüngst der VfGH im Rahmen des „Ludesch-Erkenntnis“[1] auch mit Blick auf die Gemeindeselbstverwaltung entschieden hat, ein repräsentativ-demokratisches. Zentrales Organ der Demokratiekonzeption sind somit alle direkt vom Volk gewählten allgemeinen Vertretungskörper (insbesondere Nationalrat und Landtage), die die Interessen aller der auf ihrem jeweiligen Gebiet lebenden Menschen zu vertreten haben.

Formen der direkten Demokratie sind daher nur in einem eingeschränkten Maß vorzufinden und sind diesen auch verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Neben den klassischen und bekannten Ausprägungen – Volksabstimmung, Volksbefragung und Volksbegehren – gehen die Länder mitunter sehr kreative Wege, auch „weichere“ Varianten der direkten Demokratie (oftmals als „partizipative“ oder „deliberative“ Instrumente bezeichnet) anzubieten. Diese Modelle kommen mit dem repräsentativ-demokratischen Grundmodell allein schon deshalb nicht in Konflikt, da den BürgerInnen selbst keine Letztentscheidungsbefugnisse zustehen. Zusätzliche Möglichkeiten der direkten Einflussnahme (zB durch Konsultationen, Bürgerbeteiligungen etc.) auf die Staatsgeschäfte stärken dennoch das Demokratiebewusstsein des Volkes und gewährleisten bzw. fördern den Austausch mit den jeweiligen Entscheidungsträgern.

In Vorarlberg hat sich beispielsweise die Einrichtung von Bürgerräten, die mit Unterstützung des Landes zu verschiedenen Themen bereits erfolgreich stattgefunden haben, etabliert. Im Vordergrund der Bürgerräte steht allerdings nicht der unmittelbare Einfluss auf die Staatsgeschäfte, sondern zielen diese auf eine für die staatlichen Entscheidungsträger und für die teilnehmenden BürgerInnen wechselseitig gewinnbringende Rückkoppelung und damit ein stärkeres Miteinander ab. Auch die allgemeine Bürgerbegutachtung von Gesetzesentwürfen, die auf Bundesebene (§ 23b GO-NR) sowie in den meisten Ländern (Art 34 Abs 1 Vbg LV; Art 33 Abs 3 K-LVG; Art 25 Abs 3 NÖ LV; Art 58 Oö. L-VG; Art 68 Bgld L-VG usw.) (verfassungs)gesetzlich verankert ist, gilt als eine der vielen Ausprägungen der partizipativen Demokratie.

Davon unabhängig sind auch außerhalb der klassischen Formen der direkten Demokratie Instrumente der Bürgerbeteiligung nicht selten. In Tirol ist etwa in der Geschäftsordnung des Landtages vorgesehen (§ 78a), mindestens einmal im Jahr eine Sitzung des Schülerinnen- und Schülerparlaments abzuhalten. Die dort gefassten Beschlüsse sind der Präsidentin des Tiroler Landtages zur Kenntnisnahme zu übermitteln, die wiederum darüber entscheiden kann, welchem Adressatenkreis die Beschlüsse weiterzuleiten sind (zB einem Ausschuss oder der Bildungsdirektion).



Föderalismus-Check 9


Insgesamt unternehmen die Länder unterschiedliche Anstrengungen, die BürgerInnen in Entscheidungsprozesse einzubinden bzw. deren Meinungen im Wege einer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Die Bemühungen der Länder auf diesem Gebiet sind auf unserem Föderalismus-Barometer daher äußerst positiv zu beurteilen.

 


[1] VfGH vom 6.10.2020, W III 2/2019.

Veranstaltungshinweis: „Neue Migrationsbewegungen und Integration als Herausforderung für die Regionen und Gemeinden“



Am 28. April 2022 ist an der Universität Innsbruck (Mehrzweckraum im GEIWI-Turm) ein halbtägiger Workshop (14:30 Uhr – 18:40 Uhr) des Instituts für Föderalismus in Kooperation mit der Universität Graz zum Thema der Bewältigung der Flüchtlingskrise von 2015/2016 geplant. Die aktuellen Entwicklungen rund um den Ukraine-Krieg geben dieser Thematik eine erneute Brisanz und sollen diese im Workshop ebenfalls beleuchtet werden.

Das Workshop-Programm sowie weitere Infos sind in Kürze auf unserer IFÖ-Homepage abrufbar. Ein Stream des Workshops ist geplant.

Kontakt und Anmeldung unter: institut@foederalismus.at oder 0512 / 574594.


Veranstaltungshinweis: „Klimaschutz und Föderalismus“



Die vom Institut für Föderalismus organisierte Tagung ist am Freitag, den 13. Mai 2022 in Linz (Redoutensaal) geplant und analysiert die Rolle des Föderalismus im Klimaschutz. Die Veranstaltung beschäftigt sich zudem mit der Frage nach den Schnittstellen von Unions-, Bundes- und Landesrecht und beleuchtet, welche klimarelevanten und innovativen Akzente von den Ländern selbst gesetzt werden können.

Das Tagungsprogramm ist in Kürze auf unserer IFÖ-Homepage abrufbar. Die Veranstaltung wird hybrid durchgeführt. Neben der Möglichkeit, der Tagung in Präsenz beizuwohnen, kann die Tagung via Youtube-Stream verfolgt werden.

Kontakt und Anmeldung unter: institut@foederalismus.at oder 0512 / 574594.


Vorarlberg übernimmt den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz



Die Landeshauptleutekonferenz ist zwar im Verfassungsrecht gar nicht vorgesehen, da facto spielt sie aber eine bedeutende Rolle als Repräsentationsorgan der Länder. Der halbjährlich wechselnde Vorsitz ist mit Jahresbeginn von Tirol auf Vorarlberg übergegangen. Das aktuelle Motto „Gemeinsam in Verantwortung“ stellt den Bezug zu zentralen Themen wie der Pandemie-Bekämpfung und dem Klimaschutz her. Speziell in klimarelevanten Fragen wird die „volle Einbindung der Bundesländer“ gefordert.

Zum Jahreswechsel übernahm das Land Vorarlberg turnusgemäß den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz und im Bundesrat. Landeshauptmann Markus Wallner erhielt die Vorsitz-Agenden von seinem Tiroler Amtskollegen Günther Platter übertragen, der die Landeshauptleutekonferenz seit Juli 2021 führte.

 

Der Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz sowie jener im Bundesrat wechseln halbjährlich, die Reihenfolge des Ländervorsitzes richtet sich dabei nach dem Alphabet. Demzufolge werden – nach Vorarlberg – Wien im zweiten Halbjahr 2022 und das Burgenland im ersten Halbjahr 2023 den Vorsitz in den Gremien innehaben. Die Vorarlberger Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs ist seit Beginn des Jahres nun für sechs Monate Präsidentin der Länderkammer.

 

Der Vorsitz Vorarlbergs steht unter dem Motto „Gemeinsam in Verantwortung“. Inhaltlich wird wie schon seit März 2020 primär die Bewältigung der Epidemie und ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen an erster Stelle stehen. Aber auch abseits der Pandemie gelte es Schritte zu setzen. So verlangten Wallner und Platter in Sachen Klimaschutz die „volle Einbindung der Bundesländer“ bei den zur Materie gehörenden Gesetzen. Gerade im Bereich Klimaschutz passiere hier vieles ohne die Bundesländer. Damit verbunden ist die an den Bund gerichtete Forderung, die Länder in klimarelevanten Fragen in Zukunft bewusst miteinzubeziehen.

 

Im österreichischen Verfassungsrecht ist die Landeshauptleutekonferenz nicht vorgesehen, dennoch spielt sie in der Praxis eine bedeutendere Rolle als der Bundesrat als institutionalisiertes Repräsentationsorgan der Länder. Die LHK stellt ein Spezifikum des österreichischen föderalen Systems dar.[1]

 


[1] Dazu näher Bußjäger, Föderalismus durch Macht im Schatten? – Österreich und die Landeshauptmännerkonferenz, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2003 (2003) 79 ff; Bußjäger, Die Landeshauptleutekonferenz: Vom Schatten in die Sonne?, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2012 (2012) 310 ff; aus politologischer Sicht vgl Karlhofer, Gestaltungskraft und Vetomacht. Funktion und Praxis der Landeshauptleutekonferenz, in: Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates. FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (20119 311 ff.

Euregio: Kompetenzen sichtbar gemacht



Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist nur dort fruchtbar, wo sämtliche Beteiligten die entsprechenden Kompetenzen besitzen. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck wurde daher von der Euregio beauftragt, eine wissenschaftliche Studie zu den innerstaatlichen Zuständigkeiten der am EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino sowie am EVTZ Senza Confini beteiligten Mitglieder zu erstellen. Unter der Projektleitung der Professoren Bussjäger, Happacher und Obwexer wurden all jene Bereiche sichtbar gemacht, in denen eine (intensivierte) Zusammenarbeit für möglich erachtet wird. Dabei konnten einige Politikbereiche mit parallelen Zuständigkeiten sowie punktuelle Überschneidungen identifiziert werden.

Im Rahmen einer durch das INTERREG-Projekt Fit4Co geförderten Zusammenarbeit zwischen dem EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino mit dem EVTZ Senza Confini wurde die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck im Jahr 2021 von der Euregio beauftragt, eine wissenschaftliche Studie über die innerstaatlichen Zuständigkeiten ihrer Mitglieder zu erstellen und diese miteinander zu vergleichen. Dadurch sollten jene Bereiche sichtbar gemacht werden, in denen alle Mitglieder der Euregio über innerstaatliche Zuständigkeiten verfügen und folglich innerhalb der Euregio zusammenarbeiten können. Unter der Projektleitung von Prof. Peter Bußjäger, Prof. Esther Happacher und Prof. Walter Obwexer wurde die Studie zu den Kompetenzen der Länder sowie des EVTZ der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino erstellt. Zugleich erfolgte eine derartige Untersuchung der jeweiligen Kompetenzen auch für den EVTZ Senza Confini, der Kärnten, Friaul-Julisch Venetien und Venetien umfasst.

 

Ziel beider Studien war es, weitere mögliche Kooperationsbereiche in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aufzuzeigen. Die beiden Studien sind nunmehr in der Publikation „Euregio Kompetenzmonitor: wissenschaftliche Studie zu den Zuständigkeiten der Länder der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino und der Euregio Senza Confini in Gesetzgebung und Verwaltung“ zusammengefasst.  

Im Ergebnis konnten einige Politikbereiche mit parallelen Zuständigkeiten identifiziert werden, in den künftig daher Potential für eine intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit erblickt werden kann. Dies trifft beispielsweise auf Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft, die Regelung der Höfe, die Tierzucht, den Schutz von Almen und Berggebieten, die Bodenverbesserung sowie die Nutzung und den Schutz der Wälder einschließlich der Wasserläufe zu. Punktuelle Schnittmengen kristallisieren sich auch in den Bereichen Finanzrecht/Abgaben sowie zum Teil im Wirtschaftsrecht heraus (siehe zu alledem S. 163 ff).

 

Die Studien können in deutscher und italienischer Fassung können auf folgender Seite der Universität Innsbruck abgerufen werden: 

 

https://www.uibk.ac.at/fakultaeten/rechtswissenschaftliche/forschung-news/euregio-kompetenzmonitor-.html.de

NEU in der Föderalismusdatenbank: Aktuelle Art 15a B-VG-Vereinbarungen



Vereinbarungen nach Art 15a B-VG stellen ein wichtiges föderalistisches Instrument dar. Sie können zwischen dem Bund und Ländern oder zwischen Ländern untereinander abgeschlossen werden. Dadurch lassen sich bestimmte Politikbereiche ungeachtet der geltenden Kompetenzlage auf freiwilliger Basis koordinieren. Bislang fehlte jedoch eine Gesamtübersicht dieser Vereinbarungen. Das Institut für Föderalismus hat drei laufend aktualisierte Listen mit sämtlichen (potentiell) aktuellen Art 15a B-VG-Vereinbarungen erstellt.

Die Institutsassistenten des Instituts für Föderalismus, Dr. Christoph Schramek (bis August 2020) und Dr. Mathias Eller (seit August 2020) haben sich in Kooperation und mit Unterstützung aller neun Bundesländer, dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst (BKA VD) sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer (VSt) zum Ziel gesetzt, mit einer konzisen Darstellung der noch in Kraft stehenden Art 15a B-VG-Vereinbarungen eine noch bestehende Forschungslücke zu schließen.

 

Im Dezember 2021 wurden schließlich nach umfangreichen Recherchen auf der Homepage des Instituts für Föderalismus im Reiter Publikationen – Datenbank (siehe Link) drei übersichtliche Listen zu den (potentiell) aktuellen Art 15a B-VG-Vereinbarungen zur Verfügung gestellt.

 

Bei den Art 15a B-VG-Vereinbarungen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Bund und Ländern (vertikale Koordination) oder zwischen Ländern untereinander (horizontale Koordination). Sie binden ausschließlich die Vertragspartner, aus ihnen können einzelne Personen keine unmittelbaren Rechte ableiten. Art 15a B-VG-Vereinbarungen erfreuen sich mit Blick auf die vergangenen Jahre zunehmender Beliebtheit. Sie ermöglichen eine freiwillige Koordinierung in bestimmten Politikbereichen, dies ungeachtet der jeweils vorherrschenden Kompetenzlage. In gewisser Weise werden dadurch die Länder vor weiteren Kompetenzverlusten geschützt, bestünde die Alternative in vielen Fällen ansonsten darin, neue Bundeskompetenzen und damit Verfassungsänderungen zu begünstigen.

 

Die Listen enthalten inhaltlich – wie bereits erwähnt – alle (potentiell) aktuellen Art 15a B-VG-Vereinbarungen mit Stand 16. Dezember 2021, die zwischen dem Bund und allen Ländern geschlossen worden sind. Bereits außer Kraft getretene Vereinbarungen werden nicht berücksichtigt. Stammfassungen (fett markiert) samt späterer (Quasi)- Novellierungen wurden in der Darstellung zusammengeführt. In den Anmerkungen wurden schließlich zahlreiche Rückmeldungen der Bundesländer berücksichtigt, mit deren Hilfe diese Listen vervollständigt werden konnte. Die Listen werden vom Institut für Föderalismus im Bedarfsfall angepasst und jährlich aktualisiert. Eine zahlenmäßige Übersicht aller geschlossenen Art 15a-Vereinbarungen ist im Anhang des jährlich erscheinenden Föderalismusberichts ersichtlich und darf an dieser Stelle darauf verwiesen werden.

 

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2022 ausgeschrieben



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten Österreichs und Südtirols und das Institut für Föderalismus schreiben auch heuer wieder den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen und für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis (Einreichung zwischen 1.4.2020 und 31.3.2022) verliehen und ist mit insgesamt 4.000 € dotiert. Einreichungen sind bis spätestens Donnerstag, 31. März 2022 an das Institut für Föderalismus zu richten. Weitere Informationen, insbesondere die Ausschreibungsbedingungen sowie das Einreichformular sind unter https://foederalismus.at/foederalismuspreis/ abrufbar.

Buchtipp: Stephan Rihs – Die Bezirkshauptmannschaft. Grundlagen und Zukunftspotential einer unterschätzten Behörde im österreichischen Föderalismus



Gerade im ländlichen Raum führt die Mehrzahl der Rechtsmaterien und Behördenwege zur Bezirkshauptmannschaft. Zuletzt war die Bezirkshauptmannschaft vor allem als Gesundheitsbehörde mit ihrer zentralen Rolle in der Bekämpfung der Corona-Pandemie im Gespräch. Dieser Aspekt wird, ebenso wie das Zukunftspotenzial dezentraler Verwaltung in Zeiten technologischer Disruption, in einem Sonderkapitel diskutiert.

Weiters illustriert die Arbeit die Komplexität des verfassungsrechtlichen Rahmens des österreichischen Föderalismus, gerade im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung. Ein Blick auf diverse Materiengesetze zeigt die Breite und Fülle an Aufgaben, die in den Bezirkshauptmannschaften bürgernah und effektiv abgewickelt werden. Fragen der Reform des österreichischen Bundesstaats und Potenziale zur Deregulierung werden in einem Ausblick diskutiert.


2021


VfGH prüft Planungsinstrumente der Gesundheitsversorgung



Gerade in Zeiten der Pandemie kommt der integrativen Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsinfrastruktur eine besondere Rolle zu. Konkret geht es um das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz sowie die Krankenanstaltengesetze mehrerer Länder. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) sowie die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) enthalten Vorgaben für Versorgungskapazitäten im Gesundheitsbereich. Bestimmte Teile des ÖSG und der RSG sind für verbindlich zu erklären, was durch Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH erfolgt. Der VfGH hat Zweifel geäußert, ob über diese Konstruktion die bundesstaatliche Kompetenzverteilung sowie Grundsätze der Staatsorganisation eingehalten werden können. Zudem könnte ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit vorliegen. Der VfGH nimmt nun diese Fragen in Form eines Gesetzprüfungsverfahrens unter die juristische Lupe.

Aus föderalistischer Sicht von besonderem Interesse ist der Beschluss des VfGH, Teile des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes des Bundes, des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten sowie der entsprechenden Ausführungsgesetze von Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Wien in Zusammenhang mit dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) einem Gesetzesprüfungsverfahren zu unterziehen (VfGH-Beschluss vom 06.10.2021, V 46/2019 ua).

Anlass dafür sind mehrere beim VfGH anhängige Verfahren, welche die integrative Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsinfrastruktur betreffen. Als zentrale Planungsinstrumente dienen dabei der ÖSG und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG): Der ÖSG ist zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern abzustimmen, die RSG zwischen Ländern und Sozialversicherungsträgern (mit Vetorecht des Bundes).

Beide Pläne enthalten Vorgaben für Versorgungskapazitäten im Gesundheitsbereich. Gewisse Teile des ÖSG und der RSG sind für verbindlich zu erklären. Dies erfolgt durch Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH, deren Gesellschafter der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger sind.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg, das Verwaltungsgericht Wien sowie zwei beschwerdeführende Gesundheitsdienstleister halten diese Konstruktion für verfassungswidrig. Sie sehen darin insbesondere einen Verstoß gegen die bundesstaatliche Kompetenzverteilung sowie gegen Grundsätze der Staatsorganisation. Die in Rede stehenden Strukturpläne betreffen nämlich Angelegenheiten, für die teilweise der Bund („Gesundheitswesen“) und teilweise die Länder („Krankenanstalten“) zuständig sind. Dass nur eine Stelle zuständig ist, sei mit dem Grundsatz der Trennung von Bundes- und Landesverwaltung nicht vereinbar.

Der VfGH hält es erstens vorläufig möglicherweise für verfassungswidrig, dass einzelne Bestimmungen des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes als unmittelbar anwendbares Bundesrecht erlassen worden sind, obwohl dem Bund im Krankenanstaltenrecht lediglich die Zuständigkeit zur Grundsatzgesetzgebung zukommt.

Zweitens nimmt der VfGH vorläufig an, dass die Bestimmungen über die Zuständigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH, soweit sie das Gesundheitswesen betreffen, gegen die Grundsätze der mittelbaren Bundesverwaltung verstoßen sowie, sowohl in Belangen des Gesundheitswesens als auch des Krankenanstaltenrechts, auch die verfassungsrechtlichen Schranken für die Ausgliederung staatlicher Aufgaben überschreiten könnten.[1] Der VfGH ist drittens vorläufig der Ansicht, dass die in den Strukturplänen enthaltenen Vorgaben zu einer starren Kontingentierung bestimmter selbständiger Ambulatorien führen könnten; dies könnte gegen das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verstoßen.

Das Gesetzesprüfungsverfahren dient nun dazu, die aufgeworfenen Fragen zu klären. In dem Verfahren können sowohl die Bundesregierung als auch die beteiligten Landesregierungen eine Stellungnahme abgeben.

 


[1] Mit diesem Thema hat sich eingehend Friedrich, Strukturprobleme und Lösungen im österreichischen Gesundheitswesen anhand der „Gesundheitsplanungs GmbH“, SPWR 2019, 25 ff auseinandergesetzt. Sie ist ua ebenso zum Ergebnis gelangt, dass die Konstruktion der Gesundheitsplanungs GmbH den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beleihung nicht gerecht wird.

100 Jahre Autonomie



Die Åland-Inseln mögen mit ihren 30.000 schwedischsprachigen Bewohnerinnen und Bewohnern geografisch unbedeutend sein, mit der seit 100 Jahren bestehenden Territorialautonomie nehmen sie jedoch eine viel zitierte Vorreiterrolle ein. Der Åland-Vertrag wird immer wieder in Bezug zur Autonomie Südtirols gesetzt.

Die von einer schwedischsprachigen Bevölkerung besiedelten Ålandinseln sind ein Teil Finnlands und werden in der Literatur als älteste Territorialautonomie der Welt bezeichnet.[1] Die Grundlage wurde im Åland-Vertrag vom 27. Juni 1921 geschaffen, der dieses Jahr sein 100. Jubiläum feierte.

Der Vertrag zwischen Schweden und Finnland wahrte die nach dem Ersten Weltkrieg umstrittene völkerrechtliche Hoheit des erst 1918 souverän gewordenen Finnlands über die Inseln und gewährte der Bevölkerung das Recht auf Autonomie, dem die Finnische Verfassung bis heute Rechnung trägt.

Die etwa 30.000 Menschen auf den Ålandinseln verfügen seither über einen eigenen Landtag mit weitreichenden gesetzgebenden Befugnissen. Die Autonomieregelung der Ålandinseln gilt seither als vorbildhaft und wird in der Literatur auch immer wieder in Bezug zur Autonomie Südtirols gesetzt.[2] Nach dem Ersten Weltkrieg aufgetretene Sezessionsbestrebungen sind nicht zuletzt auf Grund der weitreichenden Autonomie erlahmt.

 


[1] Ackrén, Inselautonomien – konstitutionelle und politische Entwicklungen, in: Gamper et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 431 (435).

[2] Ackrén, Successful Examples of Minority Governance – The Cases of the Åland Islands and South Tyrol; https://peace.ax/wp-content/uploads/2021/02/Rapport_1-2011.pdf

VfGH: Take-away-Verbot auf Schihütten war gesetzwidrig



In Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg war im vergangenen Winter die Abholung von Speisen und Getränken für jene Skihütten untersagt, die über keine öffentliche Straße erreichbar sind. Dieses Kriterium reicht laut VfGH für die sachliche Begründung nicht aus und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Im Gefolge der COVID-19 Krise wurden vom Bund und den Ländern zahlreiche Regelungen zur Hintanhaltung der mit dem Virus verbundenen gesundheitlichen Risiken geschaffen, die in der Folge vor dem VfGH angefochten wurden.

In seiner letzten Saison beurteilte der VfGH für Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg erlassene Verordnungen, wonach in den Wintermonaten 2020/2021 die Abholung von Speisen und Getränken bei Schihütten untersagt war, die für die Allgemeinheit nicht mit Kraftfahrzeugen über eine öffentliche Straße erreichbar sind, als gesetzwidrig (VfGH vom 23.09.2021, V 5/2021; VfGH vom 06.10.2021, V 7/2021, V 17/2021, V 58/2021, V 74/2021). Diese Maßnahme diente dem Zweck, Menschenansammlungen im Nahbereich von Gaststätten in Schigebieten zu verhindern und damit die Ansteckungs­gefahr mit COVID-19 zu verringern.  

Gleichzeitig durften Gastgewerbebetriebe in Schigebieten an allgemein befahrbaren Straßen, zB bei der Talstation eines Schilifts, sehr wohl Speisen und Getränke zur Abholung anbieten. Dort sei, so heißt es in den Verordnungsakten, regelmäßig ein größerer Parkplatz angeschlossen, weshalb essende und trinkende Personen über mehr Platz verfügen würden. 

Der VfGH konnte aber keinen sachlichen Grund dafür erkennen, dass die Verordnungen nur auf das Kriterium der (Nicht-)Erreichbarkeit einer Schihütte über eine öffentliche Straße abstellten. Der Umstand, dass eine Schihütte über eine solche Straße erreichbar ist, gibt nämlich, so der VfGH, allein noch keinen verlässlichen Aufschluss darüber, ob im Nahebereich ausreichend Platz zum Essen oder Trinken unter Wahrung der erforderlichen Mindestabstände gegeben ist. Daher verstießen die Verordnungen gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz entspringende Sachlichkeitsgebot.

IACFS-Tagung 2021



„The Making and Ending of Federalism“ stand im Zentrum einer Tagung von Föderalismusexpert*innen, die federführend vom Institut für Föderalismus organisiert wurde. In einer „Breakout-Session“ wurde den mit der Pandemie verbundenen Herausforderungen besonderer Raum gewidmet. Die Ergebnisse werden über einen internationalen Verlag veröffentlicht.

Die diesjährige Jahrestagung der International Association of Centers for Federal Studies (IACFS) wurde vom 28.-30. Oktober 2021 in Innsbruck in der Aula der Universität Innsbruck ausgerichtet und federführend vom Institut für Föderalismus organisiert. Die Tagung fand in hybrider Form statt und konnte trotz der technischen Herausforderungen – die Teilnehmer*innen waren aus der ganzen Welt zugeschaltet – problemlos bewältigt werden.

In den drei Tagungstagen widmeten sich Föderalismusexpert*innen aus aller Welt dem Tagungsthema „The Making and Ending of Federalism“. In einer sogenannten „Breakout-Session“ wurden zudem die mit der COVID-19 Krise verbundenen Herausforderungen auf föderalistische Systeme diskutiert.

Auch der soziale Part kam während der Tagung nicht zu kurz: So wurde den in Präsenz angereisten Teilnehmer*innen der Tagung bei einer organisierten Tour durch die Innsbrucker Altstadt nicht nur ein Einblick in die Geschichte der Landeshauptstadt Tirols gewährt, sondern konnten sie sich an den Abenden auch von der Qualität der heimischen Küche überzeugen.

Durch den reibungslosen Ablauf der Konferenz konnte das wissenschaftliche Renommee des Instituts maßgeblich gestärkt werden. Die Tagungsbeiträge sollen in ihrer verschriftlichten Fassung in einem internationalen Verlag veröffentlicht werden.

Winter School on Federalism and Governance 2022



Innsbruck und Bozen sind auch heuer wieder die Schauplätze für die „Winter School on Federalism and Governance“. Mit dem Fokus auf „Federalism and/in Emergency“ wird auf die aktuelle Corona-Krise Bezug genommen.

Das EURAC Research Center organisiert in Kooperation mit der Universität Innsbruck auch im Jahr 2022 die „Winter School on Federalism and Governance“ die in der ersten Woche traditionell in Innsbruck und in der zweiten Woche in Bozen stattfinden wird (30. Jänner 2022 – 12. Februar 2022). Die diesjährige Tagung beschäftigt sich mit dem vor dem Hintergrund der COVID-19 Krise hochbrisanten Thema „Federalism and/in Emergency“. Die Teilnehmer*innen der Tagung, darunter junge Forscher*innen und Akademiker*innen aus aller Herren Länder, dürfen sich auf spannende Vorträge und Diskussionen einstellen. Die Winter School on Federalism and Governance wird aufgrund der unsicheren Rahmenbedingungen im Jahr 2022 allerdings online ausgerichtet. Nähere Infos zur Veranstaltung können der Website: https://winterschool.eurac.edu/ entnommen werden.

Neuerscheinung: Gamper, Staat und Verfassung, 5. Auflage (2021)



Das von Anna Gamper in der nun bereits 5. Auflage verfasste und im facultas-Verlag erschienene Lehrbuch bietet einen aktuellen und kompakten Überblick über die Erkenntnisse der Allgemeinen Staatslehre. Durch die Erläuterung der vielfältigen Zusammenhänge von Staat und Verfassung soll die Welt des Verfassungsstaates in ihren heutigen Grundlagen und konkreten Erscheinungsformen erschlossen werden.

Neuerscheinung: Stockhauser/Wieser, Kommentar zur Tiroler Gemeindewahlordnung, 6. Auflage 2021



Als Hilfestellung für interessierte Bürgerinnen und Bürger, wahlwerbende Gruppierungen und Gemeindebedienstete erschien im Oktober die 6. Auflage des Kommentars zur Tiroler Gemeindewahlordnung der Autoren Mag. Peter Stockhauser und Dr. Andreas Wieser. In Kooperation mit dem Tiroler Gemeindeverband hat das Institut für Föderalismus die redaktionelle Bearbeitung dieses Kommentars federführend begleitet. Der Kommentar kann zu einem Preis von € 30,- beim Tiroler Gemeindeverband erworben werden. Postalische Bestellungen sind unter +43 512587130 oder unter tiroler@gemeindeverband-tirol.at möglich.

Landeshauptleutekonferenz: Tiroler Vorsitz im Zeichen von Corona



Tirol mit Landeshauptmann Günther Platter hat derzeit den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz (LHK). Die LHK spielt im österreichischen Föderalismus eine bedeutsame Rolle. Sie ist die zentrale Schaltstelle im Verhältnis der Länder zum Bund und übt ihren Einfluss etwa in Form von Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und ihrem Vetorecht aus. Zentrales Thema in diesem Halbjahr ist die Bekämpfung der Pandemie inklusive der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen auf die Budgets der Länder.

Tirol mit Landeshauptmann Günther Platter übernahm bereits am 1. Juli 2021 den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz (LHK). Auf Schloss Ambras fand die feierliche Staffelübergabe durch den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer statt.

Die LHK spielt im österreichischen Föderalismus eine bedeutsame Rolle,[1] obwohl sie in der Bundesverfassung selbst nicht verankert ist. Im Gegensatz zum Bundesrat, der im B-VG als institutionalisiertes Repräsentationsorgan der Länder vorgesehen ist, kann die LHK bereits im Vorfeld der Erarbeitung von Gesetzesentwürfen durch ihre Stellungnahmen Einfluss ausüben. Die LHK kanalisiert mittlerweile in praktisch allen Fällen der Bund-Länder-Beziehungen die gemeinsamen Interessen der Länder gegenüber dem Bund, etwa wenn es um die Zuteilung finanzieller Ressourcen geht. Auch in der Corona-Pandemie ist die LHK die Schaltstelle in der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Politologisch betrachtet ist die Vetomacht der LHK stärker als ihre Möglichkeiten, Gewünschtes aktiv durchzusetzen.

Unter dem Vorsitz Tirols soll im zweiten Halbjahr 2021 weiterhin die Bekämpfung der Pandemie das bestimmende Thema bleiben, insbesondere hinsichtlich der finanziellen Lage der Länder. Dies betrifft zum einen die Abgeltung jener pandemiebedingten Kosten und Mindereinnahmen durch den Bund, welche den Ländern im Gesundheits- und Spitalbereich entstanden sind und dem Bund vorgestreckt werden mussten, zum anderen wird vom Bund die Auflage eines mindestens 500 Mio. Euro schweren Länderpakets eingefordert.

 


[1] Siehe etwa Karlhofer, Gestaltungskraft und Vetomacht. Funktion und Praxis der Landeshauptleutekonferenz, in: Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates. FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (20119 311 (319 f); Bußjäger, Föderalismus durch Macht im Schatten? – Österreich und die Landeshauptmännerkonferenz, in: Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2003 (2003) 79 (80 ff).

Salzburg dezentralisiert Behörden



Oft wird über Dezentralisierung geredet, bei der Umsetzung hakt es meistens. Das Land Salzburg macht seit 2019 Nägel mit Köpfen und verlagert einen Teil der in der Landeshauptstadt angesiedelten Behörden in die Bezirke. Das bringt die Verwaltung näher zu den BürgerInnen, schafft qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort und stärkt den ländlichen Raum.

Das Land Salzburg startete bereits Ende 2019 eine Dezentralisierungsoffensive, um qualifizierte Arbeitsplätze in den Regionen zu schaffen und die Verwaltung näher zum Bürger zu bringen. Konkret sollten bislang in der Landeshauptstadt ansässige Behörden in die Bezirke verlagert werden. Erstmals in der Geschichte der Landesverwaltung werden sukzessive, schrittweise und im größeren Umfang Dienststellen in die Bezirke verlagert.

In den nächsten Jahren beabsichtigt das Land Salzburg rund 200 Arbeitsplätze in die Regionen zu verlagern. So soll künftig in Tamsweg das Landesabgabenamt, in Zell am See die Landesforstdirektion, in Hallein die Referate Gemeindeaufsicht und Gemeindepersonal und in St. Johann im Pongau Teile der Lebensmittelaufsicht angesiedelt werden. Auch die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung soll nach Seekirchen übersiedeln. Die Bezirkshauptmannschaften fungieren künftig als Kompetenz-Zentren. So werden bereits jetzt von den MitarbeiterInnen in der BH Tamsweg rund 70.000 Verkehrsstrafanzeigen – dies entspricht einem Drittel aller in der BH Salzburg-Umgebung durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren, sowie alle Vollstreckungsangelegenheiten der BH Salzburg-Umgebung – abgearbeitet.

Das Land Salzburg fungiert im Bereich der Dezentralisierung als Vorreiter. Das Institut für Föderalismus begrüßt den Trend zur Dezentralisierung ausdrücklich. Sie bringen nicht nur die Verwaltung näher zum Bürger/zur Bürgerin, sondern können auch einen Aufschwung vormals infrastrukturschwacher Regionen bedeuten und tragen zur Stärkung des ländlichen Raumes bei. Entsprechend gut ist die Bewertung auf unserem Föderalismus-Barometer:



Föderalismus Check 10

Warum die Raumordnung bei den Gemeinden bleiben soll



Ein ORF-Sommergespräch hat die Debatte angestoßen, ob die Raumordnung weiterhin bei den Gemeinden angesiedelt sein soll. Abgesehen davon, dass dafür eine Verfassungsänderung erforderlich wäre, gibt es gute Gründe, dass diese Kompetenz bei den Gemeinden verbleibt: Sie verfügen über genaue Ortskenntnis und kennen daher den Bedarf; ihre Entscheidungen finden aufgrund der Nähe mehr Akzeptanz; und das demokratische Prinzip wird auf diese Weise am besten erfüllt. Um Fehlentwicklungen zu unterbinden, braucht es jedoch eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Raumordnung und insbesondere eine Stärkung der Koordination in der überörtlichen Raumordnung. Auch der Raumordnungsbegriff sollte erweitert werden. Eine Zentralisierung ist jedoch definitiv der falsche Weg.

Im ORF-„Sommergespräch“ vom 9. August 2021 hat NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger eine Debatte zu den Kompetenzen in der Raumordnung angestoßen. Ihrer Ansicht sollten den Gemeinden in diesem Bereich zentrale Befugnisse, insbesondere ihre Widmungskompetenz betreffend, entzogen werden. Sie fordert ein „Bundesrahmengesetz“ für die Raumordnung und damit offensichtlich eine Zentralisierung in diesem Bereich.

Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ist festzuhalten, dass eine Zentralisierung der Widmungskompetenz „nach oben“ einer Verfassungsänderung bedarf, legt doch Art 118 Abs 3 B-VG ausdrücklich fest, dass die „örtliche Raumplanung“ (Z 9) in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fällt und die darunter fallenden behördlichen Aufgaben ausschließlich den Gemeinden vorbehalten sind. Die Regelung im B-VG ist ganz augenscheinlich vom Subsidiaritätsgedanken getragen, der besagt, dass eine „höhere Ebene“ nur dann eine Aufgabe zu besorgen hat, wenn es der „unteren Ebene“ dafür entweder am Interesse mangle oder sie nicht in der Lage ist, eine Aufgabe selbst zu besorgen. Wichtig zu erwähnen ist, dass sich die Gemeinden auch im eigenen Wirkungsbereich immer an die gesetzlichen Vorgaben des Bundes und der Länder zu halten haben.

Dass die Widmungskompetenz von Gemeindeflächen den Gemeinden obliegt, macht aus vielerlei Gründen Sinn: Die Gemeinde (bzw die über konkrete Widmungen entscheidenden Gemeinderäte) kennen die Verhältnisse vor Ort am besten. Sie können zielgenau einschätzen, wann und ob Umwidmungen von Flächen (beispielsweise für den sozialen Wohnbau etc) erforderlich sind und damit auch die Siedlungspolitik im Rahmen ihrer Befugnisse entsprechend steuern. Ortsnahe Entscheidungen garantieren zudem eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Nicht zuletzt entspricht es auch dem demokratischen Prinzip, die Nutzung des Gemeindegebiets wesentlich von der Entscheidung des Repräsentativorgans Gemeinderat abhängig zu machen.

Fehlsteuerungen in der Raumplanung, die nicht übersehen werden dürfen, hängen dagegen vielmehr mit den häufig nur unzureichenden hoheitlichen Instrumentarien zusammen. Die Länder sind hier gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Raumordnung zu verbessern und insbesondere die Koordination in der überörtlichen Raumordnung zu stärken. In diesem Sinne wäre es auch notwendig, den „Raumordnungsbegriff“ zu erweitern.[1] Insbesondere bietet es sich an, den Kompetenztatbestand des „Volkswohnungswesens“ von derzeit Art 11 B-VG in den Art 15 B-VG überzuführen. Erweiterte hoheitliche Eingriffsmöglichkeiten im Bereich der Raumordnung sollten nicht nur neue Optionen bieten, bestimmten Fehlentwicklungen entgegenzuwirken (zB Entspannung des Wohnungsmarktes durch Einführung von Leerstandsabgaben mit tatsächlichem Lenkungseffekt), sondern müssten ermöglichen, dass das öffentliche Interesse in der Raumordnung stärker zum Durchbruch gelangt. Einer Zentralisierung der „Raumordnung“ ist aber eine klare Absage zu erteilen.

 


[1] Siehe dazu ausführlich Weber, Zur Notwendigkeit der Erweiterung des Verfassungsbegriff s „Raumordnung“ – Erste Überlegungen aus raumordnungspolitischer Perspektive, bbl 2020, 83 ff.

VfGH: Ausreisetestpflicht aus Tirol war verhältnismäßig



Die in der Pandemie getroffenen Corona-Maßnahmen beschäftigen auch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Zentrale Frage ist stets, ob die Einschränkungen verhältnismäßig gewesen sind. Der VfGH stellte fest, dass die Ausreisetestpflicht aus Tirol den gesetzlichen Vorgaben entsprach, und zwar auch für Personen, die bereits mit COVID-19 infiziert gewesen waren.

In seiner Juni-Session hatte sich der VfGH erneut mit mehreren anhängigen Fällen rund um das Thema COVID-19 zu beschäftigen. Unter anderem landete auch die aufgrund aufgetretener Virusmutationen kundgemachte „COVID-19-Virusvariantenverordnung“ des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vor dem Höchstgericht (V 87/2021 ua). Mehrere Einzelpersonen sowie das Landesverwaltungsgericht Tirol hatten die Verfassungs- und Gesetzeskonformität der Verordnung in Frage gestellt.

Zur Bekämpfung der Verbreitung der Virusvarianten B1.351 und B.1.1.7/E484K („südafrikanische“ bzw. „britische“ COVID-19-Mutation) war konkret im Februar bzw März 2021 die in VO-Form gegossene Anordnung ergangen, dass die Grenzen des Tiroler Landesgebietes bzw der Bezirke Kufstein und Schwaz grundsätzlich nur mit einem höchstens 48 bzw 72 Stunden zurückliegendem negativen Testergebnis überschritten werden dürfen.  In den dem VfGH vorliegenden Anträgen wurde ua geltend gemacht, die Anordnung einer Testpflicht als Bedingung für die Ausreise stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit dar und es sei unsachlich, dass auch Personen mit Antikörpern gegen COVID-19 von der Testpflicht umfasst waren. 

Der VfGH hielt dennoch fest, dass die Testpflicht für die Ausreise aus Tirol bzw aus den Tiroler Bezirken Kufstein und Schwaz im Februar bzw März 2021 gesetzeskonform war und wies die dagegen eingebrachten Anträge folglich allesamt ab. Er begründete dies primär damit, dass die Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit zum Schutz vor der Verbreitung bestimmter Virusvarianten von COVID-19 („südafrikanische“ bzw „britische“ Mutation) verhältnismäßig war. Da dem Bundesminister für Gesundheit bzw den Bezirkshauptmannschaften Kufstein und Schwaz zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung Studien vorlagen, wonach sich Personen mit Antikörpern gegen COVID-19 nochmals mit den Virusvarianten anstecken könnten, war die Testpflicht als Bedingung für die Ausreise auch für Personen sachlich gerechtfertigt, die bereits eine Infektion mit COVID-19 durchlaufen hatten. Die Anordnung einer Testpflicht war das im Rahmen des § 24 EpiG 1950, BGBl I 33/2021 verhältnismäßige Mittel, um einerseits die Ausreise aus dem Epidemiegebiet zu ermöglichen, andererseits aber die (Weiter-)Verbreitung der COVID-19-Virusvariante zu unterbinden.

Hinweis: Fachinfos zu aktuellen Parlamentsthemen



Demokratie lebt in einem wesentlichen Ausmaß von Transparenz und verfügbaren Informationen. Die Parlamentsdirektion stellt detaillierte Fachinformationen zu aktuellen Themen laufend und kostenlos zur Verfügung. Coming soon: Ein Fachdossier zum Thema Föderalismus.

Für JuristInnen sowie auch politisch interessierte BürgerInnen stellt die Parlamentsdirektion wertvolle Fachinformationen kostenfrei zur Verfügung. Auf der Seite <fachinfos.parlament.gv.at> werden nicht nur aktuelle Parlamentsthemen behandelt (zB das Thema Sterbehilfe; dissenting opinions an Verfassungsgerichtshöfen uvm), sondern auch lesenswerte Fachdossiers in der Rubrik „Politikfelder“. Ein Fachdossier zum Thema „Föderalismus“ befindet sich gerade in Ausarbeitung und soll anschließend auf der genannten Seite der Parlamentsdirektion publiziert werden.

Veranstaltungshinweis: „Österreichische Archivrechtsgespräche 2021“



Die Tagung ist am Mittwoch, den 22. September 2021 an der Universität Innsbruck geplant. Weitere Informationen zur Anmeldung sowie ein detailliertes Programm sind auf der Homepage des Instituts verfügbar.

Die vom Institut für Föderalismus in Kooperation mit dem Oberösterreichischen Landesarchiv und dem Vorarlberger Landesarchiv organisierte Tagung ist am Mittwoch, den 22. September 2021 an der Universität Innsbruck geplant und soll dem juristischen Diskurs dienen.

Zielgruppen sind JuristInnen, die sich mit Archivrecht oder damit verknüpften Rechtsmaterien befassen oder sich für diesen Themenbereich interessieren sowie ArchivarInnen, die sich mit archivrechtlichen Fragen grundsätzlich beschäftigen. Weitere Informationen zur Anmeldung sowie ein detailliertes Programm sind bereits auf der Homepage des Instituts veröffentlicht.

Die Veranstaltung wird gemäß der aktuellen Corona-Auflagen der Universität Innsbruck (im Wesentlichen 3-G-Nachweis) durchgeführt.



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Studie belegt: Massive Zentralisierung bei Bundesdienststellen



Die Ergebnisse einer von der Arbeiterkammer Tirol in Auftrag gegebenen Studie des Instituts für Föderalismus über „Zentralisierungs- und Dezentralisierungstendenzen der hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Einrichtungen des Bundes in Tirol“ (Untersuchungszeitraum 1999-2019) sind aus Sicht der Länder ernüchternd: Der Befund für Tirol zeigt, dass die vergangenen 20 Jahre von einer massiven Zentralisierung der Organisation der Bundesverwaltung geprägt waren. Dies lässt sich quer über alle Bereiche beobachten – von der Sozialversicherung über die Finanzverwaltung bis hin zu Fremdenwesen & Asyl, der Gerichtsbarkeit und der Privatwirtschaftsverwaltung. Ein entsprechender Gesetzesantrag zur Förderung der Dezentralisierung von Bundesdienststellen wurde bereits 2019 im Bundesrat beschlossen – wurde aber seitdem im Nationalrat nicht weiter behandelt. Das IFÖ unterstützt die Forderung von AK-Präsident Erwin Zangerl nach einer Schubumkehr bei diesen überbordenden Zentralisierungstendenzen.

Die Studie des IFÖ belegt, dass eine Zentralisierung der Bundesverwaltung eben nicht nur im hoheitlichen Bereich, sondern auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung im Untersuchungszeitraum zu beobachten gewesen war. In diesem Bereich war die Übertragung zahlreicher Aufgaben auf ausgegliederte Rechtsträger (zB.: Bundesimmobiliengesellschaft) festzustellen, die in aller Regel ihren Sitz außerhalb Tirols haben. Im Bereich der Gerichtsbarkeit sind dagegen die Bezirksgerichte Beispiele eines unübersehbaren Trends zur Zusammenlegung.

AK-Präsident Erwin Zangerl fordert deshalb eine Umkehr dieser Zentralisierungstendenzen und spricht sich dafür aus, die dezentrale Ansiedelung von Einrichtung des Bundes in den Bundesländern als obligatorischen Teil der wirkungsorientierten Folgenabschätzung für entsprechende Regelungsvorhaben gesetzlich zu etablieren – eine Sichtweise, die das Institut für Föderalismus ausdrücklich befürwortet.

Ein ebenso diesen Zweck verfolgender Gesetzesantrag wurde im Bundesrat bereits im Dezember 2019 (269/A-BR/2019 vom 19.12.2019) eingebracht und beschlossen, im Nationalrat bislang jedoch nicht weiterverfolgt. 

Die Studienergebnisse sind online abrufbar: https://tirol.arbeiterkammer.at/service/studien/sonstige/Zentralisierungs-_und_Dezentralisierungstendenzen.html

Studie zum Gesundheitsföderalismus: Hinderlicher Föderalismus?



Vor wenigen Tagen wurde eine Studie zum Föderalismus im Gesundheitswesen publiziert, die in den Medien unter der Schlagzeile: „Föderalismus bei Pandemiebekämpfung hinderlich“ verbreitet wurde (siehe Link https://oesterreich.orf.at/stories/3106207/). Allerdings ist der Titel der Studie irreführend und manche Schlussfolgerung steht zur plakativen Bewerbung der Untersuchung im Widerspruch: Die Studie gelangte nämlich zum Ergebnis, dass Österreich die Pandemie „solide“ bewältigt hatte und innerhalb der EU sogar „sehr gut“. Dazu kommt, dass sowohl die von den Ländern bereit gestellten Testkapazitäten als auch die hohen Spitalskapazitäten eine wirksame Corona-Bekämpfung ermöglichten. Wo also ist das Problem?

Die Studienautorin und der -autor kritisieren, dass das Ampelsystem nicht wirklich funktioniert habe und die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsbehörden im vergangenen Herbst nur lückenhaft gegriffen hat. Tatsächlich sind in diesem Bereich Schwächen aufgetreten. Insgesamt scheinen die Studienautoren aber einem typisch zentralistischen Missverständnis zu erliegen, indem sie offenbar glauben, eine einheitliche Lösung durch den Bund wäre auf dem Niveau des besten Landes erfolgt. Die Erfahrung lehrt eher, dass es im besten Fall Mittelmaß geworden wäre. Als „best practice“ der Nachverfolgung wird übrigens Wien vorgestellt, was freilich in einem gewissen Widerspruch zur Tatsache steht, dass in keinem anderen Land Österreichs die Belastung der Intensivmedizin, zumindest in der dritten Welle, so hoch wie in Wien war.

Insgesamt konnten in der bisherigen Bewältigung der COVID-19-Krise eindeutige Steuerungsschwächen des Bundes (z.B.: unklare Vorgaben für den Vollzug) beobachtet werden, die es den Ländern erschwerte, ihre Verwaltungsorganisation entsprechend anzupassen. Eine Krise des föderalen Systems mag zwar – mitunter auch medial – heraufbeschworen werden, in der Praxis sind es gerade die Vorteile des Föderalismus, die überzeugen: So konnten mit der Einrichtung einer „Modellregion“ in Vorarlberg beispielsweise wertvolle Erfahrungen hinsichtlich geplanter weiterer Öffnungsschritte gewonnen werden („Laborföderalismus“).

Die weitgehend von den Ländern bereitgestellten Spitäler haben sich in der Pandemie geradezu als ein Fels in der Brandung erwiesen, weil, wie auch die Studie einräumt, ein hervorragendes Angebot an Spitalsbetten, auch im Intensivbereich vorhanden war. Es war das Verdienst des Spitalswesen, dass die Gesundheitsversorgung niemals zusammenbrach.

Was die Impforganisation betrifft, so war es vielleicht sogar ein Glück, dass der eigentlich zuständige Bundesgesetzgeber kein Gesetz erlassen hat, weil die Länder dadurch die Impforganisation pragmatisch abwickeln konnten und es keine praxisfremden, undurchdachten und unvollziehbaren Vorschriften gab. Wenn sich daher Differenzierungen zwischen den Ländern ergeben haben (so man solche überhaupt als unbefriedigend bewertet), ist dies das Resultat unterschiedlicher Herangehensweisen, die sich aber insgesamt bewährt haben. Es zeigt sich auch, dass die Länder – die Lieferung von Impfstoff vorausgesetzt – in der Lage sind, die Impfungen in einer Geschwindigkeit abzuwickeln, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchte.

VfGH mit föderalistischem Signal der „höheren Einheit"



Seit Herbst 2020 wird das Gebäude des Verfassungsgerichtshofes neben der österreichischen Fahne auch mit der Flagge jenes Landes beflaggt, das jeweils im Bundesrat den Vorsitz führt. Damit soll die spezifische Stellung des Verfassungsgerichtshofes als gemeinsames Organ des Bundes und der Länder am Sitz des Gerichtshofes symbolisch zum Ausdruck gebracht werden. Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof sind gewissermaßen als die Klammern gedacht, welche die dualistische Konstruktion von Bund und Länder zu einer höheren Einheit zusammenfügen. Die neue Gepflogenheit am Sitz des VfGH ist zwar lediglich ein Symbol, aber ein wichtiges und verdient daher eine entsprechend gute Bewertung im Föderalismus-Check.

Föderalismus Check 8


VfGH: Zuständigkeit der Bezirksgerichte bei Absonderungsmaßnahmen verstößt gegen Legalitätsprinzip



Der VfGH fällte unlängst wichtige Entscheidungen in Bezug auf die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen von den Bezirksverwaltungsbehörden ausgesprochenen Absonderungsmaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19. Die angefochtene Regelung lässt nach Auffassung des VfGH nicht erkennen, worin der Prüfungsgegenstand des Bezirksgerichtes – und damit dessen Zuständigkeit – genau liegt. Die Regelung verstößt somit gegen das Legalitätsprinzip. Der VfGH hat daher § 7 Abs 1a zweiter Satz EpiG 1950 als verfassungswidrig aufgehoben. Darüber hinaus gibt es klare Anhaltspunkte dafür, dass § 7 Abs 1a EpiG 1950 einen Instanzenzug auf Grundlage des Art 94 Abs 2 B-VG begründet. Daher wäre die Bestimmung wohl auch diesem Grunde verfassungswidrig gewesen. Im Zuge der Sanierung der entsprechenden Vorschrift sollte jedenfalls dieser Aspekt mitberücksichtigt werden.

Nach § 7 Abs 1a Epidemiegesetz 1950 können Personen, die an einer anzeigepflichtigen Krankheit erkrankt sind oder bei denen der Verdacht einer solchen Erkrankung besteht, angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden. Die angehaltene Person kann beim zuständigen Bezirksgericht beantragen, dass die Zulässigkeit der Anhaltung „nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes“ überprüft und eine solche Maßnahme aufgehoben wird.

Der OGH, das Landesgericht Korneuburg sowie das Bezirksgericht Zell am Ziller beantragten beim VfGH, einen Teil dieser Bestimmung aufzuheben: Die Möglichkeit, gegen Anordnungen der Gesundheitsbehörde das Bezirksgericht anzurufen, verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Auch sei nicht hinreichend genau geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Bezirksgericht angerufen werden kann und in welchem Umfang das Bezirksgericht die Anhaltung zu überprüfen habe. Dies widerspreche dem Legalitätsprinzip. 

Die Landesverwaltungsgerichte erachteten sich – da sie einhellig vom Bestehen eines sukzessiven Instanzenzugs auf Grundlage des Art 94 Abs 2 B-VG ausgingen – ebenso wenig zuständig, über die Zulässigkeit einer Absonderung an sich oder über die Dauer einer Absonderungsmaßnahme zu erkennen.

Der VfGH hat nun den Anträgen der Zivilgerichte stattgegeben: Die angefochtene Regelung lässt nicht erkennen, worin der Prüfungsgegenstand des Bezirksgerichtes – und damit dessen Zuständigkeit – genau liegt. Insbesondere bleibt unklar, ob das Bezirksgericht auch den Absonderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft oder bloß die weitere Anhaltung zu prüfen hat und gegebenenfalls in welchem Verhältnis die Zuständigkeiten des Bezirksgerichtes und des Verwaltungsgerichtes zueinanderstehen. Die Regelung verstößt somit gegen das Legalitätsprinzip. Der VfGH hat daher § 7 Abs 1a zweiter Satz EpiG 1950 als verfassungswidrig aufgehoben.

Aus föderalistischer Sicht ist indes bemerkenswert, dass die in Rede bestehende Bestimmung bei ihrer Einführung mit BGBl I 63/2016, ohne die Zustimmung der Länder im Verfahren gemäß Art 42a B-VG einzuholen, beschlossen und kundgemacht wurde. Zwar hatte sich der VfGH letztlich mit dieser spezifischen Frage nicht auseinandergesetzt, dennoch gibt es begründete Anhaltspunkte dafür, dass § 7 Abs 1a EpiG 1950 einen Instanzenzug auf Grundlage des Art 94 Abs 2 B-VG begründet (siehe dazu ausführlich Bußjäger/Eller, Verfassungswidriger Rechtsschutz? Zur verfassungsrechtlichen Problematik des § 7 Abs 1a Epidemiegesetz 1950, ZVG 2021, 8 ff). Daher wäre die Bestimmung wohl auch diesem Grunde verfassungswidrig gewesen. Im Zuge der Sanierung der entsprechenden Vorschrift sollte jedenfalls dieser Aspekt mitberücksichtigt werden.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021 geht an Antonios Souris, Julian Lahner und Katrin Praprotnik



Zur Freude der hochkarätig besetzten Jury konnte man dieses Jahr eine Rekordzahl an BewerberInnen für den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021 verzeichnen und schließlich – wie schon im Vorjahr – drei PreisträgerInnen ermitteln. Den Hauptpreis erhält Antonios Souris für seine Dissertation mit dem Titel „Europapolitik im föderalen Haus. Abstimmungsverhalten im Ausschuss für Fragen der Europäischen Union des Bundesrates“. Julian Lahner wird mit dem Anerkennungspreis für seine Dissertation mit dem Titel „Stände und landesfürstliche Herrschaft in Tirol, 1756-1790“ ausgezeichnet. Ebenso mit dem Anerkennungspreis ausgezeichnet wird Katrin Praprotnik für ihre (gemeinsam mit Flooh Perlot und Daniela Ingruber) verfasste Projektarbeit mit dem Titel „Satisfaction with Democracy. Insights from sub-national politicians in Austria“. Die Preisverleihung fand im Rahmen der LandtagspräsidentInnenkonferenz am 6. Juni 2021 statt – auch für die PreisträgerInnen des letzten Jahres, die aufgrund der COVID-19-Situation bislang nicht geehrt werden konnten.

Ausführliche Zusammenfassungen der preisgekrönten Arbeiten werden zeitnah auf dem Föderalismus-Blog unter https://www.foederalismus.at/blog abrufbar sein.


Rezension: Jana Osterkamp – Vielfalt ordnen. Das föderale Europa der Habsburgermonarchie (Vormärz bis 1918)



Wie aktuell können Ansätze und Entwicklungen des föderalen Europa der Habsburgermonarchie im oder für das 21. Jahrhundert sein? Dass viele der heute bestehenden Instrumente und Systeme schon zwischen dem Vormärz und 1918 heftig diskutiert, erwogen, verworfen, versucht wurden und Anwendung fanden, zeigt Jana Osterkamp in ihrer Habilitation, die als Band 141 vom Vorstand des Collegium Carolinum im Jahr 2020 herausgegeben wurde, eindrucksvoll. Mit dem Werk gelingt es der Autorin, den Blick über die historischen Fakten hinaus bis ins Europa der Gegenwart zu führen.

Die mehr als 400 Textseiten (zuzüglich eines umfangreichen Quellen- und Literaturverzeichnisses sowie einiger eindrücklicher Bilder) inhaltlich auch nur einigermaßen zu skizzieren, würde den Platz dieses Hinweises sprengen. Zeitlich, territorial und nach Politikfeldern gegliedert und akribisch belegt, wird – ausgehend von Begriffsbestimmungen – ein Bogen von politischen Forderungen über Stadien der (Verfassungs-)Gesetzwerdung bis zu praktischen Folgen föderaler Vielfalt gespannt. Subjektiv besonders bemerkenswert sind die Abschnitte über die verschiedenen Stadien und Formen des Verwaltungsföderalismus und des „Föderalismus auf dem Dorf“ mit den „galizischen Petitionsstürmen“ und der „Kronländerföderalismus“; überaus spannend ist auch die Aufbereitung und Dokumentation der Handlungsstränge im Bereich der Politikberatung etwa durch den „Thinktank“ des Thronfolgers und die Thronwechselprogramme.

Zwei Zitate aus dem Werk zeigen dessen „Zeitlosigkeit“ und aktuelle, womöglich sogar zukünftige Bezüge:

Der erste dieser Absätze beendet das Kapitel zum historischen Kronländerföderalismus wie folgt:

„Die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Vielgestaltigkeit eines mehrstufigen Föderalismus und die gesellschaftliche Vielfalt mit multiplen Loyalitäten bedingen sich wechselseitig. Beides verleiht der föderalen Geschichte der Habsburgermonarchie ihren einzigartigen Charakter. Die Verfasstheit der Monarchie bot einen Rahmen für ganz unterschiedliche Loyalitäten und Zugehörigkeiten, die auf Dynastie und Kaiser, Nation (als Sprach- und Landeskollektiv), Religion oder den ‚Staat‘ als staatbürgerschaftliche Gemeinschaft Österreichs oder Ungarn bezogen sein konnten. Alle Bürger der Habsburgermonarchie waren in einem gemeinsamen konföderativen Doppelhaus untergebracht, bewohnten darin jedoch ganz unterschiedliche Etagen und Räume, die sie auf verschiedene Weise ausstatten und mit Leben füllen könnten.“

Der zweite Absatz findet sich im Abschnitt über die Theorie der mehrstufigen Föderation des konföderativen Doppelhauses (K. u. k.):

„Föderalismus wird hier daher verstanden als vertikale Aufteilung von staatlicher Herrschaftsgewalt auf verschiedene Entscheidungsebenen innerhalb einer langfristig bestehenden politischen Ordnung. Alle Herrschaftsebenen in einer föderalen Ordnung haben dabei an der Ausübung staatlicher Souveränität Anteil. Das Miteinander, Gegeneinander und Nebeneinander von staatlichen Gewalten und Herrschaftsebenen wird in föderalen Ordnungen rechtlich und politisch ‚in der Schwebe‘ gehalten. Fragen der Staatsorganisation und der politischen Praxis gehen ineinander über. Das Föderale beruht also nicht allein auf einem staatsrechtlichen Ursprungsakt, sondern wesentlich auf politischer Übung.“

Ein Ausblick in das Föderale Haus Europa rundet das Werk ab, mit dem es der Autorin gelingt, den Blick über die historischen Fakten hinaus bis ins Europa der Gegenwart zu führen. Geschichte und Gegenwart des Föderalismus ist die Kunst der Balance zwischen Verbindendem und Trennendem, Einheit und Vielfalt, gemeinsamem Haus und nationalem Rahmen, damit ein System gelebter Kooperation, das sich an konkreten Aufgaben bewähren muss und in dem auch der Wille immer wieder herzustellen ist, dieses Haus gemeinsam zu bewohnen.

Die Rezension wurde vom oberösterreichischen Landtagsdirektor, Dr. Wolfgang Steiner, verfasst.

Nachruf: Hans Peter Schneider



Am 4. April 2021 ist der deutsche Staatsrechtslehrer Hans Peter Schneider verstorben. Er war ein international hoch angesehener Föderalismusforscher, Mitglied zahlreicher Kommissionen, die sich mit Föderalismus befassten und verschiedener deutscher Landesverfassungsgerichte. Sein wissenschaftliches Werk umfasst zahlreiche Arbeiten mit Schwerpunkt Föderalismus. Dem Institut für Föderalismus war Hans Peter Schneider zeitlebens eng verbunden. Wir bedauern den Tod eines großen Wissenschafters und guten Freundes.

Programmhinweis: Webinar Migration and the European Union: Multi-Level Governance as a Solution



Am 16. Juni 2021 veranstaltet das Institut für Föderalismus gemeinsam mit dem Europäischen Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Parlament sowie dem wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments das Webinar „Migration and the European Union: Multi-Level-Governance as a Solution“. Das eineinhalbstündige Webinar widmet sich den aktuellen Herausforderungen der Migrationspolitik auf Unionsebene. Zahlreiche Autorinnen und Autoren des gleichnamigen Bandes 134 in der Schriftenreihe werden in kurzen Referaten ihre Gedanken zu diesem Thema mit der Öffentlichkeit teilen. Die Veranstaltung wird über Teams organisiert und via Youtube gestreamt. Weitere Informationen zum Webinar können folgendem Link entnommen werden: https://cor.europa.eu/en/events/Pages/migration-and-the-European-Union-multi-level-governance-solution.aspx.
Das Institut für Föderalismus freut sich auf Ihre Teilnahme!


Informationsfreiheitsgesetz für Österreich – ein weiterer Zentralisierungsschritt?



Bis 19. April 2021 läuft die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eines in Begutachtung befindlichen Ministerialentwurfs (95/ME, XXVII. GP), der im Wesentlichen die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes beinhaltet. Aus föderalistischer Perspektive sind die vorgesehenen Maßnahmen zwiespältig zu beurteilen. Kritisch zu betrachten ist die Tatsache, dass die Einführung eines einheitlichen Informationsfreiheitsgesetzes einen Kompetenzverlust der Länder bringt. Mit dieser zentralen Regelung der Informationsfreiheit wird weitgehend in die Organisationshoheit der Länder und Gemeinden eingegriffen, etwa beim geplanten zentralen Informationsregister. Doch es gibt auch positive föderalistische Aspekte: Bei der Vorbereitung des Informationsfreiheitsgesetzes ist die Zustimmung der Länder vorgesehen. In der Praxis hat sich dieses Quasi-Vetorecht jedes einzelnen Landes als wirkungsvolles Instrument erwiesen. Zudem bleiben besondere Bestimmungen in anderen Bundes- und Landesgesetzen über das Recht auf Zugang zu Informationen oder über deren Geheimhaltung unberührt. Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch, dass auf die Einführung einer Konkurrenzbürokratie etwa in Form eines Informationsfreiheitsbeauftragten verzichtet wird und ein rascher und unkomplizierter Rechtsschutz durch die (Landes-)Verwaltungsgerichte erfolgen soll. Nachdem die Schaffung von mehr Transparenz in der österreichischen Verwaltung ein wichtiges und überfälliges Anliegen ist, steht das Institut für Föderalismus dem Vorhaben insgesamt positiv gegenüber. Das führt zu folgender Einstufung in unserem Föderalismus-Check:

Föderalismus Check 9




Noch bis 19. April 2021 läuft die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eines aktuell in Begutachtung befindlichen Ministerialentwurfs (95/ME, XXVII. GP) der im Wesentlichen die Abschaffung des Amtsgeheimnisses (derzeit geregelt in Art 20 Abs 3 B-VG) und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes beinhaltet. Dieser Vorstoß ist als erster großer Schritt zu werten, das im Regierungsprogramm der türkis-grünen Bundesregierung artikulierte Bekenntnis zu mehr Transparenz zu verwirklichen.

Aus föderalistischer Perspektive sind die vorgesehenen Maßnahmen insgesamt zwiespältig zu beurteilen. Mit der Einführung eines einheitlichen Informationsfreiheitsgesetzes wäre zweifellos ein Kompetenzverlust der Länder verbunden, da der vorliegende Ministerialentwurf eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Informationsfreiheit begründet. Bislang teilen sich der Bund und die Länder die Zuständigkeit in diesem Bereich, wobei der Bund hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung für die Grundsatzgesetzgebung, die Länder für die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung verantwortlich sind. Nun ist grundsätzlich klar, dass der Verlust der Kompetenz zur Ausführungsgesetzgebung ein bescheidener ist, kritischer ist freilich zu beurteilen, dass mit der einheitlichen Regelung der Informationsfreiheit durchaus weitgehend in die Organisationshoheit der Länder eingegriffen wird (dazu unten). Diese können daher lediglich die Vorgaben des Bundes, insbesondere auch, was die Einspeisung von Daten in das neue Informationsportal betrifft, vollziehen.

Immerhin ist bei der Vorbereitung des Informationsfreiheitsgesetzes aber nicht nur eine Mitwirkungsmöglichkeit der Länder, sondern ebenso ihre Zustimmung als Erzeugungsbedingung vorgesehen.  Die Regelung im neuen Art 22 Abs 4 Z 1 B-VG legt nahe, dass sich das Zustimmungsrecht der Länder bereits auf die erste Kundmachung (und nicht erst die erste Novellierung) des Informationsfreiheitsgesetzes erstreckt, auch wenn dieses gleichzeitig mit der B-VG-Novelle erlassen werden soll. In der Praxis hat sich das Quasi-Vetorecht des einzelnen Landes als wirkungsvolles Instrument erwiesen. So wurde es bereits in der Vergangenheit bei Zentralisierungen (beispielsweise 2002 im Rahmen des Vergaberechts) eingesetzt und als eine gewisse Kompensation zum Ausgleich von Kompetenzverlusten betrachtet. Erwähnenswert ist außerdem, dass besondere Bestimmungen in anderen Bundes- und Landesgesetzen über das Recht auf Zugang zu Informationen oder über deren Geheimhaltung unberührt bleiben sollen (§ 16 IFG). Der Begutachtungsentwurf hat daher unmittelbar keine Auswirkungen auf Landesgesetze betreffend Umweltinformation, Geodateninfrastruktur oder Informationsweiterverwendung.

Ein in diesem Zusammenhang ebenso geplantes zentrales Informationsregister (über data.gv.at) zeigt schließlich, wie stark die zentral garantierte Informationsfreiheit in die Organisationseinheit der Länder und auch der Gemeinden eingreift. Erwähnenswert ist, dass die näheren technischen Voraussetzung dafür mittels Verordnung des BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gemeinsam mit dem Bundeskanzler festgelegt werden sollen, den Ländern hier aber lediglich eine Mitwirkungsmöglichkeit bei der Vorbereitung einer solchen Verordnung, nicht aber ein Zustimmungsvorbehalt eingeräumt wird. Gerade weil die Aufbereitung der Daten für die zentrale Plattform einen beachtlichen Verwaltungsaufwand erwarten lässt, sollte jedenfalls darauf gedrängt werden, eine Zustimmungspflicht der Länder in Bezug auf die genannte Verordnung zu normieren, zumal diese eine entscheidende Grundlage für den Vollzug des IFG in der Praxis darstellen wird.

Als positiv betrachtet das Institut für Föderalismus, dass auf die Einführung einer Konkurrenzbürokratie im Wege etwas eines Informationsfreiheitsbeauftragten verzichtet wird und ein rascher und unkomplizierter Rechtsschutz im Wege der Verwaltungsgerichte, in der Praxis insbesondere der Landesverwaltungsgerichte, erfolgen soll. Nachdem die Schaffung von mehr Transparenz in der österreichischen Verwaltung ein wichtiges und überfälliges Anliegen ist, steht das Institut für Föderalismus dem Vorhaben daher insgesamt positiv gegenüber.

Die Umsetzung dieses Vorhabens hängt schließlich wohl maßgeblich davon ab, ob die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament von den Regierungsparteien mobilisiert werden kann.

Länder schneiden bei der Corona-Impforganisation sehr gut ab



Eine aktuelle Umfrage des MARKET-Instituts weist die Landesregierungen als klare Gewinner des Impfmanagements in Österreich aus. Insgesamt zeigen sich 32 % der Befragten mit der Umsetzung der Corona-Impfungen in Österreich zufrieden oder sehr zufrieden. Dagegen fällt die Beurteilung für andere Impf-Verantwortungsträger wie etwa die EU-Covid-Steuerungsgruppe in Brüssel oder auch die Spitzenbeamten im Gesundheitsministerium deutlich schlechter aus. Die Länder erfüllen damit ihre in der Impforganisation eingenommene zentrale Rolle bislang sehr gut. Zudem unterstützt der Wettbewerbsföderalismus das Streben nach den besten Lösungen in den Ländern.

Im Vergleich zur Landesebene werden in der rezenten Umfrage andere Impf-Verantwortungsträger deutlich schlechter beurteilt. So halten 30 % der Befragten das Impfmanagement der EU-Covid-Steuerungsgruppe in Brüssel für „Nicht genügend“, auch die Spitzenbeamten im Gesundheitsministerium können nicht überzeugen (23 % - Nicht genügend). Dies ist ein Beweis dafür, dass die Länder ihre in der Impforganisation eingenommene zentrale Rolle bislang sehr gut erfüllen. Die Unterschiede in den Durchimpfungsraten sorgen schließlich dafür, dass zwischen den Ländern ein befruchtender Wettbewerb aufkommt. So bewegt man sich bei den Impfungen aktuell im europäischen Durchschnitt. Das ist grundsätzlich gut, sollte aber Ansporn für mehr sein. Das Streben nach den besten Lösungen in den Ländern (Stichwort: Wettbewerbsföderalismus) lässt dennoch beruhigend in die Zukunft blicken.

Die MARKET-Umfrage ist unter folgendem Link abrufbar:

https://www.market.at/newsroom/astrazeneca-spaltet-beurteilung-impfmanagement-durchwachsen-virusmanagement-schlecht/

Buchbesprechung Roland Sturm – Föderalismus (3. Auflage)



Wenngleich verschiedenste, unter das Thema Föderalismus fallende Aspekte in der nationalen und internationalen Literatur schon umfassend behandelt wurden, sind Einführungslehrbücher – zumindest in der deutschsprachigen Literatur – zu diesem komplexen Phänomen rar gesät. Die nun vorliegende dritte im Jahr 2020 erschienene Auflage vermittelt nicht nur Studentinnen und Studenten der Politik- und Rechtswissenschaften theoretische Grundlagen zum Föderalismus, sondern zeigt zudem auf, wie sich Föderalismus in der politischen- und Verfassungsrealität widerspiegelt.

Im ersten Kapitel werden die verschiedenen Ausgestaltungsformen des Föderalismus in einem Bundesstaat näher erläutert und ua auch der Wettbewerbsföderalismus thematisiert. Dabei sind die Ausführungen von Sturm besonders in Hinblick auf die COVID-19-Pandemie, bezogen auf Deutschland, beachtlich: „Als die Länder in der Corona-Krise ihre Vielfalt wiederentdeckten, wurde ihnen […] Kleinstaaterei und ein Flickenteppich von Entscheidungen vorgehalten. Diese Haltung gegenüber föderaler Vielfalt erweist sich als äußerst kurzsichtig, wenn man die Pandemie-Katastrophe im Zentralstaat Frankreich, beispielsweise, mit den Erfolgen dezentraler problemadäquater Politik vergleicht“ (S. 23). Diese Aussage kann eins zu eins auf Österreich umgelegt werden.

Das zweite Kapitel widmet sich der Rolle von Verfassungen und Verfassungspolitik, von Zweiten Kammern sowie der Verteilung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern und der Bedeutung von Landesparlamenten sowie der Stellung der Kommunen in Föderalismus. Letzten Endes werden hier die Mindestanforderungen eines jeden Bundesstaats beleuchtet, die sich vor allem in Mitwirkungs- und Beteiligungsformen der Gliedstaaten an der zentralstaatlichen Gesetzgebung sowie im Erfordernis einer Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern manifestieren. Der Autor sieht eine zunehmende Entmachtung der Landesparlamente, die das demokratische Prinzip des Föderalismus aushöhlt (S. 70), unterstreicht also auch die große Bedeutung einer eigenständigen Landesgesetzgebung. Die Ausprägung eines „Exekutivföderalismus“, in denen die Länder lediglich als verlängerter Arm der Bundes- und Landesregierungen fungieren, ist daher äußerst problematisch.

In den Kapiteln 4 (Finanzverfassung) und 5 (Politische Willensbildung) wird einerseits hervorgehoben, dass eine eigenverantwortliche Inanspruchnahme von Kompetenzen die Ausstattung mit adäquaten Finanzmitteln erfordert und gute Gründe für eine Steuerautonomie der Länder sprechen – eine Forderung, die in Politik und Wissenschaft auch in Österreich nicht unbekannt ist. Andererseits wird das – vor allem für zukünftige PolitologInnen – Feld behandelt: die Wahl- und Regierungssysteme der Länder, die Teilhaberechte der Bürger sowie die Besonderheiten politischer Karrieren im Föderalismus.

Im nächsten Kapitel wird auf latente Forderungen einer Föderalismusreform in Deutschland und bisherige Reformschritte eingegangen. Auffallend ist, dass – wie auch in Österreich – zumeist Effizienz- und Legitimationsprobleme ins Treffen geführt werden (S. 150 ff), daher als Motiv eine klarere Trennung zwischen Bundes- und Landeszuständigkeiten gefordert wird.

Abschließend wird der Wert einer dezentralen Staatsorganisation hervorgehoben, nämlich die Sicherstellung von „good-governance“ in einem Mehrebenensystem. Es ist erfrischend zu beobachten, dass auch Einheitsstaaten in Europa durchaus Dezentralisierungsprozesse durchlaufen (haben), wenngleich deren Motive ganz unterschiedlich gelagert sind (Anpassungen an die EU-Strukturpolitik, wahltaktische Gründe, Autonomiebestrebungen etc.).

Das Institut für Föderalismus empfiehlt die Publikation allen, die sich für föderale Themenstellungen interessieren, zur Lektüre.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre sowie für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Die Ausschreibung ist noch bis Mittwoch, 31. März 2021, offen.



[Weiterführender LINK]

Institut organisiert diesjährige IACFS-Tagung



Als Mitglied der International Association of Centers for Federal Studies (IACFS) wird das Institut für Föderalismus die Jahrestagung in diesem Jahr ausrichten. In der am 28. bis 30. Oktober 2021 stattfindenden Konferenz wird intensiv über das Tagungsthema „The Making (and End) of Federalism“ diskutiert werden. Darüber hinaus werden sich die internationalen Expertinnen und Experten auf dem Gebiet des Föderalismus auch mit den COVID-19-Herausforderungen in einer sogenannten „Breakout Session“ beschäftigen. Die Tagung ist vorerst als Hybridveranstaltung geplant. Weitere Informationen erfolgen rechtzeitig.

Föderalismus-Talk: Aktuelle Themen im Studiogespräch



Im Föderalismustalk nehmen Institutsdirektor Peter Bußjäger und andere ExpertInnen zu nationalen und internationalen Entwicklungen rund um das Thema Föderalismus Stellung. In einem jeweils rund fünfminütigen Studiogespräch werden aktuelle Themen journalistisch aufbereitet und auch für Nichtjuristen verständlich dargestellt. Zu jeder Ausgabe wird auch ein Word-Rap produziert, der als Teaser auf Social Media eingesetzt wird. Das Format setzt bewusst auf Prägnanz und Kürze, um Breitenwirkung für föderalistische Fragen zu erzielen.

https://foederalismus.at/ifoetalk.php


Pandemiebekämpfung: Wer welche Kosten zu zahlen hat



Der Kampf gegen die COVID-19-Pandemie ist vor allem für die Bezirksverwaltungsbehörden als zuständige Gesundheitsbehörden eine große Herausforderung. In der mittelbaren Bundesverwaltung gilt der Grundsatz, dass die Länder den Personal- und Amtssachaufwand zu tragen haben, während der Bund zur Bestreitung der übrigen Kosten verantwortlich ist. In der Pandemiebekämpfung verhält es sich im Ergebnis so, dass die Länder wohl für die personelle Grundausstattung sowie den Amtssachaufwand aufzukommen haben, darüber hinausgehendes Personal – also Personen, die zusätzlich etwa für Massentests oder das Contact-Tracing engagiert werden müssen – dagegen auf Kosten des Bundes zu entlohnen sein wird. Selbiges gilt für die dritte Aufwandskategorie, den Zweckaufwand (etwa die Kosten für Schutzmasken, Massentests und Impfstoffe), der finanziell ebenfalls zu Lasten des Bundes geht. Inwiefern die Länder diese Aufwendungen vom Bund tatsächlich ersetzt erhalten, ist gegebenenfalls durch den VfGH zu klären.

In den Bezirksverwaltungsbehörden wurde und wird der Großteil des vorhandenen Personals für das dort praktizierte Contact-Tracing abgestellt, mancherorts ist der erhöhte Arbeitsaufwand sogar nur mehr mit von den Gemeinden zur Verfügung gestellten Unterstützungspersonals zu bewältigen. Eine Frage, die sich zwangsläufig aufdrängt, ist jene, wer für diesen Personalaufwand die Kosten zu tragen hat. Dieselbe Frage stellt sich, wenn man etwa an die Utensilien für Massentests, angeschaffte Schutzmasken oder die zu bereitstellenden Impfstoffe denkt.

Zunächst ist zwischen drei verschiedenen Aufwandskategorien zu unterscheiden: dem Personalaufwand, dem Amtssachaufwand und dem Zweckaufwand. Aus dem Grundsatz der eigenen Kostentragung ergibt sich allgemein, dass im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung die Länder den Personal- und Amtssachaufwand zu tragen haben, während der Bund zur Bestreitung der übrigen Kosten verantwortlich ist. Abweichend davon können aber auch andere Kostentragungsregeln auf einfachgesetzlicher Ebene festgelegt werden.

Wird Unterstützungspersonal der Bezirkshauptmannschaft bei Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 vom Landeshauptmann angefordert (§ 27a EpiG), so sind die dadurch entstehenden Kosten gemäß § 36 Abs 1 lit a und n EpiG aus dem Bundesschatz zu bestreiten. Die Erläuternden Bemerkungen bekräftigen diese Rechtsmeinung, sollte damit doch „eine Klarstellung hinsichtlich der Kostentragung für Screeningprogramme und von zusätzlichen Personalerfordernissen auf Länderebene“ erfolgen. Im Ergebnis sind folglich die Kosten für die personelle „Grundausstattung“ als auch jene des Amtssachaufwandes in den Bezirksverwaltungsbehörden von den Ländern zu tragen, während darüber hinausgehendes Personal – also jene Personen, die zusätzlich etwa für Massentests oder das Contact-Tracing engagiert werden müssen – auf Kosten des Bundes zu entlohnen sind. Die Regelungen im Epidemiegesetz sorgen hier für die nötige Klarstellung.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim sogenannten Zweckaufwand, dessen Aufwendungen in der mittelbaren Bundesverwaltung vom Bund zu tragen sind. Es handelt sich um jene Aufwendungen, die von vornherein für einen bestimmten Zweck gemacht werden (VfSlg 2533/1953). In der Judikatur des VfGH hat sich zudem eine Unterkategorie („konkreter Zweckaufwand“) herausgebildet, die jene Aufwendungen, die unmittelbar durch behördliche Tätigkeit in einem konkreten Verwaltungsverfahren ausgelöst werden, umfasst. Als Beispiel hierfür sind etwa die Kosten für Impfmaterial zur Bekämpfung von Tierseuchen zu nennen. Auch diese Kosten sind den Ländern vom Bund zu ersetzen.

Nun verfolgen die angeschafften Schutzmasken und Utensilien für Massentests eindeutig das Ziel, das Corona-Virus einzudämmen. Weitere Ansteckungen sollten vordringlich verhindert und bestehende Infektionsketten durchbrochen werden. Diese Aufwendungen fallen demgemäß jedenfalls in die Kategorie des Zweckaufwandes und sind die Kosten daher vom Bund zu tragen. Das mit der Beschaffung der Impfstoffe verfolgte Ziel der langfristigen Bekämpfung des Corona-Virus in Österreich wird sich wohl ebenso in diese Kategorie einordnen lassen, wenngleich man auch argumentieren könnte, dass es sich hier um eine „konkreten Zweckaufwand“ handelt. Die Kostenfolgen sind dennoch dieselben.

Inwiefern den Ländern die angesprochenen Aufwendungen vom Bund tatsächlich ersetzt werden, wird sich zeigen. Kontroversiell wird zudem die Frage diskutiert, ob sich aus der Bestimmung des § 36 lit m EpiG – danach wären die Kosten der von den staatlichen Behörden und Organen aus Anlaß der Durchführung dieses Gesetzes zu pflegenden Amtshandlungen aus dem Bundesschatz zu bestreiten – eine weitergehende Kostendeckungspflicht des Bundes ableiten lassen könne. Gegebenenfalls müssten die Länder ihre vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Bund gemäß Art 137 B-VG vor dem VfGH einklagen.

VfGH bestätigt: Wahl zum Stadtrat in NÖ bleibt Österreichern vorbehalten



Gemäß niederösterreichischer Gemeindeordnung dürfen nur österreichische Staatsbürger zum Mitglied des Gemeindevorstandes (Stadtrates) gewählt werden. Diese landes- gesetzliche Regelung verstößt aufgrund des weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers in diesem Bereich nicht gegen die österreichische Bundesverfassung, stellte der VfGH fest. Auch das Unionsrecht stehe dieser Regelung nicht entgegen, da dieses sich nur auf unmittelbare Wahlen auf kommunaler Ebene beziehe. Ein derartiger Staatsbürgervorbehalt gilt auch in Tirol, Oberösterreich und Kärnten. Damit schützt das VfGH-Erkenntnis die Verfassungsautonomie der Länder in dieser Angelegenheit und ist aus föderalistischer Sicht sehr zu begrüßen. Das wird auch in der Bewertung im Föderalismus-Check sichtbar.

Föderalismus Check 9




In Niederösterreich dürfen nur österreichische Staatsbürger zum Mitglied des Gemeinde­vorstandes (Stadtrates) gewählt werden (§ 98 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung). Diese landesgesetzliche Regelung verstößt weder gegen die österreichische Bundesverfassung noch gegen Unionsrecht, stellte der VfGH in einer rezenten Entscheidung fest (VfGH W I 9/2020 vom 25. November 2020). Er wies damit eine Anfechtung der Liste NEOS ab. 

 

Nach Ansicht des VfGH verstößt es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass in Niederösterreich Unionsbürger zwar dem Gemeinderat, nicht aber dem Gemeindevorstand angehören können: Der zuständige Landesgesetzgeber hat nämlich einen vergleichs­weise weiten rechtspolitischen Gestaltungs­spielraum, wenn er die Wahl des Gemeindevorstandes regelt. Dazu kommt, dass die Funktion des Gemeindevorstandes nach der niederösterreichischen Gemeindeordnung auch hoheitliche, teilweise über den eigenen (autonomen) Wirkungsbereich der Gemeinde hinausgehende Aufgaben umfasst und damit ein hohes Maß an Verbundenheit seiner Mitglieder zum Staat voraussetzt. 

Das Unionsrecht sieht zwar vor, dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in jenem Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen zukommt. Dabei gelten für sie dieselben Bedingungen wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaates. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf unmittelbare Wahlen durch das Gemeindevolk selbst. Die Wahl des Gemeindevorstandes, der vom Gemeinderat gewählt wird, ist davon also nicht erfasst. Hier können die Mitgliedsstaaten bestimmen, dass nur ihre eigenen Staatsangehörigen in das Amt eines „Mitglieds des leitenden kollegialen Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft“ wählbar sind (Art. 5 Abs. 3 Kommunalwahlrichtlinie). Die NÖ Gemeindeordnung steht daher auch unter diesem Gesichtspunkt mit dem Unionsrecht im Einklang.  

 

Im Bundesländervergleich wird der vom VfGH angesprochene weite rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers deutlich. Während Tirol, Oberösterreich und Kärnten hinsichtlich der Wahl von Gemeindevorstandsmitgliedern in ihren Gemeindewahl- und Gemeindeordnungen ebenso einen Staatsbürgervorbehalt vorsehen, zeigen sich die Länder Vorarlberg, Salzburg, Steiermark und Burgenland liberaler: In diesen Bundesländern dürften auch Unionsbürger in den Gemeindevorstand bzw. Stadtsenat entsendet werden. Das VfGH-Erkenntnis stützt die Verfassungsautonomie der Länder in dieser Angelegenheit und ist daher äußerst positiv zu beurteilen.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2021 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre sowie für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Einreichungen sind bis spätestens Mittwoch, 31. März 2021 an das Institut für Föderalismus zu richten.

Weitere Informationen: https://foederalismus.at/foederalismuspreis/


Neuerscheinung: Grenzüberschreitendes Naturgefahrenmanagement und regionale Problemlösungsmöglichkeiten



Im vorliegenden Band wird das geltende Recht im Hinblick auf die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Kooperation geprüft. Darüber hinaus soll eine rechtliche Analyse klären, welche Fragen im Bereich des Naturgefahrenmanagements durch einen internationalen Vertrag geregelt werden könnten oder ob informelle Instrumente der Zusammenarbeit ausreichen würden. Weiters ist es auch von Interesse, welche Aufgaben und Zuständigkeiten in diesem Kontext welcher nationalen Governance-Ebene unterliegen. Es ist dies der erste Band der Schriftenreihe, der in deutscher und italienischer Sprache veröffentlicht wird.

Es handelt sich um Band 130 der Schriftenreihe des Instituts, der aufgrund der Corona-Pandemie etwas später als geplant erschienen ist.

Bußjäger/Fischler/Greiter (Hg), Grenzüberschreitendes Naturgefahrenmanagement und regionale Problemlösungsmöglichkeiten – Gestione transfrontaliera del rischio di catastrofi naturali e possibilità di soluzione a livello regionale

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 130

150 Seiten, Paperback

ISBN 978-3-7003-2182-8

EUR 17,50

 

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at oder www.newacademicpress.at.

Neuerscheinung: Migration und Europäische Union: Multi-Level-Governance als Lösungsansatz



Der im Jänner 2021 erschienene Band 133 der Schriftenreihe beschäftigt sich mit einem der Kernthemen der Europapolitik – Migration. Dieser Band befasst sich nach einer Einführung in die rechtlichen Rahmenbedingungen und Governancestrukturen mit den Ursachen und Begleitumständen von Migration, dem Asylwesen, der wirtschaftlichen Zuwanderung und der Integration. In der Debatte zu „Migration“ werden diese Themen häufig vermischt und auch mit dem europäischen Bürgerrecht der Personenfreizügigkeit durcheinandergebracht. Diese Bereiche haben unterschiedliche (kompetenz-)rechtliche, politische und wirtschaftliche Grundlagen und müssen deshalb jeweils für sich behandelt werden. Der vorliegende Band ist ein Beitrag zur Versachlichung der Debatte, an deren Ende Lösungen stehen müssen.

Bußjäger/Gsodam (Hg), Migration und Europäische Union: Multi-Level-Governance als Lösungsansatz

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 133

324 Seiten, Paperback

ISBN 978-3-7003-2196-5

EUR 34,00

 

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at oder www.newacademicpress.at


2020


Föderalismus-Check



Wie in der letzten Ausgabe der Föderalismus-Info angekündigt, steht unser neues Bewertungstool „Föderalismus-Check“ nun zum Einsatz bereit. Die Grundidee dahinter ist es, aktuelle und ausgewählte föderalismusrelevante Maßnahmen auf Unions-, Bundes- oder Länderebene grafisch darzustellen. Damit lässt sich auf einen Blick erkennen, wie ein Rechtsakt aus föderalistischer Perspektive zu bewerten ist. Wird im Föderalismus-Check eine „0“ vergeben, ist eine Maßnahme äußerst unerfreulich aus Sicht des Föderalismus, bei einer Bewertung mit „10“ dagegen sehr begrüßenswert. Dazwischen können verschiedene Abstufungen vorgenommen werden. Das Bewertungstool ist auf unserer Homepage ersichtlich.

Föderalismus Check 5


Ziel ist es, dieses regelmäßig in den künftigen Föderalismus-Infos sowie in der Außenkommunikation auf unseren Kanälen (Website, Föderalismus-Talk, Social Media etc.) einzusetzen.


Föderalismus-Preise 2020 – Blogeinträge online



Am 17. Oktober 2020 hätte an die diesjährigen PreisträgerInnen, Matthias Haller, Maximilian Fritsch und Melanie Plangger der Föderalismus- und Regionalforschung 2020 in feierlichem Rahmen in Salzburg übergeben werden sollen. Die Veranstaltung musste aufgrund von Corona leider abgesagt werden. Ausführliche Zusammenfassungen der preisgekrönten Arbeiten sind im Föderalismus-Blog unter www.foederalismus.at/blog abrufbar.

Neuerscheinung: Föderalismusbericht 2019



Der 44. Föderalismusbericht ist im September 2020 erschienen. Er dokumentiert die Entwicklung des österreichischen bundesstaatlichen Systems im Berichtsjahr 2019. In insgesamt acht Kapiteln werden Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung des Föderalismus in Österreich, Entwicklungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Neuerungen im Bereich des finanziellen und kooperativen Föderalismus, die aus bundesstaatlicher Sicht relevante Judikatur sowie die Tätigkeit des Instituts für Föderalismus dargestellt. Im Anhang enthalten ist eine Auswahl von föderalistisch bedeutsamen Dokumenten und Statistiken des Berichtsjahres.

„44. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2019)“

Herausgeber: Institut für Föderalismus

ISBN: 978-3-7003-2169-9

180 Seiten

EUR 24,90

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

VfGH schränkt direkte Demokratie weiter ein



Einzelne Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes als auch des Landes-Volksabstimmungsgesetzes wurden unlängst als verfassungswidrig aufgehoben und zwar jene, die festlegen, dass Volksabstimmungen mit bindender Wirkung auf Verlangen von Stimmberechtigten der Gemeinde auch ohne Zustimmung des Gemeinderates durchzuführen sind (VfGH 6.10.2020, G 166/2020 ua). Auch die Volksabstimmung selbst verstößt gegen den Grundsatz repräsentativer Demokratie und wurde aufgehoben. Aus föderalistischer Sicht handelt es sich hier um eine äußerst bedauerliche Entscheidung. Die Möglichkeiten des Landesgesetzgebers in Hinblick auf den Ausbau direktdemokratischer Elemente werden deutlich eingeschränkt. Das repräsentativ-demokratische Modell, welches auch auf Ebene der Gemeindeselbstverwaltung Anwendung findet, werden dagegen maßgeblich gestärkt und bestätigt. Im Föderalismus-Check ist dieses Erkenntnis folgendermaßen einzuordnen:

Föderalismus Check 2




Mit Spannung wurde das Erkenntnis des VfGH zur durchgeführten Volksabstimmung in Ludesch erwartet. Zur Vorgeschichte: Für die Betriebserweiterung eines bekannten Vorarlberger Unternehmens sollte eine Flächenumwidmung erfolgen. Daraufhin wurde von Stimmberechtigten in der Gemeinde die Durchführung einer Volksabstimmung beantragt, die schließlich am 10. November 2019 durchgeführt wurde. Ergebnis: 56,1 % der Ludescher Stimmberechtigten haben sich gegen eine Änderung des Flächenwidmungsplanes ausgesprochen. 15 Privatpersonen, darunter auch Eigentümer der Grünflächen, fochten die Volksabstimmung an.

Nach Einleitung eines Normprüfungsverfahrens und anschließender Einholung einer Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung steht nunmehr fest: Einzelne Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes als auch des Landes-Volksabstimmungsgesetzes werden als verfassungswidrig aufgehoben und zwar jene, die festlegen, dass Volksabstimmungen mit bindender Wirkung auf Verlangen von Stimmberechtigten der Gemeinde auch ohne Zustimmung des Gemeinderates durchzuführen sind (G 166/2020 ua vom 6.10.2020). Da exakt diese Bestimmungen die Rechtsgrundlage für die durchgeführte Volksabstimmung bildeten, war folglich auch das Verfahren zur Volksabstimmung als auch dessen Ergebnis zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

Der VfGH äußert sich dazu auszugsweise wie folgt:

Das Vorarlberger Gemeindegesetz sieht vor, dass Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde durch eine Volksabstimmung (Abstimmung der Stimmberechtigten der Gemeinde) entschieden werden können. Eine solche Volksabstimmung ist etwa dann abzuhalten, wenn eine bestimmte Mindestanzahl der Stimmberechtigten der Gemeinde dies verlangt. Nach dem Landes-Volksabstimmungsgesetz ersetzt eine derartige Entscheidung des Volkes die Entscheidung des sonst zuständigen Gemeindeorganes.

Der VfGH hat entschieden, dass ein solches Modell der Volksabstimmung dem repräsentativ-demokratischen System der Gemeindeselbstverwaltung widerspricht. 

Die Bundesverfassung hat die Gemeindeselbstverwaltung als repräsentativ-demokratisches System eingerichtet. Im Mittelpunkt dieses Systems steht der Gemeinderat, der vom Gemeindevolk gewählt wird und dem alle anderen Gemeindeorgane für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde verantwortlich sind. Zwar hat der VfGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen verbindliche Gemeindevolksabstimmungen, denen eine Willensbildung des Gemeinderates zugrunde liegt – entweder indem der Gemeinderat die Volksabstimmung selbst einleitet oder indem er ihr Ergebnis für verbindlich erklärt. Das repräsentativ-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung schließt es jedoch aus, den Gemeinderat auch gegen seinen Willen durch eine Volksabstimmung an eine bestimmte Entscheidung zu binden.

Aus föderalistischer Sicht handelt es sich hier um eine äußerst bedauerliche Entscheidung, welche sich freilich nahtlos in die schon bislang restriktive Judikatur des VfGH zu direktdemokratischen Partizipationsformen einordnet. Das wohl populärste Erkenntnis in der Vergangenheit lieferte er, als das Modell der „Vorarlberger Volksgesetzgebung“ (VfSlg 16.241/2001) wegen Verstoßes gegen das repräsentativ-demokratische Grundprinzip der Bundesverfassung aufgehoben wurde.

Art 117 Abs 8 (Anm. früher Abs 7) B-VG, welcher in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde die Landesgesetzgebung ermächtigt, die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorzusehen, wird so de facto zu einer leeren Floskel. War gerade der Ausbau direktdemokratischer Elemente auf Gemeindeebene durch die Einführung dieser Bestimmung vom Bundesverfassungsgesetzgeber im Jahr 1984 intendiert, muss man sich nach der nunmehr erfolgten Entscheidung eingestehen, dass es keine direkte Demokratie gegen den Willen des Gemeinderates mehr geben kann. Kritisch anzumerken ist zudem, dass sich der Fall der „Vorarlberger Volksgesetzgebung“ von dem nun entschiedenen graduell unterscheidet: So ist eine ohne Zutun des Gemeinderats durchgeführte Volksabstimmung rechtlich einem Beschluss des Gemeinderates gleichzusetzen. Dieser wäre daher nicht gehindert gewesen, im Nachhinein genau das Gegenteil des in der Volksabstimmung zu Tage getretenen Ergebnisses zu beschließen. Überdies kann ein weiteres Argument gegen die vom VfGH artikulierte Sichtweise ins Treffen geführt werden: Gesetzt den Fall, das Volk hätte sich tatsächlich für eine Flächenwidmungsplanänderung – und damit der Nicht-Beibehaltung des bestehenden Zustands – ausgesprochen, so wäre diese aufsichtsbehördlich zu genehmigen gewesen. Schon dadurch wären der direkten Demokratie von vornherein durch das die gesamte staatliche Verwaltung geltende Legalitätsprinzip und die Aufsicht der Gemeinden aber enge Grenzen gesetzt.

Im Ergebnis werden sich Formen der direkten Demokratie auch in Zukunft der Peripherie des demokratischen Systems zuordnen lassen müssen. Das repräsentativ-demokratische Modell, welches auch auf Ebene der Gemeindeselbstverwaltung Anwendung findet, wurde dagegen maßgeblich gestärkt und bestätigt. Die Möglichkeiten des Landesgesetzgebers in Hinblick auf den Ausbau direktdemokratischer Elemente werden deutlich eingeschränkt.

Länder scheuen sich nicht vor Konfrontation mit dem VfGH



In einem in der Zeitschrift „Addendum“ veröffentlichten Beitrag (siehe Link) wurde die verfassungsgerichtliche Judikatur seit 1945 in Bezug auf die Aufhebung von Bundes- und Landesgesetzen analysiert. Zunächst kristallisiert sich heraus, dass bestimmte Regierungskoalitionen im Vergleich zu anderen sehr viele Aufhebungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu verantworten hatten. Eine Analyse der aufgehobenen Landesgesetze zwischen 2003 und 2019 zeigt ein durchaus unterschiedliches Bild im Ländervergleich. Insgesamt wird sichtbar, dass sowohl die Landesregierungen als auch die Bundesregierung von ihrer jeweils in Art 140 Abs 1 Z 2 und 3 grundgelegten Kompetenz, Gesetze der jeweils gegenbeteiligten Gebietskörperschaft vor dem VfGH anzufechten, Gebrauch machen. Besonders Vorarlberg sticht als „Stammkunde beim VfGH“ hervor. Als „Hüter der Verfassung“ genießt der VfGH indes auch 100 Jahre nach seiner Installierung ein hohes Ansehen und zeichnet sich durch seine friedensstiftende Funktion aus.

Basierend auf Daten, die vom Institutsdirektor Peter Bußjäger und dessen Mitarbeiter David Schneebauer vom Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck erhoben wurden, ergeben sich im Hinblick auf die Analyse verfassungsgerichtlicher Judikatur zahlreiche Aufschlüsse.

Zunächst kristallisierte sich heraus, dass bestimmte Regierungskoalitionen im Vergleich zu anderen sehr viele Aufhebungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu verantworten hatten. In der Legislaturperiode der Regierungen Schüssel I und Faymann I wurden insgesamt 73 Gesetze vom VfGH kassiert, während es vor den 1970er-Jahren praktisch kaum zu Aufhebungen von Bundesgesetzen gekommen ist. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Zum einen ist die Zahl erlassener Bundesgesetze seit den 1970er Jahren deutlich gestiegen, zum anderen hat sich auch der Verfassungsgerichtshof selbst von seiner früher zurückhaltenden Spruchpraxis zu einem durchaus selbstbewussten Höchstgericht entwickelt.

Eine Analyse der aufgehobenen Landesgesetze zwischen 2003 und 2019 zeigt ein durchaus unterschiedliches Bild im Ländervergleich. Im Beobachtungszeitraum wurden insgesamt 110 landesgesetzliche Bestimmungen, vorwiegend wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, aufgehoben. Der Wiener Landesgesetzgeber hat jedoch doppelt so häufig gegen die Bundesverfassung verstoßen wie etwa Niederösterreich und die Steiermark. Bemerkenswert ist, dass Vorarlberg und Oberösterreich mit lediglich 8 Aufhebungen an der Spitze liegen, zumal vor allem der vorarlbergische Gesetzgeber für seine Experimentierfreudigkeit bekannt ist. Dieser scheut auch keineswegs die Konfrontation mit dem VfGH und eilt ihm – wie der frühere Landeshauptmann Vorarlbergs Ulrich Ilg in seinen Memoiren schreibt – der Ruf voraus „Stammkundschaft beim Verfassungsgerichtshof“ zu sein: Im Beobachtungszeitraum 1945 bis 2019 hat er gemäß Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG 18 Bundesgesetze angefochten. Wien und Salzburg folgen dahinter mit 15 bzw 10 Anfechtungen.

Insgesamt zeigt sich, dass sowohl die Landesregierungen als auch die Bundesregierung von ihrer jeweils in Art 140 Abs 1 Z 2 und 3 grundgelegten Kompetenz, Gesetze der jeweils gegenbeteiligten Gebietskörperschaft vor dem VfGH anzufechten, Gebrauch machen. Offensichtlich tritt auch zu Tage, des dem Gleichheitssatz eine sehr große Bedeutung bei der Normprüfung zukommt. Über die Qualität der Rechtsetzung sagt dies allerdings weniger aus, als über das Ansehen des VfGH: Als „Hüter der Verfassung“ genießt er auch 100 Jahre nach seiner Installierung ein hohes Ansehen und zeichnet sich durch seine friedensstiftende Funktion aus.

OGH: Bund hat Gemeinde Kosten der Waldbrandbekämpfung zu ersetzen



Im August 2013 ereigneten sich im Gemeindegebiet einer oberösterreichischen Gemeinde zwei Waldbrände, zu deren Bekämpfung mehrere Feuerwehren herangezogen wurden. Für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren machte die betroffene Gemeinde gemäß § 5 Abs 1 und 2 Oö Waldbrandbekämpfungsgesetz bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Kostenersatz geltend. Der daraus resultierende Rechtsstreit wurde vom OGH entschieden. Zusammengefasst hielt dieser fest: Da im konkreten Fall keine abweichende Kostentragungsregel bestehe, gehen Lehre und Rechtsprechung richtigerweise davon aus, dass der Bund gemäß § 2 F-VG 1948 die Kosten der Waldbrandbekämpfung zu tragen hat – und zwar sowohl für den Sach- als auch für den Personalaufwand.

Mit einer aus föderalistischer Sicht spannenden Angelegenheit hatte sich unlängst der OGH zu beschäftigen. Zur Vorgeschichte: Im August 2013 ereigneten sich im Gemeindegebiet einer oberösterreichischen Gemeinde zwei Waldbrände, zu deren Bekämpfung mehrere Feuerwehren herangezogen wurden. Für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren machte die betroffene Gemeinde gemäß § 5 Abs 1 und 2 Oö Waldbrandbekämpfungsgesetz bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Kostenersatz von EUR 133.042,94 geltend. Darin enthalten waren Kosten für den Einsatz der Feuerwehren von insgesamt EUR 120.996,33, wobei sie auf Grundlage der Tarifordnung 2010 des oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes EUR 86.300,00 an Mannschaftskostenersatz und EUR 27.730,00 an Fahrzeugkostenersatz forderte. Das zuständige Bundesministerium anerkannte aber lediglich einen Ersatzbetrag von EUR 1.701,70 für Treibstoff- und EUR 2.925,65 für Verpflegungskosten sowie im Juni 2015 einen weiteren Betrag von EUR 999,96 für ein Handfunkgerät und drei Paar Einsatzstiefel.

Daraufhin beantragte die Gemeinde die Festsetzung des verbleibenden Kostenersatzanspruches mit EUR 127.388,63. Mit Bescheid vom 15.4.2019 setzte die zuständige Bezirkshauptmannschaft die noch nicht beglichenen Waldbrandbekämpfungskosten mit EUR 114.030,00 fest.

In der Folge begehrte die Republik Österreich als Antragstellerin beim Bezirksgericht die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, diese bescheidmäßig festgesetzten Kosten der Antragsgegnerin zu ersetzen.

Das Erstgericht sah dies jedoch anders und erkannte die Antragstellerin schuldig, der Antragsgegnerin EUR 114,030,00 zu zahlen. Ausgehend von den im Verfahren unstrittig gebliebenen tatsächlichen Einsatzstunden gelangte es in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis, dass der Antragsgegnerin auf Grundlage der Ansätze der Tarifordnung der zugesprochene Betrag als durch den Feuerwehreinsatz verursachter konkreter Sachaufwand zustehe. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Wenn der Bund, in dessen Kompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG die Waldbrandbekämpfung falle, sich dazu der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde bediene, spreche nichts dagegen, ihn nach der Grundregel des § 2 F-VG 1948 gegenüber der Gemeinde zum Ersatz der durch die Brandbekämpfung verursachten Kosten gemäß § 5 Abs 1 Oö Waldbrandbekämpfungsgesetzes auf Basis der Tarifordnung 2010 des oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes zu verpflichten.

Dagegen erhob die Antragstellerin Revisionsrekurs beim OGH. Zusammengefasst hielt dieser fest: Da im konkreten Fall keine abweichende Kostentragungsregel bestehe, gehen Lehre und Rechtsprechung richtigerweise davon aus, dass der Bund gemäß § 2 F-VG 1948 die Kosten der Waldbrandbekämpfung zu tragen hat. Unter Bezugnahme auf Judikatur des VfGH (VfSlg 19.446/2011) ist unter Sachaufwand nicht nur der bei der Brandbekämpfung angefallene Materialaufwand zu verstehen, sondern auch der Personalaufwand der Feuerwehren. Die Tarifordnung des oberösterreichischen Landefeuerwehrverbandes war – obwohl diese zum damaligen Zeitpunkt nicht gesetzlich verankert war – jedenfalls geeignet, Auskunft über die Höhe der der Feuerwehr notwendigerweise erwachsenden Einsatzkosten zu geben.

Da die Antragstellerin sohin keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung brachte, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen. Im Ergebnis hat die Republik Österreich der betroffenen Gemeinde nun die aushaftenden EUR 114.030,00 zu ersetzen.

„Kompetenzüberschreitung“ seitens der EU?



Die Mitgliedstaaten der EU, sohin auch die Gesetzgebungsorgane, sind an Unionsrecht gebunden. Die RL EU 2018/958 richtet sich mit ihrer Verpflichtung zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen beschränkt wird, an die Mitgliedstaaten. In erster Linie sind die gesetzgebenden Organe, konkret National- und Bundesrat sowie die Landtage von der verpflichtenden Verhältnismäßigkeitsprüfung betroffen. in der Praxis ergeben sich Auswirkungen auf den innerparlamentarischen Prozess. Kompetenzrechtlich fraglich ist womöglich die in der RL enthaltene Verpflichtung, dass jede Vorschrift der Mitgliedstaaten, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt, von einer Erläuterung begleitet sein muss, die eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit ermöglicht.

Die Mitgliedstaaten der EU, sohin auch die Gesetzgebungsorgane, sind an Unionsrecht gebunden. Die RL EU 2018/958 richtet sich mit ihrer Verpflichtung zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen beschränkt wird, an die Mitgliedstaaten. Innerhalb desselben gilt diese Verpflichtung für den Bund und – im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – für die Länder. In erster Linie sind daher die gesetzgebenden Organe, konkret National- und Bundesrat sowie die Landtage von der verpflichtenden Verhältnismäßigkeitsprüfung betroffen. Neu ist das grundsätzlich nicht, zumal die gesetzgebenden Organe schon bisher ua die Grundfreiheiten des Binnenmarktes beachten müssen. Insofern stellt die Richtlinie lediglich eine Konkretisierung dieser Verpflichtung für einen sehr engen Bereich dar.

Und dennoch: Eine derartige Verpflichtung könnte für die parlamentarischen Körperschaften Folgen in Bezug auf den innerparlamentarischen Prozess nach sich ziehen. Die grundsätzliche Frage, die hinter dieser Problematik steckt, ist jene, ob die Union durch materiellrechtliche Vorgaben den Verfahrensablauf im parlamentarischen Prozess beeinflussen kann bzw darf. Auf den ersten Blick könnte man diese Frage verneinen, zumal die Union grundsätzlich nicht über die Kompetenz verfügt, im Rahmen materieller Regelungen den Mitgliedstaaten „ablauftechnische Vorgaben“ zu machen. Diesbezüglich gilt der primärrechtlich verankerte Grundsatz der Verfahrensautonomie. Wie sieht das nun aber in der praktischen Umsetzung aus?

Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass einer Regelung wird in der Regel nicht durch die Parlamentarier selbst, sondern von dafür zu Rate gezogenen (internen oder externen) Experten durchgeführt. Durch das Einziehen einer derartigen „Expertenschleife“ vor Beschlussfassung eines Gesetzes im Parlament wird das freie Mandat aller Abgeordneten faktisch eingeschränkt und auch der innerparlamentarische Ablauf verändert. Aus demokratischer Sicht ist diese Entwicklung kritisch zu sehen, zumal das Verhalten der Parlamentarier determiniert wird und bei einer negativen Verhältnismäßigkeitsprüfung (aus Sicht der Experten) der weitere Gesetzgebungsprozess ein jähes Ende finden könnte. Bedenken der Länder, es könnten „neue Verfahren“ im Gesetzgebungsprozess zusätzlich zum bereits bestehenden Notifikationsverfahren, welches die Pflicht der Mitgliedsstaaten normiert, die Kommission über jeden Entwurf einer technischen Vorschrift vor deren Erlass zu unterrichten, sind daher nachvollziehbar.

Dennoch ist festzuhalten, dass die in Rede stehende Richtlinie in Wahrheit aber weitestgehend nichts anderes konkretisiert, als die bereits aus dem Primärrecht resultierende Pflicht der Mitgliedstaaten, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die in Grundfreiheiten eingreifen, durch wichtige Gründe zu rechtfertigen.

Vor dem beschriebenen Hintergrund erscheint sie aber in einem Punkt tatsächlich kompetenzrechtlich fraglich: Art 4 Abs 3 der Richtlinie normiert, dass jede Vorschrift der Mitgliedstaaten, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt, von einer Erläuterung begleitet sein muss, die eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit ermöglicht. Die Bereitstellung einer Erläuterung im Verfahren der Verhältnismäßigkeitsprüfung könnte tatsächlich in unzulässiger Weise in den innerparlamentarischen Ablauf von Gesetzgebungsorganen der Mitgliedstaaten einzugreifen.

Tagung zur Digitalisierung



Die wissenschaftliche Tagung „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Erlassung und Zuordnung behördlicher Entscheidungen“ fand am 11. September 2020 online statt. Die Tagung wurde vom Institut für Föderalismus in Kooperation mit der Universität Basel und der Universität Innsbruck organisiert. Sie befasste sich mit Fragestellungen rund um die Automatisierung im Verwaltungsverfahren in den Ländern Österreich, Deutschland und der Schweiz. Offensichtlich wurde, dass in den jeweiligen Ländern schon in der Vergangenheit zahlreiche Digitalisierungs- und Automatisierungsschritte in bestimmten Verwaltungsbereichen gesetzt wurden (zB in Österreich: FinanzOnline). Potentiale ergeben sich aber durchaus in anderen Verwaltungsmaterien, etwa in einzelnen gewerberechtlichen oder Asylverfahren. Die Erkenntnisse der Online-Tagung werden demnächst in einem Tagungsband der Öffentlichkeit präsentiert.

In vier Panels referierten renommierte Expertinnen und Experten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz über Automatisierungspotentiale in den Verwaltungsverfahren dieser Länder. Dabei wurden einerseits wertvolle Erkenntnisse dahingehend gewonnen, welche Bereiche sich für eine Voll- und Teilautomatisierung der Verwaltung eignen, andererseits wurden auch Probleme und Grenzen in Zusammenhang mit der Automatisierung von Abläufen in der Verwaltung aufgezeigt.

Die Erkenntnisse der Online-Tagung sollen in einem zeitnah erscheinendem Tagungsband der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Winter School on Federalism and Governance



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr gemeinsam mit der Universität Innsbruck die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism and Local Self-Government“ mit Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2021 findet vom 1. bis 12. Februar aufgrund der Corona-Lage zum ersten Mal als Online-Veranstaltung statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung sind unter diesem Link abrufbar.

Demokratie-Offensive in Oberösterreich



Im Verfassungsjubiläumsjahr 2020 hat der Oberösterreichische Landtag auf Initiative seines Präsidenten Wolfgang Stanek gemeinsam mit der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS) eine Demokratie-Offensive gestartet. Ziel der Initiative ist es, partizipativ konkrete Vorschläge zur Stärkung der Demokratie zu entwickeln. Alle interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürger, Institutionen und Medien sind herzlich eingeladen, sich am Demokratieforum zu beteiligen. Nähere Infos zur Initiative sind unter dem diesem Link ersichtlich.

Absage: „Österreichische Archivrechtsgespräche 2020“



Die vom Institut für Föderalismus in Kooperation mit dem Oberösterreichischen Landesarchiv und dem Vorarlberger Landesarchiv organisierte Tagung – ursprünglich geplant am 27. November 2020 – musste aufgrund der Corona-Situation neuerlich abgesagt werden. Die Veranstaltung wird voraussichtlich im Frühjahr/Frühsommer 2021 nachgeholt werden.

Veranstaltungsaviso: „Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in Geschichte und Gegenwart“



Die ursprünglich am 22. bis 23. Oktober 2020 im Palais Trautson im Justizministerium in Wien geplante Tagung findet nun coronabedingt erst am 27. bis 28. Mai 2021 statt. Im Fokus der Veranstaltung steht die Entwicklung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern vor und nach der Begründung des österreichischen Bundesstaats. Das Programm setzt mehrere Schwerpunkte und gliedert sich in insgesamt sechs Panels. Das Programm wird im Frühjahr 2021 aktualisiert. Nähere Informationen über die Veranstaltung folgen.

Österreichischer Föderalismus besteht den „Corona-Test“



Der österreichische kooperative Föderalismus unterliegt gerade einem „Corona-Test“ der besonderen Art. Das trifft besonders auf den Bereich „Gesundheitswesen“ zu. Hier liegt die grundsätzliche Zuständigkeit für Gesetzgebung und Vollziehung beim Bund, die Länder wirken bei der Vollziehung dieser Gesetze (zB COVID-19-Maßnahmengesetz) im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung mit. Dieses österreichische Charakteristikum bedeutet, dass die Landesbehörden funktionell als Bundesbehörden tätig werden. In der Praxis umfasst dies häufig Verordnungen zum Zwecke der Untersagung des „Betretens von bestimmten Orten“. Eine Analyse im Cambridge Core blog bescheinigt Österreich ein gutes Zeugnis bei der Bewältigung der Corona-Krise. Mitverantwortlich dafür ist das gute Funktionieren des kooperativen Föderalismus.

In einer von Thomas Czypionka veröffentlichten Analyse im Cambridge Core blog am 12. April 2020 (Link) stellt der Autor Österreich ein bisher gutes Zeugnis bei der Bewältigung der Corona-Krise aus. Anlässlich dieser Analyse ging Institutsdirektor Peter Bußjäger der Frage nach, ob der österreichische Föderalismus bei der Bewältigung einer derartigen Krise tatsächlich „stark“ ist.

Ein Blick in die Bundesverfassung genügt dabei, um zu erkennen, dass die Aufgaben im Bereich des Gesundheitswesens zwischen Bund und Ländern geteilt sind. So sieht Art 12 Abs 1 Z 12 B-VG zwar grundsätzlich vor, dass der Bund für das „Gesundheitswesen“ in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig ist, explizit jedoch „mit Ausnahme des Leichen- und Bestattungswesens sowie des Gemeindesanitätsdienstes und Rettungswesens, hinsichtlich der Heil- und Pflegeanstalten, des Kurortewesens und der natürlichen Heilvorkommen jedoch nur die sanitäre Aufsicht“. Im gegebenen Zusammenhang obliegt es daher dem Bund, Gesetze im Bereich des Gesundheitswesens zu erlassen und auch zu vollziehen; dies gilt jedoch nur zum Teil für die Organisation von Spitälern (Grundsatzgesetzgebung des Bundes, Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung durch die Länder) oder des Gemeindesanitätsdienstes. Die Kompetenz des Bundes umfasst daher auch die Abwehr und den Umgang mit Epidemien und Pandemien.

Die Länder wirken bei der Vollziehung dieser Gesetze (zB COVID-19-Maßnahmengesetz) im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung – ein Charakteristikum des österreichischen Bundesstaates – mit. Das bedeutet, dass Aufgaben, die gemäß Art 10 B-VG dem Bund zur Vollziehung übertragen sind, von Organen bzw. Behörden der Länder besorgt werden. Funktionell werden die Landesbehörden in diesem Zusammenhang als Bundesbehörden tätig. Als Drehscheibe der mittelbaren Bundesverwaltung agiert der Landeshauptmann, welcher an die Weisungen der Bundesregierung bzw. des zuständigen Bundesministers gebunden und für die Durchführung im Landesbereich verantwortlich ist (Art 103 Abs 1 B-VG).

Die mittelbare Bundesverwaltung, bereits vom VfGH als „wesentliches Element der bundesstaatlichen Ordnung“ bezeichnet (vgl. VfSlg 11.403/1987), erfordert und fördert daher geradezu die Kooperations- und Koordinationsbereitschaft zwischen Bund und Ländern. Die Gebietskörperschaften sind folglich aufeinander angewiesen. Dazu kommt, dass eine wirkungsvolle Pandemiebekämpfung auch wesentlich von den Kapazitäten in den Ländern und Gemeinden (von der Personalausstattung in den Bezirksverwaltungsbehörden bis hin zur Anzahl der Krankenhausbetten etc.) abhängig ist und letztlich auch vom Engagement in diesen Einrichtungen.

Weil das erstmals im Jahr 1913 erlassene Epidemiegesetz für die aktuellen Herausforderungen ungeeignet war, wurde mit dem eilig beschlossenen „COVID-19-Maßnahmengesetz“, BGBl I 12/2020 idF 23/2020, welches am 16. März 2020 in Kraft getreten ist, versucht, der Krise Herr zu werden. Basierend darauf können nun sowohl der Bundesminister für Gesundheit als auch die Landeshauptmänner und die Bezirksverwaltungsbehörden in ihren jeweiligen Wirkungsbereichen Verordnungen zum Zwecke der Untersagung des „Betretens von bestimmten Orten“ erlassen. Von dieser Kompetenz wurde zahlreich Gebrauch gemacht, um den zwischenzeitlichen „Lockdown“ realisieren zu können. Mittlerweile wurden einige dieser Verordnungen vom VfGH teilweise wegen Gesetzeswidrigkeit aufgehoben (Link).

Insgesamt scheint die Zusammenarbeit auf allen territorialen Ebenen bisher allerdings gut zu funktionieren und das System des kooperativen Föderalismus in Österreich den „Corona-Test“ zu bestehen. Dafür verantwortlich sind zu einem großen Teil Länder und Gemeinden, welche die Aufgaben in ihrem Wirkungsbereich bisher ausgesprochen gewissenhaft erfüllen.

Neubesetzung Institutsassistent



Seit 3. August 2020 ist MMag. Dr. Mathias Eller neuer Institutsassistent. Damit folgt er Dr. Christoph Schramek nach, der in die Tiroler Landesverwaltung wechselt. MMag. Dr. Eller war vor seiner Tätigkeit am Institut für Föderalismus studentischer Mitarbeiter, Projektmitarbeiter sowie anschließend Universitätsassistent im Team von Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper, jeweils am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck. Seine Dissertation über den Mehr-Ebenen-Föderalismus wurde im Jahr 2019 mit dem Föderalismuspreis der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten sowie dem Franz-Gschnitzer-Preis ausgezeichnet.

Das Institut für Föderalismus möchte dem scheidenden Institutsassistenten Dr. Christoph Schramek für die ausgesprochen gute Zusammenarbeit in den vergangenen vier Jahren herzlichen Dank aussprechen. Zahlreiche Publikationen, viele gemeinsam mit dem Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger, stellen die gute Kooperation eindrucksvoll unter Beweis (Auswahl):

Bußjäger/Schramek, Föderalismus durch Behördendezentralisierung?, in: Vorstand des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg), Jahrbuch des Föderalismus 2017 (2017) 172-183

Bußjäger/Schramek, Verfassungsfragen der Abschaffung des Pflegeregresses, Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht 6/2018, 319-325

Bußjäger/Schramek, Die Zusammensetzung der Verwaltungskörper der neuen „Österreichischen Gesundheitskasse“ unter verfassungsrechtlichen Aspekten, in: Berka/Th. Müller/ Schörghofer (Hrsg), Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich (2019) 29-37

Bußjäger/Schramek, Föderalismus und Verfassung, in: Hermann/Ingruber/Perlot/ Praprotnik/Hainzl (Hrsg), regional. national. föderal. Zur Beziehung politischer Ebenen in Österreich (2020) 29-43

Bußjäger/Schramek, Der österreichische Verfassungsgerichtshof: Klammer einer „höheren Einheit“?, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg), Jahrbuch des Föderalismus 2020 (2020) 77-89 (im Druck)

Für seine weitere berufliche Laufbahn in der Tiroler Landesverwaltung wünscht das Institut für Föderalismus Dr. Schramek alles Gute!

And the winner is … Preise für Föderalismus- und Regionalforschung 2020



Der heurige Hauptpreis geht an Matthias Haller für seine Dissertation „Südtirols Minderheitenschutzsystem. Grundlagen, Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht“. Den Anerkennungspreis erhält Maximilian Fritsch für seine Dissertation „Europa der Regionen – Überlegungen zu einem unionsrechtlichen Begriff der Regionen mit Gesetzgebungskompetenzen anhand eines Rechtsvergleichs“. Ebenso mit dem Anerkennungspreis ausgezeichnet wird Melanie Plangger für ihre Dissertation mit dem Titel „Moving Mountains to Brussels; how regions act within, shape and benefit from the EU macro-regional strategy für the Alpine region (EUSALP)“.

Auch dieses Jahr konnte man unter einer Reihe sehr qualifizierter Arbeiten der Bewerberinnen und Bewerber die Preisträger für den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2020 ermitteln.

Der Hauptpreis ergeht an Matthias Haller für seine Dissertation „Südtirols Minderheitenschutzsystem. Grundlagen, Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht“. Seine umfassende Arbeit befasst sich eingehend mit den völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des Minderheitenschutzsystems in Südtirol als auch dessen Entwicklungen und aktuellen Herausforderungen.

Maximilian Fritsch ist nun frischgebackener Träger des Anerkennungspreises für seine Dissertation „Europa der Regionen – Überlegungen zu einem unionsrechtlichen Begriff der Regionen mit Gesetzgebungskompetenzen anhand eines Rechtsvergleichs“. Ziel dieser Studie ist es, zu untersuchen, wie ein unionsrechtlicher Begriff von Regionen und deren Gesetzgebungsbefugnissen aussehen könnte.

Ebenso mit dem Anerkennungspreis ausgezeichnet wird Melanie Plangger für ihre Dissertation mit dem Titel „Moving Mountains to Brussels; how regions act within, shape and benefit from the EU macro-regional strategy für the Alpine region (EUSALP)“. Die Dissertation untersucht am Beispiel der EUAlpenraumstrategie, einem grenzüberschreitenden Verbund von sieben Staaten und 48 Regionen, wie die Regionen auf die Einführung der europäischen Regionalpolitik und der Übertragung von Kompetenzen von den Nationalstaaten auf die EU reagieren.

Ausführliche Zusammenfassungen der preisgekrönten Arbeiten werden zeitnah auf dem Föderalismus-Blog unter www.foederalismus.at/blog abrufbar sein.

Wie Föderalismus NICHT funktioniert: Ärztegesetz-Novelle 2020



Das ÄrzteG 1998 normiert, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Eintragung in die und die Streichung aus der Ärzteliste unter Bindung an Weisungen des zuständigen Bundesministers vollzieht. Dies wäre jedoch nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art. 102 Abs 4 B-VG zulässig. Da diese nicht erteilt wurde, sieht der VfGH in dieser Konstruktion einen Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung und hat sich für die Aufhebung der betreffenden Gesetzespassagen ausgesprochen. Doch die im Juni 2020 beschlossene Gesetzesänderung ist wieder OHNE Zustimmung der Länder erfolgt. Daher ist auch das novellierte Bundesgesetz offensichtlich verfassungswidrig und kann nur mit einem neuerlichen Beschluss im Nationalrat und der Zustimmung der Länder VOR der Kundmachung saniert werden. Ein „Sanierungsfall“, der wohl leicht zu verhindern gewesen wäre.

Die mit BGBl I 86/2020 in Kraft getretene Novelle des Ärztegesetzes (Ärztegesetz-Novelle 2020) diente vor allem der Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 13. März 2019. Dieser hat in seinem Erkenntnis G 242/2018-16 die Aufhebung des § 27 Abs 10, des § 59 Abs 3 Z 2 sowie von Wort- und Zeichenfolgen in § 59 Abs 3 Z 1, § 117c Abs 1 Z 6 und § 125 Abs 4 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), ausgesprochen. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft, weshalb rechtzeitig die erforderlichen Regelungen im ÄrzteG 1998 zu treffen waren.

Da das ÄrzteG 1998 normiert, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Eintragung in die und die Streichung aus der Ärzteliste - als eine Angelegenheit des Gesundheitswesens - nur unter Bindung an Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vollzieht (§ 195 f leg.cit.), umgeht es den in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentralen Landeshauptmann. Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG zulässig. Da diese Zustimmung nicht erteilt wurde, erweist sich diese vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion als ein Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art. 102 B-VG.

Die Bundesverfassung sieht in Art 102 Abs1 B-VG vor, dass in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter den Landeshauptmann betraut werden können. Allerdings dürfen Bundesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, eben nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden.

Nach Art 102 Abs 4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art 102 Abs 2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art 102 Abs 4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab.

Der am 18. Juni 2020 eingebrachte Initiativantrag auf Änderung des ÄrzteG 1998 sah nunmehr in seiner Begründung explizit vor, dass als Besonderheit im Normerzeugungsverfahren die Zustimmung aller Länder gemäß Art 102 Abs 1 und 4 B-VG einzuholen wäre. Indes wurde die Ärztegesetz-Novelle 2020 vor ihrer Kundmachung wiederum ohne Zustimmung der Länder erlassen. Das in Kraft getretene Bundesgesetz ist damit erneut offensichtlich verfassungswidrig. Der Bund hat – dies bereits in Kenntnis des vom VfGH ergangenen Erkenntnisses – die Länder in verfassungswidriger Weise umgangen. Eine Sanierung dieses Bundesgesetzes wäre daher lediglich durch neuerlichen Beschluss im Nationalrat und Zustimmung aller Länder vor der Kundmachung möglich.

Auf unserem brandaktuellen Föderalismus-Barometer ist die Vorgangsweise des Bundes daher folgendermaßen zu bewerten:

Föderalismus Check 0

In der nächsten Ausgabe der Föderalismus-Info wird der „Föderalismus-Check“ ausführlich erklärt und vorgestellt werden.

Neuerscheinung: „Herausforderungen der Bezirksverwaltung“



Die Bezirksverwaltung muss sich stets neuen Herausforderungen stellen. Mit einigen aktuellen Fragen befasste sich die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Vereinigung österreichischer Bezirkshauptleute organisierte Tagung, die am 25. Oktober 2019 in St. Pölten durchgeführt wurde. Der vorliegende Band vereinigt die Schriftfassungen der im Rahmen dieser Tagung gehaltenen Vorträge.

Es handelt sich um Band 131 der Schriftenreihe des Instituts, der vor kurzem erschienen ist.

Peter Bußjäger, Josef Kronister, Christoph Schramek (Hg)

Herausforderungen der Bezirksverwaltung

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 131

140 Seiten, Paperback

ISBN 978-3-7003-2183-5

EUR 19,90

 

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at oder www.newacademicpress.at.

 



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Buchempfehlung: „regional. national. föderal. Zur Beziehung politischer Ebenen in Österreich“



Der von Andrea Tony Hermann, Daniela Ingruber, Flooh Perlot, Katrin Praprotnik und Christina Hainzl herausgegebene und im Facultas-Verlag erschienene Sammelband enthält mehrere Beiträge zu den rechtlichen und politischen Beziehungen der territorialen Ebenen in Österreich. Während der erste Teil eine fundierte Auseinandersetzung mit der Metaebene des österreichischen Föderalismus bietet, widmet sich der zweite Teil den affektiven Komponenten des Föderalismus. Der dritte Teil des Sammelbandes befasst sich mit dem Föderalismus im Blick der Bevölkerung und Parteien, im vierten Teil wird die Perspektive über den österreichischen „Tellerrand“ hinaus und der Fokus auf die EU-Ebene und ausgewählte Nachbarstaaten gerichtet. Hermann/Ingruber/Perlot/Praprotnik/Hainzl (Hg), regional. national. föderal. Zur Beziehung politischer Ebenen in Österreich (2020) ISBN: 978-3-7089-1895-2, 287 Seiten

Organisatorische Änderung zur Veranstaltung: „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Erlassung und Zuordnung behördlicher Entscheidungen“ (11. Septe



Die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Universität Basel sowie dem Forschungszentrum Föderalismus der Universität Innsbruck organisierte Tagung am Freitag, den 11. September 2020 findet aufgrund der aktuellen Gegebenheiten als Online-Konferenz über das Meeting-Tool „Zoom“ statt. Nähere Informationen zur Anmeldung und Programmablauf sind unter diesem Link ersichtlich.

Veranstaltungshinweis: „Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in Geschichte und Gegenwart“ (22.-23. Oktober 2020)



Die Tagung findet am 22.-23. Oktober 2020 im Palais Trautson im Justizministerium in Wien statt. Im Fokus der Veranstaltung steht die Entwicklung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern vor und nach der Begründung des österreichischen Bundesstaats. Das Programm setzt mehrere Schwerpunkte und gliedert sich in insgesamt sechs Panels. Das detaillierte Programm ist unter diesem Link abrufbar.

Veranstaltungsaviso: „Österreichische Archivrechtsgespräche 2020“



Die vom Institut für Föderalismus in Kooperation mit dem Oberösterreichischen Landesarchiv und dem Vorarlberger Landesarchiv organisierte Tagung ist am Freitag, den 27. November 2020 an der Universität Innsbruck geplant und soll dem juristischen Diskurs dienen. Zielgruppen sind Juristinnen und Juristen, die sich mit Archivrecht oder damit verknüpften Rechtsmaterien befassen oder sich für diesen Themenbereich interessieren sowie Archivarinnen und Archivare, die sich mit archivrechtlichen Fragen grundsätzlich beschäftigen. Weitere Informationen zur Anmeldung sowie ein detailliertes Programm werden demnächst auf der Homepage des Instituts veröffentlicht.

Föderalismus in Zeiten der Coronakrise



Aus Anlass der aktuellen Situation betreffend die Verbreitung von COVID-19 wurden im Föderalismus-Blog (www.foederalismus.at/blog) einige Beiträge veröffentlicht, die sich aus unterschiedlichen – insbesondere föderalen – Blickwinkeln mit dem Thema auseinandersetzen. Neben mehreren Blogs in Bezug auf die österreichischen (rechtlichen) Entwicklungen werden auch Zentralisierungstendenzen in Italien sowie der Föderalismus in der Schweiz untersucht.

In ihrer Stellungnahme analysieren Institutsdirektor Peter Bußjäger und Anna Gamper von der Universität Innsbruck die Verfassungskonformität einer verpflichtenden Tracking-App. Während eine „auf vollständiger Freiwilligkeit aller Betroffenen beruhende Weitergabe von Informationen […] zumindest kein verfassungsrechtliches Problem dar[stellt]“, berührt eine verpflichtende Tracking-App zahlreiche Grundrechte. So bildet insbesondere die Pflicht zur Bekanntgabe einer Infizierung „sowohl einen Eingriff in den Datenschutz als auch das Recht auf Privatleben“. „Die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen ist trotz des zweifellos wichtigen öffentlichen Interesses am Gesundheitsschutz zu bezweifeln“. (Link)

Karl Kössler befasst sich in seinem Blog „Zentralisierung Italiens auf Zeit oder autonome Regionen als Opfer von Covid-19?“ mit Italiens Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 und der Koordinierung der Regierungsebenen. Insgesamt offenbarten, so der Autor, „die bisherigen Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 eine krisenbedingte Zentralisierung, welche die bereits zuvor bestehende Tendenz zur Zentralisierung verstärkte.“ Die entscheidende Frage werde sein, „ob sich die aktuelle Zentralisierung der Politik ebenso wie ihre Technokratisierung auf den Ausnahmezustand der Pandemie beschränkt bleiben wird.“ (Link)

„Die gegenwärtige Situation, in der der Bund das Heft in die Hand nimmt, hebt den Föderalismus nicht auf, sondern versetzt ihn vielmehr in den von Verfassung und Gesetz vorgesehenen Krisenmodus“, stellen Eva Maria Belser, Andreas Stöckli und Bernhard Waldmann in ihrem Blog „Der schweizerische Föderalismus funktioniert auch im Krisenmodus“ fest. Der Bund habe „angesichts der gegenwärtigen Krise nicht nur Massnahmen erlassen, die sich auf das Epidemiengesetz stützen, sondern auch sein allgemeines Notverordnungsrecht genutzt.“ Unmittelbar gestützt auf die Verfassung habe er umfassende Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen beschlossen. Allerdings: Wer aufgrund weitergehender kantonaler Maßnahmen wirtschaftliche Einbußen erleidet, müsse seine Wünsche nach Unterstützung an den Kanton richten. „So strapaziert der Alleingang einzelner Kantone die eidgenössische Solidarität nicht. Im Gegenteil, gelingt es einem Kanton mit Hilfe rechtsstaatlicher, insbesondere verhältnismässiger Massnahmen, die Ausbreitung der Epidemie auf dem eigenen Gebiet noch wirksamer zu bekämpfen als der Bund, so kommt dies allen Kantonen, dem Bund und der gesamten Bevölkerung zu gute.“ (Link)

Seit Ausbruch der Corona-Krise in Österreich hat der Nationalrat insgesamt fünf Gesetzespakete verabschiedet. Institutsdirektor Peter Bußjäger unterzieht in seinem Blog vom 17. April 2020 ausgewählte Aspekte dieser Gesetzespakete einer eingehenden Bewertung, unter anderem auch die Frage, ob etwa Betriebe im Paznauntal Anspruch auf Entschädigung nach dem Epidemiegesetz haben. Dies verneint der Autor vor dem Hintergrund der auf dem COVID-19-Maßnahmengesetz gestützten Beschränkungen, die dazu geführt hätten, dass kein Verdienst mehr erzielt worden wäre, der Gegenstand einer Entschädigung sein könnte. (Link)

 

In seinem englischsprachigen Blog „COVID-19 crisis challenging Austria’s cooperative federalism“ (vom 28. April 2020) kommt Institutsdirektor Peter Bußjäger zum Ergebnis, dass sich der österreichische kooperative Föderalismus in der Krise durchaus bewährt hat. Insbesondere ist das System der mittelbaren Bundesverwaltung ein charakteristisches Element des österreichischen kooperativen Föderalismus, was anhand der Coronakrise besonders deutlich wurde. (Link)

 

VfGH: Prüfungsbeschluss betreffend Volksabstimmung in Ludesch



Die Volksabstimmung gegen eine Betriebserweiterung in der Gemeinde Ludesch hat nun ein juristisches Nachspiel: Der Verfassungsgerichtshof hat einen Prüfungsbeschluss gefasst. Für den VfGH liegt das Problem in erster Linie darin, dass die Stimmberechtigten einen verbindlichen Beschluss gefasst haben, der vom eigentlich zuständigen Organ, der Gemeindevertretung, nicht mehr umgestoßen werden könnte. Direkte Demokratie auf Gemeindeebene wird zwar weiterhin möglich sein, unter Umständen muss jedoch der Landesgesetzgeber Gesetzesänderungen vornehmen.

n seiner März-Session hat sich der VfGH mit einer Anfechtung der am 10. November 2019 durchgeführten Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch (Vorarlberg) auseinandergesetzt. Gegenstand der Abstimmung war eine geplante Betriebserweiterung des Fruchtsaftherstellers Rauch. Die Fragestellung zielte darauf ab, ob die von der Erweiterung betroffenen Grundstücke Freihalteflächen-Landwirtschaft bleiben sollen. Im Ergebnis führte die Bejahung dieser Frage durch über 56% der Abstimmenden zur Ablehnung des Projekts.

Der VfGH hat nun einen Prüfungsbeschluss gefasst, in welchem er die landes(verfassungs)gesetzlichen Grundlagen dieser Volksabstimmung auf Gemeindeebene (Vorarlberger Landesverfassung, Gemeindegesetz sowie Landes-Volksabstimmungsgesetz) auf die Verfassungskonformität hin prüft. Vor dem Hintergrund, dass die Volksabstimmung von den Stimmberechtigten selbst initiiert wurde und damit in Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung unmittelbar durch das Gemeindevolk eine verbindliche Entscheidung getroffen werden kann, ohne dass die Gemeindevertretung bzw. das an sich zuständige Gemeindeorgan daran inhaltlich mitwirkt, sind beim VfGH Bedenken dahingehend entstanden, dass ein Verstoß gegen das auch für die Gemeinde geltende repräsentativ-demokratische System der Bundesverfassung vorliegen könnte. Erst nach Abschluss dieses Gesetzesprüfungsverfahrens trifft der VfGH eine Entscheidung über die Anfechtung selbst, in der unter anderem eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens aufgrund einer verwirrenden Fragestellung geltend gemacht wurde.

Würde das Gesetzesprüfungsverfahren zu einer Aufhebung der einschlägigen Vorarlberger Bestimmungen führen, hätte dies wohl weitreichende Konsequenzen:

Ein ähnliches System, allerdings auf Landesebene, nämlich jenes der sogenannten „Vorarlberger Volksgesetzgebung“, hatte der VfGH bereits im Jahr 2001 aufgehoben (VfSlg 16.241/2001). Dabei wurde eine von der Mehrheit der Stimmberechtigten gestützte Gesetzesinitiative mittels anschließender Volksabstimmung gegen den Willen des Landtages „zum Gesetz“. Ob derartige Konstruktionen einer „Volksgesetzgebung“ auch auf Gemeindeebene – wobei auf Gemeindeebene nicht im technischen Sinne von einem Gesetz als Rechtssatzform gesprochen werden kann – verfassungskonform sind, wurde bisher in der Literatur bezweifelt (siehe die Literaturhinweise am Ende dieses Beitrags, insbesondere Gamper). Ähnliche Konzepte für die Gemeindeebene gibt es derzeit in verschiedenen landesrechtlichen Bestimmungen:

  • §§ 124 ff Steiermärkisches Volksrechtegesetz („Initiative mit nachfolgender Volksabstimmung“);
  • § 45 Abs 2 Innsbrucker Stadtrecht („Abstimmung über die Bürgerinitiative“);
  • § 21 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz (Vbg GG; Volksabstimmung, wenn die Gemeindevertretung es ablehnt, einem qualifiziert unterstütztem Volksbegehren Rechnung zu tragen; vgl auch § 66 Abs. 1 lit. d Vbg GG).
  • (Jedenfalls verfassungskonform ausgestaltet ist in Salzburg die sogenannte Bürgerabstimmung, die auf ein qualifiziert unterstütztes Bürgerbegehren folgt [§ 12 Abs 2 Z 4 Sbg Gemeindeordnung 2019], da die Letztentscheidung bei der Gemeindevertretung bleibt; vgl auch Bürgerbefragung, Bürgerbegehren in §§ 53d ff Salzburger Stadtrecht 1966).

 

Würde der VfGH seinem Prüfungsbeschluss betreffend die Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch letztendlich folgen, wären die angeführten Bestimmungen jedenfalls auch bundesverfassungswidrig. Die Volksabstimmung im Vorarlberger Ausgangsfall gemäß § 22 Abs 1 Vbg GG unterscheidet sich allerdings dadurch, dass ihr keine Initiative vorangeht, sondern vielmehr in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde von einer bestimmten Zahl an Stimmberechtigten verlangt werden kann. Die durch die Abstimmung getroffene Entscheidung tritt an die Stelle der Entscheidung des sonst zuständigen Gemeindeorgans (§ 69 Abs 3 Vbg Landes-Volksabstimmungsgesetz).

Insofern ist sie auch vom sogenannten Vetoreferendum abzugrenzen, wie in § 54 Abs. 2 Z. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung, dem ein Beschluss des Gemeinderats vorangeht, über dessen Wirksamkeit dann abgestimmt wird. Derartige Vetoreferenden sind nicht nur auf Gemeindeebene vorgesehen, sondern auch auf Landesebene (so etwa Art 39 TLO 1989). Allerdings dürfte hier die Tatsache, dass zuvor ein Beschluss des Vertretungskörpers ergeht, der somit nicht gänzlich ausgeschaltet wird, jedenfalls für die Verfassungskonformität sprechen.

Insgesamt sind die Bedenken des VfGH im hier geschilderten Ausgangsfall insoweit bemerkenswert, als die Bundesverfassung in Art 117 Abs 8 die direkte Demokratie auf Gemeindeebene ausdrücklich erlaubt. Sinngemäß erwidert der VfGH jedoch: „Ja, direkte Demokratie ist schon erlaubt, aber vermutlich nicht in dieser Form.“ Wie auch immer das Erkenntnis des VfGH ausfallen wird, direkte Demokratie auf Gemeindeebene wird grundsätzlich auch weiterhin zulässig sein. Möglicherweise werden sich jedoch mehrere Landesgesetzgeber etwas einfallen lassen müssen.

 

Link zum Prüfungsbeschluss des VfGH

 

Literaturhinweise (Auswahl; vgl. auch S. 24 f im Prüfungsbeschluss):

Bußjäger/Sonntag, Zur Bundesverfassungskonformität des Vetoreferendums, in: Öhlinger (Hrsg.), Direkte Demokratie und Parlamentarismus: Wie kommen wir zu den besten Entscheidungen? (2015) 349 ff.

Gamper, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011/2, 66

Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in: Bußjäger/Gamper (Hrsg.), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion, 2015, 23 ff.

Giese, Direktdemokratische Willensbildung in der Gemeindeselbstverwaltung – Stand, Rechtsfragen, Perspektiven, in: FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle (2012) 109 ff.

Neuerscheinung: „1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen“



Die im Jahr 1919 durchgeführten Länderkonferenzen bildeten eine wichtige Grundlage für die Konsolidierung der Staatsgewalt in der Ersten Republik und die Ausarbeitung der Bundesverfassung. Insbesondere einigte sich die Provisorische Staatsregierung mit den Ländern im Rahmen der Länderkonferenzen über die Ausgestaltung der Republik als Bundesstaat. Gleichzeitig schufen einzelne Länder (Oberösterreich, Vorarlberg) mit der Inkraftsetzung eigener Landesverfassungen vollendete Tatsachen, bevor das B-VG von 1920 den Bundesstaat erst formell konstituierte.

Ziel des im April erschienen Bandes (Nr 129 der Schriftenreihe), der von Peter Bußjäger und Martin P. Schennach herausgegeben wurde, ist es, die zeithistorischen Vorgänge zu beleuchten sowie die Rolle der Länder in der Staatsgründung und ihr Verhältnis zur Zentralgewalt zu analysieren. Zudem soll neben dem 100-jährigen Jubiläum der österreichischen Bundesverfassung auch das Landesverfassungsrecht gewürdigt werden.

Peter Bußjäger, Martin P. Schennach (Hg.)

1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 129

100 Seiten, Paperback

ISBN 978-3-7003-2181-1

EUR 15,00

 

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at oder www.newacademicpress.at.

Neuerscheinung: „Die Stellung der österreichischen Bundesländer in der unionalen Rechtsetzung. Systeme“



Die im Mai veröffentlichte rechtswissenschaftliche Publikation von Andreas Lopatka widmet sich der Beteiligung der österreichischen Bundesländer in der unionalen Rechtsetzung. Ausgehend von der relativen Landesblindheit der Union und dem (rein) politischen Konzept eines Europas der Regionen werden darin sowohl die unionsrechtlichen Systeme der Länderbeteiligung als auch die zweigliedrige österreichische Länderbeteiligung nach den bundes- und landesverfassungsrechtlichen Vorgaben skizziert.

Es handelt sich um Band 132 der Schriftenreihe des Instituts, der aufgrund redaktioneller Umstände etwas früher erschienen ist. Die Bände 130 („Grenzüberschreitendes Naturgefahrenmanagement und regionale Problemlösungsmöglichkeiten“) und 131 („Herausforderungen der Bezirksverwaltung“) werden ebenfalls noch im Laufe dieses Jahres veröffentlicht.

 

Andreas Lopatka

Die Stellung der österreichischen Bundesländer in der unionalen Rechtsetzung. Systeme

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 132

360 Seiten, Paperback

ISBN 978-3-7003-2132-3

EUR 36,00

 

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at oder www.newacademicpress.at.

 

Veranstaltungsaviso: „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Erlassung und Zuordnung behördlicher Entscheidungen“ (11. September 2020)



Die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Universität Basel sowie dem Forschungszentrum Föderalismus der Universität Innsbruck organisierte Tagung ist am Freitag, den 11. September 2020 an der Universität Innsbruck geplant und widmet sich dem Thema Digitalisierung in der Verwaltung aus rechtsvergleichender Sicht. Dabei behandeln Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis automatisierte Verwaltungsverfahren in Österreich, Deutschland und der Schweiz auf Bundes- und Landes- bzw. kantonaler Ebene. Weitere Informationen sowie ein detailliertes Programm werden demnächst auf der Homepage des Instituts veröffentlicht.

EURAC-Programm „Federal Scholar in Residence“



Das Eurac Research Institut für Vergleichende Föderalismusforschung nimmt Bewerbungen für das Forschungsstipendium Federal Scholar in Residence 2021 entgegen. Das Programm richtet sich an Professoren, Forscher, postgraduale Studierende und Praktiker mit beruflichen oder universitären Erfahrungen im Bereich der vergleichenden Föderalismus- und Regionalismusforschung.

Interessierte können ihre Arbeit bis zum 1. Juli 2020 in deutscher, italienischer, englischer, spanischer oder französischer Sprache einreichen (federalscholar@eurac.edu). Mittels eines doppelten Blindgutachtenverfahren wird der/die Gewinner/in ermittelt. Informationen zum Programm erhalten Sie unter www.eurac.edu/federalscholar.

Christoph Grabenwarter ist neuer Präsident des Verfassungsgerichtshofes



Am 19. Februar wurde Christoph Grabenwarter, bisheriger Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes und Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, zum Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes angelobt. Das Institut für Föderalismus gratuliert zur Ernennung sehr herzlich und möchte auf eine zuletzt in mehreren Presseinterviews getätigte Aussage des neuen Präsidenten hinweisen, in welcher der besondere Wert eines föderalen Systems aus gewaltenteilender Sicht besonders gut zum Ausdruck gebracht wird.

Die Aussage im Originalwortlaut (auf die Frage, ob ein föderales System noch zeitgemäß sei):

„Ein Aspekt ist mir bei der Befassung mit mittel- und osteuropäischen Staaten bewusst geworden. Der Bundesstaat hat neben den landläufigen Begründungen, die immer geliefert werden, noch eine ganz wichtige Eigenschaft: Er ist ein zusätzliches Element der Gewaltenteilung. Wenn einmal die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten, was bei uns nicht der Fall ist, aber sehr wohl in anderen Staaten der Europäischen Union, dann ist die Verteilung von Macht auch im Bereich des Föderalen ein zusätzliches Sicherungsnetz. Und zwar dann, wenn es Entwicklungen gibt, die die Demokratie gefährden.“

 

Nachweise:

„Grabenwarter: Der Mann fürs Gleichgewicht“, in: wienerzeitung.at vom 19.2.2020 (Link)

„VfGH-Präsident Grabenwarter: ‚Aggressive Auseinandersetzung kann die Justiz massiv beschädigen‘“, in: sn.at vom 19.2.2020 (Link)

Auch Bund beschließt Ölkesseleinbauverbotsgesetz



So funktioniert „Labor-Föderalismus“. Ein Bundesland testet eine Regelung und wenn sie funktioniert, kann sie von anderen Ländern oder auch vom Bund übernommen werden. So geschehen beim Verbot von Ölkesseleinbauten in Neubauten. Der Bund hat bei seinem neu-en Gesetz Anleihe an einer in Niederösterreich bereits erfolgreich erprobten Regelung ge-nommen. Aber auch abseits der inhaltlichen Regelung gibt es interessante bundesstaatliche Fragen, die mit diesem neuen Gesetz in Zusammenhang stehen.

Im Jänner 2020 wurde das Ölkesseleinbauverbotsgesetz (ÖKEVG 2019) im Bundesrat beschlossen sowie kundgemacht (BGBl I 6/2020). Durch das ÖKEVG 2019 wird im Wesentlichen die Aufstellung und der Einbau von Heizkesseln von Zentralheizungsanlagen für flüssige oder feste fossile Brennstoffe, kurz der Ölkesseleinbau in Neubauten verboten. Dies ist in den Verfahren, die derartige Anlagen zum Gegenstand haben umzusetzen (§ 2 ÖKEVG 2019).

Aus föderaler Sicht ist dieses Bundesgesetz insofern von Interesse, als es Angelegenheiten regelt, die in Gesetzgebung und Vollziehung eigentlich Sache der Länder sind (Art 15 Abs 1 B-VG, insbesondere Baurecht; vgl auch Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG „Luftreinhaltung ausgenommen die Zuständigkeit der Länder für Heizungsanlagen“). Auf dieser Grundlage haben bereits einige Länder Ölkesseleinbauverbote beschlossen:

  • § 58 Abs 1 NÖ Bauordnung (LGBl 1/2015 idF LGBl 53/2018)
  • § 118 Abs 3e Bauordnung für Wien (LGBl 11/1930 idF LGBl 71/2018)
  • § 18 Abs 2a OÖ Luftreinhalte- und EnergietechnikG 2002 (LGBl 114/2002 idF LGBl 43/2019)

Das ÖKEVG 2019 orientiert sich erkennbar an § 58 Abs 1 NÖ Bauordnung, welcher bereits bisher bestimmte, dass die Aufstellung und der Einbau von Heizkesseln von Zentralheizungsanlagen für flüssige fossile oder für feste fossile Brennstoffe in neu bewilligten Gebäuden nach dem 31.12.2018 verboten ist. Der Bund ist nun nachgezogen und bedurfte dementsprechend einer sogenannten „Kompetenzdeckungsklausel“ im Verfassungsrang, welche die Grundlage für Erlassung, Änderung und Aufhebung des ÖKEVG 2019 schafft (siehe § 1 ÖKEVG 2019). Da auch die Änderung von dieser Klausel umfasst ist, handelt es sich um eine sogenannte „dynamische Kompetenzdeckungsklausel“. Vor diesem Hintergrund bedurfte dieses Vorhaben auch der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art 44 Abs 2 B-VG.

Ungewöhnlich war der lange Zeitraum zwischen der Beschlussfassung im Nationalrat (25.9.2019) und der Zustimmung des Bundesrates (14.1.2020), was damit zusammenhing, dass das ÖKEVG 2019, weil es sich um keinen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, sondern um einen Initiativantrag von Abgeordneten gehandelt hatte, nicht nach den Bestimmungen des Notifikationsgesetzes der Kommission notifiziert worden war. Ursache dieses Problems bildet in erster Linie der Umstand, dass das Notifikationsgesetz lediglich auf Gesetzesvorschläge der Bundesregierung Anwendung findet (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Abs 1 Z 11 Notifikationsgesetz) und das GOGNR keine vergleichbaren Regelungen enthält.

Der zuständige Ausschuss des Bundesrates vertagte in seiner Sitzung vom 8. Oktober 2019 die Beschlussfassung über die Zustimmung gemäß Art 44 Abs 2 B-VG. Die Bundesregierung nahm in der Zwischenzeit eine Notifikation vor. Erst nach Ablauf der Stillhaltefrist von drei Monaten verabschiedete der Bundesrat das Gesetz.

Durch das nun in Kraft getretene ÖKEVG 2019 wird, nachdem einzelne Länder Ähnliches bereits festgelegt hatten, ein Ölkesseleinbauverbot in Neubauten bundesweit festgelegt, was insbesondere in Bauverfahren, die in Vollziehung Landes- bzw meist Gemeindesache sind, aber auch in diversen bundesgesetzlich geregelten Verfahren (AWG, UVP-G) zu berücksichtigen ist. Das ÖKEVG 2019 ist ein gutes Beispiel für einen der Vorzüge eines föderalen Systems, den sogenannten „Laborföderalismus“, der sich dadurch auszeichnet, dass einzelne Länder eine Initiative setzen, die in der Folge – bei erfolgreicher Umsetzung – auch in weiteren Ländern bzw auf Bundesebene übernommen wird.

Wasserrechte



Der Streit zwischen Österreich bzw. Vorarlberg und der EU-Kommission über die Verlängerung der Wasserrechte für die Illwerke/VKW-Kraftwerke ist nicht nachvollziehbar. Zu absurd scheint die Argumentation der EU-Kommission, eine wasserrechtliche Bewilligung öffentlich ausschreiben zu müssen.

Die EU-Kommission betrachtet die anstehende Verlängerung der Bewilligung der Wassernutzung durch die Kraftwerke von Illwerken und VKW als eine Angelegenheit, die der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) unterliegt. Sie müsse daher öffentlich ausgeschrieben werden. Andere Unternehmen könnten sich dann darum bewerben. Wie die Vergabe der Wassernutzung funktionieren soll, wenn einem anderen Unternehmen die Kraftwerksanlagen gehören, bleibt unklar.

Die Richtlinie sieht in ihrem Kern vor, dass Dienstleistungen allen Anbietern aus den EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen offenstehen sollen. Das ist ein sinnvoller Grundsatz, dem das österreichische Recht auch entspricht. Wie man jedoch auf die Idee kommen kann, dass eine Bewilligung zur Nutzung von Wasser eine Dienstleistung sein soll, ist unverständlich, aber nicht untypisch für die Vorgehensweise der Organe der EU.

Viele der Regeln der EU verfolgen – wie die Dienstleistungsrichtlinie – einen wichtigen Zweck und wurden daher auch genau aus diesem Grund beschlossen. Im Vollzug wird ihr Anwendungsbereich jedoch immer wieder auf Fälle ausgedehnt, an die der Gesetzgeber nicht im Entferntesten gedacht hat. Wer sich dann auf das Subsidiaritätsprinzip beruft, dem wird achselzuckend entgegengehalten, warum er sich nicht gewehrt hat, als das Gesetz ursprünglich beschlossen wurde.

Juristisch hat die Position Vorarlbergs viele gute Gründe für sich. Man kann hoffen, dass bei der Kommission letztlich Vernunft einkehrt und sie nicht wegen „Vertragsverletzung“ bis vor den Europäischen Gerichtshof zieht. Ansonsten könnte dies weitreichende Folgen haben: Jede Naturnutzung durch öffentliche Unternehmen oder Private, vom Speichersee bis zum Kiesabbau, wäre letztlich eine allgemein auszuschreibende Dienstleistung. Das ist bisher wohl nirgends in Europa so verstanden worden.

 

(Dieser Text beruht auf einem am Freitag, den 14. Februar 2020 erschienen Gastkommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger in den Vorarlberger Nachrichten; abrufbar unter diesem Link)

Erneuter Gesetzesantrag des Bundesrats betreffend ein Teileinspruchsrecht



Soll der Bundesrat künftig Teilbereiche von Sammelgesetzen beeinspruchen können und damit dafür sorgen, dass Nationalrat bzw. Bundesregierung den Bundesrat nicht mehr so leicht aushebeln, wie in der Vergangenheit öfters geschehen? Entsprechende Initiativen hat es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegeben, zuletzt wieder von einer rot-blauen Mehrheit im aktuellen Bundesrat. Das Institut für Föderalismus würde eine entsprechende Regelung begrüßen. Große Aussicht auf Erfolg dürfte aber auch die aktuelle Initiative des Bundesrates nicht haben.

Nach dem in der vergangenen Föderalismus-Info (01/2020) behandelten Gesetzesantrag zur Dezentralisierung von Bundesdienststellen hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 13. Februar erneut einen Gesetzesantrag beschlossen. Dieses Mal wurde mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ, die über eine Mehrheit im Bundesrat verfügen, ein Antrag zur Einführung eines Teileinspruchsrechts des Bundesrates auf den Weg gebracht (270/A-BR/2019 vom 19.12.2019). In Form einer Änderung von Art 42 Abs 2 B-VG soll ermöglicht werden, dass sich ein Einspruch des Bundesrates auch auf einzelne in einem Gesetzesbeschluss des Nationalrates zusammengefasste Gesetze („Sammelnovelle“) beziehen kann, was den Vorteil hätte, dass die vom Einspruch nicht erfassten Teile des Gesetzesbeschlusses beurkundet und kundgemacht werden könnten.

Ein derartiges Teileinspruchsrecht wurde in der Vergangenheit schon mehrmals von Seiten der Länder gefordert, zuletzt in einer Erklärung der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten aus Anlass der Konstituierung des Nationalrates im Oktober 2019 (VSt-56/976; siehe zuvor auch schon den Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 10. November 2017, VSt-56/971). Außerdem hat es bereits im Oktober 2003 (232 BlgNR XXII. GP) sowie im Februar 2009 (53 BlgNR XXIV. GP) entsprechende Gesetzesinitiativen des Bundesrates gegeben, die allerdings im Nationalrat weder in Verhandlung genommen noch beschlossen wurden.

Der nunmehrige Antrag dürfte vermutlich nicht einmal vor den Nationalrat gelangen: Schließlich haben sich schon im Bundesrat die Regierungsparteien ablehnend geäußert und dies unter anderem mit Bedenken bezüglich der Wahrung der Übersichtlichkeit bei komplexen Gesetzesbeschlüssen begründet. Zudem stehe die Initiative einer Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens entgegen. Dies ist eigentlich wenig verständlich, wenn man bedenkt, dass die Initiative ursprünglich vom seinerzeitigen Vizepräsidenten des Bundesrates Jürgen Weiß und der ÖVP ausging.

Das Institut für Föderalismus würde die Einführung eines Teileinspruchsrechts des Bundesrates befürworten und hat bereits in bisherigen Papieren dahingehende Vorschläge geäußert (siehe beispielsweise Bußjäger/Lütgenau/Thöni, Föderalismus im 21. Jahrhundert [2012] 16). Schließlich darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass „Sammelnovellen“ in der Praxis nicht selten dazu dienen, Einsprüche des Bundesrates faktisch zu verunmöglichen, da ansonsten ganze Gesetzespakete gefährdet bzw. verzögert würden. Ein Teileinspruchsrecht könnte hierbei wirksam Abhilfe verschaffen.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2020



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2020 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre (siehe Teilnahmebedingungen) sowie für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Die Ausschreibung ist noch bis Dienstag, 31. März 2020, offen.

Nähere Informationen finden Sie unter folgendem Link:

 

www.foederalismus.at/foederalismuspreis

Neuerscheinung: „Verdichtete Erinnerungen“



Das Werk „Verdichtete Erinnerungen. Grundlagen erfolgreicher Gemeinschaften“ ist nun auch in Buchform, als Band 9 der Schriftenreihe Politische Bildung des Instituts für Föderalismus erschienen. Autor ist der ehemalige Vorarlberger Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber.

Nachdem das Werk bereits in Form einer Online-Publikation veröffentlicht wurde und auf der Homepage des Instituts nach wie vor zum Download zur Verfügung steht, ist es nun auch im Buchhandel erhältlich. Der Autor schildert darin Beobachtungen aus über dreißig Jahren praktischer politischer Erfahrung im kommunalen und regionalen Bereich mit Einblick in die österreichische Politik und über die Bodenseekonferenz in die Nachbarschaft der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland, in bescheidenem Umfang über den Ausschuss der Regionen in die Europäische Union.

Veranstaltungshinweis: „100 Jahre B-VG. Verfassung und Verfassungswandel im nationalen und internationalen Kontext“ (23. April 2020)



Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz feiert am 1. Oktober 2020 seinen 100. Geburtstag. Es ist damit eines der ältesten in Kontinuität stehenden Verfassungsdokumente Europas. Das Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck nimmt dieses Ereignis zum Anlass für eine Tagung, in der Grundsatzfragen moderner Verfassungen untersucht werden, wobei das B-VG sowohl Ausgangspunkt als auch Impuls dieser Betrachtungen ist.

So werden Begriff, Entstehungsgeschichte und Wandel von Verfassungen im nationalen und internationalen Zusammenhang ebenso behandelt wie die Positionierung des B-VG im Spektrum zwischen „starren“ und „flexiblen“ Verfassungen sowie die Migration von Verfassungsideen im Sinne eines Exports und Imports von legal transplants aus der und in die österreichische Verfassung. Untersucht wird weiters die Rolle des österreichischen Verfassungsgerichtshofs für die Interpretation und Fortentwicklung der Verfassung. Schließlich werden die Einbindung der Bundesverfassung in das europäische Mehrebenensystem sowie Formen, Folgen und Grenzen des integrierten Verfassungsverbunds behandelt.

Termin: 23. April 2020

Ort: Universität Innsbruck, Innrain 52, Aula

 

Um Anmeldung bis 31. März 2020 wird gebeten:

Angelika Schmutzer

Telefon +43 512 507-84031

E-Mail: angelika.schmutzer@uibk.ac.at

 

Das detaillierte Programm ist unter diesem Link abrufbar.

Dissertationsstelle am Institut für Öffentliches Recht der Universität Innsbruck ausgeschrieben



Am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck ist eine Dissertationsstelle ab 23. Juni im Team von Institutsdirektor Peter Bußjäger ausgeschrieben. Die Hauptaufgaben umfassen insbesondere das Verfassen einer Dissertation im Bereich Verwaltungsverfahren, verwaltungsgerichtliches Verfahren, Umweltrecht sowie die Mitwirkung an der Forschungs-, Publikations-, und Lehrtätigkeit des Instituts. Bewerbungen sind bis 4. März 2020 möglich.

Nähere Informationen sind unter diesem Link zu finden.

Das Regierungsprogramm 2020 – 2024 aus föderalistischer Perspektive



Das Regierungsprogramm enthält aus föderalistischer Sicht verhältnismäßig wenig spektakuläre und überraschende Vorhaben sowie vergleichsweise wenige massive Eingriffe in Landeskompetenzen. Auch von der Ankündigung einer „großen Verwaltungsreform“, die sich noch in praktisch jedem Regierungsprogramm fand und meist weitere Zentralisierungen meint, ist diesmal nichts zu lesen. Dessen ungeachtet sind die föderalistischen Herausforderungen keineswegs gering. Die Länder werden gefordert sein, auch weiterhin mit konstruktiven Verschlägen ihren Gestaltungsspielraum zu sichern.

Das Programm der neuen Bundesregierung mit dem Titel „Aus Verantwortung für Österreich“ wurde am 2. Jänner veröffentlicht.

Im Hinblick auf die in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen kann es als fast schon wohltuend betrachtet werden, dass das Dokument von der Ankündigung einer großen Staatsreform Abstand nimmt. Andererseits ist auffallend, dass das Wort „Verwaltungsreform“ nicht einmal vorkommt. Die im letzten Regierungsprogramm wenigstens noch ins Auge gefassten Projekte der Eingliederung von Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung in die Landesorganisation (Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundesdenkmalamt, etc) werden nicht einmal mehr angesprochen. Wenn offenbar Einsparungen durch Synergien in der Verwaltung kein Thema mehr sind, stellt sich aus Sicht des Instituts für Föderalismus die Frage, wie Klimawende und Steuerentlastung finanziert werden sollen.

Unklar bleibt außerdem, wie mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Zukunft umgegangen wird (siehe auch den nachfolgenden Beitrag zum aktuellen VfGH-Erkenntnis).

Die folgenden Ausführungen nehmen auf ausgewählte Punkte des Regierungsprogramms aus föderalistischer Perspektive Bezug, die im Kapitel 01 („Staat, Gesellschaft, Transparenz“, S. 10 ff) zu finden sind. Dieses ist von besonderem Interesse, da auch Fragen der Verfassungsreform und des Finanzausgleichs angesprochen werden.

Insbesondere wird gleich zu Beginn dieses Kapitels hervorgehoben, dass „im modernen Föderalismus die Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden entscheidend für das Funktionieren des Staates und damit für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“ sei (S. 10). Dem ist aus Sicht des Instituts für Föderalismus nichts hinzuzufügen. Bezeichnend ist allerdings, dass in dieser Passage das erste und einzige Mal im gesamten Programm das Wort „föderal“ verwendet wird. „Bundesstaat“ sucht man überhaupt vergeblich.

Gegen die anschließend geäußerten Vorschläge nach einer weiteren Reduktion der Grundsatzgesetzgebung sowie Schaffung klarer Regelungs- und Verantwortungsstrukturen, um einen fairen Finanzausgleich zu ermöglichen, ist in ihrer Allgemeinheit eigentlich nichts vorzutragen (S. 11). Die Länder werden hier wohl gefordert sein, weiterhin föderalistische Vorschläge einzubringen, denn von den Regierungsparteien dürfte dazu wenig zu erwarten sein.

Weitere Vorschläge beziehen sich auf eine gemeinsame Prüfung und Ausarbeitung eines zeigemäßen Kompetenzrahmens (einschließlich der Möglichkeit von Art. 15a B-VG Vereinbarungen) zur Erreichung der Klimaziele. Dies ist natürlich eine verschleierte Forderung nach mehr Bundeskompetenzen, denen die Länder ihre Vorstellungen entgegensetzen müssen. Immerhin spricht das Papier von einer „gemeinsamen Prüfung und Ausarbeitung“ (S. 11).

Weitere Vorschläge beziehen sich auf die Steigerung der Effizienz und Transparenz von Art. 15a-B-VG-Vereinbarungen. Auch diesbezüglich gibt es entsprechende Ländervorschläge. Etwas im Widerspruch dazu steht allerdings die nebulose Forderung nach einer „Auslotung der Möglichkeiten der Reduktion von Art. 15a-Vereinbarungen“ und im Widerspruch dazu wiederum die Forderung nach einer „Prüfung der Vertragsfähigkeit von Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden für Art. 15a-Vereinbarungen“ (S. 11). Insbesondere Letzteres ist aus Sicht des Instituts für Föderalismus etwas kritisch, löst der Vorschlag doch die Unterscheidung von Gemeinden und Ländern aus staatsrechtlicher Sicht auf. Die Mitwirkung von Städten und Gemeinden (via Städte- und Gemeindebund) scheint im Bereich des Finanzausgleichs allerdings sinnvoll.

Unter „Ein neuer Finanzausgleich“ (S. 12 f) werden zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die an sich altbekannt sind. Kritisch zu sehen sind gewiss „bundesweite Planungs- und Steuerungsmechanismen, Festlegung einheitlicher Wirkungsziele und im Einklang damit stehende Maßnahmen und Indikatoren“. Auch das Thema Prüfung einer Steuerautonomie für Länder und Gemeinden kommt wieder vor, freilich in der gewohnten Unbestimmtheit.

Einer der kritischsten Punkte des gesamten Regierungsprogramms ist die Forderung „Modernisierung des Dienstrechts fortsetzen mit dem Ziel eines einheitlichen, modernen und durchlässigen Dienstrechts für alle neu eintretenden Bediensteten in Bund und in allen

Ländern“ (S. 15). Bei dieser – nicht ganz unbekannten - Forderung müssen die Länder jedenfalls darauf achten, dass nicht das abgeschaffte Homogenitätsprinzip in welcher Form auch immer wiederkehrt. Dieser Punkt findet sich in abgewandelter Form nochmals bei der „Schaffung einer einheitlichen Basis des Dienstrechts für vertragliche wie auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse“ (S. 16).

Weitere wesentliche Inhalte umfassen Aufforderungen an die Länder, ihre Bautechnikverordnungen zu harmonisieren (S. 16) – wobei auf S. 41 zur Senkung der Baukosten bundesweit einheitliche Regelungen zu technischen Vorschriften geschaffen werden sollen –, die Forderung nach einer (noch) umfassenderen Transparenzdatenbank, die Ausarbeitung einer „bundesweiten Förderstrategie unter Einbeziehung der Gebietskörperschaften“ (beides auf S. 17) sowie ein einheitliches Informationsfreiheitsgesetz (S. 19).

Als interessant erweist sich auch das Bekenntnis zum Erhalt der derzeitigen Gerichtsstruktur auf S. 28 Daraus wird man vermutlich nicht ableiten können, dass nahezu jedes Bezirksgericht bestehen bleibt, aber eine besondere Begründung benötigt es auf jeden Fall. Und selbstverständlich müssen auch die Landesgerichte erhalten bleiben.

Wenngleich das Regierungsprogramm, wie eingangs beschrieben, aus föderaler Sicht wenig Überraschungen bereithält, wird die Umsetzung des Programms insbesondere für den kooperativen Föderalismus eine Herausforderung sein. Zudem ist zu beachten, dass viele Maßnahmen – der vorliegende Beitrag behandelt nur einen Teil der länderrelevanten Projekte des Programms – letztlich Eingriffe in Landeskompetenzen bedeuten werden, auch wenn dies nicht eindeutig artikuliert wird. Die Länder werden vielfach gefordert sein, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen, und werden regelmäßig auf Mitwirkung dringen müssen.

Gesetzesantrag des Bundesrates zur Dezentralisierung von Bundesdienststellen



Der Bundesrat hat im Dezember 2019 einen Antrag an den Nationalrat zur Änderung des Bundesministeriengesetzes auf den Weg gebracht (269/A-BR/2019 vom 19.12.2019). Im Wesentlichen sieht dieser Gesetzesantrag vor, dass künftig vor der Einrichtung neuer Bundesdienststellen geprüft wird, ob diese außerhalb der Bundeshauptstadt angesiedelt werden können.

Konkret soll § 3a des Bundesministeriengesetzes 1986 um einen entsprechenden Satz ergänzt werden, der eine Prüfung im Hinblick auf eine mögliche dezentrale Ansiedelung neu zu errichtender Dienststellen anordnet. Erklärtes Ziel des Antrags ist es, das Bestreben der Schaffung dezentraler Standorte von Dienststellen der Bundesverwaltung im weiteren Sinn zu stützen und damit unter anderem zur Stärkung strukturschwacher Regionen beizutragen.

Der Gesetzesantrag stützt sich weitgehend auf die bisherigen Forschungsarbeiten des Instituts für Föderalismus im Bereich der Dezentralisierung von Verwaltungseinrichtungen, die mit der Studie „Der Bund und seine Dienststellen“ im Jahr 2015 ihren Ausgang genommen haben. In der Begründung des Antrags wird insbesondere auch auf die zahlreichen vom Institut erhobenen nationalen (vor allem Niederösterreich und Salzburg) wie internationalen (unter anderem Bayern, Schweden, Dänemark und Finnland) Dezentralisierungsbestrebungen Bezug genommen.

Nachdem sich rund um das Thema Dezentralisierung von Bundeseinrichtungen zuletzt wenig getan hat, stellt die vorliegende Initiative einen aus föderaler Sicht positiven Schritt in die richtige Richtung dar. Zu hoffen ist – sollte der Antrag am Ende in dieser Form im Nationalrat erfolgreich sein –, dass derartige Prüfungen im Zuge von Dienststellen-Neuerrichtungen in der Praxis auch durchgeführt werden. Erfreulich ist zudem, dass der Bundesrat von seiner Möglichkeit, Gesetzesanträge mit Mehrheitsbeschluss einzubringen, Gebrauch gemacht hat. Dies war zuletzt im Jahr 2016 der Fall (869 BlgNR XXV. GP). Beim vorliegenden Antrag bleibt zunächst allerdings abzuwarten, wie der nun zu befassende Nationalrat damit weiter verfährt. Immerhin, und das kann wohl schon als positives Signal gewertet werden, findet sich im aktuellen Regierungsprogramm (siehe hierzu den vorangehenden Beitrag) eine Passage betreffend die „Prüfung der Ansiedelung von Verwaltungstätigkeiten des Bundes in strukturschwache Regionen“ (S. 16).

Der vollständige Gesetzesantrag samt ausführlicher Begründung ist unter diesem Link abrufbar.

VfGH: Nur wenig Föderales zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz



Die Aufhebung von Bestimmungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof bringt leider wenig Klarheit in grundsätzlichen (föderalen) Fragen, die das Grundsatzgesetz aufgeworfen hat. So werden die Spielräume des Bundes relativ weit ausgelegt, auch die Schaffung von Höchst-, statt Mindeststandards wird indirekt für zulässig erklärt. Das Urteil sollte daher – aus Sicht des Föderalismusinstituts – auch Anlass sein, die Entflechtung von Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung weiter voranzutreiben.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2019 (G 164/2019-25, G 171/2019-24) Teile des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes (SH-GG, BGBl I 41/2019) aufgehoben. Aus föderaler Sicht enthält das Grundsatzgesetz mehrere interessante Anknüpfungspunkte: So war insbesondere bemerkenswert, dass der Bund von diesem Kompetenztypus im Bereich des „Armenwesens“ erstmals Gebrauch gemacht hatte. Zudem wurde mit dem SH-GG insofern ein Paradigmenwechsel vorgenommen, als es Höchststandards vorgibt, während die vormals bis zum 31.12.2016 maßgebliche Art 15a B-VG-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung darauf abzielte, einheitliche Mindeststandards festzulegen (siehe hierzu Föderalismus-Info 01/2019). Was die Ausführung des SH-GG betrifft, kam hinzu, dass trotz Frist zur Umsetzung bis zum 1. Jänner 2020 im Dezember 2019 mit Niederösterreich (LGBl 79/2019) und Oberösterreich (LGBl 107/2019) erst zwei Länder Ausführungsregelungen getroffen haben.

Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen bundesstaatlich relevanten Gesichtspunkte erweist sich das aktuelle Erkenntnis des VfGH – aus föderaler Sicht – als enttäuschend. Zwar erwähnt der VfGH den grundlegenden Systemwechsel von Mindest- zu Höchstsätzen, äußert sich allerdings nicht zur Frage, ob dies noch dem System der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung entspricht. Vielmehr misst er die abweichenden Höchstsätze für Kinder (§ 5 Abs. 2 Z 3 SH-GG) am Gleichheitssatz und kommt zum Ergebnis einer fehlenden sachlichen Rechtfertigung. Lediglich aus dem Umkehrschluss, dass der VfGH die übrigen Höchstsätze unangetastet lässt, kann man wohl ableiten, dass ein Höchstsatzsystem in einem Grundsatzgesetz prinzipiell zulässig ist. Jedoch müssen die Höchstsätze für sich, aber auch im Verhältnis zueinander den Anforderungen des Gleichheitssatzes entsprechen.

Darüber hinaus weisen auch die weiteren Aufhebungen betreffend den Arbeitsqualifizierungsbonus in § 5 Abs. 6 bis 9 SH-GG sowie die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Datenverarbeitung in § 1 Abs 1 Sozialhilfe-Statistikgesetz (SH-SG) keine föderalen Bezugspunkte auf. Hinsichtlich letzterem wurden allerdings, wie der VfGH im Erkenntnis ausdrücklich betont, keine kompetenzrechtlichen Bedenken geäußert, weshalb er sich nicht mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob der Bundesgesetzgeber zur Erlassung dieser Bestimmung überhaupt zuständig war.

Die Äußerungen des VfGH zum Kompetenztypus Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung enthalten größtenteils bereits Bekanntes: Die Grundsatzgesetzgebung hat sich auf die Aufstellung von Grundsätzen zu beschränken und über diese Grenze hinaus ist es ihr verwehrt, Detailregelungen zu erlassen, die der Landesgesetzgebung vorbehalten sind.

In einem längeren Abschnitt untersucht der Gerichtshof zudem die einzelnen Bestimmungen des SH-GG im Hinblick auf konkrete Ausführungsspielräume und kommt zum Ergebnis, dass das Grundsatzgesetz keine „überdeterminierten“ Bestimmungen enthält. Dem Hinweis des VfGH auf seine frühere Judikatur, wonach es dem Grundsatzgesetzgeber freistehe „auch Detailregelungen zu treffen, die Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für das ganze Bundesgebiet betreffen“ (mwN VfSlg 17.232/2004), kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Allerdings verweist der VfGH auch darauf, dass bei der Auslegung eines Grundsatzgesetzes im Zweifelsfall diejenige Möglichkeit als zutreffend anzusehen ist, die der Ausführungsgesetzgebung den weiteren Spielraum lässt (siehe schon VfSlg 3649/1959).

Von (föderalem) Interesse sind außerdem die Ausführungen zum Kompetenztatbestand „Armenwesen“, der unter anderem Regelungen umfasst, die auf die Förderung der (Wieder-)Eingliederung von Bezugsberechtigten in das Erwerbsleben abzielen.

Zusammenfassend ist das Erkenntnis aus bundesstaatlicher Sicht wenig befriedigend. Höchstsätze werden (indirekt) als zulässig erachtet. Ebenso sind dem Grundsatzgesetzgeber Detailregelungen erlaubt. Wieder einmal zeigt sich, dass der Kompetenztypus Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung in seiner gegenwärtigen Ausprägung sowie in der Art der Inanspruchnahme keine zweckmäßige Aufgabenteilung ermöglicht. Daraus resultiert die Forderung, den mit der B-VG Novelle BGBl I 14/2019 begonnenen Weg auch in der neuen Legislaturperiode fortzusetzen und die in der Grundsatzgesetzgebung verbliebenen Kompetenzen zu entflechten.

 

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2020



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2020 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre (siehe Teilnahmebedingungen) sowie für Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Einreichungen sind bis spätestens Dienstag, 31. März 2020 an das Institut für Föderalismus zu richten.

Nähere Informationen finden Sie unter folgendem Link:

 

www.foederalismus.at/foederalismuspreis

Fortsetzung der Kooperation zwischen dem Land Steiermark, der Universität Graz und dem Institut für Föderalismus



Seit 2017 fördert das Land Steiermark ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universität Graz und des Instituts für Föderalismus zur bundesstaatlichen Aufgaben- und Kompetenzverteilung in Migrations- und Integrationsfragen. Es handelt sich dabei für das IFÖ um ein Pilotprojekt zur Zusammenarbeit mit einem Bundesland, das nicht zum Kreis der Trägerländer des Instituts zählt. Das Projekt wird von Institutsdirektor Peter Bußjäger sowie Klaus Poier vom Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz geleitet und im Jahr 2020 fortgesetzt.

Die Universität Graz führt seit 1. Jänner 2017 in Kooperation mit dem Institut für Föderalismus das vom Land Steiermark geförderte Forschungsprojekt „Migration und Integration: Aufgaben- und Kompetenzverteilung im österreichischen Bundesstaat am Beispiel der ‚Flüchtlingskrise‘“ durch. Untersucht wird dabei, welche konkreten Aufgaben der Integration auf regionaler Ebene zu erledigen sind und ob der bestehende Kompetenzrahmen eine erfolgreiche Integration begünstigt oder nicht.

Für das Institut für Föderalismus ist das innovative Projekt auch insoweit ein Pilotmodell, als mit der Förderung durch das Land Steiermark über den Kreis der Trägerländer des Instituts hinausgegangen wird.

Neuerscheinung: „Mehr-Ebenen-Föderalismus in Österreich“



Im Jänner 2020 ist Band 128 der Schriftenreihe des Instituts mit dem Titel „Mehr-Ebenen-Föderalismus in Österreich. Die Funktionen der Gemeinde im Lichte vertikaler Gewaltenteilung und der Bundesstaatlichkeit“ erscheinen. Es handelt sich dabei um die zweifach preisgekrönte Dissertation (Föderalismus-Preis 2019 sowie Franz-Gschnitzer-Preis 2019) von Mathias Eller (Universität Innsbruck).

Die Föderalismusforschung rückt regelmäßig das Verhältnis des Bundes zur regionalen Ebene in den Vordergrund des Interesses. Darauf aufbauend werden Rückschlüsse gezogen, etwa ob ein Staat als Einheits- oder Bundesstaat zu qualifizieren sei. Eine ergiebige Auseinandersetzung mit der untersten territorialen Ebene – in Österreich wird diese durch die Gemeinden verkörpert – findet dagegen nur äußerst selten statt.

Band 128 der Schriftenreihe setzt sich vor diesem Hintergrund zum Ziel, diese Forschungslücke zu füllen und die Stellung der Gemeinden in Bezug auf den Bund und die Peripherie näher zu beleuchten. Während sich ein Vergleich zunächst in der Staatsgewalt Verwaltung anbietet, wird Neuland insofern betreten, als auch die Funktionen der Gemeinden in der Bundes- und Landesgesetzgebung sowie in der Gerichtsbarkeit eingehend analysiert werden. Den Ausgangspunkt aller Überlegungen bildet dabei ein funktionales Verständnis des Föderalismus – eine Theorie also, die sich nicht an historischen Gründungsakten oder Souveränitätsfragen orientiert, sondern primär an den zu erfüllenden Aufgaben im Bundesstaat anknüpft. Schließlich soll die Frage beurteilt werden, ob und inwieweit die Gemeinden schon als gleichwertiger Partner im Vergleich zu den darüber liegenden territorialen Ebenen anerkannt werden können.

 

„Mehr-Ebenen-Föderalismus in Österreich. Die Funktionen der Gemeinde im Lichte vertikaler Gewaltenteilung und der Bundesstaatlichkeit“

Mathias Eller

ISBN: 978-3-7003-2184-2

233 Seiten

EUR 32,00

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Neuerscheinung Online-Publikationen: „Verdichtete Erinnerungen. Grundlagen erfolgreicher Gemeinschaften“



Das Institut für Föderalismus hat mit Ende November eine neue Reihe „Online-Publikationen“ gestartet. Der erste Band stammt vom ehemaligen Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber und trägt den Titel „Verdichtete Erinnerungen“. Der Autor gibt darin einen Einblick in dreißig Jahre praktische Erfahrung in der Politik.

Ziel des Werks ist weniger die Dokumentation von vergangenen Ereignissen oder Ergebnissen eigenen Handelns, sondern eine Anregung zum Durchdenken tragfähiger Antworten für Herausforderungen heute und morgen. Wiedergegeben werden daher in erster Linie Erfahrungen und Beobachtungen, die Verhaltensmuster und Zusammenhänge sichtbar machen und so gedankliches Werkzeug für das Verständnis von Gemeinschaften und ihre erfolgreiche Steuerung sein können.

 

Die „Verdichteten Erinnerungen“ sind unter folgendem Link abrufbar und werden zudem im Frühjahr 2020 in gedruckter Form als Band 9 der Schriftenreihe Politische Bildung veröffentlicht.


2019


Historisches Jahr für den Bundesrat



Seit im Jahre 1985 ein Zustimmungsrecht des Bundesrates für Verfassungsänderungen, die in die Kompetenzen der Länder eingreifen, geschaffen wurde, hat er diese Zustimmung in 278 Fällen erteilt und lediglich 2 Mal verweigert – beide Male im heurigen Jahr. Im Februar fiel die Novelle des Ökostromgesetzes durch, im Oktober die s.g. Schuldenbremse. In beiden Fällen waren weniger föderalistische als vielmehr parteipolitische Motive entscheidend, trotzdem sollte das Instrument nicht generell in Frage gestellt werden, zumal es regelmäßig schon eine präventive Wirkung entfaltet.

Wie bereits in der Föderalismus-Info 2/2019 berichtet, hat der Bundesrat im Februar dieses Jahres zum ersten Mal die gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG vorgesehene Zustimmung bei Verfassungsänderungen, die in Kompetenzen der Länder eingreifen, nicht erteilt, indem die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande gekommen ist. Betroffen war eine Novelle des Ökostromgesetzes, die nur mit Hilfe einer Kompetenzdeckungsklausel erlassen werden konnte.

Das Zustimmungsrecht des Bundesrates wurde erst im Jahr 1985 mit der B-VG Novelle BGBl 490/1984 geschaffen. Es ist aus bundesstaatstheoretischer Sicht insofern bedeutend, als die Länderkammer damit Kompetenzänderungen zu Lasten der Länder unterbinden kann. Dies geht auch klar aus den Materialien zu BGBl 490/1984 hervor, die zudem ausdrücklich betonen, dass Art. 44 Abs. 2 B-VG eine Ausweitung von Länderzuständigkeiten eben nicht umfasst.

Nur wenige Monate später, nämlich im Oktober 2019, kam es erneut zu einer Verweigerung der Zustimmung. Dieses Mal war die geplante Einführung einer sogenannten „Schuldenbremse“ unmittelbar in Art. 13 B-VG, die sowohl Bund, Länder als auch Gemeinden verpflichtet hätte, sowie eine begleitende Änderung im BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes betroffen (928/A XXVI. GP). Während in der Februar-Debatte zum Ökostromgesetz weniger das Interesse der Länder als vielmehr Kritik an einem „schlechten“ Gesetz im Vordergrund stand, wurden in der aktuellen Debatte zur Schuldenbremse da und dort auch Länderinteressen zumindest angesprochen und insofern dem Sinn und Zweck des Art. 44 Abs. 2 B-VG mehr entsprochen als im Februar. Insgesamt stand allerdings doch die generelle Kritik an einer „Investitionsbremse“ auf allen Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – im Vordergrund. Etwas untergegangen ist in der Debatte außerdem, dass die exakt gleiche Schuldenbremse bereits im Wege einer Art 15a B-VG Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vereinbart wurde (BGBl I 30/2013).

In Summe hat es damit seit der Schaffung des Zustimmungsrechts in Art. 44 Abs. 2 B-VG 278 Fälle, in denen eine Zustimmung des Bundesrates erforderlich war, gegeben. Lediglich in den beiden oben genannten Fällen aus diesem Jahr, somit in zwei von 278 Fällen ist eine Zustimmung nicht zustande gekommen. Diese Zahlen verdeutlichen einerseits die historische Bedeutung der beiden Ereignisse im Jahr 2019, andererseits zeigt sich anhand der beiden Verweigerungen in diesem Jahr, dass die praktische Handhabe des Zustimmungsrechtes symptomatisch für die Rolle des Bundesrates im Gesamten ist, der weniger im Sinne der Wahrnehmung von spezifischen Länderinteressen, sondern vielmehr nach parteipolitischen Interessen agiert. Es wäre allerdings verfehlt, aus diesen Ausführungen darauf zu schließen, dass das Zustimmungsrecht nach Art. 44 Abs. 2 B-VG bedeutungslos wäre. Bereits die präventive Wirkung der bloßen Existenz dieses Instruments ist nicht zu unterschätzen. Gemeinsam mit anderen Zustimmungsrechten der Länder (vgl. Art. 42a B-VG) ist es zu einem wesentlichen Bestandteil des bundesstaatlichen Prinzips geworden.

Organisationsreform der Finanzverwaltung beschlossen – weitere Zentralisierungen zu erwarten



Was in Österreich Organisationsreform genannt wird, führt meist zu einer Zentralisierung: Finanzamt Österreich, Finanzamt für Großbetriebe, Zollamt Österreich, Amt für Betrugsbekämpfung und Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge heißen die neuen Zentralbehörden. Auch wenn die neuen Standorte noch nicht festgelegt sind, ist zu erwarten, dass alle in Wien angesiedelt sein werden und damit einmal mehr Personalressourcen und Kompetenzen aus der Peripherie ins Zentrum wandern. Vorarlberg und Tirol haben im Begutachtungsverfahren jedenfalls angeregt, den einen oder anderen Standort in den Bundesländern in Betracht zu ziehen.

Im September und Oktober wurde im Parlament eine umfassende Organisationsreform der Finanzverwaltung beschlossen, die ab 1. Juli 2020 in Kraft treten soll (BGBl I 104/2019). Kern des Projekts ist eine Zentralisierung und Konzentrierung von Agenden der bisher 40 Finanzämter auf zwei Abgabenbehörden mit bundesweiter Zuständigkeit, dem Finanzamt Österreich sowie dem Finanzamt für Großbetriebe. Weitere neu einzurichtende Ämter sind das Zollamt Österreich, in welchem die bisherigen neun Zollämter aufgehen, sowie das Amt für Betrugsbekämpfung und der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge. Aufgrund der Tatsache, dass mit dieser Reform die in Summe fünf neuen Ämter mit bundesweiter Zuständigkeit ausgestattet werden, sind Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit hinfällig bzw. nur mehr Regelungen zur sachlichen Zuständigkeit erforderlich.

Von Interesse ist dabei insbesondere, wo die neuen Einrichtungen ihren Sitz haben werden: Gemäß § 56 Abs 1 BAOneu legt der Bundesminister für Finanzen (BMF) die Sitze der beiden Finanzämter mit Verordnung fest. Diesbezüglich wird in den Materialien darauf verwiesen, dass iSd Vorgabe des Ministerratsbeschlusses vom 12. Dezember 2018 die Finanzämter Standorte im gesamten Bundesgebiet unterhalten werden, allerdings ohne eine konkrete Zahl anzuführen. Einzig im erwähnten Ministerratsbeschluss ist die Rede davon, die bisherigen Standorte beizubehalten. Als spannend erweist sich zudem der Vergleich mit dem Zollamt Österreich, dessen Sitz gemäß § 62 Abs 1 BAOneu ebenfalls vom BMF mit Verordnung festgelegt wird, das allerdings laut Erläuterungen lediglich Standorte im Bundesgebiet erhalten wird, nicht aber im „gesamten“ Bundesgebiet wie bei den Finanzämtern. Bei den beiden übrigen Ämtern, dem Amt für Betrugsbekämpfung und dem Prüfdienst für Lohnabhängige Abgaben und Beiträge, handelt es sich nicht um Abgabenbehörden, sondern um auf jeweils durch eigenes Bundesgesetz eingerichtete nachgeordnete Dienststellen des BMF. Auch hier gibt es noch keine konkreten Hinweise auf den Sitz.

Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen sind Bedenken dahingehend gerechtfertigt, dass die Sachkompetenzen und Personalressourcen der künftigen regionalen Stellen – wie viele es dann auch sind – gegenüber dem derzeitigen Stand massiv reduziert werden, was periphere Regionen benachteiligen würde. Auch hinsichtlich der Amtssitze der künftigen Behörden bzw Dienststellen bestehen – nicht zuletzt aufgrund vergangener Erfahrungen, etwa im Bereich der Sozialversicherungsträger – begründete Zweifel, dass eine Ansiedelung außerhalb von Wien überhaupt in Betracht gezogen wird.

Verfolgenswert erscheint der im Begutachtungsverfahren geäußerte Vorschlag der Vorarlberger Landesregierung, den Sitz eines der beiden Finanzämter in Vorarlberg oder zumindest im Westen des Bundesgebietes anzusiedeln, um eine gleichmäßige Verteilung auf das ganze Bundesgebiet zu erreichen (2/SN-135/ME). Auch die Tiroler Landesregierung hat in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, „dass es durch die Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung zu keinen personellen Ausdünnungen der regionalen Strukturen kommen darf“ (19/SN-135/ME). Zu befürchten ist, dass derartige Forderungen weitgehend unbeachtet bleiben.

Diskussionen rund um Abschaffung des Pflegeregresses reißen nicht ab



Seit im Jahr 2017 – unmittelbar vor der Nationalratswahl – die Abschaffung des Pflegeregresses kurzfristig beschlossen wurde, wird zwischen Bund und Ländern heftig über die Abgeltung der dadurch entstandenen Kosten debattiert. Eine zwischenzeitliche politische Einigung über 340 Millionen Euro pro Jahr hat sich als nicht dauerhaft tragfähig erwiesen, zumal der Bund weiter Kürzungen vornimmt.

Im Juni 2017, zum Abschluss der 25. Gesetzgebungsperiode, stimmte der Nationalrat mit breiter Mehrheit im Schnellverfahren für die Abschaffung des Pflegeregresses (BGBl I 125/2017). Bereits damals analysierte das Institut für Föderalismus, dass der Verlust an Gestaltungsspielraum für die Länder verfassungspolitisch nicht besonders schwer wiege, allerdings das Schließen der dadurch entstandenen Finanzierungslücke für die Länder und Gemeinden durchaus schmerzlich sei (Föderalismus-Info 3/2017). Früh war klar, dass die Regelung des § 330b ASVG, wonach vom Bundesminister für Finanzen ein Betrag von 100 Mio. Euro jährlich den Ländern zur Abgeltung der Mehrkosten zusätzlich zur Verfügung zu stellen ist, nicht ausreichen würde.

Seitdem gab es zahlreiche Diskussionen, die im Frühjahr 2018 zu einem (vorläufigen) Ergebnis geführt haben: Der Bund übernahm, vor dem Hintergrund einer politischen Einigung im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz, für das Jahr 2018 Fixkosten und variable Kosten in der Höhe von bis zu 340 Millionen Euro. Diese im Anschluss in Gesetzesform gegossene Lösung (BGBl I 85/2018) wurde von Seiten der Länder insofern kritisiert, als der Beschluss der Landeshauptleutekonferenz ausdrücklich auf die „tatsächlichen“ Einnahmenausfälle abstellte mit dem zusätzlichen Hinweis, „wobei derzeit von einem Höchstbetrag von € 340 Mio. ausgegangen wird.“ Im Gesetz über den Zweckzuschuss (§ 1) wurde letzten Endes jedoch, entgegen dem Beschluss, 340 Millionen Euro als Höchstbetrag von Seiten des Bundes fixiert. Gleichzeitig wurden die Länder in § 2 dazu verpflichtet, den Gemeinden, Städten, Sozialfonds und Sozialhilfeverbänden die tatsächlich entstandenen zusätzlichen finanziellen Ausgaben zu ersetzen, was von den Ländern als unsachlich und unverhältnismäßig abgelehnt wurde. Dennoch akzeptierten die Länder das Ergebnis in der Höhe von 340 Millionen Euro vorläufig, um einen zeitnahen Ersatz zu erhalten.

In der nunmehr kundgemachten Lösung für die Jahre 2019 und 2020 (BGBl I 95/2019) wird von Seiten des Bundes der Gesamtbetrag neuerlich gekürzt und den Ländern lediglich 300 Millionen Euro pro Jahr abgegolten, was wiederum für Kritik von Seiten der Länder sorgt. Neuerlich zeigt sich, welche Probleme entstehen, wenn der Bundes(verfassungs)gesetzgeber einseitig und ohne vorherige Abstimmung in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder eingreift, wie er es bei der Abschaffung des Pflegeregresses getan hat (siehe hierzu auch Föderalismus-Info 3/2019).

Dezentralisierung: Parlamentarische Enquete des Bundesrates



Eine parlamentarische Enquete über die Chancen und Möglichkeiten der Dezentralisierung öffentlicher Einrichtungen hielt der Österreichische Bundesrat am 9. Oktober 2019 in der Wiener Hofburg ab. Das Institut für Föderalismus hat die Tagung konzeptionell begleitet. Über einen eigenen Gesetzesantrag, den Bundesratspräsident Karl Bader einbringt, wird das Thema Dezentralisierung nunmehr Gegenstand der Beratungen in Bundesregierung und Nationalrat.

Die einzelnen Referate könne auf dem Föderalismus-Blog unter www.foederalismus.at/blog nachgelesen werden.

 

Weitere Links:

Tagesordnung

Stenographisches Protokoll

Fotos

Tagungsbericht: „Herausforderungen der Bezirksverwaltung“



Über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer führte die Tagung „Herausforderungen der Bezirksverwaltung“ am 25. Oktober 2019 in den Landtagssaal des Niederösterreichischen Landtages. Die Veranstaltung wurde vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Vereinigung der österreichischen Bezirkshauptleute organisiert und widmete sich mit den Themen Verwaltungskooperation, Kinder- und Jugendhilfe – beides vor dem Hintergrund der B-VG Novelle BGBl I 14/2019 – sowie Digitalisierung und Standortrelevanz bzw. regional-politische Bedeutung mehreren für die Bezirksverwaltung vor allem in der näheren Zukunft relevanten Schwerpunkten. Die Präsentationen zu den einzelnen Vorträgen stehen auf der Homepage des Instituts zum Download zur Verfügung. Zudem werden die gesammelten Referate im Laufe des Jahres 2020 in einem eigenen Band der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus veröffentlicht, dessen Erscheinen in der Föderalismus-Info rechtzeitig angekündigt wird.

Nach der Begrüßung durch den Präsidenten des NÖ Landtages Karl Wilfing behandelte zu Beginn des ersten Panels Wolfgang Steiner vom Amt der Oö Landesregierung die (neuen) Rechtsgrundlagen der Bezirksverwaltungskooperation und ging dabei auch auf länderweise Vergleiche, insbesondere auf die Möglichkeiten zur Kooperation nach dem Oö Bezirksverwaltungsbehörden-Kooperationsgesetz ein. Als eine Schlussfolgerung wurde in diesem Vortrag hervorgehoben, dass sich durch die Digitalisierung künftig die Bedeutung der örtlichen Zuständigkeit reduzieren werde. Im Anschluss daran stellten Klaus Heissenberger, Amt der NÖ Landesregierung, und Josef Kronister, BH St. Pölten, das Konzept der NÖ Bezirkshauptmannschaften als regionale Kompetenzzentren vor. Den Abschluss des ersten Teils bildete der Vortrag von Peter Bußjäger, Institut für Föderalismus und Universität Innsbruck, zum Thema „Kooperation der Bezirkshauptmannschaften und die Digitalisierung“, demzufolge die Bezirkshauptmannschaften der sogenannten „Spezialisierungsfalle“ nur durch Fusionierung oder Kooperation entgehen können. Durch die Digitalisierung sei der Verwaltungskooperation ein breites Feld geöffnet. Allerdings müsse die zuständige Behörde auf Grund eigener Ressourcen in der Lage sein, ihre wesentlichen Aufgaben noch selbst zu erledigen.

Das zweite Panel war dem Thema „Aufgaben und Standortrelevanz der Bezirkshauptmannschaften“ gewidmet. Thomas Prorok, KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung, stellte in seinem Vortrag Aufgaben, Herausforderungen und Mehrwert funktionaler Räume vor. Gerlind Weber behandelte in der Folge die regionalpolitische Bedeutung von Gemeinden mit Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und untersuchte dabei die Entwicklung von sechs nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Kleinstädten mit Bezirkshauptmannschaft. Das Ergebnis brachte unterschiedlichste Konstellationen, wobei von der Vortragenden festgehalten wurde, dass BH-Standortgemeinden idR resilienter gegen Schrumpfung bzw. stärker auf Wachstumskurs als ihr Verwaltungsbezirk seien. Im Hinblick auf ihre regionalpolitischen Funktionen können BH-Standortgemeinden in Ankerstädte, Entlastungsstädte oder Netzknoten eingeteilt werden.

In ihren Grußworten im Anschluss an diesen Vortrag ging Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ebenfalls auf die Digitalisierung, die in allen Lebensbereichen angekommen sei, ein: „Wir wollen die Digitalisierung für Land und Leute nutzen, und dazu haben wir in Niederösterreich auch eine ganz klare Digitalisierungsstrategie erarbeitet.“ Die Landeshauptfrau verwies auf Bereiche wie die Jugendförderung, oder auch die Wirtschaftsförderung und den Tourismus, wo man im Zusammenhang mit der Digitalisierung bereits „sehr positive Ergebnisse“ erzielen konnte. Des Weiteren sprach Mikl-Leitner ua die Dezentralisierung an. Bis 2022 wolle man 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von St. Pölten in die ländlichen Regionen dezentralisieren: „Das bringt eine Win-Win-Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Regionen.“

Das letzte Panel war dem Themenbereich Kinder- und Jugendhilfe gewidmet. Während sich Beatrice Sommerauer von der Universität Graz mit einigen Rechtsfragen der „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere der abzuschließenden Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG als aufschiebende Bedingung für den Kompetenzübergang befasste, veranschaulichten Martin Ofner, BH Leibnitz, („Neue Wege in der Kinder- und Jugendhilfe“) sowie Gabriele Herlitschka vom Magistrat der Stadt Innsbruck („Vollziehung der Kinder- und Jugendhilfe aus Sicht des Magistrats der Stadt Innsbruck – aktuelle Entwicklungen“) einige praktische Themenbereiche dieser mitunter komplexen Zuständigkeit der Bezirksverwaltung.

Neuerscheinung „Raum neu denken. Von der Digitalisierung zur Dezentralisierung“ und Veranstaltungshinweis zur Buchpräsentation



Prosperierende urbane Räume und abgehängte ländliche Regionen – so schaut die Entwicklung in immer größeren Teilen Europas aus. Kann dieser gefährlichen Entwicklung mit den Möglichkeiten der Digitalisierung und der daraufsetzenden Dezentralisierung von Verwaltungseinheiten entgegengewirkt werden? Damit befasst sich der Band 127 der Schriftenreihe des Instituts, der am 9. Dezember 2019 um 10:30 Uhr im Parlament in Wien vorgestellt wird.

In ganz Europa bereiten die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten der urbanen Ballungsräume und ländlichen Gegenden Probleme. Die Gelbwestenbewegung in Frankreich sowie die Entleerung zahlreicher Dörfer oder gar Landstriche in Spanien sind nur zwei Beispiele, welche die Brisanz dieser Entwicklung aufzeigen. Gleichzeitig ergeben sich aus der immer stärker voranschreitenden Digitalisierung Chancen, aber auch neue Herausforderungen.

Im neuen Band 127 der Schriftenreihe des Instituts, der im November 2019 erschienen ist, werden Ursachen und Wirkungen derartiger Trends genauso analysiert wie die Möglichkeiten der Gegensteuerung. Autorinnen und Autoren aus Österreich, Deutschland und der Schweiz untersuchen den Einfluss der Wissensgesellschaft auf die räumliche Entwicklung sowie die Chancen und Gefahren der Digitalisierung. In einem ausführlichen Artikel wird die Dezentralisierung von Verwaltungsapparaten als europäischer Trend vorgestellt.

Das Werk wird am 9. Dezember 2019 um 10:30 Uhr im Parlament in Wien vorgestellt. Nähere Informationen werden noch auf der Homepage des Instituts veröffentlicht.

 

„Raum neu denken. Von der Digitalisierung zur Dezentralisierung“

Peter Bußjäger/Georg Keuschnigg/Christoph Schramek (Hg)

ISBN: 978-3-7003-2168-2

274 Seiten

EUR 30

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

 

Weitere Informationen sowie das Inhaltsverzeichnis finden Sie unter diesem Link.

 

Veranstaltungshinweis: „Sinatra, Garbo und moderner Föderalismus - Langfristige und aktuelle Trends in föderalen Systemen“ (21. November 2019)



Seit den 1960er Jahren ist international ein markanter Trend, was Dezentralisierung und Föderalisierung betrifft, festzustellen: In nahezu allen entwickelten Staaten wurden zumindest dezentrale Strukturen gestärkt. Der Vortrag von Institutsdirektor Peter Bußjäger, der im Rahmen der zwölfteiligen Vortragsreihe „ForscherInnen hautnah“ in Bludenz stattfindet, wird sich mit der Entstehung und Weiterentwicklung föderaler Strukturen befassen, die Unterschiede zwischen Föderalismus und Dezentralisierung aufzeigen sowie einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand geben. Abschließend soll ein Ausblick über die Herausforderung der Digitalisierung für föderale Systeme gemacht werden.

Der Vortrag ist Teil der Vortragsreihe „ForscherInnen hautnah“, die vom Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik, einem in Dornbirn ansässigen Institut der Universität Innsbruck, veranstaltet wird. Im Zuge dieser Veranstaltungsreihe referieren und diskutieren Professorinnen und Professoren über Forschungsergebnisse mit Vorarlbergbezug. Anlass ist der 350. Geburtstag der Universität Innsbruck, die auch einen erheblichen Vorarlbergbezug aufweist: 2.300 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger studieren in Innsbruck. Nicht zuletzt deswegen gilt die 1669 gegründete Leopold-Franzens-Universität auch als Landesuniversität für Vorarlberg. Darüber hinaus ist sie mit zwei Instituten in Vorarlberg vertreten: Neben dem Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik ist auch das Institut für Atemgasanalytik in Dornbirn angesiedelt.

 

Der Eintritt ist frei, um Anmeldung unter textilchemie@uibk.ac.at wird gebeten.

 

Zeit: 21.11.2019, 19:00 Uhr

Ort: Getzner Textil AG, Bleichestraße 1, 6700 Bludenz, www.getzner.at

Veranstaltungshinweis: „Wohnraumschaffung – neue Herausforderungen im Landesrecht“ (22. November 2019)



Die Länder stehen vor der Herausforderung, leistbares Wohnen zu ermöglichen. Ihre Kompetenzen sind jedoch begrenzt: Neben den Instrumentarien der Raumordnung stehen im Wesentlichen das Baurecht und das Grundverkehrsrecht zur Verfügung. Andererseits wirken sich neue Formen der touristischen Vermietung wie Airbnb auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum aus.

Die in Bregenz stattfindende Veranstaltung will einerseits die Potenziale der den Ländern zur Verfügung stehenden Materien durch Präsentation innovativer Regelungsansätze aufzeigen, andererseits auch die Möglichkeiten einer zweckmäßigen Ergänzung dieser Landeskompetenzen analysieren. Das Programm gliedert sich in zwei Blöcke: In einem ersten Teil werden (rechtliche) Grundsatzfragen behandelt. Der zweite Teil ist mit den Themen „Kurzzeitvermietungen“, „Tiroler Bodenfonds“ sowie „Raumplanungsgesetz in Vorarlberg“ Praxisbeispielen aus den Ländern gewidmet.

 

Das detaillierte Programm ist unter diesem Link abrufbar.

 

Für An- und Abmeldungen sowie weitere Informationen:

Andrea Schafferer

+43.512.574594

institut@foederalismus.at

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2019 an Mathias Eller und Jakob Eder verliehen



Am 9. September wurde der Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2019 von Wiens Erstem Landtagspräsidenten Ernst Woller gemeinsam mit der aktuellen Vorsitzenden der LandtagspräsidentInnenkonferenz, Tirols Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann, an die beiden Preisträger aus Tirol und Wien verliehen.

Der Hauptpreis erging an Mathias Eller für seine rechtswissenschaftliche Dissertation „Mehr-Ebenen-Föderalismus in Österreich“. Diese richtet den Fokus auf die Gemeinden und, während deren Kernaufgaben zweifelsohne der administrativen Staatsgewalt zuzurechnen sind, insbesondere ihren Anteil an den Staatsgewalten der Gesetzgebung und der Gerichtsbarkeit.

Jakob Eder erhielt für sein Dissertationsprojekt „Innovation in Zentrum und Peripherie in Österreich“ den Anerkennungspreis. Er setzt sich in seinen Arbeiten mit dem Thema Innovation aus der Perspektive der regionalen Entwicklung auseinander und geht der Frage nach, welche Möglichkeiten periphere Regionen haben, Innovation anzustoßen, um zu einer Verringerung des Abstandes zu Ballungsräumen zu kommen.

Landtagspräsident Ernst Woller: „Ich freue mich, dass es heuer eine Rekordzahl an Einreichungen für diesen Preis gegeben hat und auch über deren Internationalität. Das zeigt, dass die Themen Föderalismus und Subsidiarität nicht nur auf hoher politischer Ebene in Europa von großer Aktualität sind.“

 

Ausführliche Zusammenfassungen der preisgekrönten Arbeiten sind im Föderalismus-Blog unter www.foederalismus.at/blog abrufbar.

Art 15a-B-VG Vereinbarung zur Kinder- und Jugendhilfe vor Fertigstellung



Keine wirklichen föderalen Fortschritte wird es wie erwartet bei der „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe geben. Letztendlich konserviert die kurz vor der Kundmachung stehende Art. 15a-Vereinbarung den bisherigen (grundsatzgesetzlichen) Rechtsbestand, auch wenn die entsprechende Kompetenz an die Länder übertragen wird. Die Chancen einer echten föderalistischen Lösung, die die Erprobung unterschiedlicher Konzepte ermöglichen würde, bleiben somit ungenutzt.

Wie bereits in den vergangenen Ausgaben der Föderalismus-Info berichtet, findet die „Verländerung“ des Kompetenztatbestandes „Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge“, der im Wesentlichen die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe umfasst, erst dann statt, wenn eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über den Gegenstand des bisherigen Grundsatzgesetzes, nämlich dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 in Kraft tritt. Diese Kompetenzverlagerung war somit schon von Anbeginn mit mehr oder weniger umfassenden Einschränkungen behaftet.

Ein entsprechender Entwurf wurde zwischenzeitlich unter Einvernehmen von Vertretern des Bundes und der Länder erstellt und im Juni 2019 vom Nationalrat (RV 573 BlgNR XXVI. GP) sowie von den Ländern genehmigt und unterfertigt. Die Vereinbarung ist allerdings noch nicht kundgemacht.

Der Vereinbarungstext verweist auf sämtliche Grundsatzbestimmungen des (noch) in Kraft befindlichen Bundes-Kinder und Jugendhilfegesetzes als „Grundsätze für die Gesetzgebung der Länder“ (Art. 2 Abs. 2), womit sich im Ergebnis durch die Kompetenzverschiebung in diesem Bereich absolut nichts ändern wird. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass zudem gemäß Art. 4, sollten sich Standards in der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickeln, etwa bei Vorliegen von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Vereinbarung „rechtzeitig“ anzupassen ist, dies im Einvernehmen aller Vertragsparteien. Eine derartige einheitliche Gestaltung der Kinder- und Jugendhilfe, die in Art. 1 der Vereinbarung ausdrücklich als Ziel angeführt ist, blendet die Vorzüge eines föderalen Systems, nämlich den Föderalismus als „Innovationslabor“, vollständig aus.

Tagungsbericht: „Grenzüberschreitendes Naturgefahrenmanagement und regionale Problemlösungsmöglichkeiten“



Die Europaregion Tirol/Südtirol/Trentino will ihre Zusammenarbeit im Naturgefahrenmanagement verbessern. In einer Tagung in Innsbruck wurden Erfahrungen ausgetauscht und den drei Landesparlamenten von Experten dargelegt, welche Bereiche bereits funktionieren und welche noch verbessert werden müssen. Die Ergebnisse fließen in einen Leitantrag für den kommenden Dreierlandtag ein, der im Oktober in Meran tagen wird.

Am 17. September 2019 fand im Tiroler Landhaus im Rahmen des EU-Projekts „Science meets Parliaments“ eine Konferenz zu grenzüberschreitendem Naturgefahrenmanagement in der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino statt. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann kamen rund 80 Tagungsgäste nach Innsbruck, um den Fachvorträgen zu folgen und sich im Anschluss an den Diskussionen zu beteiligen. Ziel der Konferenz war es, die drei Parlamente der Europaregion mit wissenschaftlicher Expertise zusammenzubringen. Gemeinsam wurde nach regionalen Problemlösungsmöglichkeiten gesucht.

In drei Blöcken wurden von renommierten Expertinnen und Experten der Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient sowie der Europäischen Kommission über internationale Aspekte, die rechtliche Situation und praktische Ansätze grenzüberschreitender Kooperationen referiert, um den Ist-Stand zu erheben bzw. darzulegen und konkrete Handlungsempfehlungen auszusprechen. Den Abschluss der Tagung bildete ein Runder Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung sowie von Hilfsorganisationen. Der Tenor der Diskussion war, dass die Zusammenarbeit im Einsatzfall gut funktioniert, man sich aber – etwa im Bereich der Haftung – von der Gesetzgebung klarere Rahmenbedingungen wünschen würde.

Die Erkenntnisse der Konferenz werden ausgewertet und direkt in den Leitantrag von Präsidentin Ledl-Rossmann einfließen, der am nächsten Dreier-Landtag (16. Oktober 2019 in Meran) vorgelegt und zur Abstimmung gebracht wird. Neben dem Tiroler Landtag waren das Institut für Föderalismus, die Universität Innsbruck sowie die Europäische Kommission Veranstalter der Tagung.

 

Die Tagungsunterlagen sowie weitere Informationen sind unter folgendem Link zu finden:

https://www.tirol.gv.at/landtag/science-meets-parliaments/

Neuerscheinung: „43. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2018)“



Der 43. Föderalismusbericht ist im September 2019 erschienen. Er dokumentiert die Entwicklung des österreichischen bundesstaatlichen Systems im Berichtsjahr 2018. In insgesamt acht Kapiteln werden Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung des Föderalismus in Österreich, Entwicklungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Neuerungen im Bereich des finanziellen und kooperativen Föderalismus, die aus bundesstaatlicher Sicht relevante Judikatur sowie die Tätigkeit des Instituts für Föderalismus dargestellt. Im Anhang enthalten ist eine Auswahl von föderalistisch bedeutsamen Dokumenten und Statistiken des Berichtsjahres.

„43. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2018)“

Herausgeber: Institut für Föderalismus

ISBN: 978-3-7003-2169-9

185 Seiten

EUR 24,90

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Neuerscheinung: „Das Dienstrecht der Tiroler Landesbediensteten Entstehungsprozess und Entwicklungstendenzen“



Das Dienstrecht der Beamten und der Vertragsbediensteten des Landes Tirol hat bislang noch keine umfassende Darstellung in der Literatur erfahren. Das von Christian Warzilek verfasste Werk will diese Lücke schließen und begibt sich auf eine entwicklungsgeschichtliche Spurensuche nach einschlägigen Rechtsquellen und prägenden Reformschritten.

Unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Determinanten sowie unionsrechtlicher Aspekte wird versucht, neue rechtsdogmatische Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei wird verdeutlicht, dass sich föderale Strukturen im Wettbewerb um die besten Lösungen vielfach als treibende Kraft erweisen und auch im Hinblick auf eine Neuordnung des Dienstrechtsregimes ein Garant für innovative Veränderungen sind. Das Werk ist Ende September als Band 14 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht erschienen.

 

„Das Dienstrecht der Tiroler Landesbediensteten Entstehungsprozess und Entwicklungstendenzen“

Christian Warzilek

ISBN: 978-3-7003-2118-7

182 Seiten

EUR 19,90

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Veranstaltungshinweis: „„Herausforderungen der Bezirksverwaltung“ (25. Oktober 2019)



Die Tagung findet am 25. Oktober 2019 im Landtagssaal St. Pölten statt und wird vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Vereinigung der österreichischen Bezirkshauptleute organisiert. Gegenstand der Veranstaltung sind die kommenden Herausforderungen der Bezirksverwaltungsbehörden, dies insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten B-VG Novelle (BGBl I 14/2019) sowie der Digitalisierung, die in der Praxis eine immer größere Rolle spielt. Darauf aufbauend werden unter anderem die regionalpolitische Bedeutung der Bezirkshauptmannschaften sowie die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe Kernthemen der Tagung sein.

Das detaillierte Programm ist unter diesem Link abrufbar.

 

Für An- und Abmeldungen (bis 21. Oktober 2019) sowie weitere Informationen:

Andrea Schafferer

+43.512.574594

institut@foederalismus.at

Veranstaltungshinweis: „Wohnraumschaffung – neue Herausforderungen im Landesrecht“ (22. November 2019)



Die Länder stehen vor der Herausforderung, leistbares Wohnen zu ermöglichen. Ihre Kompetenzen sind jedoch begrenzt: Neben den Instrumentarien der Raumordnung stehen im Wesentlichen das Baurecht und das Grundverkehrsrecht zur Verfügung. Andererseits wirken sich neue Formen der touristischen Vermietung wie Airbnb auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum aus.

ie in Bregenz stattfindende Veranstaltung will einerseits die Potenziale der den Ländern zur Verfügung stehenden Materien durch Präsentation innovativer Regelungsansätze aufzeigen, andererseits auch die Möglichkeiten einer zweckmäßigen Ergänzung dieser Landeskompetenzen analysieren. Das Programm gliedert sich in zwei Blöcke: In einem ersten Teil werden (rechtliche) Grundsatzfragen behandelt. Der zweite Teil ist mit den Themen „Kurzzeitvermietungen“, „Tiroler Bodenfonds“ sowie „Raumplanungsgesetz in Vorarlberg“ Praxisbeispielen aus den Ländern gewidmet.

 

Das detaillierte Programm ist unter diesem Link abrufbar.

 

Für An- und Abmeldungen sowie weitere Informationen:

Andrea Schafferer

+43.512.574594

institut@foederalismus.at

Veranstaltungshinweis: „Winter School on Federalism and Governance 2020“



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem dort beheimateten Forschungszentrum Föderalismus die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism and Language“ mit prominenten Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2020 findet vom 17. bis 28. Februar in Innsbruck und Bozen statt. Die Bewerbungsfrist endet am 11. Oktober 2019.

Weitere Informationen finden Sie unter www.winterschool.eurac.edu.

Buchempfehlung: „Recht der politischen Parteien“



Das von Christian Eisner, Michael R. Kogler und Andreas Ulrich verfasste Kommentar zum gesamten Parteienrecht in Österreich ist kürzlich in zweiter Auflage im Jan Sramek Verlag erschienen (ISBN: 978-3-7097-0221-5, 428 Seiten).

Mathias Eller und Jakob Eder gewinnen Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2019



Der diesjährige Preis für Föderalismus- und Regionalforschung, ausgeschrieben von den Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie dem Institut für Föderalismus, wird an Mathias Eller von der Universität Innsbruck und an Jakob Eder von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verliehen. Die beiden Preisträger konnten sich in einem hochkarätigen Teilnehmerfeld gegen zwölf weitere Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen. Besonders erfreulich war neben der hohen Teilnehmerzahl die Internationalität der Einreichungen: Die insgesamt 14 Bewerbungen kamen aus sieben verschiedenen Ländern.

Im Fokus der rechtswissenschaftlichen Dissertation „Mehr-Ebenen-Föderalismus in Österreich“ von Mathias Eller stehen die Gemeinden, die als dritte territoriale Ebene im österreichischen Bundesstaat eine – auch im Vergleich zu anderen Bundes- und Regionalstaaten – starke Stellung genießen. Während deren Kernaufgaben zweifelsohne der administrativen Staatsgewalt zuzurechnen sind, wird in der Arbeit primär der Frage nachgegangen, welchen Anteil die österreichischen Gemeinden an der Staatsgewalt der Gesetzgebung und der Gerichtsbarkeit haben. Mathias Eller beleuchtet damit einen wichtigen Aspekt föderaler und gewaltenteilender Systeme. Er beschreitet für Österreich, aber auch für darüberhinausgehende Fragestellungen Neuland und leistet mit seiner Dissertation einen wertvollen Beitrag zur nationalen und internationalen Föderalismusforschung.

Jakob Eder wurde für sein laufendes Dissertationsprojekt „Innovation in Zentrum und Peripherie in Österreich“ ausgezeichnet. Der Preisträger setzt sich in seinen Arbeiten mit dem Thema Innovation aus der Perspektive der regionalen Entwicklung auseinander und geht der Frage nach, welche Möglichkeiten periphere Regionen haben, Innovation anzustoßen, um zu einer Verringerung des Abstandes zu Ballungsräumen zu kommen. In einem ersten Schritt untersucht der Autor die Verteilung der betrieblichen Forschungsausgaben und findet auch in peripheren Regionen teilweise unerwartet hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die entweder historisch oder auch mit gewissen Zufälligkeiten in der Entwicklung einzelner Betriebe zu begründen sind. Vor den größten Problemen, In-novation zu etablieren, stehen Regionen, denen die historischen Wurzeln fehlen und wo keine Unternehmen, die als Träger von Innovation fungieren können, vorhanden sind. Die Arbeit analysiert mit großem Praxisbezug ein Thema, das hohe Relevanz für große Teile des Landes aufweist.

Neuerscheinung: „Kleines Föderalismus ABC - Begriffe, Zusammenhänge, Zitate“



Das Institut für Föderalismus hat mit dem Werk „Kleines Föderalismus ABC – Begriffe, Zusammenhänge, Zitate“ eine Publikation herausgebracht, die in kurzen, schnell lesbaren Texten und Zitaten einen Überblick über die wichtigsten Begriffe des Föderalismus sowie über viele aktuelle Aspekte des föderalistischen Geschehens auf nationaler und internationaler Ebene bietet. Ziel ist es, wissenschaftlich abgesicherte Informationen zur Vielfalt des Föderalismus zur Verfügung zu stellen.

Angestrebt wird mit der Publikation insbesondere:

 

Ein Brückenschlag von der Wissenschaft zur Praxis

Mit der Erklärung und Definition der wichtigsten Begriffe sowie der kurzen Kommentierung vieler aktueller Themen soll ein objektiver Rahmen für die politische Debatte in Österreich bereitgestellt werden.

 

Blick auf internationale Beispiele

Viele Konfliktherde auf der Welt sind den ungelösten Schnittstellen zwischen regionalen, kulturellen oder religiösen Besonderheiten und dem jeweiligen Staatsgefüge geschuldet. In den meisten Fällen würde ein der Situation angepasster Föderalismus, wenn nicht zur Lösung, so doch zu einem besseren Miteinander beitragen.

 

Vergleich der wirtschaftlichen Performance

In allen weltwirtschaftlichen Rankings belegen föderal organisierte Länder Spitzenränge. Das Austarieren der Interessen scheint im Föderalismus vielfach schwieriger zu sein, die Ergebnisse aber sind besser.

 

Überblick über die Wissenschaftsgemeinschaft

Mit einer großen Zahl von Zitaten werden ein Überblick über die einschlägige Forschungsgemeinschaft sowie Beurteilungen aus der gelebten Praxis geboten, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

 

 

„Kleines Föderalismus ABC - Begriffe, Zusammenhänge, Zitate“

Peter Bußjäger/Georg Keuschnigg/Christoph Schramek (Hrsg)

61 Seiten, EUR 3,--

Bestellungen unter: institut@foederalismus.at

VfGH: Aufhebung von Bestimmungen des ÄrzteG wegen fehlender Zustimmung der Länder



Im März 2019 hat der VfGH mehrere Bestimmungen des Ärztegesetzes aufgrund fehlender Zustimmung der Länder als verfassungswidrig aufgehoben. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist die Entscheidung jedenfalls zu begrüßen, da klargestellt wurde, dass das Institut der mittelbaren Bundesverwaltung nicht ohne weiteres umgangen werden kann.

Im Erkenntnis G 242/2018-16 vom 13. März 2019 hat der VfGH mehrere Bestimmungen des Ärztegesetzes aufgrund fehlender Zustimmung der Länder als verfassungswidrig aufgehoben. Hintergrund des Erkenntnisses waren Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts, die im Wesentlichen geltend gemacht hatten, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, indem er für die Eintragung in die und Streichung aus der Ärzteliste zuständig ist, als Bundesbehörde eine Angelegenheit, die nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG angeführt sei, ohne Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes vollziehe. Insofern hätte bei der Übertragung dieser Zuständigkeiten auf den Präsidenten der Ärztekammer im Jahr 2009 (BGBl I 144/2009) eine Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art. 102 Abs. 1 bzw. Abs. 4 B-VG eingeholt werden müssen.

Der VfGH ist diesen Benken im Wesentlichen gefolgt: Er stellte zunächst klar, dass Art. 120b Abs. 2 B-VG dazu ermächtigt, Selbstverwaltungskörpern wie der Ärztekammer Aufgaben staatlicher Verwaltung zu übertragen. Dies mache allerdings das Regelungsregime des Art. 102 B-VG nicht obsolet.

Da die gegenständlichen Angelegenheiten – Eintragung in die und Streichung aus der Ärzteliste – solche des Gesundheitswesens (Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG) seien, die wiederum nicht im Ausnahmenkatalog des Art. 102 Abs. 2 B-VG angeführt sind, wären sie eigentlich in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen.

In der Folge prüfte der VfGH, ob iSv Art. 102 Abs. 1 B-VG eine Vollziehung von Bundesbehörden in Weisungsunterworfenheit des Landeshauptmannes vorliegt. Dies verneinte er allerdings vor dem Hintergrund einer ausdrücklichen und alleinigen Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit, die auch nicht als unausgesprochene Weisungsbefugnis des zuständigen Landeshauptmannes verfassungskonform interpretiert werden könne. Mit dieser Konstruktion wird, so der VfGH, der in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentrale Landeshauptmann schlechthin umgangen (vgl. auch das sogenannten „Weinaufsichtserkenntnis“, VfSlg 11.403/1987), was nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG zulässig gewesen wäre, die allerdings ausgeblieben ist. Dies stelle letztendlich einen Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung dar, weshalb der VfGH die einschlägigen Bestimmungen des Ärztegesetzes aufgehoben hat.

Das Institut für Föderalismus begrüßt dieses Erkenntnis des VfGH insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen und bislang nicht immer klar ausjudizierten Ausnahmemöglichkeiten der Art. 102 Abs. 1 bis 4 B-VG, die eine (schleichende) Aushöhlung der mittelbaren Bundesverwaltung, die immerhin ein Wesenselement des bundesstaatlichen Prinzips bildet, befürchten lassen.

VfGH: Vermögensregress seit 2018 auch in der Behindertenhilfe beseitigt



Der VfGH hat klargestellt, dass das Ende des Pflegeregresses auch für den Bereich der Behindertenhilfe gilt. Anlass für die Entscheidung war ein Antrag des Salzburger Landesverwaltungsgericht, das eine Ungleichbehandlung im Salzburger Behindertengesetz ausgemacht hatte. Über die konkrete Entscheidung hinaus verweist dieses Erkenntnis auf die grundsätzliche Problematik von Eingriffen des Bundes(verfassungs)gesetzgebers, indem er in Materien, die von den Ländern zu regeln sind, als „negativer Gesetzgeber“ auftritt.

Der VfGH hat sich im März 2019 mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Verbot des Pflegeregresses, das mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten ist (BGBl I 125/2017), auch im Bereich der Behindertenhilfe gilt (VfGH 12. März 2019, G 276/2018-27). Ausgangspunkt des gegenständlichen Verfahrens war ein Antrag des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) Salzburg, in welchem die Ansicht vertreten wurde, dass das Verbot des Pflegeregresses im Rahmen der Sozialhilfe gemäß § 330a ASVG den Bereich der Behindertenhilfe nicht umfasse. Dies ergebe sich vor allem direkt aus dem ASVG (Bundesgesetz), das in § 324 Abs. 3 zwischen Trägern der Sozialhilfe, der Jugendwohlfahrt und der Behindertenhilfe differenziere. Auch weitere Bundesgesetze würden ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen den Hilfesystemen „Sozialhilfe“ und „Behindertenhilfe“ vornehmen. Vor diesem Hintergrund hegte das LVwG allerdings Bedenken dahingehend, dass § 17 Abs. 2 Z. 3 Salzburger Behindertengesetz, der einen Kostenbeitrag aus verwertbaren Vermögen für den Bereich der Behindertenhilfe vorsieht, verfassungs- bzw. gleichheitswidrig sei, da diese landesgesetzliche Bestimmung – vor dem Hintergrund der bundesgesetzlichen Vorgaben im ASVG – zu einer Ungleichbehandlung zwischen Menschen mit Behinderungen, denen im Rahmen der Behindertenhilfe Maßnahmen gewährt werden, und jenen Personen, denen im Rahmen der Sozialhilfe Hilfe für den Lebensbedarf gewährt wird – wo eben laut ASVG kein Vermögensregress mehr zulässig ist –, führe.

Der VfGH verwies in seinem Erkenntnis zunächst darauf, dass der Verfassungsgesetzgeber den Begriff der „Sozialhilfe“ nicht definiert hat. Kompetenzrechtliche Überlegungen – die Sozialhilfe(Mindestsicherungs-)gesetzgebung der Länder beruht im Wesentlichen auf dem Kompetenztatbestand des „Armenwesens“ in Art. 12 B-VG während die einfachen (Landes-)Gesetze im Bereich der Behindertenhilfe auf Art. 15 Abs. 1 B-VG gründen – würden zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, da § 330a ASVG gerade nicht am verfassungsrechtlichen Begriff des „Armenwesens“ anknüpfe. Vielmehr kenne das Sozialhilferecht der Länder, das älter ist als die spezifische Behindertengesetzgebung der Länder, seit langem Sozialhilfemaßnahmen der Pflege von pflegebedürftigen Menschen. Dabei sei die Ursache einer Pflegebedürftigkeit, insbesondere, ob alters- oder etwa behinderungsbedingt, gleichgültig gewesen. Erst später seien Behinderten-, Chancengleichheits- oder ähnlich bezeichnete Gesetze geschaffen worden. Aufgrund dieser historischen Betrachtung kam der VfGH zu dem Schluss, dass der Begriff Sozialhilfe in § 330a ASVG auch die Behindertenhilfe umfasst und sich somit das Verbot des Pflegeregresses auch auf stationäre Pflegeleistungen, die Menschen mit Behinderung erbracht werden, bezieht.

Da § 707a Abs. 2 ASVG festlegt, dass dem Verbot des Pflegeregresses entgegenstehende Landesgesetze mit 1. Jänner 2018 außer Kraft getreten sind, ist auch die einschlägige Rechtslage im Salzburger Behindertengesetz mittlerweile außer Kraft getreten und war der Antrag des LVwG Salzburg dementsprechend zurückzuweisen.

Der VfGH hat mit diesem Erkenntnis eine weitere Unklarheit im Zusammenhang mit dem Verbot des Pflegeregresses beseitigt. Anhand dieses Beispiels werden auch die Probleme ersichtlich, die entstehen, wenn sich der Bundesverfassungsgesetzgeber als negativer Gesetzgeber betätigt, indem er pauschal „entgegenstehende Landesgesetze“ außer Kraft setzt, wie es in § 707a Abs. 2 ASVG der Fall ist. Solange der VfGH keine Klarstellung vornimmt, ist gerade bei einer stark auslegungsbedürftigen Bestimmung wie § 330a ASVG weitgehend unklar, welches Landesrecht noch in Kraft oder bereits außer Kraft getreten ist.

Studie qualifiziert Österreich als „de facto Einheitsstaat“



Kann Österreich noch als föderalistisch organisierter Staat gesehen werden oder handelt es sich letztlich um einen zentralisierten Einheitsstaat? Paolo Dardanelli von der University of Kent kommt in seiner Analyse in der weltweit führenden Zeitschrift für Föderalismusfragen zum Ergebnis, dass Österreich „de facto ein Einheitsstaat“ ist. Vor allem die Schweiz, aber auch Deutschland und Spanien bzw. Italien sieht Dardanelli als wesentlich weniger zentralistisch ausgerichtet. Ausgangspunkt seiner Forschung ist die bisher umfassendste Studie zum sogenannten Regional Authority Index (RAI) aus dem Jahr 2016. Dardanelli wählt allerdings einen vom RAI etwas abweichenden Ansatz und kommt letztlich auch zu anderen Ergebnissen.

In der aktuellen Ausgabe der weltweit führenden Zeitschrift in Föderalismusfragen „Publius“ wurde ein Artikel von Paolo Dardanelli (University of Kent, UK) veröffentlicht, der den Versuch unternimmt, den Dezentralisierungsgrad von Einheitsstaaten und föderalen Staaten zu ermitteln („Conceptualizing, Measuring, and Mapping State Structures – with an Application to Western Europe“).

Die bisher umfassendste Studie in diesem Bereich ist der sogenannte Regional Authority Index (RAI) von Hooghe et al aus dem Jahr 2016. Dieser wird von Dardanelli insofern zunächst kritisch betrachtet, als er auf den beiden Messgrößen „self rule“ und „shared rule“ aufbaut. Während erstere die Möglichkeiten einer subnationalen Einheit umfasst, in ihrem eigenen Hoheitsgebiet autonom tätig zu werden, beschreibt letztere – vereinfacht gesagt – die Einflussmöglichkeiten von subnationalen Einheiten an Entscheidungen, die für den gesamten Staat von Bedeutung sind. Dardanelli hebt in seinem Aufsatz hervor, dass es sich bei diesen beiden Messgrößen um unterschiedliche Konzepte handelt, die nicht, wie beim RAI der Fall, in denselben „Topf“ geworfen werden sollten. Vielmehr sei die „shared-rule“ kein echter Maßstab für Dezentralisierung. Dies sei auch der Grund dafür, dass im RAI beispielsweise Deutschland (37 Punkte) gegenüber der Schweiz (26,5 Punkte [Österreich: 23 Punkte]) als stärker dezentralisiert qualifiziert wird, was bisherigen Ansichten in der Literatur klar widerspricht. Vor diesem Hintergrund würden strukturelle Fragen im Hinblick auf die Qualifizierung als zentralisierten/dezentralisierten bzw. Einheitsstaat/föderalen Staat aus dem RAI nicht klar hervorgehen.

Diesen strukturellen Fragen widmet sich die Studie von Dardanelli. Aufgezählt werden daher zunächst drei wesentliche Mindesterfordernisse eines föderalen Staates, die nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aspekte miteinbeziehen:

 

  1. Eine „Landesversammlung“/ein Landesparlament direkt vom Landesvolk gewählt sowie eine diesem verantwortliche oder ebenfalls direkt gewählte Landesvollziehung;
  2. eigene Gesetzgebungskompetenzen zumindest in einem bedeutenden Bereich (aufgezählt werden etwa Wirtschafts-, Bildungs- oder Sozialpolitik);
  3. sowie im finanziellen Bereich eine weitgehende Unabhängigkeit.

 

Auf dieser Bewertung aufbauend, wird in der Studie die Autonomie eines Staates in drei Dimensionen numerisch dargestellt, die sich aufteilen in: „institutionelle Autonomie“ (oben Punkt 1), „politische Autonomie“ (oben Punkt 2) und „finanzielle Autonomie“ (oben Punkt 3). Österreich schneidet im Ranking insgesamt bei 7,5 Punkten (von 14 Punkten) ab und wird vom Autor, wenngleich formell ein föderaler Staat, als „de facto Einheitsstaat“ bezeichnet. Interessant ist auch der Vergleich gegenüber anderen, nicht nur föderal organisierten Staaten: Deutschland (10,5), Frankreich (6), Italien (9 bis 10), Schweiz (12,5) und Spanien (10 bis 11,5). Die Ergebnisse zeigen, dass Österreich noch einiges an Aufholbedarf hätte.

Buchempfehlung: „Der Oberösterreichische Landtag“



Dreißig Jahre nach dem Erscheinen der ersten umfassenden Darstellung der historischen Entwicklung, des Wesens und der Bedeutung des Oö. Landtags durch Wolfgang Pesendorfer im Jahr 1989 bietet nicht zuletzt das Gedenken an die konstituierende Sitzung der provisorischen Landesversammlung vor hundert Jahren, am 18. November 1918, Anlass und Gelegenheit, auch die jüngere Geschichte und Entwicklung des oberösterreichischen Landesparlaments aufzuarbeiten.

Ziel des Buches ist zunächst eine kompakte Darstellung der Geschichte des Landes Oberösterreich und der Institution Landtag als Kristallisationskern dieser Entwicklung. Die Historie findet sich im ersten Teil, angereichert mit einigen blitzlichtartigen Details zu markanten Persönlichkeiten, Fakten und Dokumenten. Dabei wird eine moderne Form der Aufbereitung der Basisdaten, auch in Tabellen und Übersichten, verwendet, womit ein Vergleich über verschiedene Epochen hinweg und ein rascher Zugang zu gesuchten Informationen ermöglicht werden soll. Der zweite Teil enthält eine systematische Darstellung wesentlicher Handlungs- und Entwicklungsfelder anhand von Beispielen, deren Auswahl nicht frei von subjektiven Einschätzungen sein kann.

Der Autor des Buches, Landtagsdirektor Wolfgang Steiner, recherchierte zwei Jahre lang intensiv für die Neuüberarbeitung. Ihm waren sowohl die Chronik als auch die Funktionen des Landtags wichtig: „Damit für jemanden, dem nicht klar ist, wofür ein Landesparlament noch notwendig ist, nachvollziehen kann, warum wir es brauchen.“

 

Wolfgang Steiner

Der Oberösterreichische Landtag

Das Parlament des Landes Oberösterreich – Geschichte. Daten. Funktionen

1. Auflage 2019, 160 Seiten, 22 x 25 cm, Hardcover mit Schutzumschlag, 4-farbig

ISBN 978-3-99062-203-2

 

Für Bestellungen und nähere Informationen: Link zur Homepage des Trauner Verlags.

Siehe auch den aktuellen Föderalismus-Blog: „Der Oberösterreichische Landtag – Geschichte, Daten und Funktion“

Veranstaltungshinweis: Antrittsvorlesungen zum Thema „Aufgabenteilung im Mehrebenensystem. Perspektiven des öffentlichen Rechts



Am 24. Juni finden an der Universität Innsbruck insgesamt drei Antrittsvorlesungen statt. Neben Institutsdirektor Peter Bußjäger werden Esther Happacher und Andreas Müller rund um das Thema „Aufgabenteilung im Mehrebenensystem. Perspektiven des Öffentlichen Rechts“ vortragen.

Termin: Montag, 24.06.2019, 16:00 Uhr

Ort: Kaiser-Leopold-Saal, Karl-Rahner-Platz 3, 6020 Innsbruck

 

Programm:

 

Esther Happacher

Der „differenzierte Regionalismus“: neue Entwicklungen im italienischen Mehrebenensystem

 

Peter Bußjäger

Verwaltungsrecht und Mehrebenensystem: Rechtsprobleme des grenzüberschreitenden Katastrophenmanagements am Beispiel Tirols

 

Andreas Müller

Gnade für Völkermörder und Menschheitsverbrecher? Bestimmung und Begrenzung des Völkerstrafrechts

Veranstaltungshinweis: „1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen“ (27. Juni 2019)



Die Tagung findet am Donnerstag, den 27. Juni 2019 an der Universität Innsbruck statt. Ziel ist es, die Rolle der Länder in der Staatsgründung zu analysieren sowie das Landesverfassungsrecht im Vorfeld des 100-jährigen Jubiläums der österreichischen Bundesverfassung zu würdigen. Veranstalter sind das Institut für Föderalismus, das Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte sowie das Forschungszentrum Föderalismus der Universität Innsbruck.

Die Länderkonferenzen der Jahre 1919/1920 bildeten eine wichtige Grundlage für die Konsolidierung der Staatsgewalt in der Ersten Republik und die Ausarbeitung der Bundesverfassung. Insbesondere einigte sich die Provisorische Staatsregierung mit den Ländern im Rahmen der Länderkonferenzen über die Ausgestaltung der Republik als Bundesstaat. Gleichzeitig schufen einzelne Länder (Oberösterreich, Vorarlberg) mit der Inkraftsetzung eigener Landesverfassungen vollendete Tatsachen, bevor das B-VG von 1920 den Bundesstaat erst formell konstituierte.

Ziel der Veranstaltung ist es, die zeithistorischen Vorgänge zu beleuchten sowie die Rolle der Länder in der Staatsgründung und ihr Verhältnis zur Zentralgewalt zu analysieren. Zudem soll im Vorfeld des 100-jährigen Jubiläums der österreichischen Bundesverfassung auch das Landesverfassungsrecht gewürdigt werden.

 

Vortragende: Martin Schennach (Universität Innsbruck), Peter Bußjäger (Institut für Föderalismus und Universität Innsbruck), Jana Osterkamp (Collegium Carolinum München), Sebastian Strasak (Universität Innsbruck), Helmut Gebhardt (Universität Graz).

 

Termin: Donnerstag, 27. Juni 2019, Beginn 14:00 Uhr

Ort: Hauptgebäude Universität Innsbruck, Hörsaal F (Innrain 52, 2. Stock)

Anmeldung unter: institut@foederalismus.at (+43 512-574594)

Veranstaltungshinweis: „Subsidiarität in der Europäischen Union – Aktuelle Entwicklungen“



Die Veranstaltung ist aktuellen Entwicklungen rund um das Thema „Subsidiarität“ gewidmet. Thematisiert werden dabei unter anderem die Arbeiten der „Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und ‚Weniger, aber effizienteres Handeln‘“, die vor knapp einem Jahr ihren Abschlussbericht erstattet hat, sowie die anschließend veröffentlichte Mitteilung der Europäischen Kommission „Die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit: Stärkung ihrer Rolle bei der Gestaltung der EU-Politik“, mit der erste Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen der Taskforce in Gang gesetzt wurden.

Christian Gsodam, Berater des Generalsekretärs des Ausschusses der Regionen sowie Berater der Taskforce für Subsidiarität, wird zunächst zum Thema „Aktive Subsidiarität – Bau- und Verfahrensprinzip der Europäischen Union“ referieren. Im Anschluss zieht Institutsdirektor Peter Bußjäger eine Bilanz zu Subsidiarität und dem österreichischen Ratsvorsitz.

 

Datum: Freitag, 28. Juni 2019

Beginn: 11:00 Uhr

Ort: Universität Innsbruck (Geiwi-Turm, Innrain 52d), Hörsaal 5¾ (EG)

 

Anmeldung:

Institut für Föderalismus

Tel. +43 512-574594

E-Mail: institut@foederalismus.at

www.foederalismus.at

Federal Scholar in Residence 2020 – EINREICHFRIST: 1. Juli 2019



Das Eurac Research Institut für Vergleichende Föderalismusforschung nimmt Bewerbungen für das Forschungsstipendium Federal Scholar in Residence 2020 entgegen. Das Programm richtet sich an Professoren, Forscher, postgraduale Studierende und Praktiker mit beruflichen oder universitären Erfahrungen im Bereich der vergleichenden Föderalismus- und Regionalismusforschung. Interessierte können ihre Arbeit bis zum 1. Juli 2019 in deutscher, italienischer, englischer, spanischer oder französischer Sprache einreichen (federalscholar@eurac.edu). Mittels eines doppelten Blindgutachtenverfahren wird der/die Gewinner/in ermittelt und bis spätestens Mitte Oktober 2019 bekannt gegeben. Informationen zum Programm erhalten Sie unter www.eurac.edu/federalscholar.

Bundesrat verweigerte erstmals Zustimmung zu Verfassungsänderung



Seit 1985 müssen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die in Kompetenzen der Bundesländer eingreifen, vom Bundesrat mit Zweitdrittel-Mehrheit bestätigt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass es zu einseitigen Kompetenzverschiebungen kommt. Am 14. Februar 2019 war es nun erstmals so weit, dass ein Drittel der Bundesräte einen derartigen Beschluss zu Fall gebracht hat. Alle Abgeordneten der SPÖ, die ein Drittel der Bundesräte stellt, haben gegen eine Novelle des Ökostromgesetzes gestimmt. Zwar ging es dabei weniger um die Verteidigung von Länderinteressen, allerdings hat die nicht zustande gekommene Zustimmung durchaus Symbolkraft im Hinblick auf künftige Kompetenzverteilungsdebatten.

Gemäß Art 44 Abs 2 B-VG benötigen Verfassungsgesetze oder Verfassungsbestimmungen, mit denen in die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingegriffen wird, eine Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Bundesrates benötigen. Dabei handelt es sich um ein vergleichsweise junges Instrument der Bundesverfassung, das Teil der B-VG-Novelle 1984 (BGBl 490/1984) – einer „kleinen Föderalismusnovelle“ – war und mit 1. Jänner 1985 in Kraft getreten ist. Mit der Schaffung von Art 44 Abs 2 B-VG wurde einer langjährigen Forderung der Länder Rechnung getragen, die darauf abzielte, einseitigen Verschiebungen der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern wirksam entgegentreten zu können.

Vor diesem Hintergrund handelt es sich um ein aus bundesstaatstheoretischer Sicht äußerst bedeutendes Instrument, da es den Ländern im Wege des Bundesrates die Möglichkeit eröffnet, an der Kompetenz-Kompetenz mitzuwirken. Insofern ist es Ausdruck einer tatsächlich verwirklichten Bundesstaatsparität, während einseitige Änderungen der Kompetenzverteilung, wie sie vor 1985 möglich waren, eher für einen dezentralisierten Einheitsstaat typisch sind.

Dieser – aus theoretischer Sicht – besonderen Bedeutung des Zustimmungsrechts für das föderale System steht die bisherige praktische Handhabung gegenüber. Von 1985 bis 2018 wurde insgesamt 275 Mal die Zustimmung gemäß Art 44 Abs 2 B-VG erteilt und kein einziges Mal verweigert. Es wäre jedoch verfehlt, aus diesem praktischen Befund auf die Bedeutungslosigkeit des Instruments zu schließen. Neben der besonderen bundesstaatstheoretischen Bedeutung hat das Zustimmungsrecht in der Vergangenheit mehrfach eine Art präventive Funktion erfüllt und die Länder vermutlich vor deutlich dramatischeren Zuständigkeitsverlusten bewahrt.

Eine Wende gab es kürzlich im Zuge der 889. Sitzung des Bundesrates vom 14.2.2019. Darin ist erstmals die erforderliche Zustimmung gemäß Art 44 Abs 2 B-VG zu einem Gesetzesbeschluss des Nationalrats nicht zustande gekommen. Hintergrund war eine Novelle des Ökostromgesetzes (IA 505 BlgNR 26. GP), dessen Erlassung eigentlich in die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 12 B-VG fallen würde, jedoch aufgrund einer Kompetenzdeckungsklausel in § 1 in Gesetzgebung und Vollziehung alleinige Sache des Bundesgesetzgebers ist. Die Kompetenzdeckungsklausel umfasst allerdings nicht die Novellierung des Gesetzes (lediglich die Erlassung, Aufhebung und Vollziehung der Bestimmungen des Ökostromgesetzes 2012 in der jeweiligen Fassung). Daher musste sie neu mit einer Mehrheit von zwei Dritteln beschlossen werden und bedurfte zudem der Zustimmung des Bundesrates, die eben verweigert wurde.

Im Zusammenhang mit der erstmaligen Verweigerung der Zustimmung des Bundesrates von einer „Sternstunde“ zu sprechen, wäre allerdings unangebracht. Der konkrete Fall des Ökostromgesetzes hat schließlich weniger etwas mit der Verteidigung von Landeskompetenzen zu tun – das Ökostromgesetz wird schon seit Jahren vom Bund erlassen und vollzogen –, sondern mehr mit der Kritik der SPÖ an einem aus ihrer Sicht „schlechten“ Gesetz. An diesem Beispiel wird die bereits vielfach geäußerte Kritik, dass sich im Bundesrat häufig Parteiinteressen gegenüber Länderinteressen durchsetzen, sichtbar. Immerhin hat der Bundesrat aber unter Beweis gestellt, dass die gerade auch im Hinblick auf die laufenden Diskussionen in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Kompetenzentflechtung erforderlichen Zustimmungen nicht von vornherein gesichert sind.

 

Literaturhinweise:

Bußjäger, Die Zustimmungsrechte des Bundesrates (2001).

Bußjäger, Das Instrument der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung in Theorie und Verfassungswirklichkeit, in: Bußjäger/Weiss (Hrsg), Die Zukunft der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung (2004) 3 ff.

Gamper (eds), Representing Regions, Challenging Bicameralism (2018).

Fortsetzung der Kooperation zwischen dem Land Steiermark, der Universität Graz und dem Institut für Föderalismus



Seit 2017 fördert das Land Steiermark ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universität Graz und des Instituts für Föderalismus zur bundesstaatlichen Aufgaben- und Kompetenzverteilung in Migrations- und Integrationsfragen. Es handelt sich dabei für das IFÖ auch um ein Pilotprojekt zur Zusammenarbeit mit einem Bundesland, das nicht zum Kreis der Trägerländer des Instituts zählt. Das Projekt wird von Institutsdirektor Peter Bußjäger sowie Klaus Poier vom Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz geleitet und im Jahr 2019 fortgesetzt.

Die Universität Graz führt seit 1. Jänner 2017 in Kooperation mit dem Institut für Föderalismus das vom Land Steiermark geförderte Forschungsprojekt „Migration und Integration: Aufgaben- und Kompetenzverteilung im österreichischen Bundesstaat am Beispiel der ‚Flüchtlingskrise‘“ durch. Untersucht wird dabei, welche konkreten Aufgaben der Integration auf regionaler Ebene zu erledigen sind und ob der bestehende Kompetenzrahmen eine erfolgreiche Integration begünstigt oder nicht.

Für das Institut für Föderalismus ist das innovative Projekt auch insoweit ein Pilotmodell, als mit der Förderung durch das Land Steiermark über den Kreis der bisherigen Trägerländer des Instituts hinausgegangen wird. Das Institut hofft, damit den Grundstein für weitere Kooperationen, nicht nur mit dem Land Steiermark, sondern auch mit anderen Ländern zu legen.

Das Projekt wird auch im Jahr 2019 fortgeführt und vom Land Steiermark mit insgesamt 58.000 Euro gefördert. Projektleiter sind Institutsdirektor Peter Bußjäger sowie Klaus Poier vom Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz.

Tagungsaviso 1: „1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen“ (Juni 2019)



Die Tagung findet am Donnerstag, den 27. Juni 2019 an der Universität Innsbruck statt. Ziel ist es, die Rolle der Länder in der Staatsgründung zu analysieren sowie das Landesverfassungsrecht im Vorfeld des 100-jährigen Jubiläums der österreichischen Bundesverfassung zu würdigen. Veranstalter sind das Institut für Föderalismus, das Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte sowie das Forschungszentrum Föderalismus der Universität Innsbruck.

Die Länderkonferenzen der Jahre 1919/1920 bildeten eine wichtige Grundlage für die Konsolidierung der Staatsgewalt in der Ersten Republik und die Ausarbeitung der Bundesverfassung. Insbesondere einigte sich die Provisorische Staatsregierung mit den Ländern im Rahmen der Länderkonferenzen über die Ausgestaltung der Republik als Bundesstaat. Gleichzeitig schufen einzelne Länder (Oberösterreich, Vorarlberg) mit der Inkraftsetzung eigener Landesverfassungen vollendete Tatsachen, bevor das B-VG von 1920 den Bundesstaat erst formell konstituierte.

Ziel der Veranstaltung ist es, die zeithistorischen Vorgänge zu beleuchten sowie die Rolle der Länder in der Staatsgründung und ihr Verhältnis zur Zentralgewalt zu analysieren. Zudem soll im Vorfeld des 100-jährigen Jubiläums der österreichischen Bundesverfassung auch das Landesverfassungsrecht gewürdigt werden.

 

Vortragende: Martin Schennach (Universität Innsbruck), Peter Bußjäger (Institut für Föderalismus und Universität Innsbruck), Jana Osterkamp (Collegium Carolinum München), Sebastian Strasak (Universität Innsbruck), Helmut Gebhardt (Universität Graz).

Tagungsaviso 2: „Herausforderungen der Bezirksverwaltung“ (Oktober 2019)



Die Tagung findet am 24./25. Oktober 2019 im Landtagssaal St. Pölten statt und wird vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Vereinigung der österreichischen Bezirkshauptleute organisiert. Gegenstand der Veranstaltung sind die kommenden Herausforderungen der Bezirksverwaltungsbehörden, dies insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten B-VG Novelle (BGBl I 14/2019) sowie der Digitalisierung. Darauf aufbauend werden unter anderem die regionalpolitische Bedeutung der Bezirkshauptmannschaften sowie die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe Kernthemen der Tagung sein.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2019



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2019 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre (siehe Teilnahmebedingungen) sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Einreichungen sind bis spätestens Freitag, 29. März 2019 an das Institut für Föderalismus zu richten.

Nähere Informationen finden Sie unter:

www.foederalismus.at/foederalismuspreis

Neuerscheinung: „Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien“



Der Band 13 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht ist Ende Jänner erscheinen. Er gibt die Ergebnisse einer Tagung, die im Februar 2018 in Trient stattgefunden hat, wieder. Die Beiträge befassen sich in umfassender Weise mit dem geltenden Rechtsrahmen und den wichtigsten Rechtsfragen des Informationszugangs in den Rechtsordnungen Österreichs und Italiens sowie auf der europäischen Ebene. Ziel des Bandes ist es, das gegenseitige Verständnis zu fördern, welches gerade im Hinblick auf die Verwirklichung einer gemeinsamen Verwaltungskultur in der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino von großer Bedeutung ist.

„Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien. Der Zugang zur Information zwischen Grundsätzen und Anwendung“

 

Herausgeber: Maria Bertel/Esther Happacher/Anna Simonati

ISBN: 978-3-7003-2099-9

131 Seiten

EUR 19,90

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Zwei Dissertationsstellen „Föderalismus“ an der Universität Innsbruck ausgeschrieben



Das Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck hat zwei Dissertationsstellen im Bereich des Föderalismus ausgeschrieben. Zu den Hauptaufgaben gehört die Mitarbeit am „Forschungszentrum Föderalismus“ der Universität Innsbruck sowie am Institut für Vergleichende Föderalismusforschung an Eurac Research in Bozen. Bewerbungen sind bis 22.3.2019 möglich.

Links zu den Ausschreibungen:

 

UniversitätsassistentIn – Dissertationsstelle, Chiffre POSO-10317

UniversitätsassistentIn – Dissertationsstelle, Chiffre POSO-10318

Institut für Föderalismus bekommt zwei neue Trägerländer



Mit Niederösterreich und Salzburg durfte das Institut für Föderalismus am 1. Jänner 2019 zwei weitere Trägerländer willkommen heißen. „Wir freuen uns über diesen Zuwachs in der Trägerschaft, der uns eine Erweiterung der Forschungs- und Publikationstätigkeit ermöglicht und dem Föderalismus als Ganzes mehr Gewicht verleiht“, erklärte Institutsdirektor Peter Bußjäger zum Jahreswechsel. Das Institut für Föderalismus wurde 1975 von den Bundesländern Tirol und Vorarlberg zur Erforschung der Grundlagen für eine optimale föderale Organisation des Staatswesens gegründet. Das Land Oberösterreich kam im Jahr 2003 als Trägerland hinzu. Mit den Ländern Niederösterreich und Salzburg ist nun der Kreis der Trägerländer auf insgesamt fünf Mitglieder angewachsen.

Kompetenzbereinigung beschlossen



Der erste Teil einer geplanten Verfassungsreform zur Kompetenzbereinigung wurde im Dezember sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat mit den erforderlichen Mehrheiten beschlossen. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist die Novelle in Summe positiv zu bewerten. Insbesondere die Änderungen im Bereich der Kompetenzverteilung sowie die Beseitigung wechselseitiger Zustimmungsrechte stellen einen Fortschritt für das föderale System dar. Die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Abschaffung der „Beamtenvorbehalte“ betreffend die Funktionen des Landes- und Magistratsdirektors sind prinzipiell zu begrüßen.

In der beschlossenen Fassung der Novelle (AB 463 BlgNR 26. GP) wurde gegenüber der Regierungsvorlage (RV 301 BlgNR 26. GP) noch die eine oder andere Änderung vorgenommen. Die Wichtigste betrifft die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe durch Streichung des Kompetenztatbestandes „Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge“ in Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG. Ursprünglich war hierzu vorgesehen, dass die Kompetenzänderung erst nach Abschluss einer Vereinbarung der Länder untereinander (Art. 15a Abs. 2 B-VG) in Kraft treten sollte. Den genauen Inkrafttretenszeitpunkt hätte dann die Bundesregierung durch Verordnung festgelegt.

 

Der nun zwischen den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ mit der SPÖ gefundene Kompromiss beruht auf einer Übereinkunft Im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz im November 2018, wonach die Vereinbarung nicht nur unter den Ländern, sondern auch unter Beteiligung des Bundes abgeschlossen werden soll. Es wird somit für das Inkrafttreten der Kompetenzänderung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe das Inkrafttreten einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a Abs. 1 B-VG vorausgesetzt (Art. 151 Abs. 63 Z 5 B-VG). Insofern muss auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht mehr – wie noch in der Regierungsvorlage vorgesehen – durch Verordnung der Bundesregierung festgelegt werden.

 

Mit dieser Änderung soll Befürchtungen entgegengetreten werden, dass die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe eine („massive“) Verschlechterung der Standards in diesem Bereich herbeiführen könnte. Diese Bedenken wären freilich wohl auch auf der Basis der ursprünglich vorgesehenen Regelung unbegründet gewesen. Nicht nachvollziehbar ist in dieser Diskussion, weshalb einheitliche Kriterien bzw. Mindeststandards pauschal als qualitativ höherwertig betrachtet werden. Dass eine Zentralisierung nicht automatisch mit einer hochwertigen Lösung verbunden sein muss, zeigt auch das nachfolgend dargestellte Beispiel eines Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes.

Entwurf eines Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in Begutachtung



Der Entwurf zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, den der Bund im November in Begutachtung geschickt hat, enthält einige bemerkenswerte Neuerungen, sowohl inhaltlicher wie grundsätzlicher Art. So ist neu, dass der Bund im Bereich des Armenwesens von seiner Kompetenz Gebrauch macht, ein Grundsatzgesetz zu erlassen. Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, dass diesmal Höchst- statt der üblichen Mindeststandards festgelegt werden sollen. Dazu sind weitreichende Eingriffe des Bundes in Länderkompetenzen geplant, deren Verfassungsmäßigkeit noch geprüft werden muss.

Ende November 2018 wurde der Entwurf eines Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (104/ME 26. GP) in Begutachtung geschickt. Dies ist aus föderaler Sicht insofern bemerkenswert, als der Bund von seiner Kompetenz zur Erlassung eines Grundsatzgesetzes im Bereich des „Armenwesens“ bislang noch nie Gebrauch gemacht hat. Begründet wurde dieser Umstand unter anderem damit, dass die Länder ihre Sozialhilfe- bzw. in weiterer Folge Mindestsicherungsgesetze insofern weiterentwickelt haben, als vielfach (Zusatz-)Leistungen (etwa „Hilfen in besonderen Lebenslagen“) vorgesehen wurden, die – auch bei einer dynamischen Kompetenzinterpretation – vom Kompetenztatbestand „Armenwesen“ in Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG nicht mehr umfasst und dementsprechend Sache der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG sind. Insofern basiert das derzeit geltende Sozialhilferecht der Länder sowohl auf Art 12 Abs 1 Z 1 iVm Art 15 Abs 6 B-VG als auch auf Art 15 Abs 1 B-VG.

 

Bemerkenswert ist, dass im nunmehrigen Entwurf Höchststandards vorgegeben werden, während die bis zum 31.12.2016 maßgebliche Art 15a B-VG-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung darauf abzielte, einheitliche Mindeststandards festzulegen. Insofern steht durch das neue Grundsatzgesetz ein Systemwechsel „von Mindeststandards zu Höchststandards“ bevor. Ob dieser Paradigmenwechsel dem Sinn der Grundsatzgesetzgebung entspricht, ist äußerst fraglich.

 

Dazu kommt die verwirrende Verwendung des Terminus „Wohnbeihilfe“, welche nur gewährt werden darf, wenn keine Mindestsicherung ausbezahlt wird. Damit wird in Landeskompetenzen (Art. 15 Abs. 1 B-VG) eingegriffen: Die Wohnbeihilfe ist nämlich Bestandteil der Wohnbauförderung, welche in mehreren Schritten in den 1980er Jahren in die Landeskompetenz übertragen wurde (siehe dazu den Literaturhinweis am Ende). Darüber hinaus ist es völlig unzweifelhaft, dass im Wege der Grundsatzgesetzgebungskompetenz für das „Armenwesen“ nicht in die Möglichkeiten der Länder, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Art. 17 B-VG) Unterstützungsleistungen zu gewähren, eingegriffen werden kann. Nach unserer Auffassung kann der Sozialhilfe-Grundsatzgesetzgeber bei der Bemessung des Unterstützungsbeitrags andere Leistungen, wie etwa die Wohnbeihilfe oder sonstige Förderungen, unter sachlichen Gesichtspunkten in Anrechnung bringen, er kann aber den Ländern nicht verwehren, solche Leistungen im Rahmen ihrer Kompetenzen (Art. 15 Abs. 1 B-VG und Art. 17 B-VG) zu gewähren.

 

Die „Zentralisierung“ in Form der Grundsatzgesetzgebung würde im Bereich der Sozialhilfe zwar eine Vereinheitlichung bringen, dies allerdings auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Ein treffendes Beispiel, dass Zentralisierung kein Garant für hochwertige Lösungen ist.

 

Literaturhinweis:

Bußjäger, Wohnbauförderung und Föderalismus, in: Forschungsgesellschaft für Bauen und Wohnen [Hg], Förderung des Wohnungswesens in Österreich – Teil 3 (2001) 17 ff.

Geplante Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes – Kritik der Länder



In der Transparenzdatenbank sollten – so die ursprüngliche Intention – sämtliche öffentlichen Leistungen an eine Person erfasst werden und dadurch die Koordination zwischen den verschiedenen Ebenen verbessert und Mehrfachförderungen verhindert werden. Die Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes, die der Bund Ende November in Begutachtung geschickt hat, sorgt nunmehr für Kritik seitens der Länder, die vor allem vor Ineffizienz, mehr Bürokratie und damit höheren Kosten warnen. Vorschläge aus der Praxis würden seitens des Bundes konsequent ignoriert.

Seit Ende November 2018 ist eine Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes (TDBG) in Begutachtung (105 ME/26. GP), mit der, so die Erläuterungen, „das mögliche Potential der Transparenzdatenbank noch stärker ausgeschöpft werden“ soll. Von Seiten der Länder wird die Vorgangsweise, das gemeinsame Projekt „Transparenzdatenbank“ allein durch einseitige bundesrechtliche Vorgaben weiter zu entwickeln, kritisiert.

 

Ziel der Transparenzdatenbank bildete in ihrer Grundkonzeption die Erfassung sämtlicher öffentlicher Leistungen an eine Person durch Bund, Länder und Gemeinden sowie juristische Personen, an welchen diese entsprechend beteiligt sind. Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind einerseits das TDBG sowie andererseits die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine Transparenzdatenbank. Eine Verpflichtung zur Übermittlung von Daten durch Länder und Gemeinden sieht weder die Vereinbarung vor noch bietet das Bundesverfassungsrecht dem Bund eine entsprechende Grundlage.

 

Gegenstand der aktuellen Kritik der Länder ist insbesondere die Tatsache, dass der Entwurf einer Novelle zum TDBG mehrere Bestimmungen enthält, die klar im Widerspruch zu der bereits erwähnten Art. 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern stehen. So ist beispielsweise der Entfall von § 13 Abs 3 TDBG vorgesehen, der festlegt, dass Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände im Sinne des Art. 116a B-VG keine Leistungsempfänger sind. Diese Änderung hätte zur Folge, dass Leistungen an bzw. zwischen Gebietskörperschaften (und auch an Gemeindeverbände) zu erfassen wären, wenngleich diesbezüglich in Bezug auf Länder und Gemeinden weiterhin keine Pflicht bestünde (vgl auch § 19 Abs 1 Z 4 TDBG). Zu hinterfragen ist – auch vor dem Hintergrund der eingangs beschriebenen Grundkonzeption – welcher Mehrwert dadurch insbesondere für einzelne Bürger, die für derartige Leistungen nicht antragsberechtigt wären, erzielt werden könnte. Eine Beseitigung dieser Bestimmung würde klar Art 6 Abs 3 der Art. 15a-Vereinbarung widersprechen.

 

Kritisiert wird außerdem, dass die Umsetzung des Entwurfs einen hohen Verwaltungsaufwand sowie zusätzliche Kosten, insbesondere im IT-Bereich, nach sich ziehen würde. Der Entwurf enthält zudem weder eine wirkungsorientierte Folgenabschätzung und eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen. Ausgeblendet bleiben auch verschiedene Länderforderungen zur Optimierung der Transparenzdatenbank.

 

Es ist bedauerlich, dass der Bund nicht bereit ist, die Vorschläge aus der Praxis aufzugreifen. Dies schadet dem wichtigen Anliegen der Transparenzdatenbank, Informationen über öffentliche Leistungen zu liefern.

 

Neues im UVP-Verfahren



Im Standort-Entwicklungsgesetz, das im Dezember 2018 beschlossen wurde, sind einige Bedenken aus dem Begutachtungsverfahren berücksichtigt, vor allem, was den ursprüngliche geplante Genehmigungsautomatismus nach Ablauf eines Jahres anbelangt. Einige Fragen sind aber nach wie vor ungeklärt und werden wohl auch in Zukunft Politik und Höchstgerichte beschäftigen, vor allem jene nach dem Nutzen des sogenannten „Standortanwalts“ und seiner Bedeutung für die Beschleunigung oder gar Verlangsamung von Verfahren.

Im Dezember 2018 wurde das Standort-Entwicklungsgesetz (StEntG) beschlossen und kundgemacht (BGBl I 110/2018). Gegenüber dem Begutachtungsentwurf (67 ME 26. GP), der in der Föderalismus-Info 3/2018 behandelt wurde, weist das beschlossene Gesetz einige Änderungen auf.

 

Die wichtigste betrifft den ursprünglich vorgesehenen „Genehmigungsautomatismus“ nach 18 Monaten. Dieser wurde beseitigt und stattdessen durch andere Maßnahmen ersetzt, die – so die Erläuterungen – der Verfahrensökonomie dienen sollen. Unter anderem ist nunmehr in § 11 Abs 4 StEntG eine Entscheidungsfrist der Behörde von 12 Monaten vorgesehen, die an sich in dieser Form auch im UVP-G zu finden ist (§ 24b Abs 2 UVP-G; vgl auch die Fristen in § 7 Abs 2 und 3 UVP-G). Allerdings sieht im Anschluss Abs 5 vor, dass das standortrelevante Vorhaben nach Ablauf der Frist zu genehmigen ist, soweit Abs 6 nicht etwas andere bestimmt. Die Ausnahme in Abs 6 greift allerdings nur, wenn das Vorhaben gewisse Mängel aufweist, die nicht behoben werden können (vgl dazu § 5 Abs 6 UVP-G). Insofern ist auch in der beschlossenen Version des StEntG eine Pflicht zur Genehmigung zu finden. Zwar sind einzelne Instrumente in § 11 Abs 4 bis 6 StEntG an das UVP-G angelehnt, dieses sieht aber keine Pflicht zur Genehmigung sondern lediglich zur Entscheidungsfindung vor, was einen nicht unerheblichen Unterschied zu § 11 Abs 5 StEntG darstellt.

 

Erlässt die Behörde den Genehmigungsbescheid nicht, steht dem Antragsteller eine Säumnisbeschwerde nach § 12 StEntG offen, die ebenfalls mit besonderem Augenmerk auf die Beschleunigung des Verfahrens gestaltet wurde. Zu hinterfragen ist allerdings, ob diese und auch weitere Abweichungen im StEntG vom einschlägigen Verfahrensrecht (AVG, VwGVG) dem verfassungsrechtlich statuierten Erforderlichkeitskriterium (Art 11 Abs 2 und Art 136 Abs 2 B-VG) standhalten. Zumindest hätte in den Erläuterungen auf Art 11 Abs 2 und Art 136 Abs 2 B-VG als Kompetenzgrundlage verwiesen werden sollen.

 

Zu beachten sind auch die Übergangsbestimmungen: § 11 StEntG, wie auch die weiteren Bestimmungen des zweiten Hauptstücks des zweiten Teils sind auf bereits anhängige UVP-Verfahren anzuwenden, die nach Aufhebung einer Entscheidung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts von der Behörde oder dem Verwaltungsgericht in der Sache fortzusetzen und mindestens drei Jahre vor Inkrafttreten des StEntG am 1.1.2019 eingebracht worden sind (§ 17 Abs 2 StEntG). Für alle anderen vor dem 1.1.2019 bei der Behörde anhängigen Verfahren ist das StEntG nicht anwendbar (§ 17 Abs 1 StEntG).

 

In Summe wurde der ursprünglich vorgesehene Entwurf des StEntG nicht nur hinsichtlich der Genehmigungsautomatik entschärft. Einzelne verfassungs- und unionsrechtliche Fragen ergeben sich aber weiterhin.

 

Eine weitere interessante Änderung im Bereich der UVP-Verfahren stellt die Einrichtung eines sogenannten Standortanwalts dar (BGBl I 80/2018), der im UVP-Verfahren Parteistellung hat (§ 19 Abs 1 Z 8 iVm Abs 12 UVP-G) und „vom Bund oder vom betroffenen Land besonders dafür eingerichtet wurde, die öffentlichen Interessen an der Verwirklichung eines Vorhabens in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen“ (§ 2 Abs 6 UVP-G; vgl allerdings § 19 Abs 12 UVP-G, der hinsichtlich des Umfangs der Parteistellung lediglich auf die Einhaltung von Vorschriften über öffentliche Interessen abstellt). Diese neue Institution erinnert zunächst stark an jene der Umweltanwälte (§ 2 Abs 4 UVP-G), die von Seiten des Landesgesetzgebers eingerichtet sind.

 

Allerdings sieht § 20 Abs 3 WKG künftig vor (Inkrafttreten mit 1.7.2019, BGBl I 108/2018), dass die Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft im übertragenen Wirkungsbereich als Standortanwalt tätig werden, „wenn das Vorhaben Auswirkungen auf das jeweilige Land als Wirtschaftsstandort hat.“ Dabei unterliegen sie den Weisungen der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Insofern wird hier künftig von Seiten des Bundes die Funktion der Standortanwaltschaft wahrgenommen.

 

Insgesamt ist die Funktion des Standortanwalts – etwa als Unterstützer der Behörde oder Befürworter eines Projekts – weitgehend unklar. Jedenfalls bedeutet die Hinzunahme einer neuen Formalpartei zusätzlichen Aufwand und dürfte insofern eher zur Verzögerung von Verfahren führen.

Grenzüberschreitendes Katastrophenschutzprojekt abgeschlossen



Im November 2018 kamen etwa 100 VertreterInnen von Politik, Landesverwaltung und Blaulichtorganisationen aus Süd- und Osttirol in Innichen-Vierschach zusammen, um über die Ergebnisse des Interreg-Projekts „Grenzüberschreitender Katastrophenschutz Osttirol – Südtirol“ zu diskutieren. Während der 18-monatigen Laufzeit wurde von der Bezirkshauptmannschaft Lienz und der Südtiroler Agentur für Bevölkerungsschutz ein strategisches Management im Katastrophenschutz zwischen Süd- und Osttirol entwickelt. Auch das Institut für Föderalismus war an dem Projekt beteiligt.

Das Institut für Föderalismus durfte in Form eines Rechtsgutachtens zum grenzüberschreitenden Katastrophenschutz in Tirol und Südtirol einen Beitrag zu diesem Projekt leisten. Dieses Gutachten wurde im Rahmen der Abschlussveranstaltung von Institutsdirektor Peter Bußjäger präsentiert. Die wichtigsten Ergebnisse des Gutachtens können auf dem Föderalismus-Blog (Link) nachgelesen werden.

Neuerscheinung: „Die Neuorganisation der Bildungsverwaltung in Österreich“



Der Band 126 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus ist im Dezember 2018 erschienen. Er vereinigt die Vorträge einer vom Institut für Föderalismus organisierten Veranstaltung zum Bildungsreformgesetz 2017. Im Fokus stehen vor allem grundlegende verfassungs- und organisationsrechtliche Fragen der Novelle. Insbesondere befasst sich der Tagungsband mit der Neuordnung der Vollziehung in Form der Bildungsdirektionen. Außerdem werden Evaluation und Controlling im Bildungswesen sowie der Föderalismus im Bildungswesen in Deutschland und der Schweiz untersucht.

„Die Neuorganisation der Bildungsverwaltung in Österreich“

Herausgeber: Peter Bußjäger/Christoph Schramek

ISBN: 978-3-7003-2097-5

127 Seiten

EUR 19,90

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Neuerscheinung: „Kriterien und Möglichkeiten der Dezentralisierung in Tirol“



Ebenfalls im Dezember 2018 wurde eine Studie des Instituts für Föderalismus zur Erhebung von Dezentralisierungspotenzialen der Verwaltung und Beteiligungen des Landes Tirol veröf-fentlicht. Die Tiroler Landesverwaltung ist dem Grunde nach bereits relativ stark dezentralisiert, Möglichkeiten einer weitergehenden Dezentralisierung sind allerdings gegeben und werden in der Studie aufgezeigt. Mehr Potenzial besteht auch hinsichtlich der Beteiligungen des Landes Tirol.

“Kriterien und Möglichkeiten der Dezentralisierung in Tirol. Eine Analyse der Verwaltung und Beteiligungen des Landes Tirol”

Peter Bußjäger/Georg Keuschnigg/Christoph Schramek

ISBN: 978-3-901965-41-8

70 Seiten

EUR 5,00

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Ankündigung Neuerscheinung: „Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien“



Der Band 13 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht wird Ende Jänner erscheinen. Er gibt die Ergebnisse einer Tagung, die im Februar 2018 in Trient stattgefunden hat, wieder. Die Beiträge befassen sich in umfassender Weise mit dem geltenden Rechtsrahmen und den wichtigsten Rechtsfragen des Informationszugangs in den Rechtsordnungen Österreichs und Italiens sowie auf der europäischen Ebene. Ziel ist es, das gegenseitige Verständnis zu fördern, welches gerade im Hinblick auf die Verwirklichung einer gemeinsamen Verwaltungskultur in der Euregio von großer Bedeutung ist.

„Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien. Der Zugang zur Information zwischen Grundsätzen und Anwendung“

Herausgeber: Maria Bertel/Esther Happacher/Anna Simonati

ISBN: 978-3-7003-2099-9

131 Seiten

EUR 19,90

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.


2018


Neuerscheinung: „42. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2017)“



Im September 2018 ist der mittlerweile 42. Föderalismusbericht erschienen. Dieser dokumentiert die Entwicklung des österreichischen bundesstaatlichen Systems im Berichtsjahr 2017. In insgesamt acht Kapiteln werden Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung des Föderalismus in Österreich, Entwicklungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Neuerungen im Bereich des finanziellen und kooperativen Föderalismus, die aus bundesstaatlicher Sicht relevante Judikatur sowie die Tätigkeit des Instituts für Föderalismus dargestellt. Im Anhang enthalten ist eine Auswahl von föderalistisch bedeutsamen Dokumenten und Statistiken des Berichtsjahres.

42. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2017)

Herausgeber: Institut für Föderalismus

ISBN: 978-3-7003-2098-2

173 Seiten

EUR 24,90

 

Bestellung sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Präsentation der Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften



Am 3. Oktober fand im Landhaus Linz die Präsentation der Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften statt. Nach Grußworten von Landeshauptmann Thomas Stelzer, in welchen die Arbeit und Bedeutung der Bezirkshauptmannschaften hervorgehoben wurden, wagte Professor Bernhard Raschauer von der Universität Wien einen Blick in die Kristallkugel und hielt einen Festvortrag zur Verwaltung im Jahr 2030. Institutsdirektor Peter Bußjäger rundete die Veranstaltung mit einer umfassenden Vorstellung der Festschrift ab. Im Rahmen eines anschließenden Empfangs auf Einladung von Landeshauptmann Thomas Stelzer konnten sich die rund neunzig Teilnehmer der Veranstaltung, darunter zahlreiche Vertreter von Bezirkshauptmannschaften, austauschen.

Die Organisationsreform des österreichischen Sozialversicherungssystems aus föderaler Sicht



Der Begutachtungsentwurf der Bundesregierung zur Sozialversicherungsreform weist in vielen Bereichen eine deutliche Zentralisierung aus, wodurch die regionalen Gestaltungsspielräume erheblich reduziert werden. Der zentrale Verwaltungsrat ist mit weitgehender Weisungskompetenz ausgestattet, Budget- und Vertragshoheit der Länder sind stark eingeschränkt. Inwiefern künftig eine regionale Mitwirkung bei der Zielsteuerung noch möglich sein wird, bleibt unklar.

Im September wurde der Entwurf eines Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes (SV-OG, 75/ME) in Begutachtung geschickt. Dieser sieht eine Reduktion der bisher 21 Versicherungsträger auf insgesamt fünf vor. Unter anderem sollen die bisherigen Gebietskrankenkassen und Betriebskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit Sitz in Wien zusammengeführt werden. Letztere und die Pensionsversicherungsanstalt, die weiterhin fortbesteht, haben in jedem Bundesland eine Landesstelle für das betreffende Bundesland einzurichten.

In einem Gutachten vom April 2018 befasste sich Institutsdirektor Peter Bußjäger mit der föderalen Struktur der Krankenversicherung in Form der neun Gebietskrankenkassen. Diese bilde eine Art Ausgleich dafür, dass die Struktur des Sozialversicherungswesen aus verfassungsrechtlicher Sicht in hohem Maße zentralistisch organisiert sei. Insofern bestehe die Funktion der Gebietskrankenkassen darin, die regionale Gesundheitsversorgung in Kooperation mit den regionalen Akteuren auf Landesseite und der Ärztinnen und Ärzte sicherzustellen. Diese Funktion könne allerdings nur erfüllt werden, wenn bestimmte Rahmenbedingungen in Bezug auf Weisungsbindung, Budgethoheit, Abschluss des Gesamtvertrages und Mitwirkung im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit gewährleistet seien, was nachfolgend anhand des nun vorliegenden Entwurfs analysiert wird:

 

1. Weisungsbindung

Die Landesstellen sind bei ihrer Geschäftsführung an die Weisungen des Verwaltungsrates, der neben der Hauptversammlung den zweiten Verwaltungskörper der ÖGK bildet und bei dem nach den Erläuterungen der Schwerpunkt der Tätigkeit der Selbstverwaltung liegt, gebunden und haben zudem die ihnen ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben „nach einheitlichen Grundsätzen und Vorgaben des Verwaltungsrates“ wahrzunehmen. Der Verwaltungsrat kann Beschlüsse der Landesstellenausschüsse aufheben oder ändern. Insofern kann von einer autonomen Aufgabenwahrnehmung der Landesstellen keine Rede sein.

 

2. Abschluss des Gesamtvertrages

Mit Ausnahme von Verhandlungen gesamtvertraglicher Honorarvereinbarung („regionale Zu- und Abschläge“) ist im Entwurf vorgesehen, dass der Abschluss des Gesamtvertrages durch die Hauptstelle der ÖGK erfolgt. Gesamtverträge sind bundeseinheitlich mit der Österreichischen Ärztekammer abzuschließen. Im SV-OG ist zudem eine Einflussnahmemöglichkeit der Landesstellen, wie etwa in Form der bisherigen Zustimmung der Gebietskrankenkassen zum Gesamtvertrag, nicht vorgesehen. Der Abschluss von Gesamtverträgen ist somit vollständig auf zentraler Ebene gelandet.

 

3. Budgethoheit

Aus dem gegenständlichen Entwurf ergibt sich, dass die Gesamtbudgethoheit bei der Hauptstelle der ÖGK liegt. Da die länderweise Budgetautonomie lediglich Rücklagen und die Verwendung von Mitteln für Gesundheitsreformprojekte umfasst, sind die Landesstellen künftig wohl auf finanzielle Zuwendung seitens der Hauptstelle der ÖGK angewiesen.

 

4. Zielsteuerung Gesundheit

Mitwirken können die Landesstellen im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit, dies aller-dings immer vor dem Hintergrund der bereits erwähnten Weisungsbindung und wohl ohne ausreichende finanzielle Mittel. Fraglich ist auch, inwieweit eine bloße „Mitwirkung“ ausrei-chend ist. Zudem ist der Abschluss von Landes-Zielsteuerungsübereinkommen nach dem G-ZG Sache des Verwaltungsrates der ÖGK.

 

5. Fazit

Aus föderaler Sicht ist die geplante Reform des Sozialversicherungssystems kritisch zu be-werten. Der Abschluss des Gesamtvertrages und die Budgethoheit sind weitgehend auf zentraler Ebene gelandet. Angesichts der umfassenden Weisungsbindung der Landesstellen ist ein autonomes Handeln auf regionaler Ebene nur in begrenztem Rahmen möglich.

Erstes Paket der anvisierten Kompetenzbereinigung im Nationalrat eingelangt



Mitte Oktober ist die Regierungsvorlage zur Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern im Nationalrat eingelangt. Unter anderem wird den Ländern künftig die alleinige Zuständigkeit für die Kinder- und Jugendhilfe eingeräumt, der Bund kann die Standorte der Bezirksgerichte alleine festlegen. Auch wenn die wirklich „großen Brocken“ wie das Armenwesen (Mindestsicherung), das Elektrizitäts- und das Spitalswesen erst in einem zweiten Schritt geregelt werden sollen, wird es richtungweisend, ob der erste Schritt die notwendige Verfassungsmehrheit in National- und Bundesrat bekommt.

Der in der vorangegangenen Föderalismus Info 4/2018 behandelte Entwurf zur Kompetenzentflechtung im Bereich des Art. 12 B-VG und zur Beseitigung wechselseitiger Zustimmungsrechte ist mittlerweile im Nationalrat eingelangt (RV 301 BlgNR 26. GP). Die Regierungsvorlage enthält die eine oder andere interessante Abweichung zum Begutachtungsentwurf:

 

Weiterhin vorgesehen ist, dass die Bevölkerungspolitik, die Gemeindevermittlungsämter und das Landarbeiterrecht – letzteres aber nur hinsichtlich der Gesetzgebung (Art. 11 Abs. 1 B-VG) – dem Bund übertragen werden. In Bezug auf die Gemeindevermittlungsämter wird nun allerdings differenziert: Nach den Erläuterungen soll nämlich die Organisation von öffentlichen Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten nicht unter den neuen Kompetenztatbestand zu subsumieren sein und als Angelegenheit des Gemeinderechts Landessache sein. Die Übergangsbestimmung in Art. 151 Abs. 63 Z. 4 B-VG legt zudem fest, dass sich Landesgesetze in Angelegenheiten des derzeitigen Art. 12 B-VG, die nach Inkrafttreten der Novelle zu Bundesangelegenheiten werden, in (partikuläres, also nur in einem Teil des Bundesgebietes geltendes) Bundesrecht umwandeln.

 

Die praktische Bedeutung der Gemeindevermittlungsämter ist äußerst gering. Gesetzliche Grundlagen gibt es mittlerweile nur mehr in der Steiermark aus dem Jahr 1914 (LGuVBl 23/1915) und in Vorarlberg aus dem Jahr 1909 (LGBl 158/1909). In Wien wurde das Gesetz über die Gemeindevermittlungsämter (LGBl 15/1984) mit LGBl 24/2017 aufgrund der geringen Inanspruchnahme der dortigen Einrichtungen aufgehoben. Für die verbliebenen landesrechtlichen Grundlagen in der Steiermark und Vorarlberg würde die oben beschriebene kompetenzrechtliche Neuordnung zur Folge haben, dass diejenigen Bestimmungen, die von organisatorischer Natur sind, Landesrecht bleiben und alle übrigen Bestimmungen zu partikulärem Bundesrecht werden.

 

Insgesamt fünf Tatbestände des derzeitigen Art. 12 Abs. 1 B-VG gehen in die Zuständigkeit der Länder über. Dies gilt auch für die Kompetenz zur Regelung der Kinder- und Jugendhilfe. Hier soll allerdings nach den Erläuterungen eine Art. 15a-Vereinbarung der Länder abgeschlossen werden. Vom Abschluss dieser Vereinbarung hängt dann das Inkrafttreten der Kompetenzänderung ab (Art. 151 Abs. 63 Z 5 B-VG). Ausgenommen sind nach wie vor die drei strittigen Kompetenztatbestände „Armenwesen“, „Elektrizitätswesen“ und „Heil- und Pflegeanstalten“, die neben weiteren Themen, wie etwa die schon im Regierungsprogramm vorgesehene Eingliederung von Bundesbehörden in die allgemeine staatliche Verwaltung, noch in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe behandelt werden.

 

Neu vorgesehen ist außerdem eine Einbeziehung der manuellen Datenverarbeitungen in die Datenschutzkompetenz des Bundes (Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG). Dieses Vorhaben ist bereits im April gescheitert (siehe Föderalismus-Info 3/2018) und soll nun wohl „im Windschatten“ der zahlreichen Übertragungen an die Länder umgesetzt werden, was allerdings grundsätzlich mit keinen schwerwiegenden Kompetenzverlusten für die Länder verbunden wäre.

 

In Summe wären die angeführten Kompetenzänderungen aus Sicht des Instituts positiv zu bewerten. Sie würden, wie die nachfolgend dargestellte Beseitigung der wechselseitigen Zustimmungsrechte, zu einer Entflechtung des Bundesstaates beitragen.

 

Im Bereich der Zustimmungsrechte ist unter anderem vorgesehen, das Zustimmungsrecht der Länder bei Änderungen der Bezirksgerichtssprengel zu beseitigen. Künftig sollen gemäß Art. 83 Abs. 1 B-VG die Sprengel der Bezirksgerichte durch Verordnung der Bundesregierung festgelegt werden. Die Erläuterungen halten dazu – quasi als (wenig wirksamen) Ausgleich – fest, dass die Interessen der Länder in dieser Frage weiterhin entsprechend berücksichtigt werden sollen. Wenngleich die Novelle keine Auswirkungen auf die Organisation der Landesgerichte hat, sind nach den Erläuterungen die Interessen der Länder auch in Bezug auf die Landesgerichte zu berücksichtigen, und zwar in der Form, dass in jedem Land zumindest ein Landesgericht bestehen soll.

Gegenüber dem Begutachtungsentwurf neu hinzugefügt wurde auch eine generelle Ermächtigung an die (einfache) Gesetzgebung, den Verwaltungsgerichten (neue) Aufgaben zuzuweisen, damit nicht – wie bisher – die Schaffung neuer Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte verfassungsgesetzlich im Einzelfall erfolgt. In derartigen Fällen soll es gemäß Art. 136 Abs. 3b B-VG künftig zulässig sein, abweichendes Verfahrensrecht zu erlassen – ohne dass es hierfür eine Erforderlichkeit oder Ermächtigung im VwGVG benötigt (Art. 136 Abs. 2 B-VG).

Eine weitere Neuerung soll ermöglichen, dass künftig Rechtsvorschriften aller Behörden – also etwa auch der Bezirksverwaltungsbehörden (soweit diese Angelegenheiten, die in Vollziehung Landessache sind, besorgen) der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der im Bereich der Vollziehung der Länder eingerichteten Selbstverwaltungskörper (etwa der Ärztekammern in den Bundesländern) oder der Verwaltungsgerichte (zB deren Geschäftsordnung) – im Rechtsinformationssystem des Bundes kundgemacht werden können (Art. 15 Abs. 7 B-VG, der Art. 101a ersetzt).

 

Das Institut für Föderalismus ist gespannt, ob dieser Reformvorschlag in den Nationalrat und Bundesrat die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln erhält.

Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bundesanstalt für Bergbauernfragen sollen zusammengeführt werden



Ort der Zusammenführung dieser beiden Einrichtungen, die sich um Fragen der (Berg-)Landwirtschaft kümmern, ist – wenig überraschend, aber dafür sehr hinterfragenswürdig – die Bundeshauptstadt. Dabei gäbe es einige internationale Vorbilder, die eine Dezentralisierung von Bundesstellen vorantreiben. Finnland beispielsweise verfolgt seit eineinhalb Jahrzehnten sehr erfolgreich ein Konzept, das die Zusammenlegung oder Neuausrichtung derartiger Einheiten zum Anlass nimmt, neue Standorte außerhalb der Hauptstadt zu finden.

Aktuell ist ein Entwurf zur Änderung des Bundesämtergesetzes (Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten) in Begutachtung (72/ME). Gegenstand des Entwurfs ist eine Zusammenführung der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft mit der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, was im Gefolge einer Reorganisation der Verwaltungsorganisation im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus stattfindet. Mit Hilfe der Zusammenlegung sollen allfällige Überschneidungen in den Aufgaben- und Fragestellungen ausgeschlossen sowie Synergieeffekte erzielt werden.

 

In den Erläuterungen werden jeweils die Wirkungsbereiche der beiden Bundesanstalten beschrieben. Gegenstand der Tätigkeit der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft ist die „Forschung auf dem Gebiet der Agrarwirtschaft Österreichs sowie Analysen agrarpolitischer Maßnahmen“. Der Wirkungsbereich der Bundesanstalt für Bergbauerfragen umfasst demgegenüber „Probleme des Bergraumes und anderer Gebiete mit ungünstiger Struktur und der in diesen Räumen lebenden Bevölkerung“. Kern der Tätigkeit ist insbesondere „Forschung in Angelegenheiten des Bergraumes sowie Analysen der natürlichen, gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Ursachen der Probleme des Bergraumes.“

 

Als Sitz der beiden Behörden ist weiterhin Wien vorgesehen (§ 16 Abs. 1 des Entwurfs). Die Hauptstadt wird offensichtlich nach wie vor als geeignetster Ort zur Analyse der Probleme des Bergraumes angesehen. Gerade in so einem Fall müsste allerdings aus Sicht des Instituts für Föderalismus über eine Dezentralisierung dieser Einrichtung diskutiert werden.

 

Die Überprüfung einer möglichen Dezentralisierung von Behörden könnte hier beispielsweise nach dem finnischen Modell erfolgen. Dort gilt auf der Basis des sogenannten Relocation Acts aus dem Jahr 2002, dass eine Verlagerung von staatlichen Einrichtungen in Betracht zu ziehen ist, wenn diese neu eingerichtet, in größerem Maß umgestaltet oder ihre Funktionen erheblich ausgeweitet werden. Liegt einer der drei Fälle vor, kommt einer sogenannten „Coordination Group for Relocation of State Functions“ (CGR) die Aufgabe zu, unterschiedliche Möglichkeiten einer territorialen Dezentralisierung unter Berücksichtigung operationaler, finanzieller, personeller und regionaler Faktoren zu bewerten und eine Empfehlung für eine effiziente Auslagerung auszusprechen. Mit der rechtlichen Verankerung eines derartigen Verfahrens ist Finnland im europäischen Vergleich einer der Vorreiter im Hinblick auf eine landesweit ausgewogene regionale Entwicklung.

Ankündigung Neuerscheinung: „Die Neuorganisation der Bildungsverwaltung in Österreich“



Mit dem Bildungsreformgesetz 2017 gehen umfassende Neuerungen im österreichischen Bildungswesen einher. Der Tagungsband (Band 126 der Schriftenreihe des Instituts) der im Jänner 2018 abgehaltenen Tagung widmet sich grundlegenden verfassungs- und organisations-rechtlichen Fragen der Novelle und befasst sich insbesondere mit der Neuordnung der Vollzie-hung in Form der Bildungsdirektionen. Außerdem werden Evaluation und Controlling im Bildungswesen sowie der Föderalismus im Bildungswesen in Deutschland und der Schweiz untersucht. Erscheinungstermin ist voraussichtlich Dezember 2018.

Veranstaltungshinweis: „Winter School on Federalism and Governance 2019“



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem dort beheimateten Forschungszentrum Föderalismus die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträ-gen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism and the Rule of Law“ mit prominenten Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2019 findet vom 4. bis 15. Februar in Innsbruck und Bozen statt.

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.winterschool.eurac.edu.

Neuerscheinung: „Kontinuität und Wandel. Von ‚guter Polizey‘ zum Bürgerservice – Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften“



Die mit Gesetz vom 19.5.1868 eingerichteten Bezirkshauptmannschaften erfüllen als sogenannte Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern unentbehrliche Dienstleistungsfunktionen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft unseres Staates und sind zudem ein wichtiger Standortfaktor. Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums dieser Einrichtung werden in der Festschrift Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Bezirkshauptmannschaften umfassend beleuchtet. Das Werk vereinigt auf 661 Seiten insgesamt 31 Beiträge von 35 Autorinnen und Autoren.

 

Kontinuität und Wandel. Von „guter Polizey“ zum Bürgerservice – Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften

Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Band 125

Herausgeber: Peter Bußjäger, Matthias Germann, Christian Ranacher, Christoph Schramek, Wolfgang Steiner

ISBN: 978-3-7003-2093-7

661 Seiten, Hardcover

EUR 48,00

 

Bestellungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Veranstaltungshinweis: „Präsentation der Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften“



Die Präsentation der Festschrift 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften findet am Mittwoch, den 3. Oktober, im Landhaus Linz, Brauner Saal, statt. Die Veranstaltung beginnt um 16:00 Uhr und wird neben der Vorstellung der Festschrift durch Institutsdirektor Peter Bußjäger mit Grußworten von Landeshauptmann Thomas Stelzer und einem Festvortrag von Bernhard Raschauer umrahmt. Das genaue Programm steht auf der Homepage des Instituts (www.foederalismus.at) zum Download zur Verfügung. Anmeldungen sind unter institut@foederalismus.at möglich.

Entwurf zur Kompetenzentflechtung und Beseitigung wechselseitiger Zustimmungsrechte



Ein Ende Mai veröffentlichter Begutachtungsentwurf sieht eine Beseitigung wechselseitiger Zustimmungsrechte von Bund und Ländern vor, was in Summe aus föderaler Sicht als Fortschritt zu sehen wäre. In Bezug auf eine geplante Kompetenzentflechtung in Art 12 B-VG ist noch offen, wo künftig die alleinige Gesetzgebungskompetenz für „Armenwesen“, „Heil- und Pflegeanstalten“ sowie „Elektrizitätswesen“ angesiedelt sein soll. Dazu tagt noch eine Bund-/Länderarbeitsgruppe. Unklar ist derzeit aber auch, ob eine Verfassungsmehrheit für die notwendigen Entscheidungen zustande kommen wird. Von der SPÖ, die über eine diesbezügliche Sperrminorität im Bundesrat verfügt, wurde beispielsweise bereits angekündigt, die im Entwurf vorgesehene Übertragung der Kinder- und Jugendhilfe in die ausschließliche Landeskompetenz abzulehnen.

Ende Mai wurde ein Ministerialentwurf (57/ME 26. GP) in Begutachtung geschickt, der im Wesentlichen eine Reduktion wechselseitiger Zustimmungsrechte von Bund und Ländern vorsieht sowie einen Großteil der Kompetenztatbestände in Art 12 B-VG – mit Ausnahme der Tatbestände „Armenwesen“, „Heil- und Pflegeanstalten“ sowie „Elektrizitätswesen, soweit es nicht unter Art. 10 fällt“ – in die alleinige Gesetzgebungszuständigkeit von Bund oder Ländern überträgt.

 

In Bezug auf die Zustimmungsrechte entspricht der Entwurf im Wesentlichen einem Gesetzesantrag des Bundesrates aus der vorangegangenen 25. Gesetzgebungsperiode (869 BlgNR 25. GP). Vorgesehen ist unter anderem der Entfall des Zustimmungsrechts der Landesregierung zu Verordnungen der Bundesregierung über die Änderungen von Bezirksgerichtssprengeln.  Dieses unspektakulär anmutende Recht hat sich in der Vergangenheit aus Sicht des Bundes als wesentliches Hindernis bei einer Reform der Gerichtsorganisation auf Bezirksebene dargestellt. Die Landesregierungen sahen sich häufig unter dem Druck lokaler Interessen genötigt, die Zustimmungen zur Fusionierung von Bezirksgerichten zu verweigern. Aus diesem Grund hat die Beseitigung der Norm für den Bund besondere Relevanz.

Im Gegenzug dafür sieht der Entwurf den Entfall von mehreren Zustimmungsrechten des Bundes in Landesangelegenheiten vor (so etwa bei Änderungen in den Sprengeln der politischen Bezirke durch Verordnung der Landesregierung  oder hinsichtlich der Organisation des Amtes der Landesregierung und der Bestellung des Landesamtsdirektors).

 

Der Entwurf ist in wesentlichen Belangen ein deutlicher föderalistischer Fortschritt und wäre grundsätzlich positiv zu beurteilen. Es wird sich allerdings weisen, welche Einwände und Wi-derstände bereits im Begutachtungsverfahren erhoben werden und ob die Regierungsparteien willens sind, sich über diese Widerstände hinwegzusetzen. Ganz abgesehen davon wird sich die Frage stellen, ob im Parlament eine Verfassungsmehrheit zu finden ist. Seitens der SPÖ wurde bereits angekündigt, die im Entwurf vorgesehene Übertragung der Kinder- und Jugendfürsorge in die ausschließliche Landeskompetenz abzulehnen.

 

Es darf auch nicht übersehen werden, dass die umstrittenen Fragen der Mindestsicherung, der Krankenanstalten und des Elektrizitätswesens noch in einer Arbeitsgruppe zu klären sind. Abgesehen von diesen drei Kompetenztatbeständen werden in dem Begutachtungsentwurf bisherige Länderforderungen zwar erfüllt, allerdings ist fraglich, was letztlich vom Entwurf übrig bleibt.

Entwurf eines Standort-Entwicklungsgesetzes stößt auf Kritik



Der Entwurf eines Standort-Entwicklungsgesetzes, das zu einer deutlichen Beschleunigung von Entscheidungen über große Infrastruktur- und Wirtschaftsprojekte führen soll, stößt vielfach auf breite Kritik. Vor allem eine automatische Genehmigung von Projekten nach Ablauf eines Jahres – auch wenn die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind – wird sehr kritisch gesehen. Das Anliegen, Verfahren zu beschleunigen, sollte aus Sicht des Föderalismus-Instituts auf anderem – verfassungs- und EU-rechtskonformem – Weg erreicht werden.

Anfang Juli wurde der Entwurf eines Standort-Entwicklungsgesetzes (StEntG, 67/ME 26. GP) in Begutachtung geschickt. Gegenstand des Entwurfs ist ein „Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung der Bundesregierung, dass standortrelevante Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse der Republik Österreich liegen, sowie daran anknüpfende verfahrensbeschleunigende Maßnahmen“. Die Standortrelevanz eines Vorhabens wird daran geknüpft, dass gemäß §§ 3 und 3a UVP-G 2000 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Zudem werden – sehr allgemein gefasste – Beurteilungskriterien, ob ein standortrelevantes Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse der Republik Österreich liegt, vorgegeben (§ 2 Abs. 3 StEntG). Die Erläuterungen heben hervor, dass das Gesetz einen wesentlichen Beitrag zu einer Verfahrensbeschleunigung leisten soll, „um umfassende Investitionen in den Wirtschafts-, Industrie- und Infrastrukturstandort Österreich generieren zu können“.

 

Kritikwürdig ist insbesondere der ex lege Eintritt einer Genehmigung in § 11 StEntG. Dieser sieht vor, dass nach Ablauf eines Jahres ab der Kundmachung einer Verordnung, in der einem standortrelevanten Vorhaben das besondere öffentliche Interesse der Republik Österreich bestätigt wird (§ 9 StEntG), dieses Vorhaben gemäß dem UVP-G 2000 als genehmigt gilt.

 

Diese Art der Genehmigung ist nicht nur in mehrfacher Hinsicht (Rechtsstaatsprinzip, Gleichheitssatz) verfassungswidrig, sondern steht auch im Widerspruch zur UVP-Richtlinie der EU. Man könnte auch eine unmittelbare Anwendbarkeit des Unionsrecht gegen das entgegenstehende nationale Recht argumentieren. Relevante Vorhaben müssen demzufolge auf ihre Umweltauswirkungen geprüft werden, egal wie lange das Verfahren dauert. Wer das missachtet, dem droht ein Vertragsverletzungsverfahren und in letzter Konsequenz eine hohe Summe an Geldbußen.

 

Wenngleich das Ziel des Entwurfs, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, nachvollziehbar und positiv zu bewerten ist, wird es in dieser Form hoffentlich nicht beschlossen werden. Ein ähnliches Vorhaben, das ebenfalls mit gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken behaftet war, gab es bereits im Jahr 1993 in Form des Entwurfs eines sogenannten „Betriebsansiedelungserleichterungsgesetzes“ (siehe hierzu Bußjäger, Legitimation ohne Verfahren, JRP 1994, 107 ff). Damals verfolgte die Bundesregierung das Gesetzesvorhaben nicht weiter.

Bericht der „Task Force Subsidiarität“ veröffentlicht



Im November 2017 wurde vom Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, die Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizienteres Handeln“ offiziell eingesetzt. Am 10. Juli hat sie nun ihren wenig spektakulären Bericht vorgelegt. Bezeichnend ist beispielsweise, dass kein einziger Vorschlag zur Rückübertragung von Kompetenzen auf die Mitgliedsstaaten gemacht wird.

Die Taskforce sollte bis Juli 2018 Empfehlungen zur besseren Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sowie Vorschläge für die Bereiche, in denen die Zuständigkeiten an die Mitgliedstaaten zurückübertragen oder ihnen endgültig zurückgegeben werden könnten, vorlegen. Zudem sollten Wege, wie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften besser in die Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik einbezogen werden können, erarbeitet werden.

 

Der Abschlussbericht der Task Force wurde am 10. Juli veröffentlicht. Er gelangt zu insgesamt fünf Hauptschlussfolgerungen, aus welchen sich neun Empfehlungen mit insgesamt 36 konkreten Handlungsvorschlägen ableiten. Die Empfehlungen sind insgesamt wenig spektakulär und haben in erster Linie das Verfahren der Subsidiaritätsprüfung im Auge.

 

Es ist bereits bezeichnend, dass der hochkarätig zusammengesetzten Task Force kein einziger Vorschlag zu entnehmen ist, der eine Rückverlagerung von Kompetenzen auf die Mitgliedstaaten beinhaltet. Die Arbeitsgruppe ist der Meinung, dass sich die Union auf jene Kompetenzen konzentrieren soll, die einen Mehrwert mit sich bringen, wie Verteidigung, Sicherheit und Migration, und ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet des Klimaschutzes und der Innovation zu intensivieren sind. Ohne einen Bedarf an derartigen zusätzlichen Kompetenzen auf EU-Ebene abzustreiten, ist ein solches Fehlen an Vorschlägen zur Rückverlagerung von Kompetenzen problematisch.

 

Zutreffend ist allerdings der Ansatz der Task Force, dass es weniger die Kompetenzen der Union sind, die unter Subsidiaritätsaspekten problematisch sind, als vielmehr die Kompetenzwahrnehmung. Mit anderen Worten: Es geht um die Rechtsetzung durch Verordnungen und Richtlinien, bei der im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip größere Zurückhaltung angebracht ist. Allerdings führt die Kommission kein einziges Beispiel eines Rechtsaktes der Union an, dessen Regelungsintensität im Hinblick auf Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zurückzunehmen wäre. Dies obwohl beispielsweise die Niederlande gerade zu dieser Frage eine Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht haben.

 

Ins Auge fällt außerdem, dass es der Task Force vorrangig darum geht, die Subsidiaritätsprüfung durch die nationalen Parlamente zu verbessern. Das ist theoretisch insoweit gerechtfertigt, als ja die nationalen Exekutiven im Rat selbst mitwirken und daher – theoretisch – davon ausgegangen werden könnte, dass diese ihre Subsidiaritätsbedenken selbst wahrnehmen. Praktisch gehen diese Überlegungen allerdings an der Realität vorbei, da Parlamente durch ihre Konstruktion als Repräsentativorgane und ihre Ausstattung tendenziell schlecht geeignet sind, rasch Stellungnahmen zu konkreten Rechtsetzungsvorhaben zu erarbeiten.

 

Ein wesentlicher Vorschlag der Task Force ist ein Muster für die Subsidiaritätsprüfung (Empfehlung Nr. 1). Ein derartiges Muster-Formular ist sicherlich hilfreich, mehr nicht. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass die europäische Ebene aufgefordert wird, den europäischen Mehrwert von Regelungen besser zu kommunizieren. Eine Öffentlichkeitsarbeit zugunsten einer zentralistischen Lösung hat eigentlich mit Subsidiaritätsprüfung nichts zu tun.

 

Im Vorfeld hatte Institutsdirektor Peter Bußjäger einen Beitrag zu Fragen der Subsidiarität und einer grundlegenden Reform der Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten veröffentlicht (Bußjäger, Ein vertieftes oder ein subsidiäres Europa?, ÖGfE Policy Brief 12’2018, Link).

VfGH: Kompetenzrechtliches zu Verkehrskontrollplätzen



Die Versagung der Neuerrichtung eines Verkehrskontrollplatzes in der Gemeinde Lauterach (Vorarlberg) führte zu einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das aus kompetenzrechtlicher Sicht von besonderem Interesse ist, vom Föderalismus-Institut allerdings kritisch gesehen wird.

Aus kompetenzrechtlicher Sicht von Interesse ist das Erkenntnis des VfGH vom 26. Juni 2018 (G 254/2017). Anlassfall war die Versagung einer Bewilligung zur Neuerrichtung eines Verkehrskontrollplatzes in der Gemeinde Lauterach (Vorarlberg) gemäß § 28 Abs 3 Vbg Baugesetz (vgl VfGH vom 27.6.2018, E778/2016); dies wegen Widerspruchs zu der im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach festgelegten Widmung. Bei der Behandlung der Beschwerde entstanden beim VfGH Bedenken dahingehend, dass es sich bei Verkehrskontrollplätzen samt der darauf befindlichen Bauwerke – soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktion der Verkehrskontrollplätze stehen – um einen Bestandteil der Bundesstraßen (Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG) handelt, weshalb die Regelung einer derartigen Einrichtung nicht in die (baurechtliche) Kompetenz der Länder nach Art. 15 Abs.1 B-VG falle.

 

Der VfGH blieb im anschließenden Gesetzesprüfungsverfahren bei dieser Auffassung. Demnach ist der Vorarlberger Landesgesetzgeber nicht befugt, einen Verkehrskontrollplatz an einer Bundesstraße samt einem darauf befindlichen Gebäude oder Bauwerk, welches in Zusammenhang mit der Funktion einer solchen Einrichtung steht, einer baurechtlichen Regelung zu unterwerfen. Unstrittig dürfte diese Sichtweise in Bezug auf den Verkehrskontrollplatz an sich sein. Als komplizierter erweist sich allerdings die Beurteilung der darauf befindlichen Gebäude. Dies vor dem Hintergrund, dass die Bundesstraßenkompetenz im Versteinerungszeitpunkt nur Anlagen, wie Straßengräben, Stütz- und Futtermauern, Brücken, Durchlässe und dgl. (§ 24 Abs 1 Bundesstraßengesetz 1921) umfasste. Unter Anwendung der Interpretationsmethode der intrasystematischen Fortentwicklung kam der VfGH allerdings zum Ergebnis, dass es sich bei Bauwerken auf einem Verkehrskontrollplatz – den Zusammenhang mit der Erfüllung der Funktion des Verkehrskontrollplatzes vorausgesetzt – um Anlagen der Art nach jenen in § 24 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1921 handle. Damit hat sich der VfGH für eine relative weitgehende Anwendung der intrasystematischen Fortentwicklung entschieden, die aus Sicht des Instituts für Föderalismus in dieser Form nicht nachvollziehbar ist.

Tagung „Verwaltung im digitalen Zeitalter: Territoriale Dezentralisierung und ausgewogene regionale Entwicklung“



Am 26. Juni 2018 fand die Konferenz des Instituts für Föderalismus „Verwaltung im digitalen Zeitalter: Territoriale Dezentralisierung und ausgewogene regionale Entwicklung“ im Landhaus St. Pölten statt. Im Zentrum standen die fortschreitende Urbanisierung und die damit verbundenen demografischen Entwicklungen, die viele Regionen Europas vor neue Herausforderungen stellen. Ziel der Tagung war es, Erfolgskriterien der Dezentralisierung der öffentlichen Verwaltung zu identifizieren und die steigende Bedeutung und Rolle der tertiären Bildungs- und Forschungseinrichtungen für ihre Standortregionen aufzuzeigen und mit Praxisbeispielen zu belegen. Neben anderen hochkarätigen Referenten berichtete auch NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner über die „3D-Strategie“ ihres Landes, in deren Rahmen unter anderem 500 Arbeitsplätze aus der Landeshauptstadt in die Regionen verlagert werden.

Landeshauptfrau Mikl-Leitner stellte im Rahmen des ersten Panels die „Drei-D-Strategie des Landes Niederösterreich“ vor. Die drei D‘s stehen für „Digitalisierung“, „Dezentralisierung“ und „Deregulierung“. Unter diesem Motto wurde eine Dezentralisierungsoffensive gestartet in deren Rahmen 500 Arbeitsplätze aus dem Regierungsviertel in die Regionen Niederösterreichs verlagert werden. Ziel sei es, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze in den Regionen zu schaffen. Weitere Vortragende des ersten Panels waren Christoph Schaltegger von den Universitäten Luzern zum Thema „Dezentraler Staatsaufbau als Erfolgsfaktor“ sowie Lars Feld von der Universität Freiburg zu „Die Weltbesten sind föderal oder klein, in jedem Fall aber dezentral“. Georg Keuschnigg und Christoph Schramek vom Institut für Föderalismus präsentierten europäische Dezentralisierungsbeispiele aus Bayern, Dänemark, Finnland und Schweden sowie auf Ebene der Europäischen Union. Georg Keuschnigg und Peter Bußjäger sprachen zu Clusterstrategien in der öffentlichen Verwaltung.

 

Das zweite Panel war unter dem Titel „Wissen regional organisiert“ verschiedenen Praxisbeispielen aus Niederösterreich (Martina Höllbacher, Amt der Niederösterreichischen Landesregierung), der Steiermark (Franz Prettenthaler, Joanneum Research Forschungsgesellschaft), Oberösterreich (Sonja Mündl, Softwarepark Hagenberg) und Kärnten (Thomas Lüftner, Silicon Austria Errichtungs GmbH mit drei Standorten in Graz, Villach und Linz) gewidmet.

 

Im abschließenden dritten Panel, dessen Fokus auf der Digitalisierung lag, sprach zunächst Ines Härtel von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt a. d. Oder zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und stellte unter anderem die Digitalisierungsstrategie der deutschen Bundesregierung vor. Im Vortrag von Sektionschef Gerhard Popp, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wurde die Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung näher ausgeführt.

Die Tagungsunterlagen stehen auf der Homepage des Instituts für Föderalismus zum Download zur Verfügung.

 

Veranstaltungshinweis: „Innovation & Fortschritt im Bundesstaat. Statuskonferenz Föderalismus“



Die Statuskonferenz Föderalismus findet am 20. und 21. September 2018 im Schloss Esterházy (Empiresaal) in Eisenstadt statt. Eröffnet wird die Konferenz mit einer Keynote von Bundesminister Josef Moser zur Föderalismusreform der Bundesregierung. Am darauffolgenden Tag werden in einer Vielzahl an hochkarätigen Vorträgen Ansätze zur Weiterentwicklung des Föderalismus im 21. Jahrhundert behandelt.

Das föderale System sieht sich auf staatlicher und europäischer Ebene einer Reihe gravierender Herausforderungen gegenüber. Die Krise der europäischen Demokratie, die Entwicklung von funktionalen, grenzübergreifenden Räumen, Digitalisierung, demographischer Wandel und die Folgen des Klimawandels sind hier die wichtigsten Beispiele. Die diesjährige Konferenz diskutiert diese neuen Herausforderungen an den Bundesstaat in Österreich und Europa und zeigt Perspektiven sowie Lösungsansätze auf.

 

Das Programm der Tagung und die Anmeldung finden Sie hier.

Institutsdirektor Peter Bußjäger warnt vor Zentralisierung der Sozialversicherung



Eine funktionierende regionale Gesundheitsversorgung kann nur in Kooperation mit den regionalen Akteuren auf Landesseite und den Ärztinnen und Ärzten sichergestellt werden. Eine weitgehende Zentralisierung der Krankenkassen, wie sie das Programm der Bundesregierung erahnen lässt, würde dagegen zahlreiche negative Effekte nach sich ziehen, stellt Institutsdirektor Peter Bußjäger in einem Gutachten zur geplanten Reform der Sozialversicherungen fest. Die Vorteile eines innovativen, bürgernahen Systems dürften nicht durch Zentralisierungen zerstört werden, zumal die dadurch erhofften Einsparungen keineswegs sicher seien.

Das Regierungsübereinkommen von ÖVP und FPÖ sieht vor, dass es künftig anstelle der neun Gebietskrankenkassen nur noch eine einzige „Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK)“ geben soll. Dazu soll laut Regierungsübereinkommen ein organisatorisch, personell, finanziell und inhaltlich nachhaltiger Umsetzungsprozess mit den Bundesländern aufgesetzt werden. Institutsdirektor Peter Bußjäger hat sich mit dem Thema aus Sicht des Vorarlberger Gesundheitssystems intensiv auseinandergesetzt und zeigt in einem Gutachten verschiedene Risiken auf, die bei einer Zentralisierung im Gesundheitswesen drohen. Das Gutachten steht auf der Homepage des Instituts im Volltext zum Download zur Verfügung (<foederalismus.at/contentit4/uploads/Reform%20der%20Sozialversicherungen.pdf>).

 

Für Peter Bußjäger ist klar, dass die neun Gebietskrankenkassen im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle einnehmen und eine Zentralisierung klare Nachteile mit sich bringen würde: „Die Funktion der Gebietskrankenkassen besteht darin, die regionale Gesundheitsversorgung in Kooperation mit den regionalen Akteuren auf Landesseite und den Ärztinnen und Ärzten sicherzustellen. Eine zentralistische Ausrichtung der Krankenversicherung in dem Sinne, dass etwa nur noch eine einzige Krankenversicherung oder mehrere Krankenversicherungen vorhanden sind, die zentral verankert sind und in den Ländern allenfalls noch Geschäftsstellen ohne wesentliche Entscheidungskompetenzen aufweisen, würde diese Balance stören. Davon abgesehen ist das bestehende System mit einer dezentralen Steuerung der Leistungserbringung innovativer als ein zentralistisches System. Die Dezentralisierung der Versorgungsstruktur macht das System auch messbar. Ganz abgesehen von der Frage, ob eine Fusionierung der Gebietskrankenkassen überhaupt spürbare Kostensenkungen ermöglicht, sind daher negative Konsequenzen zu befürchten, die sich aus dem Verlust der Nähe zu den Versicherten und den Leistungsanbietern ergeben“, schreibt Bußjäger in seinem Gutachten.

 

Auf der Basis dieses Gutachtens wurde ein Positionspapier entwickelt. Dieses ist im Föderalismus-Blog unter <foederalismus.at/blog/vorarlberger-positionspapier-zur-reform-der-sozialversicherungen_183.php> abrufbar.

Kompetenzverschiebung im Bereich des Datenschutzes abgesagt



Am 20. April wurde im Nationalrat das Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018 beschlossen (98 BlgNR 26. GP). Der ursprüngliche Antrag (189/A, 26. GP) hatte noch eine umfassende, d.h. auch den Datenschutz bei manuell geführten Dateien beinhaltende Bundeskompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung vorgesehen. Diese Kompetenzänderung wurde letzten Endes jedoch nicht beschlossen, weshalb die Länder weiterhin für den Schutz manueller personenbezogener Daten zuständig bleiben.

Im ursprünglichen Antrag 189/A, 26. GP, sollte der Bund in Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG die Kompetenz zum „allgemeinen Schutz personenbezogener Daten“ in Gesetzgebung und Vollziehung erhalten. Zudem war vorgesehen, dass in Art. 102 Abs. 2 B-VG eine Ermächtigung zur Führung in unmittelbarer Bundesverwaltung begründet wird.

Die Erläuterungen führten hierzu an, dass – vor dem Hintergrund der zwischen Bund und Ländern geteilten Gesetzgebungskompetenz im Datenschutzrecht – der Bund in die Lage versetzt werden sollte, die DSGVO und die Richtlinie (EU) 2016/680 „einheitlich und vollständig, also auch hinsichtlich manueller personenbezogener Daten durchzuführen bzw. umzusetzen.“ Weiters wurde in den Erläuterungen ausgeführt, dass die allgemeinen Angelegenheiten des Schutzes personenbezogener Daten auf den neuen Kompetenztatbestand in Art. 10 B-VG gestützt werden sollten, während spezifische datenschutzrechtliche Regelungen weiterhin auf den Kompetenztatbeständen der jeweiligen Materie gründen. Letzteres hätte beispielsweise für die Erlassung von Regelungen über Archivsperren nach den archivrechtlichen Vorschriften der Länder gegolten.

Was den Bereich der Vollziehung betrifft, hieß es in die Erläuterungen, dass „die bloße Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Länder und Gemeinden als Verantwortliche“ keine „Vollziehung“ sei. Für die faktische Handhabung personenbezogener Daten durch Behörden bedürfe es insofern keiner allgemeinen datenschutzrechtlichen Vollzugskompetenz, sondern lediglich einer Zuständigkeit aus einem „Materiengesetz“. Damit wäre wohl klargestellt gewesen, dass der Verfassungsgesetzgeber die Verarbeitung von Daten im Bereich von Ländern und Gemeinden nicht als „Vollziehung“ des Datenschutzrechtes betrachtet hätte.

In Summe wäre die Neuregelung für die Länder grundsätzlich mit keinen schwerwiegenden Kompetenzverlusten verbunden gewesen. Davon unberührt bleibt allerdings die verfassungspolitische Bewertung einer isolierten Änderung des B-VG zu Lasten der Länder.

Die Frage, was „allgemeiner Datenschutz“ ist, hätte wohl in der Praxis gelegentlich zu Unklarheiten geführt.

Neues im Föderalismus-Blog: Die Verfassungsgerichtsbarkeit. Wesen – Entwicklung - Herausforderungen



Unter dem Titel „Die Verfassungsgerichtsbarkeit: Wesen – Entwicklung – Herausforderungen“ hat der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, im Rahmen einer Veranstaltung der Tiroler Juristischen Gesellschaft und des Instituts für Föderalismus einen viel beachteten Vortrag in Innsbruck gehalten. Der Inhalt dieses Vortrags ist in fünf Teilen („Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit“, „Die Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich“, „Das Europarecht als Katalysator der Verfassungsgerichtsbarkeit“, „Die Organisation des Verfassungsgerichtshofes“ und „Verfassungsgerichtsbarkeit und Demokratie“) im Föderalismus-Blog abrufbar.

Links zum Blog:

 

Teil 1: <foederalismus.at/blog/verfassung-und-verfassungsgerichtsbarkeit_177.php>

Teil 2: <foederalismus.at/blog/die-entwicklung-der-verfassungsgerichtsbarkeit-in-oesterreich_178.php>

Teil 3: <foederalismus.at/blog/das-europarecht-als-katalysator-der-verfassungsgerichtsbarkeit_179.php>

Teil 4: <foederalismus.at/blog/die-organisation-des-verfassungsgerichtshofes_180.php>

Teil 5: <foederalismus.at/blog/verfassungsgerichtsbarkeit-und-demokratie_181.php>

Buchtipp: „Federalism and Education“



Der neu erschienene Band untersucht aktuelle Herausforderungen und politische Strategien in insgesamt zehn Ländern. Ziel des Buches ist es, zu untersuchen, wie föderale Staaten ihre Bildungssysteme gestalten, regeln, finanzieren und dabei die Qualität sicherstellen, und zwar vom Kleinkindalter bis zum Abschluss einer weiterführenden Schule. Besondere Aufmerksamkeit wird sowohl der Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen des jeweiligen föderalen Systems als auch der vertikalen und horizontalen Kooperation gewidmet.

Das Buch „Federalism and Education: Ongoing Challenges and Policy Strategies in Ten Countries“ ist kürzlich als neuer Band in der Reihe „Research in Educational Policy: Local, National, and Global Perspectives“ erschienen. Besondere Aufmerksamkeit wird in dein Beiträgen sowohl der Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen des jeweiligen föderalen Systems als auch der vertikalen und horizontalen Kooperation gewidmet. Die einzelnen Kapitel enthalten vergleichende Untersuchungen und Erfahrungsberichte in einem äußerst wichtigen Bereich, die nicht nur von Föderalstaaten von Interesse sind, sondern auch für im Entstehen begriffene föderale Systeme. Der österreichische Länderbericht wurde von Institutsdirektor Peter Bußjäger verfasst.

 

Herausgeber:

Kenneth K. Wong, Brown University

Felix Knüpling, Forum of Federations

Mario Kölling, Spanish National Distance Education University (UNED)

Diana Chebenova, Forum of Federations

 

PB: 978-1-64113-172-8

HC: 978-1-64113-173-5

E?Book: 978-1-64113-174-2

Neuerscheinung: „Dezentralisierung. Ein neuer Trend in Europa?“



Die Ergebnisse eines vom Institut für Föderalismus organisierten Werkstattgesprächs im Februar 2018 wurden nun in einem gemeinsam mit der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich erstellten Folder veröffentlicht. Dieser steht auf der Homepage des Instituts für Föderalismus zum Download zur Verfügung.

Link zum Download:

<foederalismus.at/contentit4/uploads/Folder_Dezentralisierung.pdf>

Veranstaltungshinweis: „Verwaltung im digitalen Zeitalter: Territoriale Dezentralisierung und ausgewogene regionale Entwicklung“



Ursachen und Folgen der Urbanisierung sowie die Gegenstrategien einiger europäischer Länder – vor allem im Bereich der Verwaltung, der Tertiären Bildung und des Arbeitsmarktes – stehen im Mittelpunkt einer Konferenz am 26. Juni 2018 im St. Pöltner Landhaus.

Die fortschreitende Urbanisierung und die damit verbundenen demografischen Entwicklungen stellen viele Regionen Europas vor neue Herausforderungen. Eine der Ursachen ist das gestiegene Bildungsniveau, verbunden mit einer höheren Qualifizierung der Arbeitskräfte, die in den Regionen keine ihrer Ausbildung entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten finden. Ein Effekt der Wissensgesellschaft ist zudem die gestiegene Bedeutung der Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen für die regionale Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund sehen einige Staaten bzw. Länder Europas in Dezentralisierungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung Ansatzpunkte zur Stärkung der Arbeitsmärkte in den Regionen. Ziel der Konferenz ist es, Erfolgskriterien der Dezentralisierung der öffentlichen Verwaltung zu identifizieren und die steigende Bedeutung und Rolle der tertiären Bildungs- und Forschungseinrichtungen für ihre Standortregionen aufzuzeigen und mit Praxisbeispielen zu belegen.

 

Konferenz „Verwaltung im digitalen Zeitalter: Territoriale Dezentralisierung und ausgewogene regionale Entwicklung“

 

Dienstag, 26. Juni 2018, 10:00 bis 17:00 Uhr

St. Pölten, Landhaus, Landhausplatz 1, Ostarrichisaal.

Link zur Einladung: <foederalismus.at/contentit4/uploads/Verwaltung%20im%20digitalen%20Zeitalter.pdf>

 

Für Anmeldungen und weitere Informationen:

institut@foederalismus.at

+43 512 574594

Hinweis zur neuen Datenschutz-Grundverordnung:



Am 25. Mai 2018 tritt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung in Geltung. Um Ihnen in Zukunft auch weiterhin unseren Newsletter „Föderalismus-Info“ zusenden zu dürfen, benötigen wir eine Bestätigung Ihres Namens und Ihrer Mailadresse. Sollten Sie unseren Newsletter weiterhin wünschen, ersuchen wir Sie um eine kurze Rückmeldung unter institut@foederalismus.at. Falls Sie den Newsletter nicht mehr erhalten möchten, brauchen Sie nichts zu tun, wir werden Ihre Daten aus unserem Bestand löschen.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2018



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2018 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Nähere Informationen sind auf der Homepage des Instituts für Föderalismus abrufbar.

Einreichungen sind bis spätestens Freitag, 30. März 2018 an das Institut für Föderalismus, Adamgasse 17, 6020 Innsbruck, E-Mail: institut@foederalismus.at, zu richten.

 

Link zu weiteren Informationen:

www.foederalismus.at/foederalismuspreis

Dezentralisierungen in Europa – Strategien, Konzepte und Erfahrungen



Das ungehemmte Wachstum von Metropolregionen einerseits und das Ausdünnen peripherer Regionen andererseits wird in immer mehr Ländern Europas als politische, wirtschaftliche und soziale Herausforderung erkannt. Im Rahmen eines vom Institut für Föderalismus organisierten Werkstattgesprächs im Februar wurden verschiedenste Dezentralisierungsprojekte in Europa (Bayern, Dänemark, Schweden, Finnland) einer näheren Betrachtung unterzogen. Dass es sich dabei jeweils nicht um Aktionen gegen die Hauptstadt handelt, sondern vielmehr eine ausgewogene Entwicklung im Fokus steht, wurde anhand der unterschiedlichen Beispiele deutlich.

In Bayern wurde nicht nur eine eigene (Frei-)Staatszielbestimmung zur Förderung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in die Verfassung aufgenommen, sondern mit der sogenannten „Heimatstrategie“ ein umfassendes Konzept mit insgesamt fünf Säulen in Angriff genommen. Eine dieser Säulen bilden die Behördenverlagerungen, in deren Rahmen 50 Behörden und staatliche Einrichtungen mit rund 3.200 Personen in alle Regierungsbezirke Bayerns verteilt werden. Rund 55 Prozent dieser Projekte sind bereits abgeschlossen. Mit Hilfe eines eigenen Personalrahmenkonzepts wurde auf eine sozialverträgliche Gestaltung geachtet.

Das dänische Programm, die staatlichen Behörden und Organisationen auf das ganze Land zu verteilen, mit dem Ziel einer „besseren Balance“, wurde Mitte 2015 gestartet. Als Richtmarke gab man die Verlagerung von 3.900 Arbeitsplätze aus; in einer ersten Welle wurden 2.546 Arbeitsplätze verlegt. Eine zweite Runde startete im Jänner 2018 mit dem Ziel, weitere 1.788 Arbeitsplätze aus Kopenhagen auf die Regionen des Landes zu verteilen.

In Finnland wurde bereits im sogenannten „Relocation Act 2002“ die Verlagerung von Regierungseinrichtungen und -aufgaben auf die Regionen außerhalb Helsinkis als Ziel ausgegeben. Vor diesem Hintergrund wurden in den Jahren 2002 bis 2015 einzelne Dezentralisierungsprojekte durchgeführt. Aktuell sollen im Zuge einer umfassenden Verwaltungsreform, die zu Beginn des Jahres 2020 in Kraft treten wird, 4.500 Regierungsstellen auf Bezirksebene verlagert werden.

In Schweden ist eine Umstrukturierung von 21 Provinzen zu 6 Großregionen am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Aktuell läuft eine Initiative der Regierung zur Umsiedlung von insgesamt 21 Behörden. Insgesamt 2.000 Stellen sollen in der laufenden Legislaturperiode von Stockholm in andere Städte Schwedens verlegt werden. Im Vorhinein wird jeweils geprüft, ob eine Behörde ihrer Tätigkeit am neuen Standort ausreichend nachkommen kann und ob am jeweiligen Standort bereits staatliche Behörden angesiedelt sind.

Neues im Föderalismus-Blog: „Föderalismus und Wettbewerbsfähigkeit“



Gemäß einer nicht selten vorgebrachten Meinung hemmen der Föderalismus und die Kleinräumigkeit die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Bei den internationalen Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit belegen föderal organisierte Länder wie etwa die Schweiz und die USA sowie Deutschland und Kanada jedoch regelmäßig die vorderen Plätze. Damit stellt sich die Frage, ob die guten Platzierungen in den Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit trotz oder gerade wegen der föderalen Struktur zustande kommen.

Dieser Frage gehen Lars Feld, Christoph A. Schaltegger, Heiko T. Burret und Lukas A. Schmid in einem aktuell im Föderalismus-Blog veröffentlichten Beitrag nach. Der Beitrag gründet auf dem Werk „Föderalismus und Wettbewerbsfähigkeit in der Schweiz“, das im August 2017 im NZZ Libro Verlag erschienen ist.

 

Link zum Blogbeitrag:

www.foederalismus.at/blog/foederalismus-und-wettbewerbsfaehigkeit_169.php

 

Weitere Informationen:

Föderalismus und Wettbewerbsfähigkeit in der Schweiz

Prof. Dr. Lars P. Feld, Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger

ISBN: 978-3-03810-279-3

 

www.nzz-libro.ch/feld-schaltegger-foederalismus-und-wettbewerbsfaehigkeit-schweiz.html

Neuerscheinung: „Integration oder Desintegration? Herausforderungen für die Regionen in Europa“



Im Rahmen der neuen interdisziplinären Schriftenreihe „Grenz-Räume“ werden in deutscher und italienischer Sprache die aus der Dialektik von Zentralisierungsbestrebungen einerseits und Dezentralisierungstendenzen andererseits resultierenden Herausforderungen für die Regionen in Europa analysiert. Der erste Band der Reihe trägt den Titel „Integration oder Desintegration? Herausforderungen für die Regionen in Europa“.

Der Sammelband untersucht ausgewählte Entwicklungen, die den Prozess der europäischen Integration in den vergangenen Jahren begleitet haben: Zentralisierungsbestrebungen einerseits und Dezentralisierungstendenzen andererseits. Die daraus resultierenden und nach wie vor bestehenden Spannungsfelder betreffen sowohl die europäische als auch die nationale Ebene. Auf europäischer Ebene geht es in erster Linie um die vertikale Kompetenzverteilung zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten. Auf mitgliedstaatlicher Ebene spannt sich der Bogen vom Sezessionismus auf der einen Seite bis zu intensiver transnationaler Kooperation von Regionen auf der anderen Seite. Diese Entwicklungen werden im Allgemeinen und am Beispiel der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino im Besonderen aus historischer, rechtlicher, ökonomischer und politikwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet. Die einzelnen Beiträge sind in deutscher oder italienischer Sprache verfasst; ein Abstract in der jeweils anderen Sprache fasst die wesentlichen Ergebnisse und Inhalte zusammen.

 

Obwexer/Bußjäger/Gamper/Happacher (Hrsg)

 

Integration oder Desintegration?

Herausforderungen für die Regionen in Europa

 

2018, 297 S., Broschiert,

ISBN 978-3-8487-4352

Veranstaltungshinweis: „Representing Regions, Challenging Bicameralism“



Die zweitägige Veranstaltung findet am 22. und 23. März 2018 in der Aula der Universität Innsbruck statt. In insgesamt sechs Panels werden verschiedenste Fragen rund um zweite Kammern sowie deren Funktion als Repräsentanten von Gliedstaaten behandelt. Im Fokus stehen auch internationale Vergleiche von Zweikammernsystemen. Nähere Informationen sind auf der Homepage des Instituts für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck zu finden.

Link zum Tagungsprogramm:

www.uibk.ac.at/oeffentliches-recht/mitglieder/gamper/conference-representing-regions-challenging-bicameralism.pdf

 

Anmeldungen per Mail an: monika.weber@uibk.ac.at

Veranstaltungshinweis: „Verwaltungskooperation in der Europaregion: Potenziale ohne Grenzen?“



Die zweitägige Veranstaltung findet von 19.4. bis 20.4.2018 im Landhaus I in Bozen statt. In insgesamt drei Panels werden „Staatsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Grundlagen der Verwaltungskooperation“, „Perspektiven und Potenziale der Verwaltungskooperation in der Europaregion und im internationalen Vergleich“ sowie die Thematik „Verwaltungskooperation in der Europaregion im Spannungsfeld unterschiedlicher Verwaltungsrechte und -kulturen“ behandelt.

Für Anmeldungen und weitere Informationen:

 

Büro Landeshauptmann Arno Kompatscher

Tel. +39 0471 412222

landeshauptmann@provinz.bz.it

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2018



Die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten der österreichischen Bundesländer und Südtirols sowie das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2018 aus. Dieser Preis wird für herausragende Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen der beiden letzten Jahre sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus Forschung und Verwaltungspraxis verliehen. Nähere Informationen sind auf der Homepage des Instituts für Föderalismus abrufbar.

Link zu weiteren Informationen:

www.foederalismus.at/foederalismuspreis

Berufung Peter Bußjägers zum Universitätsprofessor



Institutsdirektor Peter Bußjäger wird ab 1. Februar 2018 eine Professur für Staatsrecht, Verwaltungslehre und österreichisches Verwaltungsrecht gemäß § 98 Universitätsgesetz an der Universität Innsbruck antreten. Damit wird die Zusammenarbeit des Instituts für Föderalismus mit der Universität Innsbruck über das dort etablierte Forschungszentrum Föderalismus weiter intensiviert. Das Institut freut sich über die Berufung, die sowohl die Arbeit Peter Bußjägers bestätigt als auch die Bedeutung des Föderalismusinstituts als wissenschaftliche Einrichtung unterstreicht.

Das Regierungsprogramm 2017-2022 aus föderaler Sicht



Das Programm der neuen Bundesregierung ist sehr umfangreich, aber in weiten Bereichen wenig konkret, manchmal auch ein bisschen widersprüchlich. Das lässt viel Interpretationsspielraum offen, mahnt aber auch zu Wachsamkeit. Im Besondern gilt das für das Verhältnis von Bund und Ländern, denn einmal mehr versucht eine neue Bundesregierung unter dem Schlagwort „Verwaltungsreform“ zahlreiche Zentralisierungen in Angriff zu nehmen. Die grundsätzliche Würdigung eines kooperativen Föderalismus und die Ankündigung, das Einvernehmen mit den Ländern zu suchen, sollten aber eine tragfähige Basis für vernünftige Verhandlungen bilden, in denen eine zweckmäßige und effiziente Verwaltung des Gemeinwesens in Angriff genommen werden kann.

Im Dezember des Vorjahres haben die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ das neue Regierungsprogramm für die Jahre 2017 bis 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt. Es umfasst insgesamt 182 Seiten und ist durch zahlreiche unbestimmte und interpretationsbedürftige Ankündigungen gekennzeichnet, die zunächst unklar lassen, was tatsächlich beabsichtigt ist.

Aus föderaler Sicht ist hervorzuheben, dass die zentralistischen Tendenzen, trotz vereinzelter Bekenntnisse zu Subsidiarität, deutlich überwiegen. Die Wortwahl im Programm lässt eine Wertschätzung föderaler Strukturen und ihrer Vorzüge eher vermissen. Mitunter wird betont, veraltete Strukturen überwinden zu müssen, und damit auch angedeutet, wohin die Reise gehen soll.

Positiv zu bewerten ist die Betonung des kooperativen Föderalismus und das angestrebte Einvernehmen zwischen Bund und Ländern. Immer wieder wird auf die Notwendigkeit der Evaluierung bestimmter Maßnahmen hingewiesen. Die Länder werden darauf dringen müssen, in diesen Prozessen mitwirken zu können

 

In der Folge seien die wichtigsten Inhalte aus föderaler Perspektive kurz dargestellt:

- „Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung“ (S. 13):

In diesem Zusammenhang wird eine aufgabenorientierte Reform des Finanzausgleichs angekündigt. Dies kann sich für Länder und Gemeinden durchaus als problematisch erweisen, wenn Finanzmittel stets nur von konkreten Aufgabenerfüllungen abhängig gemacht werden.

 

- „Vereinheitlichung von Organisationsstrukturen“ (S. 15), „Verfahrenskonzentration“ (S. 16, vgl. auch S. 17 sowie S. 134):

An mehreren Stellen ist die verstärkte Einrichtung von „One-Stop-Shops“, insbesondere durch Verfahrenskonzentration, vorgesehen. Diese Vorschläge sind prinzipiell positiv zu bewerten. Voraussetzung ist jedoch, dass es dabei zu keinen Kompetenzverschiebungen kommt. So muss bei einer gemeinsamen Abwicklung von bundes- und landesrechtlichen Angelegenheiten die Weisungsbefugnis der Landesregierung in der Vollziehung landesrechtlicher Vorschriften erhalten bleiben. Dazu kommt das angestrebte vollkonzentrierte Genehmigungsverfahren für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken (S. 134).

 

- „Entflechtung der Kompetenzverteilung“ (S. 17):

Neuzuordnungen von Kompetenzen werden im Regierungsprogramm an mehreren Stellen angesprochen. Auf Seite 17 wird zunächst eine Überprüfung und Neuordnung der Kompetenztatbestände in den Art. 10 bis 15 B-VG angekündigt, insbesondere die Abschaffung des Kompetenztypus der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung in Art. 12 B-VG.

Weitere Kompetenzverschiebungen – in der Regel in Richtung Bund – sind an folgenden Stellen zu finden:

  • „Vereinheitlichung des Bautechnikrechts“ (S. 17 und S. 47).
  • „Einheitlicher Jugendschutz“ (S. 17 und S. 103).
  • „Kompetenzzuordnung des übergeordneten länderübergreifenden Krisen- und Katastrophenmanagements zum Bund“ (S. 17, vgl. auch S. 35).
  • „Kompetenzbereinigung im Rahmen des Glücksspielgesetzes“ (S. 18).
  • Was mit einem „modernen und durchlässigen Dienstrecht“ (S. 18) gemeint ist, ist unklar. Vermutlich sind auch hier Eingriffe in Länderkompetenzen geplant.
  • „Bundeseinheitliche Neuregelung der Grundversorgung“ (S. 34). Wie dies erfolgen soll, ist nicht angeführt.
  • Planungs- und Koordinationspflichten des Bundesgesetzgebers für die überörtliche und kommunale Raumplanung bzw Festlegung entsprechender Mindestanforderungen bei der Umsetzung von überregionalen Infrastrukturvorhaben (S. 156).
  • „Ländermaterien wie Landarbeitsrecht und land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung auf Bundesebene vereinheitlichen“ (S. 161).
  • „Bundesgesetzgebungskompetenz für Energierecht“ (S. 179).

           

- „Effizienzgewinne bei der mittelbaren Bundesverwaltung“ (S. 17):

Dieser Punkt sieht vor, dass künftig Aufgaben einzelner Bundesbehörden in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen und somit in die allgemeine staatliche Verwaltung der Länder eingegliedert werden. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist ein derartiger Ansatz positiv zu bewerten.

 

- „Nachhaltige Reduktion der Sozialversicherungsträger auf maximal 5 Träger“ (S. 114 f):

Das Institut für Föderalismus betrachtet es insbesondere für notwendig, dass die Gewährleistung regionaler Gesundheitsversorgung auf Landesebene gesteuert wird. Dies könnte auch in der Form erfolgen, dass es in jedem Land einen Sozialversicherungsträger gibt und ein zentraler Hauptverband notwendige Steuerungen vornimmt.

VfGH: Kein verfassungswidriges Unterlaufen des Systems der mittelbaren Bundesverwaltung durch BekGG



Im Erkenntnis G 419/2016 vom 10. Oktober 2017 setzte sich der VfGH mit den verfassungsrechtlichen Grenzen der Einräumung von Ministerialzuständigkeiten in Angelegenheiten, die eigentlich in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen wären, auseinander. Die Entscheidung lässt einige Fragen offen.

Im konkreten Fall ging es um das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BekGG). Dieses betraut den Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Entscheidung über den Erwerb der Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften sowie mit weiteren Aufgaben, wie etwa der Führung eines Registers über die religiösen Bekenntnisgemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit. Einzig die Beendigung der Mitgliedschaft zu einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft fällt in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden, denen gegenüber der Austritt zu erklären ist (§ 8 BekGG). Die wesentlichen hoheitlichen Entscheidungen im BekGG werden somit vom zuständigen Bundesminister getroffen.

Kompetenzgrundlage des BekGG sind die „Angelegenheiten des Kultus“ in Art 10 Abs 1 Z 13 B-VG, die wiederum in Art 102 Abs 2 B-VG nicht aufgezählt werden und dementsprechend in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen wären. Vor diesem Hintergrund äußerte das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall Bedenken dahingehend, dass aufgrund der weitreichenden ministeriellen Zuständigkeiten im BekGG das System der mittelbaren Bundesverwaltung unterlaufen werde.

Der VfGH hatte bislang mehrfach ausgesprochen, dass es verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen sei, im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung in einem bestimmten Ausmaß und unter Einhaltung sonstiger verfassungsrechtlicher Vorgaben einem Bundesminister Agenden zur Besorgung in erster Instanz zu übertragen. Dabei sei es an sich auch zulässig, wenn sich der jeweilige Bundesminister zur Besorgung solcher Aufgaben ihm direkt zugeordneter Hilfsorgane bedient (insbesondere VfSlg 11.403/1987).

Im aktuellen Erkenntnis zieht der VfGH allerdings die Versteinerungstheorie heran: Da bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG im Jahr 1920 erstinstanzliche Zuständigkeiten eines Ministers zur Entscheidung über die Anerkennung einer Religionsgesellschaft bestanden haben, geht der VfGH davon aus, dass der Verfassungsgesetzgeber im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art 102 B-VG in Kauf genommen habe, dass Entscheidungen über die Anerkennung von Kirchen und Religionsgesellschaften und vergleichbare Entscheidungen weiterhin von der Ministerialinstanz besorgt werden dürfen. Insofern könne nicht von einem verfassungswidrigen Unterlaufen der mittelbaren Bundesverwaltung ausgegangen werden.

Abschließend verweist der VfGH noch auf VfSlg 11.403/1987 und hält knapp fest, dass im gegenständlichen Fall die dort festgelegten verfassungsrechtlichen Grenzen zur Begründung ministerieller Zuständigkeiten nicht überschritten worden seien.

Verwunderlich ist zum einen die Anwendung der Versteinerungstheorie, deren eigentlicher Zweck es ist, die Bedeutung eines Kompetenztatbestandes zu ermitteln. Eine Versteinerung von Vollziehungszuständigkeiten ist hingegen ungewöhnlich. Zum anderen verabsäumt es der VfGH, im Erkenntnis nähere Ausführungen zur Begründung erstinstanzlicher Ministerialkompetenzen zu treffen. Wie diese im System des Art 102 B-VG konkret eingeordnet werden können bleibt damit weiterhin unklar. Dasselbe gilt auch für die Grenzen der Begründung derartiger Zuständigkeiten. 

Spectra/IWS-Studie: Meinungen in Oberösterreich zu Gemeindezusammenlegungen, Dezentralisierung und Steuerautonomie für die Länder



Das Spectra-Institut hat in Oberösterreich Einstellungen der Bevölkerung zu föderalistisch relevanten Themen erhoben – mit interessanten Ergebnissen: So spricht sich eine große Mehrheit für verstärkte Gemeindekooperationen aus, auch eine weitere Dezentralisierung von Bundeseinrichtungen wird deutlich mehrheitlich gutgeheißen, wohingegen eine Steuerautonomie der Bundesländer nur knapp gegenüber der Steuerhoheit des Bundes positiv gesehen wird.

In einer aktuellen Spectra-Studie der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) wurde die Meinung der oberösterreichischen Bevölkerung zu verschiedenen, insbesondere aus föderaler Sicht interessanten Themen erforscht.

Ein eindeutiges Ergebnis gab es vor allem beim Thema Gemeindekooperation. Insgesamt 77% der Befragten sprachen sich für eine verstärkte Zusammenarbeit von Gemeinden aus, wenngleich dies mit längeren Wegen und Wartezeiten für Bürger verbunden sein könnte. Eine verstärkte Dezentralisierung von Bundesdienststellen außerhalb der Bundeshauptstadt Wien erachteten insgesamt 57% der Befragten für sinnvoll, während sich 32% dagegen aussprachen.

Beim Thema Finanzausgleich konnte keine eindeutige Tendenz zu mehr Steuerautonomie für Länder und Gemeinden ausgemacht werden. 48% der Befragten äußerten sich positiv gegenüber der Idee, dass Länder und Gemeinden autonom zumindest einen Teil der Steuern einheben. Demgegenüber sind 40% der Ansicht, dass die Steuerhoheit auf Seiten des Bundes nicht angetastet werden sollte.

 

Nähere Informationen sind auf der Homepage der IWS abrufbar: www.iwsooe.at 

Gemeindekooperation. Übung oder Notwendigkeit?



Die interkommunale Zusammenarbeit wird für die Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden immer wichtiger. Auf entsprechend reges Interesse stieß die Veranstaltung des Instituts für Föderalismus „Gemeindekooperation. Übung oder Notwendigkeit?“ am Freitag, den 17.11.2017, im Hypo Landtagssaal in Bregenz. Beleuchtet wurden Fragen rund um die interkommunale Zusammenarbeit mittels Fachvorträgen und einer Diskussionsrunde.

In seinen Begrüßungsworten hob der Präsident des Vorarlberger Landtags Harald Sonderegger die hohe Kooperationsbereitschaft der Vorarlberger Gemeinden hervor. Von Seiten des Landes Vorarlberg bemühe man sich, Kooperationen – beispielsweise mit Hilfe von begleitenden Maßnahmen in Kooperationsprozessen oder Anschubfinanzierungen – zu fördern. Ständige Veränderungsprozesse würden neue Kooperationsformen erforderlich machen.

Im Anschluss wurde im Rahmen von vier Fachinputs ein theoretischer und praktischer Überblick vermittelt. Den Beginn machte Daniel Müller-Jentsch von der Avenir Suisse mit einem Vortrag zum Strukturwandel im Berggebiet sowie funktionalen Räumen und regionaler Kooperation. Dabei wurden zunächst strukturelle Nachteile des alpinen Raums, insbesondere in der Schweiz, dargestellt, wodurch Berggebiete wirtschaftlich unter Druck geraten. Es gibt allerdings zahlreiche funktionale Räume, wie etwa Täler oder Tourismusdestinationen. Für diese bedürfe es einer variablen Geometrie regionaler Kooperationen. Zentral seien regionale Innovationssysteme als Schlüssel für regionale Wettbewerbsfähigkeit sowie Clusterbildungen.

Peter Bußjäger, Direktor des Instituts für Föderalismus, widmete sich in der Folge der Interkommunalen Zusammenarbeit in Vorarlberg und attestierte ihr „Freiwilligkeit auf hohem Niveau“. Allerdings müsse die Landesebene eine gewisse Steuerungsfunktion wahrnehmen, die Prozesse strukturieren und nach Möglichkeit beschleunigen. Die Gemeinden selbst dürften die demokratische Kontrolle der Gemeindekooperation nicht aus den Augen verlieren. In Summe müssten Gemeindekooperation stärker in die Fläche, in die Regionen gehen, was auch der entscheidende Vorteil gegenüber der Fusion sei.

Das Projekt eines „gemeinsamen Gemeindeamts“ wurde von Klaus Wirth, Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ), dargestellt. Kooperation sei primär eine Frage der Zweckmäßigkeit und des Wollens. Sie erfordere klare Positionierung, entsprechende Rahmenbedingungen sowie konsistentes Handeln aller Akteure. Dies gelte insbesondere für die Idee einer gemeinsamen Verwaltung mehrerer Gemeinden, die bisher in Vorarlberg freilich nur diskutiert, jedoch noch nicht umgesetzt wurde.

Der vierte und letzte Fachinput kam von Georg Keuschnigg, Institut für Föderalismus. Im Zuge dieses Vortrags wurden nationale und internationale Beispiele regionaler Zusammenarbeit näher erläutert. Diese umfassten das Kleinregionenkonzept in Niederösterreich, die Südtiroler Bezirksgemeinschaften, die Regionalkonferenzen im Kanton Bern sowie den Stand Montafon. Eine aktuelle Entwicklung stellt ein neues Südtiroler Landesgesetz zur Neuordnung der örtlichen Körperschaften dar. Im Rahmen dieses Gesetzes kann das Land Südtirol künftig Kooperationssprengel verordnen.

Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion zur Frage „Braucht es mehr Verbindlichkeit in der interkommunalen Zusammenarbeit?“. An der Diskussion nahmen Landtagspräsident Harald Sonderegger, Gemeindeverbandspräsident Harald Köhlmeier, Landes-Rechnungshofdirektorin Brigitte Eggler-Bargehr, sowie Klaus Wirth und Peter Bußjäger teil. Zusammenfassend lässt sich dazu festhalten, dass Kooperationen, die stärker als bisher die verschiedenen Kleinregionen des Landes umfassen, als notwendig erachtet werden. Dabei herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass es einer aktiveren Unterstützung von Seiten des Landes bedarf. Die Gemeindekooperation in Vorarlberg finde bereits jetzt auf hohem Niveau statt. Eine Strukturreform brauche es nicht, dafür aber jedenfalls mehr Verbindlichkeit im Sinne klarer Rechtsgrundlagen der Kooperationen.

Veranstaltungshinweis: „Die Neuorganisation der Bildungsverwaltung in Österreich“



Das Bildungsreformgesetz 2017 ist Thema einer ganztägigen Veranstaltung des Instituts für Föderalismus, die am 31. Jänner 2018 an der Johannes Kepler Universität Linz stattfindet. Der Vormittagsteil ist verfassungs-, verwaltungs- und organisationsrechtlichen Fragen rund um die Neuordnung des Bildungssystems gewidmet. Im Zuge des Nachmittagsprogramms wird Föderalismus im Bildungswesen einem internationalen Vergleich unterzogen sowie Evaluation und Controlling im Bildungswesen näher behandelt.

Link zum Tagungsprogramm:

www.foederalismus.at/contentit4/uploads/Einladung%20Bildungsverwaltung.pdf

 

Anmeldungen per Mail an: institut@foederalismus.at

Veranstaltungshinweis: „Representing Regions, Challenging Bicameralism“



Die zweitägige Veranstaltung findet am 22. und 23. März 2018 in der Aula der Universität Innsbruck statt. In insgesamt sechs Panels werden verschiedenste Fragen rund um zweite Kammern sowie deren Funktion als Repräsentanten von Gliedstaaten behandelt. Im Fokus stehen auch internationale Vergleiche von Zweikammernsystemen. Nähere Informationen sind auf der Homepage des Instituts für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck zu finden.

Link zum Tagungsprogramm:

www.uibk.ac.at/oeffentliches-recht/mitglieder/gamper/conference-representing-regions-challenging-bicameralism.pdf

 

Anmeldungen per Mail an: monika.weber@uibk.ac.at


2017


Besorgnis über Situation in Katalonien



Die aktuellen Entwicklungen mit der Eskalation zwischen der spanischen Zentralregierung und der Katalanischen Regionalregierung stellt die Europäische Union erneut vor die Frage, wie mit Unabhängigkeitsbewegungen vernünftig umgegangen werden kann und welche Bedeutung starke Regionen in Zukunft haben sollen. Bisher herrscht in Brüssel diesbezüglich vor allem Ratlosigkeit. Die Übernahme der politischen Macht in Katalonien durch die Zentralregierung hat im Übrigen auch direkte Auswirkungen auf das mit dem IFÖ kooperierende Institut d'Estudis Autonòmics (IEA), dessen Direktor sowie zwei Mitarbeiter entlassen und mit einer Anklage bedroht wurden. Eine Stellungnahme zur aktuellen Situation finden Sie auf der IFÖ-Homepage.

Große Aufmerksamkeit erregen die aktuellen Ereignisse rund um die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen. Die jüngsten Höhepunkte des Konflikts bildeten das Referendum am 1. Oktober 2017 sowie die anschließend ausgerufene Abspaltung Kataloniens Ende Oktober. Dies hatte zur Folge, dass Art. 155 der spanischen Verfassung von der Zentralregierung angewendet wurde, was wiederum zu einer Entmachtung der katalanischen Regionalregierung geführt hat. Schwerwiegende Folgen der aktuellen Situation in Katalonien musste das Institut d'Estudis Autonòmics (IEA), das ebenso wie das Institut für Föderalismus und 24 weitere Institute aus insgesamt 16 Ländern Mitglied der International Association of Centers for Federal Studies (IACFS) ist, erfahren. So wurden der Direktor sowie zwei Mitarbeiter des Instituts von der Zentralregierung in Anwendung des Art. 155 der spanischen Verfassung entlassen. Dem Institutsdirektor droht ein Strafverfahren. Eine Erklärung der IACFS, in welcher Besorgnis über die Situation in Katalonien ausgedrückt wird, kann auf der Startseite der Institutshomepage (www.foederalismus.at) abgerufen werden. Unter anderem wurden darin bereits erhebliche Bedenken hinsichtlich der zum damaligen Zeitpunkt angelaufenen Ermittlungen gegen das IEA geäußert, dies insbesondere aus Sicht der Freiheit der Wissenschaft. Die Europäische Union hat der Zentralregierung in Madrid ihre volle Unterstützung versichert. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus darf in diesem Zusammenhang jedoch nicht vergessen werden, dass Europa letzten Endes von starken Regionen abhängig ist und nur dann langfristig erfolgreich sein kann, wenn es von unten getragen wird. Darauf wird auch in einem jüngst erschienenen Presseartikel hingewiesen, der den etwas überspitzten Titel „Wer Zentralismus sät, wird Separatismus ernten“ trägt. (abrufbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5314287/Replik_Wer-Zentralismus-saet-wird-Separatismus-ernten)

VfGH: „Durchgriffsrecht“ verfassungskonform



Der VfGH hat sich jüngst mit dem sogenannten „Durchgriffsrecht“ des Bundes befasst, das im Bundesverfassungsgesetz (BVG) über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden geregelt ist. Anlass für das Erkenntnis war eine Klage der Stadt Wels gegen die geplante Unterbringung von Asylwerbern auf dem Gelände der ehemaligen Frauenklinik in Wels. Die Beschwerde wurde abgewiesen, das BVG bestätigt. Trotz dieses Erkenntnisses des VfGH bleiben insbesondere rechtsstaatliche Bedenken aufrecht und es ist zu hoffen, dass es nach Außerkraftsetzen des Gesetzes im kommenden Jahr zu keiner Verlängerung kommt.

Der VfGH hat sich jüngst mit dem sogenannten „Durchgriffsrecht“ des Bundes, das im BVG über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden (BVG Unterbringung) verankert ist, auseinandergesetzt (E 692/2017-17 vom 28.09.2017). Anlass für das Erkenntnis war die geplante Unterbringung von Asylwerbern auf dem Gelände der ehemaligen Frauenklinik in Wels.

Das „Durchgriffsrecht“ im BVG Unterbringung

Das „Durchgriffsrecht“ sieht vor, dass der Bundesminister für Inneres bestimmte Liegenschaften durch Bescheid vorläufig zur Nutzung als Quartiere von hilfs- und schutzbedürftigen Personen bereitstellen kann (Art. 3 BVG Unterbringung). Eine derartige (vorläufige) Entscheidung ersetzt Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Sie kann allerdings nur ergehen, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: So muss zunächst die jeweilige Liegenschaft im Eigentum des Bundes oder diesem zumindest zur Verfügung stehen. Außerdem darf ein vorläufiger Bescheid zur Nutzung nur erlassen werden, wenn sowohl das betroffene Land als auch der betroffene Bezirk ihre Quoten zur Unterbringung nicht erfüllen. Darüber hinaus dürfen überwiegende Interessen der Sicherheit, der Gesundheit und des Umweltschutzes nicht entgegenstehen.

In der Literatur wurde einerseits kritisiert, dass das BVG erhebliche Eingriffe in die bundesstaatliche Kompetenzverteilung sowie den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde bewirke, andererseits wurden massive rechtsstaatliche Bedenken geäußert. Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die betroffenen Gemeinden und Nachbarn keine Parteistellung haben und den Bescheid auch praktisch nicht bekämpfen können.

Bisherige Rechtsprechung des VfGH

Die gegenständliche Entscheidung betreffend die Stadt Wels stellt nicht den ersten Fall dar, in welchem das BVG-Unterbringung Gegenstand eines Erkenntnisses des VfGH war. Bereits im Jahr 2016 wandte sich die Gemeinde Ossiach mit einer Beschwerde gegen einen vorläufigen Bescheid des Bundesministers für Inneres an den VfGH (E2310/2015 vom 08.03.2016). Die Beschwerde wurde allerdings zurückgewiesen, da sie sich weder auf ein Erkenntnis noch auf einen Beschluss eines Verwaltungsgerichts bezog (Art. 144 Abs. 1 und 4 B-VG). Vor dem Hintergrund, dass Art. 3 Abs. 1 BVG Unterbringung eine Beschwerde gegen den vorläufigen Nutzungsbescheid an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ausschließt, wies der VfGH der Gemeinde jedoch den richtigen Anfechtungsweg und empfahl, dennoch eine Beschwerde an das BVwG zu erheben, um den Ausschluss des Rechtsmittels wegen einer Baugesetzwidrigkeit geltend zu machen. Im Zuge eines derartigen Verfahrens könne, so der VfGH, das BVwG prüfen, ob der vorläufige Nutzungsbescheid überhaupt einen gesondert anfechtbaren Bescheid darstellt oder einen Einleitungsakt für den endgültigen Nutzungsbescheid nach Art. 3 Abs. 6 BVG Unterbringung bildet.

Das aktuelle Erkenntnis

Die Stadt Wels hatte zunächst den Bescheid des Bundesministers für Inneres, mit dem die vorläufige Nutzung der Liegenschaft zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Personen verfügt wurde, entsprechend der vorher beschriebenen „Anleitung“ des VfGH beim BVwG angefochten. Diese Beschwerde wurde mangels Parteistellung der Stadt Wels zurückgewiesen. Der Bescheid des Bundesministers für Inneres sei gemäß Art. 3 Abs. 8 BVG Unterbringung nur gegenüber dem Grundstückseigentümer erlassen worden. Dies könne lediglich der Bund selbst sein oder derjenige, der das Grundstück zivilrechtlich zur Verfügung stellt.

Im Anschluss daran erhob die Stadt Wels Beschwerde an den VfGH und machte darin zum einen eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Selbstverwaltung und zum anderen mehrere Baugesetzwidrigkeiten des BVG Unterbringung geltend. Letzteres wurde damit begründet, dass das BVG sowohl gegen das bundesstaatliche als auch gegen das rechtsstaatliche Prinzip verstoße.

Der VfGH bestätigte in seinem Erkenntnis die Ausführungen des BVwG hinsichtlich der Parteistellung und bekräftigte, dass sowohl der Systematik als auch dem Zweck des BVG Unterbringung zufolge alleine der betroffene Grundstückseigentümer als Partei an einem derartigen Verfahren teilnehmen solle. Da die Zurückweisung des BVwG auf den Ausschluss der Parteistellung gestützt war und nicht auf den Ausschluss der Beschwerde in Art. 3 Abs. 1 BVG Unterbringung, bildete ebendieser Rechtsmittelausschluss keinen Gegenstand des Verfahrens vor dem VfGH. Daraus kann geschlossen werden, dass, wenn, nur ein Grundstückseigentümer diesen Ausschluss bekämpfen kann.

Hinsichtlich der weiteren Beschwerdegründe hielt der VfGH fest, dass das BVG Unterbringung weder gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung der Gemeinde verstoße, noch zu einem verfassungswidrigen Eingriff in die Kompetenzen der Länder führe. Des Weiteren sah er in der Gestaltung der Nachbarrechte keinen derart gravierenden Eingriff, dass eine Gesamtänderung der Bundesverfassung vorliege. Im Übrigen ging der VfGH noch auf die Behauptung der Stadt Wels ein, dass gewisse vom Bescheid des Bundesministers für Inneres umfasste Einrichtungen, wie etwa eine Registrierungsstelle, nicht unter das BVG Unterbringung subsumiert werden könnten. Sollte diese Behauptung zutreffen, sei es Sache der einschreitenden Gemeinde, nach den einschlägigen baurechtlichen Vorschriften vorzugehen.

Bewertung

Der VfGH schloss zwar im gegenständlichen Erkenntnis dezidiert aus, dass durch das BVG Unterbringung die Gesamtänderungsschwelle überschritten worden sei. Die in der Literatur geäußerten rechtsstaatlichen Bedenken am dort vorgesehenen Verfahren haben aber unabhängig davon weiterhin ihre Gültigkeit.

Aus bundesstaatlicher Sicht ist hervorzuheben, dass das BVG zweifellos auch einen erheblichen Eingriff in Landeskompetenzen bewirkt. Dieser könnte jedoch angesichts einer prekären Situation mit Hinblick auf eine möglichst rasche Unterbringung von Flüchtlingen grundsätzlich noch als gerechtfertigt angesehen werden.

In Summe muss jedenfalls die Frage gestellt werden, ob sich nicht ein ausgewogeneres Verfahren letzten Endes als geeigneter erwiesen hätte. Insofern darf weiterhin gehofft werden, dass die Lebensdauer des BVG Unterbringung nach dem Außerkrafttreten am 31.12.2018 nicht verlängert wird.

Weiterführende Literatur:

Bußjäger, Das Verfahren zur Nutzung von Grundstücken für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden aufgrund des Durchgriffsrechts, migraLex 2016/03, 67-72.

Umweltbundesamt übersiedelt von Wien nach Klosterneuburg



Das Umweltbundesamt soll von Wien nach Klosterneuburg verlegt werden. Diese Entscheidung hat BM Andrä Rupprechter getroffen. Er will damit einen ersten Schritt in der Denzentralisierung der Bundesverwaltung in Angriff nehmen, weitere sollen folgen. Rupprechter folgt damit einer Empfehlung des Instituts für Föderalismus, das darauf aufmerksam gemacht hatte, dass 64 von 68 Bundeseinrichtungen ihren Standort in Wien haben, und anregte, dem Beispiel Deutschlands und der Schweiz zu folgen, die jeweils Einrichtungen mit bundesweiter Zuständigkeit auf das gesamte Bundesgebiet verteilt haben. Es gilt dabei, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und sicherzustellen, dass auch abseits der Bundeshauptstadt hochwertige Arbeitsplätze in der Verwaltung angesiedelt werden.

Einer Empfehlung des Instituts für Föderalismus folgend wird nun mit dem Umweltbundesamt eine erste größere Dienststelle des Bundes von Wien in die Peripherie, konkret nach Klosterneuburg, verlagert. Dies betrifft rund 520 Arbeitsplätze. Bislang war das Umweltbundesamt, eine nachgeordnete Dienststelle des BMLFUW, an vier verschiedenen Standorten im 9. und 20. Wiener Gemeindebezirk angesiedelt. Vor dem Hintergrund der Sanierungsbedürftigkeit dieser Standorte wird die Übersiedelung auch als wirtschaftlich sinnvoll erachtet.

Die Maßnahme stellt einen ersten größeren Schritt im Rahmen des „Masterplans für den ländlichen Raum“ von BM Rupprechter dar. Derzeit sind 64 von 68 Bundeseinrichtungen in Wien angesiedelt, was im internationalen Vergleich mit Deutschland und der Schweiz einen auffällig hohen Grad an Zentralisierung darstellt. Einen Sitz außerhalb von Wien haben lediglich die Österreichischen Bundesforste (Pukersdorf), das Österreichische Sprachen-Kompetenz-Zentrum (Graz), das Bundesamt für Weinbau (Eisenstadt) sowie das Bundesamt für Wasserwirtschaft. Letzteres übersiedelte im Vorjahr von Wien nach Scharfling am Mondsee.

In der Studie „Dezentralisierungspotenziale in der Bundesverwaltung“ des Instituts für Föderalismus sowie des Instituts für Verwaltungsmanagement, die im Frühjahr 2017 erschienen ist, wird empfohlen, 3.500 Arbeitsplätze des klassischen Verwaltungsdienstes in die Regionen zu verlagern, um den ländlichen Raum zu stärken und dem beachtlichen „brain-drain“ in Richtung Bundeshauptstadt entgegen zu wirken. Dementsprechend sind bereits weitere Dezentralisierungsprojekte in Planung. Im Gespräch sind unter anderem die für Wien, Niederösterreich und das Burgenland zuständige Abteilung der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie die Bundesanstalt für Bergbauernfragen, beide derzeit ebenfalls mit Sitz in Wien.

Das Institut für Föderalismus begrüßt die aktuellen Bestrebungen rund um eine stärkere Dezentralisierung von Bundeseinrichtungen. Gerade in einer Zeit der zunehmenden Digitalisierung ist es unerheblich, von wo aus eine Tätigkeit erbracht wird. Hinzu kommt die Kuriosität, dass in Österreich sogar Einrichtungen wie beispielsweise die Bundesanstalt für Bergbauernfragen ihren Sitz in Wien haben, während in Deutschland gewichtige Einrichtungen wie das Bundesverfassungsgericht außerhalb der Bundeshauptstadt angesiedelt sind.

Wenngleich die räumliche Dezentralisierung von Verwaltungseinrichtungen von gesamtstaatlicher Bedeutung als kein prägendes Merkmal des Bundesstaates betrachtet wird, spielt ungeachtet dessen in vielen föderalen Systemen eine maßgebliche Rolle, dass wichtige Institutionen der Vollziehung breiter verteilt sind, gerade weil Föderalismus Machtteilung und die Verhinderung von Machtakkumulation impliziert.

Weiterführende Literatur:

-    Bußjäger/Keuschnigg/Radosavljevic, Der Bund und seine Dienststellen. Die Standorte derBundesvollziehung als Wirtschaftsfaktor und Potenzial der Verwaltungsreform (2015).

-    Bußjäger/Keuschnigg/Mayr/Ohnewas/Schramek, Dezentralisierungspotenziale in der Bundesverwaltung. Daten und Fakten (2017).

-    Bußjäger/Schramek, Föderalismus durch Behördendezentralisierung?, in: Vorstand des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung (Hrsg), Jahrbuch des Föderalismus (2017) 172-183.

Veranstaltungsankündigung: „Gemeindekooperation. Übung oder Notwendigkeit?“



Termin: Freitag, 17. November 2017, 09.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr Ort: Hypo Landtagssaal, Hypo-Passage 1, 6900 Bregenz Die Veranstaltung ist verschiedenen Fragen rund um die Thematik Gemeindekooperationen bzw. interkommunale Zusammenarbeit gewidmet. Zu Beginn wird im Rahmen von vier Fachinputs ein Überblick vermittelt. Abgerundet wird die Veranstaltung mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zur Frage „Braucht es mehr Verbindlichkeit in der interkommunalen Zusammenarbeit?“.

Die Fachinputs sind in zwei Teile gegliedert. Dabei referieren zunächst in einem ersten Teil Daniel Müller-Jentsch (Avenir Suisse) über „Strukturwandel in den Berggebieten – sind Kleinregionen eine Lösung?“ und Peter Bußjäger (Institut für Föderalismus) zum Thema „Interkommunale Zusammenarbeit in Vorarlberg: Freiwilligkeit auf hohem Niveau“. Das Projekt „gemeinsames Gemeindeamt“ wird in der Folge von Klaus Wirth (KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung) dargestellt. Georg Keuschnigg (Institut für Föderalismus) widmet sich am Ende der Fachinputs der regionalen Zusammenarbeit mit Beispielen im nationalen und internationalen Vergleich.

Abgerundet wird die Veranstaltung mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zur Frage „Braucht es mehr Verbindlichkeit in der interkommunalen Zusammenarbeit?“. Moderiert wird die Veranstaltung von Kriemhild Büchel-Kapeller vom Zukunftsbüro des Amtes der Vorarlberger Landesregierung.

Kontakt und Anmeldung:

Sekretariat des Instituts für Föderalismus

Tel. +43 (0) 512/57 45 94

E-Mail: institut@foederalismus.at

Neuerscheinung: „41. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2016)“



Im September 2017 ist der mittlerweile 41. Föderalismusbericht erschienen. Dieser dokumentiert die Entwicklung des österreichischen bundesstaatlichen Systems im Berichtsjahr 2016. In insgesamt acht Kapiteln werden Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung des Föderalismus in Österreich, Entwicklungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Neuerungen im Bereich des finanziellen und kooperativen Föderalismus, die aus bundesstaatlicher Sicht relevante Judikatur sowie die Tätigkeit des Instituts für Föderalismus dargestellt. 41. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2016) Institut für Föderalismus (Hg) new academic press, 2017 ISBN: 9783700320586

Veranstaltungsankündigung: „Winter School on Federalism and Governance 2018“



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem dort beheimateten Forschungszentrum Föderalismus die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism in the Making“ mit prominenten Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2018 findet vom 5. bis 16. Februar in Innsbruck und Bozen statt. Weitere Informationen finden Sie unter .

Buchhinweis: „Comparative Federalism: Constitutional Arrangements and Case Law“



Seit Kurzem ist das Buch „Comparative Federalism: Constitutional Arrangements and Case Law“ von Francesco Palermo und Karl Kössler im Handel erhältlich. Es behandelt den Themenbereich „Föderalismus“ aus Sicht des vergleichenden Verfassungsrechts. Gleichzeitig wird der Frage nachgegangen, wie föderale Systeme in der Praxis funktionieren. Dies erfolgt mit Hilfe einer Analyse der einschlägigen Judikatur, wodurch der praktische Einfluss der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung weltweiter föderaler Systeme auf politische Entscheidungsträger und Bürger dargestellt wird. Comparative Federalism: Constitutional Arrangements and Case Law Francesco Palermo, Karl Kössler Hart Publishing, 2017 ISBN: 9781509901494

Das Institut für Föderalismus ist übersiedelt



Nach fast 40 Jahren verabschiedete sich das Institut für Föderalismus im August dieses Jahres vom Büro in der Maria-Theresien-Straße 38b. Die Übersiedelung an die nur wenige hundert Meter südöstlich gelegene Adresse Adamgasse 17 konnte erfreulich reibungslos vollzogen werden. Die neuen Räumlichkeiten weisen büro- und arbeitstechnisch deutliche Vorzüge gegenüber dem alten Standort auf. Wir freuen uns über Ihren Besuch!

Plan V



Bundeskanzler Christian Kern hat seine Liebe zur direkten Demokratie entdeckt und den Österreichern für den Fall einer Regierungsbeteiligung der SPÖ eine Volksbefragung über eine Verwaltungsreform versprochen. Danach würde sich die Regierung an die Umsetzung machen und das fertige Paket einer Volksabstimmung unterziehen. Schon jetzt findet die SPÖ, dass Bildung, Gesundheit und Pflege zentral, also von Wien aus, geregelt werden sollen.

Wer sich stets für eine Stärkung der direkten Demokratie eingesetzt hat, steht einer unmittelbaren Mitwirkung des Volkes bei wichtigen Entscheidungen sicherlich nicht ablehnend gegenüber. Der Hintergedanke des „Plans V(olksbefragung)“ besteht allerdings weniger darin, die direkte Demokratie in Österreich zu befördern, als vielmehr die Länder weitgehend abzuschaffen.

Bundeskanzler Kern weiß natürlich von seinen Beratern, dass die Verfassung für die von ihm offenbar angestrebte massive Schwächung der Länder nicht nur eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und im Bundesrat vorschreibt, sondern auch eine Zustimmung des Bundesvolks in einer Volksabstimmung.

Um einem solchen Projekt überhaupt den erforderlichen politischen Rückhalt zu verschaffen, will er zuvor eine Volksbefragung durchführen lassen. Dieses Instrument erlaubt auch suggestive Fragestellungen, womit sich fast jedes gewünschte Ergebnis erzielen lässt. So wurde beispielsweise vor nicht allzu langer Zeit in Wien gefragt, ob die U-Bahn die ganze Nacht fahren soll.

Es verwundert nicht, dass ausgerechnet die in direkter Demokratie so gut erprobten Schweizer und Liechtensteiner das Instrument der Volksbefragung, das zu manipulativen Fragestellungen verleitet, kaum gebrauchen.

Wenn der Reformeifer des Bundeskanzlers so groß ist, muss man sich fragen, warum er es zugelassen hat, dass eine vor etwa einem Jahr von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe zur Staatsreform nur ein einziges Mal getagt hat und dabei lediglich Standpunkte ausgetauscht hat.

Dieser Kommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger wurde am 11. August 2017 in den Vorarlberger Nachrichten veröffentlicht.

Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges – zieht Oberösterreich nach?



Seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 besteht für den Materiengesetzgeber die Möglichkeit, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde den zweistufigen Instanzenzug auszuschließen (Art 118 Abs 4 B-VG). Ziel der bisherigen einfachgesetzlichen Umsetzungen auf Landesebene war eine Beschleunigung von Verfahren sowie Kostenersparnis für alle Beteiligten. Dabei hat Tirol bislang als einziges Bundesland diese Möglichkeiten konsequent genutzt und damit gute Erfahrungen gemacht. Jetzt will Oberösterreich nachziehen.

Im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 und der damit bewirkten Vereinfachung des Rechtsschutzsystems in Verwaltungsangelegenheiten wurde in Art 118 Abs 4 B-VG die Möglichkeit verankert, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde den zweistufigen Instanzenzug durch die jeweils zuständige Bundes- oder Landesgesetzgebung auszuschließen. Abgesehen von einigen Statutarstädten, wie Graz (§ 100 Abs 1 Statut der Landeshauptstadt Graz 1967, allerdings mit Ausnahmen in Abs 2), Innsbruck (§ 41 Innsbrucker Stadtrecht 1975) oder Salzburg (§ 53 Salzburger Stadtrecht), und Wien als Gemeinde (§ 75 Abs 1 Wiener Stadtverfassung) ist Tirol bislang das einzige Bundesland, das den gemeindeinternen Instanzenzug konsequent abgeschafft hat (§ 17 Abs 2 Tiroler Gemeindeordnung). Eine Ausnahme bilden jeweils bundesgesetzlich geregelte Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs.

Des Weiteren findet sich in § 80 der Salzburger Gemeindeordnung zunächst ein entsprechender Ausschluss für die Salzburger Landgemeinden. Allerdings konnte gemäß § 99 Abs 3 der gemeindeinterne Instanzenzug durch einen Beschluss der Gemeindevertretung, der  nach den Gemeindevertretungswahlen 2014 bis spätestens 30. Juni 2014 zu fassen war, beibehalten werden.

Hauptmotive des Tiroler Landesgesetzgebers für den einfachgesetzlichen Ausschluss waren vor allem verwaltungsökonomische Überlegungen, wie die Beschleunigung der betreffenden Verfahren und die damit ebenfalls verbundene Entlastung der Gemeinden von der Durchführung von Berufungsverfahren vor der Anrufung des künftig ohnehin regelmäßig in der Sache selbst entscheidenden Landesverwaltungsgerichts. Dass diese Ziele erreicht werden konnten, wurde mittlerweile in einigen Erfahrungsberichten bestätigt (siehe beispielsweise Purtscher, Landesverwaltungsgericht Tirol zieht Bilanz, Föderalismus-Blog vom 05.05.2017).

Auch von Seiten der Tiroler Gemeinden wurde diese Regelung grundsätzlich begrüßt. So hatte sich etwa der Vorstand des Tiroler Gemeindeverbandes ausdrücklich für den Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ausgesprochen und auch im Begutachtungsverfahren haben weder der Tiroler Gemeindeverband noch die Stadt Innsbruck gegen die Bestimmungen Einwände erhoben (Bußjäger/Sonntag, Erfahrungen und Praxis der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Tirol – zusammenfassende Bemerkungen, in ders/ders [Hg], Verwaltungsgerichtsbarkeit: Erfahrungen und Praxisberichte in Tirol [2016] 39 [41 f]).

In Oberösterreich sieht nun der aktuelle Begutachtungsentwurf zum Oö Gemeinderechtsanpassungsgesetz 2017 in der Oö Gemeindeordnung einen neuen § 95 vor, der ebenfalls den gemeindeinternen Instanzenzug in landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten ausschließt. Als Ziel dieses Vorhabens wird im Begutachtungsentwurf angeführt, vor dem Hintergrund der landesinternen Deregulierungsbestrebungen und den Erfahrungen in anderen Bundesländern mit dem Ausschluss das Modell der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit konsequent umzusetzen. Außerdem sollen damit Verwaltungseinsparungen im Gemeindebereich sowie Verfahrensbeschleunigungen erzielt und raschere Rechtssicherheit hergestellt werden.

Neben der zentralen Bestimmung in der Oö Gemeindeordnung sieht der Entwurf weitere Anpassungen sonstiger landesgesetzlicher Bestimmungen, in denen auf das Bestehen eines gemeindeinternen Instanzenzugs abgestellt bzw dieser vorausgesetzt wird, vor (zB oberösterreichische Stadtstatuten für die Landeshauptstadt Linz, Wels und Steyr sowie Oö Gemeindeverbändegesetz). Außerdem enthält er ein eigenes Gemeindeinstanzenzugs-Übergangsgesetz, mit welchem ein einheitlicher Übergang von der zweistufigen zur einstufigen Gemeindeverwaltung geschafft werden soll.

Man darf gespannt sein, wie die Umstellung in Oberösterreich gelingt. Zu erwarten ist, dass die bisherigen positiven Erfahrungen mit dem Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges auch hier zum Tragen kommen.

Veranstaltungsankündigung: „Gemeindekooperation. Übung oder Notwendigkeit?“



Termin: Freitag, 17. November 2017, 09.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr
Ort: Hypo Landtagssaal, Hypo-Passage 1, 6900 Bregenz

Die Veranstaltung ist verschiedenen Fragen rund um die Thematik Gemeindekooperationen bzw. interkommunale Zusammenarbeit gewidmet. Zu Beginn wird im Rahmen von vier Fachinputs ein Überblick vermittelt. Abgerundet wird die Veranstaltung mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zur Frage „Braucht es mehr Verbindlichkeit in der interkommunalen Zusammenarbeit?“.


Die Fachinputs sind in zwei Teile gegliedert. Dabei referieren zunächst in einem ersten Teil Daniel Müller-Jentsch (Avenir Suisse) über „Strukturwandel in den Berggebieten – sind Kleinregionen eine Lösung?“ und Peter Bußjäger (Institut für Föderalismus) zum Thema „Interkommunale Zusammenarbeit in Vorarlberg: Freiwilligkeit auf hohem Niveau“. Das Projekt „gemeinsames Gemeindeamt“ wird in der Folge von Klaus Wirth (KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung) dargestellt. Georg Keuschnigg (Institut für Föderalismus) widmet sich am Ende der Fachinputs der regionalen Zusammenarbeit mit Beispielen im nationalen und internationalen Vergleich.

Abgerundet wird die Veranstaltung mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zur Frage „Braucht es mehr Verbindlichkeit in der interkommunalen Zusammenarbeit?“. Moderiert wird die Veranstaltung von Kriemhild Büchel-Kapeller vom Zukunftsbüro des Amtes der Vorarlberger Landesregierung.

 

Kontakt und Anmeldung:

Sekretariat des Instituts für Föderalismus

Tel. +43 (0) 512/57 45 94

E-Mail: institut@foederalismus.at

Veranstaltungsankündigung: „Verwaltung im Sozialstaat des 21. Jahrhunderts“



Die Herbsttagung der österreichischen Verwaltungswissenschaftliche Gesellschaft findet am 14. und 15. September im Kuenburgsaal, Neue Residenz Salzburg, statt. Die Tagung beginnt mit Grundsatz- und Finanzierungsfragen, setzt sich dann mit der Vielfalt der Organisationsmodelle im Leistungs- und Vorsorgestaat auseinander, behandelt die internationale, insbesondere die europäische Dimension und schließt mit aktuellen österreichischen Rechtsfragen.

Sozialpolitik ist eines der ständigen Topthemen in der politischen Diskussion. Anders verhält es sich mit der Sozialverwaltung, mit der es bislang recht wenig verwaltungswissenschaftliche Auseinandersetzung gibt. Dies ist umso verwunderlicher, als dieser Teil der staatlichen Administration im modernen Staat das bei weitem größte Geldvolumen verwaltet, seine Verteilung steuert und die Verwendung kontrolliert.

Daher hat sich die Österreichische Verwaltungswissenschaftliche Gesellschaft (ÖVG) dazu entschlossen, der „Verwaltung im Sozialstaat des 21. Jahrhunderts“ ihre diesjährige Herbsttagung zu widmen. Dabei sollen die aktuellen Herausforderungen an die Sozialverwaltung hochentwickelter europäischer Staaten unter verschiedenen sozialwissenschaftlichen wie rechtswissenschaftlichen Aspekten beleuchtet werden. Die alte These, dass die Verwaltung im Leistungs- und Vorsorgestaat manche Besonderheiten gegenüber dem Hoheitsstaat aufweist, die sich seit den 1920er-Jahren aber kaum verändert haben, bedarf wohl einer kritischen Prüfung und umfänglichen Ergänzung.

Die Tagung beginnt mit Grundsatz- und Finanzierungsfragen, setzt sich dann mit der Vielfalt der Organisationsmodelle im Leistungs- und Vorsorgestaat auseinander, behandelt die internationale, insbesondere die europäische, Dimension und schließt mit aktuellen österreichischen Rechtsfragen.

Es ist dabei gelungen, eine Reihe von in höchstem Maß ausgewiesenen Expertinnen und Experten als Vortragende zu gewinnen. Ein Panel mit Vertreterinnen und Vertretern der Träger der Sozialverwaltung wird die Veranstaltung abrunden.

 

Termin: Donnerstag, 14.9.2017, 13.00 bis Freitag, 15.9.2017, 13.00

Ort: Kuenburgsaal, Neue Residenz, Salzburg

Neuerscheinung: „Tourismus und Multi-Level-Governance im Alpenraum“



Der von Peter Bußjäger und Christian Gsodam herausgegebene Band 124 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus ist im August 2017 erschienen. Zentrales Thema ist der Tourismus, der für die Alpenregionen eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat. Seine Auswirkungen auf die Umwelt und das Gesellschaftsgefüge im Alpenraum zwingt aber auch, neue, innovative Wege hin zu einem nachhaltigen, umweltschonenden Tourismus zu beschreiten. Zielgerichtete und unbürokratische Investitionen für kleine und mittlere Unternehmen sowie Familienbetriebe sind dabei besonders nötig. All dies erfordert ein Tätigwerden sowohl der europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Ebenen, wobei der grenzüberschreitenden Kooperation eine wichtige Rolle zukommt. Tourismus ist daher mittlerweile ein typischer Gegenstand von Multi-Level-Governance im Alpenraum, womit sich der demnächst erscheinende Band befasst.

Ankündigung Neuerscheinung: „41. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2016)“



Im September 2017 wird der mittlerweile 41. Föderalismusbericht erscheinen. Dieser dokumentiert die Entwicklung des österreichischen bundesstaatlichen Systems im Berichtsjahr 2016. In insgesamt acht Kapiteln werden Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung des Föderalismus in Österreich, Entwicklungen auf Bundes- Landes- und Gemeindeebene, Neuerungen im Bereich des finanziellen und kooperativen Föderalismus, die aus bundesstaatlicher Sicht relevante Judikatur sowie die Tätigkeit des Instituts für Föderalismus dargestellt.

Katharina Weiser gewinnt Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2017



Katharina Weiser (31), wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verwaltungs- und Verfassungsrecht der Paris Lodron Universität Salzburg, wurde kürzlich für ihre Dissertation „Das Berücksichtigungsprinzip im Bundesstaat. Rechtsdogmatische Analyse einer höchstgerichtlichen Rechtsprechungsfigur“ mit dem Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2017 ausgezeichnet. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen der Arbeit ist im Föderalismus-Blog, unter zu finden. Weitere Informationen zum Preis für Föderalismus- und Regionalforschung können unter abgerufen werden.

Die aus Vöcklabruck stammende Juristin hat sich mit ihrer Dissertation zum Berücksichtigungsprinzip im Bundesstaat durchgesetzt. Darin geht die Preisträgerin der vom VfGH kreierten wechselseitigen Verpflichtung von Bund und Ländern, auf die Regelungen der jeweils anderen Gebietskörperschaft Rücksicht zu nehmen, nach. Sie überzeugte die Jury durch eine auf sicheren methodischen Grundlagen basierende Arbeit. Zudem konnte die Preisträgerin der Thematik, die eine beträchtliche bundesstaatliche Bedeutung hat, neue Aspekte abgewinnen: So verfolgt die Dissertation insofern einen innovativen Ansatz, als sie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nicht nur analysiert, sondern auch kritisch hinterfragt und dadurch genau diese Judikatur in Frage stellt. Frau Weiser gibt in ihren Thesen den Gesetzgebern auf Landesebene Gestaltungsfähigkeit zurück, die sich demnach nicht ständig darum sorgen müssen, welche bundesrechtlichen Interessen sie in ihrer Kompetenzausübung verletzen könnten. Der Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2017 wurde von den Präsidentinnen und Präsidenten der österreichischen Landtage und des Südtiroler Landtags gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus gestiftet. Die Übergabe des Preises erfolgte am Sonntag, den 11. Juni, im Rahmen der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage Österreichs und Südtirols gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus in Lochau/Vorarlberg.

Kehraus im Nationalrat



Zum Abschluss der 25. Gesetzgebungsperiode vor der kommenden Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 war der Nationalrat noch äußerst aktiv und hat mehrere Reformvorhaben umgesetzt, die teilweise auch föderalistisch sehr bedeutsam sind. Das „Bildungsreformgesetz 2017“ ist aus Ländersicht vor allem wegen der neu geschaffenen Bildungsdirektionen relevant, die Abschaffung des Pflegeregresses hat noch nicht absehbare finanzielle Auswirkungen auf die Länder. Abgesagt wurde dagegen die geplante Verfahrenskonzentration in der Gewerbeordnung. Ebenfalls verschoben wurde eine Novellierung des Datenschutzgesetzes, das eine umfassende Datenschutzkompetenz des Bundes vorgesehen hätte.

Die Reformvorhaben seien im Folgenden kurz dargestellt:

Bildungsreformgesetz 2017 (2254/A vom 19.06.2017, 25. GP)

Das Bildungsreformgesetz 2017 wurde am 28.06. im Nationalrat beschlossen. Eine zentrale Änderung betrifft die Ausweitung der Schulautonomie. So erhalten die Schulen künftig etwa mehr Flexibilität bei Klassengrößen, Dauer der Schulstunden, Personalauswahl und Öffnungszeiten. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, Schulen zu größeren Clustern zusammenzuschließen und in Modellregionen eine gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen zu erproben. Dafür bedarf es allerdings der Zustimmung sowohl der Eltern als auch der Lehrer und Lehrerinnen.

Aus bundesstaatlicher Sicht von Interesse sind vor allem die neuen Bildungsdirektionen, die in jedem Bundesland eingerichtet werden und die bisher dort bestehende Landesschulräte ablösen. Die Bildungsdirektionen fungieren als gemeinsame Bund-Länder-Behörde und übernehmen damit sowohl Bundes- als auch Landesagenden. Das Föderalismusinstitut wird sich mit der Neuorganisation der Schulverwaltung voraussichtlich in einem Anfang 2018 stattfindenden Workshop auseinandersetzen. Inhaltlich kann auf zahlreiche Stellungnahmen zum Thema (siehe jüngst Föderalismusinfo 2/2017 sowie 6/2015) verwiesen werden. Die neuen Bildungsdirektionen sind eine Kompromisslösung, mit der eine noch stärkere Ausgrenzung ausgerechnet der Länder im Bildungsbereich verhindert werden konnte.

Damit dürfte auch eine lange Diskussion über die Neuorganisation der Schulverwaltung ein vorläufiges Ende finden. Wie lange, lässt sich nicht sagen. Bewähren sich die neuen Einrichtungen nicht, werden jedenfalls Anläufe zu einer vollständigen Zentralisierung nicht lange auf sich warten lassen.

Pflegeregress (Abänderungsantrag zum Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz, AA-225, 25. GP)

Am 29.06. stimmte der Nationalrat mit breiter Mehrheit im Schnellverfahren für die Abschaffung des Pflegeregresses. Eigentlich auf der Tagesordnung stand das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (RV 1613 BlgNR 25. GP). Auf die Abschaffung des Pflegeregresses haben sich die Abgeordneten erst wenige Stunden vor der Debatte im Nationalrat geeinigt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 838 vom 29.06.2017).

Umgesetzt wird die Abschaffung des Pflegeregresses mit zwei Verfassungsbestimmungen im ASVG: Gemäß § 330a ist „ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten“ unzulässig. In weiterer Folge legt § 707a Abs 2 fest, dass es den Ländern ab 1. Jänner 2018 untersagt ist, Ersatzansprüche geltend zu machen. Laufende Verfahren sind einzustellen. Landesgesetze, die dem entgegenstehen sind mit 1. Jänner 2018 außer Kraft zu setzen. Allfällige Übergangsbestimmungen und Durchführungsverordnungen werden vom Bund erlassen.

Inhaltlich ist zu bemerken, dass der Verlust an Gestaltungsspielraum für die Länder verfassungspolitisch wohl nicht besonders schwer wiegt. Schmerzlicher wird für die Länder und Gemeinden das Schließen der entstandenen Finanzierungslücke sein. Es ist nicht zu erwarten, dass mit dem zugesicherten Betrag von 100 Mio Euro das Auslangen gefunden werden kann. Schon jetzt wird beispielsweise allein von Vorarlberg mit Mehrkosten von 60 Mio Euro gerechnet (siehe „Pflegeregress: Verzicht kostet Vorarlberg 60 Millionen Euro“, Der Standard vom 01.07.2017). Dies überrascht nicht, da anzunehmen ist, dass die Abschaffung des Pflegeregresses zu einer erhöhten Inanspruchnahme von Pflegeheimen führen wird.

Aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht hat der Bund den Finanzausgleich einseitig in maßgeblicher Weise abgeändert. Darüber hinaus wurde die Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus ignoriert (siehe dazu näher „Elfmeter“, VN-Gastkommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger vom 07.07.2017).

Verfahrenskonzentration in der GewO abgesagt

Die vieldiskutierte Erweiterung der Verfahrenskonzentration in der Gewerbeordnung (siehe dazu Föderalismus Info 5/2016) wird nun doch nicht kommen. Der ursprüngliche Entwurf (zuletzt § 356f in RV 1475 BLGNR 25. GP) hätte vorgesehen, dass Landesgesetze in Bezug auf Betriebsanlagen mittelbar vom Bund vollzogen werden und somit der zuständige Bundesminister weisungsberechtigt wäre. Eine derartige Form der Verfahrenskonzentration im Betriebsanlagenverfahren wäre im Interesse der Verfahrensbeschleunigung grundsätzlich zu begrüßen, wird allerdings zumindest vorläufig nicht realisiert, da die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erzielt werden konnte (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 856 vom 05.07.2017).

Die entstandene Pause sollte genützt werden, das an sich sinnvolle Vorhaben in der folgenden Legislaturperiode gründlich zu überarbeiten: Es wäre eine völlig unnötige und zudem systemwidrige Zentralisierung, den Bundesminister zum obersten Organ in der Vollziehung bautechnischer und naturschutzrechtlicher Vorschriften der Länder zu machen. Dass die Regierungsvorlage auf die berechtigten Einwände im Begutachtungsverfahren nicht reagierte, stellt dem zuständigen Ministerium nicht gerade ein gutes Zeugnis im Hinblick auf praxisgerechte Regelungen aus. Zudem wäre es im Hinblick auf den Umweltschutz völlig unangebracht, die Parteistellung von Umweltanwälten und Gemeinden in naturschutzrechtlichen Verfahren, im konzentrierten Betriebsanlagenverfahren auszublenden.

Neufassung des Datenschutzgesetzes abgesagt

Am 26.06. wurde die geplante umfassende Novellierung des Datenschutzgesetzes abgesagt. Umgesetzt wurde allerdings nun eine „abgespeckte“ Version der Novelle, die das Ziel verfolgt, der neuen Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO, Verordnung [EU] 2016/679) Rechnung zu tragen sowie die neue EU-Datenschutz-Richtlinie für den Bereich der inneren Sicherheit (Richtlinie [EU] 2016/680) umzusetzen.

Der ursprüngliche Entwurf (RV 1644 BlgNR 25. GP) hatte noch eine umfassende Datenschutzkompetenz des Bundes vorgesehen. Dabei sollten die derzeit in § 2 DSG 2000 enthaltenen kompetenzrechtlichen Regelungen in das B-VG dahingehend integriert werden (Parlamentskorrespondenz Nr. 803 vom 26.06.2017), dass die an sich wenig sinnvolle Zuständigkeit der Länder zur Regelung des Datenschutzes bei manuell geführten Daten beseitigt worden wäre. Somit wird diese bescheidene Länderkompetenz in die Verhandlungsmasse zukünftiger Verfassungsdiskussionen fallen.

Neue Kärntner Landesverfassung beschlossen



Am 1. Juni 2016 wurde im Kärntner Landtag eine umfassende Novellierung der Kärntner Landesverfassung beschlossen. Die Änderungen beinhalten insbesondere die Abschaffung des Proporzsystems, eine Stärkung von Kontrollrechten, ein „Mehr“ an Bürgerbeteiligung, ein Bekenntnis zu den slowenisch-sprechenden Kärntnern sowie die – erstmals in einem Landtag vorgesehene – „Europapolitische Stunde“ mit einem Rederecht für EU-Parlamentarier. In Kraft treten soll der Großteil der novellierten Bestimmungen mit Beginn der 32. Gesetzgebungsperiode, somit nach der nächsten Landtagswahl, die voraussichtlich im März 2018 stattfindet.

Den zentralen Inhalt der Novelle bildet die Abschaffung des Proporzsystems in der Kärntner Landesregierung. Eine klassische Proporzregierung gibt es damit bald nur mehr in Nieder- und Oberösterreich. Dabei handelt es sich um ein Regierungssystem, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die im Parlament vertretenen Parteien entsprechend ihrer Größenordnung auch in der Regierung repräsentiert sein müssen. Es gibt in einem Proporzsystem somit keine typische Koalition-Opposition-Konstellation, weil – abgesehen von kleinen Splitterfraktionen – alle Parteien an der Regierung beteiligt sind (siehe „Proporz“, VN-Gastkommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger vom 02.06.2017). Dementsprechend legt die derzeit noch in Kraft befindliche (alte) Fassung der Kärntner Landesverfassung in Art 49 fest, dass die Mandate der Landesräte auf die im Landtag vertretenen Parteien nach dem Verhältniswahlrecht aufgeteilt werden. Nach der neuen, im Juni beschlossenen Fassung, hat die nach dem Ergebnis der Landtagswahl stimmenstärkste wahlwerbende Partei die anderen wahlwerbenden Parteien, die Mandate im Landtag erzielt haben, zu Verhandlungen über die Bildung der neuen Landesregierung einzuladen, in welcher eben nicht mehr alle Parteien vertreten sein müssen (Art 49 Abs 2 neu).

Eine weitere Änderung betrifft das Instrument der Volksbefragung. Während derzeit eine Volksbefragung stattzufinden hat, wenn dies mindestens 15.000 zum Landtag wahlberechtigte Personen verlangen, ist zukünftig eine Volksbefragung anzuordnen, wenn dies der Landtag beschließt, mindestens ein Drittel der Mitglieder des Landtages verlangt oder mindestens 7.500 zum Landtag wahlberechtigte Personen verlangen (Art 43 Abs 2 neu). Es wurde somit nicht nur die Hürde von 15.000 auf 7.500 Personen herabgesetzt, sondern auch der Landtag eingebunden, indem er selbst oder ein Drittel seiner Mitglieder eine Volksbefragung anordnen können.

Generell wurden – als Reaktion auf die Abschaffung des Proporzsystems – die Kontroll- und Informationsrechte des Landtages ausgebaut. Dies betrifft unter anderem die Akteneinsichtsrechte, die auch hinsichtlich Regierungsakten umfassend ausgebaut wurden (Art 67 Abs 4 neu sowie § 24a Geschäftsordnung des Kärntner Landtages neu). Als bedeutend erweist sich auch, dass der Landesrechnungsabschluss vor der Beschlussfassung im Landtag abschließend zu behandeln ist (Art 62 Abs 1 neu).

Eine weitere Änderung erfolgt durch die Schaffung einer sogenannten „Europapolitischen Stunde“ (vgl § 52a Geschäftsordnung des Kärntner Landtages neu). Diese wird erstmals in einem österreichischen Landtag eingeführt. Im Rahmen der europapolitischen Stunde darf jeweils nur ein einziges Thema aus dem Bereich der Zuständigkeit der Europäischen Union, das Landesinteressen wesentlich berührt, behandelt werden. Dabei können auch Mitglieder des europäischen Parlaments Rederechte erhalten (Art 19 Abs 3b neu).

Zu guter Letzt ist auch hervorzuheben, dass erstmals seit der Gründung der Republik Österreich die slowenische Volksgruppe explizit in der Kärntner Landesverfassung genannt wird. Gemäß Art 5 Abs 2 bekennt sich das Land Kärnten „zu seiner gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, wie sie in Kärnten in der slowenischen Volksgruppe zum Ausdruck kommt.“

Der „Zweite Wahltag“ im Bundesländervergleich



Zu Beginn dieses Jahres präsentierten SPÖ und ÖVP Pläne zur Reformierung des Wahlrechts auf Bundesebene. Neben Vorschlägen betreffend mehr Barrierefreiheit beim Wählen sowie neue, datenschutzkonforme Wahlkartenkuverts wurden auch Überlegungen hinsichtlich der Einführung eines sogenannten „Zweiten Wahltages“ angestellt. Einige Bundesländer haben derartige zusätzliche Wahltage bereits eingeführt und erprobt. Sie können somit als Vorbild für eine allfällige Regelung bei Bundeswahlen dienen und sind gleichzeitig ein weiterer Beleg dafür, dass in einer eigenständigen Landesgesetzgebung erhebliches Innovationspotenzial steckt.

Ideen bezüglich eines zweiten Wahltages kamen bereits im September des Vorjahres aufgrund der für die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl versendeten defekten Briefwahlkarten auf. Nach den konkreten Vorschlägen im Jänner sollte ein zweiter Wahltag für den Wähler die zusätzliche Möglichkeit eröffnen, an einem Donnerstag, zehn Tage vor dem Wahlsonntag, die Stimme in einem eigenen Wahllokal abzugeben. Dieses müsse für mindestens zwei Stunden, jedenfalls von 17 bis 19 Uhr, geöffnet haben. In jeder Gemeinde soll dafür ein Wahllokal zur Verfügung stehen (siehe „Wähler sollen wählen, wann sie wählen“, in Der Standard vom 16.02.2017 und „Regierung will zweiten Wahltag und Hofburg "entrümpeln“ in Die Presse vom 15.02.2017).

Mit der Einführung eines derartigen „zweiten Wahltages“ würde der Bund dem Beispiel verschiedener Länder folgen. In den Medien wurde konkret die Steiermark als Vorbild genannt. Dort sieht § 68 der steiermärkischen Landtags-Wahlordnung vor, dass die Gemeindewahlbehörde eine besondere Wahlbehörde (§ 8) einzurichten hat, die am neunten Tag vor dem Wahltag zur Stimmabgabe zur Verfügung steht. Die Wahlzeit ist gemäß § 53 Abs 2 so festzusetzen, dass das dafür bestimmte Wahllokal, wie beim Vorschlag auf Bundesebene, jedenfalls in der Zeit zwischen 17:00 Uhr und 19:00 Uhr geöffnet hat. Diese Möglichkeit wurde im Jahr 2004 eingeführt (LGBl 45/2004). Dieselben Rahmenbedingungen finden sich auch in der steiermärkischen Gemeindewahlordnung (§ 70), wo der zweite Wahltag ebenfalls im Jahr 2004 geschaffen wurde (LGBl 48/2004), sowie in der Gemeindewahlordnung Graz 2012 (§ 67, geschaffen mit LGBl 79/2007).

Zweite Wahltage sind außerdem in Kärnten vorgesehen. Hier wurde diese zusätzliche Möglichkeit im Jahr 2008 sowohl in der Landtagswahlordnung (§ 68b, mit LGBl 68/2008) als auch in der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlordnung 2002 (§ 69a, mit LGBl 56/2008) verankert. Seit nicht allzu langer Zeit kennt auch die Burgenländische Landtagswahlordnung dieses Instrument. § 54b trat mit 1. Jänner 2015 in Kraft (LGBl 64/2014). Die wortgleiche Bestimmung des § 55b der burgenländischen Gemeindewahlordnung gibt es überhaupt erst seit 1. Jänner 2017 (LGBl 68/2016).

In Niederösterreich gab es bereits im Jahr 1992 in der Landtagswahlordnung (§ 71, LGBl 0300-0) und seit 1994 in der Gemeinderatswahlordnung (§ 36, LGBl 0350-0) einen zweiten Wahltag. Dies allerdings in etwas anderer Ausgestaltung als die vorher genannten Beispiele in den Ländern. Hier war vorgesehen, dass für Personen, die eine Wahlkarte besitzen, besondere Wahlbehörden einzurichten sind, die am achten und am dritten Tag, somit an zwei Tagen vor dem eigentlichen Wahltag, zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der Wahlzeit war festgelegt, dass sie auch über 17 Uhr hinausgehen darf. Abgeschafft wurde dieser „zweite“ und „dritte“ Wahltag in Niederösterreich in den Jahren 2011 (LGBl 0300-8) bzw 2009 (LGBl 0350-8) und somit nach Einführung der Briefwahl im Jahr 2007.

Wie die Ambitionen hinsichtlich eines „zweiten Wahltages“ auf Bundesebene ausgehen, ist derzeit zwar unklar. Trotzdem zeigt sich anhand dieses Beispiels das Innovationspotenzial, das in einer eigenen Landesgesetzgebung steckt. Letztendlich kann innovative Gesetzgebung in einem Land nicht nur anderen Ländern sondern auch dem Bund als Vorbild dienen. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, Instrumente, wie eben den „zweiten Wahltag“, zunächst in einzelnen Ländern zu erproben um sie bei erfolgreichem Einsatz breiter einzusetzen oder, wie eben in Niederösterreich, wieder abzuschaffen.

Ankündigung Neuerscheinung: „Tourismus und Multi-Level-Governance im Alpenraum“



Der von Peter Bußjäger und Christian Gsodam herausgegebene Band 124 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus wird im September 2017 erscheinen. Zentrales Thema ist der Tourismus, der für die Alpenregionen eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat. Seine Auswirkungen auf die Umwelt und das Gesellschaftsgefüge im Alpenraum erzwingen neue, innovative Wege hin zu einem nachhaltigen, umweltschonenden Tourismus. Zielgerichtete und unbürokratische Investitionen für kleine und mittlere Unternehmen sowie Familienbetriebe sind dabei besonders wichtig. All dies erfordert ein Tätigwerden sowohl der europäischen als auch der nationalen, regionalen und lokalen Ebenen, wobei der grenzüberschreitenden Kooperation eine bedeutende Rolle zukommt. Tourismus ist daher mittlerweile ein typischer Gegenstand von Multi-Level-Governance im Alpenraum, womit sich der demnächst erscheinende Band befasst.

Veranstaltungsankündigung: „Gemeindekooperation. Übung oder Notwendigkeit?“



Termin: Freitag, 17.11.2017, 09.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr Ort: Schloss Hofen, Lochau bei Bregenz Nähere Informationen werden in der nächsten Föderalismus-Info 4/2017 versendet.

Dezentralisierungsschwerpunkt 1: Grundlagen und Datenmaterial



Das Institut für Föderalismus ließ Ende März mit der für das BMLFUW erarbeiteten Studie „Dezentralisierungspotenziale in der Bundesverwaltung. Daten und Fakten“ (abrufbar unter www.foederalismus.at) aufhorchen. Diese ist Teil eines aktuellen Forschungsschwerpunktes des Instituts zu Potenzialen der Dezentralisierung in Österreich. Der derzeitige Stand dieser Forschungsarbeit soll nun in den folgenden Beiträgen kurz vorgestellt werden. Teil 1: Grundlagen und Datenmaterial

Die Studie „Dezentralisierungspotenziale in der Bundesverwaltung. Daten und Fakten“ wurde im Rahmen einer Pressekonferenz mit BM Andrä Rupprechter, dem bayerischen Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat Markus Söder und Institutsdirektor Peter Bußjäger am 24.3.2017 in München präsentiert.

Inhalt der Studie, die gemeinsam mit dem Institut für Verwaltungsmanagement erstellt wurde, ist die Aufbereitung von Datenmaterial, mit dessen Hilfe Dezentralisierungspotenziale der Bundesverwaltung ermittelt werden, was wiederum als Grundlage für politische Diskussionen und Entscheidungen dienen soll. Die Basis dafür wurde bereits im Jahr 2015 mit der Publikation „Der Bund und seine Dienststellen“ (Föderalismus-Dokument Band 35) gelegt, in welcher sich aus einem Vergleich mit der Bundesvollziehung in Deutschland und der Schweiz das Bild Österreichs als eines hochzentralisierten Staates ergab. In Österreich waren zum damaligen Zeitpunkt von 68 Bundeseinrichtungen 65 in Wien angesiedelt. An diesem Befund hat sich bis dato wenig geändert. Einzig das Bundesamt für Wasserwirtschaft, eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, ist von Wien nach Scharfling am Mondsee übersiedelt (siehe Föderalismus-Info 3/2016).

Auf diesen hohen Zentralisierungsgrad in Österreich wird auch zu Beginn der aktuellen Studie hingewiesen. Darüber hinaus ergeben sich aufgrund aktueller Entwicklungen hinsichtlich einer verstärkten Urbanisierung und gleichzeitigen Ausdünnung peripherer Regionen neue sozioökonomische Herausforderungen. Vor allem der Brain-Drain in Richtung Bundeshauptstadt ist in Österreich beachtlich. Dem gilt es entgegenzuwirken, was sich vor allem durch Forschungsergebnisse bestätigt, die dahingehend Hinweise liefern, dass gut austarierte dezentrale Systeme wirtschaftlich erfolgreicher sind als zentralistische. Daher empfiehlt es sich, im Hinblick auf die optimale Entwicklung regionaler Lebens- und Wirtschaftsräume, die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für hochqualifizierte Personen in den Regionen, das bessere Erkennen und Umsetzen regionaler Prioritäten und Handlungsmöglichkeiten, aber auch im Sinne der besseren Partizipation der Bürgerinnen und Bürger, eine Dezentralisierung von Entscheidungs- und Verwaltungsstrukturen voranzutreiben.

Vor diesem Hintergrund werden die Zahlen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der österreichischen Bundesverwaltung näher unter die Lupe genommen. Insgesamt zählt die österreichische Bundesverwaltung über 233.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese verteilen sich auf folgende Bereiche: Über 9.600 Personen entfallen auf die Ministerien, ca. 121.300 auf nachgeordnete Dienststellen und rund 102.100 auf ausgelagerte Dienststellen. Im Bereich des klassischen Verwaltungsdienstes sind insgesamt 44.654 Personen beschäftigt. Nach Abzug jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt schon in dezentralisierten Dienststellen (Finanzämter, unmittelbare Bundesbehörden in den Ländern u.a.) arbeiten, verbleibt eine Größenordnung von rund 35.000 Personen. Empfohlen wird dabei, in einem Zeitraum von rund zehn Jahren zehn Prozent und somit 3.500 Stellen zu dezentralisieren.

Nicht zu vergessen ist allerdings, dass die Verlagerung von Dienststellen einen komplexen Prozess darstellt: Einerseits sind viele objektive Erfolgskriterien zu erfüllen und andererseits spielen die persönliche Situation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit allen familiären und sozialen Verwurzelungen sowie unterschiedlichen Lebensplanungen, aber auch die einmaligen und laufenden Kosten eine entscheidende Rolle. Derartige Faktoren wären in einem umfassenden Dezentralisierungskonzept zu berücksichtigen. Als interessant erweist sich in diesem Zusammenhang, dass dem Bund aufgrund des überdurchschnittlich hohen Alters des Bundespersonals in den nächsten Jahren eine „Pensionierungswelle“ bevorsteht, was man sich wiederum im Rahmen eines umfassenden Konzeptes zunutze machen könnte.

Dezentralisierungsschwerpunkt 2: Internationale Vergleiche



Beispiele für eine dezentrale Verwaltungsorganisation finden sich vor allem auf der Ebene der Europäischen Union, wo etwa die Standorte der dezentralen Agenturen auf 23 Länder verteilt sind. Eine Initiative zur Stärkung der Regionen und Gemeinden ist zurzeit außerdem in Bayern im Rahmen der sogenannten „Heimatstrategie“ im Gange. Teil 2: Internationale Vergleiche

Auf der Ebene der Europäischen Union kann zwischen der Vollziehung durch die Unionsorgane selbst und jener durch die Mitgliedstaaten differenziert werden. Als interessant erweist sich die Tatsache, dass die Vollziehung von Unionsrecht durch Einrichtungen der Union die Ausnahme bildet, wohingegen die Durchführung durch die Behörden der Mitgliedstaaten nach wie vor den Regelfall darstellt. Die Vollziehung des Rechts der Europäischen Union ist somit in erster Linie dezentral organisiert. Die Europäische Union bedient sich dabei vor allem der Einrichtungen/Behörden in den Mitgliedstaaten, die wiederum nach den entsprechenden Regelungen betreffend Organisation und Verfahren der Mitgliedstaaten eingerichtet werden und agieren.

Hervorzuheben ist jedoch, dass in den letzten Jahren vom Unionsgesetzgeber vermehrt selbständige Spezialeinrichtungen geschaffen wurden, die Vollzugsaufgaben wahrnehmen. Damit kommt es auf der supranationalen Ebene der Europäischen Union zu einer stärkeren Ausdifferenzierung des Verwaltungsaufbaus, der den mitgliedstaatlichen Vollzug etwas verdrängt. Dies gilt vor allem für die dezentralen Agenturen, deren Ausbau unvermindert anhält. Wie sich aus der Bezeichnung allerdings unschwer erkennen lässt, sind diese ebenfalls dezentral organisiert. Die Standorte der insgesamt 44 Agenturen sind über die gesamte Europäische Union auf 33 größere und kleinere Städte in 23 Ländern verteilt. Insofern kommen sie dem Wunsch nach einer größeren Standortdiversifizierung nach und bilden damit im Rahmen der Tätigkeit der Europäischen Union einen Faktor, der ein gewisses Maß an Dezentralisierung/räumlicher Verteilung garantiert. Letztendlich erhöhen die Agenturen dadurch die Außenwirkung der Union in den einzelnen Mitgliedstaaten und auch den Regionen. So haben beispielsweise die in Spanien angesiedelten fünf Agenturen ihren Sitz nicht in der Hauptstadt, sondern in Vigo, Bilbao, Alicante, Barcelona und Torréjon (vgl. dazu Bußjäger, Vorbild EU?, VN-Kommentar vom 31.3.2017).

In Summe zeigt sich damit, dass beim Vollzug des Unionsrechts in erheblichem Ausmaß auf dezentrale Strukturen zurückgegriffen wird.

Derartige dezentrale Strukturen sollen auch in Bayern mit Hilfe von Behördenverlagerungen geschaffen werden, die eine von mehreren Maßnahmen im Rahmen der sogenannten „Heimatstrategie“ darstellen. Dabei sollen in einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren über 50

Behörden und staatliche Einrichtungen in den ländlichen Raum verlagert werden. Dies würde insgesamt 3.155 Personen, davon 2.225 Beamte oder Tarifbeschäftigte sowie 930 Studierende, betreffen. Erreicht werden soll dieses Ziel zum einen über die natürliche Personalfluktuation und zum anderen durch Verlagerungen, wobei auf sozialverträgliche Lösungen geachtet wird, weshalb es zu keinen Zwangsversetzungen an neue Standorte kommen soll. In den Jahren 2015 und 2016 ist das Projekt mit der Verlagerung von 28 Behörden und staatlichen Einrichtungen mit mehr als 200 Beschäftigten und 170 Studierenden gestartet. Dies soll in den Jahren 2017 und 2018 mit weiteren Behörden fortgesetzt werden. Ein Kernstück ist dabei die geplante Verlagerung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege von München nach Nürnberg.

Dezentralisierungsschwerpunkt 3: Ausblick



Nach der Veröffentlichung der Studie des Instituts wurden bereits erste Vorschläge geäußert, wie eine Dezentralisierung durchgeführt werden könnte bzw. welche Behörden sich dafür eignen würden. Derzeit sind von 68 Bundeseinrichtungen 64 in Wien angesiedelt. Teil 3: Ausblick

So gibt es erste Überlegungen dahingehend, das Umweltbundesamt von Wien nach Klosterneuburg (Niederösterreich) zu verlegen. Dieses ist derzeit an vier unterschiedlichen Standpunkten im 20. Bezirk angesiedelt (diePresse vom 12.4.2017, „Ein Bundesamt für Mikl-Leitners Heimatstadt“).

In einem Kurier-Interview mit BM Andrä Rupprechter wurden außerdem weitere Möglichkeiten aufgezählt, die insbesondere die Auslagerung der Wildbach- und Lawinenverbauung aus Wien sowie eine regionale Ansiedelung der Sektion Wien, Niederösterreich und Burgenland in Niederösterreich umfassen würden. Des Weiteren könnte die Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die ebenfalls ihren Sitz in Wien hat, in Rotholz in Tirol (Zillertal) angesiedelt und mit der Bundesanstalt für Milchwirtschaft kombiniert werden, um damit ein Kompetenzzentrum für alpine Landwirtschaft aufzubauen (Kurier vom 11.4.2017, „Mehr Landluft für 3500 Beamte“).

Man darf nun gespannt sein, ob noch weitere Vorschläge hinzukommen. Fest steht, dass es sich bei der Durchführung von Dezentralisierungen um sensible Vorgänge handelt. Dementsprechend wäre es notwendig,– dem bayrischen Beispiel folgend – ein umfassendes Dezentralisierungskonzept zu erstellen, mit dem unter anderem gewährleistet werden kann, dass Potenziale, die sich insbesondere durch die bevorstehende Pensionierungswelle in der Bundesverwaltung (bis zum Jahr 2024 42% des gesamten Personals) eröffnen, genützt werden.

Bildungsreformgesetz 2017 – problematische Hybridbehörde



Die Begutachtungsfrist des Bildungsreformgesetzes 2017 ist abgelaufen und hat zahlreiche kontroverse Stellungnahmen erbracht (299/ME XXV. GP). Aus föderalistischer Sicht gibt es einigen Anlass zu Kritik: Der Entwurf verfolgt, entgegen internationalen Trends, das Ziel einer weiteren Zentralisierung des Bildungswesens, worüber Schlagworte, wie die angestrebte Stärkung der Schulautonomie, nicht darüber hinwegtäuschen können. Dies ist umso bedenklicher, als das Bildungswesen in Österreich im internationalen Vergleich ohnehin bereits übermäßig zentralisiert ist, ohne dass die Resultate dies rechtfertigen würden.

Im Mittelpunkt der Kritik aus föderalistischer Sicht steht die in einem neuen fünften Hauptstück der Bundesverfassung vorgesehene Neuorganisation der Schulverwaltung mit der Schaffung einer Bildungsdirektion, die grundsätzlich dem zuständigen Bundesminister unterstellt sein soll (Art. 113 Abs. 1 B-VG), die aber als solche weder der Vollziehung des Bundes noch der Länder zugeordnet werden kann, sondern sowohl Bundes- als auch Landesrecht vollzieht (Art. 113 Abs. 4 B-VG).

Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Organisation der Bildungsdirektion einschließlich der Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des Bildungsdirektors sowie der Bestellung werden durch Bundesgesetz getroffen. Dieses Bundesgesetz kann Einvernehmensbindungen zwischen dem zuständigen Bundesminister mit der Landesregierung vorsehen. Das Gesetz selbst darf nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

Der Vorschlag ist ein Kompromiss, der der Tatsache geschuldet ist, dass eine Zusammenführung der Schulverwaltung in der Landesorganisation, wie dies dem grundsätzlich bewährten Modell der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern entsprechen würde, am Widerstand der Zentralbürokratie gescheitert ist (siehe Föderalismus-Info 3/2014 und 4/2010). Der Kompromiss konnte immerhin eine noch stärkere Zentralisierung der Schulverwaltung verhindern, aber auch nicht mehr.

Diese Neuregelung schafft Unklarheiten, Abgrenzungsschwierigkeiten und ist mit einer enormen Bürokratie verbunden, wie die anderen im Begutachtungspaket enthaltenen Gesetzesvorschläge, insbesondere das Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetz, zeigen. Es ist zu befürchten, dass die Schulverwaltung und mit ihr die Schulen der Zukunft in Evaluationen und Berichten ersticken werden.

Auf die Spitze gebracht wird die Zentralisierung durch die Anordnung des Rechtsschutzes beim Bundesverwaltungsgericht (Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. c B-VG). Man stelle sich vor, dass in einer Streitfrage wegen einer kurzfristigen Befreiung eines Kindes vom Unterricht in einer Pflichtschule die Betroffenen einen Weg zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Wien antreten müssen! Es bleibt unerfindlich, wo der Vorteil einer solchen bürgerfeindlichen Organisation sein kann.

Ankündigung Neuerscheinung: „Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich“



In Kürze wird der Band 123 der Schriftenreihe des Instituts erscheinen. Er vereinigt die Beiträge der im Oktober 2016 in Innsbruck abgehaltenen Tagung „Landesverwaltungsgerichtsbarkeit: Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich“. Die Publikation hat gerade angesichts der gegenwärtigen Diskussion um die Reichweite und Grenzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit Aktualität erlangt.

Der Tagungsband zieht eine Zwischenbilanz über den mit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich im Jahre 2014 vollzogenen Systemwechsel hin zu einem justizförmigen Verwaltungsrechtsschutz. Er gliedert sich in folgende drei grundlegende Abschnitte: „Zuständigkeiten und Rollenverständnis“, „Aktuelle Problemstellungen im neuen Verfahrensrecht“ sowie „Funktionsbedingungen regionaler Verwaltungsgerichtsbarkeit in ausgewählten Nachbarstaaten Österreichs“. Dabei werden die Auswirkungen der neuen Landesverwaltungsgerichtsbarkeit auf das Verhältnis von Verwaltung und Gerichtsbarkeit und die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes ebenso untersucht wie die Ausgestaltung des Verwaltungsrechtsschutzes in Deutschland, Italien und der Schweiz aus rechtsvergleichender Perspektive.

Peter Bußjäger/Anna Gamper/Christian Ranacher (Hg.)
Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich
Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Bd. 123
Paperback, 171 Seiten
ISBN 978-3-7003-2050-0

Tagungsbericht: „Integration oder Desintegration? Neue Herausforderungen der Regionen in Europa“



Am 30./31. März 2017 fand im Landhaus 1 in Bozen eine international besetzte Tagung zu den neuen Herausforderungen der europäischen Regionen statt. Anlass für die Konferenz war der Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge. Die einzelnen Panels waren unterschiedlichen Disziplinen gewidmet: Während am ersten Tag der philosophisch-historische Kontext, rechtliche Entwicklungen und Perspektiven regionaler Kooperation im Fokus standen, wurde im Rahmen der Panels des zweiten Tagungstages zu ökonomischen Herausforderungen sowie politischen und gesellschaftlichen Implikation referiert und diskutiert.

Ein ausführlicher Tagungsbericht ist unter folgender Homepage abrufbar:

www.provinz.bz.it/news/de/news.asp?art=584176



[Weiterführender LINK]

Veranstaltungshinweis: „Zwischen Reform und Stillstand: Der Bundesstaat seit dem Perchtoldsdorfer Paktum aus der Sicht des Praktikers“



Der ehemalige burgenländische Landesamtsdirektor HR Dr. Robert Tauber wird am 8.6.2017 an der Universität Innsbruck (Hörsaal E) über Reform und Stillstand des österreichischen Bundesstaates seit dem Perchtoldsdorfer Paktum berichten. Referent: HR Dr. Robert Tauber Zeit: 8.6.2017, 18:30 Uhr Ort: Universitätshauptgebäude, Innrain 52, Hörsaal E (2. Obergeschoß)

Veranstaltungshinweis: „Die Rolle der Grundrechte in der Rechtsprechung des EuGH“



Am 19.5.2017 wird Dr. Maria Berger, Richterin am Gerichtshof der Europäischen Union, an der Universität Innsbruck einen Vortrag zur Rolle der Grundrechte in der Rechtsprechung des EuGH halten. Die Veranstaltung wird von Univ.-Prof. Dr. Karl Weber moderiert. Im Rahmen einer anschließenden Diskussion gibt es die Möglichkeit, Fragen an Frau Dr. Berger zu richten. Ort: Saal New Orleans, Universität Innsbruck Zeit: Freitag, 19.5.2017, 11:00 Uhr Weitere Informationen: gregor.heissl@uibk.ac.at

VfGH: Regelungen zur Beschränkung von Wahlkampfkosten (auch) Sache der Länder



Der Verfassungerichtshof hat in einem Erkenntnis zur Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze im Parteiengesetz eine für die Länder wichtige Entscheidung getroffen. Zwar bezog sich das Erkenntnis in erster Linie auf die Überschreitung der Wahlkampfkosten für die Nationalratswahlen des Jahres 2013 durch das Team Stronach. Der VfGH hielt jedoch auch grundsätzlich fest, dass es den Ländern zustehen würde, für ihren Wirkungsbereich eigene Wahlkampfkosten-Beschränkungen zu erlassen.

Im Rahmen seines Erkenntnisses E 729/2016-18 vom 13. Dezember 2016 betreffend die Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze im PartG durch das Team Stronach hat der VfGH zunächst auf § 4 Abs 1 PartG verwiesen. Gemäß dieser Bestimmung darf jede politische Partei bei Wahlen zu einem allgemeinen Vertretungskörper oder dem Europäischen Parlament maximal 7 Millionen Euro an Wahlwerbungsausgaben aufwenden. Diese Grenze hat das Team Stronach im Zuge des Wahlkampfes zur Nationalratswahl 2013 erheblich überschritten, weshalb über die Partei mit Bescheid des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates (§ 11 PartG) eine Geldstrafe in der Höhe von 567.000 Euro verhängt wurde. Der VfGH hat dazu grundsätzlich festgehalten, dass die verhängte Strafe aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig sei.

Neben den umfassenden Ausführungen in Bezug auf die einzelnen Beschwerdepunkte der beschwerdeführenden Partei widmete sich der Gerichtshof jedoch in einem eigenen Abschnitt auch grundlegenden kompetenzrechtlichen Fragen. Dies ausgehend von der Tatsache, dass die Erläuterungen zum PartG ausdrücklich festhalten, dass die Vorschriften des PartG – und somit auch jene betreffend die Begrenzung der Wahlwerbungskosten – einheitlich für Bund und Länder gelten. Dementsprechend werden, so die Erläuterungen, unter den Wahlen zu einem „allgemeinen Vertretungskörper“ nicht nur die Nationalratswahlen, sondern auch Wahlen zu Landtagen, Gemeinderäten und Bezirksvertretungen in Wien verstanden (AB 1844 BlgNR 24. GP 1 und 4).

An dieser Stelle weist der VfGH darauf hin, dass die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Gründung und des Bestands politischer Parteien zwar jedenfalls dem Bund zukomme, jene zur Regelung der Tätigkeit politischer Parteien reiche jedoch nicht so weit, dass auch die Wahlwerbungsausgaben bei Landtags- oder Gemeinderatswahlen sowie bei Wahlen zu den Wiener Bezirksvertretungen durch einfaches Bundesgesetz beschränkt werden können. Vielmehr sei die Beschränkung von Wahlwerbungskosten mit dem Kompetenztatbestand „Wahlrecht“ verknüpft. Diese Verknüpfung ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass das PartG 1975 eine verfassungsgesetzliche Ermächtigung dahingehend enthielt, dass durch Bundesgesetz eine Begrenzung der Wahlwerbungskosten der Nationalratswahl 1975 festgelegt werden konnte, was in Art IV § 6 PartG 1975 auch erfolgt ist.

Daraus ergebe sich, dass die Kompetenz zur Regelung von Beschränkungen von Wahlwerbungskosten jenem Gesetzgeber zukomme, der für die Regelung des jeweiligen Wahlrechts zuständig ist. Hinsichtlich der Nationalratswahlen (Art 10 Abs 1 Z 1 und 26 Abs 8 B-VG), der Wahlen zum Europäischen Parlament (Art 10 Abs 1 Z 1a B-VG) sowie der Bundespräsidentenwahl (Art 60 Abs 1 iVm Art 26 Abs 8 B-VG) ist dies der Bundesgesetzgeber. Demgegenüber sind die Landesgesetzgeber dafür zuständig, für die Landtags- (vgl Art 15 und Art 95 B-VG) und Gemeinderatswahlen (Art 115 Abs 2 iVm Art 117 Abs 2 B-VG) sowie die Wahlen zu den Wiener Bezirksvertretungen (Art 117 B-VG) entsprechende Beschränkungen zu erlassen.

Das Verbot in § 4 Abs 1 PartG sei somit zwar, so der VfGH, „überschießend formuliert“, jedoch, soweit es auch Landtags- und Gemeinderatswahlen sowie die Wahlen zu den Wiener Bezirksvertretungen erfasst, einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich. Den Ländern obliegt es daher nun, landesgesetzlich eigene Beschränkungen von Wahlkampfkosten zu erlassen. Interessante Fragen ergeben sich daraus für den Wahlkampf zur oberösterreichischen Landtagswahl im Jahr 2015, in welchem die ÖVP mit Kosten in der Höhe von 7,3 Millionen Euro die gesetzliche Grenze ebenfalls überschritten hat.

Die Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung im aktuellen Regierungsprogramm



Ende Jänner haben sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf ein neues Arbeitsprogramm für die Jahre 2017/18 geeinigt. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Entflechtung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Wie das genau geschehen soll, ist noch offen. Ein bereits 2014 vorgelegter Entwurf des Instituts für Föderalismus könnte die Lösung bringen: Darin wird eine „gemeinschaftliche Gesetzgebung“ vorgeschlagen, die eine flexiblere und den konkreten Bedürfnissen angepasste Kompetenzwahrnehmung ermöglichen würde.

In Punkt 5.2 des Arbeitsprogramms für die Jahre 2017/18 wird unter dem Titel „Zuständigkeiten bündeln“ zunächst festgehalten, dass die im Oktober 2016 geschaffene Bund-Länder Arbeitsgruppe im Februar ihre Arbeit auf politischer Ebene fortsetzen wird. Darüber hinaus kündigt die Bundesregierung als „zentrale“ sowie „überfällige Maßnahme“ die Beseitigung der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung in Art 12 B-VG an.

Der Kompetenztypus der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung ist insofern speziell, als er ein wechselseitiges Zusammenwirken von Bund- und Ländern vorsieht. In der Theorie könnte eine derartige Form der Rahmengesetzgebung – bei entsprechender politischer wie rechtlicher Garantie selbständiger Gestaltungsmöglichkeiten der ausführenden Länder – ein durchaus wirkungsvolles bundesstaatliches Instrument sein. Die österreichische Praxis stellt sich allerdings vielfach anders dar. Dies liegt zum einen daran, dass es keine justiziablen Kriterien des zulässigen Grades der Bestimmtheit von Grundsatzgesetzen gibt, und zum anderen an der damit zusammenhängenden Folge einer vielfach äußerst detaillierten Ausgestaltung von (Bundes-)Grundsatzgesetzen. Hinzu kommt noch, dass die Länder sich ihnen eröffnende Spielräume in den Ausführungsgesetzen mitunter nicht ausnützen.

Es stellt sich somit die Frage, wie mit der österreichischen Form der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung weiter zu verfahren ist? Bei einer gänzlichen Beseitigung dieses Kompetenztyps, wie im Regierungsprogram 2017/18 vorgesehen, wäre beispielsweise denkbar, die bisher dort verankerten Kompetenztatbestände zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. So könnte man die Tatbestände „Armenwesen“ (Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG), „öffentliche Einrichtung zur außergerichtlichen Streitbeilegung“ (Z 2) sowie „Bodenreform“ (Z 3) den Ländern gem Art 15 Abs 1 B-VG zuweisen und demgegenüber den „Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge“ (Z 4) sowie das „Arbeiterrecht, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter handelt“ (Z 6), in Gesetzgebung dem Bund und Vollziehung den Ländern nach dem Modell des Art 11 B-VG übertragen.

Einen anderen, kreativeren Weg würde man mit der Schaffung eines neuen Kompetenztypus beschreiten. Denkbar wäre – nach einem Textvorschlag des Instituts für Föderalismus aus dem Jahr 2014 – eine „gemeinschaftlichen Gesetzgebung“, die eine flexiblere und den konkreten Bedürfnissen angepasste Kompetenzwahrnehmung ermöglichen würde. Eine derartige Form der Gesetzgebung könnte für die Tatbestände „Krankenanstalten“, „Elektrizitätswesen, soweit es nicht unter Art 10 fällt“, „Abfallwirtschaft“ sowie „Luftreinhaltung“ gelten und grundsätzlich bei den Ländern angesiedelt sein. Zusätzlich würde dem Bund dann die Möglichkeit offenstehen, mit Zustimmung einer deutlichen Mehrheit (zB zwei Drittel) der beteiligten Länder eine abschließende Regelung zu treffen oder sich alternativ auf die Erlassung bestimmter Grundsätze zu beschränken. Ein derartiges Modell könnte sodann für weitere Kompetenztatbestände fruchtbar gemacht werden, was letztendlich auch der im Österreich-Konvent vertretenen Auffassung Rechnung tragen würde, dass mit einer starren Aufteilung der Kompetenzen den Anforderungen eines modernen Bundesstaates und den Erfordernissen der Europäischen Union nicht entsprochen werden könne.

 

Eine ausführliche Version dieses Beitrags ist im Föderalismus-Blog zu finden.

Kooperation zwischen Land Steiermark, Uni Graz und Institut für Föderalismus



Ein vom Land Steiermark gefördertes Kooperationsprojekt des Instituts für Föderalismus und der Universität Graz will untersuchen, welche konkreten Aufgaben der Integration auf regionaler Ebene zu erledigen sind und ob der bestehende Kompetenzrahmen eine erfolgreiche Integration begünstigt oder nicht. Für das Institut für Föderalismus ist das innovative Projekt auch insoweit ein Pilotmodell, als mit der Förderung durch das Land Steiermark über den Kreis der bisherigen Trägerländer des Instituts hinausgegangen wird. Das Institut hofft, damit den Grundstein für weitere Kooperationen, nicht nur mit dem Land Steiermark, sondern auch mit anderen Ländern zu legen.

Integration ist eine Querschnittsmaterie, was bedeutet, dass sie alle Ebenen des Staates betrifft, nämlich Bund, Länder und Gemeinden. Die Flüchtlingskrise stellt jedoch besonders die regionale Ebene vor große Herausforderungen, für die innovative Lösungen gefragt sind.

Es geht nicht nur darum, dass Wohnraum für die in Österreich aufgenommenen schutzsuchenden Menschen bereitgestellt werden muss. Vielmehr ist auch erforderlich, dass die Integration dieser Menschen in Österreich gewährleistet wird. Dafür müssen vor allem Sprachkurse und Bildungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Integration erfolgt aber auch über Arbeitsplätze, Kultur, Sport und nicht zuletzt durch Anreize, sich in eine Aufnahmegesellschaft einzugliedern.

Das Projekt wird vom Land Steiermark mit insgesamt 58.000 Euro gefördert und von Peter Bußjäger (Institut für Föderalismus) und Klaus Poier (Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz) geleitet.

Ankündigung Neuerscheinung: „Gerichtsbarkeit im Bundesstaat. Auswirkungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auf die Länder“



Die mit dem Föderalismus-Preis des Jahres 2016 ausgezeichnete Dissertation von Christoph Schramek wird demnächst als Band 122 der Schriftenreihe des Instituts veröffentlicht.

Den Ausgangspunkt der Arbeit stellt die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 dar, die als umfassendste Reform der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit seit der Errichtung des Verwaltungsgerichtshofes im Jahr 1876 betrachtet wird. Den zentralen Inhalt der Novelle bildet die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten, was für den österreichischen Bundesstaat insofern eine wesentliche Neuerung darstellt, als den Ländern mit Inkrafttreten am 1.1.2014 erstmals ein Anteil an der Staatsgewalt Gerichtsbarkeit eingeräumt wurde. Letztere war bisher – im Gegensatz zur Gesetzgebung und Verwaltung – ausschließlich dem Bund vorbehalten, weshalb nunmehr die vertikale Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern in Österreich auf der Ebene aller drei Gewalten verwirklicht ist.

Vor dem Hintergrund dieser fundamentalen Änderung im österreichischen Verwaltungsrechtsschutz werden in dem demnächst erscheinenden Werk zwei Forschungsfragen näher behandelt. Die erste ist von verfassungstheoretischer Natur und befasst sich mit der Frage, inwieweit eine eigene gliedstaatliche Gerichtsbarkeit als Wesenselement eines Bundesstaates angesehen werden kann. Im Rahmen der zweiten, verfassungsdogmatischen Forschungsfrage werden einzelne für den österreichischen Bundesstaat relevante positivrechtliche Neuerungen analysiert und hinterfragt, welche Auswirkungen die VwG-Novelle 2012 insbesondere auf das bundesstaatliche Bauprinzip der österreichischen Bundesverfassung entfaltet.

Veranstaltungshinweis: Podiumsdiskussion „Parlamentarische Untersuchungsausschüsse: Erfahrungen und Perspektiven“



Die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria wurden bei dem im Oktober 2016 beendeten "Hypo-Untersuchungsausschuss" erstmals auf der Grundlage einer umfassend erneuerten Verfahrensordnung parlamentarisch untersucht. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten sollen auf Basis der dabei gewonnenen Erfahrungen die rechtlichen Rahmenbedingungen für Untersuchungsausschüsse, etwa der neu eröffnete Rechtsschutz für Auskunftspersonen beim Verfassungsgerichtshof, aber auch die vor allem mit den Kommunikationsmöglichkeiten der Medienöffentlichkeit verbundenen Auswirkungen, diskutiert und bewertet werden. Dies auch unter Berücksichtigung der nicht zu vernachlässigenden Rückkoppelungen auf die Arbeit der Untersuchungsausschüsse der Bundesländer. Die Podiumsdiskussion findet am Montag, 27. März 2017, 17:00 Uhr, im Budgetsaal (Lokal VI) des Parlaments statt.



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Veranstaltungshinweis: Tagung „Integration oder Desintegration? Neue Herausforderungen der Regionen in Europa“



Die Tagung findet von 30. bis 31. März im Spiegelsaal des Landhauses I in Bozen statt. Kontakt für Anmeldungen und weitere Informationen: Andreas Eisendle, Universität Innsbruck Tel.: +43 (0) 512 507 81505 E-Mail: Andreas.Eisendle@uibk.ac.at



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2016


Was bringt der neue Finanzausgleich?



Die Finanzausgleichspartner Bund, Länder und Gemeinden haben gerade noch zeitgerecht vor dem Auslaufen des gegenwärtigen Finanzausgleichsgesetzes mit Ende dieses Jahres ein neues „Paktum“ über den Finanzausgleich geschlossen. Damit wurde ein weiteres Mal bewiesen, dass der kooperative Föderalismus in Österreich funktioniert und ein gewisses Gegengewicht zur zentralistischen Ausgestaltung der Verfassung im Allgemeinen, im Besonderen aber der Finanzverfassung, darstellt. Auch wenn es keine großen Neuerungen gibt, sind doch einige bemerkenswerte Änderungen gelungen, die in Richtung mehr Aufgabenorientierung gehen. Auch beim Thema Steuerautonomie sind Ansätze einer Neuorientierung zu sehen.

Das Paktum über den Finanzausgleich (abrufbar unter www.bmf.gv.at). ist in rechtlicher Hinsicht eine politische Vereinbarung zwischen dem Finanzminister, den Landeshauptleuten und den Vertretern des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes über die Ausgestaltung des Finanzausgleichsgesetzes. Eine besondere rechtliche Relevanz gewinnt das Paktum dadurch, dass der Verfassungsgerichtshof die Unterschrift eines Finanzausgleichspartners unter dem Paktum als Indiz für die Sachgerechtigkeit des auf einer solchen Vereinbarung beruhenden Finanzausgleichsgesetzes wertet. Dies bedeutet, dass in der Praxis alle Akteure sehr gut überlegen müssen, ob sie dem Paktum zustimmen. Ist die Vereinbarung jedoch einmal von allen unterschrieben, verbürgt es auch ein gewisses Maß an Rechtssicherheit, darf doch der Bundesgesetzgeber nicht ohne zwingende sachliche Gründe von dem einmal erzielten Einvernehmen abweichen.

Was bringt das Paktum Neues?

Revolutionär Neues ist nicht verankert. Immerhin kann man von einem „Einstieg in den Umstieg“ sprechen. Die Finanzausgleichspartner wollen einen Schritt in Richtung Aufgabenorientierung gehen, was zunächst im Bereich Elementarbildung umgesetzt werden soll. Ein noch kleinerer Schritt in die Richtung einer Abgabenautonomie soll im Bereich des Wohnbauförderungsbeitrags erfolgen, dessen Festsetzung den Ländern überlassen werden soll. Man kann gespannt sein, ob sich die Höhe des Beitrags in den Ländern unterschiedlich entwickeln wird. Wenn nein, hätte man sich das Experiment sparen können.

Darüber hinaus, und dies ist viel wichtiger, soll eine Arbeitsgruppe die Einführung einer Abgabenautonomie auch im Bereich von Massensteuern prüfen. Dies ist zwar nicht viel mehr als ein Anfang, aber immerhin zeigen die Finanzausgleichspartner damit ernsthafte Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Aufteilung der finanziellen Mittel

Was die Verteilung der finanziellen Mittel betrifft, so ist vorgesehen, dass den Ländern und Gemeinden jedes Jahr 300 Millionen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese zweckgebunden sind. Ein gutes Drittel, 106 Millionen, davon geht an die Gemeinden, besonders bedacht werden strukturschwache Gemeinden (sie erhalten 60 Millionen). Hinzu kommt noch eine Einmalzahlung von 125 Millionen Euro zur Bewältigung der großen Flüchtlingswelle des Vorjahres.

Schließlich werden die Gemeinden noch mit über 80 Millionen (über die ganze Periode gerechnet) für die Siedlungswasserwirtschaft beteilt.

Was wurde sonst noch vereinbart?

Bauordnungen

Etwas unscharf ist zur „Eindämmung der Kosten im sozialen Wohnbau“ die Rede von „bundesweit einheitlichen Regelungen der technischen Vorschriften der Bauordnungen und sonstiger technischer Vorschriften (Bauordnungen)“ und einer „generellen Rücknahme von überhöhten Standards und Normen, dies insb. auch im sozialen Wohnbau.“

Auf welche Weise sich die Vereinheitlichung der Bauordnungen, die sich zudem ausschließlich auf technische Regelungen (also das Bautechnikrecht) beziehen soll, hergestellt wird, wird offen gelassen. Die föderalistische Lösung würde in einer Harmonisierung durch Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG liegen. Zu bemerken ist allerdings, dass gerade unlängst in Vorarlberg eine bemerkenswerte Deregulierung des technischen Baurechts im Einvernehmen mit der Wirtschaftskammer erfolgt ist. Solche Innovationen sollten durch eine Harmonisierung keinesfalls ausgeschlossen werden.

 

Gesundheitswesen

Im kostensensiblen Bereich des Gesundheitswesens sollen zwei Vereinbarungen gem. Art. 15a B-VG betreffend „Zielsteuerung-Gesundheit“ und „Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens“ in der – aus der Beilage zum Paktum ersichtlichen – Form abgeschlossen werden. Der Formulierung „Die Umsetzung der bundesgesetzlichen Maßnahmen wird in der 15a Vereinbarung vereinbart“ wird wohl so zu verstehen sein, dass der Bundesgesetzgeber nur solche Maßnahmen in Kraft setzen soll, die zuvor (auf exekutiver Ebene mit der Genehmigung des Nationalrats) vereinbart sind.

Haftungsobergrenzen und Spekulationsverbote

Positiv ist zu bewerten, dass einheitliche und außerdem auf gleichen Kriterien basierende Haftungsobergrenzen im Wege einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG hergestellt werden sollen. Außerdem verpflichten sich alle Länder, die noch keine Spekulationsverbote erlassen haben (dazu näher Bußjäger, Zur Reform des Haushaltsrechts der Länder in Österreich, ÖHW 57 [2016], 31 [37 ff]), dies bis Ende 2017 vorzunehmen.

Bundesstaatsreform

Zu guter Letzt kommen die Finanzausgleichspartner überein, bis zum Ende des Jahres 2018 eine Bundessstaatsreform unter Berücksichtigung der Arbeiten des Österreich-Konvents vorzubereiten. Sie soll folgende Inhalte aufweisen:

„A)  Reform der Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung; Entflechtung der Kompetenzfelder

B)    Reform der Kompetenzverteilung in der Vollziehung“

Benchmarking

Im Grundsatz verständigen sich Bund und Länder auf die Einführung eines Benchmarkings bei allen Aufgabenbereichen (für den Bund z.B. die Bundesministerien und Universitäten, für die Länder z.B. Verwaltung, Krankenanstalten, Pflege, Pflichtschulen). Für die Gemeinden erfolgt das Benchmarking wie bisher landesintern. Die Ergebnisse des Benchmarkings werden veröffentlicht. Die Abwicklung des Benchmarkings erfolgt u.a. auf Basis von Daten der Statistik Österreich im Rahmen des Österr. Koordinationskomitees. Das konkrete Modell soll einvernehmlich bis Ende 2018 ausgearbeitet und danach in Kraft gesetzt werden.

Resümee

Aus föderalistischer Sicht kann das Finanzausgleichspaktum grundsätzlich positiv bewertet werden. Dies gilt nicht nur für das erzielte Einvernehmen hinsichtlich der Verteilung der finanziellen Mittel, sondern auch für die avisierten Kostendämpfungspfade im Bereich der Gesundheit und der Pflege. Positiv ist auch zu sehen, dass sich die Finanzausgleichspartner auf eine kooperative und vom Einvernehmen getragene Weiterentwicklung des Haushaltsrechts der Länder verständigt haben und schließlich, dass Weichenstellungen in Richtung eines verstärkten Benchmarkings (zur Zweckmäßigkeit verstärkten Benchmarkings Bußjäger, Verwaltungsmodernisierung in den Ländern 2000-2010 [2011] 24 f) gesetzt werden. Die ersten Schritte in Richtung Aufgabenorientierung sollten als Pilotmodell verstanden werden. Zu beachten ist nämlich, dass unter „aufgabenorientiertem Finanzausgleich“ auch verstanden werden kann, dass Länder und Gemeinden lediglich und gerade noch die Mittel zur Bewältigung bestimmter Aufgaben erhalten, aber sonst keine finanziellen Spielräume mehr haben. Dies wäre kritisch zu sehen. In Richtung Abgabenautonomie wurden nur bescheidene, aber wenigstens Erfolge erzielt. Was die Bund-Länder-Arbeitsgruppe in Sachen Bundesstaatsreform vorlegen wird, kann mit mehr oder weniger großer Spannung abgewartet werden.

Erweiterung der Verfahrenskonzentration in der Gewerbeordnung



Die Regierung einigte sich Anfang November auf eine Novelle zur Gewerbeordnung. Derzeit befindet sich der diesbezügliche Entwurf im Begutachtungsstadium, wobei, so viel kann schon vorweggenommen werden, die erhoffte umfangreiche Reform wohl ausgeblieben ist. Änderungen wird es, sollte die Novelle in dieser Form in Kraft treten, sowohl im Bereich des Berufszugangsrechts als auch im Bereich des Anlagenrechts geben. Hinsichtlich des Betriebsanlagenrechts ist im aktuellen Entwurf eine Erweiterung der Konzentration hinsichtlich Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen vorgesehen. Das Ziel ist es dabei, für Vorhaben, die mehrere Bewilligungen voraussetzen, künftig die Bezirkshauptmannschaft als einzig zuständige Gewerbebehörde iSe One-Stop-Shop einzurichten. Dadurch sollen Verfahrensabläufe beschleunigt sowie Bürger und Unternehmer spürbar entlastet werden. Allerdings sind im Detail noch einige Probleme aus bundesstaatlicher Sicht auszumachen und bedürfen einer befriedigenden Lösung!

Den Zielsetzungen Verfahrensbeschleunigung und Entlastung entsprechend sieht der Entwurf die Erweiterung der derzeitigen Konzentrationsregelung in § 356b GewO 1994 vor. Während die aktuelle Fassung der Bestimmung eine Mitanwendung einzelner bundesgesetzlicher Verwaltungsvorschriften beinhaltet, soll der Kreis in Zukunft auch auf bestimmte landesrechtliche Bewilligungsvorschriften ausgedehnt werden. Nach dem Entwurf zur neuen Gewerbeordnung (im Folgenden als GewOneu bezeichnet) sind dies namentlich naturschutzrechtliche und bautechnische Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes, die im Genehmigungsverfahren mitangewendet werden sollen. Die Betriebsanlagen(änderungs)genehmigung gilt dann als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) auch nach den naturschutzrechtlichen und bzw. oder den bautechnischen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes (§ 356b Abs 1 GewOneu) und würde somit in mittelbarer Bundesverwaltung erteilt werden. Gemäß § 356b Abs 3 GewOneu sind bestimmte, nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften des jeweiligen Bundeslandes bestehende behördliche Befugnisse und Aufgaben von der Behörde wahrzunehmen.

 

Eine Verfahrenskonzentration im gewerblichen Betriebsanlagenrecht ist im Interesse der Verfahrensökonomie und Beschleunigung von Verfahren zweifellos sinnvoll und wird vom Institut für Föderalismus unterstützt. Es wird allerdings zunächst darauf hingewiesen, dass dieses Ergebnis auch auf der Basis der bestehenden Rechtslage durch organisatorische Maßnahmen bereits erzielt werden konnte, nämlich durch Übertragung der Zuständigkeiten der Gemeinden in Baurechtsangelegenheiten auf die Bezirkshauptmannschaften nach Maßgabe des Art 118 Abs 7 B-VG. Für dieses Modell erhielt die Vorarlberger Landesverwaltung im Jahr 2007 von der Wirtschaftskammer den „Amtsmanager des Jahrzehnts“ verliehen.

Die im Entwurf vorgesehene Ausgestaltung der Verfahrenskonzentration hinsichtlich bestimmter Landesgesetze hätte nun allerdings zur Folge, dass Bau- und Naturschutzregelungen in Bezug auf Betriebsanlagen mittelbar vom Bund vollzogen werden und somit der zuständige Bundesminister weisungsberechtigt wäre. Die Landesregierung hätte dann keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf den Vollzug von Landesrecht. Ein derartiger, aus der Verfahrenskonzentration resultierender Eingriff in die Landeskompetenzen und den eigenen Wirkungsbereich müsste allerdings so gering wie möglich gehalten werden: Dies bedeutet, dass vielmehr eine solche Regelung zu treffen ist, die gewährleistet, dass die Behörde in Angelegenheiten des Landesrechts als Organ der Landesvollziehung entscheidet. Damit könnte der Weisungszusammenhang zur Landesregierung aufrechterhalten werden.

Außerdem stellt sich die Frage, was unter einer „Genehmigung (Bewilligung) […] nach den bautechnischen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes“, wie in § 356b Abs 1 GewOneu festgelegt, verstanden werden kann. Abhilfe könnte hier ein Vergleich mit § 38 Abs 2 AWG 2002 schaffen, der in den Materialien ausdrücklich als Vorbild für die geplante Verfahrenskonzentration in der GewOneu bezeichnet wird. Dieser Bestimmung gemäß sind im Genehmigungs- und Anzeigeverfahren nach dem AWG 2002 die bautechnischen Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes anzuwenden. Ist dies der Fall, entfällt eine baubehördliche Bewilligungspflicht. Vermutlich ist dies auch mit der „Bewilligung nach bautechnischen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes“ in § 356b Abs 1 GewOneu gemeint; gesichert ist dies allerdings nicht, was nur eines von mehreren Beispielen dafür darstellt, dass der derzeitige Entwurf der Bestimmung äußerst undeutlich formuliert ist.

Unabhängig davon, ob mit der im Entwurf gewählten Formulierung die baubehördliche Bewilligungspflicht gemeint ist oder nicht, sind raumordnungsrechtliche Vorgaben, insbesondere Flächenwidmungspläne, nicht zu den nach § 356b Abs 1 GewOneu mitanzuwendenden bautechnischen Bestimmungen zu zählen. Nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg 15.777/2000) ergibt sich aus der Reduktion auf die Anwendung bautechnischer Bestimmungen, dass die Übereinstimmung eines Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan nicht relevant ist. Allenfalls könnte die Übereinstimmung einer Betriebsanlage mit dem Flächenwidmungsplan dann erforderlich sein, wenn es sich aus einer materiellen naturschutzrechtlichen Genehmigungsbestimmung ergibt. In Summe stellt sich der hier vorgesehene grundsätzliche Ausschluss raumordnungsrechtlicher Bestimmungen jedenfalls als völlig inakzeptabel dar. Verhindert werden könnte dies einerseits dadurch, dass nicht nur die bautechnischen Vorschriften, sondern das landesgesetzlich geregelte Baurecht vollumfänglich zur Anwendung gelangt. Andererseits wäre auch denkbar und letzten Endes wesentlich sinnvoller, dass die Behörde die jeweilige baurechtliche und naturschutzrechtliche Bewilligung als eigene Spruchpunkte im Bescheid erteilen würde (siehe auch § 38 Abs 1 AWG). In diesem Fall würde das Verfahren lediglich organisatorisch bei der Bezirksverwaltungsbehörde zusammengeführt. Es sei im Übrigen daran erinnert, dass das Betriebsanlagenrecht auch dem Schutz der Wohnbevölkerung dient, die Aushebelung des Raumordnungsrechts wäre mit diesem Ziel unvereinbar.

Wenngleich die Idee einer Verfahrenskonzentration bei der Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen grundsätzlich zu befürworten ist, wirft der derzeitige Entwurf des § 356b GewOneu doch einige wesentliche Fragen – insbesondere aus bundesstaatlicher Sicht – auf, die jedenfalls einer weiteren Klärung bedürfen.

Tagung Landesverwaltungsgerichtsbarkeit: Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich



Die vom Institut für Föderalismus mitveranstaltete Tagung fand am 13. Oktober 2016 in der Aula der Universität Innsbruck statt und befasste sich mit der Thematik Landesverwaltungsgerichtsbarkeit aus zwei verschiedenen Blickrichtungen: Verschiedenen Aspekten des österreichischen Modells mit den neuen Landesverwaltungsgerichten wurden Erfahrungen aus deutscher, Schweizer und italienischer Sicht gegenübergestellt. Die einzelnen Beiträge der Referenten werden als Band 123 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus im Frühjahr 2017 erscheinen.

Das Vormittagsprogramm der Tagung war der österreichischen Perspektive und verschiedenen Aspekten rund um die Frage, wie sich die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 bewährt hat, gewidmet. Die Vorträge am Nachmittag boten demgegenüber aus rechtsvergleichender Perspektive Einblicke in die regionalen Verwaltungsgerichte in Deutschland, der Schweiz und Italien.

Das erste Panel des Vormittags stand unter dem Motto „Zuständigkeiten und Rollenverständnis“. Zu Beginn erörterten Wolfgang Steiner und Patrick Segalla die Rolle der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einerseits aus Sicht der Verwaltung sowie andererseits aus Sicht der Verwaltungsgerichte. Ziel der belangten Behörde ist die bestmögliche Verteidigung des angefochtenen Verwaltungsaktes. Gleichzeitig ist sie auch als Partei dazu angehalten, objektiv zu bleiben. Vor dem Hintergrund der jüngst ergangenen EGMR-Entscheidung Karelin (EGMR, 20.09.2016 - 926/08) wurde auch über die Teilnahmepraxis der Behörden diskutiert. Im Anschluss referierte Meinrad Handstanger über die Rolle des VwGH innerhalb der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei ging er auf die Zuständigkeit des VwGH und auf jene der Verwaltungsgerichte sowie die damit verbundene zentrale Frage, welchen Beitrag Letztere zur Erledigung einer Angelegenheit leisten, näher ein. Harald Eberhard erörterte in der Folge die Zuständigkeiten von Bundes- und Landesverwaltungsgerichten und legte insbesondere einzelne Abgrenzungsprobleme, die sich im Rahmen der zentralen Bestimmung des Art 131 B-VG ergeben, näher dar.

Das anschließende Panel zu aktuellen Problemstellungen im neuen Verfahrensrecht wurde von Gerald Baumgartner mit einem Vortrag zur Sachentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte eröffnet. Dabei unterzog er die Bestimmung des § 28 VwGVG einer Analyse und verwies auf die reichhaltige Judikatur des VwGH dazu. Stefan Storr widmete sich dem differenzierten Rechtskraftverständnis im neuen verwaltungsgerichtlichen System und zeigte auf der Basis der gängigen Interpretationsmethoden entsprechende Interpretationsvorschläge auf. Im Anschluss daran bot Nikolaus Brandtner einen Überblick über das VwGVG und stellte einzelnen gelungenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen Reformpotentiale gegenüber.

Rechtsvergleichende Aspekte standen im Zentrum der Vorträge des Nachmittags. Zu Beginn legte Veith Mehde dar, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wie auch andere Zweige der Justiz, in Deutschland grundsätzlich Ländersache ist. Wenn es um die Anwendung von Landesrecht geht, enden die Verfahren idR bereits beim Oberverwaltungsgericht des jeweiligen Landes. Das Bundesverwaltungsgericht wird nur aktiv, wenn ein verfassungs- und damit bundesrechtlicher Aspekt zum Tragen kommt. Im Anschluss ging Daniela Thurnherr auf ausgewählte Aspekte der kantonalen Verwaltungsgerichte in der Schweiz ein. Diese treten als erste gerichtliche Rechtsmittelinstanz im Verwaltungsverfahren auf. Die Kantone verfügen sowohl über die Organisations- als auch über die Verfahrenshoheit, wobei letztere stetig beschränkt wurde. Aldo Travi stellte das System der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Italien dar, das zweistufig ausgestaltet ist. In erster Instanz fungieren die regionalen Verwaltungsgerichte (TAR – Tribunali amministrativi regionali), in zweiter Instanz der Staatsrat (Consiglio di Stato) als Berufungsgericht mit Sitz in Rom.

Abgerundet wurde die Tagung mit einer von Peter Bußjäger moderierten Podiumsdiskussion, in deren Rahmen sowohl Erfahrungen mit den Landesverwaltungsgerichten aus der Praxis geschildert, als auch Rückschlüsse aus rechtsvergleichender Sicht gezogen wurden.

Expertenforum „Neue regionale Ungleichheiten und der Föderalismus in Österreich“



Am 17.11.2016 fand im Linzer Mozarthaus eine von der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWSOÖ) organisierte Enquete zum Thema „Neue regionale Ungleichheiten und der Föderalismus in Österreich“ mit dem Grazer Universitätsprofessor Max Haller und Christoph Schramek vom Institut für Föderalismus statt. Im Zentrum standen dabei die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien und Möglichkeiten zur Stärkung des ländlichen Raumes. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Österreich bereits 830 Gemeinden (40 Prozent) mit einer negativen Bevölkerungsentwicklung gibt und sich dieser Trend permanent fortsetzt, während im Gegenzug der Zuzug in die Bundeshauptstadt Wien ungebrochen ist. Als mögliche Gegenstrategien wurde u.a. der Ausbau von Gemeindekooperationen, aber auch die Dezentralisierung von Bundeseinrichtungen erörtert.

Max Haller widmete sich in seinem Vortrag unter anderem dem Verhältnis von Zentrum und Peripherie. Er hob hervor, dass Peripherien idR eine einfachere Wirtschaftsstruktur kennzeichnet, was auch mit einen Grund für die Abwanderung darstellt. Weitere Gründe bilden die wirtschaftlich-technologische Dynamik sowie der Abbau von Infrastruktur. Als mögliche Lösungsansätze nannte er Gemeindekooperationen sowie die Verlagerung von Institutionen in die Bundesländer, wie beispielsweise die Universität für Bodenkultur, Veterinärmedizin, Zweigstellen großer Museen oder auch die Statistik Austria. Schließlich wäre Derartiges in Zeiten der Digitalisierung problemlos möglich.

Im darauf folgenden Vortrag behandelte Christoph Schramek einzelne Themenfelder, die sich für eine Bearbeitung im Rahmen der im Herbst 2016 ins Leben gerufenen Bund-Länder-Arbeitsgruppe anbieten würden. Als kurz- bzw mittelfristig umsetzbarer Themenkomplex wurde zunächst der Bereich Aufgabenentflechtung und Dezentralisierung genannt, der in vielerlei Hinsicht Potenzial in sich birgt, ua in Bezug auf eine Vereinfachung von Verwaltungsstrukturen bzw Stärkung der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern. Des Weiteren würde sich anbieten, über eine Dezentralisierung der Standorte von Bundesdienststellen zu diskutieren (siehe dazu Bußjäger/Keuschnigg/Radosavljevic, Der Bund und seine Dienststellen [2015]). Längerfristige Themenkomplexe bilden demgegenüber insbesondere eine Reform der legislativen Kompetenzverteilung sowie der Vollziehungszuständigkeiten iS einer Beseitigung der mittelbaren Bundesverwaltung und gleichzeitigen Übertragung der Angelegenheiten in den autonomen Vollzugsbereich der Länder nach dem Modell des Art 11 B-VG.

IWS Geschäftsführer Gottfried Kneifel erinnerte zum Abschluss der Veranstaltung an das Regierungsprogramm zur Stärkung des ländlichen Raumes und hob die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe bei der Landeshauptleutekonferenz im Oktober 2016 als ersten Schritt zur Umsetzung dieser langjährigen IWS-Forderung hervor. Ein Blick nach Bayern und Südtirol zeige, dass diese in puncto Dezentralisierung einen Schritt voraus seien.

Ankündigung Neuerscheinung: „Betteln in Tirol – vom absoluten Verbot bis zum Versuch einer Regulierung“



Das von Johannes Warner verfasste Werk mit dem Titel „Betteln in Tirol“ wird demnächst als Band 12 in der Schriftenreihe Verwaltungsrecht des Instituts erscheinen. Es behandelt ein hochaktuelles Thema, an dem nach wie vor ein ungebrochenes mediales sowie politisches Interesse besteht. Der Autor setzt sich zunächst mit den kompetenzrechtlichen Grundlagen des Bettelns auseinander und beschäftigt sich anschließend umfassend mit der in § 10 Tiroler Landes-Polizeigesetz verankerten Bettelbestimmung. Dabei erfahren insbesondere die einzelnen Tatbestände der Bestimmung eine umfangreiche Analyse und werden auf der Basis der Judikatur des VfGH sowie im Vergleich zu den Bettelbestimmungen anderer Bundesländer kritisch einer Auslegung unterzogen. Abgerundet wird die Arbeit mit Ausführungen zu den grundrechtlichen Aspekten des Bettelns.

Einladung zur Präsentation des Buches „Föderale Kompetenzverteilung in Europa“



Am Donnerstag, den 12. Jänner 2017, findet im Alten Landhaus in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 43, Rokokosaal, die Präsentation des Buches „Föderale Kompetenzverteilung in Europa“ statt. Die Einladung finden Sie in dieser PDF-Datei.



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Der 40. Bericht über den Föderalismus in Österreich im Überblick



Eben erschienen ist der 40. Bericht über den Föderalismus in Österreich. Dieser gibt einen Überblick über die Wahlgänge auf Landes- und Bundesebene, aktuelle Verfassungsdebatten, Entwicklungen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern sowie über wichtige Entscheidungen in einzelnen Bundesländern mit Auswirkungen auf das gesamte Staatsgefüge. Vier Landtagswahlen mit teilweise neuen Koalitionsvarianten, stärkere Reformbereitschaft der Länder (Verwaltungsvereinfachungen, Bürgerbeteiligung), eine neue Aufgaben- und Deregulierungskommission auf Bundesebene sowie eine funktionierende Zusammenarbeit in der Asylfrage sind als wichtigste Stichworte zu nennen.

Die zentralen Ereignisse des Berichtsjahres in Kurzform:

1.    Das Jahr 2015 war für den österreichischen Bundesstaat vor allem in politischer Hinsicht bedeutsam: Es fanden nicht weniger als vier Landtagswahlen, konkret im Burgenland, der Steiermark, Oberösterreich und Wien statt, in deren Folge es auch zu neuen Koalitionsvarianten auf Landesebene kam.

Erfreulich ist für 2015 eine verstärkte Reformbereitschaft der Gebietskörperschaften zu verzeichnen. So haben das Burgenland, Tirol und Vorarlberg Initiativen zur Verwaltungsvereinfachung gestartet, das Land Oberösterreich sammelte wiederum im Rahmen einer sogenannten Deregulierungsinitiative Vorschläge zur Reduktion diverser Normen. Auch auf Ebene des Bundes wurden die Arbeiten in der Aufgaben- und Deregulierungskommission fortgesetzt. Ebenso gab es punktuelle Ansätze von Verwaltungsvereinfachungen und Dezentralisierung von einzelnen Bundesstellen, wie sie im Übrigen auch seitens einiger Landtage des Öfteren gefordert wurden.

Zahlreiche Vorschläge aus Politik und Wissenschaft traten hinzu, diese umfassten etwa die Reform des Bundesrates, die Begrenzung der Amtsdauer von Landeshauptleuten, die Einrichtung eines Budgetdienstes für die Landtage oder Gesetze mit Ablaufdatum.

Weniger erfreulich ist die Beendigung der Enquete-Kommission zur Reform der Demokratie in Österreich, die ihre Arbeit im Berichtsjahr 2015 weitgehend ohne Ergebnis einstellte.

2.    In Fragen der europäischen Integration ist für Österreich vor allem die Einrichtung der EU-Strategie für den Alpenraum zu erwähnen, die im Berichtsjahr 2015 weiterverfolgt wurde und 2016 in die Umsetzungsphase gelangt. Von mehreren Seiten wurde der Wunsch einer stärkeren Einbindung der nationalen Parlamente auf europäischer Ebene artikuliert; von Seiten des österreichischen Bundesrates ergingen 2015 jedoch keine Stellungnahmen in Subsidiaritätsfragen.

3.    Das österreichische Bundesverfassungsrecht wurde im Berichtsjahr 2015 vielfach novelliert: Dabei kann im Besonderen das sogenannte „Durchgriffsrecht“ des Bundes in Fragen der Bereitstellung von Asylquartieren unter Ausschaltung bau- und raumordnungsrechtlicher Bestimmungen aus föderalistischer Sicht durchaus kritisch gesehen werden. Dasselbe gilt für eine neuartige Verpflichtung zur Landesgesetzgebung, wie sie im Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz vorgesehen ist. In der Bundesgesetzgebung kann darüber hinaus nach wie vor die Tendenz beobachtet werden, dass vereinzelt Bundeszuständigkeiten außerhalb der Kompetenzbestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes normiert werden.

4.    Die Länder änderten ihre Verfassungen ebenso in vielfacher Weise: Dabei seien für 2015 vor allem die Erleichterung der Bürgermitwirkung in Oberösterreich sowie die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht in Kärnten hervorgehoben. Der Abbau des Proporzsystems in den Ländern setzte sich ebenfalls 2015 fort, wo es nunmehr auch in Kärnten eine entsprechende Verständigung darauf gibt. Damit verbleiben nur noch Niederösterreich und Oberösterreich mit Proporzregierungen.

Im Rahmen der einfachen Landesgesetzgebung waren verschiedene Umsetzungen europäischer Normen (zB „Public-Sector-Information-Richtlinie“ oder Richtlinie 2013/55/EU zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen) sowie vor allem Änderungen im Bau- und Raumordnungsrecht zwecks Erleichterungen in Zusammenhang mit der Errichtung von Asylquartieren dominierend.

5.    Die Entwicklung im österreichischen Gemeinderecht war im Berichtsjahr vor allem von Bemühungen im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit geprägt. So haben etwa die Bundesländer Salzburg und Oberösterreich erstmals die Möglichkeit Ländergrenzen überschreitender Gemeindeverbände geschaffen, wie sie seit der B-VG-Novelle 2011 verfassungsrechtlich vorgesehen ist. Darüber hinaus gab es Erleichterungen der Gemeindekooperation durch die Verschmelzung von Gemeindeverbänden in Niederösterreich oder die Schaffung von Verwaltungsgemeinschaften in Tirol.

6.    Im finanziellen Föderalismus dominierten 2015 die umstrittenen Haftungsübernahmen des Landes Kärnten und die damit einhergehende Diskussion um ein Insolvenzrecht für Bundesländer. Hinsichtlich einheitlicher Budgetregeln für Bund, Länder und Gemeinden wurde im Herbst 2015 eine neue Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung erlassen. Sie tritt ab 2020, für Gemeinden ab 2021, in Geltung. Gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung der Länder wurden in einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG erlassen.

7.    Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Bund und Ländern kann für 2015 festgestellt werden, dass nach wie vor Vereinbarungen nach Art 15a BVG mit insgesamt sieben neuen Verträgen zwischen Bund und Ländern (bzw den Ländern untereinander) ein praktikables Instrument der Kooperation im Rahmen bestehender Kompetenzen darstellen. Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit ergeben sich jedoch nach wie vor im Begutachtungsverfahren von Bundesgesetzen: Dabei liegt ein vermeidbares Hauptproblem in den oft sehr knapp bemessenen Begutachtungsfristen, was 2015 auch vom Rechnungshof kritisiert wurde. Als verbesserungsbedürftig hat sich die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Asylwesen gezeigt. Betreffend die wechselseitigen Zustimmungsrechte zwischen den Gebietskörperschaften wurden diese – wie auch in den vorangegangen Jahren – im Regelfall erteilt. Es gab 2015 sogar Bemühungen, diese in Einzelfällen überhaupt zu beseitigen. Insgesamt kann für das Jahr 2015 wieder konstatiert werden, dass der österreichische Föderalismus von einem primär kooperativen Vorgehen geprägt ist.

8.    Auch was die grenzüberschreitende Kooperation der österreichischen Länder betrifft, sind diese – neben ihrer Tätigkeit in den zahlreichen Organisationen und Konferenzen auf europäischer Ebene – vor allem mit den Regionen benachbarter Staaten in regem Kontakt. Die Länder verfügen – neben den zahllosen informellen Kontakten – über die Europäischen Verbünde territorialer Zusammenarbeit nunmehr auch über eine europarechtliche Grundlage, die sich bislang bestens bewährt hat.



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Wechsel Institutsassistent



Seit 3. Oktober 2016 ist Dr. Christoph Schramek neuer Institutsassistent. Dr. Schramek war vor seiner Tätigkeit am Institut für Föderalismus Projektmitarbeiter bei Univ.-Prof. Dr. Arno Kahl und Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller sowie anschließend Universitätsassistent im Team von Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper, jeweils am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck. Für seine Dissertation zum Thema "Gerichtsbarkeit und Bundesstaat. Auswirkungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auf die Länder" hat Dr. Schramek im Juni dieses Jahres den Föderalismuspreis der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten erhalten. Dr. Niklas Sonntag wechselt in die Landesverwaltung. Für seine weitere berufliche Laufbahn in der Tiroler Landesverwaltung wünscht das Institut für Föderalismus Dr. Sonntag alles Gute!

Seit 3. Oktober 2016 ist Dr. Christoph Schramek neuer Institutsassistent und folgt damit Dr. Niklas Sonntag nach, der in die Tiroler Landesverwaltung wechselt.

Das Institut für Föderalismus möchte dem scheidenden Institutsassistenten Dr. Niklas Sonntag seinen herzlichen Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit in den vergangenen mehr als vier Jahren zum Ausdruck bringen. Von dieser guten Kooperation zeugen auch zahlreiche Beiträge, die Dr. Sonntag gemeinsam mit Institutsdirektor Peter Bußjäger in den letzten Jahren publiziert hat (Auswahl):

  • Eisenbahnanlagen und Baurechtskompetenzen der Länder, ZfV 2014/5, 641 ff;
  • Zur Bundesverfassungskonformität des Veto-Referendums, in: Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus. Wie kommen wir zu den besten Entscheidungen? (2015), 349 ff;
  • Föderale Schnittstellen im Informationsrecht, in: Glück/Lachmayer/Schefbeck/Schweighofer (Hg), Elektronische Schnittstellen in der Staatsorganisation (2015), 31 ff;
  • Erfahrungen und Praxis der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Tirol, in: Bußjäger/Sonntag (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit: Erfahrungen und Praxisberichte in Tirol (2016), 39 ff.

Höchstrichterbestellung im österreichischen Bundesstaat



Anlässlich des Erkenntnisses zur Bundespräsidentenwahl aus dem Juli 2016 (VfGH 27.7.2016, WI12/2016) gab es in Österreich zahlreiche Diskussionen rund um den VfGH. Unter anderem wurde angeregt, den Bestellungsmodus der Verfassungsrichter dahingehend zu reformieren, dass die Mehrheit der Richter vom Parlament bestellt werden soll. Diese Diskussionen nimmt das Institut für Föderalismus zum Anlass, um die bundesstaatlichen Aspekte der Bestellung der Höchstrichter des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes genauer in Betracht zu nehmen. Vor allem wäre zu klären, wie die verlorengegangene Grundintention der Verfassung, die beiden Gerichtshöfe als gemeinsame Organe von Bund und Ländern einzurichten, im Bestellmodus wieder gestärkt werden könnte.

Beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellen ein gemeinsames Organ von Bund und Ländern dar. Sowohl dem VwGH als auch dem VfGH kommt die Aufgabe zu, als einigende Klammer zwischen Bund und Ländern zu fungieren und somit die bundesstaatliche Ordnung zu sichern. Insofern bestand seit jeher ein legitimes föderalistisches Interesse der Länder, an der Bestellung der Mitglieder der beiden Höchstgerichte in irgendeiner Form mitzuwirken.

Um diesem Anliegen zu entsprechen, wurde in Bezug auf den VwGH im B-VG von 1920 (BGBl 1920/1) einerseits dem Bundesrat ein Zustimmungsrecht bei der Bestellung des Vizepräsidenten sowie der Hälfte der Mitglieder eingeräumt (Art 135 Satz 2 B-VG) und andererseits festgelegt, dass jedem Senat, der über Beschwerden gegen Akte einer Landesbehörde zu entscheiden hatte, ein Richter aus dem Justiz- oder Verwaltungsdienst des jeweiligen Landes angehören sollte (Art 132 B-VG). Für den VfGH konnte der Bundesrat die Hälfte der Mitglieder und Ersatzmitglieder wählen (Art 147 Abs 3 B-VG).

Mit der B-VG Novelle 1929 (BGBl 1929/392) kam es zur Beseitigung des oben genannten Zustimmungsrechts des Bundesrates bei der Bestellung eines Teils der Mitglieder des VwGH. Eine Beteiligung eines föderativen Organs an der Richterbestellung des VwGH wurde seitdem nicht wieder eingeführt. Als (geringen) Ersatz dafür schuf man das sogenannte „Länderviertel“ in Art 134 Abs 3 B-VG (seit der VwG-Novelle 2012 in Art 134 Abs 4 B-VG), demgemäß wenigstens der vierte Teil der Mitglieder des VwGH aus Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder, entnommen werden soll. Die Bestimmung des Art 132 B-VG über die Senatszusammensetzung behielt man in Art 135 Abs 2 B-VG bei, allerdings wurde sie nicht in das Verfassungsrecht der zweiten Republik übernommen und ist damit ersatzlos entfallen. Letzten Endes blieb einzig das „Länderviertel“ übrig.

Das Wahlrecht des Bundesrates („Länder- und Ständerat“) hinsichtlich des VfGH wurde im Zuge der B-VG Novelle 1929 in Art 147 Abs 2 B-VG verschoben und in ein Vorschlagsrecht für drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied umgewandelt. Darüber hinaus wurde ein neues föderalistisches Element ergänzt, indem festgelegt wurde, dass drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder ihren Wohnsitz außerhalb der Bundeshauptstadt Wien haben müssen. Diese Bestimmungen blieben seitdem unverändert.

Im B-VG 1920 wurde auf das Interesse der Länder an der Bestellung der Richter des VfGH und VwGH aus gutem Grund Rücksicht genommen. Allerdings erfuhr die föderale Mitwirkung in beiden Fällen im Laufe der Zeit eine erhebliche Reduzierung. Im Gegensatz zum VwGH verfügen die Länder heute in Bezug auf den VfGH lediglich über ein indirektes Mitwirkungsrecht am Bestellungsvorgang eines Teils der Richter.

Auch das „Länderviertel“ und die Bestimmung in Art 147 Abs 2 B-VG bezüglich des Wohnsitzes der Verfassungsrichter stellen minimale föderalistische Ansätze dar, die für die bundesstaatliche Struktur der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts nur eine geringe praktische Bedeutung erlangt haben. Insbesondere die Umsetzung der Sollvorschrift des „Länderviertels“ im heutigen Art 134 Abs 4 B-VG scheitert an der faktischen Gegebenheit, dass es nicht genug Bewerber aus den Ländern gibt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zwar aus dem B-VG 1920 der Wille erkennbar ist, aus den Gerichtshöfen des Öffentlichen Rechts eine gemeinsame Instanz von Bund und Ländern zu konstruieren. Letztendlich ist dies aber doch nur beim Versuch geblieben. Mit einer stärkeren Einbindung der Länder an der Richterbestellung würde der bundesstaatliche Charakter der beiden Höchstgerichte jedenfalls besser zur Geltung kommen. Insofern könnten die aktuellen Diskussionen rund um den Bestellungsmodus der Verfassungsrichter durchaus zum Anlass genommen werden, föderalistische Erwägungen in dieser Frage miteinzubeziehen (ein dahingehender Reformvorschlag, nämlich die stärkere Einbindung des Bundesrates bei der Bestellung von gemeinsamen Organen der Länder und des Bundes, findet sich in der Erklärung der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten vom 7. Oktober 2013).

Statuskonferenz Föderalismus in Österreich



Im Rahmen der am 29.9.2016 von Foster Europe (www.foster-europe.org) in Kooperation mit dem Institut für Föderalismus abgehaltenen Statuskonferenz wurde von Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft über aktuelle Themen und Entwicklungen rund um den Föderalismus in Österreich und Europa diskutiert. Das IFö bietet hier einen Kurzüberblick über die Referate.

Institutsdirektor Peter Bußjäger leitete die Konferenz mit einem umfassenden Überblick zum derzeitigen Status des Föderalismus in Österreich ein. Dabei wurde aus internationaler Sicht hervorgehoben, dass sich Österreich im Vergleich mit anderen europäischen Staaten hinsichtlich des Dezentralisierungsgrades, zumindest dann, wenn man nicht nur die finanzrechtliche Komponente, sondern auch die staatsrechtliche Verfasstheit betrachtet, im vorderen Drittel befindet. Demgegenüber fällt der nationale staatsrechtliche Befund relativ dürftig aus (Rill, Festschrift Schäffer [2006]: „Alles in allem ist der status quo bundesstaatlicher Mindeststandard.“), wobei sich, nach Meinung von Peter Bußjäger, der österreichische Föderalismus letzte Endes als vitaler erwiesen hat, als es ihm manche um die Jahrtausendwende noch zugetraut hätten. Aktuell wirken auf den österreichischen Bundesstaat sowohl Zentralisierungsdynamiken (zB Europäisierung und Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung) als auch Dezentralisierungsdynamiken (zB Bedeutung der Regionen im Europäischen Mehrebenensystem sowie die wachsende Bedeutung regionaler Infrastrukturen), die sich wohl auch in Zukunft abwechseln werden. Eine besondere Bedeutung werde darüber hinaus weiterhin dem kooperativen Föderalismus zukommen.

Das zweite Panel wurde dem Föderalismus in Europa gewidmet. Zunächst bot Peter Friedrich (Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten, Baden-Württemberg) einen umfassenden und praxisorientierten Einblick in das föderalistische System Deutschlands. Unter anderem ging er auf die Position des Bundesrates als ein Organ, das sich aus den Länderparlamenten zusammensetzt, ein. Anschließend referierte Roland Sturm (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg) zu aktuellen Entwicklungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und hob dabei unter anderem ein Erstarken der Identitätspolitik als Grund für einen „coming-apart-Föderalismus“, der die Nationalstaaten destabilisiere, hervor. Ein „coming-together-Föderalismus“ sei in der EU nicht erkennbar, vielmehr fehle überall Autonomie im Sinne einer „self rule“. Der Einblick in das italienische System von Elisabeth Alber (EURAC Bozen) war der italienischen Verfassungsreform und deren Auswirkungen auf die Regionen gewidmet. Insbesondere würden bei einem positiven Ausgang des Referendums am 4.12.2016 die Kompetenzen des Senates eine erhebliche Reduzierung erfahren. Außerdem käme es zu einer Beseitigung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen (ähnlich der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung in Österreich) zugunsten des Staates.

Das erste Panel des Nachmittags befasste sich mit der Reform der Bund-Länderbeziehungen in Österreich. Christian Keuschnigg (Universität St. Gallen) referierte zunächst zum Fiskalföderalismus in Österreich und setzte sich insbesondere mit Fragen eines möglichen fiskalischen Wettbewerbs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auseinander. Für einen derartigen Fiskalwettbewerb seien bestimmte „Leitplanken“ (einheitliches Binnenmarktprogramm, transparenter Finanzausgleich, Schuldenbremse, mehr direkte Demokratie „von unten“) zu beachten. Gottfried Haber (Donau Universität Krems) widmete sich anschließend verschiedenen Fragen der Länderfinanzen aus ökonomischer Sicht. Unter anderem wurde der Aspekt eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs angesprochen.

Spekulationsgeschäfte und die Insolvenzfähigkeit von Gebietskörperschaften bildeten das Thema des letzten Panels, welches von Ewald Wiederin (Universität Wien) zur Frage der Privatrechtsfähigkeit der Länder (Art 17 B-VG) eingeleitet wurde. Diese sei, im Einklang mit der traditionellen Lehrmeinung, prinzipiell unbeschränkt. Zu beachten sind landesverfassungsrechtliche Spekulationsverbote (Art 37 Abs 6 L-VG Burgenland, Art 10a L-VG Salzburg) sowie diesbezügliche einfachgesetzliche Regelungen (zB: Oö Finanzgebarungs- und Spekulationsverbotsgesetz, LGBl 2014/52). Aus der Praxis des Hypo-Untersuchungsausschusses berichtete sodann Werner Kogler (Stellvertretender Klubobmann, Die Grünen), ehe abschließend Michael Potacs (WU Wien) die Insolvenzfähigkeit von Gebietskörperschaften umfassend erläuterte. Aus der Bundesverfassung ergebe sich, dass die Vorgaben von § 15 EO für Gemeinden für alle Gebietskörperschaften gelten, weshalb das gemäß § 2 Abs 2 IO gesamte der Exekution unterworfene Vermögen jene Teile des Landesvermögens nicht erfasse, die der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Länder dienen.

Abgerundet wurde die Statuskonferenz durch einen Schlussvortrag von Georg Kapsch (Präsident der Industriellenvereinigung), der sich aus Sicht der Wirtschaft zum bundesstaatlichen System Österreichs äußerte und mehr Effizienz einforderte.

 

Die PowerPoint-Folien der einzelnen Vortragenden sind unter folgendem Link abrufbar:

http://www.foster-europe.org/de/event/statuskonferenz-f%C3%B6deralismus-%C3%B6sterreich

Österreich22



Das Projekt "Österreich22" wurde vom gegenwärtigen Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer ins Leben gerufen. Es zielt auf eine Neuorientierung und Neugestaltung Österreichs ab und soll Netzwerk und Lobby für Österreichs Zukunft werden. Am 21./22. Oktober fand in Graz ein Symposium von "Österreich22" statt, an dem auch Institutsdirektor Peter Bußjäger teilgenommen hat. Der deutsche Verfassungsrichter und Buchautor Udo Di Fabio hielt eingangs ein Grundsatzreferat zum Wertefundament Europas und Österreichs. Anschließend wurde in einer breiten Diskussion ein Thesenpapier erarbeitet, auf dessen Basis eine weitere Debatte über die Zukunft der Republik geführt werden soll. Es steht auf der Homepage (www.oesterreich22.at) zum Herunterladen bereit. Das Institut für Föderalismus wird das interessante Projekt weiterverfolgen sowie kommentieren und erachtet die Einbeziehung von Institutsdirektor Peter Bußjäger als Anerkennung.

Di Fabio ging auf die wankende Europäische Union nach und während Finanz-, Wirtschafts- und Flüchtlingskrise ein. Dabei warb Di Fabio für ein stärkeres demokratisches Bewusstsein und mehr Respekt innerhalb Europas: „Jeder Staat in der EU muss zunächst einmal funktionsfähig sein, er muss akzeptiert werden von seinen Bürgerinnen und Bürgern und darf nicht zerrissen werden von populistischen Bewegungen. Wir müssen Rücksicht nehmen auf die demokratischen Primärräume in den Mitgliedsstaaten, sonst kann das große europäische Projekt nicht gelingen“, betonte Di Fabio. Im anderen Fall würde die EU zu einer „byzantinischen Fassade“ werden, wo man sich in Brüssel treffe und Beschlüsse fasse, während „unten in den Mitgliedsstaaten die Bedingungen in eine ganz andere Richtung weisen“, so Di Fabio. „Um Europa wieder zusammenzuhalten, müssen wir uns ein Stück weit ehrlicher machen.“ Auch der „Zusammenhang zwischen Werten, den tragenden Institutionen und dem Alltagsverhalten von Menschen“ müsse deutlicher gemacht werden, erklärte der deutsche Gastredner. Zu den aktuellen gesellschaftlichen Konflikten und Verwerfungen appellierte Di Fabio: „Unsere Gesellschaft muss alles daran setzen, die entstandene Kluft wieder zu schließen. Das wird nicht gelingen, indem man die jeweils andere Seite beleidigt, verunglimpft. Der Wertekonsens unserer Gesellschaft ist in Gefahr geraten. Wir müssen wieder die Grundwerte der westlichen Gesellschaft deutlich machen, aber nicht, indem diejenigen, die die Interpretationsmacht besitzen, den anderen sagen, was sie denken sollen. Sondern indem diejenigen, die die Interpretationsmacht besitzen, sich fragen, was sich denn bei ihrem Weg in die Zukunft als falsch erwiesen hat, wo eine Korrektur notwendig ist“, forderte Di Fabio. Und: „Wir sollten uns auch fragen, wie man denn bestimmtes erklären kann, ohne dem anderen gleich die Intelligenz oder die moralische Integrität abzusprechen.“

Winter School on Federalism and Governance



Die Winter School on Federalism and Governance wird vom Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung der EURAC gemeisam mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie der Fakultät für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Innsbruck seit 2010 jährlich organisiert.

Alle bisherigen Ausgaben der Veranstaltung standen unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs des Europarates. Das zweiwöchige Lehreprojekt vermittelt in einer theoretisch hochwertigen und gleichzeitig praxisnahen Bildungsveranstaltung aktuelle Inhalte und Erkenntnisse zu den Themen Föderalismus, Regionalismus und dem Regieren im Mehrebenensystem aus vergleichender Perspektive der Rechtswissenschaft und Politikwissenschaft. Jede Ausgabe hat ein eigenes Schwerpunktthema, womit die kontinuierliche Aktualität des Projekts garantiert wird.

Die Veranstaltung findet vom 30. Jänner bis 10. Februar 2017 in Innsbruck und Bozen statt. Genauere Infos finden Sie in der pdf-Datei.



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Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016 verliehen



Der von den Präsidentinnen und Präsidenten der österreichischen Landtage und dem Institut für Föderalismus ausgeschriebene Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016 wurde heuer an zwei Forschende aus Österreich bzw Italien verliehen: Christoph Schramek und Alice Valdesalici.

Die Dissertation von Christoph Schramek zum Thema Arbeit „Gerichtsbarkeit im Bundesstaat“ setzt sich mit den Auswirkungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auf die Länder auseinander. Damit erhielten die österreichischen Länder erstmals Anteil an der Gerichtsbarkeit, die bis dahin ausschließlich dem Bund vorbehalten war. Die sehr umfangreiche Literatur zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle behandelt diese Frage allerdings lediglich am Rande. Bemerkenswert ist überdies, dass auch die internationale Föderalismusforschung bislang der Frage, inwiefern eine eigenständige Gerichtsbarkeit der Gliedeinheiten eines Bundesstaats zu dessen essentialia zählen, weder aus rechtsvergleichender noch aus bundesstaatstheoretischer Sicht besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Insofern betritt die Arbeit Neuland, dessen Erschließung ihre besondere Innovativität und Originalität ausmacht.

Der Autor geht dabei nicht nur auf die Frage der Bestellung und demokratischen Legitimation der Richter, sondern auch auf die möglichen Vorteile einer eigenständigen Gerichtsbarkeit der Gliedeinheiten ein. Er unterscheidet nach den verschiedenen Typen von Gerichtsbarkeit und widmet besonders interessante Überlegungen der Fragestellung, wie sich die bundesstaatliche Teilung der Gerichtsbarkeit hinsichtlich Instanzenzügen und Höchstgerichten auswirken kann. Seinem Ergebnis, dass dezentraler Gerichtsbarkeit zwar überwiegend kein so hoher bundesstaatlicher Status beigemessen wird wie etwa einer eigenen dezentralen Gesetzgebungshoheit, ist ebenso beizupflichten wie dem Befund, dass eine gegliederte Gerichtsbarkeit hohe verfassungsstaatliche (nicht nur föderalistische) Vorteile für sich geltend machen kann. Die Dissertation erarbeitet Grundlegendes zum österreichischen Föderalismus und enhält auch neue bundesstaatstheoretische Erkenntnisse. Gleichzeitig verknüpft die Arbeit aber föderalistische Aspekte mit vielen anderen für die österreichische Verfassungsstaatlichkeit, aber auch die Landesverwaltungsgerichte relevanten Fragestellungen – eine Verbindung, die der österreichischen Föderalismusforschung durchaus gut tut.

Die Studie von Alice Valdesalici zum Thema „Financial constitutions and responsibility at the margin: from legal framework to practice“ beschäftigt sich mit einem hochaktuellen und gerade in Österreich immer wieder diskutierten Thema, nämlich der Frage der Verantwortlichkeit der Länder für ihre Ein- und Ausnahmen in rechtsvergleichender Perspektive, konkret untersucht wird dabei Deutschland und Spanien. Die Autorin legt dar, dass finanzielle Autonomie der Glieder ein wesentliches Element der Bundesstaatlichkeit ist. Für die österreichische Diskussion interessant ist die Bedeutung, die die Autorin einer effektiven Ländermitwirkung bei der Festlegung des Finanzausgleiches und der finanziellen Rahmenbedingungen der Länder im konkreten Fall durch den deutschen Bundesrat beimisst. Die immer wieder geforderte Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung setzt demnach auch eine entsprechende Ländermitwirkung voraus.

Diese Voraussetzungen sind in den von der vorliegenden Studie untersuchten Staaten in Deutschland deutlich besser erfüllt als in Spanien. Vielleicht sollte man in Österreich demnach den Blick auch etwas stärker nach Deutschland richten.

Szenarien rund um das EU-Austrittsreferendum im Vereinigten Königreich



Sollte sich die Bevölkerung Großbritanniens in der Volksabstimmung am 23. Juni für einen Austritt ihres Landes aus der EU entscheiden, käme – neben allen politischen Auswirkungen – auch ein komplexes juristisches Verfahren in Gang. Zwar wurde im Vertrag von Lissabon das Austrittsrecht von Mitgliedern der Union festgeschrieben, im konkreten Vollzug würde allerdings Neuland betreten – mit bisher unabsehbaren Folgen.

Bereits im Vorfeld der Parlamentswahlen 2015 hatte der britische Premierminister David Cameron die Abhaltung der lange diskutierten Volksabstimmung über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU angekündigt. Nun steht mit dem 23. Juni 2016 ein Datum für die Abstimmung über den Verbleib in der Europäischen Union fest. „Brexit“, wie der modische Terminus für den möglichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union lautet, wird in der Europäischen Union von vielen als Gefahr für den Zusammenhalt Europas betrachtet. Er ist ein Symbol für eine EU, die sich zunehmend desintegrativen Tendenzen gegenüber sieht und von erodierender Solidarität der Mitglieder untereinander geprägt ist.

Das Austrittsrecht eines Mitgliedstaates aus der EU ist jedenfalls ein seit Lissabon in den Verträgen ausdrücklich verankertes Recht (Art 50 EUV). Nichtsdestoweniger bedarf das Austrittsverfahren eines komplexen Regelungswerkes, für dessen Abschluss grundsätzlich zwei Jahre Zeit zur Verfügung stehen. Ein Mitgliedstaat, der beschließt auszutreten, teilt dem Europäischen Rat seine Absichten mit. In der Folge handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus. Ein Verfahren wofür jedoch maximal zwei Jahre zur Verfügung stehen, da nach Art 50 Abs 3 EUV die Verträge auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder zwei Jahre nach der Mitteilung keine Anwendung mehr finden, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

Abgesehen davon gibt es zahlreiche Rechtsfragen, die sich in der Folge stellen, deren Lösung noch unklar ist, man denke etwa an den Status der Abgeordneten des Europäischen Parlaments oder die britischen Richter im Europäischen Gerichtshof – Fragen, die auch nicht im Austrittsabkommen geregelt werden können, da es sich um Primärrecht der EU handelt. Die organisatorischen Folgen eines Austritts des Vereinigten Königreichs würden somit wohl auch Änderungen der Verträge über die Europäische Union bedingen. Da ein möglicher Austritt des Vereinigten Königreichs dessen gesamtes Staatsgebiet erfasst, erscheint zudem auch ein Verbleib Schottlands in der EU mit gleichzeitiger Sezession kaum möglich.

Mehr dazu von Institutsdirektor Peter Bußjäger finden Sie im Policy Brief der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Dezentralisierung von Bundesstellen: Erster Teilerfolg



Bereits im vergangenen Jahr befasste sich das Institut für Föderalismus mit der Frage der Verteilung der österreichischen Bundesdienststellen im Vergleich mit unseren föderalen Nachbarstaaten. Dabei bestätigt sich – wenig überraschend – das Bild Österreichs als eines hochzentralisierten Bundesstaates. Von den 67 untersuchten Bundesdienststellen befanden sich ganze 65 in Wien. Nun übersiedelt das Bundesamt für Wasserwirtschaft von Wien nach Scharfling am Mondsee.

Neben einigen Initiativen in den Landtagen kann mittlerweile berichtet werden, dass es seitens des Bundes in zumindest einem kleinen Teilbereich nun zu einer Verlagerung gekommen ist. Das Bundesamt für Wasserwirtschaft, eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, übersiedelt von Wien nach Scharfling am Mondsee. Sowohl Bundesminister Andrä Rupprechter als auch der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer betonten im März bei einer Pressekonferenz die damit verbundene Stärkung des ländlichen Raumes. Dabei verwies man auch auf die Erfahrungen in Deutschland und der Schweiz, wo Bundesdienststellen auf zahlreiche Standorte außerhalb der Hauptstädte verteilt sind. Eine bessere Aufteilung bringe eine Aufwertung auch für andere Regionen Österreichs, wobei vor allem die Verlagerung von Dienstleistungseinrichtungen wie Forschungsstellen oder Versuchsanstalten des Bundes hier besonders wichtig sei. Mehr zum Thema finden Sie in der 2015 erschienen Studie des Instituts für Föderalismus unter dem Titel „Der Bund und seine Dienststellen“.

Studie des Instituts zur Gemeindekooperation in Tirol



Wie können sich Gemeinden für kommende Herausforderungen angesichts immer komplexerer Rahmenbedingungen wappnen? Dieser Frage ging eine Studie nach, die das Institut für Föderalismus im Auftrag der Tiroler Landesregierung durchführte. Eines vorweg: eine engere Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg kann manches Problem lösen, Gemeindefusionen sind dagegen kein Allheilmittel.

Wachsende Aufgabenfülle und komplexe Rechtsfragen bei zugleich enger werdenden finanziellen und personellen Ressourcen: Dies sind die schwierigen Rahmenbedingungen, mit denen viele Tiroler Gemeinden heute zurechtkommen müssen. In der Praxis zeigt sich, dass gemeindeübergreifende Zusammenarbeit immer häufiger als Chance ergriffen wird, damit gewünschte Vorhaben und Entwicklungen dennoch finanzierbar und umsetzbar sind.

Um den aktuellen Stand für Tirol zu erheben und Potenziale für die Zukunft aufzuzeigen, wurde das Institut für Föderalismus mit der Erstellung einer Studie beauftragt. Diese wurde Anfang Juni von Landesrat Johannes Tratter gemeinsam mit Institutsdirektor Peter Bußjäger vorgestellt. Die Untersuchung zeigt, dass die 279 Gemeinden Tirols zu einem sehr hohen Grad miteinander vernetzt sind, so gibt es insgesamt 946 Kooperationen, davon 290 Gemeindeverbände und darüber hinaus eine große Zahl informeller Kooperationen. Jede Gemeinde ist dabei durchschnittlich an 27 Kooperationen beteiligt. Quantitativ führend sind der Bildungsbereich mit 217 Schulsprengeln sowie der Sozialbereich mit 162 Einheiten, darunter Sanitätssprengel, Sozial- und Gesundheitssprengel, Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime.

Der Blick auf Lösungsmodelle im deutschsprachigen Raum zeigt, dass überall nach neuen Wegen gesucht wird. „Es gibt aber kein Generalrezept“, erteilt Institutsdirektor Peter Bußjäger dem Wunsch nach einfachen Lösungen eine klare Absage. Die Analyse zeige vor allem, dass Gemeindefusionen – in diesem Zusammenhang häufig gefordert – kein Allheilmittel seien. Es sei sinnvoller, je nach Aufgabengebieten unterschiedliche Ansätze zu verfolgen: „Während zum Beispiel raumbezogene Leistungen durch ein engeres Zusammenrücken besser bewältigt werden können, empfehlen sich für andere Aufgaben überregionale Lösungen, wie sie in Tirol etwa mit den Gesundheits- und Sozialsprengeln umgesetzt wurden.“

Die Arbeit von Peter Bußjäger, Stephanie Baur, Georg Keuschnigg und Niklas Sonntag erscheint unter dem Titel „Interkommunale Zusammenarbeit in Tirol - Strukturen und Potenziale im überregionalen Vergleich“ als Band 38 der Reihe Föderalismusdokumente und ist demnächst am Institut erhältlich sowie über die Homepage abrufbar.

Rechtsvergleichende Tagung zur Landesverwaltungsgerichtsbarkeit am 13. Oktober 2016



Die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit bewirkte in Österreich einen grundlegenden Systemwechsel zu einem justizförmigen Verwaltungsrechtsschutz, wie er in benachbarten Regionen schon seit langem besteht. Ausgehend davon will die Tagung „Landesverwaltungsgerichtsbarkeit: Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich“ am 13. Oktober 2016 an der Universität Innsbruck den Funktionsbedingungen und wesentlichen Grundsatzfragen einer regionalen Verwaltungsgerichtsbarkeit nachgehen.

In drei thematischen Blöcken widmen sich insgesamt zehn Referate den Zuständigkeiten und Rollenverständnis, den aktuellen Problemstellungen im neuen Verfahrensrecht sowie den Funktionsbedingungen regionaler Verwaltungsgerichtsbarkeit in ausgewählten Nachbarstaaten Österreichs. Eine Praxisdiskussion rundet die Veranstaltung ab. Unter den Referenten sind sowohl Wissenschaftler von Universitäten aus Österreich, Deutschland und er Schweiz, als auch Praktiker aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Vollziehung. Näheres zum Programm gibt es auf der Homepage des Instituts für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre.

Neuerscheinung: „Verwaltungsgerichtsbarkeit – Erfahrungen und Praxisberichte in Tirol“



Mit den Erfahrungen aus nunmehr zwei Jahren Praxis der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit in Tirol befasste sich im Jänner 2016 ein gemeinsamer Workshop der Tiroler Landesverwaltung, des Landesverwaltungsgerichts Tirol und des Instituts für Föderalismus. Dabei wurden Erfahrungsberichte sowohl von Seiten der Verwaltung als auch des Bundes- und Landesverwaltungsgerichts sowie der Rechtsanwaltskammer präsentiert, die nun als Band 37 der Reihe Föderalismusdokumente erschienen sind. Die von Peter Bußjäger und Niklas Sonntag herausgegebene Broschüre ist ab sofort am Institut erhältlich sowie über die Homepage abrufbar.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016



Die Präsidentinnen und Präsidenten der österreichischen Landtage und das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016 aus. Der Preis ist mit 4000 Euro dotiert! Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.

Dieser Preis wird für herausragende Diplom- und Masterarbeiten und Dissertationen der letzten beiden Jahre sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus der Forschungs- und Verwaltungspraxis verliehen. Eingereicht werden können dabei Forschungsarbeiten sowie Projekt- und Ideenpapiere zu den Themen Föderalismus, Governance im Mehrebenen-System, Deregulierung, Subsidiarität sowie Regional- und Standortforschung.
Teilnahmeberichtigt sind Personen bis zu einem Alter von 35 Jahren. Die Behandlung österreichischer Themenstellungen ist erwünscht, ein wissenschaftlich fundierter, innovativer Beitrag zu Fragen des Föderalismus und der Dezentralisierung wird erwartet. Der Preis ist mit 4.000 Euro dotiert; das Preisgeld kann an eine(n) oder mehr PreisträgerInnen vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.
Näheres zu den Ausschreibungsbedingungen und das Einreichformular finden Sie unter www.foederalismus.at/foederalismuspreis.

 

Verfassungsautonomie und Mandatsverlust



Künftig soll es bei strafrechtlichen Verurteilungen leichter zu einem Mandatsverlust für Abgeordnete kommen. An sich ein Anliegen, zu dem breiter Konses herrscht. Allerdings sieht ein entsprechender Gesetztesvorschlag, der nun in Begutachtung geht, auch eine Aushöhlung der Verfassungsautonomie der Bundesländer vor, die sehr kritisch zu beurteilen ist.

Nachdem es im vergangenen Jahr einige Diskussionen über die Bestimmungen betreffend den Mandatsverlust von Parlamentsabgeordneten etwa nach strafrechtlichen Verurteilungen gab, liegt nun ein Antrag (1470/A XXV. GP) vor, die einschlägigen Bestimmungen zu verschärfen. So ist etwa vorgesehen, die Wählbarkeit, also das passive Wahlrecht zu beschränken, zudem soll die Antragsbefugnis für ein Verfahren zum Mandatsverlust vor dem Verfassungsgerichtshof auch auf den jeweiligen Parlamentsvorsitzenden ausgedehnt werden. Konkret vorgesehen sind Änderungen in den Voraussetzungen der Wählbarkeit in der Nationalrats-Wahlordnung, demzufolge nunmehr eine Person unter anderem dann nicht mehr wählbar sein soll, wenn diese zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde. Aus föderalistischer Sicht zu bemerken sind die geplanten Novellierungen der Art 95 und 141 B-VG: So soll das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip, demzufolge die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des Wahlrechts und der Wählbarkeit nicht enger ziehen dürfen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat nun auf „bundesgesetzliche“ Bestimmungen erweitert werden. Damit unterliegt die Gestaltungsfreiheit der Länder de facto der einfachgesetzlichen Ausgestaltung durch den Bund und nicht mehr der Bundesverfassung, was eine Beschränkung der Verfassungsautonomie der Länder – seinerseits immerhin Wesenselement des Bundestaates – bedeutet. Dasselbe gilt für die Erweiterung der Antragsbefugnis für Verfahren über Mandatsverlust vor dem VfGH – der geplante neue Art 141 Abs 1 lit c sieht diesbezüglich einen Verweis auf die jeweilige Geschäftsordnung vor, was den Ländern wiederum die Möglichkeit nimmt, dies zB landesverfassungsrechtlich abzusichern.

Das Ziel des Antrages, die Regeln des Amtsverlustes von Politikern zu verschärfen und jenen für Bundes-, Landes- und Gemeindebedienstete anzugleichen, ist zweifellos sinnvoll, allerdings wäre jedenfalls überlegenswert, jene Bestimmungen, die auch bislang bundesverfassungsrechtlich normiert waren, in der entsprechenden Rechtsform zu belassen und nicht systemwidriger Weiser die Verfassungsautonomie der Länder an einfachgesetzliche Ausgestaltungen des Bundes zu binden.

Mindestsicherung und Ausbildungspflicht: neue Bundeszuständigkeiten



In den vergangenen Wochen wurde intensiv über Änderungen bei der Mindestsicherung sowie über die Einführung einer neuen Ausbildungspflicht für Jugendliche diskutiert. Obwohl Homogenisierungen bereits im bestehenden rechtlichen Rahmen möglich wären, läuft die Diskussion wieder einmal in Richtung Zentralisierung und Bürokratisierung auf Bundesebene.

Zwischenzeitlich liegen teilweise entsprechende Gesetzentwürfe des Bundes vor, die aus föderalistischer Sicht insoweit kritisch zu sehen sind, als sie lediglich neue Bundeskompetenzen und darüber hinaus auch neue Zuständigkeiten für Bundesbehörden vorsehen. Grundsätzlich sei angemerkt, dass eine weitere Homogenisierung der Mindestsicherung über eine Anpassung der entsprechenden Vereinbarung nach Art 15a B-VG jederzeit möglich wäre und eine solche im Übrigen ohnehin bereits in Verhandlung ist. Nicht nachvollziehbar ist auch der Plan, die Agenden in unmittelbarer Bundesvollziehung, also durch eigene Bundesbehörden (konkret das Sozialministeriumservice) vollziehen zu lassen, anstatt dazu die bereits existenten Verwaltungsstrukturen der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern zu nutzen, die die Angelegenheiten problemlos miterledigen könnten (siehe dazu Föderalismus-Info 1/2016). Der sukzessive Aufbau derartiger Parallelstrukturen erscheint nicht sinnvoll und wurde nicht zuletzt von der Aufgaben- und Deregulierungskommisson der Bundesregierung in ihrem Abschlussbericht kritisiert.

Abgesehen davon tragen die beiden Vorhaben des Bundes zu einer weiteren Zersplitterung des Bundesverfassungsrechts bei. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auf einen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz aus 1996 (nachzulesen im 21. Bericht über die Lage des Föderalismus in Österreich [1997] 176 f), wonach Kompetenzverschiebungen zu Gunsten des Bundes tunlichst im Abtausch mit anderen Zuständigkeiten erfolgten solle.

Neues zum Informationsfreiheitsgesetz



Im Zuge des neuen Informationsfreiheitsgesetzes soll es auch zur Entflechtung von gegenseitigen Zustimmungsrechten zwischen Bund und Ländern kommen.

In Zusammenhang mit den Arbeiten am „Informationsfreiheitsgesetz“ wird über eine Klärung der Frage diskutiert, wie das bundeseinheitliche Ausführungsgesetz zu den geplanten verfassungsrechtlichen Bestimmungen zustande kommen könnte: Die Länder sollten nun nach Vorbild des Vergaberechts (Art 14b B-VG) ein Vetorecht gegen jede weitere Änderung erhalten. Nach diesem Modell kann der Bund das Gesetz im Alleingang beschließen, jedoch tritt es nur nach Zustimmung aller Länder in Kraft. Gemäß Art. 42a B-VG müssen die Länder ihr allfälliges Veto innerhalb von acht Wochen zu erheben. Dies würde im Wesentlichen den Forderungen der Landeshauptleutekonferenz vom November des Vorjahres folgen.

Im Zuge der Reform vorgeschlagen ist außerdem ein weiterer Abtausch von gegenseitigen Zustimmungsrechten. Im Besonderen sei auf die Initiative des Bundesrates vom Oktober 2015 verwiesen, in der die Entflechtung wechselseitiger Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern beantragt wurde. Wesentliches Anliegen der Initiative, die unter anderem Vorschlägen der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission folgt, ist es, vor allem die Zustimmungsrechte der Bundesregierung zu Landesgesetzen, die die Organisation von Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung regeln, zu streichen. Hinzu kommt der Entfall des Zustimmungsrechtes der Bundesregierung hinsichtlich der Organisation des Amtes der Landesregierung und der Bestellung des Landesamtsdirektors. Außerdem ist der Entfall der gegenseitigen Zustimmungsrechte in Bezug auf eine Änderung in den Sprengeln der politischen Bezirke bzw der Bezirksgerichte vorgesehen (vgl dazu auch Föderalismus-Info 6/2015).

Das Amt des Bundespräsidenten aus föderalistischer Sicht



Die Wahl zum Bundespräsidenten am 24. April 2016 ist Anlass, das Amt unter föderalistischen Aspekten zu betrachten. Die gegenwärtige Ausgestaltung geht zurück auf das Jahr 1929. Nach den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen ist der Bundespräsident ein – unmittelbar demokratisch legitimiertes – oberstes Organ der Vollziehung mit weitreichenen, auch die Länder betreffenden Befugnissen, von denen aber machne nur theoretischer Natur sind.

Nicht zuletzt auf Grund seiner repräsentativen Zuständigkeiten und Befugnisse im Notstandfall kann man das Amt des Bundespräsidenten auch als eines des „Gesamtstaats“ im Sinne der Kelsen‘schen „Drei-Kreise-Theorie“, also über Bund und Ländern stehend (wie etwa auch der Verfassungsgerichtshof oder Rechnungshof) verstehen. Dies wird auch in seiner Verantwortlichkeit gegenüber der Bundesversammlung unterstrichen – jenem parlamentarischen Organ, das sich aus National- und Bundesrat, also beiden Kammern des Parlaments, zusammensetzt. Vor der Bundesversammlung wird der Bundespräsident angelobt, sie entscheidet aber auch über eine Absetzung oder Anklage des Staatsoberhaupts. Die wichtigsten Kompetenzen sind jedoch im Wesentlichen bundesbezogen, so etwa die Ernennung von Bundebeamten oder die Mitwirkung im Rahmen der Bundesgesetzgebung. Auch ist der Bundespräsident im Regelfall an Vorschlag und Gegenzeichnung durch die Bundesregierung gebunden.

Betrachtet man die Zuständigkeiten des Staatsoberhaupts speziell aus föderalistischer Sicht, so umfasst dies etwa die Angelobung der Landeshauptleute nach Art 101 Abs 4 B-VG oder die Ermächtigung einer Landesregierung zum Abschluss eines Staatsvertrages nach Art 16 B-VG, sofern dieser weder gesetzesändernd noch gesetzesergänzend ist (Art 66 Abs 3 B-VG). Letzteres spielte in der Praxis seit Einführung der Staatsvertragskompetenz der Länder 1989 bislang jedoch nie eine Rolle. Aus bundesstaatlicher Sicht besonders interessant ist die Kompetenz des Staatsoberhauptes zur Auflösung eines Landtags nach Art 100 B-VG: dies geschieht durch den Bundespräsidenten auf Antrag der Bundesregierung und mit qualifizierter Zustimmung des Bundesrates; eine solche Auflösung darf nur einmal aus dem gleichen Anlass verfügt werden. Aus föderalistischer Sicht handelt es sich dabei um eine Form der Bundesaufsicht, die als Eingriff von Bundesorganen in die Autonomie der Landesverfassung etwas systemwidrig erscheint. Eine im Zuge der Politischen Vereinbarung über die Neuordnung des Bundesstaates 1993 angestrebte Beseitigung des Auflösungsrechts in seiner gegenwärtigen Form scheiterte bislang.

Als „Hüter der Verfassung“ wird der Bundespräsident nicht selten in Zusammenhang mit der Beurkundung von Bundesgesetzen bezeichnet. Insoweit er in dem Verfahren das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes überprüft, umfasst dies auch die Wahrung etwa des Zustimmungsrechts des Bundesrates bei Kompetenzverschiebungen zu Lasten der Länder nach Art 44 Abs 2 B-VG.

Darüber hinaus erwähnenswert ist die Zuständigkeit des Bundespräsidenten zur Festsetzung der Zahl der Mitglieder des Bundesrates basierend auf dem Ergebnis der Volkszählung – zuletzt geschehen mit Entschließung BGBl II Nr 237/2013, womit 61 statt 62 Mitglieder festgesetzt wurden und Oberösterreich eines seiner damals elf Mandate verlor. Weniger bekannt sind die Befugnisse im Notstandsfall, die in einem Fall sogar dezidiert föderalistischer Art sind, als etwa der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung den Sitz oberster Organe an einen Ort außerhalb Wiens verlegen könnte – jedoch nur „für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse“ (Art 5 Abs 2 B-VG). Das Notverordnungsrecht des Staatsoberhauptes umfasst lediglich den Bund, für die Länder gelten hier die Bestimmungen in Art 97 Abs 3 und 4 B-VG, wonach die Landesregierung im Notfall im Einvernehmen mit einem Landtagsausschuss entsprechendes Recht erlassen kann. Diese Regelung wurde 1984 eingeführt und ist im Wesentlichen der Kompetenz des Bundespräsidenten auf Bundesebene nachgebildet. 

Studie: Regionale Kompetenzverteilung und wirtschaftlicher Erfolg



Regionen stehen sowohl national wie auch international im Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen und Personen. Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, müssen diese deshalb auch entsprechend attraktive Rahmenbedingungen und Leistungen für Unternehmen und Privatpersonen bieten. Wie eine Studie des BAK Basel Economics AG im Auftrag des IFÖ nun ergeben hat, sind Regionen dann besonders wettbewerbsfähig, wenn sie in folgenen vier Politikfeldern sehr eigentsändig agieren können: Steuern und Finanzen, Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Lebensqualität.

Regionen stehen sowohl national wie auch international um die Ansiedlung von Unternehmen und Personen im Wettbewerb. Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, müssen diese deshalb auch entsprechend attraktive Rahmenbedingungen und Leistungen für Unternehmen und Privatpersonen bieten. Weil Regionen aber im Normalfall einem Nationalstaat untergeordnet sind, verfügen sie nicht über alle dafür notwendigen Kompetenzen.

Im Auftrag des Instituts für Föderalismus hat das Forschungsinstitut BAK Basel Economics AG basierend auf Vorarbeiten nun eine Studie erstellt, in der vor allem der Frage nachgegangen wird, über welche Kompetenzen eine Region verfügen sollte, um eine erfolgreiche Standortpolitik verfolgen zu können. Dazu wurden vier Politikfelder identifiziert, für die eine solche Analyse besonders relevant ist, konkret Steuern und Finanzen, Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Lebensqualität. Zur Illustration wurden dazu sechs europäische Regionen in fünf Staaten ausgewählt, die allesamt über ein überdurchschnittlich hohes Maß an Dezentralisierung verfügen, sich aber in der Ausgestaltung der Dezentralisierung teilweise deutlich unterscheiden. Die Regionen Aargau (Schweiz), Baden-Württemberg (Deutschland), Katalonien (Spanien), Friaul-Julisch Venetien (Italien) sowie Tirol und Salzburg (Österreich) werden dazu verglichen. Ergänzt werden diese Beobachtungen mit empirisch fundierten Resultaten sowie konkreten Beispielen.

Das Ergebnis ist eine Reihe von Thesen bezüglich der Wirkung von Dezentralisierung auf die Standortpolitik von Regionen, die ihrerseits als Grundlage für die weitere wissenschaftliche und politische Diskussion dienen sollen. Die Studie ist als Band 36 der Reihe Föderalismusdokumente erschienen und ab sofort über das Institut erhältlich sowie über die Homepage abrufbar.

Hinweis: Neuauflage des Kommentars zur Tiroler Gemeindeordnung



Das Institut möchte noch auf folgende gemeinderechtliche Publikation hinweisen: Der 2004 erschienene Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung wurde vom Tiroler Gemeindeverband mit Unterstützung des Instituts für Föderalismus neu aufgelegt und befindet sich nunmehr wieder auf aktuellem Stand. Die von Gerhard Brandmayr, Günther Zangerl, Peter Stockhauser und Niklas Sonntag besorgte Neuauflage ist ab sofort ausschließlich über den Tiroler Gemeindeverband zu beziehen.

Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016



Die Präsidentinnen und Präsidenten der österreichischen Landtage und das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016 aus. Der Preis ist mit 4000 Euro dotiert! Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.

Dieser Preis wird für herausragende Diplom- und Masterarbeiten und Dissertationen der letzten beiden Jahre sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus der Forschungs- und Verwaltungspraxis verliehen. Eingereicht werden können dabei Forschungsarbeiten sowie Projekt- und Ideenpapiere zu den Themen Föderalismus, Governance im Mehrebenen-System, Deregulierung, Subsidiarität sowie Regional- und Standortforschung.

Teilnahmeberichtigt sind Personen bis zu einem Alter von 35 Jahren. Die Behandlung österreichischer Themenstellungen ist erwünscht, ein wissenschaftlich fundierter, innovativer Beitrag zu Fragen des Föderalismus und der Dezentralisierung wird erwartet. Der Preis ist mit 4.000 Euro dotiert; das Preisgeld kann an eine(n) oder mehr PreisträgerInnen vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.

Näheres zu den Ausschreibungsbedingungen und das Einreichformular finden Sie unter www.foederalismus.at/foederalismuspreis.

Mögliche Konsequenzen der Flüchtlingskrise für den kooperativen Föderalismus



Die Grundversorgungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern sieht im Wesentlichen vor, dass Länder für die Quartiersuche und Versorgung von Flüchtlingen zuständig sind, der Bund dafür, dass die Einreisebestimmungen (Dublin-Verfahren) eingehalten und die Verfahren rasch abgewickelt werden. Da sich derzeit beide sehr schwer tun, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, entsteht – analog zu Deutschland – nun auch bei uns eine Debatte, ob es eine neue Vereinbarung braucht und ob diese auch Auswirkungen auf den Finanzausgleich haben muss.

Die gegenwärtige Debatte zwischen einzelnen Ländern und dem Bund in Deutschland über die Verpflichtungen des Bundes resultierend aus der „Bundestreue“ könnte auch für Österreich Relevanz haben. Hintergrund ist die Überforderung der für die Quartierssuche und Versorgung zuständigen Länder durch die aus ihrer Sicht vernachlässigte Vollziehung der Einreisebestimmungen wie auch des sogenannten Dublin-Verfahrens. Für Österreich sieht die Grundversorgungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind, im Rahmen der bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzbereiche vor. Diese soll bundesweit einheitlich sein, partnerschaftlich durchgeführt werden, eine regionale Überbelastung vermeiden und Rechtssicherheit für die betroffenen Fremden schaffen.

Auch wenn die sich aus Art 10 Abs 1 Z 3 B-VG ergebenden Aufgaben des Bundes in der Grenzsicherung und Einreisekontrolle nicht in der Vereinbarung verankert sind, setzt die partnerschaftliche Durchführung voraus, dass keine der Vertragsparteien durch ihr Verhalten die Interessen der anderen unterläuft. Insofern ist der am 20. Jänner 2016 vereinbarte Kompromiss begrüßenswert. Würden durch Unterlassen einer wirksamen Kontrolle der Einreise oder einer Abwicklung ordnungsgemäßer Verfahren, insbesondere auch der Anwendung des Dublin-Systems, die Zahlen der Schutzsuchenden die Kapazitäten der Vertragspartner übersteigen,  verstieße dies gegen den Geist der Vereinbarung und widerspräche dem bundesstaatlichen Berücksichtigungsprinzip. Zur Feststellung derartiger Fälle gibt es ein besonderes verfassungsgerichtliches Verfahren nach Art 138a B-VG, aus dem dann etwaige Konsequenzen zu ziehen wären.

Abgesehen davon wären Auswirkungen auf den laufenden Finanzausgleich zwischen dem Bund und den Ländern nicht auszuschließen: Nach der Rechtsprechung des VfGH ist ein Finanzausgleichsgesetz anzupassen, wenn sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse so wesentlich geändert haben dass die ursprüngliche Verteilung nicht mehr sachgerecht ist. Nun ist die Asylkrise sowohl für den Bund als auch für die Länder momentan mit erheblichen zusätzlichen finanziellen Belastungen verbunden, was die Frage aufwirft, inwiefern das geltende Finanzausgleichsgesetz noch konform ist – freilich abhängig davon, welche Ebene konkret letztlich die finanziellen Mehrbelastungen zu tragen hat und welche diese Mehrbelastungen auf Grund von Untätigkeit zu verantworten hätte.

Sozialministeriumsservice: Plädoyer für den Abbau von Parallelverwaltungen



Das österreichische Mischsystem von Zentralismus und Föderalismus führt unter verwaltungsreformatorischen Gesichtspunkten immer wieder zu Problemen. Einsparungen und Synergien würden sich gegenwärtig am raschesten wohl mit der Beseitigung von Parallelverwaltungen erzielen lassen. Ein Paradebeispiel dafür ist das Sozialministeriumsservice, mit dem der Bund neben den Sozialabteilungen der Länder gerade aktuell wieder zusätzliche Verwaltungsstrukturen aufbaut, anstatt diese zu bereinigen.

„Was etwa beim Sozialministeriumsservice passiert, ist das Gegenteil von dem, was beispielsweise in Deutschland zum Erfolg führt; dort bedient sich der Bund der Behörden der Länder und betreibt selbst praktisch keine eigenen Verwaltungen“, so Institutsdirektor Peter Bußjäger. Eindrucksvolles Beispiel ist etwa die Abwicklung der Behindertenparkkarten, die seit Jänner 2014 dem Sozialministeriumsservice obliegt: Bis dahin ist dies von den Bezirkshauptmannschaften – mit entsprechender örtlicher Nähe zu den Betroffenen – erledigt worden. Auch die Pflegekarenz erledigt seit 2014 das Sozialministeriumsservice, wo es für die Verwaltung dieser Agenda hohe Synergien in den vorhandenen Sozialabteilungen der Länder gäbe, was im Übrigen auch für die Abwicklung der 24-Stunden-Pflege als Unterstützung für pflegende Angehörige gilt, zumal die Finanzierung zu etwa 40% von den Länder 40% getragen wird.

Auch Aufgaben, die auf den ersten Blick in den Bereich des AMS fielen, wie etwa die Durchführung von Jugendcoachings (berufliche integrationsmaßnahmen für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche) oder AusbildungsFit-Maßnahmen (neue Produktionsschulen) für Jugendliche werden seit 1. Jänner 2013 durch das Sozialministeriumsservice flächendeckend in Österreich durchgeführt. Hier wird offenbar erfolgreich daran gearbeitet, Parallelstrukturen innerhalb des Bundes und zu den Ländern zu errichten und ungeachtet aller Bemühungen um Verwaltungsreformen die Bundesverwaltung in den Ländern auszuweiten. Damit jedoch ein föderales System seine volle Kraft entfalten kann, braucht es Reformen und hier wäre die Beseitigung der Parallelverwaltungen in Bund und Ländern jedenfalls ein erster Schritt. 

Neuerscheinung: „Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion“



Der neue Band unserer Schriftenreihe mit dem Titel „Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion“, herausgegeben von Peter Bußjäger und Anna Gamper vereinigt die Beiträge der gleichnamigen Tagung in Bozen vom Juni 2015. Das Buch beleuchtet die geltende Rechtslage und behandelt die Schaffung von Grundlagen aufeinander abgestimmter Instrumente der direkten Demokratie in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Das Buch ist als Band 121 der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.

Hinweis: Neue Schriftenreihe der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens



Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) in Belgien gibt seit kurzem eine Schriftenreihe heraus. Diese liefert fachübergreifend politik-, rechts-, verwaltungs- und gesellschaftswissenschaftliche Beiträge zur kleingliedstaatlichen Situation der DG. Im Zentrum stehen dabei vor allem die Themenbereiche Autonomiestatut, Föderalismus, grenzüberschreitende Kooperationen, Parlamentarismus und Regierungssystem, politische Repräsentation, Demokratieforschung und Demokratieformen. Die Schriftenreihe möchte sowohl den wissenschaftlichen Diskurs als auch die politische und rechtliche Praxis dokumentieren sowie zur politischen Diskussion und Reflexion anregen. Beiträge, die sich aus den genannten fachlichen Perspektiven mit Fragen und Aspekten rund um die DG auseinandersetzen, sind willkommen. Nähere Informationen dazu unter www.pdg.be.


2015


Initiative des Bundesrates zur Entflechtung der Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern



Auf Initiative des Bundesrates soll es künftig zu einer deutlichen Entflechtung gegenseitiger Zustimmungsrechte kommen. Dies ist aus föderalistischer Sicht ein begrüßenswerter Fortschritt, weil Verantwortlichkeiten deutlicher werden und wechselseitige Blockademöglichkeiten wegfallen. Zudem waren diese Zustimmungsrechte im internationalen Vergleich ein großer Anachronismus.

Im Oktober 2015 wurde vom Bundesrat ein Gesetzesantrag zur Entflechtung wechselseitiger Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern beschlossen (869 BlgNR XXV. GP) und an den Nationalrat weitergeleitet. Darin vorgesehen sind Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 und des Bundesverfassungsgesetzes betreffend die Grundsätze über die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien. Wesentliches Anliegen der Initiative, die der Umsetzung des Regierungsprogramms sowie Vorschlägen der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission dient, ist es, die Zustimmungsrechte der Bundesregierung zu Landesgesetzen, die die Organisation von Behörden regeln, zu streichen. Hinzu kommt der Entfall des Zustimmungsrechtes der Bundesregierung hinsichtlich der Organisation des Amtes der Landesregierung und der Bestellung des Landesamtsdirektors, einschließlich der Abschaffung des  Beamtenvorbehaltes, der Entfall der gegenseitigen Zustimmungsrechte in Bezug auf eine Änderung in den Sprengeln der politischen Bezirke bzw. der Bezirksgerichte sowie die Vereinheitlichung des Verfahrens zur Erteilung einer Zustimmung der Bundesregierung zu einem Gesetzesbeschluss eines Landtages.

Aus föderalistischer Sicht ist die Initiative in zweierlei Hinsicht begrüßenswert – zum einen wäre damit eine sinnvolle Entflechtung wechselseitiger Einflussnahmen verbunden, die auch im internationalen Vergleich in dieser Intensität nicht üblich sind, zum anderen erfreulich ist auch das Tätigwerden des Bundesrates als Initiator. Gesetzesanträge der zweiten Kammer in Österreich sind relativ selten anzutreffen, neben zwei Initiativen im Jahr 2015 (neben der vorliegenden betraf dies eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016), datieren die letzten aus 2011 und 2010 (BVG zur Stärkung der Rechte der Gemeinden und Lissabon-Begleitnovelle). In den vergangenen zehn Jahren gab es seitens des Bundesrates insgesamt elf Gesetzesinitiativen.

Die Ergebnisse der Bildungsreform aus föderalistischer Sicht – neue hybride Behörden?



Sind die neuen Bildungsdirektionen, die in der Bildungsreformdebatte eine so große Rolle gespielt haben, eine gute Lösung? Das wird sich zwar erst in der konkreten legistischen Ausgestaltung zeigen. Grundsätzlich handelt es sich aber um eine vernünftige Lösung, die auf funktionierenden Strukturen aufbaut und vor allem eine weitere Zentralisierung des ohnehin sehr zentralistischen österreichischen Bildungssystems verhindert. Erfreulich war auch, dass es dem Föderalismus-Institut gelungen ist, an einer Versachlichung der Debatte mitzuwirken und Fantasiezahlen einiger Bildungszentralisten als Unsinn zu entlarven.

Mitte November wurden von der Bundesregierung die Eckpunkte der Bildungsreform präsentiert. Vorgesehen sind unter anderem eine Neuregelung der Schulautonomie, die Einrichtung von Modellregionen für Gesamtschulen sowie ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr. In der vor allem zwischen Bund und Ländern diskutierten Frage der Schulverwaltung hat man sich nun auf die Einrichtung von neun Bildungsdirektionen geeinigt, die sämtliche Befugnisse ausüben, die derzeit der Landesschulrat bzw die Schulabteilungen der Länder wahrnehmen. Diese neuen gemeinsamen Behörden von Bund und Ländern sollen in Zukunft Bundes- und Landeslehrer an einer Stelle verwalten, an der Spitze steht ein Bildungsdirektor, der auf Vorschlag des Landeshauptmannes vom zuständigen Bundesminister auf fünf Jahre ernannt wird. Dieser übt die Dienst- und Fachaufsicht aller Bediensteten der Bildungsdirektion aus. Die innere Organisation der Bildungsdirektion wird mittels Bundesgesetz unter Mitwirkung der Länder geregelt. Die Abrechnung der Lehrergehälter erfolgt über das Bundesrechenzentrum, im Übrigen soll die Vollziehung der Bundes- und Landesagenden strikt getrennt erfolgen.

Durch eine effiziente Medienarbeit konnte das Institut für Föderalismus zu einer realistischen Beurteilung der Kostensituation beitragen. Von verschiedener Seite war eine Verteuerung des Systems um bis zu 470 Mio Euro in den Raum gestellt worden. Bei Gesamtkosten der Bildungsverwaltung in Bund und Ländern von rund 120 Mio Euro entbehren solche Aussagen jeder Grundlage und waren nur dazu gedacht, die öffentliche Meinung zugunsten einer zentralistischen Lösung zu beeinflussen.

Mit der vorliegenden Lösung konnte man aus verwaltungsreformatorischer Sicht immerhin die bestehenden Bildungsstrukturen in den Ländern als Ausgangspunkt der Schulverwaltung sinnvoller Weise heranziehen und so zumindest ansatzweise Synergien lukrieren. Wie die konkrete Ausgestaltung der Bildungsdirektionen als gemeinsame Bund-Länder-Behörden erfolgt und ob diese überhaupt die Chance für eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat und Bundesrat haben, ist noch offen. Wirkliche Bund-Länder-Behörden als gemeinsame, „hybride“ Behörden sieht die Bundesverfassung bisher nicht vor. Auf die legistische Phantasie der Gesetzesredaktoren sind wir jetzt schon gespannt.

Der 39. Bericht über den Föderalismus in Österreich im Überblick



Eben erschienen ist der 39. Bericht über den Föderalismus in Österreich. Dieser gibt einen Überblick über die Wahlgänge auf Landes- und Bundesebene, aktuelle Verfassungsdebatten, Entwicklungen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern sowie über wichtige Entscheidungen in einzelnen Bundesländern mit Auswirkungen auf das gesamte Staatsgefüge.

Die zentralen Ereignisse des Berichtsjahres in Kurzform:

1. Wichtige politische Ereignisse waren aus föderalistischer Sicht 2014 die Wahlen zum Vorarlberger Landtag und zum Europäischen Parlament sowie die Tätigkeit der neuen Landesverwaltungsgerichte. Durch die Etablierung einer Gerichtsbarkeit auf Stufe der Länder war es möglich, zahlreiche Sonderbehörden – sowohl des Bundes wie auch der Länder – aufzulassen und damit nachhaltig den Verwaltungsrechtsschutz in Österreich zu reformieren. Auch wird die bisherige Praxis der neuen Gerichte durchaus positiv bewertet.

Betreffend die Verfassungs- und Verwaltungsreform gab es im Berichtsjahr 2014 einige Initiativen, so die von der Bundesregierung eingesetzte Aufgabenreform- und Deregulierungskommission unter der Leitung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, die bis Jänner 2015 ihre Berichte vorgelegt hat. Neben punktuellen, durchaus begrüßenswerten Vorschlägen werden jedoch tiefgreifende Reformen der Verwaltungsstrukturen nach wie vor nicht angedacht. Erwähnenswert ist ferner die Fortsetzung der 2013 begonnen Reformbemühungen um eine Stärkung der direkten Demokratie, wofür im Dezember 2014 eine Enquete-Kommission im Parlament eingerichtet wurde.

2. Die Bundesverfassung wurde im Berichtsjahr 2014 erneut vielfach novelliert, unter anderem erfolgte auch eine Reform der Untersuchungsausschüsse des Nationalrates, als diese künftig ein Recht der parlamentarischen Minderheit sind. In der Bundesgesetzgebung kann nach wie vor die Tendenz beobachtet werden, dass vereinzelt Bundeszuständigkeiten außerhalb der Kompetenzbestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes normiert werden, so 2014 etwa beim Energieeffizienzpaket des Bundes.

3. Die 2014 erfolgten Änderungen in den österreichischen Landesverfassungen betrafen hauptsächlich laufende Reformvorhaben, die teilweise bereits im Jahr 2013 begonnen wurden. Dabei können die Länder auf einige erfolgreich umgesetzte Projekte blicken, so etwa die weitere Umstellung der Kundmachung der Landesgesetzblätter in elektronischer Form, die Abschaffung des Proporzsystems, sowie die Ausweitung der Gebarungskontrolle von Landesrechnungshöfen auf Gemeinden unter 10.000 Einwohnern. Hinzu kommen Änderungen im Wahlrecht, die Stärkung direkt-demokratischer Elemente sowie die Verankerung von Staatszielbestimmungen. Abgeschlossen wurde ferner die bereits im Jahre 2013 begonnene Umsetzung des Spekulationsverbots in den Ländern.

Bund und Länder gleichermaßen betreffend war die Umsetzung des Schulbehörden-Verwaltungsreformgesetzes 2013. Die auf das Jahr 1962 zurückgehende Behördenstruktur, gegliedert in eine Bezirksebene (Bezirksschulräte), eine Landesebene (Landesschulräte) und eine Bundesebene (zuständiger Bundesminister) wurde mit August 2014 auf zwei Ebenen reduziert und die Bezirksschulräte aufgelöst. In den Ländern wurden dementsprechend Anpassungen in den einschlägigen organisations- und dienstrechtlichen Vorschriften notwendig.

4. Die Gemeindeebene war im Jahr 2014 vor allem mit Gemeindefusionen und der Einführung der Landesverwaltungsgerichte beschäftigt, wobei Tirol als einziges Bundesland den gemeindeinternen Instanzenzug abgeschafft hat und bisher auf gute Erfahrungen verweisen kann. Im Zuge der Gemeindestrukturreform in der Steiermark wurde mit 1. Jänner 2015 unter dem Schlagwort „Stärkere Gemeinden – Größere Chancen“ die Anzahl der steirischen Gemeinden von 539 auf 287 reduziert, womit im Berichtsjahr auch zahlreiche landesrechtliche Anpassungen verbunden waren.

5. Für den Fiskalföderalismus 2014 in Österreich erwähnenswert ist die Verlängerung des geltenden Finanzausgleichs bis 2016. Mit dieser, bereits zweiten Verlängerung und einer Geltungsdauer von insgesamt neun Jahren ist das FAG 2008 das bislang am längsten geltende österreichische Finanzausgleichsgesetz. Im Besonderen erwähnenswert ist für 2014 eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum Konsultationsmechanismus. So entschied das Höchstgericht im März 2014 erstmals, dass in Zusammenhang mit der Eisenbahnkreuzungsverordnung, die den Gemeinden als Straßenerhalter für Gemeindestraßen bauliche Maßnahmen zur Sicherung von Eisenbahnkreuzungen vorschreibt, gegen den Konsultationsmechanismus verstoßen wurde.

6. Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Bund und Ländern kann für das Berichtsjahr 2014 festgestellt werden, dass vor allem das Instrument der Art 15a B-VG-Vereinbarung mit insgesamt vier neuen Verträgen zwischen Bund und Ländern ein praktikables Instrument der Kooperation im Rahmen bestehender Kompetenzen darstellt. Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit ergeben sich jedoch nach wie vor im Begutachtungsverfahren von Bundesgesetzen, wobei ein vermeidbares Hauptproblem dabei in den oft sehr knapp bemessenen Begutachtungsfristen liegt. Als verbesserungsbedürftig hat sich im Jahr 2014 auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Asylwesen gezeigt. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen bedingt durch internationale Konflikte gelang es beiderseitig nur bedingt, die jeweiligen Aufgaben kooperativ zu erfüllen.

Betreffend die wechselseitigen Zustimmungsrechte zwischen den Gebietskörperschaften wurden diese – wie auch in den vorangegangen Jahren – im Regelfall erteilt, nur vereinzelt ließ man die Frist verstreichen. Erwähnenswert ist allerdings die Abweichung von einer einheitlichen Länderstellungnahme im Rahmen der EU-Mitwirkungsrechte durch den Bund in einem Fall. Insgesamt kann jedoch für die bundesstaatliche Praxis auch für das Jahr 2014 konstatiert werden, dass der österreichische Föderalismus von einem primär kooperativen Vorgehen sowohl seitens des Bundes wie der Länder geprägt ist. Auch was die grenzüberschreitende Kooperation der österreichischen Länder betrifft, sind diese neben ihrer Tätigkeit in den zahlreichen Organisationen und Konferenzen auf europäischer Ebene, vor allem mit den Regionen benachbarter Staaten in regem Kontakt und verfügen – neben den zahllosen informellen Kontakten – über die Europäischen Verbünde territorialer Zusammenarbeit nunmehr auch über eine europarechtliche Grundlage, die sich bislang bestens bewährt hat.

7. Die mediale Performance des Föderalismus war auch 2014 allgemein vergleichsweise ausgeglichener als früher, wenngleich die Bundesländer bzw. das föderale System in Einzelfällen, so vor allem etwa in Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylwerbern medial heftig kritisiert wurden. Neben vereinzelt artikulierten Wünschen nach Abschaffung der Bundesländer und Problemen in Zusammenhang mit Haftungsübernahmen des Landes Kärnten, konnten sich die Länder aber auch durchaus positiv positionieren, so etwa als Vorbild für die im Regierungsprogramm vorgesehene Schaffung des Amtes der Bundesregierung  oder auch in ihren eigenen Reformbemühungen etwa in der Abschaffung des Proporzes.

Die Debatte um eine mögliche Abschaffung des Bundesrates war zu Beginn des Berichtsjahres 2014 medial sehr dominant. Von der Nationalratspräsidentin wurde dabei eine – im internationalen Vergleich untypische – Befassung der Landtage mit den Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates vorgeschlagen. Eine Reform des Bundesrates kam auch 2014 nicht zustande, auch wenn bereits zahlreiche Vorschläge artikuliert wurden. Auch die bereits 2012 unter den Ländern konsentierten Reformentwürfe wurden in der Debatte nicht berücksichtigt.

Veranstaltung „Sparsamkeit durch Föderalismus?“



Am 25. September 2015 fand in Dornbirn die Veranstaltung „Sparsamkeit durch Föderalismus?“ statt. Gemeinsame Erkenntnis dabei: Föderalismus führt zu besseren Ergebnissen – gerade angesichts veränderter Rahmenbedingungen wie der Globalisierung. Wichtig sind in diesem Zusammenhang allerdings Elemente wie Steuerautonomie, Schuldengrenzen und Transparenz, die gerade in Österreich derzeit nicht im nötigen Umfang auf den verschiedenen Ebenen gegeben sind.

Was der Vorarlberger Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser am Beispiel der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen Europas, Deutschland und Schweiz darlegte, untermauerte David Stadelmann von der Universität Bayreuth aus theoretischer Sicht: Die Globalisierung erhöhe den Standortwettbewerb der Regionen und erfordere ein rasches regionales Anpassen der Rahmenbedingungen. Für die These, dass Föderalismus die Anreize für gute Politik erhöhe, führte Stadelmann die Entwicklung der Immobilienpreise an. In Gemeinden mit hohen Schulden sinke die Leistungsfähigkeit und damit die Attraktivität, was sich direkt auf die Nachfrage nach Immobilien auswirke. Stadelmann sprach sich für mehr Finanzautonomie von Ländern und Gemeinden aus, um den Anreiz für gute Politik und die Rückkoppelung zu den Bürgern zu verstärken. Zudem würden durch die Globalisierung die nationalen Märkte unbedeutender; die Regionen stünden in einem weltweiten Wettbewerb, der neue Entscheidungsmechanismen erfordere. Bei Staatsschulden von 243 Mrd Euro und Länderschulden (ohne Wien) von 20 Mrd Euro sei die Situation der Länderfinanzen kein Argument für die Zentralisierung der Entscheidungsgewalt, betonte Institutsdirektor Peter Bußjäger. Im Gegensatz zum Bund hätten alle Länder Schuldenbremsen in den Landesverfassungen oder in Landesgesetzen eingebaut. Die Erfahrungen in der Schweiz unterstreichen die Bedeutung dieses Instruments. Nadia Yerly vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung: „Die Schuldenbremsen in den Kantonen sind kein Allheilmittel, es zeigt sich aber klar: Je rigoroser sie sind, umso weniger Schulden hat der Kanton!“. Für die österreichische Situation kam Peter Bußjäger zum Schluss: „Reformbedarf besteht weniger im Hinblick auf die Eindämmung der Verschuldung der Länder, als vielmehr in der Verbesserung von Vergleichbarkeit und Transparenz“. Bußjäger appellierte auch an die Landtage, ihre Budgethoheit stringenter wahrzunehmen.

Neuerscheinungen in der Schriftenreihe des Instituts



Der Leitfaden „Vereinbarungen gemäß Artikel 15a B-VG“ widmet sich dem im Jahr 1975 eingeführten Instrument des kooperativen Föderalismus, von dem in jüngerer Vergangenheit immer öfter Gebrauch gemacht wird. Das Buch ist als Band 11 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich. Hingewiesen sei auch auf die Neuauflage des Kommentars zur Tiroler Gemeindewahlordnung 1994, der vom Tiroler Gemeindeverband in Kooperation mit dem Institut für Föderalismus erschienen ist. Die von Peter Stockhauser und Günther Zangerl besorgte Neuauflage ist ab sofort ausschließlich über den Tiroler Gemeindeverband zu beziehen.

„Durchgriffsrecht“ und Gentechnik-Anbauverbot: weitere Zentralisierung von Landeszuständigkeiten



Der österreichische Zentralismus feiert fröhliche Urständ! Während beim sog. „Durchgriffsrecht des Bundes“ auf Länder und Gemeinden in Sachen Asylquartiere ein gewisses Verständnis aufzubringen ist – wobei einige Fallstricke im Detail sehr problematisch erscheinen – ist in Sachen Gentechnik-Anbauverbot unverhohlener Zentralismus zu kritisieren.

Das geplante „Durchgriffsrecht“ des Bundes zur Unterbringung von Asylwerbern ist ein punktueller, aber zweifellos massiver Eingriff in die Landeszuständigkeiten, der jedoch angesichts der prekären Situation mit Hinblick auf eine möglichst rasche Unterbringung von Flüchtlingen grundsätzlich gerechtfertigt erscheint. Das Institut für Föderalismus weist allerdings darauf hin, dass die Notmaßnahme Resultat von Versäumnissen gerade auch des Bundes ist. Diesem steht nämlich im Rahmen des Kompetenztatbestandes „Asyl“ (Art 10 Abs 1 Z 3 B-VG) jedenfalls die überörtliche Standortplanung für Betreuungseinrichtungen zur Verfügung. (vgl Wiederin Erstaufnahmezentren, Flächenwidmung und bundesstaatliche Kompetenzverteilung, bbl 2010, 83 und Berger, Netzwerk Raumplanung [2008] 115 ff) Auf dieser Basis hätte der Bund in den vergangenen Jahren bereits entsprechende Vorsorgen treffen können.

Nach dem geplanten Bundesverfassungsgesetz kann die Innenministerin Liegenschaften, die im Eigentum des Bundes oder diesem sonst zur Verfügung stehen, durch Bescheid die vorläufige Nutzung als Standorte für Asylwerberquartiere bereitstellen. Eine sohin ergangene Entscheidung ersetzt Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften. Voraussetzung ist, dass das betreffende Land seine Quote nicht erfüllt und außerdem im betroffenen Bezirk die Quote ebenfalls nicht erfüllt wird.

Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang vor allem die verfahrensrechtliche Abwicklung, im Besonderen die Rolle von betroffenen Gemeinden und Nachbarn: Die Bezirkshauptmannschaft hat in einem konzentrierten Verfahren zu prüfen, ob das Vorhaben bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften entspricht und dies der Innenministerin mitzuteilen, bau- oder raumplanungsrechtliche Vorschriften sind jedoch unbeachtlich. Nach Einlangen der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft hat die Innenministerin einen Bescheid zu erlassen. Der Gemeinde muss dieser nicht einmal zur Kenntnis gebracht werden, überdies haben Nachbarn keine Parteistellung und können den Bescheid auch praktisch nicht bekämpfen, zumal keine Beschwerde zulässig ist. Vor allem letzteres erscheint vor dem Hintergrund der Europäischen Menschenrechtskonvention und EU-Grundrechte-Charta problematisch, ebenso wie die Nichtanwendung aller bautechnischen Vorschriften (mit Ausnahme des Brandschutzes), mag auch die temporäre Ausschaltung raumplanungsrechtlicher Regelungen noch unter gewissen Umständen gerechtfertigt sein.

Aus bundesstaatlicher Sicht schwerwiegender und bei weitem konzeptloser erscheint demgegenüber die Einführung neuer Kompetenztypen im Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz (siehe Föderalismus-Info Nr 4/2015). Im Gegensatz zum Durchgriffsrecht des Bundes kann die Einfügung einer „Rahmengesetzgesetzgebung“ in die ohnedies zerklüftete Kompetenzverteilung keineswegs mit drängenden Problemen gerechtfertigt werden und ist als schleichende Aushöhlung der Landeskompetenzen in ausgelagerten Verfassungsbestimmungen jedenfalls abzulehnen. In beiden Fällen sei an die bisher erfolgreiche Praxis des kooperativen Föderalismus in Österreich erinnert, die bislang Usus war und Lösungen im Wege der geltenden Kompetenzverteilung ermöglichte.

Festakt und Broschüre: 40 Jahre Institut für Föderalismus



Im Rahmen eines Festakts wurde am 4. September 2015 auf 40 Jahre Institutsgeschichte zurückgeblickt. Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, referierte in seinem Festvortrag über Recht und Wirklichkeit des österreichischen Bundesstaats und Institutsdirektor Peter Bußjäger blickte gemeinsam mit seinem Vorgänger Peter Pernthaler, Landeshauptmann a.D. Wendelin Weingartner und dem vormaligen Föderalismusminister Jürgen Weiss auf die Geschichte der Forschungseinrichtung zurück.

Die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen: Nicht weniger als 173 Bände erschienen bislang in den institutseigenen Schriftenreihen, wo in insgesamt 637 Einzelbeiträgen auf einschlägige Probleme des internationalen, europäischen und österreichischen Föderalismus eingegangen wurde. Über 240 Ausgaben der periodisch erscheinenden „Föderalismus-Info“ sowie die wöchentlich erscheinenden Gastkommentare des Institutsdirektors kommen hinzu. Seit 1975 erstellt das Institut zudem jährlich einen Bericht über den Föderalismus in Österreich, der den Landesregierungen und Landtagen der Trägerländer vorgelegt wird. Im Herbst 2015 erscheint der 39. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2014). Das Institut veranstaltete außerdem zahlreiche nationale und internationale Seminare, Tagungen und Workshops zu bundesstaatlichen oder demokratiepolitischen Themen. Eine Kurzfassung des Referats von Gerhart Holzinger wie auch Bemerkungen zur Institutsgeschichte finden Sie im Föderalismus-Blog unter <foederalismus.at/blog>.

Aus Anlass des 40-jährigen Bestehens ist zudem eine Broschüre des Instituts erschienen: „40 Jahre Institut für Föderalismus 1975-2015“ enthält neben Streiflichtern zur Institutsgeschichte auch eine Zusammenstellung aller Veranstaltungen sowie eine vollständige Bibliographie aller bislang erschienen Publikationen des Instituts und seiner Mitarbeiter. Die Broschüre ist kostenlos am Institut erhältlich.

Neuerscheinung: „Alle Neune“



Die Broschüre „Alle Neune – Argumente für einen modernen und zukunftsfähigen Föderalismus in Österreich“ wurde grundlegend überarbeitet und aktualisiert. Das 52 Seiten starke Heft zeigt die Vorzüge föderaler Systeme, klärt über populäre Irrtümer auf und enthält mit einem föderalistischen Glossarium alles Wissenswerte zu Bundesstaat und Föderalismus in Österreich. Neu hinzugekommen sind auch Ausführungen über die europäische Dimension, Standortpolitik in den Regionen sowie ausgewählte Fallbeispiele gelungener Verwaltungsreformen in den Ländern. „Alle Neune“ ist ab sofort zum Preis von 5 Euro am Institut erhältlich.

Veranstaltungshinweis: „Sparsamkeit durch Föderalismus?“



Fragen der Haushaltsdisziplin in föderalen Staaten widmet sich eine Veranstaltung des Instituts am 25. September 2015 in der Fachhochschule Dornbirn mit dem Titel „Sparsamkeit durch Föderalismus?“. Fallbeispiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden dabei unter die Lupe genommen, als Referenten erwartet werden David Stadelmann (Universität Bayreuth), Nadia Yerly (Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, Bern) und Institutsdirektor Peter Bußjäger. Grußworte werden von Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser überreicht. Details zur Veranstaltung finden Sie auf unserer Homepage.

Veranstaltungshinweis: „Föderalismus als Erfolgsmodell: Voraussetzungen, Ziele, Umsetzung“



Das Institut für Föderalismus lädt gemeinsam mit der Foster Europe Privatstiftung zur Veranstaltung „Föderalismus als Erfolgsmodell: Voraussetzungen, Ziele, Umsetzung“ am 15. Oktober 2015 in der Diplomatischen Akademie in Wien ein. Anlass sind die laufenden Verhandlungen um den Finanzausgleich von Bund, Ländern und Gemeinden, die zu einer neuen Verteilung von Mitteln und Aufgaben führen sollen. Im Rahmen der Veranstaltung sollen föderalistische Schlüsselthemen zur Debatte gestellt werden. Als Referenten erwartet werden Christian Keuschnigg (Universität St. Gallen), Andrea Wagner (BAK Basel Economics AG), Christian Sturmlechner (Bundesministerium für Finanzen) und Institutsdirektor Peter Bußjäger. Details zur Veranstaltung finden Sie auf unserer Homepage.

Winter School on Federalism and Governance



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Conflict and Cooperation in Federal Systems“ mit Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2016 findet vom 1. bis 12. Februar in Bozen und Innsbruck statt, Anmeldungen sind ab sofort via online-Formular bis 25. Oktober 2015 möglich. Für weitere Informationen, detailliertes Programm, Kosten und Stipendien siehe .

Aktuelle Blogs



Wir wollen Sie auf die jüngsten Beiträge im Föderalismus-Blog des Instituts zu föderalistisch bedeutsamen aktuellen Entwicklungen hinweisen. Besonders möchten wir auf die aktuellsten Beiträge von Verfassungsgerichtshof-Präsident Holzinger und Direktor Bußjäger anlässlich der Feier zu 40 Jahre Institut für Föderalismus hinweisen! Diese und viele weitere spannende Beiträge sind über unsere Homepage abrufbar.

Blog: Gerhart Holzinger: Der österreichische Bundesstaat. Recht und Wirklichkeit

Blog: Institut für Föderalismus: 40 Jahre Institut für Föderalismus – Geschichte und Bilanz

Blog: Peter Bußjäger: 40 Jahre IFÖ: Eine Speerspitze gegen den Zentralismus

Blog: Martin Paul Schennach: Zur Vermögensauseinandersetzung im Bundesstaat. Rechtshistorische Schlaglichter auf § 11 ÜG 1920

Blog: Manfred Tschaikner: „VORarlberg“ oder „VorARLberg“? Die historisch richtige Betonung des Landesnamens

Blog: Soeren Keil: Post-Cold War era: Is Federalism becoming a Tool of Conflict Resolution?

Blog: Melanie Plangger: „Multi-level governance“ und die makroregionale Strategie für den Alpenraum

Blog: Edgar Mayer: GVO: Bundesrat lehnt EU-Verordnungsentwurf als Scheinsubsidiarität ab

Blog: Maria Bertel, Teresa Sanader und Christoph Schramek: Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung in der Europaregion – Ausgewählte Aspekte

Blog: Manfred Kohler: Das europäische Dilemma

Blog: Karl Kössler: Die Föderalisierung Nepals. Nach langer Reise endlich am Ziel?

Blog: Peter Bußjäger: Föderalistische Bemerkungen zum Reformdialog "Verwaltungsvereinfachung" des Bundes

Blog: Neue Zürcher Zeitung: Im «Fall Heta» entscheidet sich die Zukunft des österreichischen Föderalismus

Blog: Anna Gamper: Unmittelbare Bürgerbeteiligung in Tirol: status quo, demokratische Innovation und die Europaregion

Blog: Theo Öhlinger: Braucht Österreich mehr direkte Demokratie?

Blog: Greta Klotz: Müde Wähler? Krisengebeutelte Parteien?

Blog: Carolin Zwilling: Italiens neuer Senat im Verfassungsreformentwurf: verkleinert, entmachtet – und überflüssig?

Blog: Stefan Börger: Umsetzung von Unionsrecht: „Faktor 10“ ist nicht das Problem

Blog: Tamara Ehs und Hannes Leo: Direkte Demokratie: Die Menschen früher und besser informieren

Blog: Francesco Palermo: Das neue italienische Wahlgesetz

Blog: Deregulierung: Investitionen fördern, Verwaltung entlasten und Kosten sparen

Blog: Peter Bußjäger: Realismus bei Kostenersparnis durch Verwaltungsreform

„Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz“ aus föderalistischer Sicht



Es steht den einzelnen EU-Mitgliedsländern auf Grund einer neuen Richtlinie frei, den Anbau von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut zu verbieten. Anfang Juni wurde nunmehr vom Bundeskanzleramt eine Regierungsvorlage zu einem „Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz“ zur Begutachtung versendet. Darin will der Bund allerdings per Verfassungsbestimmung die Länder zu einem konkreten Vorgehen verpflichten. Dies ist aus Ländersicht bedenklich und aus verfassungsrechtlicher Sicht unsinnig.

Hintergrund des Vorhabens ist die Richtlinie (EU) 2015/412, die nunmehr eine EU-Rechtsgrundlage zur Erlassung von Anbauverboten schafft. Damit wurde das von Österreich geforderte Recht, auf nationaler Ebene selbst entscheiden zu dürfen, ob genetisch verändertes Saat- oder Pflanzgut angebaut werden darf, unionsrechtlich verankert. In der nun vorliegenden Regierungsvorlage 673 BlgNR 25.GP ist unter anderem in § 3 eine Verfassungsbestimmung „über Maßnahmen, die von den Ländern zu erlassen sind“ enthalten, die kompetenzrechtlich bedenklich erscheint. Demzufolge wären die Länder verpflichtet, den Anbau von zugelassenen genetisch veränderten Organismen im Landesgebiet, wie auch auf Ebene der Gemeinden zu untersagen.

Aus Sicht der Länder ist das Ziel eines Gentechnik-Anbauverbots jedenfalls zu begrüßen, wie es auch bisher von der Landesgesetzgebung verfolgt wurde. Allerdings ist die Vorgangsweise seitens der Bundesregierung äußerst befremdlich. Die verfassungsgesetzliche Verankerung einer vom Bund einseitig definierten Regelungsverpflichtung ist in dieser Form weder gerechtfertigt, noch mit den Ländern abgestimmt. Außerdem ist ein „Rahmengesetz“ nach dem System des B-VG nicht vorgesehen und weicht von den Grundsätzen der Kompetenzverteilung ab. Kompetenztatbestände stellen in der Regel Ermächtigungsnormen dar, wenngleich sich eine Verpflichtung etwa zur Erlassung von Landesgesetzen aus der Richtlinienumsetzung ergeben kann insofern die genannte Bestimmung überflüssig erscheint. Im Übrigen sollten aus verfassungsrechtlicher Sicht Änderungen der Kompetenzverteilung ausschließlich im Rahmen des B-VG erfolgen, wie auch die Tendenz einer in ausgelagerten Verfassungsbestimmungen erfolgenden schleichenden Aushöhlung der Landeskompetenzen aus föderalistischer Sicht jedenfalls abzulehnen ist. Ganz abgesehen davon ist es völlig unangebracht, den verschiedenen Kompetenztypen der Bundesverfassung mit einer „Rahmengesetzgebung“ konzeptlos eine weitere anzufügen.

Gerade in Fragen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung war es aus kooperativ-föderalistischer Übung Usus, diese vorab mit den Ländern abzustimmen und andere, kompetenzkonforme Wege etwa in Form einer Art 15a B-VG-Vereinbarung zu gehen. Auch eine Verankerung der Zielsetzung des Gesetzesvorhabens als eigenständige Staatszielbestimmung und Bekenntnis der Republik Österreich wäre denkbar.

„Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ oder wieder einmal nur Zentralisierung



Am 23. Juni 2015 wurden der „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ und damit die mittelfristigen Pläne der Bundesregierung in Sachen Verwaltungsreform präsentiert. Verschiedene Projekte wie etwa vollelektronische Gründungen für Einzelunternehmer, die Vereinfachung des Beitragsrechts in der Krankenversicherung, die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Strafen im Verwaltungsstrafrecht oder auch die vollautomatische Arbeitnehmerveranlagung könnten tatsächlich Entlastung bringen. Allerdings sind schwerwiegende Eingriffe in Länderkompetenzen vorgesehen – und natürlich einmal mehr Zentralisierungen, die der Idee einer Verwaltungsreform massiv zuwider laufen. Über eine echte Aufgaben- bzw Zuständigkeitsreform wird dagegen einmal mehr nicht geredet!

So sollen etwa bestimmte Landesgewerbe (Theater-, Kinowesen, Tanzschulen, Privatzimmervermietung, Campingwesen, Buchmacher, Ski- und Bergführer) in die Zuständigkeit des Bundes überführt werden, auch sollen Bauangelegenheiten (Bautechnik, Baustoffzulassung, Bauprodukte, anlagenbezogenes Baurecht) vereinheitlicht werden. Anzumerken ist dazu, dass die gegenwärtige Landeszuständigkeit nur selten Anlass zu Komplikationen gibt, zumal länderübergreifend notwendige Genehmigungen selten sind und auch im Regelfall kaum Kleinunternehmen betreffen. Bezeichnend auch, dass umgekehrt keine einzige Bundeszuständigkeit, die naheliegender Weise von den Ländern wahrgenommen werden könnte (man denke etwa an den Denkmalschutz oder die Wildbach- und Lawinenverbauung), aus der Hand gegeben werden soll, vielmehr nur die Vereinheitlichung als einzig mögliche Lösung betrachtet wird.

Ferner erscheint der verwaltungsreformatorische Aspekt insofern fragwürdig, als in dem vorgestellten Papier gleichzeitig neue Bundesstellen angekündigt werden, die den Reformprozess evaluieren sollen. Eine Auseinandersetzung mit Fragen der übergeordneten Strukturen wie Aufgabenstellungen und Organisation der Ministerien oder die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird nach wie vor weitgehend ausgeblendet. Auch fehlen Vorschläge für eine echte Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, wie sie – im Übrigen von allen Seiten – seit langem gefordert werden.

Flüchtlingswesen und Föderalismus



Die Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen stellt ein bundesstaatliches System bekannterweise vor besondere Herausforderungen, nicht zuletzt deshalb, weil es sich um Aufgaben handelt, die alle Lebensbereiche umfassen und folgerichtig auch nur im Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen erledigt werden können. Derzeit gibt es viele Reibungsverluste und gegenseitige Schuldzuweisungen, für eine effizientere Aufgabenerledigung bräuchte es stattdessen eine bessere Kommunikation und klarere Finanzierungsregelungen.

In Österreich stellt sich die rechtliche Ausgangslage wie folgt dar: Nach Art 10 Abs 1 Z 3 B-VG ist der Bund zur „Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm“, für das „Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ sowie Fragen der Ausweisung, Abschiebung und Asyl zuständig. Hinzu kommt die Kompetenz hinsichtlich der Fremdenpolizei in Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG. Einschlägige Zuständigkeiten der Länder ergeben sich umgekehrt vor allem im Sozialbereich. Mit der Einrichtung des neuen „Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl“ bezweckte der Bund 2012 die „organisatorische und verfahrensrechtliche Bündelung von Zuständigkeiten“, um mit „speziell ausgebildetem Personal und Sachmitteln bestmöglich zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich des Asylrechtes“ beizutragen. Der Start der neuen Behörde mit Sitz in Wien und jeweils einer Regionaldirektion in jedem Bundesland verlief freilich nicht optimal, so wurden im ersten Jahr zahlreiche Computerpannen und lange Verfahrensdauern kolportiert, von den überbelegten Erstaufnahmezentren ganz abgesehen. Umgekehrt gerieten auch die Länder in die Kritik, als Quoten für Unterkünfte nicht fristgerecht erfüllt werden konnten. Der jüngst artikulierte Vorschlag der Zuweisung von Asylwerbern durch die Bezirkshauptmannschaften könnte wohl durch einfachgesetzliche Anpassungen möglich sein und müsste sodann in die mittelbare Bundesverwaltung übertragen werden.

Rechtsgrundlage für die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde bildet die Grundversorgungsvereinbarung nach Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern aus 2004. Demnach leistet der Bund im Wesentlichen die Betreuung für Asylwerber im Zulassungsverfahren, die Betreuung der übrigen schutz- und hilfsbedürftigen Personen sowie den gesamten damit zusammenhängenden operativen Bereich, die Quartiersuche ist den Ländern übertragen. In den vergangenen Jahren gab es laufend Konflikte in Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylwerbern in den Bundesländern, im Besonderen der Erfüllung der jeweiligen Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen, zeitweise wurde die Grundversorgungsvereinbarung von einzelnen Bundesländern auch aufgekündigt. An dieser unbefriedigenden Situation hat sich auch 2015 nichts geändert, wiewohl die Kompetenzaufteilung hier durchaus sinnvollen Kriterien folgt, zumal die Vollziehung des allgemeinen Aufenthaltsrechts gesamtstaatlichen Interessen folgt, umgekehrt die Suche nach Unterkünften zweifellos eine dezentrale Entscheidungskompetenz erfordert.

Ähnlich gestaltet sich die Situation im Übrigen auch für andere föderale Staaten wie Deutschland, wo ähnliche Debatten stattfinden. Und auch wenn dort sowohl aufenthaltsrechtliche wie soziale Fragen von Bundesstellen vollzogen werden, ergeben sich Reibungsflächen eben zwischen diesen. Unabhängig davon sind für die gesellschaftliche Teilhabe, die Integration und nicht zuletzt die Quartiersuche Länder und Gemeinden unverzichtbar. Dies kann freilich nur durch ein Zusammenwirken aller Ebenen im Sinne des kooperativen Föderalismus sinnvoll erledigt werden, will man nicht die flüchtlingspolitische Verantwortung im Föderalismus, wie unlängst in deutschem Kontext bezeichnet „wie eine Flipperkugel hin und her schießen“ (FAZ vom 11.9.2014). Unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiches kooperativ-föderales Vorgehen ist freilich wechselseitige Kommunikation und Finanzierung – hier umso notwendiger als eben alle Ebenen aufeinander angewiesen sind.

40 Jahre Institut für Föderalismus



Das Institut für Föderalismus kann heuer auf sein 40-jähriges Bestehen blicken. Im Sommer 1975 wurde die Einrichtung von den damaligen Gründungsländern Tirol und Vorarlberg beschlossen, seit 2003 zählt auch Oberösterreich zu den Trägerländern. Aus diesem Anlass lädt das Institut am 4. September 2015 um 11 Uhr zu einem Festakt ins Innsbrucker Landhaus (Großer Saal). Nach der Begrüßung durch Landesrat Bernhard Tilg wird VfGH-Präsident Gerhart Holzinger einen Festvortag zum Thema „Der österreichische Bundesstaat – Recht und Wirklichkeit“ halten. Ebenso findet eine Diskussionsrunde zur Institutsgeschichte und zum Föderalismus mit Institutsdirektor Peter Bußjäger und seinem Vorgänger Peter Pernthaler sowie dem früheren Föderalismusminister Jürgen Weiss statt.

Neuerscheinung und Buchvorstellung Martin P. Schennach: „Vom k.k. Ärar zum Bundesschatz?“



Eben erschienen ist Band 120 der Schriftenreihe des Instituts, der sich einer noch offenen historischen Frage des österreichischen Föderalismus widmet. Die Studie von Martin P. Schennach mit dem Titel „Vom k.k. Ärar zum Bundesschatz?“ zeigt unter umfassender Berücksichtigung der archivalischen Überlieferung und zeitgenössischer Diskurse, dass sich die 1920 geplante Vermögensauseinandersetzung zwischen Bund und Ländern (in Abweichung von einem Erkenntnis des VfGH von 2002) ausschließlich auf das Verwaltungsvermögen – und nicht etwa auf das gesamte ehemalige Staatsvermögen der untergegangenen Monarchie – bezog. Am 6. Juli 2015 um 17.30 Uhr findet an der Universität Innsbruck die Präsentation des Bandes statt. Neben der Begrüßung durch Dekan Christian Markl und Landtagspräsidenten Herwig Van Staa sind Statements von Autor Martin P. Schennach und Institutsdirektor Peter Bußjäger vorgesehen. Details finden Sie auf unserer Homepage.

Nach Skizzierung der Entwicklung der Eigentumsverhältnisse am Staats- und Landesvermögen bis 1920 beschreibt die Arbeit eingehend das Zustandekommen des einschlägigen § 11 des Verfassungsübergangsgesetzes 1920. Demnach stand eine Aufteilung auch des Finanzvermögens der österreichischen Monarchie weder 1920 noch in den Folgejahren zur Debatte und wäre auf Grund des völkerrechtlichen Rahmens auch gar nicht möglich gewesen, zumal in diesem Fall nicht nur die Aktiven, sondern ebenso die weitaus höheren Passiven der Habsburgermonarchie hätten aufgeteilt werden müssen. Die geplante Auseinandersetzung des Verwaltungsvermögens fand 1925 im Zuge der B-VG-Novelle statt, wenngleich in einer für die Länder nachteiligeren Form als 1920 vorgesehen. Zudem wird dargelegt, dass die bereits 1919 von Tirol, Salzburg und Wien erfolglos geltend gemachten Ansprüche auf Teile des ehemals hofärarischen Vermögens in keinem Zusammenhang mit der Frage der Vermögensauseinandersetzung im Bundesstaat standen.

Realismus bei Kostenersparnis durch Verwaltungsreform



Durch eine Verwaltungsreform und Einsparungen bei den Förderungen soll ein wesentlicher Teil der geplanten Steuerreform „gegenfinanziert“ werden, hört man derzeit. In der öffentlichen Debatte erscheint das angestrebte Volumen von 1,1 Milliarden Euro wenig ambitioniert. Dabei scheint hier erstmals etwas Realismus eingekehrt zu sein, nachdem sich in den vergangenen Jahren vermeintliche Experten teilweise mit Phantasiezahlen über Einsparungspotenziale überboten hatten. Erfreulicherweise scheint sich auch ein gewisser Realismus dahingehen abzuzeichnen, dass Einsparungen nur durch eine bessere Zuordnung von Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie eine Aufgabenreform erzielen lassen.

Für die Finanzierung der Steuerreform will die Bundesregierung 1,1 Milliarden Euro etwa zur Hälfte durch eine Verwaltungsreform und bei den Förderungen lukrieren. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang, dass keine strukturellen Reformen angegangen würden und das wahre Einsparungspotenzial nicht ausgeschöpft werde. In der Tat sind bisher mit Ausnahme der Schulverwaltung keine konkreten Reformprojekte bekannt. Es gibt zwar mittlerweile umfangreiche Berichte der 2014 eingerichteten Aufgaben- und Deregulierungskommission, deren Vorschläge wiederum ihrerseits zum Großteil nicht neu sind (siehe dazu in der Föderalismus-Info Nr 1/2015), allerdings ist nicht klar, welche Punkte die Regierung verwirklichen will. Dass das Einsparungsziel in der Verwaltung mit 1,1 Milliarden Euro wenig erscheint, mag unter anderem daran liegen, dass sich in der Vergangenheit nicht selten namhafte Personen gegenseitig geradezu überboten haben, eine möglichst hohe Zahl an Milliarden auszurufen, die durch eine Verwaltungsreform zu holen seien. Da wurden zeitweise zwischen drei und acht Milliarden in Aussicht gestellt.

Tatsächlich sind die 1,1 Milliarden Einsparungen ein ambitioniertes und wohl durchaus realistisches Projekt, das Anerkennung verdient. Die halbe Milliarde an Einsparungen, die Bund, Länder und Gemeinden bei den Förderungen kurzfristig erbringen müssen, wird noch am leichtesten durch eine lineare Kürzung beziehungsweise Nichtanpassung an die Inflation zu erbringen sein. Entgegen landläufiger Meinung ist bei Reformen in den Verwaltungsstrukturen im Vergleich zu den Förderungen wenig zu gewinnen: So hatte vor einigen Jahren eine Gruppe von Experten ein absurd hohes Einsparungsvolumen von 1 Milliarde Euro errechnet, das sich durch eine Reform der Schulverwaltung lukrieren lasse. Mittlerweile bewegen sich hier seriöse Schätzungen bei einer Summe von etwa 50 Millionen, also etwa fünf Prozent des seinerzeit lancierten Betrages.

Die jüngsten Meldungen über die Reform der Schulverwaltung stimmen dennoch optimistisch: Offenbar hat die eingesetzte Expertengruppe die Sinnhaftigkeit einer Verschmelzung von Landesschulräten des Bundes und den Landesschulverwaltungen erkannt. Die Steuerungsfähigkeit des Bundes wird durch diese „Verländerung“ in keiner Weise gefährdet (zur Position des Instituts in der Schulverwaltung siehe Föderalismus-Info Nr 4/2010). Das Modell könnte Ansatz für weitere Reformen von vielfach kritisierten Parallelverwaltungen von Bund und Ländern, wie etwa im Sozialbereich, bieten. Hier könnten durch Eingliederung der Aufgabenbesorgung in die Landesverwaltung Synergien erzielt werden, ohne dass die Kompetenz des Bundes, Aufgaben und Ziele zu definieren, infrage gestellt ist. Insgesamt ist jedoch in der Reformdiskussion größerer Realismus gefragt. Besonders wichtig wäre die Klärung, aus welchen Aufgaben sich Bund, Länder und Gemeinden mittelfristig zurückziehen können – dort liegen die wirklich großen Einsparungspotenziale.

VfGH: Klarstellung zum landesgesetzlichen Spielraum im Verfahrensrecht der Landesverwaltungsgerichte



In einer aktuellen Entscheidung stellt der Verfassungsgerichtshof klar, dass die Länder abweichende Regelungen im (bundesweit einheitlichen) Verwaltungsverfahren treffen dürfen und stellt damit den rechtsgestaltenden Spielraum der Länder in diesem Segment außer Streit.

In Zusammenhang mit der Abweisung auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einem baubehördlichen Verfahren wurde der Verfassungsgerichtshof befasst, der nun in seinem Erkenntnis E 58/2015-15 vom 12. März 2015 dazu Klarstellungen lieferte, die vor allem den landesgesetzlichen Spielraum im Verfahrensrecht der Landesverwaltungsgerichte betreffen. So normiert § 56 der oberösterreichischen Bauordnung (OÖ BauO 1994), dass Beschwerden grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt, diese jedoch auf Antrag der beschwerdeführenden Partei zuzuerkennen ist, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach einer Abwägung auch der Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist. Der VfGH entkräftete die unter Verweis auf das rechtsstaatliche Prinzip und den Gleichheitsgrundsatz vorgebrachten Bedenken gegen die Bestimmung und stellte fest, dass diese weder dem Bestimmtheitsgebot der Bundesverfassung widerspreche, noch unsachlich differenziere.

Der Landesgesetzgeber ist nach Art 136 Abs 2 B-VG befugt, abweichende verfahrensrechtliche Regelungen zu treffen, sofern dies erforderlich ist, was nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers und dem Wortlaut dem Kriterium des Art 11 Abs 2 letzter Halbsatz B-VG des Art 136 Abs 2 B-VG entspreche. Wenn der Landesgesetzgeber nun festlegt, dass einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 keine aufschiebende Wirkung zukommt, dabei aber auch in Abs 2 auf Antrag einer Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auf Grundlage einer umfassenden, auf sachlichen Kriterien beruhenden Abwägung der öffentlichen Interessen sowie der Interessen des Bauwerbers und der anderen Parteien ermöglicht, gilt dem VfGH zufolge eine solche Regelung in Hinblick auf Art 136 Abs 2 B-VG als unbedenklich. Damit hat der VfGH auch den Begriff der „Erforderlichkeit“ in Art 136 Abs 2 B-VG nicht allzu eng ausgelegt.

Neuerscheinung und Buchpräsentation: „Effiziente Regierungsorganisation“



Am 27. Mai 2015 findet im Rokoko-Saal des Innsbrucker Landhauses die Präsentation des neuen Bandes 10 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht unter Teilnahme von LH-Stellvertreter Josef Geisler und Statements der drei Herausgeber sowie einem Referat von Christian Ranacher zur Regierungsorganisation aus Ländersicht statt. Beginn der Veranstaltung ist um 17:30 Uhr.

Der neue Band 10 der Schriftenreihe Verwaltungsrecht „Effiziente Regierungsorganisation – Das Reformvorhaben ‚Amt der Bundesregierung‘ im internationalen Vergleich“ behandelt das im Regierungsprogramm der gegenwärtigen Bundesregierung angestrebte „Amt der Bundesregierung“. Dieses soll nach Vorbild der Ämter der Landesregierungen Personalverwaltungen, Informatikdienste und andere Supportleistungen der einzelnen Ministerien in einem einheitlichen Geschäftsapparat bündeln. Das Buch behandelt den Themenkomplex im Hinblick auf die bundesverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, im Vergleich mit der Organisation auf Landesebene und vor dem Hintergrund der Regierungsorganisation in Deutschland, Liechtenstein, der Schweiz, der Tschechischen Republik sowie der Organisation der Europäischen Kommission. Darüber hinaus wird auch die gegenwärtige Struktur der österreichischen Bundesregierung eingehend erörtert sowie mögliche Reformoptionen untersucht. Das Buch wird von Alexander Balthasar, Peter Bußjäger und Manfred Matzka herausgegeben, ist im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.

Veranstaltung zu Demokratie und Partizipation in der Europaregion



Am 19. Juni 2015 findet in Bozen eine Fachtagung zu den rechtlichen Möglichkeiten demokratischer Innovation und Partizipation in der Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino statt. Ausgerichtet wird sie von der Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino in Zusammenarbeit mit Jus Euroregionale und dem Institut für Föderalismus. Ausgehend von einer Betrachtung der Rechtsgrundlagen und dem empirischen Befund untersuchen Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher die Potentiale partizipativer Demokratie für die Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino. Die Tagung richtet sich an Expertinnen und Experten, in der öffentlichen Verwaltung und Politik Tätige, Mitglieder von NGOs und Vereinen, Forscherinnen und Forscher sowie an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger. Die Veranstaltung wird simultan in die Sprachen Deutsch und Italienisch übersetzt. Die Teilnahme ist kostenlos, um Anmeldung bis 17. Juni 2015 wird gebeten: info@europaregion.info.

Literaturüberblick: Empfehlenswerte Neuerscheinungen



Aus föderalistischer Sicht interessante Neuerscheinungen sind gegenwärtig vor allem der von Martin P. Schennach herausgegebene Band „Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus“ sowie die dritte Auflage des Kurzlehrbuchs „Einführung in das EU-Recht“ von Christian Ranacher, Fritz Staudigl und Markus Frischhut.

Der von Martin P. Schennach herausgegebene Band „Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus“ (Verlag Österreich, ISBN: 978-3-7046-6949-0) enthält die Beiträge zur Tagung an der Universität Innsbruck am 28. und 29. November 2013, die die Entwicklung des österreichischen Föderalismus aus rechtshistorischer Sicht beleuchten. Der deutliche Schwerpunkt liegt dabei auf dem 19. und 20. Jahrhundert. Die beiden einleitenden Beiträge beschäftigen sich mit der Genese eines „Staates Österreich“ und der diesen Staatsbildungsprozess flankierenden und legitimierenden juristischen Meistererzählung. Im Übrigen geht es stets um die Möglichkeiten und die konkret realisierten Optionen der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Zentrum und Peripherie sowie um die korrelierenden politischen und wissenschaftlichen Diskurse. Die Beiträge behandeln teils einzelne verfassungshistorische Weichenstellungen (1848/49, 1919/20 und 1945), teils größere Zeiträume und Entwicklungslinien, teils wählen sie eine wissenschaftshistorische Perspektive.

Die dritte Auflage des Kurzlehrbuchs „Einführung in das EU-Recht“ von Christian Ranacher, Fritz Staudigl und Markus Frischhut (utb.facultas, ISBN 978-3-8252-4373-9) ist im März 2015 erschienen und bietet einen gewohnt konzisen Überblick über Institutionen, Recht und Politiken der Europäischen Union. Das Buch versteht sich als Einführung in die rechtlichen Grundlagen der EU. Die Struktur, Institutionen und Rechtsprinzipien der EU werden kompakt und übersichtlich dargestellt. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt wird auf Aspekte des EU-Rechts gelegt, die auch für Nichtjuristen interessant sind, wie Bürgerrechte, Entscheidungsprozesse und die vielfältigen Aktivitäten der EU im Rahmen der verschiedenen Politikfelder. Das Buch ist im UTB-Verlag erschienen und ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Aktuelle Blogs und Gastkommentare



Wir wollen Sie auf die jüngsten Gastkommentare und Blogs des Instituts zu föderalistisch bedeutsamen aktuellen Entwicklungen hinweisen. Diese sind abrufbar über unsere Homepage und facebook.

Blog: Werner Zögernitz, 55 Prozent aller Rechtsakte stammen von der EU

Blog: Johannes Huber, Genmais: Länder regeln sich Anbauverbot selbst!

Blog: Wolfgang Steiner, Demokratiereform Marke Oberösterreich

Blog: Gabriele Lackner-Strauss, OÖ-Landtag: EU-Paket für Energieunion widerspricht Subsidiaritätsprinzip

Blog: Arnulf Häfele, Wiener Ohren

Blog: Melanie Sully, Scotland Post-Referendum: the paradoxical model

Blog: Uwe Leissing, Der Vorarlberger IT-Verbund Land – Gemeinden

Blog: David Stadelmann, Hohe öffentliche Schulden schlagen sich direkt auf Immobilienpreise nieder

Blog: Peter Bußjäger, Abschied vom Bildungszentralismus oder nur neue Kleider?

Blog: Alexander Purger, Engagierte Föderalismusdiskussion in der Tagespresse

Gastkommentar: „Kärnten“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 11.3.2015

Gastkommentar: „In Geiselhaft“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 16.3.2015

Gastkommentar: „Förderungen einfrieren?“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 20.3.2015

Gastkommentar: „Denkzettel“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 31.3.2015

Gastkommentar: „Stunde null“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 3.4.2015

Gastkommentar: „Staatliche Anwälte“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 10.4.2015

Gastkommentar: „(K)ein Schauprozess, in: Vorarlberger Nachrichten vom 17.4.2015

Gastkommentar: „Bevormundung“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 25.4.2015

Gastkommentar: „Fall Kärnten“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 30.4.2015

Gastkommentar: „Fesselung“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 8.5.2015

Zur Frage eines Insolvenzrechts für Gebietskörperschaften



Auf Grund drohender Schadenersatzklagen von Gläubigern der Hypo Alpe Adria gegen das Land Kärnten, das nach wie vor mit ca 10,5 Milliarden Euro für seine frühere Landesbank haftet, will Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nun neben dem Banken- auch ein Länder-Insolvenzrecht prüfen. Finanzminister Schelling hat dazu erklärt, dass der Bund nicht für Kärnten haftet. Das ist verfassungsrechtlich richtig. Keine Gebietskörperschaft haftet automatisch für die Schulden und Verbindlichkeiten einer anderen Gebietskörperschaft. Damit stellt sich nunmehr jedoch eine Reihe von Fragen, die im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen diskutiert werden müssen.

Unbestritten ist, dass eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) in dem Sinne zahlungsunfähig werden kann, dass sie ihren Verpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen kann (eine vollständige Zahlungsunfähigkeit ist undenkbar, da die Gebietskörperschaft ja stets die Einnahmen aus eigenen Steuern und aus dem Finanzausgleich hat). Sie kann aber nach geltendem Insolvenzrecht nicht in Konkurs gehen. Dies bedeutet für den Fall der (partiellen) Zahlungsunfähigkeit, dass nicht geklärt ist, nach welchen Grundsätzen die Gebietskörperschaft ihren Verpflichtungen entsprechend ihren Möglichkeiten noch nachkommen darf. Welche Verbindlichkeiten sollen getilgt werden, welche nicht? Dürfen die Gehälter der Bediensteten noch bezahlt werden? Muss die Gebietskörperschaft von einem Masseverwalter administriert werden (im Gemeinderecht gibt es dazu eine Art „Staatskommissär“). Aus diesem Grund ist der Ruf nach einem Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften nachvollziehbar. Ein solches kann allerdings nicht ohne Verfassungsänderung geschaffen werden, da die Bundesverfassung jedenfalls hinsichtlich der Länder keine Aufsichtsrechte, die mit der Stellung eines Masseverwalters vergleichbar wären, kennt, auch decken die bestehenden Bundeskompetenzen ein solches Insolvenzrecht für Länder nicht ab.

Energieinfrastrukturgesetz: neue Bundeskompetenzen, neue Behörden



Zentralisierung und Schaffung einer neuen Behörde. Das bewirkt – kurz gesagt – das neue Bundesgesetz über die Schaffung einer transeuropäischen Energieinfrastruktur. Das Vorgehen des Bundes läuft außerdem dem Ziel, mehr Übersichtlichkeit im österreichischen Kompetenzdschungel zu schaffen, zuwider.

Der Entwurf über ein neues Bundesgesetz über die Schaffung einer transeuropäischen Energieinfrastruktur sieht in § 1 eine sogenannte Kompetenzdeckungsklausel vor, mit der sichergestellt werden soll, dass die „Erlassung, Änderung, Aufhebung und Vollziehung“ der Bestimmungen des Gesetzes in die Kompetenz des Bundes fallen. Ferner vorgesehen ist eine im Ressort des Vizekanzlers anzusiedelnde neue Energieinfrastrukturbehörde, die die Umsetzung von Stromprojekten mit europäischer Bedeutung koordinieren und auch im Säumnisfall der Behörden zuständig sein soll. Hintergrund der Vorhaben ist die EU-Verordnung Nr 347/2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, die den Ausbau und die Modernisierung der transeuropäischen Energienetze verfolgt. Als Verordnung ist sie unmittelbar anwendbar; soweit die Verordnung jedoch verfahrensrechtliche Bestimmungen enthält, ist eine begleitende innerstaatliche Regelung notwendig. Die Begutachtungsfrist für den vorliegenden Entwurf wurde auf neun Tage verkürzt, was eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Entwurf seitens der eingeladenen Stellen praktisch ausschließt. Seitens einiger Bundesländer wurde die Zuständigkeitskonzentration kritisiert, wie auch die Kompetenzänderung auch für künftige Änderungen in der Materie über die zur Umsetzung der EU-Vorgaben hinausgeht.

Aus föderalistischer Sicht ist der Entwurf jedenfalls abzulehnen: punktuelle Bundeskompetenzen in einzelnen Gesetzen tragen nicht unbedingt zur Übersichtlichkeit der ohnedies sehr zersplitterten Kompetenzverteilung in Österreich bei, zudem sind derartige Kompetenzverschiebungen zulasten der Länder außerhalb einer durchdachten allgemeinen Bundestaatsreform nicht zielführend. Abgesehen davon wird auch die Kompetenzverteilung im Bereich des Raumordnungsrechts ausgehöhlt, als der Entwurf vorsieht, Trassen oder Flächen für bis zu fünf Jahre zu reservieren, sodass das Gebiet nicht anderweitig gewidmet oder verbaut werden kann. Bei Starkstromleitungen wäre das Schutzgebiet 120 Meter beiderseits der Trasse breit, bei Rohrleitungen 70 Meter. Dass dies die Raumplanung vor Ort erschwert, liegt auf der Hand und erscheint auch vor dem verfassungsrechtlichen Berücksichtigungsgebot fragwürdig. Auch dass die neue Infrastrukturbehörde im Säumnisfall entscheiden soll, ist verfassungsrechtlich insofern irritierend, als seit der Einführung der neuen Verwaltungsgerichte vor zwei Jahren grundsätzlich diese entscheiden, die geplante Regelung insofern einen verfassungsrechtlich nicht gedeckten Eingriff in bestehende Zuständigkeits- und Verwaltungsstrukturen darstellt. Zu guter Letzt wäre es auch unsachlich, ausgerechnet Vorhaben, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt nach sich ziehen und daher einer besonders genauen Prüfung bedürfen, dadurch zu privilegieren, dass im Säumnisfall eine besondere Behörde entscheidet.

Zehn Thesen zum Steuerföderalismus



Die Diskussion in Österreich zur Steuerautonomie auf Länder- und Gemeindeebene ist von Schlagworten und ideologischen Positionierungen geprägt. So wird Fiskalföderalismus oft mit dem Hinweis auf die Folgen ruinösen Steuerwettbewerbs abgelehnt, ohne sich mit der Tatsache auseinander zu setzen, dass Steuerautonomie keineswegs diese Folgen haben muss. Das Institut für Föderalismus und die Foster Europe Stiftung haben nun eine Studie von Christian Keuschnigg und Simon Loretz vorgelegt, die die grundsätzliche Leistungsfähigkeit einer regionalen Steuerautonomie darlegen. Die Broschüre „Steuerföderalismus – Eine fachliche Auseinandersetzung mit einem komplexen Thema“, die am Institut erhältlich ist, soll eine Einführung in die Prinzipien des Fiskalföderalismus darstellen.

Die wesentlichen Ergebnisse für die Politik lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1.    Steuerautonomie einer Gebietskörperschaft steht in Zusammenhang mit ihrer Aufgabenausstattung und dient dazu, die Lücke zwischen Ausgabenverantwortung und -finanzierung zu schließen.

2.    Steuerautonomie bewirkt fiskalischen Wettbewerb und stellt eine wichtige Komponente der Standortpolitik von Gebietskörperschaften dar. Ein solcher Wettbewerb wird im föderalen System im Übrigen nicht nur über Steuern, sondern auch über andere rechtliche Rahmenbedingungen ausgetragen (zB Raumordnung, Verfahrensmanagement).

3.    Steuerwettbewerb ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, staatliche Ausgabenentscheidungen stärker an den Interessen und Bedürfnissen der Bürger und Unternehmen zu orientieren.

4.    In Verbindung mit einem solidarischen Finanzausgleich, der die unterschiedlichen Voraussetzungen, vor denen die Gebietskörperschaften stehen (zB Bergregionen, periphere Gebiete) maßvoll abfedert, werden negative Auswirkungen der Steuerautonomie ausgeglichen. Ruinöser Steuerwettbewerb ist weder das Ziel noch die logische Konsequenz einer Steuerautonomie.

5.    Die zu stärkerer Ausgabendisziplin führende Wirkung des fiskalischen Wettbewerbs sollte zusätzlich mit Elementen aktiver direkter Demokratie unterstützt werden, um den Vorstellungen der Bürger noch mehr Geltung zu verschaffen.

6.    Landes- und Gemeindesteuern müssen als solche für die Bürger erkennbar sein. Nur dann ist es ihnen möglich, bei den Wahlen ihre Zustimmung oder Ablehnung zum Ausdruck zu bringen.

7.    Steuerautonomie steigert daher nicht nur die Ausgabendisziplin, sondern auch die Transparenz staatlichen Handelns. Verantwortlichkeiten für bestimmte Ausgaben treten deutlich hervor und die Zusammenhänge zwischen Ausgaben und Finanzierung werden sichtbar.

8.    Eine eigene Steuerverwaltung der Länder oder Gemeinden ist nicht zwingend erforderlich. Der administrative Mehraufwand, der bei der Gewinnabschätzung auf Grund einer Zerteilung des Bundesgebietes in verschiedene Steuergebiete erforderlich ist, wird durch Einsparungen bei den Ausgaben und die Effizienzsteigerungen in den Verwaltungen mehr als ausgeglichen.

9.    Steuerautonomie kann auch schrittweise eingeführt werden. Es ist nicht erforderlich, dass sich die verschiedenen Ebenen des Staates vollständig aus eigenen Einnahmen finanzieren.

10.  Steuerautonomie löst nicht alle Probleme und ist ein anspruchsvolles System. Die Erfahrungen vor allem in der Schweiz zeigen jedoch, dass in Zusammenhang mit einem solidarischen Finanzausgleich und gut ausgebauten Instrumenten der direkten Demokratie, wesentliche Effizienzvorteile zu lukrieren sind und die Ausgabendisziplin steigt.

Die Broschüre „Steuerföderalismus – Eine fachliche Auseinandersetzung mit einem komplexen Thema“ ist ab sofort am Institut oder über die Homepage erhältlich.

Neuerscheinung: „Der Bund und seine Dienststellen“



In einer im Auftrag des Instituts Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) verfassten Forschungsarbeit widmet sich das Institut für Föderalismus der Frage der Verteilung der Bundesdienststellen im Vergleich mit unseren föderalen Nachbarstaaten. Dabei bestätigt sich – wenig überraschend – das Bild Österreichs als eines hochzentralisierten Bundesstaates.

Veranstaltungsankündigung: Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion



Am Freitag, den 19. Juni 2015, findet in Bozen eine Tagung zum Thema „Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion“ statt. Die interdisziplinär angelegte Veranstaltung wird sich mit Fragen der direkten Demokratie und Partizipation sowohl in Tirol, Südtirol und dem Trentino als auch in grenzüberschreitender Form befassen. Näheres zum Programm wird demnächst bekanntgegeben und über eine gesonderte Einladung versendet.

Buchtipp: „Ein Europa der Regionen – Was die Schweiz kann, kann auch Europa“



Ein neues Buch von Peter Jósika untersucht die Gründe der Krisenanfälligkeit Europas und identifiziert zentralistisch-nationalstaatliche Strukturen als kontinuierliche Brandherde. Die Vision eines Europas der Regionen nach Schweizer Vorbild kann dabei nach Meinung des Autors als Hilfe dienen.

Während etwa in Deutschland oder der Schweiz die Dienststellen mit bundesweiter Zuständigkeit auf 24 bzw elf Standorte verteilt sind, finden sich von den 68 für Österreich herangezogenen Bundeseinrichtungen 65 in Wien. Hinzu kommt ein vergleichsweise außergewöhnlich hohes Ausmaß unmittelbarer Bundesvollziehung, wobei auch der hohe Zentralisierungsgrad ausgegliederter staatlicher Rechtsträger wie ÖBB und ORF auffällt; bei diesen befinden sich nicht nur die Zentralen, sondern – mit Ausnahme der ORF-Landesstudios – auch alle Subgesellschaften in der Bundeshauptstadt. Vor allem vor dem Hintergrund des hohen Anteils der öffentlichen Hand am Wirtschafts- und Investitionsgeschehen sind Standortentscheidungen ein zweifellos wichtiger Faktor der regionalen und überregionalen Politik, wozu auch die Arbeit aufmerksam machen soll.

Die Studie „Der Bund und seine Dienststellen – Die Standorte der Bundesvollziehung als Wirtschaftsfaktor und Potenzial der Verwaltungsreform“ von Peter Bußjäger, Georg Keuschnigg und Marija Radosavljevic erscheint als Band 35 der Reihe Föderalismusdokumente und ist über das Institut erhältlich.

Ausschreibung des Wissenschaftspreises der Lupac-Stiftung 2015



Bereits zum sechsten Mal wird dieses Jahr der Wissenschaftspreis der Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie verliehen. Eingereicht werden können Publikationen und approbierte Dissertationen, die sich mit den Chancen und Stärken, aber auch den Herausforderungen und Schwächen der parlamentarischen Demokratie und ihrer Institutionen in Österreich auseinandersetzen. Ebenso ist die Auszeichnung eines wissenschaftlichen Gesamtwerks möglich. Eingereichte Publikationen und Dissertationen sollen nicht älter als drei Jahre sein. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und kann auf bis zu drei BewerberInnen aufgeteilt werden. Bewerbungen sind noch bis zum 31. März 2015 möglich. Nähere Informationen zur Ausschreibung unter parlament.gv.at



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Aktuelle Blogs und Gastkommentare



Wir wollen Sie auf die jüngsten Gastkommentare und Blogs des Instituts zu föderalistisch bedeutsamen aktuellen Entwicklungen hinweisen. Diese sind abrufbar über unsere Homepage und facebook.

Blog: Peter Josika, Gebietsreformen sind kein Allheilmittel

Blog: Hans Penz, Bundesrat: Blockadehaltung des Nationalrats überwinden

Blog: Andreas Greiter, Makroregion Alpenraum - Ziele, Strukturen und Termine

Blog: Alice Engl, EVTZ: Modellhafte Zusammenarbeit in französich-belgischer Grenzregion

Blog: Wendelin Weingartner, Europaregion Tirol - ein nicht einfaches Projekt

Blog: Josef Pühringer, Chance für mehr Subsidiarität im Bildungssystem

Blog: Wolfgang Steiner, Bunte Vielfalt trotz enger Rahmen

Gastkommentar: „Sicherheitsstaat“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 18.1.2015

Gastkommentar: „Einseitige Beurteilung“ in: Vorarlberger Nachrichten vom 25.1.2015

Gastkommentar: „Neue Verfassung?“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 1.2.2015

Gastkommentar: „Zukunft sichern“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 13.2.2015

Gastkommentar: „Lernunfähig?“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 21.2.2015

Gastkommentar: „Doppelte Verwaltungen“ in: Vorarlberger Nachrichten vom 27.2.2015

Erste Vorschläge der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission vorgestellt



Bis Mitte Dezember 2014 wurden von der durch die Bundesregierung eingesetzten Aufgabenreform- und Deregulierungskommission drei Zwischenberichte veröffentlicht, ein vierter über das Förderungswesen soll Ende Jänner 2015 folgen. Eine erste Analyse ergibt das Bild einer Vielzahl von Einzelvorschlägen, die teilweise sehr ins Detail gehen. Eine Auseinandersetzung mit Fragen der übergeordneten Strukturen wie Aufgabenstellungen und Organisation der Ministerien oder die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird bisher weitgehend ausgeblendet. Einzelne Lichtblicke bringen Vorschläge aus den Ländern. Andere Bereiche – vor allem unter dem Titel „Vereinheitlichung“ – sind bei genauerer Betrachtung oft kontraproduktiv und bringen vor allem keinerlei Einsparungen. Vorschläge für eine echte Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern fehlen weitestgehend.

Die einzelnen Vorschläge stammen von der Kommission selbst, vom Rechnungshof, von der Landeshauptleutekonferenz, von Ministerien oder von den Sozialpartnern und werden zum Großteil nur äußerst knapp beschrieben; erfreulich jedoch, dass vor allem von Seiten der Länder vergleichsweise konkrete Ideen eingebracht wurden.

Einige der Vorschläge seien aus föderalistischer Sicht besonders erwähnt:

-         Einheitliche Öffnungszeiten von Ämtern: Es handelt es sich um eine auf den ersten Blick im Interesse der Bürgerfreundlichkeit gelegene Maßnahme, die jedoch kaum Einsparungen bringt. Das Ziel kann außerdem nur für Behörden der Bundes- und Landesverwaltung gelten, da nicht jede Kleingemeinde ihr Amt ganztägig offen halten können wird. Zudem müsste auch bei Bundes- und Landesbehörden differenziert werden – die Öffnungszeiten einer Bezirkshauptmannschaft stehen vor anderen Notwendigkeiten als etwa beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

-         Reduktion der derzeit etwa 6.000 Rechtsträger: Der Vorschlag, die Zahl der ausgegliederten Rechtsträger zu reduzieren und ihre Aufgaben zusammenzufassen, ist zweifellos sinnvoll, obgleich keine Umsetzungsvorteile erwähnt sind.

-         Die vorgeschlagene Vereinheitlichung des Jugendschutzrechts allein schafft weder bei der Verwaltung noch bei den Bürgerinnen und Bürgern eine Kostenersparnis. Gleiches gilt auch für den Vorschlag der Harmonisierung der Rechtsgrundlagen für die Kinderbetreuung – Bürgerinnen und Bürger müssen in den seltensten Fällen Kinderbetreuungseinrichtungen in verschiedenen Bundesländern in Anspruch nehmen. Diese Forderungen sind unter föderalen Gesichtspunkten jedenfalls kritisch zu sehen, wenngleich eine freiwillige Harmonisierung zwischen den Ländern in bestimmten Bereichen zweifellos sinnvoll sein kann.

-         Vorgeschlagen werden ferner Harmonisierungen im Bau- und Raumordnungsrecht, was aus föderalistischer Sicht auch kritisch ist. Auch in der Rechtspraxis erweist sich mehr und mehr, dass die Vereinheitlichung technischer Vorschriften auch einen enormen Kostentreiber darstellt. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus wäre eine Harmonisierung wenn überhaupt dann nur im Wege einer Art 15a B-VG-Vereinbarung sinnvoll, wenn die Länder selbst darüber bestimmen können, wie weit harmonisiert wird. Die vorgeschlagene Harmonisierung von Gefahrenzonenplänen ist unklar, diese erstellt die Wildbach- und Lawinenverbauung gemeinsam mit dem Ministerium und logischerweise ist jeder Gefahrenzonenplan unterschiedlich.

Insgesamt ist festzustellen, dass auch im Zuge der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission eine tiefgreifende Reform der Verwaltungsstrukturen wie sie vom Institut für Föderalismus schon lange vorgeschlagen wird (mit einer Eingliederung der unmittelbaren Bundesverwaltung in den Ländern in die Landesverwaltung nach Maßgabe der sachlichen Zusammenhänge) nach wie vor nicht angedacht wird. Es besteht die Gefahr, dass die Verwaltungsreform lediglich punktuell und konzeptlos erfolgt. Auch lange geforderte und durchaus naheliegende Verländerungen von Zuständigkeiten – etwa im Denkmalschutz – werden nicht aufgegriffen.

Die Berichte der Kommission finden Sie unter http://www.aufgabenreform.at/

Normungswesen: Herausforderung für Rechtsetzung und Wirtschaft



Mit der Frage, welche Normen wir brauchen und welche Kosten sie verursachen, setzte sich eine Tagung des Instituts für Föderalismus am 20. November 2014 in Linz auseinander. Unter dem Titel „Normung – Herausforderung für Rechtsetzung und Wirtschaft“ diskutierten Juristen, Architekten und Ingenieure ebenso wie Vertreter der Wirtschaft, der Verwaltung und der Normungsinstitute. Das Institut für Föderalismus gibt im Rahmen der anstehenden Normenstrategie und der Novellierung des Normengesetzes vor allem Folgendes zu bedenken: Es braucht eine Konzentration auf das Wesentliche und eine daraus folgende Reduzierung verbindlicher Normen. Die Erarbeitung muss transparenter als bisher erfolgen, der volkswirtschaftliche Nutzen genauer dargestellt werden.

Kritisch hinterfragt wurde bei der Tagung unter anderem die Problematik der „Unentrinnbarkeit“ von ÖNORMEN als verbindliche Standards bei gleichzeitiger Kostenpflichtigkeit, zudem verfassungsrechtliche Fragen der demokratischen Legitimation und des Rechtsschutzes wie auch der Organisation des Normungsinstitutes als Verein. Demgegenüber wurde seitens des Austrian Standards Institute darauf hingewiesen, dass man sich um Transparenz des Entstehungsprozesses bemühe, zudem einer Publikation in Gesetzblättern möglich sei und man vor allem für Bildungseinrichtungen die Normen zu günstige Konditionen zur Verfügung stelle. Diskutiert wurde ferner über Fragen der Deregulierung und damit verbunden auch die Notwendigkeiten derart vieler Normen (aktuell immerhin über 24.000). Das Thema erscheint vor allem vor dem Hintergrund der gegenwärtig auszuarbeitenden Normenstrategie und der anstehenden Novellierung des Normengesetzes besonders aktuell. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus sind dabei folgende Ziele zu beachten:

-         Steuerung der Normung: Über die Aufsicht und die Steuerung des Normsetzungsprozesses ist sicherzustellen, dass neben den interessierten Kreisen auch die Teilnahme der öffentlichen Hand, der Bildungs- und Forschungseinrichtungen und der Zivilgesellschaft sichergestellt ist. Damit soll erreicht werden, dass die Normen dem volkswirtschaftlichen Nutzen und einer umfassenden Nachhaltigkeit dienen. Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Interesses sind Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Die Reduzierung der Zahl der nationalen und internationalen Normen muss ein übergeordnetes Ziel sein.

-         Transparenz und Zugänglichkeit: Zusammensetzung und Ausgewogenheit der Normungskomitees ist der Öffentlichkeit ersichtlich zu machen, insbesondere sind die teilnehmenden Organisationen bzw. deren Organisationseinheiten zu veröffentlichen. Normungsanträge sollen beeinsprucht und Konflikte vor eine Schlichtungsstelle gebracht werden können. Konkrete Normungsanträge sind einer Vorprüfung zu unterziehen. Verpflichtend geltende Normen sind frei zugänglich zu machen.

-         Normungsbereiche: Die Bereiche, für die Normen geschaffen werden dürfen, sind gesetzlich festzulegen.

-         Finanzierung: Die Finanzierung des Normsetzungsprozesses muss unabhängig von der Zahl der Normen und deren Geltungsdauer geregelt sein. Insbesondere ist die Teilnahme aller relevanten Interessensgruppen sicherzustellen.

Die Unterlagen der Referenten der Veranstaltung sind über die Homepage des Instituts abrufbar, zudem werden einige der Referate demnächst in der Zeitschrift für Energie- und Technikrecht veröffentlicht: www.vwrecht.jku.at/zeitschrift_ztr/.

Verfassungsrechtliche Grundlage für Zusammenlegung von Bezirksgerichten geschaffen



Mit der Änderung des Übergangsgesetzes aus dem Jahr 1920 legte der Nationalrat Ende Oktober die verfassungsrechtliche Basis für die Zusammenlegung von Bezirksgerichten. Damit entfällt nun die Bestimmung, der zufolge sich die Grenzen der politischen Bezirke und der Gerichtsbezirke nicht überschneiden dürfen. Das Institut für Föderalismus steht dieser Änderung grundsätzlich positiv gegenüber, aber nicht, weil daraus etwa nennenswerte Einsparungen zu lukrieren wären, sondern weil sie ermöglichen, in die Qualität der Justiz zu investieren. Es muss nämlich klar sein, dass Kleinstbezirksgerichte keine Spezialisierung ermöglichen und auch modernen Sicherheitsstandards kaum genügen können.

Künftig können sich also Grenzen der politischen Bezirke und der Gerichtsbezirke überschneiden. Das unmehr überholte „Überschneidungsverbot“ war auch der Grund, warum Zusammenlegungen von Bezirksgerichten vom Verfassungsgerichtshof zuletzt als verfassungswidrig beurteilt wurden (siehe dazu auch Föderalismus-Info 4/2014). Der seinerzeitige historische Hintergrund der Bestimmung, konkret die Erreichbarkeit eine Bezirksgerichts mit der Postkutsche in einem Tag sei längst obsolet, im Sinne einer modernen Justiz müsse man heute über Bezirks- und Landesgrenzen hinweg denken, so der Tenor in der Debatte im Nationalrat. Das Zustimmungsrecht der Länder bei Änderungen der Gerichtssprengel bleibt durch die Novelle unberührt. Die Änderung wurde als Bundesverfassungsgesetz beschlossen und in BGBl I Nr 77/2014 kundgemacht.

Präsentation des Buches „Regionalism(s)“ am 28. Jänner in Innsbruck



Der neue Band 119 der Schriftenreihe des Instituts „Regionalism(s) – A Variety of Perspectives from Europe and the Americas“, herausgegeben von Gudrun M. Grabher und Ursula Mathis-Moser wird am 28. Jänner 2015 um 19 Uhr in der Claudiana in der Innsbrucker Altstadt feierlich vorgestellt. Das Buch enthält die Beiträge der gleichnamigen Veranstaltung der Universität Innsbruck vom November 2013 und zeigt vielfältige, interdisziplinär angelegte Sichtweisen zum Thema Regionalismus weltweit. Die Präsentation des Buches wird von Grußworten von Landtagspräsident Herwig Van Staa sowie Kurzreferaten von Anna Gamper und Institutsdirektor Peter Bußjäger zum Thema aus internationaler und österreichischer Sicht begleitet.

Buchtipp: „Herausforderung Demokratie“



Die Demokratie steht heute zumindest in Europa hoch im Kurs, ist aber auch ins Gerede gekommen. Von der vielgehörten Klage über das demokratische Defizit der Struktur der Europäischen Union bis hin zur Akzentverlagerung von den gewohnten repräsentativen Strukturen hin zur partizipativen Demokratie reichen aktuelle Diskussionen. Diesen stellt sich das von Institutsdirektor Peter Bußjäger gemeinsam mit Alexander Balthasar und Klaus Poier herausgegebene Buch „Herausforderung Demokratie“. Es vereinigt die anlässlich der Demokratiekonferenz in Vaduz im Oktober 2013 gehaltenen Referate zu den Themenfeldern direkte Demokratie, e-Democracy und übergeordnetes Recht und zwei zusätzliche Beiträge. Die Publikation ist im Jan-Sramek-Verlag erschienen und ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Rechtsfragen der Vertragsraumordnung



Der jüngste Band der Schriftenreihe der Österreichischen Raumordnungskonferenz widmet sich der Frage, inwiefern die Raumordnung leistbares Wohnen unterstützen könne.

Neben den bekannten Preisfaktoren, wie Wohn-, Miet-, Bau- und Steuerrecht spielen Instrumente der Raumordnung vor allem in der Zurverfügungstellung und Sichern von entsprechenden Wohnflächen eine große Rolle. Ein Rechtsgutachten von Walter Berka und Andreas Kletecka widmet sich dabei im Besonderen Fragen der Vertragsraumordnung. Beginnend mit Salzburg im Jahre 1992 wurden Raumordnungsverträge in vielfältiger Weise sukzessive in den Raumordnungsgesetzen der Bundesländer vorgesehen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Vertragsraumordnung jedenfalls ein geeignetes Mittel zur Mobilisierung von Bauland ist. Föderalistisch interessant sind auch die Ausführungen zur „Verländerung“ der Bundeskompetenz zum Volkswohnungswesen, wobei festgehalten wird, dass eine auch diese umfassende allgemeine Zuständigkeit der Länder für das öffentliche Wohnungswesen die Handlungsmöglichkeiten erweitern würde, wie damit auch verfassungsrechtliche Kompetenzabgrenzungsprobleme entfallen würden. Aus föderalistischer Sicht ist anzumerken, dass vor allem raumbezogene Kompetenzen, wie Raumordnung und Wohnbau regional vor Ort entscheiden zu sind, um adäquat auf die Bedürfnisse eingehen zu können. Der Vorschlag der Verländerung des Volkswohnungswesens wäre dabei sicher zu diskutieren. Das Gutachten zu „Rechtsfragen der Vertragsraumordnung“ ist als Teil 3 des Bands 191 der Schriftenreihe ÖROK erschienen. Siehe http://www.oerok.gv.at/.

Aktuelle Blogs und Gastkommentare



Wir wollen Sie auf die jüngsten Gastkommentare und Blogs des Instituts zu föderalistisch bedeutsamen aktuellen Entwicklungen hinweisen. Diese sind abrufbar über unsere Homepage und facebook.

Blog: Tilmann Märk, Zusammenarbeit der Universitäten in der Europaregion

Blog: Christian Ranacher, Sezessionsbewegungen, Föderalismus und demokratischer Verfassungsstaat

Blog: Georg Keuschnigg, Gemeindekooperationen: Fünf Projekte, fünf Lösungen

Blog: Herwig Van Staa, Zusammenarbeit im Alpenraum - Herausforderungen und Perspektiven

Blog: Christian Keuschnigg, Was die regionale Steuerautonomie kann und was nicht

Gastkommentar: „Steuerreform finanzieren“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 9.1.2015

Gastkommentar: „Kein großer Wurf“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 2.1.2015

Gastkommentar: „Willfähriger Landtag“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 12.12.2014

Gastkommentar: „Bürokratie der Information“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 5.12.2014

Gastkommentar: „Luxemburg leaks“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 28.11.2014

Gastkommentar: „Leistbarer Wohnraum“, in: Vorarlberger Nachrichten vom 21.11.2014


2014


VfGH trifft Grundsatzaussagen zu Gemeindefusionen in der Steiermark



Die Zusammenlegung steirischer Gemeinden ist nicht verfassungswidrig. Das hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt und dabei klar gemacht, dass der Landesgesetzgeber auf Basis nachvollziehbarer Argumente Gemeindegrenzen ändern kann, wenn insgesamt strukturelle Verbesserungen absehbar sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat in Zusammenhang mit der Anfechtung von Gemeindefusionen in der Steiermark die ersten Anträge abgewiesen und dazu auch grundsätzliche inhaltliche Aussagen getroffen. In den betreffenden Erkenntnissen und Beschlüssen (zB G 44/2014-20, V 46/2014-20 vom 23. September 2014) führte er unter anderem aus, dass einerseits keine Verfassungswidrigkeit der Gemeindestrukturreform aus formalen Gründen, etwa auf Grund fehlerhafter Kundmachung des Gesetzes bzw der Verordnung, vorliegt, zum anderen liege keine unsachliche Vorgangsweise vor. Begründend dazu heißt es, dass die Verfassung der einzelnen Gemeinde grundsätzlich kein Recht auf „ungestörte Existenz“ garantiere und der Landesgesetzgeber bei seiner Aufgabe, das Land in Gemeinden zu gliedern bzw Gemeindegebiete zu verändern, einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum habe. Gegen die Ziele der steiermärkischen Gemeindestrukturreform (insbesondere Stärkung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden, effizientere Nutzung der kommunalen Infrastruktur, bessere Nutzung von Flächen für Siedlungs- und Wirtschaftszwecke, Reaktion auf die demographische Entwicklung) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Unsachlich wären nach der Judikatur des VfGH Gemeindezusammenlegungen nur dann, wenn sie etwa „aufgrund ganz besonderer Umstände vorhersehbar völlig untauglich“ sind, um das Ziel einer Verbesserung der Gemeindestruktur zu erreichen, ferner können große Entfernungen zwischen dem künftigen Gemeindezentrum und den einzelnen Ortsteilen gegen die Sachlichkeit einer Gemeindezusammenlegung sprechen. Beides lag in den entschiedenen Fällen nicht vor. Dass eine Änderung der Gemeindestruktur nicht nur Vorteile, sondern auch manchen Nachteil bringt, mache die Maßnahme an sich jedoch nicht unsachlich. In keinem Fall der bislang entschiedenen Gemeindezusammenlegungen habe das Verfahren ergeben, dass eine unsachliche Vorgangsweise vorliegt. Die Anträge wurden daher abgewiesen (bzw teilweise auch aus formalen Gründen zurückgewiesen).

Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht – Entwurf der B-VG-Novelle lässt Fragen offen



Was allgemein als großer Fortschritt für den österreichischen Parlamentarismus gefeiert wird, wirft bei genauerem Hinsehen doch ein paar Fragen auf. Zwar ist der Bund nun immerhin – mit einiger Verzögerung – dem Vorbild mehrerer Länder gefolgt, in denen Untersuchungsausschüsse schon längere Zeit ein Minderheitenrecht sind. Allerdings sind die Untersuchungsgegenstände deutlich stärker eingeschränkt als auf Länderebene. Außerdem sind im vorliegenden Gesetzesentwurf noch einige Ungenauigkeiten und Sytemwidrigkeiten enthalten.

Die Entwürfe zur Umsetzung der Vier-Parteien-Einigung im Nationalrat zur Neuregelung des Untersuchungsrechts (Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht) liegen nunmehr vor. Aus föderalistischer Perspektive bleibt anzumerken, dass einige Länder in dieser Frage Vorreiter waren. Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht gibt es mittlerweile in Salzburg, der Steiermark, in Tirol, Vorarlberg, Wien und demnächst auch im Burgenland (siehe dazu auch Föderalismus-Info Nr 3/2014).

Der vorliegende Entwurf einer B-VG-Novelle (Antrag 718/A XXV. GP) sieht nunmehr in Art 53 Abs 1 B-VG (neu) vor, dass der Nationalrat nicht mehr nur durch Mehrheitsbeschluss, sondern auch auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen kann. Abs 2 präzisiert den Gegenstand eines solchen Untersuchungsausschusses: Dies soll ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes sein. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, sowie die Tätigkeiten beliehener Unternehmungen, soweit diese Hoheitsrechte ausüben, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist explizit ausgeschlossen. Die Bestimmung wirft die Frage auf, weshalb es sich um einen „abgeschlossenen Vorgang“ in der Bundesvollziehung handeln muss. Anzumerken ist, dass die landesverfassungsrechtlichen Regelungen über Untersuchungsausschüsse im Bereich der Landesvollziehung ohne eine derartige Einschränkung auskommen. Der Hinweis darauf, dass es sich um einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang handelt, könnte auch dazu missbraucht werden, einen Untersuchungsausschuss in einer politisch brisanten Angelegenheit zu verhindern.

Art 53 Abs 3 B-VG (neu) würde demnach weiters vorsehen, dass nicht nur alle Organe des Bundes, sondern auch der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen ihre Akten vorzulegen haben. Das Institut für Föderalismus geht davon aus, dass die Erlassung vergleichbarer Regelungen auf Landesebene in der Verfassungsautonomie der Länder gelegen ist. Dementsprechend sehen verschiedene Regelungen in den Landesverfassungen über Untersuchungsausschüsse vor, dass alle Behörden und Ämter (also auch des Bundes) dem Untersuchungsausschuss des Landtages die relevanten Akten zu übermitteln haben. Bemerkenswert ist, dass die Verpflichtung zur Aktenvorlage nach Art 53 Abs 4 B-VG nicht bestehen soll, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird. Diese Ausnahmeregelung gilt für Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Selbstverwaltungskörper nicht: Sie müssen offenbar ihre Akten auch dann dem Bund vorlegen, wenn dadurch ihre Willensbildung beeinträchtigt werden sollte.

Der Entwurf sieht neben gewissen Änderungen in den Immunitätsregelungen (in Zukunft soll keine Immunität der Abgeordneten im Falle behördlicher Verfolgung wegen Verleumdung mehr bestehen) auch noch ein neues „Organstreitverfahren“ vor dem VfGH vor: Gemäß Art 138b B-VG (neu) können verschiedene Streitigkeiten im Rahmen von Untersuchungsausschüssen, insbesondere, wenn der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates die Einsetzung des Untersuchungsausschusses für unzulässig erklärt hatte, an den VfGH heranzutragen. Diese Möglichkeit der verfassungsgerichtlichen Klärung ist gewiss sinnvoll, leider hat niemand daran gedacht, dass eine solches Instrument auch auf Landesebene sinnvoll sein könnte. Mangels ausdrücklicher Ermächtigung der Länder, eine Anfechtungsmöglichkeit an den VfGH zu eröffnen, wird dies bei Untersuchungsausschüssen auf Landesebene in Zukunft daher weiterhin nicht eingeführt werden können.

Verfassungsreform im Burgenland



Noch im Laufe des Novembers soll im burgenländischen Landtag eine umfassende Reform des Landes-Verfassungsgesetzes beschlossen werden, dessen Kernstück die Abschaffung des Proporzsystems bei der Bildung der Landesregierung ist. Somit sind künftig nicht mehr automatisch alle größeren Parteien in der Landesregierung vertreten, sondern nur diejenigen, die eine Koalition vereinbart haben. Mit der Abschaffung des Proporzes im Burgenland und einer ebenso geplanten Änderung in Kärnten wird bald die Mehrheit der Bundesländer die Landesregierung nach dem Mehrheitssystem bilden. Lediglich Niederösterreich, Oberösterreich und Wien (als unechtes Proporzsystem) praktizieren weiterhin das Proporzsystem. Ebenfalls bemerkenswert – und ein weitere Beweis für die Innovationskraft des Föderalismus – ist ein sehr weit gehendes, neues Vorzugsstimmenrecht für künftige Landtagswahlen.

Künftig soll die stimmenstärkste Partei zu Gesprächen über die Regierungsbildung einladen, die Zahl der Regierungsmitglieder (zwischen fünf und sieben) soll der Landtag festlegen.

Weitere Änderungen der burgenländischen Verfassungsreform:

-     Abschaffung der Vorzugsstimmenhürde: Bisher waren 15% der Parteistimmen nötig, um in den Landtag einziehen zu können, künftig können Mandatare, die pro Bezirk die meisten Vorzugsstimmen erhalten, in den Landtag gewählt werden.

-     Möglichkeit eines zweiten Wahltags neun Tage vor dem eigentlichen Wahltermin.

-     Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird zum Minderheitenrecht und kann künftig von 25% der Abgeordneten einberufen werden. Den Vorsitz wird eine Richterin bzw ein Richter führen.

-     Der Landes-Rechnungshof erhält die Kompetenz zur Prüfung der Gemeinden und soll künftig pro Jahr die Finanzen von zehn Kommunen durchleuchten können.

Wie auch bei vielen der anderen Landes-Verfassungsreformen der letzten Jahre, so zeigt sich auch hier die Innovationsfähigkeit, die sich aus der Verfassungsautonomie der Länder ergibt, vor allem darin, dass grundlegende Reformen vergleichsweise rasch angegangen werden können. Der aus 36 Abgeordneten bestehende Landtag wird in seiner Größe nicht verändert. Die Reform soll Anfang 2015 in Kraft treten.

Föderalismus-Blog online



Das Thema Föderalismus ist vielschichtig. Mit der Thematik befassen sich Politiker, Juristen, Politologen, Historiker, Wirtschaftswissenschafter, Journalisten und die interessierte Öffentlichkeit. Auf allen politischen Ebenen ist Föderalismus ein Dauerthema: in der Europäischen Union, in den Nationalstaaten, in den Ländern und Gemeinden. Mit unserem neuen Blog wollen wir einen Beitrag leisten, den Argumenten, Gedankengängen und Überlegungen der verschiedenen Disziplinen eine Plattform und den Leserinnen und Lesern eine Zusammenschau zu bieten. Wir laden Sie daher sehr herzlich dazu ein, diesen Blog aktiv und passiv zu nützen, wir freuen uns über jeden Beitrag und über jeden Kommentar!

Veranstaltung „Normung – Herausforderung für Rechtsetzung und Wirtschaft“ am 20. November in Linz



Am 20. November 2014 um 14 Uhr findet im Linzer Schlossmuseum eine Veranstaltung des Instituts zum Thema „Normungs(un)wesen – Herausforderungen für die Rechtsetzung“ statt. Als Referenten erwartet werden unter anderem Institutsdirektor Peter Bußjäger zum Thema Entstehungsprozesse von Normen in Österreich und Europa und Privatdozent Konrad Lachmayer zu verfassungsrechtlichen Fragen. Es folgen Betrachtungen zur Normung aus Sicht der Verwaltungsreform, der Normungsinstitute, der freien Berufe, der Kommunen und der Wirtschaft von Wolfgang Steiner, Karl Grün, Anne Mautner Markhof, Martin Haidvogl und Christoph Schneider. Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage des Instituts. Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldung unter institut@foederalismus.at.

Neuerscheinung: „Regionalism(s)“



Der neue, englischsprachige Band „Regionalism(s). A Variety of Perspectives from Europe and the Americas“, herausgegeben von Gudrun M. Grabher und Ursula Mathis-Moser enthält die Beiträge der gleichnamigen Tagung im November 2013 an der Universität Innsbruck. Das Buch beleuchtet den Begriff der Region sowohl aus theoretischer Sicht wie auch anhand zahlreicher Fallbeispiele aus der ganzen Welt. Neben einem Überblick über die theoretische Verortung von Regionen in Föderal- und Zentralstaaten werden in drei Abschnitten einzelne Regionen in Europa sowie Nord- und Südamerika präsentiert, wie auch die Einflussmöglichkeiten von Regionen auf der Europäischen Ebene sowie in interregionaler Kooperation behandelt. Die Beiträge bieten einen profunden Überblick über den Forschungsstand betreffend die Regionen weltweit. Das Buch erscheint als Band 119 der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press und ist ab Dezember über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.

Der 38. Bericht über den Föderalismus in Österreich



In den nächsten Tagen erscheint der 38. Bericht über den Föderalismus in Österreich im Verlag new academic press und ist dann über den Buchhandel oder das Institut zu beziehen. Der Bericht gibt einen Überblick über Folgen der Wahlgänge auf Landes- und Bundesebene, aktuelle Verfassungsdebatten, Entwicklungen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, sowie wichtige Entscheidungen in einzelnen Bundesländern mit Auswirkungen auf das gesamte Staatsgefüge.

1. Das Jahr 2013 war politisch durch zahlreiche Wahlgänge auf Bundes- und Landesebene gekennzeichnet. Neben Landtagswahlen in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Tirol fanden im September 2013 die Wahlen zum Nationalrat statt. Hinzu kommen zwei Volksbegehren sowie eine erstmals abgehaltene Volksbefragung auf Bundesebene zur Zukunft der Wehrpflicht in Österreich. Das im Dezember 2013 präsentierte Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung erscheint aus bundesstaatlicher Sicht insgesamt nicht innovativ. Zahlreiche Arbeitsgruppen werden in Aussicht gestellt, darunter auch eine Föderalismus-Reformkommission, konkrete Vorhaben fehlen jedoch weitgehend, wenngleich mit dem Amt der Bundesregierung eine alte Länderforderung in Umsetzung begriffen ist.

Das vergangene Jahr war daneben vor allem durch die Diskussion um den Ausbau der direkten Demokratie dominiert. Hier konnten sich die Länder gegenüber dem Bund insofern erfolgreich positionieren, als sie in der direkt-demokratischen Praxis dem Bund oftmals voraus sind bzw auch zur Diskussion stehende Modelle bereits auf regionaler Ebene erprobt wurden. Aus bundesstaatlicher Sicht ist diese Rolle der Länder jedenfalls zu begrüßen und es bleibt zu hoffen, dass die noch immer ausstehende Reform auf Bundesebene den Vorbildern in den Ländern folgt.

2. Eine wichtige Pionierrolle oblag den Bundesländern im Jahr 2013 auch in politischer Sicht, als sich im Zuge der zahlreichen Wahlgänge auch neue Koalitionsvarianten auf Ebene der Landesregierungen ergaben, so etwa die Zusammenarbeit von ÖVP und Grünen in Tirol oder die Mitwirkung des Team Stronach in einer Koalition von ÖVP und Grünen in Salzburg. In der Verwaltungsreform gab es in einigen Bundesländern ebenfalls positive Entwicklungen, wie etwa der laufende Reformprozess in Kärnten oder auch die Einführung des elektronischen Flächenwidmungsplans in Tirol zeigen. Die Gemeindereform in der Steiermark zeigt ebenso den Reformwillen der Landespolitik, wenngleich diese nicht unumstritten ist und in Sachen Gemeindefusionen in zahlreichen Fällen der Verfassungsgerichtshof angerufen wurde. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Fusionierungen allein die Erwartungen zu erfüllen vermögen oder ob die erst 2011 erweiterten Möglichkeiten interkommunaler Kooperation vermehrt genutzt werden könnten.

3. Die Bundesverfassung wurde im Berichtsjahr 2013 erneut vielfach novelliert. Unter anderem wurde mit Wirksamkeit ab 2015 die sogenannte ‚Gesetzesbeschwerde‘ in Zivil- und Strafverfahren eingeführt, ferner der Tierschutz und die Nachhaltigkeit als Staatsziele verankert sowie ein separater Kompetenztatbestand ‚Sozialentschädigungsrecht‘ eingeführt. Die einfache Gesetzgebung sowohl des Bundes wie der Länder war im Berichtsjahr 2013 von der Anpassung der Rechtsordnungen an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit dominiert. Nachdem einzelne Bundesländer bereits im Vorjahr die entsprechenden Ausführungsgesetze sowie Anpassungen in den Landesverfassungen vornahmen, folgten im Jahr 2013 die übrigen Länder sowie der Bund mit teilweise umfassenden Sammelnovellen.

4. Der oft kritisierte österreichische Bundesrat konnte sich zwischenzeitlich vor allem in EU-Angelegenheiten erfolgreich positionieren und seiner Kontrollfunktion im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung gerecht werden. Damit wurde in den vergangenen Jahren ein bedeutsames Arbeitsfeld für die zweite Kammer des Parlaments eröffnet. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten konnten 2013 bereits zum zweiten Mal eine „gelbe Karte“ im Subsidiaritätsprüfungsverfahren gegenüber der Kommission erheben. Unabhängig davon verlief auch die innerösterreichische Reformdebatte um den Bundesrat weiter. 2013 gab es wieder akkordierte Reformvorschläge von Seiten der Länder, die jedoch bislang vom Verfassungsgesetzgeber nicht wahrgenommen wurden.

5. Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Bund und Ländern kann für das Berichtsjahr 2013 festgestellt werden, dass vor allem das Instrument der Art 15a B-VG-Vereinbarung mit insgesamt sechs neuen Verträgen zwischen Bund und Ländern bzw Ländern untereinander ein praktikables Instrument der Kooperation im Rahmen bestehender Kompetenzen darstellt. Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit ergeben sich jedoch nach wie vor in der Begutachtung von Bundesgesetzen.

Vom Konsultationsmechanismus wurde nur vereinzelt Gebrauch gemacht, der Bundesrat hat seine Einspruchs- und Zustimmungsrechte überhaupt nicht ausgeübt. Auf Grund der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform waren zahlreiche Zustimmungen der Länder zu einzelnen Kompetenzübertragungen auf das Bundesverwaltungsgericht erforderlich, die jedoch im Regelfall auch erteilt wurden, weshalb auch für das Jahr 2013 festgehalten werden kann, dass der österreichische Föderalismus von einem primär kooperativen Vorgehen sowohl seitens des Bundes wie der Länder geprägt ist.

6. Das medial beherrschende Thema aus föderalistischer Sicht war 2013 die Debatte um ein bundesweites Spekulationsverbot: Hintergrund war das Bekanntwerden von Verlusten aus Spekulationsgeschäften im Land Salzburg im Dezember 2012. In der Folge bemühte man sich vor allem von Seiten des Bundes um Vereinheitlichung und Zentralisierung der einschlägigen Vorschriften, eine neue Verfassungsbestimmung wurde diskutiert, ohne jedoch die erforderliche parlamentarische Mehrheit zu finden. Die Länder beschritten daher einen eigenen Weg unter Bewahrung der Finanzautonomie: Eine Art 15a B-VG-Vereinbarung wurde geschlossen, die Länder erließen ihrerseits Spekulationsverbote in landesgesetzlicher Form, teilweise im Verfassungsrang. Allerdings wurde die Vereinbarung vom Nationalrat nicht ratifiziert, nicht zuletzt deshalb, weil die begleitenden bundesverfassungsrechtlichen Regelungen (etwa die Ermächtigung des Städte- und Gemeindebundes) nicht erlassen wurden. Ebenso kam es nicht zum geplanten bundesverfassungsrechtlichen Spekulationsverbot. Es zeigt sich daher, dass gerade mit einem kooperativen Vorgehen vergleichsweise rasch reagiert werden kann.

7. Bemerkenswert waren 2013 die Bemühungen um die Etablierung einer ‚Westachse‘ etwa in Fragen der Bildungsreform, in der die Länder Salzburg, Tirol und Vorarlberg gegen verschiedene Positionen der Bundesregierung Stellung bezogen. Medial bedeutsam waren vermehrt kritische Berichte über die Konzentration zahlreicher politischer und administrativer Institutionen in der Bundeshauptstadt Wien. Die Ergebnisse der in diesem Zusammenhang gemachten Untersuchungen waren zwar nicht neu. Sie konnten jedoch diese Problematik vermehrt ins Bewusstsein rücken.

Gegenwärtig besteht der Senat aus 315 Senatoren, die für fünf Jahre direkt vom Volk gewählt werden, wobei jede der 20 Regionen eine festgelegte Anzahl an Senatoren abhängig von der Bevölkerungszahl, stellt. Hinzu kommen noch die Senatoren auf Lebenszeit, konkret Italienische Staatspräsidenten, die nach Ende ihrer Amtszeit von Rechts wegen Senatoren werden, es sei denn, sie verzichten auf das Mandat. Der Senat hat im Gesetzgebungsprozess grundsätzlich dieselben Rechte wie die erste Kammer.

Die italienische Regierung unter Ministerpräsident Matteo Renzi hat nun beschlossen, den Senat einerseits als Länderkammer einzurichten, wobei die Mitglieder nicht mehr bei den Parlamentswahlen gewählt, sondern Vertreter der Regionen entsandt werden sollen. Ferner geplant ist eine Reduktion der Mitgliederzahl auf 148, außerdem soll die zweite Kammer auch nicht mehr die gleichen Aufgaben wie die Abgeordnetenkammer haben. Die dafür nötige Verfassungsänderung stieß erwartungsgemäß auf Widerstand, jedoch wurde das Reformprojekt mit 183 Stimmen gegen vier verabschiedet.

Aktuell dazu auch ein Beitrag auf verfassungsblog.de: http://www.verfassungsblog.de/verfassungsreform-italien-der-trend-geht-zur-kompetenzarmen-zweitkammer/

Buchtipp: Eingehend mit dem italienischen Senat im Vergleich befasst sich auch die auf aktuellen Stand befindliche Publikation von Martin C. Wittmann, „Der Senat der Italienischen Republik und der Bundesrat der Republik Österreich“. Das Buch enthält auch umfangreiches statistisches Material zu den beiden Kammern und ist als Band 114 der Schriftenreihe des Instituts erschienen.

Berufung Peter Bußjägers zum Universitätsprofessor



Institutsdirektor Peter Bußjäger wird ab 1. Oktober 2014 eine Stiftungsprofessur für Öffentliches Recht an der Universität Innsbruck im Beschäftigungsausmaß von 50 % antreten. Damit wird auch die Verbindung der Tätigkeit des Instituts mit der Universität über das Forschungszentrum Föderalismus intensiviert. Das Institut freut sich über die Berufung, die sowohl die Arbeit Peter Bußjägers bestätigt als auch die Bedeutung des Föderalismusinstituts als wissenschaftliche Einrichtung unterstreicht.

Winter School on Federalism and Governance



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism and Democratic Participation“ mit Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2015 findet vom 2. bis 13. Februar in Bozen und Innsbruck statt, Anmeldungen sind ab sofort via online-Formular bis 26. Oktober 2014 möglich. Für weitere Informationen, detailliertes Programm, Kosten und Stipendien siehe www.eurac.edu/winterschool.

Buchtipp: „Gemeinden im Europäischen Mehrebenensystem“



Die Kommunen in Mehrebenensystemen stehen vor immer größeren Problemen, auf Grund der Krise der repräsentativen Demokratie wie auch der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der wachsenden Europäisierung der Gemeindeebene. Der eben erschienene Band „Gemeinden im Europäischen Mehrebenensystem: Herausforderungen im 21. Jahrhundert“, herausgegeben von Elisabeth Alber und Carolin Zwilling, widmet sich diesen Fragen. Die Autorinnen und Autoren untersuchen die interkommunale Zusammenarbeit in staatlichen Mehrebenensystemen, die Europäisierung der kommunalen Ebene und die Gemeinde als Akteur in ausgewählten Politikfeldern, als Mitglied des Rechtsinstrumentes EVTZ der Europäischen Union sowie den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Das Buch enthält auch Beiträge von Institutsdirektor Peter Bußjäger und Institutsassistent Niklas Sonntag, ist im Verlag Nomos erschienen und ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Zum Ausbau der direkten Demokratie in Vorarlberg



Um den Ausbau der direkten Demokratie auf Bundesebene ist es in letzter Zeit wieder still geworden. Zwar ist im Regierungsprogramm die Umsetzung der im vergangenen Jahr vorgebrachten Vorschläge angekündigt, bislang jedoch ohne Ergebnis. Auf Ebene der Länder gibt es hier durchaus berichtenswerte Entwicklungen, allen voran das Beispiel Vorarlberg: Seit der Novelle LGBl Nr 14/2013 im vergangenen Jahr enthält die Landesverfassung in Art 1 Abs 4 ein klares Bekenntnis zur direkten Demokratie. Besonderes Highlight: der „Bürgerrat“.

Als besonders vielversprechende Methode der partizipativen Demokratie hat sich dabei in Vorarlberg jene des Bürgerrates etabliert. Unter Teilnahme von nach dem Zufallsprinzip und unter Beachtung der Diversität ausgewählten Personen gibt es dabei die Möglichkeit, allgemeine oder konkretere Themen der Gesetzgebung und der Verwaltung in einem strukturierten Prozess zu erörtern und die einschlägigen staatlichen Entscheidungsträger zu beraten. Dadurch wird nicht unmittelbar Einfluss auf die Staatsgeschäfte genommen, vielmehr zielt die Methode auf eine gleichzeitige Rückkoppelung für die Bürger und die staatlichen Entscheidungsträger ab. Neben der Zielbestimmung in der Landesverfassung wurden auch Details über Einberufung und Durchführung der Bürgerräte sowie darüber hinausgehende Folgeprozesse in einer Richtlinie festgelegt.

Abgesehen davon gibt es in Vorarlberg, wie auch in zahlreichen andere Bundesländern, weitere vielfältige Verfahren der Bürgerbeteiligung außerhalb der klassischen Formen der direkten Demokratie, so etwa die allgemeine Bürgerbegutachtung von Gesetzesentwürfen oder die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in sie betreffenden Angelegenheiten (vgl etwa § 6 des Vorarlberger Jugendgesetzes). Reformbemühungen in diese Richtung gibt es mittlerweile auch in Salzburg und Kärnten – bleibt zu hoffen, dass auch die Diskussion auf Bundesebene zu diesem Thema wieder aufgenommen wird.

VfGH: Bezirksgerichte-Verordnung rechtswidrig



Die 2012 erfolgte Zusammenlegung von Bezirksgerichten in Oberösterreich ist gesetzwidrig, weil in mehreren Fällen künftig Gerichtssprengel- und Bezirksgrenzen nicht übereinstimmen. Das hat der Verfassungsgerichtshof – auf Basis des Übergangsgesetzes 1920 – entschieden. Dem Gesetzgeber wurde eine Reparaturfrist bis 30.9.2015 eingeräumt. Bleibt zu hoffen, dass er diese nutzt, um eine grundlegende Reform der Gerichtsorganisation mit einer sinnvollen Verteilung der Bezirksgerichte umzusetzen, die an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert ist und die weitere Ausdünnung des ländlichen Raumes verhindert.

Mehrere Bezirksgerichte haben beim Verfassungsgerichtshof die Bezirksgerichte-Verordnung angefochten. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH V 4/2014-17 vom 11. März 2014) hat dazu nun entschieden, dass es durch die verfügte Zusammenlegung von Bezirksgerichten aus verschiedenen politischen Bezirken Überschneidungen gibt, also der Sprengel eines (neuen zusammengelegten) Bezirksgerichts jetzt nicht mehr mit dem Sprengel des politischen Bezirks übereinstimmt. Dies ist jedoch aufgrund des (verfassungsrangigen) Übergangsgesetzes 1920 verboten.

Wiewohl den Ländern auf die Gerichtsorganisation der Zivil- und Strafgerichte grundsätzlich keine Kompetenz zukommt, ist die Regelung der Bezirksgerichte-Sprengel auch föderalistisch interessant, zumal es nach § 8 Abs 5 lit d des Übergangsgesetzes 1920 eine Restkompetenz der Länder in Form eines Zustimmungsrechts der betreffenden Landesregierung gibt. Während die Regelung der Sitze der Gerichte in die ausschließliche Bundeskompetenz fällt, ergehen Verordnungen über die Bezirksgerichte-Sprengel von Bundes- und Landesregierung gemeinsam. Es handelt dabei um eine Länder-Zuständigkeit, die ursprünglich aus einem Begutachtungsrecht der Landtage der Monarchie stammt und 1920 zu einem Zustimmungsrecht ausgebaut wurde.

Auch wenn eine von der Rechtswissenschaft lange geforderte grundlegende Reform der Gerichtsorganisation dem Bund vorbehalten ist, können die Bundesländer immerhin über ihr Zustimmungsrecht sicherstellen, dass eine sinnvolle Verteilung der gegenwärtig (noch) 128 Bezirksgerichte an den Bedürfnissen der Bevölkerung stattfindet und so eine weitere Ausdünnung des ländlichen Raumes auch in dieser Frage hintanhalten. Vorausgesetzt, die verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa der Sprengel werden eingehalten, wie es im vorliegenden Fall eben nicht der Fall war. Der Verfassungsgerichtshof hat die entsprechenden Passagen in der Bezirksgerichte-Verordnung aufgehoben und eine Reparaturfrist bis 30. September 2015 festgelegt.

Strafvollzug: Neu eingeführte Zentralbehörde steht wieder vor Reform



Die erst vor wenigen Jahren mit BGBl I Nr 102/2006 eingeführte zentrale Vollzugsdirektion wird nach den Reformplänen des Justizministers nun wieder in Frage gestellt. Die Verwahrlosung eines Häftlings in der Vollzugsanstalt Stein, mit der hatte die Öffentlichkeit aufgeschreckt und auf Missstände in der Organisation aufmerksam gemacht. Durch die Zentralisierung sind jedenfalls keine Verbesserungen im Strafvollzug entstanden.

Die erst vor wenigen Jahren mit BGBl I Nr 102/2006 eingeführte zentrale Vollzugsdirektion wird nach den Reformplänen des Justizministers nun wieder in Frage gestellt. Hintergrund der damaligen Novelle war der Wunsch nach Bündelung der Verwaltungsaufgaben im Bereich des Strafvollzuges in einer zentralen Behörde für die Fach- und Dienstaufsicht über die Strafvollzugsanstalten sowie Gefangenenhäuser der Gerichtshöfe erster Instanz. Gleichzeitig sollte das Aufsichtsrecht der Gerichtspräsidenten über die in ihren Sprengeln liegenden Gefangenenhäuser entfallen und der neuen Strafvollzugsdirektion übertragen werden. Der Bundesgesetzgeber berief sich seinerzeit auf die betriebswirtschaftliche Prozessanalyse einer externen Studie der Jahre 2005 und 2006, derzufolge die Einführung einer zentralen Struktur präferiert wurde. Die Strafvollzugsdirektion könne über die zentrale Aufsicht „für den gesetzmäßigen Betrieb der Anstalten und […] für einen an den Vollzugszwecken und den Grundsätzen der Menschenwürde und Wiedereingliederung der Strafgefangenen und Untergebrachten orientierten, möglichst hohen Vollzugsstandard unter Bedachtnahme auf Sicherheit und Ordnung“ sorgen.

Nun wird auf Grund der jüngst kolportierten bedauerlichen Ereignisse rund um einen verwahrlosten Häftling in der Justizanstalt Stein die seinerzeitige Reform wieder in Frage gestellt und die Reform der Behörde diskutiert. Ungeachtet der Kritik auch seitens des Föderalismusinstituts (siehe dazu die Föderalismus-Info Nr 2/2006) an den fraglichen verwaltungsökonomischen Vorteilen der zentralen Stelle sei in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen, dass ein dezentrales Organisationsmodell erheblich kürzere Verfahrenswege in der ersten Instanz und einen beträchtlich geringeren Rechtsmittelaufwand bedeuten würde und eine im Vergleich zum zentralistischen Modell höhere Einbindung des Fachwissens von Mitarbeitern in den Justizanstalten bringen kann. Dahingestellt sei, inwieweit die laufende Einführung und Reform von Behörden Effizienzvorteile bringen kann.

Oberösterreichischer Landtag forciert Standortpolitik



Mit dem Symposium „Politik der Zukunft – Zukunft der Politik“ am 6. Mai in Linz sowie mit der Einsetzung eines Landtagsunterausschusses „Standort Oberösterreich“ setzt der Oberösterreichische Landtag einen Schwerpunkt in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Unter Einbindung aller relevanten Sozialpartner werden Modelle zur Behebung des Fachkräfte-Mangels entwickelt. Oberösterreich zeigt, dass Arbeitsmarktpolitik vor allem auf regionaler Ebene funktioniert und sinnvollerweise dort angesiedelt werden sollte. Der Bereich zeigt auch, dass es in diesem Politikbereich großes Potential für den Föderalismus gibt, zumal keine Zentralverwaltung in der Lage wäre, in dieser inhaltlichen Tiefe und regionalen Detailliertheit die Herausforderungen der Zeit aufzugreifen und in – auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmte – vernetzte Konzepte umzusetzen.

Mit dem Symposium „Politik der Zukunft – Zukunft der Politik“ am 6. Mai in Linz sowie mit der Einsetzung eines Landtagsunterausschusses „Standort Oberösterreich“ punktet der Oberösterreichische Landtag in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. „Föderalismus ist ein Vorteil im Standortwettbewerb, weil wir schneller zu Entscheidungen mit hoher Treffsicherheit kommen“, betonte Landtagspräsident Viktor Sigl in der Begrüßungsrede. „Es ist zu wenig, nur gut zu sein“, ortet der Landtagspräsident auch einen Veränderungsauftrag für die Politik.

Am Beispiel der Arbeitsmarktstrategie „Arbeitsplatz OÖ 2020“ präsentierte AMS-Chefin Birgit Gerstorfer gelebten Föderalismus in einem der wichtigsten Zukunftssegmente. Die Strategie besteht in einer Bündelung aller Kräfte mit dem Ziel, den Fachkräftemangel Oberösterreichs zu bekämpfen. Konkret arbeiten Wirtschaftsressort, Arbeitsmarktservice, Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung, Gewerkschaftsbund, Wirtschaftskammer und Regionalmanagement zusammen, die Technologie- und Marketinggesellschaft OÖ managt das Projekt. In 16 regionalen Workshops auf Bezirksebene wurden mehr als 500 Expertinnen und Experten einbezogen, in den zwölf thematischen Workshops auf Landesebene waren Entscheidungsträger aus 15 Organisationen beteiligt. Im Rahmen der Initiative wurde das erste Forschungsinstitut Österreichs für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik gegründet. Mehr dazu unter http://www.arbeitsplatz-oberoesterreich.at/.

Veranstaltung „Zukunft Gemeinden: Kooperieren statt Fusionieren?“



Mit den Erfahrungen der Gemeindestrukturreformen in der Steiermark und in der Schweiz setzte sich das Institut für Föderalismus bei einer Veranstaltung am 10. Juni in Schloss Hofen auseinander. Die bisherigen Erfahrungen sind zwiespältig: Großer Widerstand der Bevölkerung etwa in der Steiermark bei „Zwangsfusionen“ steht Effizienzpotenzialen bei freiwilligen Kooperationen gegenüber. Vor allem diese freiwillige Zusammenarbeit könnte noch deutlich ausgebaut werden!

Mit den Erfahrungen der Gemeindestrukturreformen in der Steiermark und in der Schweiz setzte sich das Institut für Föderalismus bei einer Fachveranstaltung am 10. Juni in Schloss Hofen auseinander. Unbestritten ist, dass die Gemeinden zunehmend unter Druck geraten. Reto Steiner von der Universität Bern brachte es auf den Punkt: „Die Aufgaben sind vielfältiger und komplexer geworden, alle müssen den ‚public service‘ erbringen, unabhängig, wie ihre Situation ist, und die ‚Bitte-sofort-Mentalität‘ hat auch in kleinen Gemeinden Einzug gehalten“. Bei Fusionen ist Vorsicht geboten, betont Institutsdirektor Peter Bußjäger zusammenfassend: „Die Bilanz von Fusionen ist zwiespältig. Wir empfehlen, Kooperationen mit größerem Engagement als bisher in Angriff zu nehmen. Auch wenn Erfolge nicht zu verkennen sind, so erweisen sich die Potenziale als bei weitem noch nicht ausgeschöpft“.

Die Steiermark geht den Weg der freiwilligen und teilweise auch verordneten Fusionen. Dutzende Gemeinden werden den Verfassungsgerichtshof anrufen. Mit größtem Interesse wartet die Fachwelt weit über die Steiermark hinaus auf die Entscheidungen des Höchstgerichtes. Maria Bertel von der Universität Innsbruck verwies in Schloss Hofen auf das Sachlichkeitsgebot, das bisher die Spruchpraxis bestimmt hat: „Bei Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern wurde die Sachlichkeit in der Regel anerkannt, es spielen aber auch geografische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen eine Rolle“. Als unsachlich habe der VfGH in der Vergangenheit Gemeindezusammenlegungen, die für die neue Gemeinde als Gesamtkomplex keinerlei Vorteile gebracht hätten, erachtet. Auch der anhaltende Widerstand der Bevölkerung spiele eine Rolle.

Die „harte Nuss“ der steirischen Reformpolitik

Bundesrat Ernst Gödl, selbst Bürgermeister einer betroffenen Gemeinde, berichtete über die Gemeindestrukturreform in der Steiermark, wo die Zahl der Gemeinden von 542 auf 288 sinken wird: Es gelte, drei Herausforderungen gleichzeitig zu meistern: eine juristische, eine politische und schlussendlich auch eine menschliche. Hier die Kurzfassung seiner Ausführungen:

Die juristische Herausforderung

Ende des Jahres 2013 verabschiedete der Landtag Steiermark mit den Stimmen der Reformpartner (SPÖ und ÖVP, Anm. d. Red.) das „Gemeindestrukturreformgesetz“, durch das ab dem Jahr 2015 neue Gemeinden auch gegen den Willen betroffener Kommunen entstehen. Es ist zu erwarten, dass einige Gemeinden bzw. Gemeindemandatare den Weg zum Höchstgericht beschreiten, um die Auflösung ihrer Gemeinde anzufechten. Mit Spannung warten daher Kommunalpolitiker wie Juristen auf die kommende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: Wird er sich an der Judikatur der letzten Gebietsreformen in den 1970er Jahren orientieren und dem Landesgesetzgeber für erzwungene Zusammenlegungen prinzipiell großen Gestaltungsfreiraum einräumen oder eine neue Linie einschlagen, indem er jene Gemeinden, deren (finanzielle) Autonomie nicht gefährdet ist, unter Schutz stellt, weil die Erreichung der postulierten Ziele wie ökonomische Effizienz und höhere Professionalität in der Verwaltung auch durch gelindere Mittel (Bildung von Verbänden) erreicht werden kann?

Die politische Herausforderung

Freilich wird die juristische Frage nur ein Nebenschauplatz sein. Denn einen Erfolg können die Reformpartner jedenfalls für sich verbuchen: 306 der 385 von der Gemeindegebietsreform betroffenen Gemeinden haben der Fusion mit einer oder mehreren Nachbargemeinden schließlich mit Gemeinderatsbeschluss zugestimmt und damit jeden Rechtsstreit ausgeschlossen. Allerdings sollten die beiden Regierungsparteien nicht die Realität aus den Augen verlieren: Nicht alle Gemeinden fassten diese Beschlüsse in einer Euphorie über die neu zu bildende Gemeinde, sondern im Banne reinen Pragmatismus. Sowohl in den Gemeinden, die sich klar gegen die Reform positionierten, als auch in jenen Gemeinden, die den pragmatischen Weg gehen, liegt die große politische Herausforderung für beide Großparteien: in einem relativ kurzen Zeitraum wieder funktionierende politische Strukturen aufzubauen, die die neue Gemeinde in ihrer Gesamtheit abbilden.

Die menschliche Herausforderung

Freilich ist in der Theorie manches einfacher als in der Praxis. Aus zwei oder drei oder mehr Gemeinden mache man eine neue, größere! In der Praxis bedeutet das unweigerlich, dass viele aktive Kommunalpolitiker von heute – von der Bürgermeisterin bis zum Gemeinderat – in den neuen Gemeinden ihre Positionen nicht mehr ausüben werden können, obwohl sie bisher leidenschaftlich und mit viel Idealismus im Dienste ihrer Gemeinde tätig waren

Schweiz: Fusionen lösen keine Finanzprobleme

In der Schweiz haben zwischen 2000 und 2010 312 Gemeinden (11%) fusioniert. Reto Steiner skizzierte in seinem Referat die fachliche Ausgangslage und die Erfahrungen in der Eidgenossenschaft, hier die Ausführungen in Kurzform: Die interkommunale Zusammenarbeit hat in den vergangenen Jahrzehnten massiv zugenommen. Eine durchschnittliche Schweizer Gemeinde kooperiert in 10 von 32 definierten Funktionen. In knapp 50 Prozent der Gemeinden werden Fusionsgespräche geführt. Aber auch bei den Prozessen innerhalb der Gemeinden gibt es Reformen: 15% der Gemeinden haben die Führungsgremien verkleinert, in 13% wurden die Möglichkeiten von Initiativen und Referenden ausgeweitet. In der Frage von Fusionen setzen die Schweizer Kantone überwiegend (71%) auf das Freiwilligkeitsprinzip, in 15% versuchen die Kantone massiv zu steuern, Zwangsfusionen sind aber die Ausnahme. Die Auswirkungen von Fusionen beschreibt Steiner wie folgt: Die finanzielle Situation verbessert sich kaum, weil der gewonnene Spielraum in die Verbesserung der Leistungserbringung in Qualität und Quantität fließt. Verbessern würden sich die Standortfaktoren und auch die Gemeindeautonomie, die politische Integration nehme aber ab.

Das Institut für Föderalismus sieht zwar die Herausforderungen einer Strukturentwicklung, ist aber gegen Zwangslösungen. Institutsdirektor Bußjäger: „Gemeindefusionen könnten mitunter dazu beitragen, strukturelle Probleme der Aufgabenerledigungen durch Kleingemeinden zu beheben, sie rechtfertigen aber keineswegs immer die nicht zu vernachlässigenden sozialen Kosten einer solchen Reform“. Das Institut empfiehlt, Kooperationen mit größerem Engagement als bisher in Angriff zu nehmen, teilweise müsse auch die Landesebene eine stärkere Rolle einnehmen.

Buchtipp: Gemeindekooperationen – der rechtliche Rahmen

Im Rahmen eines Expertenworkshops hat sich das Institut für Föderalismus bereits 2012 mit den Chancen und Potenzialen von Gemeindekooperationen auseinandergesetzt. Anlass geboten hat die Implementierung der Bundesverfassungsgesetznovelle, die die Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit deutlich ausgeweitet hat. Der Tagungsband unter dem Titel „Gemeindekooperationen: Chancen nutzen – Potenziale erschließen“, herausgegeben von Peter Bußjäger und Niklas Sonntag, ist beim Institut erhältlich.

Wechsel im Kuratorium des Instituts



Mit 30. April 2014 ist der Landesamtsdirektor von Oberösterreich, Dr. Eduard Pesendorfer, in den Ruhestand getreten. Er gehörte von Juli 2007 bis April 2014 dem Kuratorium des Instituts an und hat sich in dieser Zeit große Verdienste erworben. Er galt zweifellos als einer der führenden Verwaltungsreformer Österreichs und war wesentlich daran beteiligt, das Land Oberösterreich zu einem Vorzeigebundesland in Sachen Verwaltungsorganisation und -entwicklung zu machen. Auch Pesendorfers bisheriger Stellvertreter, Dr. Peter Sonnberger, trat mit 30. April in den Ruhestand. Das Institut dankt den langjährigen Kuratoriumsmitgliedern für ihre Unterstützung und die fachliche und engagierte Zusammenarbeit und wünscht für den Ruhestand alles Gute, vor allem weiterhin viel Gesundheit. Zu neuen Kuratoriumsmitgliedern Oberösterreichs wurden der neue Landesamtsdirektor Dr. Erich Watzl sowie Dr. Josef Krenner bestellt.

Zur aktuellen Diskussion der Strukturreform im Bildungsbereich



Angesichts der geplanten Einsparungen im Bildungsbereich flammt einmal mehr die Debatte über eine „Verländerung“ der Lehrer auf. Dabei werden allzuoft Äpfel mit Birnen verglichen. Daher in aller Kürze die Position des IFÖ: Lehrpläne, Bildungsziele und Dienstrecht beim Bund. Schulorganisation, Personalmangement, Schulaufsicht, Schulbau bei den Ländern. Ist in Summe transparenter, effizienter und auf Dauer auch kostengünstiger. Ergebnis: Klare Zuständigkeiten, Abbau jeglicher Doppelgleisigkeiten, keine komplizierten Verrechnungen, keine Über- und Über-Über-Controllings und -evaluierungen.

Die seit vielen Jahren geführten Diskussionen über Reformen in der Schulverwaltung wurden durch die jüngst artikulierten Einsparungswünsche wieder aktuell. Bei der gegenwärtigen Debatte geht es zum einen um die Kompetenz für die Lehrer und zum anderen um längst überfällige Reformen in der Schulverwaltung, die von Doppelgleisigkeiten gekennzeichnet ist. Aus föderalistischer Sicht sei dabei wiederholt auf folgende Punkte verwiesen (siehe dazu auch die Position des Instituts in der Föderalismus-Info Nr 4/2010):

·          Bundeseinheitliche Vorgaben von Lehrplänen und Bildungszielen.

·          Für das Dienstrecht soll – wie bisher – der Bund zuständig sein.

·          Aber: Übernahme sämtlicher Lehrer, auch jener an Bundesschulen, in die Vollziehungszuständigkeit der Länder bei transparenter Kostentragungsregelung.

·         Und: Die Reform der Schulverwaltung muss mit der Abschaffung der Landesschulräte (aber auch der Bezirksschulräte) verbunden sein. Die regionale Schulverwaltung kann im Rahmen der Verwaltungsorganisation der Länder besorgt werden.

Die Reformen im Schulbereich sollen mit Vernunft angegangen werden, langfristig bieten die genannten Lösungen eine effiziente Struktur, die auch den gewünschten Einsparungen entgegenkommen würde.

Österreich zu klein für neun Landesstudios?



Braucht Österreich mehr österreichische Bands auf Ö3 und sollen „in diesem Zusammenhang“ gleich die ORF-Landesstudios abgeschafft werden? Angesichts einer kuriosen Debatte, befeuert durch Statements einer Ö3-Moderatorin und Aussagen einer SPÖ-Kultursprecherin, gilt es, ein paar Dinge auf den Punkt zu bringen.

Die Diskussion rund um Aussagen einer Ö3-Moderatorin zur Qualität österreichischer Bands und ihrer Berücksichtigung in Ö3, hat ausgerechnet die Kultursprecherin der SPÖ, Elisabeth Hakel, veranlasst, nicht nur eine Österreich-Quote in Ö3 zu fordern, sondern gleichzeitig auch die Existenz der neun Landesstudios in Frage zu stellen. „Wieso braucht ein so kleines Land wie Österreich neun Landesstudios?“

Die Kultursprecherin der SPÖ sei erinnert, dass zu den Aufgaben der Landesstudios gerade auch die Berichterstattung über kulturelle Ereignisse in den Ländern zählen und zwar nicht etwa nur der sogenannten Volkskultur, sondern auch moderner und innovativer kultureller Aktivitäten. Über diese würde, wie über andere regionale Ereignisse auch, dann nur noch in sehr reduzierter Form berichtet. Wer die Landesstudios abschaffen will, der fördert auch eine Provinzialisierung des kulturellen Lebens in Österreich. Genau deshalb braucht Österreich die neun Landesstudios.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei daran erinnert, dass der Verfassungsgerichtshof 1954 die Bundeskompetenz für die Ausstrahlung von Rundfunk judiziert hat. Wenn also schon öffentlich-rechtliches Fernsehen und Rundfunk Bundessache sind, hat der Bundesgesetzgeber der föderalen Organisation Österreichs dahingehend Rechnung zu tragen, dass Landesstudios existieren, deren Aufgabe es ist, regionale Sender zu betreiben und über regionale Ereignisse Bericht zu erstatten.

VfGH: Entscheidung zu Konsultationsmechanismus



Der Bund hat mit seiner Verordnung, in der er Kosten für die Sicherung von Bahnübergängen auf die Länder abwälzt, gegen den Kosultationsmechanismus verstoßen. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden – mit weitreichenden Auswirkungen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis F 1/2013-20 vom 12. März 2014 entschieden, dass in Zusammenhang mit der Eisenbahnkreuzungsverordnung, die den Gemeinden als Straßenerhalter für Gemeindestraßen bauliche Maßnahmen zur Sicherung von Eisenbahnkreuzungen vorschreibt, gegen den Konsultationsmechanismus verstoßen wurde. Der Österreichische Gemeindebund verlangte nach Übermittlung eines Verordnungsentwurfes der Verkehrsministerin die Aufnahme von Verhandlungen über die den Gemeinden daraus entstehenden Kosten, doch wurde in der Folge das Konsultationsgremium weder konstituiert noch einberufen. Der VfGH stellte nun in einem Verfahren nach Art 138a B-VG fest, dass der Bund gegenüber dem Österreichischen Gemeindebund die aus der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus folgenden Verpflichtungen bei der Verwirklichung der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 nicht erfüllt hat (siehe dazu die Beiträge von Peter Bußjäger, Rechtsfragen zum Konsultationsmechanismus, ÖJZ 2000, 581 ff und Konsultationsmechanismus auf dem Prüfstand, ÖHW 2005, 106 ff). Die Konsequenz daraus ist, dass ein Ersatz der durch die Verwirklichung des betreffenden Vorhabens zusätzlich verursachten Kosten zu leisten ist, wobei die Ersatzpflicht jene Gebietskörperschaft trifft, welche die betreffende Verordnung erlassen hat, in diesem Fall der Bund. Das Erkenntnis macht deutlich, dass der Konsultationsmechanismus ein wichtiges Instrument des kooperativen Föderalismus darstellt und jedenfalls ernst zu nehmen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Konsultationsverfahren in Zukunft korrekt ablaufen.

Abgesehen davon macht der VfGH auch die Bedeutung der Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Rechtssetzungsvorhaben klar. Der Literatur folgend handle es sich dabei nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift: Mit der Übermittlung eines Vorhabens im Sinne des Art 1 Abs 1 der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus, in das keine Darstellung der finanziellen Auswirkungen im Sinne des Art 1 Abs 3 leg cit aufgenommen wurde, wird den gegenbeteiligten Gebietskörperschaften „keine Gelegenheit zur Stellungnahme“ zum Rechtsetzungsvorhaben innerhalb der in Art 1 Abs 4 leg cit genannten Fristen gegeben, sodass in solchen Fällen die Kostentragungsverpflichtung die rechtsetzende Gebietskörperschaft trifft.

Untersuchungs-Ausschuss als Minderheitenrecht: Rechtslage in den Ländern



Während im Nationalrat zum wiederholten Male über Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht diskutiert wird, haben zahlreiche Länder diesen parlamentarischen Kontrollmechanismus schon längst eingeführt.

Auf Bundesebene wird seit vielen Jahren und nun zum wiederholten Male eine Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse diskutiert, bislang jedoch ohne Erfolg. Bereits 2009 gab es Konsens darüber, das deutsche Modell zu übernehmen, einschließlich des Rechts der parlamentarischen Minderheit, Untersuchungsausschüsse einsetzen zu können (siehe dazu auch den Beitrag von Pascale Cancik, Parlamentarische Kontrolle in den deutschen Bundesländern – neuere Entwicklungen, in: Bußjäger [Hg], Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle [2008] 27 ff). Das Institut für Föderalismus begrüßt die Reformvorschläge, möchte aber auch darauf hinweisen, dass dies bereits jetzt in fünf österreichischen Landtagen der Fall ist: In Salzburg (Art 28 Abs 5 Landes-Verfassungsgesetz), der Steiermark (Art 24 Landes-Verfassungsgesetz), Tirol (Art 23 Abs 8 Tiroler Landesordnung), Vorarlberg (Art 66 Landesverfassung) und Wien (§ 59a Stadtverfassung) steht das Recht auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Minderheit zu, in Vorarlberg und Wien als sogenannte Untersuchungskommissionen. Dem Bundesgesetzgeber steht es natürlich frei, bei den Ländern Anregungen zur Reform einzuholen, in jedem Fall gehen sie dabei mit gutem Beispiel voran.

Geplante Verfassungsnovelle zur Informationsfreiheit



Ende April wurde ein Begutachtungsentwurf betreffend Regelungen über die Informationsfreiheit präsentiert. So soll das bisherige System der Amtsverschwiegenheit als Regel und der Auskunft als Ausnahme zu Gunsten der Informationsfreiheit umgedreht werden. Eine aus Sicht des IFÖ grundsätzlich sinnvolle Entscheidung, bei deren Umsetzung aber auf Fallstricke im Detail zu achten sein wird.

Vorgesehen ist etwa eine grundsätzliche Verpflichtung von nunmehr auch Organen der Gesetzgebung sowie wie bisher der Verwaltung und – neu – von öffentlichen Unternehmungen auf Zugänglichmachung von Informationen. Es handelt sich dabei um Informationen von allgemeinem Interesse, insbesondere allgemeine Weisungen, Statistiken, Gutachten und Studien, die von diesen Organen erstellt oder in Auftrag gegeben wurden.

Grundsätzlich begrüßt das Institut für Föderalismus bundesverfassungsrechtliche Regelungen, die Aspekte der Informationsfreiheit und des Zugangs der Bürger zu staatlichen Informationen enthalten, als zeitgemäß und sinnvoll. Insbesondere in Bezug auf die teilweise unbestimmt gehaltenen Ausnahmen von der Informationspflicht können sich dabei allerdings in der Praxis schwierige Abgrenzungsfragen stellen. Aus föderalistischer Sicht ist es zudem wichtig, dass diese Regelungen den Charakter von grundsätzlichen Verpflichtungen der Landes- und Gemeindeorgane nicht überschreiten und auf Landesebene einen Spielraum für auf die konkreten Verhältnisse und sachlichen Erfordernisse angepasste Lösungen belassen. Aus verwaltungsökonomischer Sicht ist es erforderlich, dass diese Regelungen die Verwaltungen nicht überfordern und nicht zu einer ausufernden Bürokratie führen. Kritisch ist ferner zu sehen, dass die nähere Umsetzung der Bestimmungen hinsichtlich der Organe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände bzw weiterer Einrichtungen im Nahebereich dieser Organe in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache sein soll. Es wird nicht verkannt, dass schon bisher das Auskunftsrecht in diesem Bereich Grundsatzkompetenz des Bundes ist (Art 20 Abs 4 B-VG). Allerdings hat sich das System der Grundsatzgesetzgebung auch in diesem Bereich bisher nicht bewährt und zu in der Tendenz überschießenden Regelungen geführt, sodass die Länder in der Umsetzung ihrer bundesverfassungsrechtlich festgelegten Informationsverpflichtungen überhaupt nur durch die Bundesverfassung selbst gebunden sein sollten.

Veranstaltung „Zukunft Gemeinden: Kooperieren statt Fusionieren?“ am 10. Juni in Bregenz



Am 10. Juni 2014 findet in Schloss Hofen bei Bregenz eine Veranstaltung des Instituts zum Thema „Zukunft Gemeinden: Kooperieren statt Fusionieren?“ statt.

Als Referenten erwartet werden unter anderem Reto Steiner (Universität Bern), der über Erfahrungen mit Gemeindefusionen in der Schweiz berichtet und Maria Bertel (Universität Innsbruck), die zu verfassungsrechtlichen Schranken von Gemeindefusionen und -kooperationen in Österreich referiert. Ebenso geplant ist eine Podiumsdiskussion zu Gemeindezusammenarbeit aus Sicht der Praxis. Näheres wird auf der Homepage des Instituts bekanntgegeben, Beginn ist um 17 Uhr, Anmeldung unter institut@foederalismus.at erbeten.

Veranstaltungshinweis „Politik der Zukunft – Zukunft der Politik“ am 6. Mai in Linz



Der Oberösterreichische Landtag veranstaltet ein Symposium „Politik der Zukunft – Zukunft der Politik“ zum Thema „Starke Regionen nützen globale Chancen“.

Die Veranstaltung widmet sich im Besonderen den Zusammenhängen von Wirtschaft, Föderalismus und Arbeitsmarkt. Details zum Programm finden Sie auf der Homepage des Instituts unter www.foederalismus.at. Das Symposium findet am Dienstag, 6. Mai 2014 um 10 Uhr in der voestalpine Stahlwelt in Linz statt. Anmeldungen und Informationen unter ltdion.post@ooe.gv.at.

EURAC-Programm „Federal Scholar in Residence“



Die Europäische Akademie in Bozen lädt auch für das Jahr 2015 wieder Interessierte aus Wissenschaft und Praxis ein, sich für das Programm „Federal Scholar in Residence“ zu bewerben.

Angeboten wird ein Forschungs- und Lehraufenthalt an der EURAC in Zusammenhang mit der Winter School on Federalism. Bewerbungsende ist der 1. Juli 2014. Näheres zu den Modalitäten gibt es im Internet unter www.eurac.edu/federalscholar.

Landesverfassungsreformen in Kärnten und im Burgenland geplant



Nachdem im Jahre 2010 die Steiermark eine neue Landesverfassung erließ, gibt es gegenwärtig Bestrebungen, in Kärnten und im Burgenland die Landesverfassungen zu reformieren bzw neu zu fassen. Dabei soll unter anderem das Proporzsystem in der Regierung abgeschafft werden. In Kärntnen ist zudem eine breite Bürgerbeteiligung am Reformprozess geplant. Aus föderalistischer Sicht sind die Reformbestrebungen jedenfalls zu begrüßen, stellen sie doch das reformatorische Potenzial der Landesverfassungen unter Beweis – gerade Aufgaben- und Strukturreformen und Aspekte der Verwaltungstransparenz und Demokratiestärkung werden etwa auf Bundesebene seit langem diskutiert und kaum umgesetzt, in den Ländern jedoch trotz des bundesverfassungsrechtlich stark eingegrenzten Spielraums der Landesverfassungen sukzessive vorangetrieben.

In Kärnten und im Burgenland soll das Proporzsystem abgeschafft werden, das Burgenland plant zudem eine große Demokratiereform unter Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts. In Kärnten sollen dem Regierungsprogramm nach im Zuge der Novellierung der Landesverfassung die Kontroll- und Minderheitsrechte des Landtages ausgebaut und umfassend gestärkt werden, ebenso wie der Landesrechnungshof. Im Sinne des „Open Government“ werden die Koalitionsparteien Informationen über Politik und Verwaltung grundsätzlich frei zugänglich machen, sofern keine Datenschutz-Bedenken dagegen sprechen, ferner werden mit einem „Transparenzgesetz“ Informationspflichten der Landesorgane, des Landtages und der ausgegliederten Rechtsträger ausgeweitet. Der Bereich der Exekutive soll einer Aufgaben- und Strukturreform unterzogen werden. In einem Verfassungskonvent wird den BürgerInnen des Landes die Möglichkeit eröffnet, sich an diesen Prozess der Neugestaltung der Verfassung aktiv zu beteiligen. Auch die slowenische Volksgruppe wünscht entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten, wie dies jüngst auch im Rahmen einer Tagung in Tainach am 21. Februar, an der neben Bernd-Christian Funk, Peter Pernthaler und Karl Weber auch Institutsdirektor Peter Bußjäger als Referent aufgetreten ist, zum Ausdruck gelangt ist.

Praxis des Konsultationsmechanismus vor dem Verfassungsgerichtshof



Erstmals hat der Gemeindebund den Verfassungsgerichtshof wegen einer Verletzung des Konsultationsmechanismus angerufen. Es handelt sich um das erste derartige Verfahren vor dem VfGH und damit auch eine richtungsweisende Entscheidung hinsichtlich der Praxis des Konsultationsmechanismus. Anlass ist die neue Eisenbahnkreuzungsverordnung, mit der der Bund Kosten auf die Gemeinden abwälzt.

Am 1. September 2012 trat die neue Eisenbahnkreuzungsverordnung in Kraft, deren Ziel es unter anderem war, die Sicherheit auf den unfallanfälligen Eisenbahnkreuzungen in Österreich zu erhöhen. Vorgesehen sind darin die Evaluierung aller Eisenbahnkreuzungen sowie anschließende Sicherungsmaßnahmen. Auf Grund der zu erwartenden Kosten vor allem für die Gemeinden, die größtenteils dafür aufkommen müssen, wurde bereits im Jahr 2011 von sieben Bundesländern sowie dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund der Konsultationsmechanismus ausgelöst. Gemäß der Vereinbarung haben die rechtsetzenden Gebietskörperschaften Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, im konkreten Fall der Bund seine Verordnungsentwürfe samt einer Darstellung der finanziellen Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften allen Partnern zur Stellungnahme zu übermitteln. Für den Fall, dass ein Rechtsetzungsvorhaben finanzielle Belastungen anderer Gebietskörperschaften nach sich zieht, können die gegenbeteiligten Gebietskörperschaften verlangen, dass in einem sogenannten Konsultationsgremium Verhandlungen über die durch dieses Vorhaben zusätzlich verursachten finanziellen Ausgaben aufgenommen werden.

Abgesehen von einer Verlängerung der Umsetzungsfrist der Sicherungsmaßnahmen auf 17 Jahre nach Inkrafttreten wurde hinsichtlich der Kosten keine Änderung in der Verordnung vorgenommen wie auch das Konsultationsgremium bislang nicht einberufen wurde. Nachdem nun auf die Gemeinden die offenbar erwarteten Kosten zukommen und der Bund aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes wesentliche Pflichten des Konsultationsmechanismus verletzt hat, rief dieser im Juli 2013 erstmals den Verfassungsgerichtshof mit einem Antrag gemäß Art 138a Abs 1 B-VG an. Der Verfassungsgerichtshof wird darin ersucht, festzustellen, inwieweit der Konsultationsmechanismus verletzt wurde. Es wird seitens des Gemeindebundes nicht ausgeschlossen, dass in einem weiteren Verfahren die allenfalls bestehenden Kostentragungspflichten des Bundes klageweise geltend gemacht werden.

Projekt „POP! Paths of Participation!“



Das Institut für Föderalismus beteiligt sich als Partner an dem von der Europäischen Akademie in Bozen betriebenen Projekt „POP! Paths of Participation!“. Das grenzüberschreitende und zweisprachige Projekt (teilfinanziert durch das EU-Programm „Youth in Action“ und die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino) hat zum Ziel, junge Erwachsene mit unterschiedlicher Herkunft und Bildungsstand für politische Beteiligung zu begeistern.

Hauptanliegen von POP ist es, demokratische Beteiligungsformate zu hinterfragen, Inputs für eine effizientere Demokratie zu liefern sowie eine Ideenwerkstatt für nachhaltige politische Partizipation zu schaffen. Die TeilnehmerInnen dieses Projektes werden befähigt, sich aktiv an der Ausgestaltung neuer Demokratieprozesse zu beteiligen. Insgesamt werden am Projekt 45 junge Erwachsene teilnehmen, die in drei Arbeitsgruppen – jeweils in Bozen, Trient und Innsbruck – aufgeteilt sind.

In den drei einzelnen Arbeitsgruppen werden die TeilnehmerInnen eigenverantwortlich Wege der demokratischen Willensbildung analysieren, kritisch hinterfragen und revidieren. Unter Einbindung lokaler Entscheidungsträger ergibt sich dadurch ein besonderer Mehrwert sowohl für die Weiterentwicklung des Demokratieverständnisses in den jeweiligen Landesteilen, als auch für die wissenschaftliche Kooperation und deren Vernetzung im Raum der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Die Teilnehmer stehen mittels sozialer Netzwerke im ständigen Austausch bezüglich ihrer „Pfade der Partizipation“, koordiniert von der EURAC und seinen Projektpartnern und werden sich im Laufe des Projekts zweimal gemeinsam in Bozen treffen. Nähere Infos gibt es unter www.eurac.edu/pop.

„Aufwind für demokratische Innovationen“



Am 19. Februar 2014 fand in der Edmundsburg in Salzburg die vom Föderalismusinstitut gemeinsam mit dem Institut für Staatsorganisation und Verwaltungsreform und der IG Demokratie ausgerichtete Veranstaltung „Aufwind für demokratische Innovationen“ statt.

Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf ging in ihrem Eröffnungsvortrag vor allem auf die gegenwärtigen Reformbemühungen zur Stärkung der direkten Demokratie in Salzburg ein, Institutsdirektor Peter Bußjäger und Mitherausgeber Alexander Balthasar stellten den neuen Band der Schriftenreihe („Direkte Demokratie im Diskurs“) vor. Der ehemalige Präsident des Bundesrates Herwig Hösele folgte mit einem kritischen Referat zur gegenwärtigen Situation der Demokratie in Österreich und in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung von Gerhard Schwischei von den Salzburger Nachrichten erörterten die Diskutanten Ursula Maier-Rabler (Universität Salzburg), Stefan Schartlmüller (IG Demokratie) und Stefan Lins (Büro für Zukunftsfragen, Bregenz) Verfahrensfragen der direkten Demokratie. Im Vordergrund standen dabei die Informationspolitik gegenüber den Bürgern sowie die Medienkonzentration in Österreich, Aspekte der Europäischen Bürgerinitiative sowie vor allem die Möglichkeiten der neuen Kommunikationstechnologien für die Erweiterung der Instrumente direkter Demokratie, einschließlich einem praktischen Fallbeispiel des „systemischen Konsensierens“. Siehe dazu auch den Nachbericht der IG Demokratie unter www.demokratiebuero.at.

„20 Jahre Kongress und Ausschuss der Regionen“



Anna Gamper (Universität Innsbruck) erörterte in ihrem Eröffnungsvortrag „Die Stellung der Regionen und Gemeinden in Europa – Bilanz und Ausblick“ ua auch rezente Dezentralisierungsprozesse im europäischen Raum, sodann referierten Rudolf Hrbek (Universität Tübingen) und Walter Obwexer (Universität Innsbruck) jeweils zur politikwissenschaftlichen und europarechtlichen Perspektive. In den Statements der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Institutsdirektor Peter Bußjäger diskutierten Generalsekretär Gerhard Stahl, die ehemaligen Landeshauptleute Martin Purtscher und Franz Schausberger, sowie Ulla Kalbfleisch-Kottsieper über praktische Erfahrungen der Mitwirkung von Regionen und Gemeinden auf europäischer Ebene. Diskutiert wurden unter anderem die unterschiedliche institutionelle Ausstattung der Regionen in Europa, die Gefährdung regionaler Strukturen durch Zentralisierungstendenzen vor allem in Krisenzeiten sowie die Handhabbarkeit des Subsidiaritätsprinzips.

Neues Buch zum Thema unabänderliches Verfassungsrecht



Vašek beschäftigt sich dabei auch mit der Frage der Unabänderlichkeit des österreichischen Bundesstaats. Er kommt dabei mit der Mehrheit der Lehre zum Schluss, dass die Verankerung des bundesstaatlichen Systems verfassungsrechtlich keineswegs unumgänglich sei. In seiner Darstellung wird aber auch deutlich, wie verhältnismäßig schwach die österreichische Bundesstaatlichkeit, insbesondere die Einwirkungsmöglichkeiten seitens der Länder ausgestaltet sind. Auch die Rechtsprechung des VfGH zu grundsätzlichen Fragen des Föderalismus erweist sich als sehr zurückhaltend. Interessant sind die Ausführungen zur Frage des gesamtändernden Charakters der B-VG-Novelle 2008 bezüglich der Grenzänderungen der Länder, der in Zusammenschau mit dem demokratischen Prinzip vom Autor bejaht wird. Diese und andere Fragen auch der möglichen Änderungsresistenz hinsichtlich des demokratischen und republikanischen Prinzips machen das Buch zu einer durchaus empfehlenswerten verfassungsrechtlichen Lektüre.

Veranstaltungshinweis: Tagung zu Korruptionsbekämpfung am 8. und 9. Mai



Am 8. und 9. Mai 2014 findet in Innsbruck die Internationale Tagung „Korruptionsbekämpfung – Präventiv- und Repressivmaßnahmen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene“ statt. In Kooperation mit dem Land Tirol, der Stadt Innsbruck sowie dem Kongress und Ausschuss der Regionen wird das Thema unter straf- und europarechtlichen Gesichtspunkten erörtert sowie mit Praktikern aus der Bundes-, Landes- und Europapolitik und dem Ausland diskutiert. Das Programm einschließlich des Anmeldeformulars ist auf der Homepage des Instituts unter www.foederalismus.at abrufbar.

Veranstaltungshinweis: ÖVG-Frühjahrstagung 2014



Die Österreichische Verwaltungswissenschaftliche Gesellschaft veranstaltet am 2. April 2014 am Bundesverwaltungsgericht in Wien wieder ihre Frühjahrstagung, diesmal zum Thema „Staatsaufgaben und Staatsaufgabenreform“. Als Referenten erwartet werden unter anderem Ulrich Zellenberg von der Wirtschaftskammer Österreich, Bernhard Raschauer von der Universität Wien sowie Norbert Weinrichter vom Rechnungshof. Details zum Programm gibt es unter www.oevg.info.

Das neue Regierungsprogramm aus föderalistischer Sicht



Das Ende Dezember 2013 vorgelegte Regierungsprogramm der SPÖ/ÖVP-Bundesregierung für die Jahre 2013-2018 berührt in vielen Punkten das bundesstaatliche System. Auch wenn viele Themen erst in zahllosen Arbeitsgruppen konkretisiert werden sollen, bleibt die Gefahr weiterer Zentralisierungen aktuell. Spannend wird, was die geplante Föderalismus-Kommission im Parlament leisten soll. Wachsamkeit der Länder ist jedenfalls gefordert. Eine ausführliche Bewertung des Regierungsprogramms durch das Institut ist unter www.foederalismus.at abrufbar.

·      Im Kapitel „Staatsreform und Demokratie“ werden eine Modernisierung der Kompetenzverteilung sowie eine verbesserte Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung im Wege des Bundesrates in Aussicht genommen. Dazu soll eine „Föderalismusreformkommission“ eingesetzt werden, die unter Einbeziehung der Länder Vorschläge für entsprechende Änderungen der Bundesverfassung ausarbeiten soll. Der Bundesrat soll in seinen Aufgaben gestärkt, in seiner Zusammensetzung verschlankt und wirksamer sowie kostengünstiger gestaltet werden, wobei Details dazu nicht genannt werden – offenkundig ist an eine Beschickung des Bundesrates mit Landtagsabgeordneten gedacht.
·      Konkret vorgesehen sind eine flexiblere Ausgestaltung der Art 15a B-VG-Vereinbarungen einschließlich ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit, eine Reduktion der wechselseitigen Zustimmungsrechte von Bund und Ländern bei Änderungen der Verwaltungs- bzw Gerichtsorganisation sowie eine Verbesserung der der Koordination im Katastrophenschutz. Hier sei darauf hingewiesen, dass sich die Kompetenz des Bundes auf die Koordination der Ressourcen des Bundes beschränken muss und nicht in die Koordinationsbefugnisse auf Landesebene eingreifen darf.
·      Auch der bereits im vergangenen Jahr diskutierte Ausbau der direkten Demokratie wird weiterverfolgt und eine Enquete-Kommission zur Ausarbeitung konkreter Vorschläge eingesetzt. Hier wird darauf zu achten sein, dass die Kritikpunkte, die gegenüber dem Entwurf des Vorjahres geäußert wurden, entsprechend bereinigt werden. Wichtig wäre es aus föderalistischer Sicht auch, wenn bei dieser Gelegenheit die Verfassungsautonomie der Länder in diesem Zusammenhang ausgeweitet (und nicht etwa eingeschränkt) würde, eine Einbeziehung der Länder in die Enquetekommission wäre jedenfalls wünschenswert.
·      Mit der Einrichtung eines Amtes der Bundesregierung soll eine alte Länderforderung umgesetzt werden. Wichtig schiene hier auch die Einrichtung legistischer Dienste, wie dies etwa in den Ämtern der Landesregierungen der Fall ist. Gerade auf der Bundesebene könnte eine konzentrierte Legistik maßgeblich zu einer Verbesserung der Gesetzesqualität beitragen.
·      Begrüßenswert ist ferner die Ankündigung, die Informationsfreiheit vor das Amtsgeheimnis treten zu lassen, wenngleich hier noch keine konkreten Pläne im Regierungsprogramm artikuliert wurden.
·      Im Bereich Finanzen geplant ist ein bundesweites Spekulationsverbot in Verfassungsrang, die Umsetzung des risikoaversen Finanzgebarens soll durch ein Bundesverfassungsgesetz sowie eine Art 15a B-VG-Vereinbarung und ein einfaches Bundesgesetz erfolgen. Die Details der Umsetzung sollen auf den bereits formulierten Gesetzen vom April 2013 aufbauen.
·      Eine weitere Arbeitsgruppe soll schließlich Vorschläge für eine Reform des Finanzausgleichs erarbeiten. Auch hier sollen wieder Doppelgleisigkeiten vermieden und die Effizienz gestärkt werden, jedoch ist von einer Stärkung der Steuerautonomie der Länder keine Rede.
·      In verschiedensten Bereichen sind Vereinheitlichungen vorgesehen, nicht nur auf Bundesebene (wie etwa im Dienstrecht) sondern auch in Form von neuen Bundeskompetenzen, so ist etwa an eine Vereinheitlichung des Wettwesens oder auch wieder des Jugendschutzes gedacht. Diese und andere Vorhaben im Regierungsprogramm bergen erneut die Gefahr zahlreicher Zentralisierungen, insbesondere auch etwa im Förderungswesen, im Anlagenrecht, Raumordnungsrecht, auch wenn immer wieder an ein kooperatives Vorgehen mit den Ländern appelliert wird.
Insgesamt fällt eine Bewertung aus föderalistischer Sicht durchwachsen aus, große Würfe sind wohl eher nicht zu erwarten. Kaum mehr zu überschauen ist die Zahl der Arbeitsgruppen, die ins Leben gerufen werden sollen. Der kooperative Föderalismus wird vor großen Herausforderungen stehen, besondere Aufmerksamkeit wird vor allem der Föderalismuskommission im Parlament zu schenken sein. Es wird sich zeigen inwiefern die angekündigten Vorhaben umgesetzt werden.

Veranstaltungsankündigung: „20 Jahre Kongress und Ausschuss der Regionen“



Am 27. Februar findet im Landhaus in Innsbruck die Veranstaltung „20 Jahre Kongress und Ausschuss der Regionen – Die Vertretung der Regionen und Gemeinden in Europarat und Europäische Union“ statt. Ausschuss und Kongress der Regionen verfolgen den Zweck, den Interessen der Regionen und Gemeinden auf der europäischen Ebene sowie innerhalb der Mitgliedstaaten eine stärkere Stimme zu verleihen. Im Rahmen der Tagung werden sowohl der status quo beleuchtet, als auch Perspektiven entwickelt. Als Referenten erwartet werden unter anderem Anna Gamper, Walter Obwexer, Rudolf Hrbek und Institutsdirektor Peter Bußjäger, ferner ist eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion geplant. Details zum Programm werden in Kürze auf www.foederalismus.at bekannt gegeben.

Veranstaltung und neue Publikation zur Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien



Im Rahmen der Feierlichkeiten „40 Jahre Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft“ veranstaltet die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft am 31. Jänner 2014 in Eupen die Tagung „Small is beautiful“. Sie richtet sich an Wissenschaftler, Amtsträger aus Politik und Verwaltung und wird auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein. Es werden neueste Ergebnisse zu Fragen der Grenzregion, Minderheiten und des Kleingliedstaats vorgestellt, ferner Praxisbeispiele aus Regionen mit ähnlichen Eigenschaften wie die Deutschsprachige Gemeinschaft. Details zur Veranstaltung sind unter www.dgparlament.be abrufbar. In diesem Zusammenhang erschien kürzlich auch eine umfangreiche Publikation, herausgegeben von Kathrin Stangherlin und Stephan Förster, die sich dem multinationalen Föderalstaat Belgien widmet. Die Publikation ist als Schwerpunktheft Nr 4/2013 des „Europäischen Journals für Minderheitenfragen“ im Verlag Österreich erschienen.

Neuerscheinungen in der Schriftenreihe des Instituts



Gleich zwei neue Bände gibt es in der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus: Der Band „Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren“ enthält die Referate der gleichnamigen Tagung vom April 2013 und widmet sich im Besonderen Rechtsfragen in Zusammenhang mit den seit Jänner 2014 tätigen Landesverwaltungsgerichten. Der Band „Direkte Demokratie im Diskurs. Beiträge zur Reform der Demokratie in Österreich“ fasst die Beiträge zweier Veranstaltungen der Jahre 2012 und 2013 zu Fragen des möglichen Ausbaus der direkten Demokratie in Österreich zusammen.

Im Band „Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren“, herausgegeben von Peter Bußjäger, Anna Gamper, Christian Ranacher und Niklas Sonntag behandeln die Beiträge verfassungsrechtliche Grundlagen, organisationsrechtliche Rahmenbedingungen sowie ausgewählte Probleme des Verfahrensrechts der neuen Gerichte. Das Buch ist als Band 117 in der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.
 
Der Band „Direkte Demokratie im Diskurs. Beiträge zur Reform der Demokratie in Österreich“, herausgegeben von Peter Bußjäger, Alexander Balthasar und Niklas Sonntag, untersucht sowohl den Stand der Diskussion auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene als auch ausgewählte Fallbeispiele der jüngeren direkt-demokratischen Praxis in einzelnen Bundesländern. Hinzu kommen rechtsvergleichende Beiträge über die Praxis der direkten Demokratie in anderen europäischen Staaten sowie den europarechtlichen Kontext. Das Buch wird voraussichtlich im Februar in der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press erscheinen.

„.tirol“ und „.wien“ – föderalistisches Internet ;-)



Ab kommendem Frühjahr werden neben den bekannten Internet-Adress-Endungen wie „.com“ oder „.at“ neue hinzukommen, so sind die Endungen „.wien“ und „.tirol“ geplant. Es wird davon ausgegangen, dass die neuen Internet-Domains nicht nur für Gebietskörperschaften von Interesse sein werden, sondern auch für Firmen, die ihren Internetauftritt verbessern wollen. Auch aus föderalistischer Sicht sind die neuen Domains natürlich begrüßenswert, zeigen sie doch auch im world wide web die bundesstaatliche Struktur und vielleicht gibt es in absehbarer Zeit auch „alle Neune“ bei den Internet-Adressen.


2013


Koalitionsverhandlungen – Länderforderungen an die neue Bundesregierung



Die Bundesländer haben diese Woche im Rahmen einer Landeshauptleute-Konferenz ihre Forderungen an die neue Bundesregierung formuliert und gleichzeitig ihre Bereitschaft zu Reformen bekräftigt. So erklären sich die Länder bspw bereit, Sonderbehörden des Bundes in die Landesverwaltung zu integrieren und an einer dringend nötigen Verfassungsreform mitzuwirken. Die Länder fordern aber auch, dass die finanzielle Bedeckung von immer mehr Aufgaben, die der Bund auf die Länder abwälzt, sichergestellt wird.

Mitte Oktober wurden die acht Untergruppen einschließlich ihrer Vorsitze für die laufenden Koaltionsverhandlungen festgelegt. Betreffend den Bundesstaat bedeutsam sind im Besonderen die Untergruppen „Finanzen – Budget, Steuern, Entlastung, Schuldenabbau“ sowie „Staatsreform und direkte Demokratie – Verfassung, Föderalismus, öffentlicher Dienst“.
Die Landeshauptleutekonferenz beschloss am 12. November 2013 die Länderforderungen an die neue Bundesregierung, die sich im Wesentlichen den Themen kooperativer Bundesstaat, Gesundheit, Bildung und Finanzen widmen. Im Besonderen betonen die Länder ihre Bereitschaft, an einer Verfassungsreform konstruktiv mitzuwirken um vor allem einen Ausbau der Verfassungsautonomie der Länder, die Reform des Bundesrates und der Kompetenzverteilung zu beschließen. Die Koordinierungsbefugnisse in Krisen- und Katastrophenfällen sollen klargestellt und den Ländern übertragen werden, ebenso wie Sonderbehörden des Bundes auf Länderebene in die bestehenden Verwaltungsstrukturen integriert werden sollten. Die Einführung eines „Amtes der Bundesregierung“ im Sinne einer besseren Koordination analog zu den Ämtern der Landesregierung wird ebenso angeregt wie die unmittelbare Anwendbarkeit von Art 15a B-VG-Vereinbarungen und gleichwertige Vorschlagsrechte für die Mitglieder der gemeinsamen Organe von Bund und Ländern wie die Gerichthöfe des öffentlichen Rechts oder des Rechnungshofes.
In den Bereichen Gesundheit und Bildung wird neben der Fortsetzung bereits eingeleiteter Reformmaßnahmen vor allem auch die entsprechende finanzielle Ausstattung eingemahnt, wie im Übrigen auch im Bereich der Wohnbauförderung. In diesem Zusammenhang weisen die Länder auch auf die kommenden Finanzausgleichsverhandlungen hin, wo besonders auf eine adäquate Finanzausstattung der Gebietskörperschaften Bedacht zu nehmen sei. Bezüglich der Weiterentwicklung des Haushaltswesens sowie einheitlicher Grundsätze des Haushaltsrechts und der risikoaversen Finanzgebarung sprechen sich die Länder für eine konsensuale und partnerschaftliche Vorgangsweise etwa im Wege einer Art 15a B-VG-Vereinbarung aus.

VfGH entscheidet über Bundesratsmandate



Der Verfassungsgerichtshof hat eine Anfechtung der Wahl der Bundesräte im niederösterreichischen Landtag abgewiesen. Die Grünen hatten diese Wahl beeinsprucht, weil ihrer Meinung nach bei dieser Wahl das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip missachtet wurde.

Am 17. September 2013 (W I 4/2013-11) entschied der Verfassungsgerichtshof über eine Wahlanfechtung betreffend Bundesratsmitglieder aus Niederösterreich. Hintergrund war die Wahl der Bundesräte in der konstituierenden Sitzung des Landtags am 24. April 2013, in der ein Wahlvorschlag des Grünen Landtagsklubs nicht zur Abstimmung kam. Die von den Grünen betriebene Anfechtung der Wahl berief sich unter Verweis auf das wahlrechtliche „Homogenitätsprinzip“ auf die anteilige Sitzverteilung, die sich ihrer Meinung nach der Anzahl der Wählerstimmen und nicht nach der Mandatsverteilung im Landtag richten solle.
Der Verfassungsgerichtshof wies die Anfechtung ab und begründete dies – unter weitgehendem Verweis auf die Vorjudikatur – damit, dass die Anzahl der abgegebenen Stimmen nur bei Mandatsgleichstand ausschlaggebend seien und im Übrigen nach den Vorgaben sowohl des Art 35 Abs 1 B-VG und des diesen wiederholenden § 21 der Geschäftsordnung des Niederösterreichischen Landtags die Mandatsverteilung ausschlaggebend sei. Zudem gelte das Homogenitätsprinzip kraft dieser verfassungsrechtlichen Anordnung nur für die Wahlen zu den Landtagen und den Gemeinderäten und (weil die für die Wahl der Mitglieder des Bundesrates maßgebende Bestimmung des Art 35 B-VG einen entsprechenden Verweis nicht enthält) nicht auch für die Wahl der Mitglieder des Bundesrates, der überdies nicht direkt vom Volk gewählt werde.

Irland: Abstimmung über Abschaffung des Senats gescheitert



In einer Volksabstimmung haben sich die Iren mit knapper Mehrheit gegen die Abschaffung der zweiten Parlamentskammer, den Senat, ausgesprochen. Diese zweite Kammer ähnelt mehr dem britischen Oberhaus als den klassisch föderalen Kammern Deutschlands und Österreichs. Hohe Kosten und weitgehende Machtlosigkeit als Argumente gegen den Senat bekamen keine Mehrheit.

Die mögliche Abschaffung der zweiten Kammer des irischen Parlaments, des Senats (Seanad Eireann) war Gegenstand einer Volksabstimmung am 4. Oktober 2013. Dabei sprachen sich 51, 7% der irischen Bevölkerung für die Beibehaltung des Senats aus. Der irische Premierminister Enda Kenny begründete die geplante Abschaffung des Seanad Eireann mit Kostengründen, wonach die zweite Kammer Irland jährlich 20 Mio Euro koste, zudem sei sie weitgehend machtlos und zudem nicht demokratisch. In der Tat wurde der irische Senat erstmals bereits 1936 abgeschafft, jedoch nur ein Jahr später mit Erlassung der neuen Verfassung wieder eingeführt. Der irische Senat ist keine klassische föderale Kammer, wie etwa der Bundesrat in Österreich oder Deutschland, sondern eher eine Art Oberhaus – er besteht aus 60 Mitgliedern, die von örtlichen Kollegien aus Politikern und Wissenschaftlern gewählt werden. Das größte Machtmittel des Senats besteht in der Möglichkeit, ein vom Unterhaus verabschiedetes Gesetz für 90 Tage aufhalten zu können – eine Befugnis von der in den letzten 75 Jahren jedoch gerade einmal zwei Mal Gebrauch gemacht wurde. Die irische Bevölkerung sprach sich nun für die Beibehaltung des Senats aus, wobei die Zustimmung mit einer knappen Mehrheit von 42.000 Stimmen, vor allem aus den urbanen Wahlbezirken knapp ausfiel.

Veranstaltung zur Europaregion Tirol



Am 21. Oktober 2013 fand an der Universität Innsbruck ein Diskussionsabend zum Thema „Die Europaregion und die Bürger/-innen: Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im EVTZ und die Bürger/-innengesellschaft“ statt. Die Veranstaltung wurde vom Föderalismusinstitut gemeinsam mit dem Forschungszentrum Föderalismus ausgerichtet.

Am 21. Oktober 2013 fand an der Universität Innsbruck ein Diskussionsabend zum Thema „Die Europaregion und die Bürger/-innen: Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im EVTZ und die Bürger/-innengesellschaft“ statt. Die Veranstaltung wurde vom Föderalismusinstitut gemeinsam mit dem Forschungszentrum Föderalismus ausgerichtet. Nach Grußworten von Ferdinand Karlhofer (Universität Innsbruck) gingen die Referenten in Impulsreferaten auf diverse Themen ein: Christian Gsodam vom Ausschuss der Regionen behandelte „Die europäische Perspektive“ und wies darauf hin, dass der EVTZ im europäischen Kontext vor allem als ein Instrument „von unten“ betrachtet werden müsse. Christian Traweger und Günther Pallaver von der Universität Innsbruck präsentierten Ergebnisse einer rezenten Umfrage und verglichen diese mit Daten aus 1996. Dabei zeigte sich, dass die Europaregion grundsätzlich begrüßt wird und vor allem in Fragen des Verkehrs, der Wirtschaft und im Tourismus eine Zusammenarbeit erwartet wird. Auf anderen Seite sind hingegen die Institutionen und Büros der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Institutsdirektor Peter Bußjäger behandelte schließlich „Die rechtliche Perspektive“.
Im Anschluss fand eine von Alois Vahrner, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, moderierte Podiumsdiskussion mit Landtagspräsident Herwig Van Staa, Georg Willi, Esther Happacher und Meinungsforscher Gernot Gruber statt. Weitgehend einig war man sich darüber, dass die Region im Vergleich zu früher jedenfalls Fortschritte verzeichnen kann, wie auch hinsichtlich der Forderungen etwa die Zusammenarbeit im EVTZ sichtbarer zu machen, unter Umständen auch zu personalisieren. Die Lösung bekannter Probleme wie eine grenzüberschreitende Stromleitung oder wechselseitige Fahrkarten für den öffentlichen Verkehr wurde in Aussicht gestellt.
Einen Video-Bericht zur Veranstaltung gibt es unter http://www.europaregion.info/de/news.asp?news_action=4&news_article_id=440338.

Veranstaltungshinweise



Gleich zwei Veranstaltungen der Universität Innsbruck widmen sich Ende November ausgewählten Themen des Föderalismus: vom 19. bis 21. November findet in der Claudiana eine englischsprachige Tagung zum Thema „Regionalism(s): Lessons from Europe and the Americas“ statt, mit Referenten aus Brasilien, Frankreich, Italien, Kanada und Russland. Zudem findet eine Podiumsdiskussion unter der Leitung von Institutsdirektor Bußjäger statt. Das Tagungsprogramm gibt es unter http://www.uibk.ac.at/canada/veranstaltungen/. Eine weitere Tagung zum Thema „Rechtshistorische Aspekte des Föderalismus“ findet am 28. und 29. November im Saal New Orleans statt und widmet sich der Rechtsgeschichte des österreichischen Bundesstaates. Beide Veranstaltungen finden im Rahmen des Forschungszentrums Föderalismus der Universität Innsbruck unter Beteiligung des Föderalismusinstituts statt.

Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst für Institutsdirektor Bußjäger



Institutsdirektor Peter Bußjäger erhielt am 26. Oktober 2013 von Bundespräsident Heinz Fischer auf Vorschlag von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. Das Institut freut sich über die Auszeichnung, die auch die Bedeutung seiner Publikationen und sonstigen Aktivitäten unterstreicht.

In Memoriam Univ.-Doz. Dr. Klaus Berchtold



Anfang November 2013 ist Dr. Klaus Berchtold, unter anderem Ministerialrat im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, verstorben. In dieser Funktion war er auch Mitglied der Strukturreformkommission, die 1991 einen umfassenden und heute noch lesenswerten Bericht über die Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich erstellte. In seiner wissenschaftlichen Tätigkeit widmete er sich insbesondere rechtshistorischen Fragen sowie Aspekten der Gemeindeaufsicht und dem Amt des Bundespräsidenten. In der Schriftenreihe des Föderalismusinstituts (Band 42) erschien im Jahre 1988 sein Buch über die Verhandlungen zum Forderungsprogramm der Bundesländer seit 1956. Das Institut wird ihn als profunden Kenner der Verfassungsgeschichte und des österreichischen Bundesstaates in Erinnerung behalten. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen, insbesondere seiner Gattin Dr. Eleonore Berchtold-Ostermann, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes.

Der 37. Bericht über den Föderalismus in Österreich im Überblick



Ende September erscheint der 37. Bericht über den Föderalismus in Österreich, der die Entwicklung des bundesstaatlichen Systems anhand der Tätigkeit von Bundes- und Landesgesetzgebung sowie des Verfassungsgerichtshofes für das Berichtsjahr 2012 dokumentiert. Der Bericht erscheint im Verlag new academic press und ist demnächst über den Buchhandel oder das Institut zu beziehen. Die wichtigsten Eckpunkte des Berichts finden Sie hier

1. Im Jahre 2012 konnte ein aus föderalistischer Sicht zweifellos großer Reformschritt auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene umgesetzt werden: Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit und damit die Einführung der neun Landesverwaltungsgerichte bringt neben einem zeitgemäßen Verwaltungsrechtsschutz auch die Einsparung zahlreicher Sonderbehörden des Bundes und der Länder und ist aus bundesstaatlicher Sicht jedenfalls zu begrüßen. Daneben gelang auch die Neustrukturierung der Sicherheitsbehörden mit nunmehr neun Landespolizeidirektionen, ferner die Abschaffung des Einspruchsrechts der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage sowie eine Reform des Parteienrechts. Was Reformbemühungen der Länder betrifft, so sei für das Berichtsjahr 2012 vor allem auf die sukzessive Reform der Kärntner Landesverwaltung, die mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz 2012 erfolgte Verwaltungsstrukturreform in Tirol und die Gemeindestrukturreform in der Steiermark hingewiesen, mit der bis 2015 die Zahl der Gemeinden von 542 auf 285 reduziert werden soll.
2. Die Gesetzgebung der Länder war im Berichtsjahr 2012 vor allem durch die Anpassung der Landesrechtsordnungen an die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit geprägt. Zahlreiche Länder erließen bereits die entsprechenden Ausführungsgesetze sowie Anpassungen in den Landesverfassungen. Weitere Änderungen auf landesverfassungsrechtlicher Ebene betrafen die Erweiterung der Kompetenzen der Landesrechnungshöfe, insbesondere um Prüfbefugnisse bezüglich Gemeinden unter 10.000 Einwohner, die Umwandlung des Wiener Kontrollamts in einen Stadtrechnungshof, Einräumung von Prüfbefugnissen für die Vorarlberger Landesvolksanwältin für Orte der Freiheitsentziehung im Rahmen der Vorgaben des OPCAT-Übereinkommens der Vereinten Nationen sowie neue Staatszielbestimmungen wie der Grundsatz der Nachhaltigkeit in Tirol oder das Bekenntnis zu Klimaschutz und erneuerbarer Energie in Kärnten.
Auf einfachgesetzlicher Ebene kam es auch im Berichtsjahr 2012 zur Umsetzung einer Vielzahl unionsrechtlicher Vorgaben insbesondere im Elektrizitätswirtschaftsrecht, im Pflanzenschutzmittelrecht und diversen Berufsgesetzen, ferner grundsatzgesetzliche Vorgaben des Bundes etwa im Schulwesen. Was die Wahrnehmung der Landeskompetenzen betrifft, so sind neben Änderungen in den klassischen Landesmaterien wie Bau- oder Veranstaltungsrecht insbesondere Neuregelungen im Parteienförderungsrecht zu beobachten, die teilweise über die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben hinausgehen.
3. Was die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern betrifft, so kann nach wie vor ein wachsender Einfluss seitens der Europäischen Union festgestellt werden. Die Vorgaben hinsichtlich des Haushaltsrechts der Mitgliedsstaaten wurden im Jahre 2012 vor allem durch den europäischen Stabilitätsmechanismus und den Fiskalpakt konkretisiert, die ihrerseits Anpassungen sowohl der Bundesverfassung wie auch des Haushaltsrechts der Länder notwendig machten. Innerstaatlich sei der Stabilitätspakt 2012 erwähnt, der die Sicherstellung eines Nulldefizits bis 2016 anstrebt.
4. Die Institutionen des Bundesstaates unterlagen auch im Jahre 2012 keinen markanten Veränderungen. Der Verfassungsgerichtshof als Hüter der bundesstaatlichen Ordnung blieb seinen bisherigen Judikaturlinien weitgehend treu, wenn auch die Einbeziehung der EU-Grundrechte-Charta als Prüfungsmaßstab erwähnenswert scheint. Im Übrigen kann keine signifikante bundes- oder länderfreundliche Haltung abgelesen werden. Klargestellt wurde seitens des VfGH die Zuständigkeit der Länder in Angelegenheiten des Bettelwesens als Angelegenheit der örtlichen Sicherheitspolizei sowie die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Zusammenhang mit der Entschädigung für die Suche nach Fliegerbomben. Auffallend ist weiterhin die Tendenz seitens der Länder, politisch brisante Bundesgesetze im Rahmen ihrer Anfechtungsbefugnis vor das Höchstgericht zu bringen, wie dies etwa im Berichtjahr bei der Vorratsdatenspeicherung oder der Beurteilung des Europäischen Stabilitätsmechanismus geschehen war. Die Wahrnehmung der schon seit dem B-VG 1920 zukommenden Anfechtungsbefugnis der Landesregierungen vor allem bei umstrittenen Bundesgesetzen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich zu begrüßen und zeigt eine besondere „Wächterrolle“ der Länder.
Was den Bundesrat betrifft, so sei insbesondere auf die Wahrnehmung seiner europaspezifisch zustehenden Kompetenzen hingewiesen. Erfolgreich fortgesetzt wurde die ihm seit 2010 zustehende Befugnis der Subsidiaritätsprüfung hinsichtlich europäischer Rechtsakte, wobei 2012 europaweit erstmals die „gelbe Karte“ erhoben werden konnte, was die Europäische Kommission zur Prüfung ihrer Vorschläge anhält. Bezüglich einer Reform des Bundesrates wurde im Berichtsjahr ein unter den Ländern konsentierter Vorschlag vorgelegt, der weniger den Ausbau, als vielmehr die Präzisierung vorhandener Zuständigkeiten vorsieht, wie etwa Verbesserungen im Einspruchs- und Zustimmungsrecht. Inwiefern es tatsächlich zu einer Reform des Gremiums kommt, wird sich erst in der kommenden Legislaturperiode zeigen.
5. Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Bund und Ländern kann auch für das Berichtsjahr 2012 festgestellt werden, dass vor allem das Instrument der Art 15a B-VG-Vereinbarung mit sieben neuen Verträgen einschließlich einer Vereinbarung über die Gesundheitsreform sowie dem Stabilitätspakt 2012 ein praktikables Instrument der Kooperation im Rahmen bestehender Kompetenzen darstellt. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch zuweilen vor allem im Hinblick auf Begutachtungsverfahren von Bundesgesetzen sowie die Umsetzung von EU-Vorgaben, wo die bundesstaatliche Abstimmung teilweise noch ausbaufähig wäre. Was die transnationale Kooperation betrifft, so sei auf die Nutzung des unionsrechtlichen Instruments des EVTZ hingewiesen, der nach der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino nun auch im Rahmen des EVTZ „Euregio Senza Confini“ unter Beteiligung Kärntens als zweiter Verbund mit österreichischer Mitwirkung implementiert wurde.
Zu erwähnen ist auch, dass von den wechselseitigen Einspruchs- und Zustimmungsrechten zwischen den Gebietskörperschaften wie auch in den vorangegangen Jahren nur selten Gebrauch gemacht wurde, sei es beim Konsultationsmechanismus oder in der Rolle des Bundesrates. Auch hat die Bundesregierung keinen einzigen der Gesetzesbeschlüssen der Landtage beeinsprucht, seit Juni 2012 ist dieses Instrument überhaupt abgeschafft. Dies zeigt, dass der österreichische Föderalismus auch im Jahre 2012 von einem primär kooperativen Vorgehen sowohl seitens des Bundes wie auch der Länder geprägt ist.
6. Die übrigen Rahmenbedingungen des Föderalismus in Österreich befanden sich auch im Jahre 2012 im Spannungsfeld von Kritik an vorgeblich teuren und unflexiblen Lösungen zum einen und der erfolgreichen Nutzung und des Ausbaus bestehender föderaler Strukturen zum anderen. In der öffentlichen Wahrnehmung wurden die österreichischen Bundesländer insoweit negativ assoziiert, wenn es etwa um die Erfüllung der Quoten für die Erstaufnahme von Asylwerbern oder die Ereignisse rund um den Finanzskandal in Salzburg ging. Hingegen konnten die Länder 2012 vor allem die Einführung der Landesverwaltungsgerichte und damit verbundene verwaltungsökonomische Effekte wie auch die Aufarbeitung des Finanzskandals und die künftige Regelung der Länder-Haushalte positiv für sich verbuchen, zumal etwa bei letzterem eine bundesverfassungsrechtliche Regelung auch Mitte 2013 noch nicht absehbar war.
7. Auch die mediale Darstellung des Föderalismus im Jahre 2012 war vergleichsweise ausgeglichener als in den Jahren zuvor, so wurden auch Reformbemühungen einzelner Bundesländer gewürdigt, wie auch die Verwaltung des Bundes etwa im Förderwesen in Zusammenhang mit Einsparungspotenzialen kritisiert wurde. Abgesehen davon blieben auch klassische Kritikpunkte des Föderalismus, wie etwa der lange diskutierte Jugendschutz auch 2012 noch Thema.
Der 37. Bericht über den Föderalismus in Österreich erscheint im Verlag new academic press und ist demnächst über den Buchhandel oder das Institut zu beziehen.

Stellungnahme zum Demokratiepaket



Das sogenannte „Demokratiepaket“ der Bundesregierung ist ein Versuch, mehr direkt-demokratische Verfahren zuzulassen. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus finden sich im Begutachtungsentwurf gute Ansätze, aber es fehlt die letzte Konsequenz und einzelne Themenbereiche wie die Folgen für Länder und Gemeinden sind überhaupt nicht berücksichtigt. Vor allem sollte den Ländern und Gemeinden, in denen direkt-demokratische Prozesse schon jetzt weiter entwickelt sind als auf Bundesebene, keine weiteren Beschränkungen auferlegt werden.

Im Zentrum der geplanten Regelungen des seit Monaten diskutierten Demokratiepakets, das über den Sommer einem Begutachtungsverfahren unterzogen wurde, steht ein sogenanntes „qualifiziert unterstütztes Volksbegehren“: Ein von mindestens 10% der Stimmberechtigten (bzw 15% im Falle von Verfassungsänderungen) unterstütztes Volksbegehren ist – sofern der Nationalrat keinen dem Volksbegehren entsprechenden oder von diesem nur unwesentlich abweichenden Gesetzbeschluss fasst – zwingend einer Volksbefragung zu unterziehen. Dort ist zu entscheiden, ob der Gesetzesbeschluss angenommen werden soll oder nicht. Eine Volksbefragung soll jedoch unzulässig sein, wenn etwa ein Verstoß gegen EU-Recht oder völkerrechtliche Verpflichtungen vorliegt, sowie die Abschaffung oder Verletzung von Grundrechten oder eine erhebliche finanzielle Belastung des Bundes bewirkt werden würde.
Das Institut für Föderalismus steht in seiner Stellungnahme dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, hat jedoch auch auf einige Unstimmigkeiten des Entwurfs vor allem aus bundesstaatlicher Sicht aufmerksam gemacht: So stünde dem Wortlaut nach eine Gesamtänderung der Bundesverfassung, wie etwa die EU-Mitgliedschaft sehr wohl zur Disposition eines derartigen Volksbegehrens, ferner sind finanzielle Belastungen von Ländern und Gemeinden nicht berücksichtigt. Auch die Schwellen zur Anwendung des Instruments sind vergleichsweise hoch.
Angesichts der Vielfalt an direkt-demokratischen Instrumenten auf Landesebene, die auch ein gutes Beispiel für die „Werkstatt Föderalismus“ und damit die Möglichkeit der Erprobung neuer Wege in überschaubarem Rahmen darstellen, sollte es zudem ermöglicht werden, dass die bundesverfassungsrechtlichen Schranken, was den Ausbau der direkten Demokratie in Ländern und Gemeinden betrifft, gelockert werden.
Eine ausführliche Stellungnahme des Instituts zum Demokratiepaket ist über die Homepage des Instituts unter http://www.foederalismus.at oder das Parlament unter www.parlament.gv.at abrufbar.

Veranstaltung zur Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino



Das Institut für Föderalismus veranstaltet gemeinsam mit der Universität Innsbruck am 21. Oktober einen Vortragsabend zum Thema „Die Europaregion und die BürgerInnen – Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im EVTZ und die BürgerInnengesellschaft“. Der EVTZ „Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino“ ist nun seit etwa zwei Jahren etabliert. Die Veranstaltung geht der Frage nach, welchen Nutzen BürgerInnen und Wirtschaft aus der Europaregion und dem „EVTZ“ ziehen können. Die Veranstaltung wird durch wissenschaftliche Impulsreferate von Christian Gsodam vom Ausschuss der Regionen, Christian Traweger und Günther Pallaver von der Universität Innsbruck sowie von Institutsdirektor Peter Bußjäger eingeleitet. Anschließend findet eine politische Podiumsdiskussion unter anderem mit Herwig Van Staa, Georg Willi und Esther Happacher statt. Die Veranstaltung findet am 21. Oktober 2013 um 17:30 Uhr an der Universität Innsbruck im SOWI-Fakultätssitzungssaal, Universitätsstraße 15, statt.

Winter School on Federalism and Governance



Die Europäische Akademie Bozen veranstaltet auch im kommenden Jahr wieder gemeinsam mit der Universität Innsbruck die „Winter School on Federalism and Governance“. Das zweiwöchige Programm richtet sich im Besonderen an Nachwuchswissenschafter/-innen und bietet eine breite Palette von Vorträgen aus dem Bereich der Politik- und Rechtswissenschaft, dieses Mal zum Thema „Federalism and Multilevel Constitutionalism“ mit renommierten Vortragenden aus der ganzen Welt. Die Winter School 2014 findet vom 3. bis 14. Februar in Bozen und Innsbruck statt, Anmeldungen sind ab sofort via online-Formular bis 25. Oktober 2013 möglich. Für weitere Informationen, detailliertes Programm, Kosten und Stipendien siehe: http://www.eurac.edu/winterschool.

Eine Bilanz der Legislaturperiode aus Sicht der Länder



Der Nationalrat hat die Legislaturperiode mehr oder weniger abgeschlossen, aus Sicht der Länder gab es in diesem Zeitraum sehr wohl einige Fortschritte wie die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit oder die Abschaffung der Bezirksschulräte, in anderen Bereichen wie dem Demokratiepaket oder dem Spekulationsverbot gab es indessen kaum Fortschritte.

Der Nationalrat hat die Legislaturperiode mehr oder weniger abgeschlossen. Positiv zu vermerken ist, dass die aus dem Amt scheidende Bundesregierung Projekte realisiert hat, an denen vorangegangene Regierungen gescheitert waren wie etwa die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ja „sogar“ die Abschaffung der Bezirksschulräte ist gelungen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass dabei auch Änderungen in Art 14 B-VG erforderlich wurden, die die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung der Länder betreffen und daher der Zustimmung des Bundesrates bedurften (siehe dazu auch Bußjäger, Die Zustimmungsrechte der Länder [2001] 24 ff).
Einige vollmundige Versprechungen werden voraussichtlich nicht eingelöst: Zum Beispiel die vielgepriesene Informationsfreiheit für alle Bürger oder das Demokratiepaket. Was das Demokratiepaket betrifft soll aber immerhin über den Sommer ein Begutachtungsverfahren abgehalten werden. Allzu viel Mut, was die Stärkung der Volksrechte betrifft, beweist der Bund mit dem vorliegenden Entwurf allerdings nicht. Da sind die meisten Länder in Österreich mittlerweile viel weiter. Ein anderes Thema ist das Spekulationsverbot für Bund, Länder und Gemeinden. Es war zu befürchten, dass auch die Mehrzahl der gut wirtschaftenden Länder und Gemeinden für die Versäumnisse derer, die mit Steuergeld spekuliert hatten, abgestraft würden und einer massiven Einschränkung ihrer Finanzhoheit konfrontiert gewesen wären. Dazu ist es dann doch nicht gekommen, weil der Vorschlag der Regierung den Oppositionsparteien zu wenig weit gegangen war. Sie hätten Länder und Gemeinden gerne noch stärker geknebelt.
Das Projekt „Entmündigung der Länder“ ist allerdings nicht abgesagt, sondern nur bis zur nächsten Regierungsbildung aufgeschoben. Die Länder sollten die Zeit daher dringend nützen, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sie selbst in der Lage sind, mit eigenen Regelungen die Steuerzahler vor Spekulationsgeschäften zu schützen und ihr Haushaltsrecht auf einen Stand zu bringen, der dem 21. Jahrhundert angemessen ist.

Die Gesetzesbeschwerde – keine zu Ende gedachte Lösung



Nach einigen Anläufen wurde nun die Einführung der Gesetzesbeschwerde, also die Möglichkeit der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes für Parteien eines Gerichtsverfahrens beschlossen. Die gegenwärtige Regelung lässt jedoch einige Fragen offen, die jedenfalls noch vom Ausführungsgesetzgeber zu klären sind.

Mit der Einführung der sogenannten Gesetzesbeschwerde, die es den Parteien eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten ermöglicht, den Verfassungsgerichtshof zwecks Normprüfung anzurufen, hat der Verfassungsgesetzgeber Neuland beschritten.
Bisher konnten die Parteien eines gerichtlichen Verfahrens lediglich eine Anregung stellen, das Gericht möge einen Normprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof einbringen. Dies ließ – auch im Österreich-Konvent – Kritik laut werden, dass die Parteien ihren Normprüfungsantrag im Gegensatz zum verwaltungsbehördlichen Verfahren bzw nunmehr im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht durchsetzen konnten. Ein entsprechender Entschließungsantrag des Verfassungsausschusses (70/AEA) auf Einführung einer sogenannten Gesetzesbeschwerde war daher im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 eingebracht worden.
Vor ungefähr einem Jahr hatte der Vorschlag für die Umsetzung der Gesetzesbeschwerde, der vom Nationalrat einem Begutachtungsverfahren unterzogen worden war (IA 2031/A), für einige Aufregung gesorgt. Ein nicht zu übersehendes Problem betraf die Tatsache, dass, wenn Entscheidungen vom Obersten Gerichtshof (aber auch vom Verwaltungsgerichtshof) an den Verfassungsgerichtshof weitergezogen werden können, selbst dann, wenn die Prüfungsbefugnis des VfGH auf die Normenkontrolle beschränkt sein würde, die Verfahren verzögern würde. Es war auch klar, dass die Gesetzesbeschwerde dem VfGH eine in gewisser Hinsicht dominierende Rolle einräumen würde.
Die nunmehr beschlossene Verfassungsnovelle (BGBl I Nr 114/2013) verwirklicht eine Kompromisslösung: Die Parteien müssen bereits im erstinstanzlichen Verfahren einen Antrag auf Normenkontrolle (Verfassungswidrigkeit eines angewendeten Gesetzes, Gesetzwidrigkeit einer angewendeten Verordnung) stellen und können dies nur aus Anlass eines gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhobenen Rechtsmittels machen.
Was auf den ersten Blick als zumindest nachvollziehbare Lösung erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als keine zu Ende gedachte Lösung: Was ist, wenn die Partei keine Veranlassung hatte, eine Normprüfung hinsichtlich der von der ersten Instanz angewendeten Rechtsvorschriften einzuleiten, die zweite Instanz aber andere Rechtsvorschriften anwendet? Der Vergleich mit den Verwaltungsgerichten überzeugt nicht: Dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ging immerhin ein Verwaltungsverfahren voran. Das Risiko, dass der Verwaltungsgerichtshof in einem allfälligen Revisionsverfahren andere Rechtsvorschriften heranzieht, besteht, erscheint darüber hinaus aber vergleichsweise gering. Was macht die Gegenpartei, die keine Veranlassung hatte, gegen das erstinstanzliche Urteil ein Rechtsmittel zu ergreifen, wenn sie von der zweiten Instanz nicht Recht bekommt?
Der Verfassungsgesetzgeber hat es auch unterlassen, die Wirkung des Normprüfungsantrags der Partei auf das gerichtliche Verfahren zu klären. Die Normprüfung führt nicht zwingend zur Unterbrechung des gerichtlichen Verfahrens, was sinnvoll sein mag. Dies wird noch durch Bundesgesetz im Detail geregelt (Art 139 Abs 1a bzw Art 140 Abs 1a B-VG). Allerdings kann dieses Bundesgesetz auch anordnen, dass ein Antrag, wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist, abgelehnt werden kann. Damit kann also der einfache Bundesgesetzgeber die Gesetzesbeschwerde in bestimmten Fällen wieder aushebeln. Dieses Bundesgesetz wurde noch nicht erlassen. Man kann gespannt sein, was dem Gesetzgeber im Herbst dazu einfallen wird.

Was blieb vom Österreich-Konvent?



Der 2003 einberufene Österreich-Konvent konnte zwar keine neue Bundesverfassung vorlegen, jedoch zeigt ein Blick auf die Bundesverfassungsgesetzgebung der letzten zehn Jahre, dass zahlreiche Ideen des Gremiums mittlerweile umgesetzt wurden.

Im Juni 2003 startete der Österreich-Konvent mit seiner ersten Sitzung das wohl ambitionierteste Reformprojekt der Zweiten Republik. Das 71-köpfige Gremium hatte keine geringere Aufgabe, als – wie es im Gründungsauftrag wörtlich lautete – „Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten, die auch Voraussetzungen für eine effizientere Verwaltung schaffen soll. Die künftige Verfassung soll eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen“. Als der Konvent eineinhalb Jahre später seine Tätigkeit beendete, konnte er dem Parlament tatsächlich keine neue Bundesverfassung vorlegen – maßgeblich waren zwei wesentliche Konfliktlinien: Der Föderalismuskonflikt, der nicht nur Bund und Länder trennte, sondern teilweise auch die Parteien und der Konflikt um soziale Grundrechte. Der Entwurf, den der Vorsitzende Franz Fiedler der Öffentlichkeit im Jänner 2005 vorlegte, verfolgte zumindest in föderalistischer Hinsicht eine eigenwillige Linie: Der Bundesrat wäre ohne wirkliche Stärkung in seiner bisherigen Form bestehen geblieben, das Gesundheits- und Bildungswesen wären vollständig zentralisiert worden. Von einem Kompromiss im Föderalismuskonflikt war der Entwurf meilenweit entfernt, so wie man sich auch nicht auf einen neuen Grundrechte-Katalog einigen konnte.
Was blieb also vom Österreich-Konvent? Eine nähere Betrachtung ergibt ein weitaus positiveres Bild als die Konflikte an der Oberfläche vermuten lassen:
 
·      Bereits 2008 erfolgte eine Bereinigung der Bundesverfassung von überflüssigem Verfassungsrecht, wie dies im Konvent vorgeschlagen worden war. Seither bedarf auch nicht mehr jede Weisungsfreistellung eines Verwaltungsorgans einer Verfassungsbestimmung. Änderungen von Bundes- und Landesgrenzen bedürfen keiner Verfassungsgesetze des Bundes und der Länder mehr.
·      Praktisch zeitgleich wurden mit einer weiteren Novelle 2008 die verfassungsrechtlichen Grundlagen für das neue Haushaltsrecht des Bundes geschaffen. Dieses Modell, das vom Finanzministerium in den Konvent eingebracht worden war, wird nun auch nach und nach von den Ländern übernommen.
·      2011 wurden neue bundesverfassungsrechtliche Grundlagen für Gemeindekooperationen geschaffen. Auch diese Bestimmungen waren Resultat der Beratungen des Konvents. Gemeindeverbänden können nunmehr auch ganze Aufgabenbündel übertragen werden.
·      Der wohl größte Erfolg gelang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012. Das sog „9+2-Modell“ der Verwaltungsgerichte (neun Landesverwaltungsgerichte, ein Bundesverwaltungsgericht und ein Bundesfinanzgericht, die insgesamt 120 Sonderbehörden des Bundes und der Länder ersetzen) war im Konvent entworfen worden. Am 1. Jänner 2014 wird diese bedeutsamste Änderung der österreichischen Verwaltungsorganisation seit 1920 in Kraft treten. Im Zuge dieser Novelle gelang es auch, einige andere Konsense aus dem Konvent umzusetzen: So wurde etwa das schon lange überflüssige Einspruchsrecht der Bundesregierung gegenüber Gesetzesbeschlüssen der Landtage abgeschafft.
·      Auch die oben skizzierte Gesetzesbeschwerde, mit welcher es nun auch den Parteien eines Verfahrens vor den Gerichten möglich sein wird, Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, und die vor wenigen Tagen im Parlament beschlossen wurde, war Gegenstand der Beratungen des Konvents gewesen.
 
Der Österreich-Konvent hat, auch wenn er den „großen Wurf“ nicht realisierte, wichtige Grundlagen für einzelne Reformen geliefert. Sie bieten auch Potenziale für Einsparungen, wie etwa das Haushaltsrecht oder die Gemeindekooperationen. Spätestens seit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 wäre es jedenfalls falsch, zu behaupten, dass der Konvent gescheitert sei.

Podiumsdiskussion zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert“



Das Institut für Föderalismus richtete gemeinsam mit dem Bundesrat und der Foster Europe Privatstiftung am 17. Mai eine Podiumsdiskussion zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert“ in Wien aus. Neben Peter Bußjäger, Stefan August Lütgenau und Erich Thöni waren unter den Diskutanten Rechnungshof-Präsident Josef Moser, Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol, Grünen-Budgetexperte Bruno Rossmann und SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter.

Das Institut für Föderalismus richtete gemeinsam mit dem Bundesrat und der Foster Europe Privatstiftung am 17. Mai eine Podiumsdiskussion zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert“ in Wien aus. Anlass war die Präsentation der gleichnamigen Broschüre von Peter Bußjäger, Stefan August Lütgenau und Erich Thöni. Diskutiert wurde unter anderem eine Bereinigung der Behördenvielfalt bei der unmittelbaren Bundesverwaltung in den Bereichen Wildbachverbauung, Bundessozial- und Eichämter oder Arbeitsinspektorate – diese könnten problemlos den Ländern zugeschlagen werden. Kritisiert wurde zudem die schleichende Kostenverlagerung vom Bund zu den Ländern und Gemeinden. Besonders drastisch wirke sich dies bei Kinderbetreuung, Schulen, Pflege und Gesundheit aus. Zudem wäre ohne Finanzautonomie auch kein Föderalismus denkbar. Unter den Diskutanten waren Rechnungshof-Präsident Josef Moser, Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol, Grünen-Budgetexperte Bruno Rossmann und SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter.
Die Broschüre „Föderalismus im 21. Jahrhundert. Effizienz und Verantwortung im modernen föderalistischen Staat“ ist als Band 34 der Föderalismus-Dokumente erschienen und über das Institut erhältlich.

Neuerscheinung: „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“



Der von Peter Bußjäger herausgegebene Band „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“ enthält die Beiträge des gleichnamigen Workshops vom 12. Juni 2012 in Linz. Die Autoren befassen sich neben grundlegenden Fragen des Fiskalföderalismus auch mit dem Finanzföderalismus in der Schweiz, der Frage einer möglichen Steuerautonomie der Länder in Österreich sowie der Reform des vertikalen Finanzausgleichs in Österreich. Das Buch ist im Studienverlag erschienen und ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Enquete zur Bürgerbeteiligung auf Landes- und Gemeindeebene



Am 9. April 2013 fand im Bundesrat eine parlamentarische Enquete zum Thema „Mehr direkte Demokratie, mehr Chancen für die Bürgerinnen und Bürger in den Ländern und Gemeinden“ statt. Wichtigste Ergebnisse: Direkte Demokratie muss von unten nach oben, sprich von der lokalen und regionalen Ebene her wachsen, um breiter akzeptiert zu werden. Wenn Bürger breit mit entscheidungsrelevanten Informationen versorgt sind und der Abstimmungsgegenstand klar formuliert wird, dann entsteht Interesse und Beteiligung der Bevölkerung. Erfolgreiche Versuche auf regionaler Ebene wie die „Bürgerräte“ in Vorarlberg könnten als Vorbild für den weiteren Ausbau direktdemokratischer Prozesse dienen.

Das Thema wurde in drei Themenblöcken – „Grundsatzfragen“, „Praxis und neue Instrumente“, Europa und benachbarte Staaten“ behandelt. Das Institut für Föderalismus war in der Konzeption der Veranstaltung unterstützend tätig.
Theo Öhlinger, Universität Wien, erörterte die gegenwärtige Verfassungsrechtslage im Bereich der direkten Demokratie. Problematisch sei dabei unter anderem, dass sich die aktuelle Diskussion zu sehr auf die Bundesebene konzentriere. Bürgerbeteiligung, die ein viel weiterer Begriff als direkte Demokratie ist, müsse von unten wachsen, das zeige gerade das Beispiel der Schweiz. Auf den unteren Ebenen des Staates könne das Interesse, aber auch das Verständnis der Bürger sowie der Politiker für die Möglichkeiten und Grenzen der direkten Demokratie am besten entwickelt werden. Max Haller von der Universität Graz präsentierte einschlägige Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage aus dem Vorjahr. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass es durch die Anwendung von mehr direkt-demokratischen Instrumenten zu einer Steigerung des Interesses der Bevölkerung an den zur Abstimmung gebrachten Themen komme und sich die Chancen der weniger gebildeten Schichten erhöhen würden, ihre Interessen zur Geltung zu bringen. Um diese positiven Effekte zu erreichen, dürfe die Hürde für die Einleitung von Abstimmungen nicht zu hoch sein, die Fragen müssten allgemein verständlich und klar formuliert und mit Ja oder Nein zu beantworten sein, ferner brauche es umfassende Information und die Abstimmung müsse zu unmittelbaren Konsequenzen führen.
Klaus Poier von der Universität Graz sah in seinem Beitrag unter anderem Problemfelder hinsichtlich direkter Demokratie auf Länder- und Gemeindeebene in den bundesverfassungsrechtlichen Grenzen der Ausgestaltung, wo nach wie vor Unklarheit sowie die Hemmschwelle eines verfassungsrechtlichen Freiraums vorherrsche. Zum anderen sei die eher bescheidene Praxis direkter Demokratie in Österreich und die Dominanz der repräsentativen Vertretungsorgane problematisch. Weitere wissenschaftliche Beiträge kamen von Alexander Balthasar (Institut für Staatsorganisation und Verwaltungsreform, Bundeskanzleramt) und Nadja Braun Binder (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer) zur direkten Demokratie in der EU bzw ihren Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz.
Von Vertretern des Landes Vorarlbergs (Manfred Hellrigl) und der Stadt Wien (Christine Bachofner) wurden Erfahrungsberichte über spezifische Anwendungsfälle direkter Demokratie erläutert, so die Praxis der Volksbefragungen in Wien und die Bürgerräte in Vorarlberg. Letztere sind kleine Gruppen von Personen, die nach dem Zufallsprinzip ausgesucht werden und an einem Wochenende an einem bestimmten Thema arbeiten. Die Herausforderung für diese Gruppe besteht darin, eine gemeinsam getragene Erklärung zu verfassen. Die zahlreichen praktischen Erfahrungen damit – in den letzten sieben Jahren wurden über 40 Bürgerräte zu den verschiedensten Themen auf lokaler, kommunaler und Landesebene durchgeführt – zeigen, dass durch oft simple Mittel große Fortschritte erreicht werden können. Siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr 290 vom 9.4.2013.

Aktuelles zur Bundesratsreform



Eine Reform des Bundesrates steht wieder einmal in Diskussion. Erfreulicherweise sollen dabei die Vorschläge der Landeshauptleutekonferenz und der Landtagspräsidentenkonferenz vom Herbst letzten Jahres aufgegriffen werden. Vorgeschlagen wurde dabei unter anderem ein verstärktes Mitwirkungsrecht des Bundesrates bei Bundesgesetzen, die die Interessen der Länder berühren, ein allgemeines Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Verfassungsänderungen, eine sinnvolle Reduktion der Verhandlungsgegenstände sowie die Einrichtung eines funktionsfähigen Vermittlungsverfahrens zwischen Nationalrat und Bundesrat.

Kritisch betrachten wir den von anderer Seite eingebrachten Vorschlag einer Direktwahl der Bundesräte durch das Landesvolk (vgl Vorarlberger Nachrichten vom 6.4.2013). Dazu ist zu bemerken, dass die Schwäche des Bundesrates vor allem aus der Entkoppelung von Bundesräten und Ländern resultiert. Daher wäre es viel wichtiger, dafür zu sorgen, dass sich die Bundesräte stärker an den Länderinteressen orientieren. Die nun von Seiten der Landeshauptleutekonferenz dargelegten Vorschläge entsprechen weitgehend der Position des Instituts für Föderalismus (siehe dazu schon die Föderalismus-Info 3/2007 und jüngst das Positionspapier von Bußjäger/Thöni/Lütgenau, Föderalismus im 21. Jahrhundert [2012] 15 f), wobei vor allem eine Effizienzsteigerung mit Blick auf die Verhandlungsgegenstände und ein generelles Zustimmungsrecht bei Verfassungsänderungen zu begrüßen wäre. Positiv zu vermerken ist auch, dass die gegenwärtige Reformdiskussion breiter angelegt ist, als die zuletzt vorgelegten Vorschläge der Regierungsparteien, die über die Reduktion der Zahl der Abgeordneten beider Kammern des Parlaments kaum hinausgingen (dazu Föderalismus-Info 2/2012).

 

Weiterführend siehe dazu den Beschluss der Landeshauptleutekonferenz: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20121031_OTS0053/keuschnigg-erstmals-akkordierter-vorschlag-fuer-reform-des-bundesrates

„Alle Neune“ im Oberösterreichischen Landtag



In seiner Antrittsrede als neuer Präsident des Oberösterreichischen Landtags am 18. April 2013 bekräftigte KommR Viktor Sigl das Bekenntnis des Landes zum Föderalismus. Neben der internationalen Ausrichtung und der Verbundenheit zur Europäischen Union sei die Bundesstaatlichkeit ein wesentlicher Faktor für den Erfolg Oberösterreichs. Der neue Landtagspräsident, dem wir herzlich zu seiner Wahl gratulieren, berief sich auf die Leitsätze der Broschüre „Alle Neune“ des Föderalismusinstituts und würdigte die Vorteile föderaler Strukturen, im Besonderen die Innovationsfähigkeit, die Flexibilität in Krisensituationen und die Förderung des Wettbewerbs und der Ideen. Dies ermögliche es etwa, aus eigener Kraft ein starker Wirtschaftsstandort zu sein und überdies eigene Vorstellungen von Ländern und Regionen zu berücksichtigen, wie dies einem zentralstaatlichen System nicht möglich wäre. Die Leitsätze sind nachzulesen in der Broschüre „Alle Neune“ – erhältlich am Institut oder als Download auf http://www.foederalismus.at.

Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“



Am 11. und 12. April 2013 fand an der Universität Innsbruck die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit dem Institut für Öffentliches Recht ausgerichtete Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“ statt. Unterlagen zur Tagung sind auf der Homepage des Instituts unter http://www.foederalismus.at abrufbar, zudem ist eine Veröffentlichung der Beiträge in der Schriftenreihe des Instituts für Herbst dieses Jahres geplant.

Mit knapp 250 Teilnehmern war die Veranstaltung hervorragend besucht und zeigte, dass Thema und Vortragende auf entsprechendes Interesse stießen. In drei Themenblöcken wurden jeweils Grundlagen, Organisation und Verfahren der ab 2014 tätigen Landesverwaltungsgerichte erörtert. Anna Gamper von der Universität Innsbruck referierte am ersten Tagungstag über die Landesverwaltungsgerichte im Gefüge der Bauprinzipien der Bundesverfassung und stellte eine mögliche Gesamtänderung durch die Novelle zur Diskussion. Georg Lienbacher von der Wirtschaftsuniversität Wien berichtete zum Verwaltungsrechtsschutz in Österreich und seiner europäischen Dimension, Meinrad Handstanger vom Verwaltungsgerichtshof referierte zu Grundsatzfragen der Organisation eines Verwaltungsgerichts, Christian Ranacher und Dieter Wolf vom Amt der Tiroler Landesregierung zum Organisationsrecht und Eduard Pesendorfer vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung über die neue Rolle des Amts der Landesregierung. Den zweiten Tagungstag eröffnete Harald Eberhard von der Wirtschaftsuniversität Wien mit dem Thema des Zusammenspiels von Landesverwaltungsgerichten und Verwaltungsbehörden, Matthias Germann und Heidemarie Thalhammer vom Amt der Vorarlberger Landesregierung befassten sich mit dem Verfahrensrecht, Erich Pürgy von der Wirtschaftsuniversität Wien referierte über Sachverständige im Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten und Rudolf Thienel vom Verwaltungsgerichtshof über die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes.

Beteiligung am Forschungszentrum Föderalismus



Das Institut für Föderalismus ist gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung der EURAC Bozen externer Partner des neu gegründeten „Forschungszentrums Föderalismus“ an der Universität Innsbruck. Im Rahmen des Forschungszentrums sollen die entsprechenden Forschungsaktivitäten der Universität gebündelt, intensiviert und ausgebaut werden. Innsbruck soll so zu einem führenden Standort interdisziplinärer und grenzüberschreitender Föderalismusforschung werden. Neben politikwissenschaftlichen, verfassungsrechtlichen und rechtshistorischen Fragestellungen zum österreichischen Föderalismus widmet sich das Forschungszentrum auch europarechtlichen und rechtsvergleichenden Untersuchungen föderaler Systeme. Eine Auftaktveranstaltung des Forschungszentrums findet am 5. Juni 2013 um 16 Uhr 15 im SOWI-Fakultätssitzungssaal der Universität Innsbruck statt. Anmeldungen erbeten bis 3. Juni 2013 an: FZ-Foederalismus@uibk.ac.at. Infos zum neuen Forschungszentrum unter http://www.uibk.ac.at/foederalismus.

Literaturüberblick: Ausgewählte Neuerscheinungen zum Thema Föderalismus



Wir verweisen auf ein paar spannende Neuerscheinungen zum Thema Föderalismus: Ines Härtel (Hg) „Handbuch Föderalismus“ (Springer 2012, ISBN: 978-3-642-01572-4 ua) Veronika Tiefenthaler „Gewohnheit und Verfassung“ (facultas.wuv 2012, ISBN: 978-3-7089-0889-2) Maria Bertel „Multi-level governance in Südamerika“ (facultas.wuv 2013, ISBN: 978-3-7089-0982-0).

Das von Ines Härtel herausgegebene „Handbuch Föderalismus“ (Springer 2012, ISBN: 978-3-642-01572-4 ua) stellt in vier Bänden auf insgesamt 3712 Seiten eine der umfangreichsten Nachschlagewerke zu diesem Thema dar. In 112 Einzelbeiträgen werden sämtliche Aspekte des Föderalismus – von seiner philosophischen Grundlegung über die europäische Dimension bis hin zu Fallbeispielen einzelner Staaten – eingegangen. Ein Band widmet sich im Besonderen dem Föderalismus in Deutschland. Eine ausführliche Besprechung des Werks ist in der Zeitschrift für Öffentliches Recht 2012, Seite 799-804, erschienen.
Mit dem Fokus auf Österreich widmet sich Veronika Tiefenthaler in dem Werk „Gewohnheit und Verfassung“(facultas.wuv 2012, ISBN: 978-3-7089-0889-2) dem lange vernachlässigtem Thema des Gewohnheitsrechts als Erscheinungsform des ungeschriebenen Rechts auf Verfassungsebene. Neben einem rechtstheoretischen Teil, der sich allgemein mit der Rechtsquelle Gewohnheitsrecht und der Frage nach ihrem Geltungsgrund beschäftigt, konzentriert sich das Buch auf zwei konkrete Rechtsordnungen, jene Österreichs und des Vereinigten Königreichs. Letztere verfügt bekanntlich über eine ungeschriebene Verfassung, was für Österreich zwar nicht in gleichem Maße zutrifft, jedoch aufgrund der weitgehend judikativ entwickelten Verfassung teilweise von Experten immer wieder artikuliert wird. In einer verfassungsvergleichenden Untersuchung werden die geltenden, ungeschriebenen (Rechts-) Normen beider Rechtsordnungen einander gegenübergestellt und aus rechtlicher Sicht beurteilt.
Das von Maria Bertel verfasste Werk „Multi-level governance in Südamerika“ (facultas.wuv 2013, ISBN: 978-3-7089-0982-0) widmet sich einem in der deutschsprachigen Literatur zum Föderalismus nur selten anzutreffenden Fallbeispiel, indem es den seit 2001 wieder in Gang gekommenen Dezentralisierungsprozess in Peru untersucht. Es untersucht vor allem die Frage, inwiefern sich der Andenstaat an einen Bundesstaat annähert bzw ob Peru gar schon als Bundesstaat bezeichnet werden könnte. Dazu werden Vergleichskriterien, die sich aus der institutionellen Mindestausstattung eines Bundesstaates ergeben, herangezogen und über vergleichende Hinweise auf südamerikanische und europäische Verfassungen, die sich über das gesamte Buch erstrecken, eine Einordnung des Staates zwischen Bundesstaat und Einheitsstaat ermöglicht. In einem Rundblick über ausgewählte lateinamerikanische Staaten wird auch das Spektrum bundesstaatlicher bzw regionalisierter Organisationsformen auf dem südamerikanischen Kontinent dargestellt.

(Keine) Aushöhlung der Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte



Die Vorbereitungen auf die wohl größte Organisationsänderung in der österreichischen Verwaltung seit der Verwaltungsreform 1925 laufen auf vollen Touren. Mit 1. Jänner 2014 werden bekanntlich die neun Landesverwaltungsgerichte sowie die zwei Bundesverwaltungsgerichte ihre Arbeit aufnehmen. Dabei versucht der Bund jetzt jedoch, möglichst viele Zuständigkeiten an sich zu reißen, die eigentlich auf Länderebene angesiedelt werden sollten. Da der Bund dafür jedoch auf die Zustimmung der Länder angewiesen ist, können – und aus Sicht des Föderalismus-Instituts sollten – diese die Zustimmung verweigern. Nur so kann sichergestellt werden, dass Entscheidungen auch in Zukunft möglichst nahe an Bürgern und Unternehmen gefällt werden. Erst nach einer Evaluierung der neuen Regelung sollte dann überprüft werden, welche Zuordnungen sich bewährt haben und welche geändert werden müssen.

Mit BGBl I Nr 2013/33 wurde das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 erlassen. Es beinhaltet insbesondere das neue Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz sowie die erforderlichen Anpassungen der Verwaltungsverfahrensgesetze und des Verwaltungsgerichtshofgesetzes. Auf Länderebene wurden die erforderlichen Organisationsgesetze entweder schon beschlossen oder stehen kurz vor der Verabschiedung in den Landtagen. Darüber hinaus kommen auf Bundes- wie auch auf Landesebene zahlreiche Anpassungen der Materiengesetze.
Ein Blick auf die Entwürfe der Bundesministerien zu den Anpassungen der Materiengesetze zeigt, dass der Bund von der in der Bundesverfassung vorgesehenen Möglichkeit, mit Zustimmung der Länder Angelegenheiten, die eigentlich vor die Landesverwaltungsgerichte gehören, auf die Bundesverwaltungsgerichte zu übertragen, in exzessiver Weise Gebrauch machen will. Damit würde das an sich klare Rechtsschutzsystem, das der Bundesverfassungsgesetzgeber mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 geschaffen hat, durch den einfachen Gesetzgeber ausgehöhlt. Dies ist leider möglich, da solche Zuständigkeitsverschiebungen gemäß Art 131 Abs 4 Z 2 B-VG mit Zustimmung der Länder in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung sowie sogar der Landesverwaltung gemäß Art 11 B-VG mit Zustimmung der Länder möglich sind.
Nach den Intentionen der Ministerien wären beispielsweise verschiedene Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz oder dem Altlastensanierungsgesetz erfasst, also Angelegenheiten, die typischerweise der mittelbaren Bundesverwaltung zuzuordnen sind. Den Ländern wird dringend empfohlen, zumindest solange, als die Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich nicht evaluiert ist, grundsätzlich keine Zustimmung zu derartigen Zuständigkeitsübertragungen zu erteilen. Dies aus folgenden Gründen:
  • Die Zuständigkeitsübertragungen unterhöhlen das vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgesehene Rechtsschutzsystem und machen es unübersichtlich.
  • Die Unternehmen und die Bürger haben ein Interesse an nahen Rechtsschutzinstanzen.
  • Durch die Zuständigkeitsübertragungen würde der Eindruck erweckt, als seien die Landesverwaltungsgerichte qualitativ minderwertigere Einrichtungen als das Bundesverwaltungsgericht. Einem solchen Eindruck müssten die Länder entgegentreten.
Nach einer Frist von etwa zwei bis drei Jahren würde es dagegen Sinn machen, das Konzept der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu evaluieren und dort, wo punktuell Anpassungsbedarf besteht, diesem auch Rechnung zu tragen.

Steuerautonomie der Länder machbar



Das Finanzministerium hat kürzlich – mit einiger Verspätung – eine Studie zur Steuerautonomie der Bundesländer publiziert, die es bei Univ.-Prof. Dr. Markus Achatz, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, in Auftrag gegeben hatte. Fazit des Guachtens: Eine Abgabenautonomie der Bundesländer, bspw in Form eines Zuschlags der Länder zur Einkommens- oder Körperschaftssteuer ist möglich. Allerdings darf sich die Gesamtsteuerbelastung dadurch freilich nicht erhöhen. Sie könnte jedoch durch ein derartiges System durchaus gesenkt werden. Andere Steuern, wie etwa die Umsatzsteuer eignen sich dafür nicht.

Das Bundesministerium für Finanzen hat auf seiner Homepage das Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Markus Achatz, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, „Zur Stärkung der Abgabenautonomie subnationaler Gebietskörperschaften (der Länder)“ veröffentlicht. Dieses lag dem Ministerium schon ein gutes Jahr lang vor, die Publikation ist allerdings erst kürzlich erfolgt. Die rechtswissenschaftliche Analyse unter Berücksichtigung von Praxisrelevanz und Operationalität kommt zu folgenden Schlussfolgerungen: Eine Abgabenautonomie der Länder ist als Zuschlagssystem zu Bundesabgaben (also beispielsweise eines Zuschlags der Länder zur Einkommens- oder Körperschaftssteuer, die natürlich, um die Gesamtsteuerbelastung nicht zu erhöhen entsprechend gesenkt werden müsste) denkbar. Dabei muss allerdings die Problematik der Doppelbesteuerung gelöst werden. Verschiedene andere Steuern wie etwa die Umsatzsteuer oder Kapitalverkehrsabgaben kommen aus EU-rechtlichen Gründen sowie aus Gründen der Praxistauglichkeit für eine „Verländerung“ nicht in Betracht, die Grundsteuer etwa hingegen schon.
Insgesamt zeigt das Gutachten, wie auch vom Föderalismusinstitut immer wieder erklärt, dass eine beschränkte Steuerautonomie der Länder durchaus machbar ist. Selbstverständlich dürfen daraus resultierende Probleme, wie beispielsweise ein höherer Verwaltungsaufwand für Unternehmen, keineswegs kleingeredet werden. Die Expertise sollte jedoch zum Anlass für eine umfassende finanzwissenschaftliche und rechtswissenschaftliche Untersuchung genommen werden, ob die Vorteile einer solchen Steuerautonomie allfälligen Nachteilen überwiegen.

Art 15a-Vereinbarung zum Spekulationsverbot



Nachdem sich Bund und Länder zu Beginn des Jahres innerhalb kurzer Zeit auf ein Spekulationsverbot geeinigt hatten, sind die Debatten im Nationalrat über eine verfassungsrechtliche Verankerung des Verbots komplett ins Stocken geraten. Aus Sicht des Föderalismus-Instituts ist eine derartige Regelung gar nicht unbedingt nötig. Auch in Sachen Vergleichbarkeit der öffentlichen Rechnungswesen ist ein Stillstand im Parlament eingetreten. Der Wunsch nach Vergleichbarkeit ist aus Sicht des Föderalismusinstituts berechtigt, daher sollte von Bund und Ländern rasch auf Augenhöhe verhandelt werden – mit dem Ziel einer 15a-Vereinbarung. Nur auf diesem Wege kann aus unserer Sicht sichergestellt werden, dass eine praktikable Lösung gefunden wird.

Am 13. Februar 2013 unterzeichneten Bund Länder und Gemeinden in Wien die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über eine risikoaverse Finanzgebarung. Es ist dies ein Teil der geplanten Maßnahmen zur Verhinderung riskanter Spekulationsgeschäfte der Gebietskörperschaften. Konkret vereinbart wurden ein Abbau von Fremdwährungskrediten, ein Verbot der Aufnahme von Krediten zwecks Spekulationen sowie ein grundsätzliches Gebot risikominimierender Veranlagung. Bei Zuwiderhandlung ist ein Sanktionsbeitrag von 15% der Bemessungsgrundlage vorgesehen. Prüfungen können vom Rechnungshof bzw der Aufsichtsbehörde auf Antrag durchgeführt werden. Man erwartet eine Ratifikation der Vereinbarung durch Parlament und Landtage bis Sommer sowie eine Umsetzung auf einfachgesetzlicher Ebene bis Herbst des Jahres, wobei auch ausgelagerte Rechtsträger wie die Krankenanstalten einbezogen werden.
Offen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch immer die Frage nach einer bundesverfassungsrechtlichen Absicherung – eine entsprechende Regierungsvorlage zur Implementierung einer Zielbestimmung im Finanz-Verfassungsgesetz liegt vor. In den parlamentarischen Beratungen konnte jedoch darüber noch keine Einigung erzielt werden. Es zeichnet sich ab, dass eine Grundsatzbestimmung hinsichtlich der Vergleichbarkeit des öffentlichen Rechnungswesens in die Finanzverfassung aufgenommen werden soll.
Das Föderalismusinstitut erachtet eine Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte als wichtiges Anliegen. Allerdings sollte diese Vergleichbarkeit im Konkreten im Wege einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG hergestellt werden. Eine einseitige Auslieferung der Länder und Gemeinden an die Verordnungskompetenz des Bundesministers bzw der Bundesministerin für Finanzen wird abgelehnt, da auf diese Weise die Länder und Gemeinden gezwungen wären, jegliche Regelungen des Bundes zu übernehmen, selbst dann, wenn sie unpraktikabel oder überschießend wären.
Als klaren und möglicherweise auch baugesetzwidrigen Eingriff in die Finanzautonomie der Länder würde zudem eine Verordnungskompetenz des Bundes betrachtet, mit der dieser die zulässigen Finanzgeschäfte der Länder regeln könnte. Abgesehen von der Einbeziehung der Gemeinden, die ohne bundesverfassungsrechtliche Grundlage nicht möglich wäre, würde die bereits abgeschlossene Vereinbarung zwischen Bund und Ländern ausreichende Regelungen enthalten. Gebunden werden durch dieses dem Grundsatz der getrennten Haushaltswirtschaft gerecht werdende Koordinationsinstrument die Gebietskörperschaften, die sich ihrerseits zur gesetzlichen Umsetzung verpflichten. Andere Fälle, wie die Schuldenbremse zeigen, dass es einer verfassungsrangigen Regelung nicht bedarf, um zu einer sachgerechten Lösung zu gelangen.
Zudem sei erwähnt, dass die Einigung zwischen Bund und Ländern auf ein Spekulationsverbot in wenigen Wochen vereinbart werden konnte, der Nationalrat hingegen nach Monaten noch immer keine Lösung gefunden hat. Langfristig wäre zu überlegen, ob nicht auch die positiven Effekte einer Steuerautonomie im Hinblick auf die Veranlagungspraxis sinnvoll wären: Wenn Gebietskörperschaften ihre öffentlichen Leistungen auch selbst finanzieren müssten, statt Geld über einen vertikalen Finanzausgleich zugewiesen bekommen, würde auch sorgsamer mit den Mitteln umgegangen werden.

Entwurf zum Demokratiepaket eingebracht



Die Bundesregierung hat sich kürzlich auf Vorschläge zum Ausbau und zur Reform einiger Teilbereiche der direkten Demokratie auf Bundesebene geeinigt. Volksbefragungen sollen vereinfacht, das Instrument der „Bürgeranfrage“ geschaffen und Volksbegehren aufgewertet werden. Aus Sicht des Föderalismus-Instituts kommt die neue Initiative kaum über Verwaltungsvereinfachungen hinaus und ist recht weit von einer echten Ausweitung der direkten Demokratie entfernt.

Über Initiativantrag der beiden Regierungsparteien (2177/A der Beilagen, XXIV.GP) wurden Vorschläge zum Ausbau und zur Reform einiger Teilbereiche der direkten Demokratie auf Bundesebene eingebracht. Konkret geplant sind nun verfahrensrechtliche Verbesserungen für die Abwicklung von Volksbegehren einschließlich einer moderneren Wählerevidenz sowie die Möglichkeit einer „Bürgeranfrage“ an Mitglieder der Bundesregierung. Dabei handelt es sich um eine besondere Variante des Interpellationsrechts, die zumindest indirekt von den Wahlberechtigten wahrgenommen werden kann. Das Parlament legt dazu für ein Jahr vier spezielle Bürger-Fragestunden fest, in denen diese aufgerufen werden. Eingebracht können diese – soweit ersichtlich – nur auf elektronischem Wege und bedürfen zu ihrer Gültigkeit eine kurze Frage zu Gegenständen der Bundesvollziehung. Ferner muss diese Anfrage im Unterstützungszeitraum von einer Woche von mindestens 10.000 Wahlberechtigten unterstützt werden. Richtet sich die Frage an ein unzuständiges Mitglied der Bundesregierung oder behandelt sie nicht Gegenstände der Bundesvollziehung ist sie (mit Verbesserungsmöglichkeit) zurückzustellen. Eine gültige Bürgeranfrage wird im Parlament von einem Schriftführer (nicht einem Bürger) verlesen und sodann vom befragten Mitglied der Bundesregierung beantwortet.
Abgesehen davon sieht die Novelle Vereinfachungen in der Abwicklung von Volksbegehren, die Möglichkeit ihrer online-Unterstützung sowie eine prominentere geschäftsordnungsrechtliche Behandlung im Plenum in Form einer separaten „Volksbegehren-Sitzung“, in der der Bevollmächtigte vom Rednerpult aus das (erfolgreiche) Volksbegehren – im Gegensatz zum Einbringer einer Bürgeranfrage - erörtern darf. Flankierend zu diesen Maßnahmen ist die Schaffung eines zentralen Wählerregisters beim Innenministerium vorgesehen, das wiederum Basis für die elektronische Unterstützung von Volksbegehren und Bürgeranfragen ist.
Die geplante Novelle geht über verfahrensmäßige Vereinfachungen bei Instrumenten direkter Demokratie kaum hinaus und dürfte wohl den politischen Ankündigungen, die dem Projekt vorausgegangen waren kaum gerecht werden. Die Bürgeranfrage lagert die parlamentarische Kontrolltätigkeit teilweise aus dem repräsentativ-demokratischen System aus und hat das Problem, dass sie immer damit rechnen muss, dass eine Beantwortung nicht möglich ist – sei es wegen Unzuständigkeit, außerhalb der Bundesvollziehung oder aufgrund des gegenwärtig umstrittenen Amtsgeheimnisses. Die Bundesregierung wäre angehalten, statt des Einbaus immer neuerer Instrumente, die ohnehin schon vielfältigen Möglichkeiten direkter Demokratie zu nützen, damit nicht – wie bei der Volksbefragung – wieder 25 Jahre bis zum ersten Anwendungsfall vergehen. Abgesehen davon sei darauf hingewiesen, dass der Trend zur inflationären und weitgehend konzeptlosen Verfassungsänderung auf Bundesebene offenkundig anhält, zumal allein im Jahre 2012 das B-VG fünf Mal novelliert wurde und sich somit am Befund von der „Dauerbaustelle B-VG“ (Heinz Mayer) wenig zu ändern scheint.

Neuerscheinung: „Multi-Level-Governance im Alpenraum“



Der Alpenraum ist in besonders hohem Ausmaß von einer Vielzahl föderaler Einheiten und regionaler Autonomien geprägt. Der vorliegende Band vereinigt verschiedene Beiträge, die sich mit dem Regieren im europäischen Mehrebenensystem, bezogen auf den Alpenraum befassen. Daraus ergibt sich eine interessante Schau auf das Zusammenspiel von Europa, der nationalen Ebene, der Länder und regionalen Ebene bis hin zu den Kommunen in diesem Gebiet. Die Beiträge werfen ein Licht auf die Notwendigkeit und die Probleme der Abstimmung und Koordination der verschiedenen Regierungsebenen und die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für das Mehrebenensystem. Den Beiträgen sind deutsch- und englischsprachige abstracts beigegeben. Das von Peter Bußjäger und Christian Gsodam herausgegebene Buch ist als Band 116 der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.

Spekulationsverbot für die Gebietskörperschaften in Österreich



Die Salzburger Finanzaffäre war Auslöser einer Debatte über die Veranlagungs-Aktivitäten von Bund und Ländern. Die Landeshauptleutekonferenz erarbeitete ein Konzept, wie diese künftig geregelt werden sollen. Kernpunkt ist ein Spekulationsverbot als Zielbestimmung in der Bundesverfassung. In einer Zusatzvereinbarung zum Stabilitätspakt sollten die Details konkret geregelt werden. Dadurch können verbindliche Regelungen für alle Ebenen geschaffen werden, ohne dass die Finanzautonomie der Länder ausgehebelt wird. Auch auf Bundesebene gab es übrigens bisher keine entsprechenden Vorgaben. Aus föderalistischer Sicht sollte aber auch ein weitergehender Steuerföderalismus als alternatives Instrument gegen Spekulation und zur höheren Verantwortung für anvertraute Einnahmen näher geprüft werden. In der Schweiz wird ein derartiges Modell seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt und könnte durchaus als Vorbild für Österreich herangezogen werden.

Nach der Salzburger Finanzaffäre waren auf der Stelle Rufe nach Konsequenzen laut geworden. Bund und Länder haben sich im Rahmen einer außerordentlichen Tagung der Landeshauptleutekonferenz am 19. Dezember 2012 auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe verständigt, die ihre Beratungen unverzüglich aufnahm und am 4. Jänner 2013 ihre Ergebnisse vorlegte.
 
Es hatte sich schon früh abgezeichnet, dass der Kompromiss in einem grundsätzlichen Spekulationsverbot in der Bundesverfassung und seiner näheren Ausführung in einer Zusatzvereinbarung zum Stabilitätspakt bestehen würde. Die Einigung vom 4. Jänner 2013 ist anders als in der Öffentlichkeit oft dargestellt keine Kapitulation der Bundesregierung vor den Ländern, sondern entspricht vielmehr der Sachlogik: Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Festlegung, was Spekulation wirklich ist, so komplex und situationsabhängig ist, dass sie in einer Verfassungsbestimmung keinen Platz gefunden hätte. Die Alternative zur ausgehandelten Vereinbarung wäre ein Blankoscheck für das Finanzministerium gewesen, für alle Ebenen verbindlich zu definieren, welche Geschäfte erlaubt oder verboten sind. Das wäre für die Länder nicht nur inakzeptabel gewesen, zudem ist nicht garantiert, dass es ausgerechnet der Bund besser weiß. Bei genauer Lektüre der Einigung zwischen Bund und Ländern überrascht, dass die Details „risikoaversen Verhaltens“, so die technische Umschreibung des Spekulationsverbotes, auch beim Bund bisher nicht gesetzlich verankert waren, andernfalls die nun geplante Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes gar nicht nötig gewesen wäre. Es ist auch gar nicht lange her, als der Bund und seine ausgelagerten Gesellschaften noch selbst spekulierten. Es war somit richtig und dem bundesstaatlichen Prinzip angemessen, dass die Länder eine Gleichbehandlung aller Ebenen forderten, die nun umgesetzt werden soll.
 
Da der Kern des Spekulationsverbotes ohnehin in der ausgehandelten Zusatzvereinbarung zum Stabilitätspakt und der Ergänzung des Bundesfinanzierungsgesetzes liegt, kann das Paket auch umgesetzt werden, falls die nötige Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsbestimmung im Parlament nicht erreicht wird. Auch für die Schuldenbremse wurde vor einiger Zeit keine Verfassungsmehrheit gefunden, sodass sie schließlich in kooperativ-föderalistischer Weise im Stabilitätspakt verankert wurde. Die Verbindlichkeit hat dadurch nicht gelitten. Daher sind allfällige Forderungen der Opposition nach einer Verschärfung der vorgesehenen Verfassungsbestimmung nicht angebracht. Mittelfristig sollten die Länder allerdings noch anderes ins Auge fassen: Das auf einer 250 Jahre alten Kameralistik beruhende öffentliche Rechnungswesen ist veraltet. Der Bund geht mit dem Bundeshaushaltsgesetz 2013 davon ab, die Länder sollten sich das neue Modell genau ansehen und, wenn es funktioniert, auch ihr Haushaltsrecht modernisieren. Dann sollten auch Spekulationsverluste wie in Salzburg für den Rechnungshof nicht mehr unsichtbar bleiben.
 
Auch der Steuerföderalismus als alternatives Instrument gegen Spekulation sollte näher geprüft werden. Einen wesentlichen Teil seiner Einnahmen aus eigenen Steuern bestreiten zu müssen, ist in der Regel ein Anreiz zu sparsamem und „risikoaversem“ Verhalten und verantwortliche Politiker müssten primär vor ihrer eigenen Bevölkerung ihr Verhalten rechtfertigen. Finanzautonomie, das zeigt etwa das Beispiel Schweiz, führt zwar zu unterschiedlichen Steuerbelastungen in den einzelnen Kantonen, grundsätzlich aber auch zu einem vorsichtigeren Umgang der Politik mit dem Geld. Das Argument, Finanzautonomie benachteilige die strukturschwächeren Länder, verfängt nicht: Auch in der Schweiz gibt es einen Finanzausgleich zwischen reicheren und ärmeren Kantonen, mit dem Benachteiligungen zwischen Randlagen und Ballungszentren ausgeglichen werden, frivoler Umgang mit fremdem Geld jedoch nicht begünstigt wird. Österreich wäre auch nicht zu klein für eine Finanzautonomie auf Länderebene: Neben der Schweiz kann auch auf die skandinavischen Staaten verwiesen werden, wo sich die Gemeinden zu einem guten Teil durch die Einhebung von Steuern, die sie selbst festsetzen, finanzieren. Auch in diesen Ländern ist eine Unterschiedlichkeit der Steuersätze kein Problem.

Föderale Aspekte der direkten Demokratie



Die Volksbefragung über die Beibehaltung der Wehrpflicht bzw Einführung eines Berufsheeres ist auf Bundesebene die erste überhaupt, seit dieses Instrument im Jahre 1988 geschaffen wurde. Auf Landesebene gab es seit den 1970er-Jahren bereits 18 Volksbefragungen. Auf Länderebene gab es sogar noch deutlich radikalere Formen der direkten Demokratie, denen teilweise vom Verfassungsgerichtshof ein Riegel vorgeschoben wurde. Aus Sicht des Föderalismusinstituts sollte der verfassungsrechtliche Spielraum für direktdemokratische Verfahren auf Länder- und Gemeindeebene vergrößert werden.

Die Volksbefragung über die Beibehaltung der Wehrpflicht bzw Einführung eines Berufsheeres ist auf Bundesebene die erste überhaupt nach ihrer Einführung im Jahre 1988. Aus der Verfassungsgeschichte bekannt ist lediglich eine Form der Volksbefragung, wie sie die Verfassung 1934 als Unterart einer Volksabstimmung vorsah, die gegenwärtige Bestimmung geht zurück auf einen Initiativantrag mehrer Abgeordneter und wurde mit BGBl Nr 685/1988 eingeführt. Zwar gab es seitdem zahlreiche Anträge – vor allem von oppositioneller Seite – Volksbefragungen abzuhalten, doch dauerte es 25 Jahre, bis es erstmals dazu kam.
 
Auf Landesebene hingegen gab es seit den 1970er Jahren bis dato bereits 18 Volksbefragungen über landesrechtlich relevante Themen aller Art. Beginnend mit einer Befragung der Bevölkerung Vorarlbergs zu den Ladensschlusszeiten im Jahre 1972 bis hin zur aktuellen Befragung in Wien zu mehreren Themen wie einer Olympia-Bewerbung und der Parkpickerl-Regelung. Im Bundesländervergleich ist Wien mit nunmehr acht Volksbefragungen an der Spitze, lediglich im Burgenland wurde von der Möglichkeit bislang noch kein Gebrauch gemacht. Volksbefragungen in den Bundesländern finden im Regelfall auf Beschluss der Landesregierung statt, wenngleich zahlreiche Bundesländer auch die Möglichkeit der Erzwingung einer Befragung durch einen Teil der zum Landtag wahlberechtigten Bevölkerung vorsehen.
 
Bei der Ausgestaltung direkt-demokratischer Instrumente auf Landesebene wurde seitens der Landesverfassungsgesetzgeber der Spielraum der Verfassungsautonomie mitunter großzügig genützt. Teilweise ging man dabei über die bekannten Möglichkeiten direkter Demokratie hinaus und implementierte weitere Varianten, vor allem auf Gemeindeebene oder unter Einbeziehung dieser, wenn beispielsweise eine bestimmte Anzahl von Gemeinden eine Volksabstimmung oder -befragung initiieren kann. Ebenso vorgesehen sind teilweise verpflichtende Verfahren der Bürgerbegutachtung von Gesetzesentwürfen. Vorarlberg scheiterte allerdings im Jahre 2001 mit der Einrichtung der „Volksgesetzgebung“ am Verfassungsgerichtshof, zumal eine derart radikale Form direkter Demokratie gegen die primär repräsentativ-demokratisch ausgestaltete Verfassungsordnung verstieß. Abseits der Legislative gibt es zum Beispiel in der Steiermark und in Vorarlberg die Möglichkeit einer sogenannten „Kontrollinitiative“, wobei eine bestimmte Anzahl von Wahlberechtigten eine Prüfung des Landesrechnungshofes verlangen kann.
 
Angesichts dieser Vielfalt an direkt-demokratischen Instrumenten auf Landesebene, die auch ein gutes Beispiel für eine „Werkstatt Föderalismus“ und damit die Möglichkeit der Erprobung neuer Wege in überschaubarem Rahmen darstellen, verwundert es, dass sich rechtspolitische Forderungen fast ausschließlich auf die Bundesebene beziehen. Es sollte ermöglicht werden, dass die bundesverfassungsrechtlichen Schranken, was den Ausbau der direkten Demokratie in Ländern und Gemeinden betrifft, gelockert werden. Das Institut für Föderalismus regt an, dem Art 99 Abs 1 B-VG folgenden Satz anzufügen: „Sie kann vorsehen, dass die zum Landtag Wahlberechtigten unmittelbar an der Landesgesetzgesetzgebung mitwirken können.“ – eine Formulierung, die sowohl in der Bundesstaatsreform als auch im Österreich-Konvent mehrfach vorgeschlagen wurde. Damit wird klargestellt, dass die Landesverfassung auch direkte Mitwirkungsrechte der Landesbürger (Vetoreferendum und Volksinitiative) an der Landesgesetzgebung vorsehen kann.

Wieder gelesen: „Der Rechtsstaat und sein Heer“



Vor nunmehr knapp 50 Jahren erschien die Habilitationsschrift von Peter Pernthaler, dem ehemaligen Direktor des Föderalismusinstituts, mit dem Titel „Der Rechtsstaat und sein Heer“ und ist seitdem fester Bestandteil der wehrrechtlichen Literatur. Manches hat sich seither geändert, vieles, was Pernthaler damals geschrieben hat, bleibt aber weiter gültig, wie ein Blick in sein Werk zeigt.

Das Werk vermittelt auch Jahrzehnte später einen spannenden Einblick in verfassungsrechtliche Grenzfragen, wie sie sich insbesondere bei der rechtlichen Ausgestaltung des Bundesheeres und der Rechtsstellung der Soldaten bieten. Schon die geschichtliche Entwicklung der rechtlichen Durchdringung des Militärwesens wird dabei zu Recht als „mühsames Tasten in erfahrungsleeren Räumen“ bezeichnet (S 35). Mit Blick auf die aktuelle Heeresdebatte erfahren wir etwa im historischen Teil, dass Österreich nach dem Ersten Weltkrieg, bedingt durch staatsvertragliche Vorgaben schon einmal über ein Berufsheer verfügte (S 41) oder wie umgekehrt die Wehrpflicht im Lichte des demokratischen Prinzips oder des Gleichheitssatzes (S 186) betrachtet werden könne.
 
Das Werk prüft die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Heeres anhand des demokratischen, bundesstaatlichen und rechtsstaatlichen Prinzips einschließlich der Grundrechte, stellt und beantwortet interessante verfassungsrechtliche Fragen – von der Rechtsnatur des Befehls (S 64 ff) bis hin zur Frage des Schutzes der Verfassung durch die militärische Macht vor ihrer gewaltsamen Verletzung (S 171). Mit Blick auf den Bundesstaat zeigt sich das Heer als eines der gemeinsamen, gesamtstaatlichen Organe, das in früheren Jahrzehnten durch landesrechtliche Möglichkeiten von „Bürgergarden“ oder der Privilegierung des Schützen- und Schießstandswesens in Tirol und Vorarlberg ergänzt war.
 
Mag sich auch die eine oder andere Vorschrift im Rechtsbestand seit 1963 geändert haben, so bleiben manche der angeschnittenen Themen wie die Rechtsform des Heeres, das Problem seines „inneren Einsatzes“ oder der Mythos der „Bundesexekution“, wie er seit Hans Kelsen in den 1920er Jahren nicht mehr behandelt wurde, praktisch zeitlos. Das Buch lädt stets zum Weiterlesen ein und ist jedenfalls auch 50 Jahre später für verfassungsrechtlich Interessierte stets eine Lektüre wert.

Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“



Am 11. und 12. April 2013 findet an der Universität Innsbruck die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit dem Institut für Öffentliches Recht ausgerichtete Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“ statt. Die Tagung widmet sich den neuen Gerichten, die mit Jänner 2014 ihren Betrieb aufnehmen werden, in drei großen Themenbereichen – Grundlagen, Organisation und Verfahren. Anmeldungen zur Tagung sind bis 5. April 2013 unter institut@foederalismus.at möglich, Details zum Programm sind auf der Homepage des Instituts für Föderalismus abrufbar.

Die Referate im Überblick: Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper: Landesverwaltungsgerichte im Gefüge der Bauprinzipien der Bundesverfassung; Univ.-Prof. Dr. Georg Lienbacher: Der Verwaltungsrechtsschutz in Österreich und die europäische Dimension; Hon.-Prof. Dr. Meinrad Handstanger: Grundsatzfragen zur Organisation eines Verwaltungsgerichts; Dr. Christian Ranacher und Dr. Dieter Wolf: Das Organisationsrecht der Landesverwaltungsgerichte; Dr. Eduard Pesendorfer: Das Amt der Landesregierung und seine (neue) Rolle; Univ.-Prof. Dr. Harald Eberhard: Das Zusammenspiel von Landesverwaltungsgerichten und Verwaltungsbehörden; Dr. Matthias Germann und Mag. Heidemarie Thalhammer: Das Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten; Dr. Erich Pürgy: Sachverständige im Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten; Univ.-Prof. Dr. Rudolf Thienel: Die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes im Verhältnis zu den Landesverwaltungsgerichten.

Wissenschaftspreis der Margaretha Lupac Stiftung



Das Institut für Föderalismus möchte auf die Ausschreibung des Wissenschaftspreises 2013 der Margaretha Lupac Stiftung aufmerksam machen. Mit dem Wissenschaftspreis wird entweder ein wissenschaftliches Gesamtwerk, eine Publikation oder eine abgeschlossene, beurteilte Dissertation ausgezeichnet, die sich mit den Chancen und Stärken, aber auch den Herausforderungen und Schwächen der parlamentarischen Demokratie und ihren Institutionen in Österreich auseinandersetzten. InteressentInnen werden eingeladen, ihre Bewerbung bis zum 28. Februar 2013 (Poststempel) einzureichen. Weitere Details zum Procedere entnehmen Sie der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at.


2012


36. Bericht über den Föderalismus in Österreich im Überblick



Soeben ist der 36. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2011) im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut zu beziehen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

1. Der Föderalismus leidet auch im Berichtsjahr 2011 darunter, dass ihm die politisch-mediale Öffentlichkeit hohe Kosten und fehlende Reformbereitschaft unterstellt. Paradox daran ist, dass viele Reformen der Länder einfach nicht beachtet wurden (beispielsweise im Gesundheitsbereich). Trotz kleiner Fortschritte bleibt der Eindruck des Reformstillstands auf Bundes- und Landesebene.
 
2. Gerade für den Vollzug von Reformen wurde oft auf die Strukturen der Länder zurückgegriffen – deren Kompetenzen wurden durch folgende Reformen gestärkt: Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit (u.a. neun Landesverwaltungsgerichte), Polizeireform (neun Landespolizeidirektionen), Einrichtung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (mit neun Zweigstellen).
 
3. Andererseits kam es auch zu Zentralisierungen und Einschränkungen des Spielraums der Länder, beispielsweise im Pflegebereich (Aufhebung bisheriger Pflegegeldgesetze) und durch Verfassungsänderungen bezüglich der Volksanwaltschaft oder der Medientransparenz.
 
4. Die Länder konnten dennoch zahlreiche Reformen umsetzen, beispielsweise umfangreiche Neuerungen im Dienstrecht. Konkrete Beispiele sind die Steiermark mit der Abschaffung des Proporzes, Vorarlberg mit der Stärkung direkter Demokratie und Tirol mit Bestrebungen um leistbare Wohnmöglichkeiten, ehrenamtliche Tätigkeit und Kinderrechte.
 
5. Auf die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern haben sich die Finanzkrise, aber auch ein größerer Einfluss der EU ausgewirkt. Eine verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse, die in die Budgethoheit der Länder eingegriffen hätte, kam nicht zustande, dafür eine Einigung auf einen neuen Stabilitätspakt.
 
6. Die Institutionen haben sich nicht markant verändert. Auffallend ist die Tendenz der Länder, brisante Bundesgesetze auch wirklich anzufechten, wodurch sie eine neue „Wächterrolle“ wahrnehmen. Durch den Vertrag von Lissabon hat der Bundesrat im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung neue, wichtige Kompetenzen bekommen.
 
7. Insgesamt ist die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Jahr 2011 zufriedenstellend. Das zeigt sich etwa in den 307 Gesetzesbeschlüssen der Landtage, von denen keines angefochten wurde. Auch fünf neue Verfassungsverträge und der beschlossene neue Stabilitätspakt stehen beispielhaft für eine gelungene Zusammenarbeit. Schwierigkeiten gibt es aber teilweise noch bei der Umsetzung von EU-Vorgaben.

Nachruf auf Art 98 B-VG



Gewissermaßen im Windschatten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I Nr 51/2012 wurde auch das Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage (Art 98 B-VG) mit Ende Juni abgeschafft. Ein Anachronismus mit Wurzeln in der Monarchie wurde damit zu Grabe getragen!

Mit der Abschaffung des Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage (erfüllt der Bundesverfassungsgesetzgeber eine jahrzehntelange Forderung der Bundesländer, die immer wieder die Modifikation bzw ersatzlose Abschaffung dieses Instruments verlangt hatten (so etwa im Forderungsprogramm der Bundesländer 1970 oder zuletzt in der Föderalismuserklärung der Landeshauptleutekonferenz vom Mai 2011). Das Einspruchsrecht der Bundesregierung stammt ursprünglich aus der Kaiserzeit und war Ausdruck des einheitsstaatlichen Rechtsdenkens der Monarchie, demzufolge Reichs- und Landesgesetze Ausdruck derselben Staatsgewalt waren. Im österreichischen Bundesstaat wurde die Bestimmung in ihrem verfassungsrechtlichen Bestand seitens der Länder immer wieder als bevormundend wahrgenommen und ist in der Literatur auch als „Beobachtungsrecht über die gesamte Legistik der Länder“ (Pernthaler/Weber) bezeichnet worden. Jedoch war es weniger die bundesstaatliche Anomalie, als mehr die Nichtanwendung dieses Instruments (die letzten Einsprüche wurden in den Jahren 2003 und 2004 erhoben) die den Bundesverfassungsgesetzgeber nun veranlasste, es zu streichen (vgl die Erläuterungen der Regierungsvorlage 1618 der Beilagen XXIV. GP, Seite 11).
 
Das Zustimmungsrecht des Bundes nach Art 97 B-VG für Fälle der Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von Landesrecht und das (aufgrund der bescheidenen Länder-Abgabenkompetenzen zwar wenig sinnvolle) Einspruchsrecht bei Abgabegesetzen der Länder bleiben jedenfalls erhalten, wie auch die Übermittlung der Landesgesetzesbeschlüsse an das Bundeskanzleramt nun ausdrücklich auf solche eingeschränkt wurde. Jedoch stecken in diesen beiden Fällen aufgrund der jeweiligen Bundeszuständigkeiten auch aus föderalistischer bzw verfassungssystematischer Sicht noch durchaus nachvollziehbare Gründe dahinter, wie es beim Einspruchsrecht und seiner eher aufsichtsbehördlichen Formulierung nicht der Fall war.

Festveranstaltung zu Ehren von Landesamtsdirektor Pesendorfer



Landesamtsdirektor Dr. Eduard Pesendorfer wurde aus Anlass seines 65. Geburtstags am 13. November 2012 in Linz vom Land Oberösterreich mit einem kleinen Symposium geehrt, bei dem auch das Institut für Föderalismus Kooperationspartner war. Unter Pesendorfers Führung hat die Oberösterreichische Landesverwaltung in den letzten Jahrzehnten auch international beachtete Reformschritte unternommen. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, zog in seinem Festvortrag eine Bilanz über die wesentlichen Verfassungsreformen in Österreich seit 1945, hob dabei auch die Bedeutung der Länderebene hervor und trat den verschiedentlich gemachten Behauptungen, die Länderebene scheuten oder blockierten gar Reformen, entgegen. Das Institut für Föderalismus gratuliert dem Jubilar herzlich und freut sich, dass er sein Wissen und seine Erfahrung auch in das Kuratorium des Instituts einbringt.

Neuerscheinung: „Gemeindekooperationen. Chancen nutzen – Potenziale erschließen“



Die Bundesverfassungsnovelle 2011 zur Stärkung der Rechte der Gemeinden brachte vor allem erweiterte Befugnisse der österreichischen Gemeinden zur interkommunalen Zusammenarbeit und die Möglichkeit des Abschlusses von Gemeindevereinbarungen als besondere Form öffentlich-rechtlicher Verträge. Damit befasste sich ein im April 2012 vom Institut für Föderalismus veranstalteter Workshop in Innsbruck. Die Beiträge der Tagung werden nun in schriftlicher Form vorgelegt und geben einen Überblick über die neue Rechtslage, analysieren einzelne Rechtsfragen und liefern auch eine ökonomische Betrachtung vom potentiellen Nutzen verstärkter Zusammenarbeit zwischen Gemeinden. Das von Peter Bußjäger und Niklas Sonntag herausgegebene Buch ist als Band 115 der Schriftenreihe des Instituts im Verlag new academic press erschienen und ab sofort über den Buchhandel oder das Institut erhältlich.

Termin-Aviso: „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“



Das Institut für Föderalismus veranstaltet gemeinsam mit dem Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre im Frühjahr eine Tagung zum Thema „Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren“. Im Fokus stehen dabei die verfassungsrechtlichen Grundlagen sowie potentielle Problemfelder insbesondere der Landesverwaltungsgerichte, die im Jahre 2014 ihren Betrieb aufnehmen werden. Als Referenten erwartet werden unter anderem Harald Eberhard, Anna Gamper, Georg Lienbacher und Rudolf Thienel. Die Veranstaltung wird am 11. und 12. April 2013 in der Aula des Hauptgebäudes der Universität Innsbruck stattfinden. Das Tagungsprogramm wird demnächst versendet.

VfGH I: Verfassungsgerichtshof entscheidet über Bettel-Verbote



Grundsätzlich sind die Landesgesetzgeber befugt, Bettelverbote zu verhängen. Das erklärte der Verfassungsgerichtshof kürzlich in drei Erkenntnissen zu den Bettelverboten in Oberösterreich, Kärnten und Salzburg.

Gleich drei Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes hatten Bettel-Verbote Oberösterreichs, Salzburgs und Kärntens zum Gegenstand. In zwei Erkenntnissen wurden die Anträge abgewiesen, im Falle Salzburgs stattgegeben. Grundsätzlich ging es um die Frage der Grundrechtskonformität der Bettel-Verbote, wobei der Verfassungsgerichtshof dies in Anschluss an seine bisherige Judikatur bejahte, lediglich im Falle Salzburgs die Bestimmungen des Landessicherheitsgesetzes als gleichheitswidrig aufhob.
 
In den beiden anderen Verfahren entschied der Verfassungsgerichtshof jeweils auf Antrag eines Drittels der Landtagsabgeordneten, wobei unter anderem kompetenzrechtliche Bedenken geäußert worden waren. Der Verfassungsgerichtshof stellte klar, dass es sich bei Bettelverboten um eine Angelegenheit der örtlichen Sicherheitspolizei (Art 15 Abs 2 B-VG) handelt und diese damit in die Landeskompetenz fallen. Selbst wenn bestimmte Erscheinungsformen des Bettelns überregional verbreitet seien, könne daraus für die Frage, in wessen Interesse diese Regelungen liegen, nichts gewonnen werden: „Denn allein der Umstand, dass eine Gefahr, der zu begegnen der örtlichen Sicherheitspolizei obliegt, auch an anderen Orten auftreten kann und auch auftritt, kann nicht dazu führen, dass damit automatisch eine Subsumtion zur Materie ‚örtliche Sicherheitspolizei’ ausscheidet.“
 
Jedenfalls handle es sich bei Regelungen, die spezifische, die örtliche Gemeinschaft störende Formen der Bettelei verbieten, um keine Angelegenheit, die – von Angelegenheiten des Strafrechtswesens im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG abgesehen – der Bundesgesetzgeber zu regeln befugt ist.
 
Im Falle Oberösterreichs wurden ferner Bedenken hinsichtlich des Gemeindeamtvorbehalts nach Art 117 Abs 7 B-VG geltend gemacht, als dort besondere Aufsichtsorgane zur Festnahme von Personen bestellt werden können. Der Verfassungsgerichtshof teilte jedoch die Bedenken unter Verweis auf die Vorjudikatur nicht – der Vorbehalt schließe es nicht aus, dass auch außerhalb des Organkomplexes stehende Einrichtungen zu bürokratischen Hilfstätigkeiten herangezogen werden können und bei der Übertragung dieser Befugnisse handle es sich um solche, die im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens eine entscheidende Rolle spielen und daher mit diesem in derart engem Zusammenhang stehen, dass sie als Teil dessen zu werten seien und die Führung des Verwaltungsstrafverfahrens (wozu auch die Festnahmebefugnis zählt) nicht eine von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehende Angelegenheit ist. Vgl dazu die Erkenntnisse G 132/11, G 118/11-17 und G 155/10-9 vom 30. Juni 2012.

VfGH II: Besteuerung von Wettterminals verfassungskonform



Länder und Gemeinden sind grundsätzlich befugt, Wettterminals mit Landes- bzw Gemeindeabgaben zu belegen, und brauchen dazu keine bundesgesetzliche Regelung. Das stellte der Verfassungsgerichtshof anlässlich einer Prüfung einer entsprechenden Vorarlberger Regelung fest.

Aus Anlass eines Bescheidbeschwerdeverfahrens prüfte der Verfassungsgerichtshof die Vorarlberger Regelung hinsichtlich der Besteuerung von Wettterminals über die Kriegsopferabgabe unter anderem auf ihre Kompetenz-Konformität und bestätigte diese. Hintergrund waren Bedenken seitens des Höchstgerichts, inwiefern das Verhältnis der Besteuerungsgegenstände Wetten und Vergnügungen für die in Frage kommende Abgabe eine Rolle spiele. Nach dem Finanz-Verfassungsgesetz dürfen neben Bundesabgaben Zuschläge oder gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand nur mit bundesgesetzlicher Ermächtigung erhoben werden. Bei Fehlen einer solchen kommt den Ländern insofern ein Abgabenerfindungsrecht zu, als die geplante Abgabe nicht gleichartig sein darf.
 
Die Gleichartigkeit der Kriegsopferabgabe auf Wettterminals mit der Wettgebühr nach dem Gebührengesetz wurde letztlich vom Verfassungsgerichtshof verneint, zumal es sich bei der Besteuerung des Glücksvertrags einerseits und bei der Besteuerung des Terminals als technische Einrichtung andererseits um zwei verschiedene Steuergegenstände handle. Somit sei es verfassungskonform, dass Länder bzw Gemeinden Landes- und Gemeindeabgaben in Zusammenhang mit Wetten – bei Erfüllung der übrigen finanzverfassungs- und finanzausgleichsrechtlichen Voraussetzungen – grundsätzlich erheben dürfen. Vgl dazu das Erkenntnis G 6/12-10 vom 13. Juni 2012.

Zur Praxis der Subsidiaritätsprüfung im Jahr 2011



Mitte Juli veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Jahresberichte 2011 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und über die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten (KOM[2012] 373 und KOM[2012] 375). Aus den Berichten geht hervor, dass die nationalen Parlamente langsam, aber sicher von ihrer neuen Kompetenz der Subsidiaritätsrüge Gebrauch machen. Abgesehen vom „politischen Dialog“ der Kommission mit den Parlamenten ergingen 2011 bereits 64 begründete Stellungnahmen zu insgesamt 28 verschiedenen Kommissionsvorschlägen nach dem Subisidiaritätsprotokoll, was einer Zunahme von 75% gegenüber 2010 entspricht. Der Großteil der begründeten Stellungnahmen stand im Zusammenhang mit Legislativvorschlägen aus den Bereichen Steuern, Landwirtschaft, Binnenmarkt und Justiz.

Mitte Juli veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Jahresberichte 2011 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und über die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten (KOM[2012] 373 und KOM[2012] 375). Aus den Berichten geht hervor, dass die nationalen Parlamente langsam aber sicher von ihrer neuen Kompetenz der Subsidiaritätsrüge Gebrauch machen. Abgesehen vom „politischen Dialog“ der Kommission mit den Parlamenten ergingen 2011 bereits 64 begründete Stellungnahmen zu insgesamt 28 verschiedenen Kommissionsvorschlägen nach dem Subisidiaritätsprotokoll, was einer Zunahme von 75% gegenüber 2010 entspricht. Der Großteil der begründeten Stellungnahmen stand im Zusammenhang mit Legislativvorschlägen aus den Bereichen Steuern, Landwirtschaft, Binnenmarkt und Justiz.
 
Die Vorschläge, zu denen die meisten begründeten Stellungnahmen eingingen, waren die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (neun Stellungnahmen), die vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen (sechs) und das Gemeinsame Europäische Kaufrecht mit fünf Stellungnahmen, darunter auch die einzige Österreichs, die vom Bundesrat ausging. Am aktivsten bei der Abgabe von begründeten Stellungnahmen waren der schwedische Riksdag, die luxemburgische Chambre des Députés (Unterhaus) sowie der Sejm und der Senat in Polen (Unter- und Oberhaus). In keinem der Fälle aus dem Jahr 2011 wurde die Schwelle für die Erteilung einer gelben oder orangen Karte erreicht, jedoch sei darauf hingewiesen, dass erstmals im Mai 2012 beim Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über die Ausübung des Rechts auf Durchführung kollektiver Maßnahmen im Kontext der Niederlassungs- und Dienstleitungsfreiheit mit 19 Subsidiaritätsrügen die erforderliche Schwelle für das Erreichen der „gelben Karte“ erreicht wurde. In der Praxis der Subsidiaritätsprüfung zeigen sich noch vor allem Probleme hinsichtlich der Einhaltung der Acht-Wochen-Frist, insbesondere im Zuge der teilweise vorgesehenen Einbindung regionaler Parlamente sowie das grundsätzliche Problem der Schaffung inter-parlamentarischer Mehrheiten. Vgl dazu jüngst auch die Ausführungen von Aron Buzogány und Andrej Struchlik, „Subsidiarität und Mitsprache. Nationale Parlamente nach Lissabon“, in der Zeitschrift für Parlamentsfragen 2012, 340 ff.

Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger für weitere vier Jahre wiederbestellt



Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger wurde von den Trägerländern des Instituts für Föderalismus für weitere vier Jahre (vom 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2016) wiederbestellt. Bußjäger, der das Institut seit 2001 leitet, soll, so der Auftrag des Kuratoriums, den seit der Gründung beschrittenen Weg fortsetzen und das Profil weiterentwickeln. Unter anderem war Peter Bußjäger im Jahre 2005 mit dem Vorsitz im Ausschuss 5 des Österreich-Konvents betraut. Er wird mit kommendem Jahr die Direktion des Vorarlberger Landtags verlassen und als Verfassungsexperte ans Liechtenstein-Institut in Bendern wechseln.

Veranstaltungshinweis: „Direkte Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene“



Das Institut für Föderalismus und die Vorarlberger Nachrichten veranstalten am 26. September 2012 in Schloss Hofen bei Bregenz einen Vortragsabend zum Thema „Direkte Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene“. Die Vorträge widmen sich unter anderem den verfassungsrechtlichen Grundlagen sowie aktuellen Entwicklungen insbesondere in Vorarlberg und der Schweiz. Als Referenten erwartet werden Anna Gamper, Markus Bucheli, Benedikt van Spyk und Manfred Hellrigl. Details zum Programm werden unter anderem auf der Homepage des Instituts zur Verfügung gestellt.

Neuerscheinung: „Föderalismus im 21. Jahrhundert“



Demnächst erscheint das von Peter Bußjäger, Stefan August Lütgenau und Erich Thöni verfasste Positionspapier zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert. Effizienz und Verantwortung im modernen föderalistischen Staat“. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, die Staatsorganisation möglichst effizient zu gestalten, wollen die Autoren einen Beitrag zur Diskussion über den Föderalismus in Österreich liefern und die Bandbreite der Chancen des Föderalismus bei gleichzeitigem Zugewinn an Effizienz, Bürgernähe und Demokratiequalität darstellen. Der Band will einerseits Verständnis für zentrale Aspekte des Föderalismus, seine Möglichkeiten und Grenzen darlegen und zum anderen anhand konkreter Reformvorschläge Inputs für weitere Debatten liefern. Die Broschüre wird in Zusammenarbeit mit der Foster Europe-Privatstiftung als Band 34 der Reihe „Föderalismusdokumente“ erscheinen und ist über das Institut erhältlich.

Verfassungsautonomie adieu?



Mit den neuen Parteien- und Parteienförderungs- und Unvereinbarkeitsgesetzen sowie den neuen Transparenzregeln hat der Nationalrat massiv in die Verfassungsautonomie der Bundesländer eingegriffen – ohne, dass großer Widerstand von Bundesrat oder Ländern wahrnehmbar war. Eine gefährliche Entwicklung, die sich in Sachen Demokratiereform fortsetzen könnte.

Wenn das erste Halbjahr 2012 unter föderalistischen Gesichtspunkten mit der Einführung von Landesverwaltungsgerichten und der Grundsatzeinigung in Sachen Gesundheitsreform durchaus anzuerkennende Fortschritte brachte, gilt dies jedenfalls nicht für die Verfassungsautonomie der Länder. Diese war zuletzt schon mit dem BVG über die Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums (BVG MedKF-T), BGBl I Nr 125/2011 arg in Mitleidenschaft gezogen worden, mit welchem über alle Ebenen hinweg einschneidende Vorgaben hinsichtlich von Medienkooperationen gemacht wurden.
 
Nun konnte man dies vielleicht noch verschmerzen. Das Parteiengesetz 2012 (BGBl I Nr 56/2012), das Parteien-Förderungsgesetz 2012 (BGBl I Nr 57/2012) und die Novelle des Unvereinbarkeitsgesetzes machen, was Parteienförderung und Transparenzregeln für Parteien und politische Funktionsträger betrifft, hingegen derart rigide Eingriffe in die Verfassungsautonomie der Länder, dass von einer intakten Verfassungsautonomie der Länder eigentlich nicht mehr gesprochen werden kann. Zum Drüberstreuen schafft das Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz (RV 1465 BlgNR 24.GP) eine neue Bundeskompetenz für „Lobbyismus“ („Angelegenheiten der Verhaltenspflichten bei Lobbying und Interessenvertretung, der Pflichten zur Registrierung im Lobbying- und Interessenvertretungs Register und der Rechtsfolgen der Verletzung solcher Pflichten“). Der einzige Trost besteht darin, dass das Institut für Föderalismus nun offenbar sogar vom Bundesgesetzgeber in seiner Existenz anerkannt wird: In den Erläuterungen (ErläutRV 1465 BlgNR 24. GP, 7) wird nämlich ausgeführt, dass wir keine Lobbyisten sind. Dafür sei dem Nationalrat herzlich gedankt.
 
All diese Einschränkungen der Verfassungsautonomie der Länder haben auch die Zustimmung des Bundesrates gemäß Art 44 Abs 2 B-VG gefunden. Fairerweise muss jedoch eingeräumt werden, dass seitens keines einzigen Landes explizit Ablehnung geäußert worden war. Dies mag den Bundesrat exkulpieren, nicht aber den leichtfertigen Umgang mit der Verfassungsautonomie durch Bund und Länder insgesamt. Immerhin ist die Verfassungsautonomie der Länder ein konstitutives Element des Bundesstaates. Wir können nur an Bund und Länder gleichermaßen appellieren, mit diesem Hausgut sorgsamer umzugehen. Die nächste Gelegenheit, der Verfassungsautonomie der Länder den gebührenden Respekt zu erweisen, bildet die anstehende Diskussion um die sogenannte Demokratiereform. Die Länder werden beweisen müssen, dass sie besser in der Lage sind, innovative Instrumente der Bürgerbeteiligung zu entwickeln, als der Bund. In Sachen Parteienförderung hatten dies die Länder Salzburg und Vorarlberg bereits gezeigt – nur leider zu spät.

Europäischer Stabilitätsmechanismus und Parlament



Mit der ESM-Begleitnovelle (RV 1985/A 24. GP) hat sich der Nationalrat einen begrüßenswerten Zustimmungsvorbehalt zu den Entscheidungen der österreichischen Vertreter im Europäischen Stabilitätsmechanismus geschaffen. Der österreichische Vertreter darf gemäß Art 50b B-VG demnach in Zukunft nur dem Aufspannen des Rettungsschirms zustimmen, wenn ihn der Nationalrat dazu ermächtigt hat. Aus Sicht der nationalen Budgethoheit handelt es sich dabei um ein notwendiges Mitwirkungsrecht des Parlaments. Auf die Idee, dass der Rettungsschirm auch die gesamtstaatlichen Finanzen betrifft und daher eine Mitwirkung des Bundesrates in solchen Verfahren gerechtfertigt wäre, ist das Parlament offenbar nicht gekommen. Schade um die vergebene Chance, dem Bundesrat wieder etwas mehr Gewicht zu verleihen.

Grundsatzeinigung über Gesundheitsreform: Ein gutes Zeichen



Am 13. Juni einigten sich Bund, Länder und Sozialversicherungsträger auf ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Gesundheitsreform. In der noch auszuhandelnden Art 15a-Vereinbarung ist ein „partnerschaftliches Zielsteuerungsmodell“ geplant, mit dem Bund, Länder und Sozialversicherungen künftig stärker zusammenarbeiten und damit Doppelgleisigkeiten abbauen sollen. Aus föderalistischer Sicht eine gute Lösung, zu der die Länder Wesentliches beigetragen haben: Die ursprünglichen Vorstellungen des Bundes hätten für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in den Ländern arge Folgen gehabt. Die Patienten wären hin und her geschickt worden und das Leistungsangebot wäre massiv reduziert worden. Jetzt geht es vor allem darum, die Grundsatzeinigung konkret umzusetzen und einen Modus zu finden, wie sich Spitäler und Sozialversicherungen abstimmen.

Die Grundsatzeinigung in der Gesundheitsreform ist in der Öffentlichkeit mit verhaltener Zustimmung aufgenommen worden. Die einen oder anderen Experten, die das Spitalswesen zentralistisch und nur nach ihren Vorstellungen gesteuert wissen wollen, murren allerdings, auch ist medial schon zu Beginn des Jahres die „schonungslose Zentralisierung und Entmachtung der für die Spitäler zuständigen Bundesländer“ verlangt worden (Der Standard 12.1.2012). Tatsächlich ist es nun gelungen, den Bund von seinen Wünschen nach einem einheitlichen Spitalsgesetz und einer zentralen Planung abzubringen.
Die Länder haben Reformwillen gezeigt. Sie tragen dazu bei, dass die Kostenentwicklung im Spitalswesen, die vor allem durch die immer besseren und teureren Geräte erzeugt wird, eingedämmt wird. In Zukunft muss es in verstärktem Maße Schwerpunktbildungen geben und kann nicht mehr jedes Krankenhaus alle Leistungen anbieten. Die Umsetzung muss allerdings noch im Detail fixiert werden. Die spannende Frage ist, ob die Abstimmung zwischen Spitälern und Sozialversicherungen gelingt. Letztlich wird die Vereinbarung daran zu messen sein, ob sie ihre Ziele, nämlich eine bessere Steuerung der Patientenströme und eine Dämpfung der Kostenentwicklung erreicht. Reformbereitschaft haben die Beteiligten jedenfalls gezeigt.

Politische Einigung über Klinischen Mehraufwand



Ebenso in kooperativer Weise endete am 20. Juni 2012 der Streit um den Ersatz des Klinischen Mehraufwands zwischen dem Land Tirol und dem Bund. Grundsätzlich ging es dabei um Forderungen des Landes Tirol gegen den Bund: Dieser hatte seit dem Jahre 2007 – entgegen einer bestehenden Vereinbarung – seine Akontierungen der Infrastruktur-Abgeltung der Medizin-Universität für Lehre und Forschung am Landeskrankenhaus Innsbruck reduziert. Der Bund ging auf die Forderungen Tirols ein, außerdem sollen künftig alle Universitätskliniken (Wien, Graz, Innsbruck) gleich behandelt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits im Februar des vergangenen Jahres mit Erkenntnis VfSlg 19.314/2011 entschieden, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht und stellte in diesem Zusammenhang auch klar, dass die Finanzausgleichspartner wechselseitig bindende Vereinbarungen über die Ermittlung und Abwicklung finanzausgleichsrechtlicher Ansprüche treffen können, welche zudem in einem Verfahren gemäß Art 137 B-VG durchgesetzt werden können (vgl dazu ausführlich die Föderalismus-Info Nr 2/2011).
 
Genau einen Tag vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Höhe des Aufwands einigten sich Landeshauptmann Günther PLATTER und Landesrat Bernhard TILG als Vertreter des Landes Tirol und Bundesminister Karlheinz TÖCHTERLE auf eine politische Lösung: für die Jahre 2007 bis 2012 erhält das Land Tirol vom Bund 380 Mio Euro, was einer Nachzahlung von etwa 88 Mio entspricht. Bis zum Jahr 2015 wurde eine jährliche Akontierung von 60 Mio Euro vereinbart. Ab 2016 soll zudem das Landeskrankenhaus Innsbruck mit dem Allgemeinen Krankenhaus in Wien und dem Landeskrankenhaus Graz gleichgestellt werden. Mit der Einigung nahm man die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorweg, das Verfahren wird damit obsolet. Zwar ist die vorliegende Einigung auch föderalismuspolitisch grundsätzlich zu begrüßen, entspricht das Vorgehen doch einem kooperativen Geist und zieht die außergerichtliche Lösung einer Entscheidung des Höchstgerichts vor, wenngleich das Zwischenerkenntnis vom Februar 2011 wohl als Basis der Einigung zu betrachten ist.

Seminar „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“ in Linz



Das Institut für Föderalismus veranstaltete am 12. Juni 2012 in den Redoutensälen in Linz ein Seminar zum Thema „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“. Die Referate untersuchten neben allgemeinen Aspekten auch aktuelle Entwicklungen, etwa in Zusammenhang mit dem österreichischen Stabilitätspakt und der Situation in der Schweiz. Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Vorzüge föderaler Systeme, wie internationale Beispiele zeigen, in ihrer Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit liegen. Es ist geplant, die Referate in absehbarer Zeit in einem Tagungsband zu veröffentlichen.

Auf die Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit wies insbesondere Gisela FÄRBER, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, hin. Eine Steuerhoheit der Länder und Regionen ist damit nicht notwendigerweise verbunden, die Möglichkeit der Länder, Steuereinnahmen selbst festzusetzen, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen ein wichtiges Element zu mehr Effizienz im Staatswesen sein.
Das Schweizer Beispiel, das von Gebhard KIRCHGÄSSNER von der Universität St. Gallen eindrucksvoll dargestellt wurde, zeigt, dass auch eine sehr weitgehende Steuerautonomie der Kantone praktikabel sein kann. Steuerautonomie der Länder ist jedoch ohne einen Finanzausgleich, der strukturelle Vor- und Nachteile zwischen den Ländern ausgleicht, undenkbar. Es geht daher beim Thema Steuerautonomie keinesfalls darum, die gesamtstaatliche Solidarität aufzubrechen. Ebenso ist klar, dass eine eigene Steuerhoheit der Länder von vornherein nur für direkte Steuern in Betracht kommen kann. Für die österreichische Diskussion machte Friedrich SCHNEIDER, Universität Linz, einen radikalen Vorschlag für einen neuen - und einfacheren - Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Andere Teilnehmer, wie der Direktor des Föderalismusinstitutes, Peter BUSSJÄGER plädierten für eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems, wobei es in der Zukunft vor allem darum geht, das unübersichtliche System der Transfers zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu vereinfachen. Markus ACHATZ von der Universität Linz zeigte das Problem auf, dass die Bandbreite der möglichen Ländersteuern durch das Bundesrecht äußerst stark eingeschränkt wird. Johann BRÖTHALER von der Technischen Universität Wien setzte sich ebenfalls für eine Weiterentwicklung des bestehenden Finanzausgleichs ein.

Podiumsdiskussion zum Thema Finanzföderalismus in Wien



Am 4. Juni 2012 fand in der Österreichischen Nationalbank in Wien eine von Foster Europe und unter anderem vom Institut für Föderalismus mitorganisierte internationale Tagung zum Thema „Federalism, Decentralisation and Devolution in Europe“ statt. Neben Referaten zur Lage des Finanzföderalismus in Spanien, Österreich, dem Vereinigten Königreich und Italien befasste sich eine Podiumsdiskussion unter Teilnahme von unter anderem Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER und Institutsdirektor Peter BUSSJÄGER mit Fragen des Fiskalföderalismus. Diskutiert wurde auch über eine mögliche Steuerautonomie der Länder, wie sie auch seitens der Nationalratspräsidentin angedacht wurde (vgl. dazu auch den Bericht in der Wiener Zeitung vom 6.6.2012), nicht zuletzt wegen der damit grundsätzlich zu erwartenden Effizienzsteigerung in der Verwaltung einer Gebietskörperschaft.

Landesverwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle im Verfassungsausschuss beschlossen



Mit dem einstimmigen Beschluss über die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Verfassungsausschuss des Nationalrates am 2. Mai 2012 haben die geplanten neuen Verwaltungsgerichte die erste parlamentarische Hürde genommen. Neben den allgemein erhofften Verfahrensbeschleunigungen soll die neue Regelung auch die Einspruchsrechte des Bundes gegen Landesgesetze einschränken. Außerdem wird das Einspruchsrecht der Bundesländer gegen Bundesgesetze neu geregelt. In Summe stellt die Novelle einen kleinen föderalistischen Fortschritt sowie eine Annäherung an internationale Standards der Verwaltungsgerichtsbarkeit dar.

Der nunmehr beschlossene Entwurf orientiert sich an dem vom Österreich-Konvent im Jahre 2005 und dem von der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform 2007 vorgelegten Modell der Einrichtung von neun Landesverwaltungsgerichten und zwei Verwaltungsgerichten erster Instanz (dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht – „9+2-Modell“, vgl auch Föderalismus-Info Nr 1/2010). Diesen obliegt auch die Erledigung von Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden. Lediglich in Angelegenheiten, für die die Gemeinden zuständig sind, wird es noch Berufungsinstanzen im Bereich der Verwaltung geben. Zweite gerichtliche Instanz in Verwaltungsangelegenheiten ist der Verwaltungsgerichtshof. Dieser kann allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen angerufen werden, etwa wenn eine uneinheitliche Rechtsprechung vorliegt oder einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt, ähnlich wie dies gegenwärtig beim Revisionsmodell vor dem Obersten Gerichtshof der Fall ist.
 
Im nun beschlossenen Abänderungsantrag wird unter anderem ausdrücklich festgelegt, dass über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz nach bundesgesetzlicher Vorgabe das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, womit offenbar dem Umweltsenat des Bundes entgegengekommen werden soll (vgl dazu bereits die Stellungnahme in der Föderalismus-Info Nr 6/2011). Abgesehen davon, dass mit Einführung der Landesverwaltungsgerichte den Ländern erstmals eine Zuständigkeit in der Gerichtsbarkeit zukommt, bringt die geplante B-VG-Novelle für die Bundesländer insbesondere den weitgehenden Entfall des Einspruchsrechts der Bundesregierung gegen Landesgesetze und geht damit bereits über die schon seinerzeit im „Forderungsprogramm der Bundesländer 1976“ geforderte Einschränkung des Einspruchsrechts hinaus. Im Gegenzug müssen Länder künftig aktiv, innerhalb von acht Wochen, Einspruch erheben, wenn sie ein Bundesgesetz ablehnen, dessen Kundmachung ihrer Zustimmung bedarf. Das betrifft beispielsweise Gesetzesänderungen im Bereich des Vergaberechts. Ferner sei auf die künftige Möglichkeit der authentischen Kundmachung der Landesgesetzblätter über das Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts hingewiesen.
 
Die Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit wird begrüßt, auch wenn der föderalistische Gehalt stark ausgedünnt wurde. Zudem entspricht ein gerichtlicher Instanzenzug in Verwaltungssachen auch international üblichen Standards. Mit der nunmehrigen Beschlussfassung im Verfassungssausschuss steht an sich der geplanten Beschlussfassung im Nationalrat Mitte Mai nichts im Wege (vgl eingehend dazu Parlamentskorrespondenz Nr 352 vom 2.5.2012).

Einigung auf Stabilitätspakt 2012: Ein vernünftiger Kompromiss



Die Aufregung über die ersten Entwürfe der Finanzministerin zum Stabilitätspakt hat sich ziemlich rasch gelegt. Im Zuge konstruktiver Verhandlungen konnte eine vernünftige Lösung erzielt werden, die sowohl dem Ziel ausgeglichener Budgets dienen kann als auch die jeweiligen Verantwortungsebenen respektiert. Eine vertiefte Auseinandersetzung folgt in einer separaten Föderalismus-Info, zur vorliegenden Einigung siehe auch den Kommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger in den Vorarlberger Nachrichten vom 11. Mai 2012.



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Veranstaltungsankündigung: „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“



Das Institut für Föderalismus veranstaltet am 12. Juni 2012 in den Redoutensälen in Linz ein Seminar zum Thema „Perspektiven des Finanzföderalismus in Österreich“. Die Veranstaltung widmet sich neben allgemeinen Fragen zum Fiskalföderalismus auch aktuellen Entwicklungen in der Schweiz und in Österreich. Als Referenten erwartet werden unter anderem Gisela Färber, Gebhard Kirchgässner, Friedrich Schneider und Institutsdirektor Peter Bußjäger.

Details zum Programm siehe die Einladung als pdf-Datei.



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Anmerkungen zum geplanten Transparenzpaket des Bundes



Am Rande der Verhandlungen zum Stabilitätspakt haben sich Bund und Länder auch auf Grundsätze eines sog „Transparenzpaktes“ geeinigt, in dem die künftige Parteien-Finanzierung geregelt werden soll. Noch sind allerdings zahlreiche Fragen offen, bspw zur Offenlegung von Parteispenden oder zu Spielräumen der Länder für eigene, strengere Regelungen als sie der Bund vorsieht. Gerade letzteres wäre aus föderalistischer Sicht besonders wichtig. Währenddessen hat Vorarlberg ein weitreichendes eigenes Parteienförderungesetz beschlossen.

Vorgesehen ist unter anderem die Abschaffung der Wahlkampfkostenrückerstattung im Bund sowie in den Ländern Kärnten und Tirol (andere Bundesländer sehen dies ohnehin nicht vor). Auch die Parteienförderung soll sich künftig in einem vom Bund vorgegebenen Rahmen bewegen. Offen ist noch die Frage der Offenlegung der Parteispenden, hier gibt es seitens des Bundes den Wunsch einer bundesgesetzlichen Regelung, wobei man sich im Besonderen hinsichtlich des Termins noch uneinig ist. In der Zwischenzeit hat etwa Vorarlberg am 7. Mai ein neues Parteinförderungsgesetz beschlossen, in dem die Offenlegung von Parteispenden über 1000 Euro vorgesehen ist, des weiteren gibt es ähnliche Überlegungen zB auch in Salzburg und Tirol.
 
Grundsätzlich sei in diesem Zusammenhang auf die Verfassungsautonomie der Länder hingewiesen, zumal es sich bei Bestimmungen für politische Parteien jedenfalls um „materielles Verfassungsrecht“ handelt und die Überlegungen des Bundes auf eine zunehmende Relativierung der Länderautonomie in diesem Bereich abzielen. Das Institut für Föderalismus fordert, dass allfällige bundesgesetzliche Vorgaben es den Bundesländern zumindest ermöglichen sollte, strengere Regelungen vorsehen zu können, was wohl auch dem Regelungszweck der geplanten Vorhaben entgegenkommen würde.

Workshop „Gemeindekooperationen – Chancen nutzen – Potenziale erschließen“



Das Institut für Föderalismus veranstaltete am 17.4.2012 im Landhaus in Innsbruck einen Workshop zum Thema Gemeindekooperationen. Ziel war es, die Möglichkeiten erweiterter Gemeindezusammenarbeit, wie sie sich insbesondere seit der B-VG-Novelle BGBl I 60/2011 ergeben hat, der interessierten Öffentlichkeit darzulegen. Dabei wurden in Vorträgen von Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger, Univ.Prof. Dr. Harald Stolzlechner und Univ.Prof. Dr. Harald Eberhard die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen eingehend erörtert und von Dr. Klaus Wirth sowie Univ.Prof. Dr. Erich Thöni vor allem die ökonomischen Aspekte auch im Hinblick auf die Grenzen allfälliger Einsparungspotentiale intensiverer Gemeindekooperation beleuchtet. Der letzte Teil der Veranstaltung widmete sich Praxisfragen und künftigen Einsatzmöglichkeiten der Gemeindekooperation unter den neuen Rahmenbedingungen. Es ist beabsichtigt, die Beiträge des Workshops im Herbst dieses Jahres als Tagungsband zu veröffentlichen.

Buchpräsentation „Der Senat der Italienischen Republik und der Bundesrat der Republik Österreich“



Am 2. Mai 2012 fand im Bundesrats-Sitzungssaal des Parlaments in Wien die Präsentation des Werks von Martin C. Wittmann „Der Senat der Italienischen Republik und der Bundesrat der Republik Österreich – Ein rechts- und politikwissenschaftlicher Vergleich“ statt. Das Buch untersucht die Zweiten Kammern Italiens und Österreichs hinsichtlich ihrer Stellung, ihrer Aufgaben und Befugnisse sowohl im Verfassungsrecht als auch in der Verfassungswirklichkeit einschließlich ihrer Rolle im Rahmen der Europäischen Union, die sich nicht zuletzt im Zuge der Implementierung des Vertrags von Lissabon gewandelt hat (vgl zur Veranstaltung auch die Parlamentskorrespondenz Nr 355 vom 2.5.2012). Die 524 Seiten starke Studie vereint Rechtsdogmatik, politikwissenschaftliche Analyse sowie einen rechtsvergleichenden Zugang. Das Buch ist in der Schriftenreihe des Instituts als Band 114 im Braumüller-Verlag erschienen.

Literaturüberblick: Ausgewählte Neuerscheinungen zum Thema Föderalismus



Mit dem von Anna Gamper verfassten Buch über die „Regeln der Verfassungsinterpretation“ und dem von Michael Burgess und G. Alan Tarr herausgegebenen Band „Constitutional Dynamics in Federal Systems“ gibt es zwei interessante Neuerscheinungen zum Thema Föderalismus.

Das von Anna Gamper verfasste verfassungsrechtliche Grundlagenwerk „Regeln der Verfassungsinterpretation“ (Springer 2012, ISBN: 978-3-7091-1135-2) präsentiert auf 370 Seiten erstmals seit den einschlägigen Werken von Schäffer und Wimmer eine eingehende Auseinandersetzung verfassungsrechtlicher Interpretationsmethoden sowohl in Österreich als auch in einem international angelegten Vergleich. Gut zwei Drittel des Werks sind der österreichischen Verfassungsinterpretation, allen voran des Verfassungsgerichtshofes, gewidmet, wie sie insbesondere etwa in kompetenzrechtlichen Fragen von Bedeutung ist.
 
Den lokalen und regionalen Ebenen gewidmet ist der vom Forum of Federations unterstützte und von Michael Burgess und G. Alan Tarr herausgegebene und international angelegte Band „Constitutional Dynamics in Federal Systems“ (McGill-Queen’s University Press 2012, ISBN: 978-0-7735-3955-6), zu dem auch Institutsdirektor Peter Bußjäger beigetragen hat. Neben der Lage in klassischen Bundesstaaten widmet sich das Buch auch den multinationalen Föderationen wie Bosnien-Herzegowina oder Belgien.

Bundesratsreform – neue Vorschläge



Wie kann eine sinnvolle Reform des Bundesrates aussehen? Darüber gehen die Meinungen auseinander: Landtagsabgeordnete oder Landeshauptleute und Landtagspräsidenten als Bundesräte, ... oder einfach eine Reduktion der Anzahl der Bundesräte mit einer Benachteiligung der kleineren Bundesländer? Vor allem Vorschläge zur personellen Reform der Länderkammer liegen derzeit auf dem Tisch. Jetzt schlägt Oberösterreich ein ganz neues Modell vor, das über reine Besetzungsfragen hinausgeht und ein echtes Vetorecht des Bundesrates gegen Eingriffe des Bundes in Länderrechte vorsieht.

In den vergangenen Monaten wurde verstärkt über eine Reform des Bundesrates diskutiert, wobei zunächst die Besetzung des Bundesrates im Vordergrund stand. Die Vorschläge reichten von der Entsendung von Landtagsabgeordneten in den Bundesrat, oder dass jedes Land drei Mitglieder (darunter den Landeshauptmann/die Landeshauptfrau und den Landtagspräsidenten/die Landtagspräsidentin) in den Bundesrat entsenden solle.
 
Die Regierungsparteien möchten laut einem eingebrachten Initiativantrag (1864/A XXIV. GP.) nun aber neben der Verringerung der Zahl der Abgeordneten des Nationalrates von derzeit 183 auf 165 Abgeordnete auch den Bundesrat „ein bisschen“ verkleinern und ihn von derzeit 62 auf künftig 56 Mitglieder reduzieren. Ein typisch österreichischer Kompromiss und keineswegs eine Reform der Länderkammer, die eine solche dringend nötig hätte!
 
Spannend bleibt nun die Frage, welche Länder künftig auf die sechs einzusparenden Mitglieder im Bundesrat verzichten müssen. Sinnvoll wäre es – wie in anderen Bundesstaaten üblich – eine vernünftige Gleichstellung der Länder anzustreben. Aber in Österreich ticken die Uhren anders. Nach dem vorliegenden Entwurf, der nur noch auf die Bevölkerungszahl abstellt, wäre vielmehr zu befürchten, dass gerade die beiden kleinsten Länder, nämlich das Burgenland und Vorarlberg, je einen Bundesrat verlieren würden.
 
Neuer Schwung in die Reformdiskussion kommt nun jedoch aus Oberösterreich:
Am 19. März 2012 fand in Linz die 1. Arbeitstagung der Föderalismus-Konferenz statt. Dabei betonte der oberösterreichische Landtagspräsident BERNHOFER als Vorsitzender der Föderalismus-Konferenz, dass der Bundesrat nicht aufgelöst, sondern deutlich aufwertet werden soll. Dies sollte durch ein sogenanntes Vetorecht nach deutschem Muster geschehen, mit dem der Bundesrat bei Gesetzen, die die Länder direkt betreffen, ein Gesetz auch ablehnen kann. Dadurch käme es zu einer notwendigen Verstärkung in der Zusammenarbeit von Bundesrat und Nationalrat.
Präsident Bernhofer kündigte an, in die nächste Tagung der Landtagspräsidentenkonferenz einen konkreten Vorschlag für eine Stärkung des Bundesrates einzubringen.

Vereinbarung über ein koordiniertes Förderwesen – offene Fragen



Förderungen der öffentlichen Hand besser zu koordinieren und Doppelgleisigkeiten abzuschaffen, das ist das Ziel einer 15a-Vereinbarung, die derzeit in Begutachtung ist. Das grundsätzlich positive Ziel bedarf aber einiger Anmerkungen aus föderalistischer Sicht: Vor allem die Gefahr, dass zwar ein Bürokratieabbau anvisiert, aber das Gegenteil erreicht wird, liegt derzeit in der Luft. Auch ist derzeit noch nicht klar nachvollziehbar, welche Körperschaften in welcher Weise eingebunden werden. Vor allem fehlt noch eine wichtige Entscheidungsgrundlage, nämlich eine allgemein akzeptierte Transparenzdatenbank. Standards des Bundes mit seinem sehr hohen Personal- und Sachaufwand scheinen außerdem kaum geeignet, als Vorbild für allgemeine Regelungen zu gelten.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 versandte das Bundesministerium für Finanzen den Entwurf einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über ein koordiniertes Förderwesen zur Stellungnahme. Die Begutachtungsfrist endet am 4. April 2012.
 
Die Zielsetzungen der gegenständlichen Vereinbarung, nämlich die Vergabe von Förderungen zu koordinieren, um gemeinsame Schwerpunkte zu setzen und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, sind anzuerkennen und zu unterstützen. Auch die Bestrebungen auf europäischer Ebene einer vermehrten Konzentration der Fördermittel, einer besseren Ausrichtung der Förderungen auf die Europäische Wirtschaftsstrategie „Europa 2020“ und einer mehrjährigen Laufzeit der Förderprogramme werden begrüßt und sollen auch einen entsprechenden Niederschlag in der beabsichtigten Neuausrichtung des österreichischen Förderwesens finden.
Die Vergabe von Förderungen durch die Gebietskörperschaften muss von diesen – soweit es sich nicht um kofinanzierte Förderungen handelt – jeweils in eigener Verantwortung und als Träger von Privatrechten erfolgen.
Deshalb sind aus föderalistischer Sicht zum vorliegenden Entwurf der abzuschließenden Vereinbarungen folgende Bemerkungen zu machen:
 
Wenn wie vorgesehen, einheitliche Förderabwicklungsstellen für die einzelnen Fördersparten eingerichtet werden sollen, muss berücksichtigt werden, dass dies massive Änderungen in den Organisationsstrukturen und Abläufen im jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Vertragspartner nach sich ziehen wird.
 
Das vorgeschlagene Modell, das eine Trennung von Förderentscheidung und Förderabwicklung vorsieht, ist nicht ohne weiteres auf alle Förderbereiche anwendbar. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Vorschlag eher zu einer zusätzlichen Verbürokratisierung, verbunden mit einer deutlichen Entscheidungsverzögerung führen würde. Entgegen der grundsätzlichen Zielvorgabe könnte eine Umsetzung des Vorschlages sogar zusätzlichen Aufwand verursachen.
 
Völlig unklar ist auch, wie die im Besonderen Teil der Erläuterungen des Vereinbarungsentwurfes vorgeschlagene Akkordierung eines Förderungskonzepts zwischen Bund und Ländern unter Einbindung von Gemeinden und anderen Selbstverwaltungskörpern geschehen soll. Auf welche Weise sollten welche Gemeinden eingebunden werden und welche Selbstverwaltungskörper sind mit einzubeziehen bzw nicht? Überdies dürfte es schwierig sein, ein einheitliches Förderkonzept zu erarbeiten, solange noch kein genauer Überblick über die derzeit von den Vertragspartnern gewährten Förderungen besteht. Hier müssten der aktuelle Stand der mit Daten zu befüllenden Transparenzdatenbank und die diesbezüglich abzuschließende Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG berücksichtigt werden.
 
Kritisch anzumerken ist, dass die vorgeschlagenen Mindeststandards für die Gestaltung der Förderung keine Unterscheidung zwischen Förderungen von Groß- und Kleinprojekten vorsehen. Mehrere vorgeschlagene Mindeststandards würden dazu führen, dass der administrative Aufwand sowohl auf Seite des Fördergebers als auch auf Seite der geförderten Unternehmen gerade bei Kleinförderungen im Missverhältnis zum angestrebten Nutzen stehen würde. Falls es das Bestreben des Bundes ist, Kleinförderungen in Zukunft zu unterbinden, sollte dieses Anliegen mit den Ländern als Vertragspartner der Vereinbarung, diskutiert werden und nicht versucht werden, ein solches Ergebnis durch die Aufbürdung extremer Standards in der Förderabwicklung zu erzielen.
 
Aus den Erläuterungen zum Vereinbarungsentwurf geht hervor, dass durch die Umsetzung der Vereinbarung, d.h. durch die vorgesehene Regelung des Förderwesens bei einer Effizienzsteigerung von bis zu 5% des Fördervolumens Einsparungen im Bereich der Förderungsverwaltung durch eine Senkung des Verwaltungsaufwandes von bis zu 600 Mio € erwartet werden. Dabei geht das Finanzministerium von Expertenschätzungen aus, wonach der Personalaufwand für die Abwicklung von Förderungen durchschnittlich rund 18,7% und die Sachkosten durchschnittlich rund 26,7% der Förderhöhe betragen. Bei einer Senkung des Verwaltungsaufwandes um 3 bis 5 Prozentpunkte könnten also 400 bis 600 Mio € eingespart werden. Den Erläuterungen ist allerdings nicht zu entnehmen, welche Berechnungen dieser Einschätzung zugrunde liegen, in welchem Zeitraum dieses Einsparungspotenzial erzielt werden kann und wie sich dieses auf Bund und Länder verteilt. Das angegebene Einsparungspotenzial ist in keiner Weise nachvollziehbar und erscheint illusorisch zu sein.
 
Beispielsweise ergeben die vom Sachgebiet Wirtschaftsförderung des Amtes der Tiroler Landesregierung laut Tiroler Kosten- und Leistungsrechnung für die Abwicklung der Tiroler Förderungsprogramme erhobenen Kosten ganz andere Prozentwerte für den Personal- und Sachaufwand. Während der Bund von einem Personalaufwand von 18,7% ausgeht, ergibt sich beim Land Tirol für das Jahr 2011 ein solcher von lediglich 4,8% der Förderausgaben. Ähnlich stellt sich die Situation beim Sachaufwand dar. Einem Anteil von 26,7% an den Förderausgaben beim Bund stehen beim Land Tirol nur rund 1,2% gegenüber. Diese Zahlen sprechen für sich und zeigen deutlich, dass die Länder bei der Abwicklung ihrer Förderprojekte effizient und sparsam wirtschaften.
 
Mit dem Abschluss einer Vereinbarung in der vorliegenden Fassung würde es zu einer massiven Erhöhung des Verwaltungsaufwandes kommen. Die vorgesehenen Regelungen würden zu einem praktischen Ausschluss von kleinen Förderungen führen. Dieser Schritt wäre in Anbetracht dessen, dass es gerade die KMUs sind, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft darstellen, fatal.
 
Der Bund muss mit den Ländern in Verhandlungen über die Umsetzung ein den Zielen des Vereinbarungsentwurfes entsprechendes Kooperations- und Koordinationsinstrument treten, das auf die Erfordernisse und Bedürfnisse im Bereich des Förderungswesens wesentlich besser Bedacht nimmt, als der derzeit vorliegende, vom Finanzministerium einseitig verordnete Vereinbarungsentwurf.

Wechsel des Institutsassistenten



Der langjährige Institutsassistent Ernst Wegscheider wird mit 1. August 2012 in den Ruhestand treten. Als neuer Institutsassistent wurde MMag. Dr. Niklas SONNTAG bestellt. Er arbeitete bisher ua als Universitätsassistent am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Uni Innsbruck und wurde im Jahre 2011 für seine Dissertation „Präventive Normenkontrolle“ mit dem Nachwuchswissenschaftspreis des Instituts für Föderalismus ausgezeichnet. Er wird seinen Dienst am 2. Mai 2012 antreten. Als Direktor des Instituts für Föderalismus ist es mir ein besonderes Anliegen, Ernst Wegscheider für seine erfolgreiche Tätigkeit und Arbeit im Institut zu danken. Er war über 25 Jahre in unserem Institut tätig und hat dazu beigetragen, das IFÖ zu einer anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung zu machen. Ich möchte mich bei ihm für sein Engagement und die sehr gute Zusammenarbeit herzlich bedanken und wünsche ihm für seinen wohlverdienten Ruhestand alles Gute! Peter Bußjäger

Bewertung des Sparpakets aus föderalistischer Sicht



Das Föderalismusinstitut betrachtet das Sparpaket der Bundesregierung als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem ausgeglichen Budget. Im gesamtstaatlichen Interesse müssen auch die Länder ihren Beitrag leisten. Es ist erfreulich, dass die Landeshauptleute ihre grundsätzliche Unterstützung erklärt haben. Verschiedene Inhalte des Sparpakets berühren föderalistische Gesichtspunkte in besonderem Maße und bedürfen daher einer kritischen Betrachtung.

Zunächst wird der von den Ländern geforderte Beitrag von 5,2 Mrd € innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren (bis 2016) für die Länder eine große Herausforderung sein. Vor diesem Hintergrund muss es Sache der Länder sein, wie sie das Einsparungsziel erreichen.
 
Gesundheitsreform
Es ist positiv, dass die Zielsteuerung des Gesundheitswesens auf partnerschaftlichem Wege durch Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG koordiniert werden soll. Eine Zentralisierung des Krankenanstaltenrechts wird deshalb nicht erforderlich sein und wird nachdrücklich abgelehnt. Auch die Aufwertung der Gesundheitsplattformen in den Ländern zu echten Entscheidungsträgern, wodurch das Hin- und Herschieben von Finanzierungsverpflichtungen zwischen stationärem und niedergelassenem Bereich vermieden werden soll, wird begrüßt. Dies entspricht einer schon lange von uns eingenommenen Position. Auch hier wird das Einsparungsziel von 1,8 Mrd € bis zum Jahr 2016 eine enorme Herausforderung sein.
 
Bezirksgerichte
Das Föderalismusinstitut hat in der Vergangenheit (siehe „Neuer Anlauf zur Reform der Gerichtsorganisation?“ in: Föderalismus-Info Nr 2/2005) eine Neustrukturierung der Gerichtsbarkeit vorgeschlagen, nämlich eine dreistufige Organisation von Bezirksgerichten, Landesgerichten und Obersten Gerichtshof. Wir halten grundsätzlich an diesem Konzept fest. Jedenfalls müssten die Einsparungspotenziale der Schließung von Bezirksgerichten kritisch hinterfragt werden.
 
Förderungen
Das angedachte „Pyramidenmodell“ bei Förderungen (die Länder dürfen nur bis zu einer bestimmten Höhe Förderungen vergeben) stellt eine inakzeptable Bevormundung der Länder dar. Viel sinnvoller wäre eine Abstimmung von Bund, Ländern und Gemeinden bei Förderungen oder eine Reduktion der Höhe der von jeder Gebietskörperschaft zu vergebenden Förderungen.
Wenn es zu einem „Pyramidenmodell“ kommt, dann sollte ein solches allenfalls für bestimmte Verwaltungsmaterien durch Bund und Länder vereinbart werden, aber zumindest nicht durch den Bund dekretiert werden.
 
Verkleinerung des Nationalrats und des Bundesrats
Das Föderalismusinstitut sieht in der Verringerung der Zahl der Bundesräte keine Schwächung der Vertretung von Länderinteressen. Auch weiterhin wären die Landtage in der Lage, ihre Abgeordnete oder Regierungsmitglieder in den Bundesrat zu entsenden.

Neuorganisation der Sicherheitsverwaltung



Aus föderalistischer Sicht ist die Neuorganisation der Sicherheitsverwaltung – Stichwort neun Landespolizeidirektionen statt 32 Sicherheitsbehörden – sinnvoll und zweckmäßig. Ein paar kleinere Stolpersteine sind jedoch zu berücksichtigen, etwa bei der Garantie der Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden.

Die Begutachtungsfrist zu dem vom Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom 22. Dezember 2011, Zl BMI-LR1340/0022-III/1/2011, versandten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert sowie das Führungs- und Verfügungsgesetz und die Bundespolizeidirektionen-Verordnung aufgehoben werden, ist am 2. Februar 2012 abgelaufen und somit das Begutachtungsverfahren abgeschlossen.
 
Das Vorhaben des Bundes, die bisher 32 bundesunmittelbaren Sicherheitsbehörden (neun Sicherheitsdirektionen, 14 Bundespolizeidirektionen und neun Landespolizeikommanden) zusammenzuführen und die von diesen Behörden wahrgenommenen Agenden auf neun Landespolizeidirektionen zu übertragen, wird aus föderalistischer Sicht begrüßt. Der damit verbundene Abbau von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung ist sinnvoll, Synergieeffekte sind zu erwarten. Durch die Schaffung einer Landespolizeidirektion wird in den Ländern ein Ansprechpartner geschaffen. Auch im Hinblick auf die Errichtung von Landesverwaltungsgerichten und die geplanten Änderungen in der Behördenstruktur im Fremden- und Asylwesen ist dieser Schritt nach der Zusammenführung der Wachkörper zur gemeinsamen Bundespolizei im Jahr 2005 konsequent.
 
Die Neufassung des Art 78c B-VG darf allerdings nicht dazu führen, dass durch den Bundesgesetzgeber die Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden eingeschränkt oder abgeschafft werden. Eine derartige Entwicklung (Konzentration) wäre weder mit der geltenden Verfassungsrechtslage, die im Art 78a B-VG die Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden vorsieht, noch mit den bestehenden Interessen der Länder an der Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung im Bereich der Sicherheitsverwaltung zu vereinbaren.

Verwaltungsgerichtsbarkeit – Beratungen im Verfassungsausschuss



Noch einige offene Punkte gibt es bei den Beratungen über eine Neuorganisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei ist ua die Schaffung von neun Landesverwaltungsgerichten sowie zweier Verwaltungsgerichte erster Instanz des Bundes vorgesehen. Vor allem die geplante Ausnahme des UVP-Verfahrens von der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit ist weder einsichtig noch sinnvoll. Weitere Debatten sind vorprogrammiert, bis die neue Struktur Anfang 2014 umgesetzt sein soll.

Der Verfassungsausschuss des Nationalrates nahm am 15. Februar 2012 die Beratungen über eine Reform der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Grundlage der vorliegenden Regierungsvorlage (RV 1618 dB XXIV. GP) auf. Kernpunkt der vorliegenden Gesetzesnovelle ist die Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei je ein Verwaltungsgericht erster Instanz in allen neun Ländern sowie zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz beim Bund – ein Bundesverwaltungsgericht und ein Bundesfinanzgericht – vorgesehen sind. Im Gegenzug ist eine Auflösung der Unabhängigen Verwaltungssenate der Länder, des Unabhängigen Finanzsenates, des Bundesvergabeamtes sowie zahlreicher sonstiger weisungsfreier Sonderbehörden des Bundes und eine weitgehende Abschaffung des administrativen Instanzenzuges vorgesehen (siehe dazu ausführlich: Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Nationalrat!, in: Föderalismus-Info Nr 6/2011).
 
Den Beratungen wurden mehrere Experten (etwa die Präsidenten des VfGH und des VwGH) beigezogen. Wolfgang Steiner, Direktor des Oberösterreichischen Landtags, stellte aus Ländersicht fest, dass der Entwurf, mit Ausnahme eines Punktes, mit den Ländern abgestimmt worden sei. Nicht einsichtig sei, warum es bei UVP-Verfahren eine Ausnahme vom Zuständigkeitsprinzip geben sollte. Wesentlich für die Länder sei es, dass diese am Verfahrensrecht mitarbeiten und das Organisationsrecht für die Landesverwaltungsgerichte bei den Ländern bleibe. Die Länder würden die Qualität der Richterausbildung sicherstellen und bei der Übernahme von UVS-Mitgliedern in die Verwaltungsgerichte erster Instanz nach rechtsstaatlichen Kriterien vorgehen.
 
Der Fortschritt der Beratungen ist im Hinblick auf die mit 1. Jänner 2014 geplante Schaffung der neuen Verwaltungsgerichte mit Aufmerksamkeit zu beobachten.

Ankündigung Workshop Gemeindezusammenarbeit



Mit der B-VG-Novelle BGBl I Nr 60/2011 zur Stärkung der Rechte der Gemeinden wurde die Möglichkeit, Gemeindeverbänden Aufgaben zur Erledigung zu übertragen, wesentlich erweitert. Zudem wurde erstmals auch das Instrument der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen Gemeinden institutionalisiert sowie eine Reihe weiterer Neuerungen in der Gemeindezusammenarbeit verankert. Gemeinsam mit dem Amt der Tiroler Landesregierung veranstaltet das Institut für Föderalismus am 17. April 2012 in Innsbruck, Landhaus, Beginn 13:30 Uhr, einen Workshop zum Thema „Gemeindezusammenarbeit“. Ziel der Veranstaltung ist zu zeigen, wie die Novelle eine neue Qualität der Gemeindezusammenarbeit ermöglicht, und die damit zusammenhängenden Rechtsfragen zu behandeln.

Vorläufiges Programm
 
Modul 1 Verfassungsfragen der Novelle der Gemeindeverfassung
Moderation: Christian Ranacher, Amt der Tiroler Landesregierung
 
Peter Bußjäger, Institut für Föderalismus
Die B-VG-Novelle „Gemeindekooperationen“ im Überblick
 
Harald Stolzlechner, Universität Salzburg
Zu den bundesverfassungsrechtlichen Schranken der Bildung von Gemeindeverbänden
 
Harald Eberhard, Wien
Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen Gemeinden
 
Im Anschluss Diskussion
 
Modul 2 Ökonomische Aspekte
Moderation: Peter Bußjäger, Institut für Föderalismus
Klaus Wirth, KDZ
Arbeitstitel wird noch festgelegt
 
Erich Thöni/Caroline Bonn, Universität Innsbruck
Arbeitstitel wird noch festgelegt
 
Im Anschluss Diskussion
 
Modul 3 Praxisfragen der „neuen“ und „alten“ Gemeindezusammenarbeit
Moderation: Franz Sturm, Amt der Kärntner Landesregierung
 
Impulsstatements von
Walter Leiss, Österreichischer Gemeindebund
Wolfgang Steiner, Amt der Oberösterreichischen Landesregierung
Niklas Sonntag, Universität Innsbruck/Amt der Tiroler Landesregierung
 
Im Anschluss Diskussion
 
 
Merken Sie den Termin vor, die offizielle Einladung wird zeitgerecht versandt und ist auch auf unserer Homepage abrufbar. Die Veranstalter freuen sich auf zahlreichen Besuch und interessante Diskussionen zu diesem besonders aktuellen Thema.

Alle Neune



Die im Oktober 2011 erschienene Broschüre „Alle Neune Argumente für einen modernen und zukunftsfähigen Föderalismus in Österreich“ hat bereits Verbreitung und Beachtung gefunden (siehe dazu etwa den in der Wochenzeitung „Die Furche“ am 2. Februar 2012 erschienenen Artikel „Die Suche nach der passenden Größe“ – abrufbar auf unserer Homepage). Die Broschüre liefert grundlegende Informationen über Wesen und Wert des Föderalismus in Österreich. Argumente für den Föderalismus werden mit konkreten Beispielen veranschaulicht, neun populäre Irrtümer aufgedeckt und Föderalismus ganz konkret in Bezug zu den Ländern gesetzt. Die Broschüre dient allgemein der positiven Kommunikation der Potenziale des Föderalismus. Die Broschüre „Alle Neune“ ist beim Institut für Föderalismus um den Unkostenbeitrag von 3,00 € erhältlich.


2011


Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Nationalrat!



Die seit vielen Jahren diskutierte Neuregelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist auf der Zielgeraden. Noch fehlt der Gesetzesvorlage der Bundesregierung aber die Zustimmung einer Oppositionspartei, die für die Verfassungsänderung notwendig ist. Das Föderalismusinstitut steht der Reform grundsätzlich positiv gegenüber, warnt aber davor, dass auf den letzten Metern vor dem Ziel noch Fehler gemacht werden. Erhoffte Vereinfachungen für Bürger und Betriebe drohen nämlich verloren zu gehen.

Das jahrzehntelang diskutierte Projekt einer Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich mit neun Verwaltungsgerichten der Länder und zwei Verwaltungsgerichten des Bundes wurde nun als Regierungsvorlage (RV 1618 dB XXIV. GP.) dem Nationalrat zugeleitet. Da das Vorhaben als Änderung der Bundesverfassung der Zustimmung zumindest einer der Oppositionsparteien bedarf, ist freilich die endgültige Beschlussfassung noch immer nicht gesichert. Es ist aber wohl keine Übertreibung, zu sagen, dass das Reformprojekt noch nie so nahe vor dem Abschluss stand.
Das Institut für Föderalismus wird sich zur gegebenen Zeit näher mit der Novelle auseinandersetzen. Wir haben uns in der Vergangenheit immer stark für die Realisierung des Vorhabens eingesetzt und schließlich auch die reformatorische Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte unterstützt.
Es muss allerdings auch klar festgehalten werden, dass die Regierungsvorlage gleichsam die Untergrenze dessen markiert, was noch als ein föderalistischer Gewinn beurteilt werden kann. Eine weitere Verwässerung und Zentralisierung müsste entschieden abgelehnt werden.
So wurde entgegen den Abmachungen in den Verhandlungen mit den Ländern gemäß dem neuen Art 131 Abs 4a B-VG durch Bundesgesetz in bestimmten Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes vorgesehen. Offenbar hat sich also der Umweltsenat des Bundes erfolgreich gegen seine Abhalfterung gewehrt! Weshalb ein Verwaltungsgericht eines Landes nicht imstande sein soll, ausgerechnet diese Verfahren abzuwickeln, ist uns schleierhaft.
Sofern die Änderung dazu dient, die Zustimmung einer bestimmten Oppositionspartei zum Vorhaben zu gewinnen, bleibt uns die Hoffnung, dass weitere Zentralisierungen der Regierungsvorlage, die letztlich nur den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft schaden, erspart bleiben mögen.
Wenig sinnvoll ist auch die Regelung des Art 131 Abs 5 B-VG, dass die Länder Zuständigkeiten ihres eigenen Wirkungsbereiches auf die Verwaltungsgerichte des Bundes übertragen können. Man kann die Länder nur davor warnen, womöglich unangenehme Zuständigkeiten abzuwälzen.

Bundesrat reformieren – aber wie?



Der österreichische Bundesrat soll reformiert werden. Darüber sind sich alle wesentlichen Verantwortungsträger einig. Bei der Frage nach dem „Wie“ scheiden sich jedoch die Geister. Das Föderalismusinstitut hat wiederholt Vorschläge gemacht, wie ein moderner Bundesrat aussehen könnte. Dabei steht eine stärkere Bindung des Bundesrates an die Landtage im Mittelpunkt, die den Einfluss der Parteien auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat zurückdrängen soll.

Der österreichische Bundesrat, dessen Hauptaufgabe als Länderkammer des Parlaments die Mitwirkung und Wahrnehmung der Länderinteressen bei der Bundesgesetzgebung ist, steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Mit der Länderkammer ist kaum jemand zufrieden, deshalb werden immer wieder Reformvorschläge geäußert und auch in letzter Zeit wiederum seine Abschaffung gefordert.
 
Kürzlich äußerte die Bundesregierung Überlegungen, dass in den Bundesrat auch Landtagsabgeordnete entsandt werden könnten, um damit offenbar auch Kosten einzusparen. Dazu ist festzuhalten, dass das Institut bereits vor etwa 10 Jahren den Vorschlag machte, in den Bundesrat Landtagsabgeordnete zu entsenden (siehe BUSSJÄGER, Reform und Zukunft des Föderalismus - ein Konzept der Modernisierung des österreichischen Bundesstaates, FÖDOK Band 13, 2002, 6 ff), wobei dies ohne Verfassungsänderung möglich wäre (vgl dazu auch den kürzlich erschienenen Kommentar von Peter Bußjäger: Bundesrat reformieren?, in: Vorarlberger Nachrichten vom 16. Dezember 2011).
 
Das Institut für Föderalismus hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit den Reformvorschlägen für die Aufwertung der Stellung des Bundesrates befasst und diese in den Föderalismusberichten entsprechend dargestellt (vgl 30. Bericht 2005, 25 f und 191 ff; 32. Bericht 2007, 28 ff, 33. Bericht 2008, 25 ff und 34. Bericht 2009, 12 ff). Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesrat durch die „Lissabon-Begleitnovelle“ eine gewisse Stärkung erfahren hat, da er im Wege der Subsidiaritätsprüfung von EU-Vorhaben die Interessen der Länder entsprechend wahrnehmen kann.
 
Die Position des Föderalismusinstituts zur Aufwertung des Bundesrates, an der sich bis dato nichts geändert hat, wurde bereits im Jahr 2007 vorgelegt (vgl Aufwertung des Bundesrates - Position des Föderalismusinstituts, in: Institut für Föderalismus, Föderalismus-Info Nr 3/2007). In erster Linie geht es um eine stärkere Bindung des Bundesrates an die Landtage und um die Zurückdrängung des Einflusses der Parteien auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat.
 
Wir dürfen diese Position zusammenfassen und nachstehend wiedergeben:
a) Vorschläge, die ohne Verfassungsänderung umgesetzt werden könnten:
-       Entsendung von Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern in den Bundesrat. Dies wäre bereits jetzt möglich ‑ wird allerdings von keinem Landtag wahrgenommen ‑ und würde zu einer stärkeren Bindung der Bundesräte an die entsendenden Länder führen.
-       Der Bundesrat soll nur dann zu einer Sitzung zusammentreten, wenn geplant ist, gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates einen Einspruch zu erheben oder die Zustimmung gemäß Art 44 Abs 2 B-VG zu verweigern. Dies würde dazu beitragen, dass der Bundesrat nicht die zahlreichen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates einfach „durchwinken“ muss.
b) Reformen des Bundesrates auf Grundlage einer Änderung der Bundesverfassung:
-    Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Gesetzen, die für die Länder maßgebliche finanzielle Auswirkungen haben.
-    Bindung der Bundesräte an Landtagsbeschlüsse, dh den Bundesräten könnte ein bestimmtes Abstimmungsverhalten auferlegt werden, um die Interessen der Länder entsprechend wahrzunehmen. Wenn Landtagsabgeordnete im Bundesrat vertreten wären, würden diese im Bundesrat wohl kaum gegen die artikulierten Interessen des jeweiligen Landes stimmen.
-    Möglichkeit für den Bundesrat, auch nur Teile von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates beeinspruchen zu können und rechtzeitige Einbindung des Bundesrates in das Gesetzgebungsverfahren. Dies sieht übrigens auch ein Gesetzesantrag des Bundesrates (174/A-BR-2009) vor, der nach wie vor unerledigt im Nationalrat liegt.
An Reformvorschlägen für den Bundesrat mangelt es wirklich nicht, gefehlt hat in den letzten Jahren immer der politische Wille, diese längst überfällige Reform auch umzusetzen und in Angriff zu nehmen. Den Vorschlag, die Bundesräte direkt vom Volk wählen zu lassen, sehen wir kritisch, da er nicht dazu beitragen dürfte, die Verknüpfung zwischen Nationalrat und Bundesrat zu durchbrechen.

35. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2010)



Der 35. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2010), der einen Überblick über wichtige föderalistische Entwicklungen und Ereignisse im Berichtsjahr 2010 gibt, wird in einigen Tagen in Buchform erscheinen. Eine Kurzfassung des Berichtes ist in Kürze als pdf-Datei auf unserer Homepage abrufbar.

Unter föderalistischen Gesichtspunkten werden im Bericht insbesondere behandelt:
-       Die sogenannte „Lissabon-Begleitnovelle“, mit der eine gewisse Stärkung der nationalen Parlamente, insbesondere des Bundesrates, im Rahmen der EU-Gesetzgebung erfolgte und die Verbindung von Bundesrat und Landtagen intensiviert wurde.
-       Der vom Bund vorgelegte, jedoch nicht umgesetzte Entwurf für eine Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die durch die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten neben der Verwirklichung eines den europäischen Vorgaben entsprechenden Rechtsschutzes auch einen wichtigen Schritt in der Verwaltungsreform bedeutet hätte. Die Länder begrüßten den vorgelegten Entwurf, machten in einer Gemeinsamen Position der Länder zahlreiche Verbesserungsvorschläge und lehnten die Tragung von Mehrkosten ab.
-       Die Verhandlungen der eingesetzten Arbeitsgruppe über die Verwaltungsreform, die trotz intensiver Beratungen im Berichtsjahr keine konkreten Fortschritte erzielen konnte.
-       Die Gespräche zwischen Bund und Ländern über Reformen im Schulwesen, wobei hier die politischen Auseinandersetzungen über die kompetenzmäßige Zuordnung der Lehrer im Mittelpunkt standen.
-       Die Ausweitung der Kontrollrechte des Rechnungshofes und der Landesrechnungshöfe auf Gemeinden unter 20.000 Einwohnern durch eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes.
-       Die endgültige Verwirklichung der Einführung der bundesweiten Bedarfsorientieren Mindestsicherung im Wege einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG und die von den Ländern beschlossenen Mindestsicherungsgesetze.
-       Die vom zuständigen Bundesminister vorgelegten Pläne für eine neue Zentralisierung im Gesundheitswesen.
-       Das vom Bund erlassene Transparenzdatenbankgesetz, das durch die Einrichtung einer Transparenzdatenbank beim Bundesrechenzentrum und eines Transparenzportals im Internet eine Abfrage über gewährte öffentliche Leistungen ermöglichen soll, wird kritisch betrachtet, da der Bund dieses Gesetz vor Aufnahme der Verhandlungen über den notwendigen Abschluss einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG erlassen hat und die Länder praktisch zwingt, die Vereinbarung abzuschließen, damit den Bürgern der Zugang zu den Daten ermöglich wird.
In den Angelegenheiten der Europäischen Union waren die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise ua durch die neue Europa 2020-Strategie, die rechtzeitige Umsetzung der EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, die Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013, die Europäische Verkehrspolitik, hier etwa die Novellierung der EU-Wegekostenrichtlinie, die Tätigkeit des Ausschusses der Regionen sowie die Abwicklung von Projekten in den genehmigten Programmen der EU-Regionalpolitik 2007-2013 von besonderem Interesse. Unter föderalistischen Gesichtspunkten dargestellt werden das Länderbeteiligungsverfahren, vorgelegte Vorschläge der EU-Kommission für neue EU-Richtlinien, mehrere anhängige Vertragsverletzungsverfahren und Urteile des Europäischen Gerichtshofes, von denen die Länder betroffen waren oder die sich auf das Landesrecht auswirken.
 
Die finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften waren von den massiven Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise gekennzeichnet, die zu einer Zunahme der Neuverschuldung führten. Deshalb waren die begonnenen Verhandlungen über den neuen Österreichischen Stabilitätspakt von besonderem Interesse. Der Bericht stellt die Auswirkungen des FAG 2008 auf die Haushalte der Gebietskörperschaften sowie die Neugestaltung des Glücksspielwesens dar und behandelt das Budgetbegleitgesetz 2011, mit dem zahlreiche Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung umgesetzt wurden, sowie die Pläne des Bundes für eine Reform des Haushaltsrechts der Länder und der Gemeinden.
 
Neuerungen im Bundesverfassungsrecht wurden durch drei Novellen des Bundes-Verfassungsgesetzes, zwei Bundesverfassungsgesetze sowie drei einfache Bundesgesetze, die insgesamt 21 Verfassungsbestimmungen enthalten, vorgenommen. Von besonderer Bedeutung dabei waren die Lissabon-Begleitnovelle, die Ausweitung der Prüfkompetenzen der Rechnungshöfe auch auf kleinere Gemeinden und die Umwandlung der Regulierungsbehörde KommAustria in eine unabhängige Behörde. In drei Ländern wurde die Landesverfassung geändert, wobei hier neben der Aufnahme einer Staatszielbestimmung in Niederösterreich die Begrenzung der Netto-Verschuldung des Landes Steiermark hervorzuheben sind.
 
Im Bericht werden weiters wichtige Gesetze des Bundes und der Länder besprochen und die Einbindung der Länder in den Gesetzgebungsprozess des Bundes (Mitwirkung des Bundesrates, Begutachtungsverfahren und Konsultationsmechanismus) beleuchtet. Dargestellt werden föderalistisch wichtige Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und Urteile des Europäischen Gerichtshofes, auf die gut funktionierende Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften eingegangen und die zahlreichen grenzüberschreitenden Kontakte der österreichischen Länder und die Tätigkeit der Europaregionen dargestellt.
 
Eine Kurzfassung des Berichtes ist in Kürze als pdf-Datei auf unserer Homepage abrufbar.

Gastkommentare von Institutsdirektor Peter Bußjäger



Institutsdirektor Peter Bußjäger hat in letzter Zeit zahlreiche Gastkommentare in Printmedien (zB Vorarlberger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung) verfasst und dabei zu aktuellen Themen Stellung genommen. Diese Gastkommentare können auch auf unserer Homepage als pdf-Datei abgerufen werden. Um ältere Kommentare über einen längeren Zeitraum zugänglich zu machen, finden Sie diese unter www.foederalismus.at>Service>Gastkommentare. Machen Sie bitte von diesem Angebot Gebrauch. Das Föderalismusinstitut wünscht den Leserinnen und Lesern der Föderalismus-Info ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.

Schuldenbremse in der Verfassung - Bemerkungen aus föderalistischer Sicht



Unter dem Druck einer befürchteten Herabstufung der Kreditwürdigkeit Österreichs durch internationale Ratingagenturen hat sich die Regierung entschlossen, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. In der Umsetzung hapert es derzeit noch. Zum einen fehlt die Zustimmung einer Oppositionspartei für die notwendige Verfassungsänderung, zum anderen gibt es auch inhaltliche Kritikpunkte. Aus föderalistischer Sicht kritisch sind etwa der Alleingang des Bundes ohne Abstimmung mit den ebenfalls betroffenen Ländern und Gemeinden sowie die verpflichtende Übernahme des Haushaltsrechts des Bundes. Abzulehnen ist, dass ausschließlich der Nationalrat entscheiden darf, ob ein Land etwa im Fall von Naturkatastrophen ein Defizit eingehen darf. Auch die Mithaftung der Gebietskörperschaften ist genauso kritisch, weil sie jene bestraft, die sorgfältig wirtschaften.

Derzeit wird in Österreich intensiv über die verfassungsrechtliche Verankerung einer "Schuldenbremse" diskutiert. (Vgl dazu Schuldenbremse im Verfassungsrang?, in: Föderalismus-Info Nr 4/2011; den Kommentar von BUSSJÄGER, Schuldenbremse: Ja, aber…!, in: TT vom 18.11.2011). Anstoß für diese Entwicklung war nicht eigener Reformwille der Bundesregierung, sondern eine mögliche drohende Herabstufung der Bonität Österreichs durch eine Ratingagentur.
 
Nun liegt dem Nationalrat die Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das B-VG und das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes geändert werden, zur Beschlussfassung vor.
Eingangs ist festzuhalten, dass die von der Bundesregierung ins Auge gefasste Schuldenbremse ein richtiges und wichtiges Instrument darstellt, die Haushalte der Gebietskörperschaften in den Griff zu bekommen und die von der EU geforderte Obergrenze der Staatsverschuldung von 60% des Bruttoinlandsproduktes zu erreichen.
Der Entwurf sieht vor, dass der Bund ab dem Jahr 2017 ein maximales Defizit von 0,35% des BIP ausweisen darf, während die Länder und die Gemeinden ausgeglichen bilanzieren müssen. Dies ist nicht neu, denn schon im Stabilitätspakt 2011 einigten sich die Finanzausgleichpartner darauf, dem Bund Defizitbeiträge zwischen maximal 2,6 % des BIP im Jahr 2011 und maximal 1,6% des BIP im Jahr 2014 zuzugestehen, während die Länder im Jahr 2011 maximal 0,75% des BIP und im Jahr 2014 maximal 0,5% des BIP als Defizit ausweisen dürfen.
 
Zur vorliegenden Regierungsvorlage über die verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse, für deren Verwirklichung sich die Bundesregierung derzeit um die Zustimmung zumindest einer der Oppositionsparteien bemüht, sind folgende Bemerkungen zu machen:
 
  1. Regelungen, welche Defizite von den Gebietskörperschaften zu erreichen sind, sollten partnerschaftlich und einvernehmlich im Vereinbarungswege erarbeitet und nicht einseitig vom Bund diktiert werden.
  2. Die im Entwurf vorgesehenen Änderungen enthalten auch haushaltsrechtliche Vorgaben, die zur Erreichung des Ziels eines ausgeglichenen Haushaltes nicht notwendig sind. So sollen in Hinkunft die Budgets der Länder als "Landesfinanzgesetze" beschlossen werden. Diese bundesverfassungsrechtliche Vorgabe, in welcher Form die Länder ihre jährlichen Budgets beschließen, stellt eine unnötige Einschränkung der Verfassungsautonomie der Länder dar.
  3. Länder und Gemeinden sollen verpflichtet werden, das Haushaltsrecht des Bundes zu übernehmen. Das ist völlig unnotwendig, zumal die zweite Etappe des neuen Haushaltsrechts des Bundes mit der Umstellung auf die Doppik erst 2013 verwirklicht wird und keinerlei Erfahrungen mit dem neuen Haushaltsrecht vorliegen. Warum sollten die Länder nicht selbst entscheiden können, wie sie ein ausgeglichenes Budget erreichen.
  4. Völlig abzulehnen ist auch die im Entwurf vorgesehene Bestimmung, dass ausschließlich der Nationalrat entscheiden soll, dass im Falle von Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen die Defizitgrenzen von Bund und Ländern überschritten werden können. Warum soll der Nationalrat darüber entscheiden, wie zB das Land Tirol im Falle einer Hochwasserkatastrophe sein Landesbudget in den Griff bekommt und gegebenenfalls überschreiten muss. Eine Erlaubnis in Wien einzuholen ist mit der Budgethoheit des Landtages jedenfalls nicht vereinbar. Die Verantwortung für eine unbegründete Überschreitung der Defizitgrenzen trägt ja ohnehin das Land und nicht der Nationalrat.
  5. Auch die vorgesehene Mithaftung der Gebietskörperschaften (hier vor allem der Länder) für EU-rechtliche Sanktionen ist abzulehnen. Hier würden ja jene bestraft, die sich um die Einhaltung der Defizitgrenzen bemühen und müssten solidarisch für jene einstehen, die quasi "in Saus und Braus leben". In diesem Zusammenhang ist auf die mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobene "Rettungsaktion zu Gunsten der Wiener Gebietskrankenkasse" durch das Budgetbegleitgesetz 2009 hinzuweisen.

Der Verwirklichung des Vorhabens der Bundesregierung betreffend die Einführung der Schuldenbremse in Österreich ist nicht nur aus föderalistischer Sicht mit besonderer Aufmerksamkeit und Interesse entgegen zu sehen.

Feinstaubbelastung - wer trägt wirklich die Verantwortung?



Durch die Novelle des Immissionsschutzgesetzes-Luft im Jahr 2001 (BGBl I Nr 62/2001) wurden in Österreich wesentlich strengere Grenzwerte für die Konzentration von Luftschadstoffen festgelegt, als dies die europarechtlichen Vorgaben vorsehen. Im November wurden an vielen Orten diese zulässigen Grenzwerte überschritten. Der zuständige Umweltminister BERLAKOVICH hat die Länder dafür verantwortlich gemacht und sich für nicht zuständig erklärt. Das Institut für Föderalismus erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass die Landeshauptleute in mittelbarer Bundesverwaltung (also unter Verantwortung des Bundesministers) für die Vollziehung zuständig sind. Es ist also wenig hilfreich, die Verantwortung für die Vollziehung des IG-Luft an die Länder abzuwälzen. Selbstverständlich sind die Landeshauptleute gefordert, jene Maßnahmen zu ergreifen, die das Gesetz von ihnen verlangt. Der Bundesminister ist aber verfassungsrechtlich sehr wohl in der Lage, die entsprechenden Maßnahmen auch durchzusetzen.

Gemeindefusionen – Stand der derzeitigen Diskussion



Die Diskussion über Gemeindefusionen, die laut verschiedenen Expertenmeinungen zu Effizienzsteigerungen und Einsparungen führen soll, wurde in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Ländern geführt. Auch in Österreich reißt die Diskussion nicht ab. Zusätzliche Brisanz erhält das Thema durch die jüngsten Volksbefragungen in der Steiermark, bei denen Gemeindezusammenlegungen von der Bevölkerung klar (87 %) abgelehnt wurden. Ein Blick in die verfügbare wissenschaftliche Literatur über die internationalen Erfahrungen mit Gemeindezusammenlegungen zeigt ein differenziertes Bild: Es gibt letztlich keine optimale Gemeindegröße, zu unterschiedlich sind die jeweiligen Voraussetzungen. Erhoffte Einsparungen und Effizienzsteigerungen ließen sich kaum realisieren, die Gefahr des Verlusts von zivilgesellschaftlichem Engagement ist nicht zu unterschätzen.

Das Institut für Föderalismus hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem Thema befasst (siehe Gemeindegrößen im internationalen Vergleich/Effizienz von Gemeindefusionen, in: Föderalismus-Info Nr 2/2007) und darin über eher zwiespältige Ergebnisse wissenschaftlicher Studien über den Nutzen von Gemeindefusionen berichtet.
 
Eine Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung „Gemeindestruktur und -gemeindekooperation“ (Autoren Hans Pitlik/Klaus Wirth/Barbara Lehner) aus dem Jahr 2010 fasst die empirischen Befunde aus unterschiedlichen europäischen Ländern zusammen und kommt zu aufschlussreichen Ergebnissen. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Als erstes sei festgehalten, dass die empirischen Untersuchungen an hohe Erwartungen der Theorie (siehe Kasten Argumente für und gegen Gemeindefusionen) anknüpfen.

 

Argumente in der Theorie für Gemeindefusionen:
  • Leistungsangebot wird gesteigert (v.a. in Kleinstgemeinden) und
  • effizienter gestaltet (z.B. in der Verwaltung),
  • Kosten werden gesenkt (etwa im Infrastrukturbereich da hohe Fixkosten),
  • Vorteil: Konzentration wirtschaftlicher Aktivitäten (etwa Transport- und Distributionskosten werden gesenkt);
 
gegen Gemeindefusionen:
  • Weniger Bürgernähe (Verfügbarkeit und räumliche Nähe nicht mehr gegeben)
  • Auf Präferenzen der Bevölkerung kann schlechter eingegangen werden
  • Zivilgesellschaftliches Engagement, Bereitschaft zur Mitgestaltung nimmt ab,
  • Externe Kosten (etwa der Kontrolle) steigen.
 
Um dies vorweg zu nehmen, generell zeigen alle Untersuchungen, dass Einsparungen und Nutzen der Gemeindekooperationen nur bedingt erfüllt werden können. Sieht man sich die Länder zudem einzeln an, so zeigen sich sehr unterschiedliche Ausgangslagen in den durchschnittlichen Gemeindegrößen und im Anteil der Kleinstgemeinden (unter 5.000 Einwohner):
 

 


Land
Durchschnittliche Gemeindegröße nach EW
Median
nach EW
Gemeinden mit weniger als 5.000 EW in % aller Gemeinden
Vereinigtes Königreich
137.000
119.500
0
Schweden
30.800
15.500
3
Niederlande
29.200
14.400
10
Dänemark
19.200
10.700
7
Belgien
17.000
11.500
17
Italien
7.200
2.300
73
Deutschland
4.800
1.400
86
Österreich
3.408
1.554
91
Schweiz
2.600
900
90
Frankreich
1.600
1.100
95

 

 
Mehrere Kantone in der Schweiz – obwohl im Vergleich nach wie vor von kleinteiligen Strukturen geprägt – sind seit den 1990er Jahren im Begriff, großangelegte Fusionen durchzuführen. Zahlreiche Studien betrachten kantonspezifisch Einsparungspotentiale und etwaige optimale Gemeindegrößen – mit recht unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Studie von Kuster und Liniger (2007) untersucht anhand von 7 Fallbeispielen, wie sich Zusammenschlüsse auswirken. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass bei Gemeinden mit unterschiedlichen Größen für die kleineren Gemeinden Qualitätsverbesserungen realisiert werden konnten, für die großen jedoch nur teilweise und bei gleich großen Gemeinden kam es zu Verbesserungen für alle Gemeinden. Arbeiteten die Gemeinden jedoch vor dem Zusammenschluss schon zusammen, so kam es zu sehr geringen Qualitätsverbesserungen und/oder Einsparungen.
In Dänemark wurde 2007 eine umfassende Gebietsreform durchgeführt, um Doppelgleisigkeiten und hohen Koordinationsaufwand durch stark fragmentierte Aufgabenverteilung zu vermeiden und leistungsfähige Einheiten zu schaffen. Die Erwartungen – beträchtliche Einsparungen und Skalenerträge – an diese Gebietsreform waren hoch. Die Reform basierte sowohl auf Gemeindefusionen, als auch auf der Umstrukturierung von Aufgabenverteilungen und Finanzierungsbeziehungen zwischen den Ebenen. Skalenvorteile sind empirisch gemessen auch eingetreten, eine Studie aus 2008 von Jorgen Lotz warnt aber vor zu euphorischen Rückschlüssen: Skalenvorteile sind nicht nur schwierig zu erklären und zu messen, sondern fusionierte Gemeinde sind – wenn Skalenvorteile vorhanden sind – auch mit anderen und eventuell stärkeren Gegeneffekten konfrontiert.
 
Das Institut für Föderalismus sieht auf der Basis der uns bekannten Studien in der Verstärkung von Gemeindekooperationen einen zweckmäßigeren Weg als in der Fusionierung von Gemeinden. Wir werden uns noch im ersten Halbjahr 2012 mit dieser Frage im Rahmen eines Workshops näher befassen. Die Einladung dazu wird zeitgerecht ergehen.
Wie effizient sind Zusammenlegungen schlussendlich und was heißt das für Österreich?
„In der Gesamtschau der internationalen und der Österreich spezifischen empirischen Arbeiten bestätigen sich die eher ambivalenten theoretischen Resultate. Es erscheint insgesamt kaum sinnvoll, eine optimale Gemeindegröße zu definieren und politisch anzustreben. Abgesehen von deutlichen theoretischen und empirischen Hinweisen auf die ökonomische Ineffizienz von Kleinstgemeinden gibt es mit Blick auf die Bevölkerungszahl keine sachlich begründbare, einheitliche Norm zur Festlegung einer generell anzustrebenden Optimalgröße“ (Pitlik/Wirth/Lehner, S. 47). Bezüglich der Optimalgröße einer Gemeinde müssen immer auch Strukturunterschiede in den Gemeinden (etwa Alter, soziale Zusammensetzung, ökonomische Aktivität oder geographische Gegebenheiten) berücksichtigt werden. Rückschlüsse auf mögliche Einsparungspotentiale sind deshalb auch nicht bei Gemeinden gleicher Einwohnerzahl gegeben, würde man doch so der Komplexität des Themas nicht Genüge tun.
Die Gesamtausgaben der Gemeinden je Einwohner liegen nach Pitlik/Wirth/Lehner bei Gemeinden im Bereich zwischen 1.000 und 3.000 Einwohnern am niedrigsten (siehe nachstehende Darstellung).




Deutlich höhere Kosten gibt es nur bei den – sowohl von der Zahl als auch von der Budgetsumme betrachtet – wenig bedeutsamen Kleinstgemeinden bis 500 Einwohnern.
 
Für weitere Ergebnisse der Untersuchung siehe Pitlik/Wirth/Lehner, Gemeindestruktur und Gemeindekooperation (2010).

Koordinierung der Finanzpolitik im Bundesstaat



Soeben ist im Neuen Wissenschaftlichen Verlag der von BIWALD/BUSSJÄGER/PITLIK/ SCHRATZENSTALLER herausgegeben Band „Koordinierung der Finanzpolitik im Bundesstaat. Stabilitätspolitik – Finanzausgleich – Verschuldungsgrenze“ erschienen. Dieser Band enthält die – teilweise erweiterten – Referate, die bei der vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Institut für Föderalismus und dem KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung gemeinsam mit der Kommunalkredit AG am 7. April 2011 in Wien durchgeführten Tagung gehalten wurden. Dabei wurden wichtige Themen zur Koordinierung der Finanzpolitik auf europäischer und nationaler Ebene behandelt. Der besonders aktuelle Band enthält nach einleitenden Impulsreferaten der Veranstalter Beiträge zur Koordinierung der Finanzpolitik, zur Reform des Finanzausgleichs und – derzeit besonders aktuell – zur Schuldengrenze als Teil der Stabilitätspolitik. Das Buch (ISBN 978-3-7083-0805-0) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Schuldenbremse in Verfassungsrang?



Finanzministerin Maria Fekter hat unlängst den Vorschlag gemacht, in Österreich eine Schuldenbremse im Verfassungsrang einzuführen. Derartige Regelungen sind mittlerweile bereits aus mehreren Staaten, wie etwa Deutschland, der Schweiz, aber auch Spanien, bekannt. Die konkrete Ausgestaltung dieser Regelungen ist höchst unterschiedlich. Das Institut für Föderalismus hat sich mit diesen Fragen bereits im Rahmen einer gemeinsam mit dem WIFO und dem KDZ veranstalteten Tagung am 7. April 2011 auseinandergesetzt.

Das Institut für Föderalismus steht einer verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse grundsätzlich positiv gegenüber. Es darf dabei freilich zu keiner Bevorzugung oder Benachteiligung einer Gebietskörperschaft kommen, wobei wir darauf hinweisen, dass ca 90 Prozent der Schulden des Staates vom Bund kommen. Darüber hinaus befindet man sich bei der Ausformulierung einer verfassungsrechtlichen Schuldenbremse auf dem schmalen Grat zwischen notwendiger Flexibilität gerade in Krisenzeiten und einem Mindestmaß an Konkretisierung. Auf die entsprechenden Vorschläge sind wir daher gespannt.

Transparenzdatenbankgesetz – Begutachtungsentwurf der notwendigen Vereinbarung



Die heftig diskutierte „Transparenzdatenbank“, in der sämtliche Transferleistungen und Förderungen der öffentlichen Hand aufgelistet werden sollten, kommt nicht so recht aus den Startlöchern. Grund dafür ist vor allem die Weigerung des Bundes, die Länder in die konkrete Ausgestaltung einzubeziehen. Dadurch droht die Gefahr, unnötigen bürokratischen Aufwand mit zweifelhaftem Nutzen zu produzieren. Vorschläge und Wünsche der Länder wurden bisher kaum berücksichtigt.

Im Regierungsprogramm 2008-2013 „Gemeinsam für Österreich“ bekannte sich die Bundesregierung im Kapitel Finanzen im Punkt 4. Effizientes Förderwesen ua zur Errichtung einer gesamtösterreichischen zentral geführten Förderungsdatenbank.
Nach Verhandlungen einigte sich die Bundesregierung schließlich am 15. Oktober 2010 auf die Errichtung einer Transparenzdatenbank. In der Datenbank sollen alle Förderungen und Transferzahlungen (sowohl aus dem Sozial- wie auch Wirtschaftsbereich) sowie steuerliche Erleichterungen für Konzerne und Stiftungen erfasst werden. Einerseits soll damit jeder Bürger eine bessere Übersicht über bezogene Leistungen haben, andererseits kann die Regierung mit anonymen Auswertungen alle Zahlungen systematisch erfassen, Doppelgleisigkeiten erkennen und beseitigen.
Das vom Nationalrat daraufhin Ende 2010 beschlossene Transparenzdatenbankgesetz, BGBl I Nr 109/2010, sieht beim Bundesrechenzentrum die Einrichtung einer Transparenzdatenbank und im Internet ein Transparenzportal über öffentliche Leistungen, das den Bürgerinnen und Bürgern Abfragen über die von ihnen bezogenen Leistungen sowie über ihr durchschnittliches monatliches Einkommen erlauben soll, vor. Die Daten für das Portal werden einerseits aus bereits bestehenden Datenbanken, andererseits aus der neuen Transparenzdatenbank abgerufen. In der Transparenzdatenbank werden jene Leistungen der öffentlichen Hand erfasst, die nicht in einer Datenbank des Bundesministeriums für Finanzen, des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger oder des Arbeitsmarktservices enthalten sind.
Ungeachtet des Umstandes, dass eine mit Daten des Bundes, der Länder und der Gemeinden zu befüllende Datenbank einer – zweckmäßigerweise im Rahmen einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG vorzunehmenden – engen Abstimmung bei der Ausgestaltung der entsprechenden bundes- und landesrechtlichen Regelungen bedarf, hat der Bund trotz entsprechender Proteste der Länder im Begutachtungsverfahren das Transparenzdatenbankgesetz bereits vor Aufnahme der Gespräche über eine Bund-Länder Vereinbarung erlassen.
Durch die Inkrafttretensbestimmung im § 29 des Transparenzdatenbankgesetzes werden die Länder zu einem möglichst zeitnahen Abschluss der Vereinbarung gezwungen, da den jeweiligen Landesbürgern erst dann eine Leseberechtigung für das Transparenzportal eingeräumt wird, wenn die leistenden Stellen des Wohnsitzbundeslandes alle Leistungen mitgeteilt haben.
Die in den letzten Monaten – in mehreren (drei) Arbeitsgruppen – geführten Gespräche über die Ausarbeitung der Vereinbarung haben noch zu keinen Ergebnissen geführt. In ihrem Beschluss anlässlich der Tagung vom 11. Mai 2011 machte die Landeshauptleutekonferenz ua den Vorschlag, einen konkreten Förderbereich auszuwählen und diesen in die    Transparenzdatenbank aufzunehmen. Dieser müsse dann im Hinblick auf die Zielerreichung evaluiert werden.
Nunmehr hat das Bundesministerium für Finanzen mit Schreiben vom 24. August 2011 den Entwurf einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über eine Transparenzdatenbank zur Begutachtung versandt. Die Begutachtungsfrist endet am 3. Oktober 2011.
Dieses Schreiben wurde übrigens nicht an die Länder, wohl aber an die Bundesministerien, den Rechnungshof, die Finanzprokuratur und die Statistik Österreich sowie an Interessens- und Berufsvertretungen übermittelt. Erst nach Urgenz durch die Verbindungsstelle konnte der Begutachtungsentwurf am 6. September 2011 den Ländern übermittelt werden. Dies hat unverständlicherweise zu einer Verkürzung der Begutachtungsfrist geführt. Eine Erstreckung dieser Frist wurde vom Finanzministerium abgelehnt. Angesichts der bisherigen Erfahrungen in den geführten Gesprächen ist zu hoffen, dass der Vereinbarungsentwurf auf Bundesseite politisch abgestimmt und Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und den zuständigen Bundesministerien hergestellt wurde.
Im Vereinbarungsentwurf wurde die Forderung der Länder, die in der Transparenzdatenbank vorhandenen Daten abfragen zu können, berücksichtigt. Unklar bleiben im Entwurf, welche Leistungen – hier war in den Gesprächen immer wieder von den Leistungen für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung die Rede – zu welchem Zeitpunkt in die Transparenzdatenbank eingepflegt werden. Auch die von den Ländern erhobene Forderung nach einer Evaluierung und einer Entscheidung über weitere Maßnahmen ist nicht klar geregelt. Dies sollte im Begutachtungsverfahren berücksichtigt werden.
Wenn die Transparenzdatenbank die vom Bundesgesetzgeber erhoffte Bereitstellung der Daten über Sozialversicherungsleistungen, Ruhe- und Versorgungsbezüge, ertragssteuerliche Ersparnisse, Förderungen, Transferzahlungen ua tatsächlich möglich machen soll, wäre es nun höchste Zeit, die Anliegen und Forderungen der Länder im Begutachtungsverfahren als Partner der Vereinbarung zu berücksichtigen.

Dienstleistungsrichtlinie – aktueller Umsetzungsstand



Die Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt war bis Ende des Jahres 2009 in das nationale Recht umzusetzen. Das Ziel der Richtlinie ist es, einen Binnenmarkt für Dienstleistungen zu schaffen. Im Vordergrund stehen Verwaltungsvereinfachungen für grenzüberschreitend tätige Dienstleister und Regeln für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden. Die noch im Jahr 2006 hinsichtlich der rechtzeitigen Umsetzung der Richtlinie von Bund und Ländern begonnenen Gespräche führten ua dazu, dass die Länder beim Amt der Landesregierung einen „Einheitlichen Ansprechpartner“ für Kunden und Betriebe eingerichtet haben und zahlreiche Landesgesetze an die Dienstleistungsrichtlinie angepasst haben. Trotz dieser Einigung ist Österreich mit der Umsetzung der Richtlinie säumig. Grund dafür ist die Weigerung der Oppositionsparteien, einer für die Umsetzung notwendigen Verfassungsbestimmung zuzustimmen. Ein Vertragsverletzungsverfahren samt Strafzahlung droht.

Die von der Bundesregierung am 15. September 2009 beschlossene Regierungsvorlage eines Sammelgesetzes Dienstleistungsrichtlinie (RV 317 dB XXIV. GP NR) wurde in den zuständigen Ausschüssen beraten, ein Beschluss des Nationalrates liegt allerdings bis dato nicht vor. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass für die enthaltene Verfassungsbestimmung (Kompetenzdeckungsklausel) für die Einrichtung des Einheitlichen Ansprechpartners in den Ämtern der Landesregierung die Zustimmung der Opposition bisher nicht erreicht werden konnte und damit die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht gegeben ist.
Die Oppositionsparteien haben ihre Zustimmung zu diesem Gesetz von einer Stärkung der Rechte auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Nationalrat abhängig gemacht.
Die Regierungsvorlage enthält die Kompetenzdeckungsklausel, ebenso den Beirat, der die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie evaluieren soll und die Bestimmung, dass die bei den Ämtern der Landesregierungen eingerichteten Einheitlichen Ansprechpartner (EAP) nicht als Behörden, sondern als „Poststellen“ fungieren sollen (siehe dazu ausführlich 34. Bericht über den Föderalismus in Österreich 2009, 86 ff).
Angesichts des bereits eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Republik Österreich wegen der Nichtumsetzung der Richtlinie droht im Falle einer Klagserhebung eine Verurteilung und die Verhängung von empfindlichen Strafzahlungen.
Im Hinblick auf die geführten Verhandlungen zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist der Bund ebenso wie die Oppositionsparteien im Nationalrat aufgefordert, alles daran zu setzen, die notwendigen Beschlüsse herbeizuführen und die Beschlussfassung der dem Nationalrat vorliegenden Regierungsvorlage zu erreichen.

Immunität der Abgeordneten – Wahrung der Länderinteressen



Derzeit ist eine Neuregelung der Immunitätsbestimmungen in der Bundesverfassung, die eine deutliche Ausweitung des Verfolgungsschutzes für Parlamentarier bringen soll, in Begutachtung. Besonders kritisch ist dabei die Einführung einer Art „Parlamentsgeheimnis“ zu sehen, mit dem weitgehende Aussageverweigerungsrechte für Abgeordnete und parlamentarische Mitarbeiter geschaffen werden. Außerdem sollen Abgeordnete künftig auch außerhalb des Parlaments Äußerungen unter Immunitätsschutz wiederholen dürfen, die bspw rufschädigenden Charakter haben, ohne dass sich die Opfer dagegen rechtlich zur Wehr setzen können. Es ist daher zu befürchten, dass mit der Ausweitung der Immunität der Abgeordneten dem Ansehens des Parlaments ein Bärendienst erwiesen wird.

Derzeit liegt ein Initiativantrag von Abgeordneten (SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne) betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, IA 1619/A XXIV. GP, dem Nationalrat zur Behandlung und Beschlussfassung vor. Der Verfassungsausschuss des Nationalrates hat diesen Entwurf zur Begutachtung versandt.
Kernpunkt des Gesetzesantrages ist die Abschaffung der außerberuflichen Immunität von Abgeordneten bei gleichzeitiger Ausweitung der sog „sachlichen Immunität“. Analog zum Redaktionsgeheimnis soll eine Art „Parlamentsgeheimnis“ geschaffen werden, um Abgeordneten eine ungestörte Ausübung ihrer parlamentarischen Arbeit zu ermöglichen. Im parlamentarischen Bereich soll ein Recht eingeführt werden, Zeugenaussagen zu verweigern (Art 57 Abs 6 B-VGneu). Dieses Recht soll auch allen Mitarbeitern der Parlamentsklubs zukommen. Ermittelt zB eine Behörde wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses durch Weitergabe von Informationen an Abgeordnete, können sich diese sowie die Mitarbeiter der Parlamentsklubs auf das Aussageverweigerungsrecht berufen. Dadurch könnten behördliche Ermittlungen und die Aufklärung von Straftaten massiv behindert werden.
Der Gesetzesantrag sieht im Art 33 B-VGneu vor, dass jeder, der über die Verhandlungen in den Sitzungen des Nationalrates und seiner Ausschüsse berichtet, sowie über Verhandlungsgegenstände, sofern sie nicht vertraulich sind, wahrheitsgemäß berichtet, von jeder Verantwortung frei bleibt.
In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass damit auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 79/00 vom 29. März 2000) reagiert werden soll, wonach die bisherige Formulierung nicht erlaubte, dass der einzelne Abgeordnete „wo und wann immer er will, seine Äußerungen unter Immunitätsschutz wiederholen dürfe“ und „dass Politiker missliebige Personen ohne jede Verantwortlichkeit gegenüber dem Betroffenen nachhaltig schädigen könnten, wenn sie nur zuvor die Vorwürfe in einer Sitzung des Nationalrates geäußert haben“.
Ob die nun geplante Erweiterung der beruflichen Immunität von Abgeordneten dem Ansehen eines Parlaments dienlich ist, wenn seine Mitglieder unter Umständen sogar rufschädigende Äußerungen wiederholen können, ohne dass die Betroffenen dagegen rechtliche Schritte setzen können, muss bezweifelt werden (siehe dazu den Kommentar von BUSSJÄGER, Immunspritze für das Parlament mit Nebenwirkungen, in: Die Presse vom 24.07.2011).
Unverständlich ist, dass die Landesregierungen (anders als die Landtagspräsidentinnen und -präsidenten sowie die Landtagsklubs) – trotz eines gemeinsamen Länderersuchens vom 20. Juli 2011 – nicht in das laufende Begutachtungsverfahren einbezogen wurden. Die durch die geplante Verfassungsnovelle aufgeworfenen Rechtsfragen betreffen ja nicht nur das Parlament.

Klausur der Bundesregierung - Bemerkungen aus föderalistischer Sicht



Die Bundesregierung hat bei ihrer Klausurtagung am 30. und 31. Mai 2011 am Semmering ein 90-Punkte-Programm beschlossen, mit dem neuer Schwung in die Arbeit der Regierung gebracht werden soll. In 7 Arbeitspaketen wurde ein Fahrplan für die Jahre 2011-2013 festgelegt. Aus föderalistischer Sicht sind besonders folgende Punkte bedeutsam: Der Ausbau der Kinderbetreuung wird – trotz zugesagter Unterstützung durch den Bund, deutliche Mehrkosten für die Gemeinden bringen. Die geplante Zentralisierung des Spitalswesens steht in massivem Widerspruch zu Länderinteressen und -vorschlägen, die mehr Verantwortung vor Ort fordern. Die Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration wird zwar als Verwaltungsvereinfachung „verkauft“, dürfte aber aus unserer Sicht letztlich zu längeren Verfahren führen und vor allem für Probleme bei der raschen Verfügbarkeit von ausländischen Schlüsselarbeitskräften führen. Die geplante Schaffung von Landesverwaltungsgerichtshöfen dürfte dagegen tatsächlich Synergie

Im Bereich der Spitals- und Gesundheitsreform, die bis Herbst 2013 umgesetzt werden soll, plant der Bund die Schaffung eines einzigen bundesweiten Spitalgesetzes, mit dem die bisher bestehende Ausführungsgesetzgebungs-kompetenz der Länder beseitigt würde. Dies steht in Widerspruch zu den Reformvorschlägen der Länder, die auf eine Aufwertung der Gesundheitsplattformen in den Ländern zu Entscheidungsträgern zielen. Außerdem tritt der Bund damit der Schaffung von Modellregionen (zB in Vorarlberg) für die Finanzierung und Organisation des Gesundheitswesens entgegen und sieht eine völlige Zentralisierung vor. Der Vorarlberger Landtag hat übrigens die Pläne des Gesundheitsministers abgelehnt und bereits am 11. Mai 2011 in einer einstimmig gefassten Entschließung die Landesregierung ersucht, weiterhin für die Aufrechterhaltung der Ausführungsgesetzgebung des Landtages im Spitalswesen einzutreten. Das Institut für Föderalismus hofft, dass sich Bund und Länder auf eine föderalistische Lösung der Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen einigen können.
 
Im Paket „Familie, Gesellschaft, Frauen, Chancen, Sport“ ist ua der Ausbau der Kinderbetreuung, insbesondere der Plätze für unter 3-jährige und der Ganz-tagesplätze, enthalten. Obwohl vom Bund für den Ausbau von ca 5000 Plätzen jährlich jeweils 15 Mio € bereitgestellt werden, dürften auf die Gemeinden als Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen neue finanzielle Belastungen zukommen.
Das Paket sieht auch eine Harmonisierung der Jugendschutzbestimmungen durch die Schaffung möglichst einheitlicher und nachvollziehbarer Standards durch den Abschluss einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG vor. Damit dürften offenbar die immer wiederkehrenden Pläne eines Bundesjugendschutzgesetzes und der damit verbundene Kompetenzübergang von den Ländern auf den Bund vom Tisch sein. Allerdings ist in dieser Sache nun die Kooperationsbereitschaft der Länder gefordert.
 
Den föderalistisch wichtigsten Punkt des Paketes „Sicherheit, Europa, Verteidigung, Justiz“ stellt zweifellos die Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration dar. Mit dem neuen Amt soll eine „große Verwaltungsreform“ umgesetzt werden, die zu deutlich kürzeren Verfahren führen soll, da die Aufgaben von derzeit 194 Behörden (Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeibehörden) auf eine einzige Bundesbehörde konzentriert würden. Offenbar glaubt die Bundesregierung, dass die Vollziehung des Fremdenrechts durch eine Behörde zu kürzeren Verfahren und rascheren Entscheidungen führen wird. Hier sind wohl Zweifel angebracht, wir befürchten vielmehr, dass zahlreiche von der Wirtschaft dringend benötigte Fachkräfte nicht lange auf die Entscheidung des in Wien ansässigen BAM warten, sondern sich im benachbarten Ausland niederlassen.
 
Schließlich enthält das Paket „Leistungsfähiger Staat, Finanzen“ die Punkte Stärkung des effizienten Förderwesens durch die Schaffung der Transparenz-datenbank, die Lösung des Problems der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten, eine Steuerstrukturreform oder sieht bis Herbst 2011 eine Gesetzesderegulierung vor, die Verwaltungsvereinfachungen und Entlastungen von bürokratischen Prozessen bringen soll.
Nach zwei Jahrzehnten Diskussion soll im Winter 2011 eine Regierungsvorlage zur größten Strukturreform im Verwaltungsverfahren fertig gestellt werden. Es sollen neun Landesverwaltungsgerichte, ein Bundesverwaltungsgericht 1. Instanz und ein Bundesfinanzgericht geschaffen und die derzeit bestehenden über 100 Sonderbehörden aufgelöst werden. Dieses Vorhaben würde zweifellos zu einer Bereinigung der Behördenlandschaft führen und Synergien ermöglichen. Die Position des Föderalismusinstituts zur Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit ist bekannt und hat sich nicht geändert (siehe dazu zuletzt: Institut für Föderalismus begrüßt Landesverwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, in: Föderalismus-Info Nr 1/2010).

Reform im Pflegewesen - legistische Umsetzung steht bevor



Die an sich positive Neuregelung der Pflegefinanzierung erzeugt in der legistischen Umsetzung einige Probleme, die vom Bund großteils auf die Länder abgeschoben werden. Vor allem die Erfassung der Datenbasis und die Verwaltung des Pflegefonds im Sozialministerium drohen zu weitaus höheren Ausgaben zu führen als ursprünglich geplant und vereinbart. Auch die zukünftige gesetzliche Fortschreibung der jetzt vereinbarten – und zeitlich befristeten – Regelung birgt in sich die Gefahr einer weiteren Zentralisierung der Entscheidungskompetenz mit unklaren finanziellen Auswirkungen auf die Bundesländer. Es ist zu hoffen, dass in der parlamentarischen Beratung der Regierungsvorlage noch Vorschläge der Länder Berücksichtigung finden.

Im Zusammenhang mit der Änderung des Österreichischen Stabilitätspaktes einigten sich die Finanzausgleichspartner bei der Tagung der Landesfinanzreferenten-konferenz am 16. März 2011 in Linz auch über die Absicherung der Pflege-finanzierung in Österreich (siehe dazu ausführlich: Einigung bei Pflegefinanzierung, Verlängerung des Finanzausgleichs und Stabilitätspakt - Kompetenzübergang auf den Bund, in: Föderalismus-Info Nr 2/2011).
 
Zur legistischen Umsetzung der vereinbarten Sicherung der bestehenden Pflege-leistungen durch die Einrichtung eines Pflegefonds und zum bedarfsgerechten Ausbau des Angebotes liegen derzeit dem Nationalrat - nach erfolgtem Begut-achtungsverfahren - folgende Regierungsvorlagen zur parlamentarischen Behand-lung und Beschlussfassung vor:
  • RV (1207 dB NR XXIV.GP) eines Bundesgesetzes, mit dem ein Pflegefonds eingerichtet und ein Zweckzuschuss an die Länder zur Sicherung und zum bedarfsgerechten Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflege-dienstleistungsangebotes in der Langzeitpflege für die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 gewährt wird (Pflegefondsgesetz - PFG);
  • RV (1208 dB NR XXIV. GP) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Verbrechensopfer-gesetz, das Poststrukturgesetz und das Bundesbehindertengesetz geändert werden (Pflegegeldreformgesetz 2012);
  • RV (1211 dB NR XXIV. GP) eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanz-ausgleichsgesetz 2008, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert werden.
 
Beim Sozialministerium wird ein Pflegefonds eingerichtet, der in den Jahren 2011 bis 2014 mit insgesamt 685 Mio € dotiert wird. Die Mittel des Pflegefonds werden durch einen Vorwegabzug vor der Verteilung der gemeinschaftlichen Bundes-abgaben gemäß dem Finanzausgleichsgesetz 2008 aufgebracht. Davon werden zwei Drittel vom Bund und ein Drittel von den Ländern und den Gemeinden finanziert. Die Mittel sind für eine bessere Versorgung pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen sowie den Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebots in den Ländern im Bereich der Langzeitpflege und den laufenden Betrieb zweckgebunden.
 
Aus Ländersicht kritisch gesehen werden muss die vorgesehene einseitige Festlegung von Richtversorgungsgraden für die einzelnen Länder durch Verord-nung des Sozialministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium auf der Grundlage der Daten aus der Pflegedienstleistungsdatenbank. Dieser Richtver-sorgungsgrad ergibt sich aus dem Verhältnis der Leistungs- oder Beratungsstunden zur im Bundesland wohnhaften Bevölkerung im Alter von 75 Jahren und älter bzw aus dem Verhältnis der Plätze zu je 1000 Einwohnern der Bevölkerung im Alter von 75 Jahren und älter im Bundesland.
 
Die Bundesanstalt Statistik Österreich wird verpflichtet, eine Pflegedienstleistungs-datenbank einzurichten, aus der ua die Anzahl der betreuten Personen, die Art der Pflege und die Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte hervorgehen soll. Mit einheitlichen und transparenten Leistungskriterien will der Bund eine bundesweite Harmonisierung der Betreuungs- und Pflegedienstleistungen erreichen. Die Erfass-ung und das Zurverfügungstellen der notwendigen Daten wird mit einem erheblichen organisatorischen und technischen Aufwand verbunden sein und einen zusätzlichen Aufwand in den Verwaltungen der Länder verursachen.
Entgegen der Forderung der Länder im Begutachtungsverfahren ist auch in der Regierungsvorlage vorgesehen, dass die erbrachten Leistungen der Bundesanstalt Statistik Österreich aus Mitteln des Pflegefonds finanziert und nicht vom Bund getragen werden.
 
Die vorgesehene Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sieht die politisch vereinbarte Kompetenzübertragung vor, da gemäß Art 10 Abs 1 Z 11 und Art 102 Abs 2 B-VG das „Pflegegeldwesen“ nun ausschließlich dem Bund zukommt. Die Übertragung der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz von den Ländern auf den Bund ist zunächst bis 31. Dezember 2014 befristet, danach tritt die alte (bisherige) Kompetenzrechtslage wieder in Kraft. Durch einfaches Bundesgesetz kann allerdings bestimmt werden, dass diese Rechtswirkungen überhaupt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Unklar ist hier, ob vor Ablauf dieses späteren Zeitpunktes neuerlich ein Bundesgesetz erlassen werden kann, mit dem die Wirkungen des Kompetenzregimewechsels (allenfalls wiederum befristet) verhindert werden können. Diese Übertragung des Kompetenzübergangs in die Kompetenz-Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers wird vom Institut für Föderalismus besonders kritisch gesehen.
 
Die bisherigen Pflegegeldgesetze der Länder und die Verordnungen im Bereich des Landespflegegeldes werden aufgehoben. Als wichtige Maßnahme im Bereich der Verwaltungsreform ist auch eine deutliche Reduktion der Anzahl der Entscheid-ungsträger für die Auszahlung des Pflegegeldes von derzeit ca. 280 Träger auf nunmehr 8 Sozialversicherungs-Träger vorgesehen.
 
Die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2008 enthält die Aufbringung der vereinbarten Kostenbeiträge für die Übernahme des Landespflegegeldes durch den Bund in Form einer Kürzung der Ertragsanteile der Länder und der Gemeinden. Die Kürzungsbeträge von zusammen 382,3 Mio € inkludieren einen pauschalen Verwaltungsaufwand von 2,83 % (rund 10,5 Mio € jährlich) und werden vom Sozialministerium auf Basis einer Erhebung der Ausgaben der Länder des Jahres 2010 dem Finanzministerium zur Verfügung gestellt. Vom Abzug eines zusätzlichen pauschalen Verwaltungsaufwandes - der von den Ländern abgelehnt wird - war übrigens bei keiner politischen oder beamteten Besprechung die Rede. Im Gegenteil: von den Bundesvertretern wurde immer ausdrücklich betont, dass es durch diese Verwaltungsreform zur Einsparung von Personalkosten bei den Ländern in spürbarer Höhe kommen werde.
 
Festgehalten werden muss, dass zahlreiche Änderungs- und Verbesserungs-vorschläge der Länder im Begutachtungsverfahren bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlagen unberücksichtigt geblieben sind. Das geplante Vorhaben entspricht - vor allem was die Einbeziehung nicht nur der sozialhilfefinanzierten Pflegesachleistungen, sondern auch der Leistungen im Rahmen der Behindertenhilfe und der Grundversorgung sowie die Wahrnehmung einer Planungs- und Steuerungsfunktion durch den Bund anbelangt - nicht den Positionen der beamteten Sozialreferenten der Länder vom 3. Mai 2011 sowie dem Beschluss der LandessozialreferentInnenkonferenz vom 27. Mai 2011. Bei der Beschlussfassung der Regierungsvorlagen im Nationalrat sollten daher diese Länderanliegen entsprechend Berücksichtigung finden, damit das große gemeinsame Ziel einer gesicherten Pflegefinanzierung tatsächlich erreicht werden kann.

Erleichterung von Gemeindekooperationen - Gesetzesantrag des Bundesrates



Erfreuliches ist aus dem immer wieder in der Kritik stehenden Bundesrat zu berichten. In der 797. Sitzung am 1. Juni 2011 wurde mit großer Mehrheit (nur die den Grünen angehörenden Mitglieder des Bundesrates stimmten dagegen) ein Gesetzesantrag beschlossen und dem Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung weitergeleitet, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1213 dB NR XXIV GP). Der Gesetzesantrag sieht vor, den österreichischen Gemeinden eine engere Zusammenarbeit zu ermöglichen und die Kooperationsspielräume erheblich auszuweiten. Größere Synergien und Einsparungen sind möglich. Wenn Gemeinden diese neue Chance aktiv und offensiv nutzen, ist aus Sicht des IFö auch den wiederkehrenden Debatten um Gemeindefusionen der Wind aus den Segeln genommen.

Den Gemeinden soll es künftig - auf Grundlage von Landesgesetzen - möglich sein, sich für die Besorgung ihrer Angelegenheiten zu Gemeindeverbänden zusammen-zuschließen, die nicht nur – wie bisher – einzelne Aufgaben wahrnehmen können. Dadurch können deutlich größere Aufgabenbündel als derzeit auf gemeinsame Einrichtungen übertragen werden. Dies führt zu Synergien und einer effizienteren Verwaltung.
Ein Zusammenschluss von Gemeinden verschiedener Länder zu Gemeinde-verbänden soll nach Maßgabe einer Vereinbarung zwischen den betreffenden Ländern gemäß Art 15a B-VG zulässig sein, in die insbesondere Regelungen über die Genehmigung der Bildung der Gemeindeverbände und die Wahrnehmung der Aufsicht aufzunehmen sind (Art 116a Abs 6 B-VG neu).
Der Gesetzesantrag sieht auch die Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlage für die sprengelübergreifende Zusammenarbeit von Bezirksverwaltungsbehörden, insbesondere auch die Übertragung behördlicher Zuständigkeiten (Art 116b B-VG neu), vor.
Der Gesetzesantrag des Bundesrates, mit dem eine verstärkte Gemeindekooperation möglich wird, ist besonders für kleinere Gemeinden interessant und wichtig, denn nur wenn Kooperation und Effizienzpotentiale genutzt werden, kann den immer wieder geäußerten Plänen von Gemeindezusammenlegungen mit guten Argumenten entgegengetreten werden. Gemeindefusionen führen zur Zerstörung gewachsener Einheiten und zum Verlust des Engagements der Bürger. Kooperationen, die im Regelfall effizientere und bürgerfreundlichere Lösungen darstellen, sind viel wichtiger als der Zentralismus von bürgerfernen Großgemeinden.

Verwaltungsmodernisierung in den Ländern 2000-2010. Prozesse und Resultate



Die Länder werden in der öffentlichen Diskussion nicht selten – und das völlig zu Unrecht – als Reformverweigerer dargestellt. Eine nun erschienene Publikation des IFö dokumentiert den Stand der Verwaltungsreformen in den einzelnen Ländern im Zeitraum 2000-2010 und macht deutlich, dass die Länder wesentliche Fortschritte in der Modernisierung ihrer Verwaltungen erzielen konnten. Der Band 9 der Schriftenreihe „Verwaltungsrecht“, Bußjäger (Hg), Verwaltungs-modernisierung in den Ländern 2000 – 2010. Prozesse und Resultate, Wien 2011, 190 Seiten, ISBN 978-3-7003-1789-0, ist ab sofort im Buchhandel zum Preis von € 26.90 erhältlich.

Das Ziel eines vom Institut für Föderalismus in den Jahren 2009/2010 durchgeführten Projekts war es, den Stand der Verwaltungsreformen in den einzelnen Ländern unter Beachtung des Zeitraumes von 2000 – 2010 zu erheben. Das Projekt zeigte als Ergebnis eine Fülle verschiedener Reformprojekte in den einzelnen Landes-verwaltungen. Die Ergebnisse dokumentiert der Band 9 der Schriftenreihe „Verwaltungsrecht“, herausgegeben von Peter Bußjäger, unter dem Titel: „Verwaltungsmodernisierung in den Ländern 2000 – 2010. Prozesse und Resultate“. Die Bandbreite und Vielfalt der Verwaltungsreformen in den Ländern wird anhand einer zusammenfassenden Darstellung im Allgemeinen Teil sowie der verschiedenen Länderberichte (Ausnahme Wien) im Besonderen Teil deutlich. Der Überblick über die Verwaltungsmodernisierung in den Ländern unterstreicht, dass Verwaltungs-reform ein dynamischer Prozess ist und die Binnenreformen in den Ländern engagiert angegangen werden. Daraus wird aber auch klar, dass die Länder in der Verwaltungsmodernisierung den Vergleich mit keiner anderen Entscheidungsebene scheuen müssen.
 
Der Band 9 der Schriftenreihe „Verwaltungsrecht“, Bußjäger (Hg), Verwaltungs-modernisierung in den Ländern 2000 – 2010. Prozesse und Resultate, Wien 2011, 190 Seiten, ISBN 978-3-7003-1789-0, ist ab sofort im Buchhandel zum Preis von € 26.90 erhältlich.

Festschrift „60 Jahre Verbindungsstelle“



Zum 60. Geburtstag der Verbindungsstelle der Bundesländer im Mai 2011 erschien die von Andreas Rosner und Peter Bußjäger herausgegebene Festschrift „60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer: Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates“. Die Präsentation der Festschrift wird am Montag, den 27. Juni 2011, im Veranstaltungszentrum Redoutensäle, 4021 Linz, erfolgen. Der Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer, derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, wird dabei die Festschrift vorstellen und den Autorinnen und Autoren überreichen. Ab diesem Zeitpunkt ist das als Band 112 der Schriftenreihe des Instituts erschienene Buch Rosner/Bußjäger (Hg) „Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates. Festschrift 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer“, Wien 2011, 818 Seiten, ISBN 978-3-7003-1787-6, im Buchhandel zum Preis von € 49.90 erhältlich.

In föderalistisch aufgebauten Staaten – wie Österreich – besteht zwischen den Staatsebenen ein besonders hoher Bedarf nach Koordination und Kooperation. Daher haben die neun österreichischen Länder schon bald nach der Gründung der Zweiten Republik eine „Verbindungsstelle der Bundesländer“ eingerichtet. Mit Schreiben vom 1. Mai 1951 informierte der Landeshauptmann von Niederösterreich, Steinböck, die Bundesregierung über die übereinstimmenden Beschlüsse aller Landesregierungen zur Errichtung einer „Verbindungsstelle der Bundesländer“. Der niederösterreichische Landesamtsdirektor Dr. Vanura teilte seinen Amtskollegen in den Ländern ebenfalls am 1. Mai 1951 in einem Schreiben mit, dass die Verbindungsstelle „mit heutigem Tage ihre Tätigkeit aufgenommen“ hat.
Die Verbindungsstelle hat sich seither zu einer Informationsdrehscheibe für die Länder und zum zentralen Sekretariat der Länderkonferenzen, etwa der Landes-hauptleutekonferenz, entwickelt.
In der Festschrift „60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer: Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates“ beleuchten die insgesamt 59 Autorinnen und Autoren verschiedene Aspekte der Arbeit der Verbindungsstelle im Besonderen, aber auch der Koordination im Bundesstaat im Allgemeinen.

Da sein, wo andere hinwollen



Der Trend in der Organisation demokratischer Staaten geht eindeutig in Richtung mehr Dezentralisierung, Zentralismus wird international zum Auslaufmodell. Das ergibt eine Studie niederländischer Wissenschaftler, die die Entwicklung von 42 Staaten in den letzten sechs Jahrzehnten untersucht haben. Österreich ist – trotz aller Kritik und auch Verbesserungsmöglichkeiten – bereits „da, wo andere hinwollen“.

Verfolgt man die Äußerungen einiger älterer Herren in Österreich, die allesamt um die siebzig Jahre alt sind, könnte man tatsächlich der Meinung sein, dass Föderalismus ein Auslaufmodell ist. Unsere regionalen Strukturen hätten sich überlebt, die Landtage seien sowieso überflüssig, ist da zu hören.
Wir wissen nicht, woher diese Leute ihre Informationen beziehen, auf dem Stand der Wissenschaft bewegen sie sich jedenfalls nicht. Eine jüngste Studie dreier Politikwissenschafter aus den Niederlanden, die im Internet zugänglich ist, hat auf 361 Seiten die Entwicklung von insgesamt 42 demokratischen Staaten zwischen 1950 und 2006, darunter auch Österreich, untersucht. (Siehe dazu Liesbet HOOGHE/Gary MARKS/Arjan H. SCHAKEL, The Rise of Regional Authorithy. A comparative study of 42 democracies [1950-2006], Amsterdam, August 2009). Insgesamt haben in diesem Zeitraum demnach 337 Reformen weltweit regionale Strukturen gestärkt, wohingegen nur 56 Reformen zu einer Zentralisierung geführt haben. Im Ergebnis sind 29 Staaten in diesem Zeitraum stärker dezentralisiert worden und nur zwei haben in die Richtung der Zentralisierung tendiert. Beim Rest ist der Status im Wesentlichen derselbe geblieben, zu diesen zählt auch Österreich. Die Autoren weisen im Übrigen einen klaren Zusammenhang zwischen demokratischen Strukturen und Dezentralisierung nach. Und sie teilen auch nicht die Auffassung, dass Föderalismus mit Europa unverträglich sei: Vielmehr führe die europäische Integration zu mehr Wettbewerb unter den Regionen und habe die Strukturen des Nationalstaates aufgebrochen. Die Europäische Integration befördere daher insgesamt sogar die Entwicklung zu mehr Regionalismus.
Allerdings weist die Studie auch nach, dass Österreich trotz aller Bestrebungen, den Ländern ihre Gestaltungsfähigkeit zu entziehen, im Vergleich relativ stark regionalisiert ist, der Abstand zu den anderen Staaten wird aber geringer.
Mit anderen Worten: Österreich befindet sich längst dort, wo andere hinwollen. Wir sollten daher die Bemühungen darauf konzentrieren, unsere Position zu halten, statt der Miesmacherei einiger alter Männer zu folgen. Vorarlberg ist beispielsweise durch seine Autonomie zu einem Vorzeigeland auf dem Gebiet der Energieeffizienz und der modernen Architektur geworden. Natürlich sind andere Regionen auf anderen Gebieten führend, gerade weil auch sie über Gestaltungsfähigkeit verfügen. Die zentralistische Gleichmacherei schafft dagegen überall nur ödes Mittelmaß.
Was moderner Föderalismus sein kann, wird das Institut für Föderalismus in Zusammenarbeit mit den Vorarlberger Nachrichten in einer Veranstaltung am 3. Mai um 15.00 Uhr in der Vorarlberger Landesbibliothek unter Beiziehung von Experten unter Beweis stellen. Merken Sie sich die Veranstaltung vor!

Einigung bei Pflegefinanzierung, Verlängerung des Finanzausgleichs und Stabilitätspakt – Kompetenzübergang auf den Bund



Nach intensiven Verhandlungen konnten die Finanzausgleichspartner Bund, Länder und Gemeinden anlässlich der Tagung der Landesfinanzreferentenkonferenz am 16. März 2011 in Linz Einigung über eine Anpassung des Österreichischen Stabilitätspaktes, die Verlängerung des geltenden Finanzausgleiches (bis einschließlich 2014) und die Absicherung der Finanzierung der Pflege in Österreich erzielen. Es wird ein Pflegefonds mit 685 Mio Euro geschaffen – zwei Drittel steuert der Bund bei, eines die Länder und Gemeinden – die Ausschüttung der Gelder wird der Bund übernehmen. Dieser Punkt muss aber für eine dauerhafte Regelung noch genau geklärt werden, denn die derzeitige Regelung ist bis 2014 befristet.

Angesichts der durch die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise hervorgerufen Probleme und der steigenden Budgetdefizite, kamen die FAG-Partner überein, die im Österreichischen Stabilitätspakt vorgesehenen Stabilitätsbeiträge neu festzulegen:
Die Stabilitätsbeiträge des Bundes betragen für das Jahr 2011 max 2,6% des BIP, für das Jahr 2012 max 2,38%, für 2013 max 1,9% und für das Jahr 2014 max 1,6% des BIP.
Die Stabilitätsbeiträge der Länder betragen für das Jahr 2011 0,75% des BIP, für 2012 0,6%, für die Jahre 2013 und 2014 jeweils 0,5% des BIP.
Die Gemeinden haben landesweise ausgeglichene Haushaltesergebnisse zu erbringen. Damit soll sichergestellt werden, dass bereits im Jahr 2012 mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 2,98% des BIP die von der Europäischen Union im Vertrag von Maastricht festgelegten Kriterien erfüllt werden.
Die Einhaltung der Stabilitätsbeiträge wird durch einen neu gestalteten Sanktionsmechanismus abgesichert und auch vom Rechnungshof überwacht. Wenn gegen die Stabilitätsgrenzen verstoßen wird, drohen Strafzahlungen von bis zu 15% des überzogenen Wertes. Dies müsste eine Schlichtungskommission entscheiden, in der Länder und Gemeinden gleich stark vertreten sind wie der Bund.
Zur Verbesserung der Haushaltskoordination werden die gegenseitige Information verstärkt und die Aufgaben des Österreichischen Koordinationskomitees erweitert.
Übereinkunft wurde auch erzielt, dass es in der nunmehr verlängerten Geltungsdauer des FAG bis zum Jahr 2014 zu keinen Schlüsseländerungen bei der Aufteilung der Ertragsanteile kommen soll.
 
Einen weiteren wesentlichen Punkt der erzielten Einigung stellen die Sicherung der Pflegefinanzierung und eine Verwaltungsreform beim Pflegegeld dar.
Seit vielen Jahren wird in Österreich über die Absicherung der Pflege von älteren und behinderten Menschen verhandelt. Angesichts der ständig steigenden Kosten für die Pflege kommt diesem Bereich besondere Bedeutung zu.
 
Für die Finanzierung der Pflege wird ein Pflegefonds geschaffen, der bis 2014 mit insgesamt 685 Mio € dotiert wird, um die zusätzlich zu erwartenden Pflegedienstleistungen finanzieren zu können. Nach dem FAG-Schlüssel wird der Bund hievon 2/3, also 457 Mio €, die Länder und Gemeinden 1/3, somit 228 Mio € bereitstellen. Die Mittel dürfen ausschließlich für die Pflege verwendet werden, wobei die Ausschüttung in einem neuen Pflegefondsgesetz geregelt wird. Dieses soll auch die Schaffung einer adäquaten österreichweiten Pflegedienstleistungsstatistik und die Regelung der Auszahlung der Mittel auf Basis von gemeinsam fixierten, transparenten Kriterien enthalten. Eine Arbeitsgruppe zur Strukturreform im Pflegebereich soll bis Ende 2012 Ergebnisse vorlegen, die eine Überführung dieser Lösung in den nächsten Finanzausgleich vorschlägt.
 
Im Hinblick auf die derzeit im Bereich der Pflegevorsorge bestehenden zersplitterten Strukturen bei den Rechtsgrundlagen als auch hinsichtlich der für das Pflegegeld zuständigen Entscheidungsträger, deren Vereinheitlichung auch vom Rechnungshof als notwendiger Schritt einer Verwaltungsreform empfohlen wurde, konnte in den Verhandlungen auch Einigung über die Umsetzung einer Verwaltungsreform im Bereich des Pflegegeldes erzielt werden. Die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen des bisherigen Landespflegegeldes werden künftig vom Bund übernommen. Hiebei wird eine Kostenerstattung durch die Länder und die Gemeinden in Höhe des Jahresaufwandes 2010 (ca 361 Mio €) erfolgen. Diese Regelung gilt bis zum Inkrafttreten des neuen FAG, wobei die Leistungen betragsmäßig „eingefroren“ auf 2010 zu leisten sind. Weitere Details und eine Weiterführung dieser Regelung sollen im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Strukturreform beraten werden.
 
Zur legistischen Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen versandte das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit Schreiben vom 15. April 2011, GZ 40101/0002-IV/9/2011, den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesbehindertengesetz geändert werden (Pflegegeldreformgesetz 2012) zur Begutachtung (276/ME). Die Frist für die Begutachtung endet am 13. Mai 2011.
 
Der Gesetzentwurf enthält folgende Änderungen:
·       Übertragung der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz von den Ländern auf den Bund durch Einfügung des Kompetenztatbestandes „Pflegegeldwesen“ in Art 10 Abs 1 Z 11 und im Art 102 Abs 2 B-VG.
·       Aufhebung der Landespflegegeldgesetze und Verordnungen im Bereich des Landespflegegeldes, dh die derzeitig bestehenden Pflegegeldgesetze und -verordnungen der Länder werden zum Stichtag (geplantes Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Jänner 2012) Gesetze und Verordnungen des Bundes.
·       Eine deutliche Reduktion der Anzahl der Entscheidungsträger für die Auszahlung des Pflegegeldes von derzeit ca 280 auf 12 Träger.
·       Übertragung des Zuständigkeit für die Durchführung des Bundespflegegeldgesetzes im Bereich der Landeslehrer/innen sowie der land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer/innen vom Landeshauptmann bzw im Bereich des Landes Oberösterreich vom Landesschulrat auf die Pensionsversicherungsanstalt.
·       Übertragung der Zuständigkeit für die Durchführung des Bundespflegegeldgesetzes im Bereich des Opferfürsorgegesetzes vom Landeshauptmann auf die Pensionsversicherungsanstalt.
Der vorgesehene – und in den Verhandlungen vereinbarte – Kompetenzübergang auf den Bund soll eine weitere Maßnahme für eine Verwaltungsreform ermöglichen. Der unbefristete Kompetenzübergang ist jedoch insofern kritisch zu hinterfragen, als die Pflegefinanzierung über den Pflegefonds nur bis ins Jahr 2014 gesichert ist; der unbefristete Kompetenzübergang sollte von einer dauerhaft gesicherten Pflegefinanzierung abhängig gemacht werden. Kritisch – auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten – zu sehen ist auch die im Art I Z 2 (Änderung des Art 151 Abs 45 B-VG) des Entwurfes vorgesehene Bestimmung über die Anwendung der geltenden Rechtslage auf die am 1. Jänner 2012 anhängigen Verfahren. Hier soll dem einfachen Bundesgesetzgeber die Ermächtigung eingeräumt werden, zu bestimmen, inwieweit die geltende Rechtslage (also Landespflegegeldgesetze) weiterhin anzuwenden ist. Sofern die Bundesgesetzgebung von dieser Ermächtigung Gebrauch macht, soll die Durchführung solcher Verfahren in Vollziehung Landessache sein bzw bleiben. Hier könnten klarere Übergangsregelungen geschaffen werden.

Zwischenerkenntnis des VfGH zum Klinischen Mehraufwand am Landeskrankenhaus Innsbruck



Der Verfassungsgerichtshof hat am 26. Februar 2011, A 13/09, in einem Zwischenerkenntnis im Streit um den Klinischen Mehraufwand zwischen dem Land Tirol und dem Bund grundlegende Aussagen zur Verbindlichkeit von Vereinbarungen zwischen den Finanzausgleichspartnern über die Abwicklung finanzausgleichsrechtlicher Ansprüche im Allgemeinen sowie über die Abgeltung des laufenden Klinischen Mehraufwandes im Besonderen getroffen, die auch über den Anlassfall hinaus von Bedeutung sind. Im konkreten Fall hat der VfGH dem Land Tirol dem Grunde nach Recht gegeben.

Der Verfassungsgerichtshof hat am 26. Februar 2011 in einem Zwischenerkenntnis im Streit um den Klinischen Mehraufwand zwischen dem Land Tirol und dem Bund grundlegende Aussagen zur Verbindlichkeit von Vereinbarungen zwischen den Finanzausgleichspartnern über die Abwicklung finanzausgleichsrechtlicher Ansprüche im Allgemeinen sowie über die Abgeltung des laufenden Klinischen Mehraufwandes im Besonderen getroffen, die auch über den Anlassfall hinaus von Bedeutung sind.
 
Zur Ausgangslage
Nach § 55 KaKuG hat der Bund den sog Klinischen Mehraufwand (darunter werden im Wesentlichen jene Mehrkosten verstanden, die sich bei der Errichtung, Ausgestaltung und Erweiterung sowie beim Betrieb von öffentlichen Krankenanstalten daraus ergeben, dass diese, wie auch das Landeskrankenhaus Innsbruck, zugleich als Universitätskliniken der Lehre und Forschung an Medizinischen Universitäten dienen) zu ersetzen. Nach § 56 KaKuG sind die näheren Vorschriften über diese Kostenersätze durch Verordnung des zuständigen Bundesministers festzulegen. Dieser Verpflichtung sind die zuständigen Bundesminister jedoch seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis heute nicht nachgekommen.
Aus diesem Grund haben das Land Tirol und der Bund bereits im Jahr 1950 vereinbart, dass der Bund dem Land Tirol 18 vH der auf Basis der laufenden Betriebsausgaben des Landeskrankenhauses Innsbruck zu ermittelnden Bemessungsgrundlage als laufenden Klinischen Mehraufwand ersetzt, wobei er nach Maßgabe des jeweils vorjährigen Rechnungsabschlusses des Landeskrankenhauses Innsbruck monatliche Akontozahlungen leistet und der endgültige Bundesbeitrag nach Vorliegen des jeweiligen Rechnungsabschlusses ermittelt und abgerechnet wird. Auf Basis dieser – im Jahr 1981 durch eine weitere Vereinbarung ausdrücklich fortgeschriebenen – Vorgehensweise leistete der Bund bis zum Jahr 2006 den Kostenersatz für den laufenden Klinischen Mehraufwand am Landeskrankenhaus Innsbruck vereinbarungsgemäß.
Weil der Bund ab dem Jahr 2007 seine Akontierungen reduzierte, machte das Land Tirol die für dieses Jahr aushaftende Differenz (ca 13,7 Mio Euro) mittels einer auf Art 137 B-VG gestützten Klage vor dem Verfassungsgerichtshof geltend.
Der Bund bestritt sowohl die Aktivlegitimation des Landes als auch seine Passivlegitimation. In der Sache argumentierte der Bund, dass sich die Rahmenbedingungen – vor allem seit dem in dieser Hinsicht mit 1. Jänner 2007 wirksam gewordenen neuen Universitätsgesetz 2002 – dermaßen geändert hätten, dass die ursprünglichen Zahlungs-Vereinbarungen zum Klinischen Mehraufwand obsolet seien.
 
Zwischenerkenntnis des VfGH
Der Verfassungsgerichtshof hat nun in seinem Zwischenerkenntnis vom 26. Februar 2011 entschieden, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht und in diesem Zusammenhang – in wesentlichen Teilen gestützt auf seine Vorjudikatur (vgl VfSlg 2604/1953, 12.766/1991, 14.079/1995 und 16.064/2000) – über den Anlassfall hinaus wichtige Klarstellungen getroffen.
Insbesondere hat der Verfassungsgerichtshof dabei erstmals ausdrücklich anerkannt (impliziter bereits VfSlg 2604/1953), dass die Finanzausgleichspartner unter näher dargestellten Voraussetzungen wechselseitig bindende Vereinbarungen über die Ermittlung und Abwicklung von finanzausgleichsrechtlichen Ansprüchen treffen können. Solche Vereinbarungen sind öffentlich-rechtlicher Natur und haben die Vermutung der Sachlichkeit und Richtigkeit dahingehend für sich, dass sie dem § 2 F‑VG entsprechen. Sie können durch eine Klage nach Art 137 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof durchgesetzt werden.
Im Einzelnen lassen sich die wesentlichen Aussagen des Verfassungsgerichtshofs wie folgt zusammenfassen:
 
Zur Zulässigkeit
·         Beim Anspruch auf den Ersatz des Klinischen Mehraufwandes handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen vermögensrechtlichen Anspruch, über den in einem Verfahren nach Art 137 B-VG zu entscheiden ist.
·         Der Bund ist passiv legitimiert. Dadurch, dass das UG 2002 die konkrete Zahlungsverpflichtung der Medizinischen Universität überbindet, die diese „namens des Bundes“ zu erfüllen hat (§ 33 UG 2002) wird diese vom Gesetzgeber zu einer Zahlstelle des Bundes bestimmt; sie wird dadurch aber nicht Schuldner des Klinischen Mehraufwandes.
·         Das Land Tirol ist aktiv legitimiert. Den Ländern kommt eine aufgabengebundene Finanzierungslast der öffentlichen Krankenanstalten im Sinn des § 2 F-VG zu. Die Ausgliederung der Aufgabe der Rechtsträgerschaft an Landeskrankenhäusern, die auch als Universitätsklinik genutzt werden (hier: Ausgliederung des Landeskrankenhauses Innsbruck in die Tiroler Landeskrankenanstalten GesmbH – TILAK) begründet keinen fundamentalen Unterschied in wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Soweit durch die Nutzung von Landeskrankenanstalten als Universitätskliniken dem Land Tirol ein Mehraufwand entsteht, ist es daher auch nach Ausgliederung der Krankenanstalten in eine landeseigene Gesellschaft legitimiert, diesen finanzausgleichsrechtlichen Anspruch im Sinn des § 55 KaKuG gegenüber dem Bund geltend zu machen.
 
In der Sache
·         Die klagsgegenständlichen Vereinbarungen betreffen eine Angelegenheit der Vollziehung des Bundes nach § 55 KaKuG und sind daher öffentlich-rechtlicher Natur. Einer Deutung als privatrechtliche Vereinbarung steht der Umstand entgegen, dass sich der Inhalt, nämlich die Festlegung des Kostentragungsschlüssels für den Klinischen Mehraufwand, auf einen öffentlich-rechtlichen Anspruch im Rahmen des § 2 F-VG bezieht.
·         Die klagsgegenständlichen Vereinbarungen sind zulässig. Solange eine Verordnung des Bundes im Sinne des § 56 KAKuG nicht erlassen wird und durch die zuständige Gesetzgebung nichts anderes festgelegt wurde, vermag der Verfassungsgerichtshof kein rechtliches Hindernis dafür zu erkennen, dass sich die beiden betroffenen Gebietskörperschaften ohne Inanspruchnahme des Verfassungsgerichtshofes auf eine Berechnung des Klinischen Mehraufwandes im Rahmen des § 2 F-VG einigen und darüber auch für die Zukunft eine Vereinbarung schließen, die solange nicht eine gesetzliche Änderung der inhaltlichen Vorgaben erfolgt oder die in § 56 KAKuG seit langem vorgesehene Verordnung erlassen wird – eine Grundlage für die Ermittlung des Klinischen Mehraufwands ist. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich klar, dass die zuständige Gesetzgebung im vorliegenden Fall gerade nicht „anderes“ festgelegt hat, sondern § 55 KaKuG den Anspruch des jeweiligen Landes auf Ersatz des Klinischen Mehraufwandes im Sinn des § 2 F-VG lediglich „präzisiert“. Weiters bestätigt der VfGH erneut seine Vorjudikatur (vgl insbesondere VfSlg 2604/1953 und VfSlg 12.766/1991), wonach der Klinische Mehraufwand rechnerisch nicht ermittelt werden kann, sodass – auch mangels einer Regelung der Ermittlung in der nach § 56 KaKuG vorgesehenen Verordnung – ein auf Grund bestimmter Unternehmenszahlen der Höhe nach nur nach § 273 ZPO ermittelbarer Anspruch Jahr für Jahr beim Verfassungsgerichtshof nach Art 137 B-VG gerichtlich geltend gemacht und dort entweder durch Vergleich zwischen den Parteien geregelt oder – wie schon in der Vergangenheit – vom Verfassungsgerichtshof unter Zuhilfenahme von Sachverständigen, letztlich aber in Anwendung des § 273 ZPO festgesetzt werden müsste.
·         Einer unter Ausgleich der gegensätzlichen finanziellen Interessen zur Durchführung des § 2 F-VG geschlossenen Vereinbarung über die Ermittlung und Abwicklung finanzausgleichsrechtlicher Ansprüche kann im Zweifel unterstellt werden, dass die damit gegebene Willensübereinstimmung zwischen den Partnern des Finanzausgleiches eine Sachlichkeits- und Richtigkeitsgewähr dahin indiziert, dass diese Vereinbarung dem § 55 KAKuG und damit dem § 2 F-VG entspricht.
·         Finanzausgleichsrechtliche Regelungen der hier vorliegenden Art, nach denen eine Partei (hier: das Land Tirol) ihre Leistungen im Voraus zu erbringen hat, können zudem nicht rückwirkend, sondern nur durch Auflösungserklärung einer Partei ex nunc geändert werden.
·         Das UG 2002, namentlich dessen §§ 29 und 33, deren Normadressat die Medizinischen Universitäten sind, berührt den finanzausgleichsrechtlichen Anspruch des Landes gegen den Bund auf Ersatz des Klinischen Mehraufwandes nach § 55 KaKuG nicht und hat daher auch keinen Einfluss auf die Verbindlichkeit der klagsgegenständlichen Vereinbarungen.
 
Dieser Beitrag wurde dankenswerterweise von Herrn Dr. Christian Ranacher, Abteilung Verfassungsdienst des Amtes der Tiroler Landesregierung, verfasst.

Schulaufsichtsgesetznovelle – außerhalb der Reformen im Schulwesen?



Der Bund plant derzeit eine Reform der Schulaufsicht, eine entsprechende Regierungsvorlage befindet sich in parlamentarischer Behandlung. Abgesehen davon, dass weitere Bürokratisierung (Berichtspflichten etc) droht, sehen es die Länder sehr kritisch, dass diese Teilreform außerhalb einer ohnehin anstehenden generellen Reform des Schulwesens steht, diese jedoch massiv beeinflussen würde.

Derzeit befindet sich die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Schulaufsichtsgesetz geändert wird (RV 1113 dB) in parlamentarischer Behandlung.
Eines der Ziele der geplanten Novelle ist die Einführung eines Nationalen Qualitätsrahmens einschließlich der Verpflichtung zur Erstellung von Zielvereinbarungen sowie die Installierung eines Planungs-, Berichts- und Evaluierungswesens als Instrument eines modernen Qualitätsmanagements als wichtiger Schritt zur Effizienzsteigerung und Modernisierung im Bildungswesen. Die Regierungsvorlage sieht im § 18 vor, dass durch die Unterrichtsministerin ein entwicklungsorientiertes Qualitätsmanagement eingerichtet wird, das alle Ebenen der Schulverwaltung und die Schulen umfasst.
 
Im Zuge des Begutachtungsverfahrens machten die Länder Bedenken dahingehend geltend, dass die umfassenden Berichtspflichten und die zusätzlichen Aufgaben zu einer weiteren administrativen Belastung der Schulleitungen im Pflichtschulbereich führen werden.
Kritisch ist aber auch die Neupositionierung der Schulaufsicht zu sehen, da durch diese die Ergebnisse der – im Rahmen der Reform der Schulverwaltung – geführten Diskussionen über eine Neuordnung der Schulbehörden in wesentlichen Teilen vorweggenommen würden. Vielmehr sollten die Reformgespräche zwischen dem Bund und den Ländern über eine Reform der Schulverwaltung ohne zwischenzeitlich gesetzte legistische Maßnahmen und ohne Einschränkungen geführt werden.

Symposium „Föderalismus 2.0 – Effizienz und Verantwortung im modernen föderalistischen Staat“



Die Vorarlberger Nachrichten und das Institut für Föderalismus veranstalten am 3. Mai 2011 in Bregenz ein Symposium, bei dem die Bedeutung der Regionen in Europa und die Auswirkungen von Dezentralisierung auf den wirtschaftlichen Erfolg von Regionen im Mittelpunkt stehen. An der politischen Diskussionsrunde, die von Chefredakteur Ortner geleitet wird, nehmen die beiden Landeshauptmänner Platter und Sausgruber teil. Die Veranstalter laden herzlich ein und freuen sich auf zahlreichen Besuch. Das Programm entnehmen Sie der pdf-Datei.



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Abschaffung der Wehrpflicht – Vorsorge für den Katastrophenfall!



In der derzeitigen Diskussion über die Abschaffung der Wehrpflicht spielt die wichtige Aufgabe des derzeitigen Bundesheeres im Katastrophenschutz nur eine untergeordnete Rolle. Sollte es wie geplant zu zahlreichen Schließungen von Kasernenstandorten oder Militärkommanden kommen, hätten die Landesregierungen keine direkten Ansprechpartner im Katastrophenfall. Unnötig lange Wege nach Wien wären die Folge für die in Not geratene Bevölkerung. Lesen Sie dazu den Gastkommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger „Katastrophenfall kann man nicht privatisieren“ in den VN vom 18. Februar 2011 als pdf-Datei.



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Kinder- und Jugendhilfegesetz – Erfreuliche Entwicklung



Kinder in schwierigen familiären Situationen besser zu schützen und wirksame Unterstützungen zu bieten, ist das Ziel des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Verbesserungsvorschläge der Länder im Zuge der Begutachtung und in einem abschließenden Gespräch mit Staatssekretärin Verena Remler haben nun – entgegen allen Unkenrufen – zu positiven Veränderungen des ursprünglichen Entwurfs und zu einer Regelung der Kostenübernahme zwischen Bund und Ländern geführt. Vor allem der Ausbau des Vier-Augen-Prinzips und die Stärkung der Prävention sollen so sichergestellt werden.

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens machten die Länder neben anderen begutachtenden Stellen zum Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 1. März 2010, BMWFJ-421600/0002-II/2/2010, neben zahlreichen inhaltlichen Verbesserungsvorschlägen vor allem wegen der für die Länder und Gemeinden zu erwartenden Kostenfolgen massive Bedenken geltend und verwiesen auch auf den bereits von mehreren Ländern zum Entwurf vom 16. Oktober 2009 ausgelösten Konsultationsmechanismus (siehe dazu 34. Bericht 2009, 162 ff).
 
Inhaltliche Schwerpunkte des vorliegenden Entwurfs des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind die Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Familie und anderen Gefährdungen. Der Gesetzentwurf enthält auch Regelungen über die Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung einschließlich der Ausweitung des Vier-Augen-Prinzips, eine nähere Definition und Regelung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen sowie die Stärkung der Prävention.
 
Wegen aktueller und sehr tragischer Vorfälle ist in den letzten Tagen neue Bewegung in den Gesetzwerdungsprozess gekommen. Bei Verhandlungen mit Staatssekretärin Remler am 21. Februar 2011 konnte mit Ländervertretern Einigung in wichtigen Fragen erzielt werden. So sollen künftig zwei Sozialarbeiter oder Psychologen und Sozialpädagogen abklären, ob Kinder gefährdet sind (Vier-Augen-Prinzip). Nach einer Analyse soll abgesteckt werden, wie die betroffenen Familien unterstützt und vor allem wie sie überprüft werden könnten. Die Vorschläge der Staatssekretärin sehen weiters einheitliche Standards für Heime, Pflege- und Adoptiveltern sowie eine Professionalisierung der Fachkräfte vor. Das Gesetz soll nach den Vorstellungen des Bundes mit 1. Juli 2011 in Kraft treten. Die Kompetenz des Bundes zur Regelung stützt sich auf die Grundsatzkompetenz in Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG.
 
Der Bund erklärte sich nun auch bereit, im ersten Jahr die auf die Länder zusätzlich entfallenden Kosten in Höhe von € 3,6 Mio zu übernehmen. Die Länder Kärnten, Niederösterreich, Tirol, Vorarlberg und Wien haben dazu bereits ihre Zustimmung erteilt, in den anderen vier Ländern prüfen derzeit die Finanzreferenten die Übernahme der auf die Länder zusätzlich entfallenden Kosten. Die Kostentragung in den Folgejahren ist bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2013 zu klären und entsprechend zu berücksichtigen.
 
Die grundsätzliche Einigung zwischen Bund und Ländern ist im Interesse der Betroffenen erfreulich.

Verleihung des Nachwuchspreises für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus



Der wissenschaftliche Fortschritt lebt von neuen Erkenntnissen, unkonventionellen Ideen und innovativen Denkansätzen. Das Institut für Föderalismus versucht mit der Vergabe eines Nachwuchswissenschaftspreises diesem Anliegen gerecht zu werden, das Interesse junger Wissenschafterinnen und Wissenschafter am Föderalismus zu wecken und dadurch neue Akzente zu setzen. Der Nachwuchswissenschaftspreis 2010 wird gemäß einstimmigen Beschluss der Jury an Herrn Dr. MMag. Niklas SONNTAG für seine Dissertation „Präventive Normenkontrolle in Österreich und Europa“ verliehen. Das Institut gratuliert dem Preisträger zur Verleihung des Preises und wünscht weiterhin viel Erfolg. Die Preisverleihung wird von Landesrat DI Dr. Bernhard Tilg im Rahmen eines Festaktes am Montag, den 14. März 2011, 18.00 Uhr s.t. an der Universität Innsbruck, Hauptgebäude, Innrain 52, 3. Stock, Archäologisches Museum, vorgenommen. Die Einladung zu dieser Preisverleihung entnehmen Sie der pdf-Datei.



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Workshop „Koordinierung der Finanzpolitik im Bundesstaat“



Am 7. April 2011 findet in 1092 Wien, Kommunalkredit Austria, ein – gemeinsam vom WIFO, dem KDZ, der Kommunalkredit AG und dem Institut für Föderalismus organisierter – Workshop zum Thema „Koordinierung der Finanzpolitik im Bundesstaat – Finanzausgleich, Stabilitätspolitik, Verschuldungsgrenze“ statt. Dabei soll mit ausgewiesenen internationalen und nationalen ExpertInnen der Finanz- und Verwaltungswissenschaft eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs erörtert werden. Sowohl internationale Erfahrungen als auch ausgewählte Reformerfordernisse für Österreich werden präsentiert und diskutiert. Die Veranstalter laden zu diesem eintägigen Workshop herzlich ein, die Teilnahme ist kostenlos. Das detaillierte Tagungsprogramm und das Anmeldeformular finden Sie unter www.kdz.or.at/de/workshop-koordinierung-der-finanzpolitik-im-bundesstaat.

34. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2009) erschienen



Vor kurzem ist der 34. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2009) erschienen und ab sofort im Buchhandel (ISBN 978-3-7003-1776-0) erhältlich. Der 34. Bericht gibt einen Überblick über wichtige föderalistische Entwicklungen und Ereignisse im Berichtsjahr 2009.

Dargestellt und kritisch betrachtet werden im Bericht insbesondere
-          die Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen, deren Ziel die Ausarbeitung von Reformvorschlägen für eine umfassende Verwaltungsreform ist; 
-          die beabsichtigten Reformschritte im Bildungsbereich, hier vor allem die kompetenzmäßige Zuordnung der Lehrer;
-          die umgesetzte und – mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene –- Sanierung einzelner schwer defizitärer Krankenkassen;
-          die Zentralisierung der Aufsicht über die Sozialversicherungsträger;
-          die Verhandlungen über die Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung;
-          die Unterbringung von Asylwerbern und deren Aufteilung auf die einzelnen Länder sowie die Behandlung straffällig gewordener Asylwerber.
 
In den Angelegenheiten der Europäischen Union waren die Ratifizierung und das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon, die EU-Regionalpolitik, die innerstaatliche Umsetzung der Dienstleistungs-Richtlinie, Vorschläge für neue EU-Richtlinien, das Länderbeteiligungsverfahren und mehrere Vertragsverletzungsverfahren von föderalistischem Interesse.
 
Sowohl das Bundes-Verfassungsgesetz als auch die Landesverfassungen (in sieben Ländern) wurden weiterentwickelt. Von Interesse war die geplante – und mittlerweile erfolgte – Ausweitung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes auch auf kleinere Gemeinden sowie die verfassungsrechtliche Absicherung des Umweltsenates als Berufungsinstanz in UVP-Verfahren.
 
Die finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften waren von den Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise gekennzeichnet. In Österreich trat die Steuerreform 2009 in Kraft, die mit weiteren Einnahmenausfällen für die Länder und die Gemeinden verbunden ist. Durch die zur Bewältigung der Wirtschaftskrise getroffenen Maßnahmen wurde der Österreichische Stabilitätspakt 2008 praktisch außer Kraft gesetzt, da die vereinbarten Defizitquoten nicht erfüllt werden konnten.
 
Weiters werden wichtige Gesetze des Bundes und der Länder besprochen, die Mitwirkung der Länder im Gesetzgebungsprozess des Bundes (Einbindung des Bundesrates, Begutachtungsverfahren und Konsultationsmechanismus) beleuchtet, föderalistisch wichtige Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und Urteile des Europäischen Gerichtshofes dargestellt, auf die gut funktionierende Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften eingegangen und die zahlreichen grenzüberschreitenden Kontakte der österreichischen Länder im Berichtsjahr behandelt.
Eine Kurzfassung des Berichtes ist als pdf-Datei abrufbar.

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Symposium „Landtage auf dem Weg in die Zukunft“ – Zusammenfassung



Gemeinsam mit der österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz veranstaltete das Institut für Föderalismus am 3. und 4. Februar 2011 in der Salzburger Residenz das Symposium „Landtage auf dem Weg in die Zukunft“. Ziel der Tagung war die Aufbereitung der historischen und verfassungsrechtlichen Entwicklung der Landtage. Es wurden auch die derzeitigen Trends für die regionalen Parlamente in einem integrierten Europa und in einer zunehmend globalisierten Welt behandelt. Anlass der Tagung war der 150. Jahrestag der Erlassung des „Februarpatents“ am 26. Februar 1861. Damit wurde in Form eines „Rahmengesetzes“ für alle cisleithanischen Länder eine Landesordnung, eine Wahlordnung sowie die Schaffung von Landtagen rechtlich begründet und die Durchführung von Landtagswahlen angeordnet. Die Strukturen des heutigen Bundesstaates Österreich gehen teilweise auf dieses historische Ereignis zurück.

Die Tagung, die vom Salzburger Landtag vorbereitet und federführend organisiert und durchgeführt wurde, war außerordentlich gut besucht und ein voller Erfolg. Neben den ausgezeichneten Referentinnen und Referenten war das Symposium durch die Anwesenheit zahlreicher Spitzenpolitiker und hoher Beamter aus den Ländern sowie WissenschaftlerInnen gekennzeichnet.
 
In seiner Eröffnungsrede betonte der Salzburger Landtagspräsident Simon Illmer, dass im Bundesstaat die Prinzipien Gewaltenteilung, Subsidiarität, Bürgernähe und Transparenz besser verwirklicht werden könnten als in zentralistisch organisierten Staatsgefügen. Es wünsche sich eine Reform, die die Länder in einem immer mehr integrierten Europa stärken würden.
 
Der derzeitige Vorsitzende der Landtagspräsidentenkonferenz, der burgenländische Landtagspräsident Gerhard Steier, betonte die Bedeutung des modernen Föderalismus für den sozialen Frieden und den Wohlstand in unserer Gesellschaft. Angesichts der Globalisierung und zunehmender Verlagerung nationaler Gesetzgebung auf die europäische Ebene wären die Regionen als überschaubare regionale Strukturen prädestiniert dafür, die unterschiedlichen Anliegen der Menschen wahrzunehmen und zu vertreten.
 
Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, ging in seiner Begrüßungsrede auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Reform des Bund-Länder-Verhältnisses ein. Die Länder hätten eine identitätsstiftende Funktion, die eine Orientierung in einer zunehmend globalisierten Welt biete. Es treffe nicht zu, dass Österreich zu klein sei, um eine bundesstaatliche Struktur, deren Änderung einer Volksabstimmung unterzogen werden müsste, zu rechtfertigen. Ungerecht sei es, die Länder als sehr gut funktionierende politische und administrative Einheiten zum Sündenbock für die Ineffizienz staatlicher Organisationen zu machen. Reformen sollten sich auf das Machbare, etwa auf den Abbau von Doppelgleisigkeit und Kompetenzüberschneidungen, sowie auf die Schaffung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, konzentrieren.
 
In seinem Referat „Föderalismus im 21. Jahrhundert“ betonte Institutsdirektor Peter Bußjäger, dass die grundsätzliche Stoßrichtung einer Föderalismusreform darin bestehen müsse, Effizienz und Verantwortung im Bundesstaat zu stärken. Er sprach sich dafür aus, den Weg einer schrittweisen Anpassung des föderalen Systems Österreichs durch die Umsetzung einzelner Reformpakete zu gehen. Dazu zählten die Neugestaltung der Bildungsverwaltung, Reformen im Gesundheitswesen, die eine gesamtstaatliche Steuerung ermöglichen, eine Neuorganisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit, eine Erweiterung der Verfassungsautonomie der Länder, eine Erleichterung der Zusammenarbeit von Gemeinden, eine Erweiterung der Finanzautonomie der Länder und Gemeinden, eine Bereinigung der Behördenlandschaft des Bundes in den Ländern sowie eine Wahrnehmung der Aufgaben des Bundesrates zumindest auch durch Mitglieder der Landesregierungen und der Landtage. Diese Maßnahmen würden sämtliche Reformschritte der vergangenen Jahre in den Schatten stellen.
 
Univ.Prof. Max Haller, Universität Graz, hielt in seinem Festvortrag „Die Zukunft der Regionen in Europa. Föderalismus und Dezentralisierung auf dem Prüfstand“ fest, dass in Demokratien innerhalb und außerhalb Europas von einem Rückzug des Föderalismus keine Rede sein könne, das Gegenteil sei der Fall. Trotz aller Kritik sei eine direkte parlamentarische Repräsentation auf regionaler Ebene unverzichtbar, diese werde auch von den Bürgern gefordert. Die Zusammensetzung der Parlamente auf regionaler, nationaler und europäischer Ebenen zeige, dass es vor allem die Landtage sind, die das Etikett der „Bürgernähe“ für sich in Anspruch nehmen könnten.
 
Nach der Begrüßung durch den Präsidenten des Bundesrates Gottfried Kneifel (Oberösterreich) standen am zweiten Tag der Tagung rechtshistorische sowie verfassungstheoretische und -politische Fragestellungen im Mittelpunkt. Moderiert wurde durch die Landtagsdirektoren Karl Edtstadler (Salzburg), Peter Bußjäger (Vorarlberg) und Wolfgang Steiner (Oberösterreich).
 
Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Landtage mit den Rechtsfakultäten stellte Univ.Prof. Harald Stolzlechner, Universität Salzburg, in seinem Beitrag „Die Landtage der österreichischen Bundesländer und die österreichischen Rechtsfakultäten“ dar. Er ging dabei auf gesetzliche Grundlagen der Zusammenarbeit und deren praktizierte Formen, Landtagsenqueten, die wechselseitige Zusammenarbeit sowie personelle Verschränkungen ein.
 
Eine historische Analyse vom Februarpatent 1861 über den Zerfall der Habsburgermonarchie 1918 bis zum Beginn der Zweiten Republik 1945 zog Univ.Prof. Robert Kriechbaumer von der Universität Salzburg in seinem Referat „1861, 1918, 1945 – Welches Österreich?“. Er führte dabei aus, dass die Frage, welches Österreich man wiedererrichten wollte, umstritten war und keineswegs einhellig beantwortet werden konnte. Vor allem Karl Renner wollte eine neue Verfassung und eine völlige Entmachtung der Länder zugunsten des Gesamtstaates, wurde allerdings von diesen Überlegungen durch Adolf Schärf mit dem Argument, dass damit eine Integration der westlichen und südlichen Bundesländer in die Zweite Republik unmöglich gewesen wäre, abgehalten.
 
Univ.Prof. Christian Neschwara, Universität Wien, stellte in seinem Referat „Die verfassungsrechtlichen Funktionen von Landtagen und Gesamtstaatsparlament. Ein Überblick der Entwicklung seit 1861“ die Funktion der Landtage und deren Bedeutung für die Entwicklung des Föderalismus dar. Er betonte, dass die Wurzeln der den Ländern als Selbstverwaltungskörper eingeräumten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten in der landständischen Vermögensverwaltung des Vormärz liegen. Die „historisch-politische Individualität“ der Länder bewahre diese auch in Phasen der Verfassungsentwicklung, in denen sie Gefahr laufen, durch den Gesamtstaat völlig überlagert zu werden, wie in der Monarchie unter Josef II. oder im Neoabsolutismus, aber auch in der Republik unter dem Regime der vorläufigen Verfassung im Jahr 1945.
 
Auf die Themen Bundesstaatlichkeit in der Europäischen Union, Problematik der Kompetenzverteilung, verfassungsrechtliche Bedingungen einer funktionierenden Bundesstaatlichkeit, Reform der Kompetenzverteilung mit Hilfe des Drei-Säulen-Modells, erweiterte Steuerautonomie der Länder sowie die Zukunft der Landtage ging em. Univ.Prof. Theo Öhlinger, Universität Wien, in seinem Referat „Der Bundesstaat im Zeitalter der europäischen Integration“ ein.
 
In ihrem Referat „Von der Bedeutung des Legislativföderalismus in Österreich und Europa“ ging Univ.Prof. Anna Gamper, Universität Innsbruck, der Frage nach, an welche verfassungsrechtlichen Grenzen ein „legislativföderaler Austausch“ stoßen könnte und ob damit eine Entwicklung verfolgt werde, die im Einklang mit jenen Reformprozessen stehe, die andere Bundes- oder hochentwickelte Regionalstaaten in Europa gerade durchmachen. Ein Befund des geltenden verfassungsrechtlichen Systems weise den Landtagen dabei eine zentrale funktionale und organisatorische Rolle zu. Bisherige Überlegungen zu einer tiefgreifenden Reform des österreichischen Bundesstaates konnten den Legislativföderalismus nicht ausgespart lassen. In jüngster Zeit zeigten sich die Gedanken eines legislativföderalen Austausches dahingehend, den Ländern Kompetenzen zu nehmen, dafür aber den Bundesrat als ihr Vertretungsorgan zu stärken.
 
Univ.Prof. Barbara Leitl-Staudinger, Universität Linz, stellte in ihrem Referat „Parlamentarische Kontrolle durch die Landtage – Bedeutung und Perspektiven“ die steigende Bedeutung der parlamentarischen Kontrollrechte der Landtage, den Ausbau und die Neugestaltung der Kontrollrechte, ausgewählte Problembereiche der parlamentarischen Kontrollrechte – etwa Berichtspflichten und Einsichtsrechte, die begleitende Kontrolle durch Landesrechnungshöfe und die mittelbare Bundesverwaltung als Gegenstand parlamentarischer Kontrolle durch die Landtage – dar und behandelte neue Perspektiven der Landtage bei der Wahrnehmung ihrer Kontrollrechte.
 
Im abschließenden Referat „Megatrends – die Länder im integrierten Europa und in einer globalisierten Welt“ ging Univ.Prof. Manfred Prisching von der Universität Graz auf die wirtschaftliche und politische Dimension der Globalisierung ein. Er betonte, dass sich die Unterschiede zwischen Innenpolitik und Außenpolitik abschwächen würden. Einer der intensivsten Globalisierungsprozesse sei die Europäisierung. Nach wie vor sei nicht klar, was aus Europa werden solle – ein loser Verbund oder ein Superstaat. Auch innerstaatliches politisches Handeln bekomme völlig neue Formen, da das alte System von Hierarchie und Rechtsstaatlichkeit immer stärker durch informelle Mechanismen, durch Anreizsysteme oder durch vertragliche Varianten durchbrochen werde. Hier befinde man sich in Wahrheit im Experimentierstadium.
 
Es ist geplant, alle Referate und Diskussionsbeiträge in einem eigenen Tagungsband zu veröffentlichen. Wir werden selbstverständlich über das Erscheinen informieren.

2010


Zwischen Lissabon und Pisa



In seinem Jahresrückblick beleuchtet Institutsdirektor Peter Bußjäger Verfassungsentwicklungen auf Bundes- und Landesebene und erkennt einzelne positive Signale für echte föderalistische Anliegen. In Sachen Verwaltungsreform ergibt sich ein differenziertes Bild: Zwar gibt es in den Binnenbereichen von Bund, Ländern und Gemeinden durchaus Fortschritte, im Verhältnis zwischen Bund und Ländern allerdings nicht, was vor allem an der fehlenden Beweglichkeit des Bundes liegt. Das erstaunlich undifferenziert vorgetragene Länder-Bashing einzelner überregionaler Medien und diverser selbsternannter Staatsreformer lässt für Bußjäger Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Debatte aufkommen.

Traditionellerweise möchte ich als Leiter des Instituts in dieser Ausgabe einen kleinen Jahresrückblick geben, den ich thematisch gliedere.
 
Verfassungsentwicklung im Bundesbereich
Beginnen wir mit dem vergleichsweise Erfreulichsten: Mit der Lissabon-Begleitnovelle (BGBl I Nr 57/2010) zur Bundesverfassung ist es gelungen, den Bundesrat im Rahmen des so genannten Verfahrens der Subsidiaritätskontrolle von geplanten EU-Rechtsakten und bei der Klage wegen Verstoßes von EU-Rechtsakten gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem EuGH aufzuwerten (siehe dazu auch: Lissabon-Begleitnovelle Gesetzesantrag des Bundesrates, in: Föderalismus-Info Nr 3/2010). Auch die Verbindung zwischen Bundesrat und Landtagen wurde durch die Verpflichtung des Bundesrates, Stellungnahmen der Landtage zu „erwägen“, geringfügig, aber immerhin das, gestärkt. Dass dabei Vorschläge des Föderalismusinstitutes im Gesetzestext Berücksichtigung fanden, freut uns.
Ein von Institutsdirektor Peter Bußjäger gemeinsam mit Frau Paulette Grass verfasster Artikel wird dazu demnächst in der Österreichischen Juristen-Zeitung erscheinen. Wir weisen bereits jetzt darauf hin.
 
Föderalistische Interessen fanden zumindest partiell auch in der jüngsten Novelle zur Bundesverfassung (BGBl I Nr 98/2010) Berücksichtigung, nämlich im Rahmen der Ausweitung der Kontrolle von Rechnungshöfen auf die Gemeinden. Zwar konnte sich das Parlament nicht dazu durchringen, das Regierungsprogramm umzusetzen, in welchem davon die Rede war, dass ausschließlich die Landesrechnungshöfe ermächtigt werden sollten, Gemeinden mit unter 20.000 Einwohnern zu prüfen (was auch den langjährigen Forderungen des Instituts entsprochen hätte), aber das föderalistische Leben besteht nun einmal aus Kompromissen. Nunmehr teilen sich Rechnungshof und Landesrechnungshöfe faktisch die Gemeindekontrolle: Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern werden vom Rechnungshof geprüft, die Länder können die Landesrechnungshöfe mit der Kontrolle aller anderer Gemeinden ermächtigen. Gleiches gilt für die Gemeindeverbände. Ergänzt wird dieses Konzept durch ein äußerst kompliziertes System zahlenmäßig begrenzt zulässiger Prüfungsersuchen von Landesregierung und Landtagen bei Gemeinden über und unter 10.000 Einwohnern, das wir hier gar nicht näher vorstellen wollen. Die Intelligenz dieses Systems ist endenwollend, was für die Unübersichtlichkeit leider nicht gilt, aber so sind politische Kompromisse nun einmal.
 
Verwaltungsreform – PISA-Test für Politiker?
Plakative Fortschritte in der Verwaltungsreform gab es keine, was von den meisten Kommentatoren entsprechend kritisch vermerkt wurde. Zur Ehrenrettung der Gebietskörperschaften muss allerdings gesagt werden, dass die Binnenreformen von Bund, Ländern und Gemeinden in ihren Bereichen durchaus Fortschritte macht. Die Tatsache, dass Österreich im E-Government Platz eins in Europa innehält, stellt der Kooperationsfähigkeit aller Gebietskörperschaften ein sehr gutes Zeugnis aus.
Solche Erfolge gelangen leider bei weitem nicht so leicht in die Schlagzeilen, wie der unglückliche Streit um die Bildungsverwaltung. Die Position des Föderalismusinstitutes ist auch in dieser Frage seit langem klar: Zusammenführung der Schulverwaltung des Bundes und der Länder in der Organisation der Landesverwaltung, Übernahme sämtlicher Lehrer in die Landesverwaltung.
Für das Föderalismusinstitut war es daher grundsätzlich sehr erfreulich, dass die Landeshauptleute dieses Konzept in ihrer Mehrheit offenbar unterstützen und auch Teile der Bundesregierung, wenngleich leider nicht die Bildungsministerin, dem einiges abgewinnen können.
Bemerkenswert war freilich, dass verschiedene Politiker und Bildungsexperten dieses Konzept (gewollt?) als Zersplitterung des Bildungswesens betrachteten. Auch das Föderalismusinstitut ist der Meinung, dass beispielsweise die Lehrplangestaltung, aber auch Angelegenheiten wie die Festlegung der Eckpfeiler der Schulorganisation (wie bisher) Sache des Bundes sein sollen.
Bei der Schulverwaltung stehen ja die Inhalte des Bildungswesens gar nicht zur Debatte, vielmehr geht es doch lediglich darum, auf welcher Ebene die Verwaltung zusammengeführt wird.
Muss denn wirklich das Bildungsministerium über simpelste dienstrechtliche Angelegenheiten der Lehrer selbst entscheiden oder kann dies im Zeitalter der wirkungsorientierten Verwaltung nicht nach unten verlagert werden? Selbstverständlich sollen dabei auch die Verwaltungskompetenzen der Schulen selbst aufgewertet werden.
Verschiedentlich konnte man sich jedenfalls des Eindrucks nicht verschließen, dass ein PISA-Test bei gewissen Politikern und Bildungsexperten, was das sinnerfassende Lesen betrifft, zu ähnlich vernichtenden Resultaten führen würde, wie bei unseren Schülern!
 
Im Bereich der Gesundheitsreform lief die Diskussion nicht viel besser. Das Heil wird von vielen Experten in der Zentralisierung gesehen, obgleich wir – und das ist ein wesentlicher Unterschied zum Bildungswesen – über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt verfügen.
Tatsächlich besteht im Gesundheitswesen ein erheblicher Abstimmungsbedarf, sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen Sozialversicherungsträgern, Ärzten und Krankenanstalten und deren Trägern. Der von Bundesminister Stöger gemachte Vorschlag einer Zentralisierung mit einem einheitlichen Krankenanstaltengesetz löst genau diese Probleme aber nicht. Das Institut für Föderalismus wird dazu in Bälde seine bisherigen Vorschläge (Aufwertung der Landes-Gesundheitsfonds) ergänzen und präzisieren.
 
Länder-Bashing
Der als solcher wahrgenommene Stillstand in der Verwaltungsreform führte zu einem beachtlichen Länder-Bashing durch einzelne überregionale Medien und selbsternannte Staats- und Verwaltungsreformer, das in dieser Form bisher unbekannt war. Wenngleich auch wir nicht umhin kommen, festzustellen, dass die Länder selbst nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung sind (es wurden zu spät und darüber hinaus zu wenig koordiniert Positionen in der Verwaltungsreform bezogen), so ist das Ausmaß der Kritik bei gleichzeitiger Ausklammerung des Bundes aus dieser Kritik völlig überzogen.
·       Den Ländern zu unterstellen, dass sie ausschließlich an Macht und der Erhaltung des status quo interessiert sind, ist unfair und einseitig. Auch auf Bundesebene gibt es genau dieselben Motivationen.
·       Was auf Seiten des Bundes passiert, wenn die Länder Vorschläge unterbreiten, hat die Diskussion zur Bildungsverwaltung gezeigt.
·       In finanzieller Hinsicht ist es nicht so, dass die Länder das Geld des Bundes verprassen. In der Vergangenheit sind die Länder in den meisten Fällen verantwortungsbewusst mit den ihnen im Wege des Finanzausgleichs zustehenden Mitteln umgegangen. Ihr Defizit war stets wesentlich niedriger als jenes des Bundes. Ihr Anteil an der Gesamtverschuldung des Staates beträgt daher gerade einmal 5 Prozent.
Das Föderalismusinstitut wünscht den Leserinnen und Lesern der Föderalismus-Info alles Gute im neuen Jahr. Es wünscht manchen „Analytikern“ und „Reformern“ mehr Objektivität in der Beurteilung föderalistischer Fragen, den maßgeblichen Akteuren auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden Offenheit und Diskussionsbereitschaft sowie den Willen zur Veränderung und insbesondere allen Abgeordneten in den österreichischen Landtagen die Erkenntnis, dass sie es sind, die den Nutzen und den Wert des Föderalismus gegenüber der Bevölkerung verdeutlichen müssen.

34. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2009)



In Kürze erscheint der 34. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2009). Dargestellt und kritisch betrachtet werden im Bericht insbesondere - die Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen, deren Ziel die Ausarbeitung von Reformvorschlägen für eine umfassende Verwaltungsreform ist; - die beabsichtigten Reformen im Bildungsbereich, hier vor allem die Schulverwaltung und die kompetenzmäßige Zuordnung der Lehrer; - die umgesetzte und – mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene – Sanierung einzelner schwer defizitärer Krankenkassen; - die Zentralisierung der Aufsicht über die Sozialversicherungsträger; - die Verhandlungen über die Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Hier vorab eine Kurzfassung des Berichtes als pdf-Datei.



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Symposium „Landtage auf dem Weg in die Zukunft“



Am 26. Februar 2011 jährt sich das so genannte „Februarpatent“ zum hundertfünfzigsten Male. Damit wurde in Form eines „Rahmengesetzes“ für die cisleithanischen Länder eine Landesordnung, eine Wahlordnung, die Schaffung von Landtagen rechtlich begründet und die Durchführung von Landtagswahlen angeordnet. Die Strukturen des heutigen Bundesstaates Österreich gehen teilweise auf dieses historische Ereignis zurück. Die österreichische Landtagspräsidentenkonferenz und das Institut für Föderalismus veranstalten gemeinsam am 3. und 4. Februar 2011 in Salzburg, Residenz, Residenzplatz, ein Symposium zum Thema „Landtage auf dem Weg in die Zukunft“. Als Referent wird ua der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Univ.Prof. Gerhart HOLZINGER, dabei sein.

Die Tagung soll die Aufbereitung der historischen und verfassungsrechtlichen Entwicklung und einen verfassungspolitischen Ausblick darstellen und eine Einschätzung von Megatrends für regionale Parlamente in einem integrierten Europa und in einer zunehmend globalisierten Welt vornehmen.
Das Symposium wird am Donnerstag, den 3. Februar 2011, um 18:00 Uhr von Landtagspräsident Simon ILLMER, Salzburg, Landtagspräsident Gerhard STEIER, Burgenland (Vorsitzender der Landtagspräsidentenkonferenz im 1. Halbjahr 2011), und dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Univ.Prof. Gerhart HOLZINGER, eröffnet.
Das Programm sowie die Themen der Referate entnehmen Sie der pdf-Datei.
Die Veranstalter laden zu dieser Tagung ein. Anmeldung per E-Mail an: landtag@salzburg.gv.at, bis spätestens 24. Jänner 2011.

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Symposium „Die ÖsterreicherInnen und die Länder: Neue Erkenntnisse zu Identität, Partizipation und Solidarität in den Ländern“



Das Symposium findet am Dienstag, 18. Jänner 2011, um 18 Uhr, an der Universität Innsbruck, SOWI-Gebäude, Universitätsstraße 15, 4. Stock, Seminarraum 17, statt. Folgende Referate sind geplant: Univ.Ass. Franz FALLEND, Universität Salzburg: „Regionale Identität, Partizipation und Solidarität: Ausgewählte österreichische Regionen im internationalen Vergleich“ Univ.Doz. Peter BUSSJÄGER, Institutsdirektor: „Das föderalistische Paradoxon. Reflexionen zur Föderalismusumfrage des Instituts für Föderalismus in Kooperation mit dem Institut für Politikwissenschaft 2009/2010“ Im Anschluss an die Referate besteht Gelegenheit zu einer ausführlichen Diskussion. Die Veranstalter laden zum Symposium ein und freuen sich über zahlreiche Teilnahme.

Bundeseinheitliches Krankenanstaltengesetz löst die Probleme im Spitalsbereich nicht!



Gesundheitsminister Stöger glaubt offenbar, mit einer Kompetenzverschiebung und Zentralisierung die Probleme im Spitalsbereich lösen zu können. Er machte am 2. November 2010 den Vorschlag, mittels eines „bundesweit geltenden Krankenanstaltengesetzes“ und durch Mittelzuweisungen des Bundes die Kostensteigerungen im Krankenanstaltenbereich in den Griff zu bekommen. Künftig sollten die Länder deutlich weniger Einfluss haben und nur noch das Bundes-Krankenanstaltengesetz vollziehen. Ein neuer Zentralismus löst die Probleme im Krankenanstaltenwesen allerdings nicht. Die Position des Instituts für Föderalismus zur Frage der Kompetenzverlagerung im Spitalswesen ist als pdf-Datei auf der Homepage abrufbar.

Transparenzdatenbank: werden Länderstandpunkte berücksichtigt?



Nach intensiven Verhandlungen einigte sich die Regierungskoalition über die Einführung einer Transparenzdatenbank, mit der neben allen Förderungen für Einzelpersonen – sowohl aus dem Sozial- wie aus dem Wirtschaftsbereich – auch steuerliche Erleichterungen für Konzerne und Stiftungen erfasst werden sollen. Im Zuge der Begutachtung wurde von den Ländern klargestellt, dass sie sich grundsätzlich zur Transparenzdatenbank bekennen. Auch wurden zahlreiche Verbesserungsvorschläge gemacht. Von Seiten des Bundes wird nun allerdings versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen, ohne etwa zu klären, wer für die Kosten der Datenerhebung aufkommt und wem die Daten dann zur Verfügung stehen.

Die von der Bundesregierung am 19. Oktober 2010 beschlossene Regierungsvorlage (RV 940 dB XXIV. GP NR) eines Bundesgesetzes über eine Transparenzdatenbank (Transparenzdatenbankgesetz) wurde dem Nationalrat zur Beschlussfassung weitergeleitet.
Zum Begutachtungsentwurf vom 1. September 2010 hatten die Länder grundsätzlich keine Einwendungen gegen die Ziele des Vorhabens erhoben, durch die Einrichtung eines Transparenzportals und einer Transparenzdatenbank eine zusammenfassende Darstellung von Leistungen der öffentlichen Hand für die jeweils betroffenen Empfänger darzustellen und auch eine anonymisierte Auswertung dieser Leistungen zu ermöglichen.
Von den Ländern wurden zahlreiche Verbesserungsvorschläge gemacht. So sollte etwa klargestellt werden, dass die Bundesrechenzentrum Gesellschaft mbH als datenschutzrechtliche Dienstleisterin von der Bundesregierung ermächtigt bzw beauftragt ist, die Transparenzdatenbank einzurichten, die notwendigen Daten zu erheben und zu verarbeiten. Angeregt wurde – erfolglos – eine Klarstellung dahingehend, dass auch den Ländern die Möglichkeit einer anonymisierten Auswertung der von ihnen übermittelten Daten offen stehen soll.
Kritisch angemerkt wurde, dass die Schaffung einer umfassenden und detaillierten gesetzlichen Grundlage einer engen Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern bedarf, zumal die Umsetzung dieses Vorhabens angesichts der diesbezüglichen eingeschränkten Gesetzgebungskompetenz des Bundes aufeinander abgestimmte und allenfalls ergänzende bundes- und landesgesetzliche Regelungen erforderlich macht. Als zweckmäßig wurde erachtet, diese Abstimmung im Rahmen einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG vorzunehmen, wie dies auch der Bund beabsichtigt. Völlig unverständlich ist allerdings, dass der vorliegende Gesetzentwurf bereits in Kraft treten soll, bevor die Verhandlungen über den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung überhaupt begonnen wurden. Es entsteht der Eindruck, dass ein bereits in Kraft stehendes Bundesgesetz das Ergebnis der noch ausstehenden Verhandlungen betreffend eine Vereinbarung nach Art 15a B-VG in weiten Teilen vorwegnehmen soll, da bereits aus dem vorliegenden Gesetzentwurf erschlossen werden kann, dass den Ländern diesbezüglich offenbar nur wenig Spielraum zugestanden wird. Anzumerken ist auch, dass der nachträgliche Abschluss der Vereinbarung durchaus entsprechende Präzisierungen bzw Ergänzungen des dann bereits in Geltung stehenden Gesetzes zur Folge haben könnte. Medienberichten (vgl Sozialleistungen: Datenbank kommt fix, in: Tiroler Tageszeitung vom 20.10.2010) war übrigens zu entnehmen, dass der Finanzminister und der Sozialminister mit den Ländern Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen werden, die Vereinbarung bis 30. Juni 2011 abzuschließen. Sollte dies nicht gelingen, werde die Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2011 dem Nationalrat ein Bundesverfassungsgesetz zur Beschlussfassung vorlegen, mit dem die Länder verpflichtet werden, die geforderten Daten zur Verfügung zu stellen.
Kritik ist auch anzubringen, dass der Begutachtungsentwurf – entgegen der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus – keine entsprechende Darstellung der für die Länder (Gemeinden) erwachsenen Kosten enthielt. Mit Mehrkosten für die Länder ist jedenfalls zu rechnen. Seriöse Berechnungen, welche Kosten Transparenzportal und Transparenzdatenbank konkret für die Länder (Gemeinden) verursachen werden, können wohl erst dann angestellt werden, wenn die entsprechenden Umsetzungsverpflichtungen der Länder im Einzelnen bekannt sind. Dies gilt insbesondere auch für den Aufwand, der für die technischen Voraussetzungen, die für den Anschluss der Länder an die Schnittstelle zur Transparenzdatenbank, erforderlich ist.
Die Vorgehensweise des Bundes im Zusammenhang mit der Einrichtung der Transparenzdatenbank ist nicht von partnerschaftlichem Vorgehen und Rücksichtnahme gekennzeichnet, vielmehr entsteht der Eindruck, dass ein Vorhaben des Bundes einfach „durchgezogen“ wird und die Länder vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Wirtschaftskompetenzzentren – droht neuer Zentralismus?



Wird ein richtiges Anliegen wieder einmal durch Zentralismus diskreditiert? Oder ist weiterer Zentralismus das eigentliche Ziel? Diese Fragen stellen sich angesichts eines Begutachtungsentwurfs zum „strafrechtlichen Kompetenzpaket“, der unlängst versandt wurde. Bei den geplanten Wirtschaftskompetenzzentren wird jedenfalls über das angestrebte Ziel hinaus geschossen.

Im August 2010 hat das Bundesministerium für Justiz den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Gerichtsorganisationsgesetz zur Stärkung der strafrechtlichen Kompetenz geändert werden (strafrechtliches Kompetenzpaket) zur Begutachtung versandt. Die Begutachtungsfrist endete am 1. Oktober 2010.
Mit dem geplanten Gesetz sollen ua eine „Kronzeugenregelung“ eingeführt und im Strafgesetzbuch Maßnahmen getroffen werden, um kriminell erwirtschaftetes Vermögen wirkungsvoll zugunsten des Staatshaushaltes einziehen zu können, und bei den Staatsanwaltschaften am Sitz der Oberstaatsanwaltschaft und den Gerichtshöfen erster Instanz am Sitz des Gerichtshofes zweiter Instanz Wirtschaftskompetenzzentren eingerichtet werden.
Die geplante Steigerung der Effizienz der Staatsanwaltschaften ist grundsätzlich zu begrüßen. Aus föderalistischer Sicht ist die Zuständigkeit des Landesgerichtes am Sitz der Oberstaatsanwaltschaft allerdings kritisch zu beurteilen. Dies würde nämlich bedeuten, dass der Zuständigkeitsbereich der Landesgerichte (zB Feldkirch, Salzburg, Klagenfurt) massiv eingeschränkt und bspw die Zuständigkeit des für Tirol zuständigen Landesgerichts auf Vorarlberg ausgedehnt würde. Es besteht auch die Gefahr, dass schleichend auch für andere Rechtsbereiche eine zentrale Zuständigkeit des Landesgerichts am Sitz des OLG vorgesehen wird.
Auch der Katalog des § 20 StPO erscheint zu weit gefasst. Weshalb jede in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Steuerhinterziehung – das gilt auch für die Geldwäscherei, Ketten- und Pyramidenspiele und organisierte Schwarzarbeit – eines besonders spezialisierten Staatsanwaltes (und Gerichtes!) bedarf – eine gewisse Spezialisierung dürfte ja bei den Staatsanwaltschaften am Sprengel aller Landesgerichte möglich sein - ist nicht ganz nachvollziehbar.

Föderalismus braucht Föderalisten! Rückblick auf die Veranstaltung „Die Zukunft des österreichischen Bundesstaates in Europa“



Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung des Instituts für Föderalismus, der Foster Europe, dem Europäischen Parlament, Informationsbüro für Österreich, der Europäischen Kommission, Vertretung in Österreich, der Grünen Bildungswerkstatt, der Politischen Akademie der ÖVP und dem Renner Institut, wurden die Rahmenbedingungen und Zukunftsperspektiven des Föderalismus in Österreich eingehend diskutiert. Fazit: Föderalismus benötigt nicht nur föderale Institutionen, sondern auch einen föderalistischen Geist auf allen Ebenen des Staates. Das heißt, es bedarf der Bereitschaft der Länder, Verantwortung zu übernehmen, und der Bereitschaft der Zentralbehörden, Verantwortung zu übertragen – in einem gemeinsamen Geist des multilevel governing.

Der österreichische Föderalismus wird häufig wegen der Kleinräumigkeit seiner Verhältnisse als ineffizient kritisiert. Im Rahmen des Expertenhearings am 14. Oktober 2010 im Haus der Europäischen Union stellte Gebhard Kirchgässner, Universität St. Gallen, dar, wie effizient Föderalismus auch in Kleinstaaten sein kann. Er beschreibt die Rahmenbedingungen, Grenzen und Möglichkeiten für einen Steuerwettbewerb und für fiskalische Dezentralisierung auch unter europäischer Perspektive. Charlie Jeffery, University of Edinburgh, stellte die möglichen Zugewinne an demokratischer Willensbildung und Kontrolle im Mehrebenen-Staat dar. Ihre Konzepte wurden mit ExpertInnen und PolitikerInnen aus Österreich (darunter Staatssekretär Lopatka (ÖVP), die Abg. Willi Molterer (ÖVP) und Günther Kräuter (SPÖ), Werner Kogler und Madeleine Petrovic von den Grünen diskutiert. An dieser Paneldiskussion nahm auch Institutsdirektor Peter Bußjäger teil (siehe Foto mit Abgeordneten Günther Kräuter).
Das Fazit der Veranstaltung lautete: Föderalismus braucht Föderalisten. Ohne Föderalisten gibt es keinen funktionsfähigen Föderalismus. Österreich muss prüfen, ob die aus der k.u.k. Zeit übernommene Verwaltungskultur, in der Zuständigkeiten nach oben delegiert werden, im Europa des Lissabon-Vertrages noch tragfähig und europatauglich ist. Der österreichische Föderalismus muss sich im heutigen europäischen Umfeld als effizient und kostengünstig behaupten.

Effizienz und Verantwortung im modernen föderalistischen Staat am Beispiel Schweiz



Die Schweizerische Botschaft in Österreich und das Institut für Föderalismus laden ein zur Veranstaltung „Föderalismus 2.0 – Effizienz und Verantwortung im modernen föderalistischen Staat am Beispiel Schweiz“. Prof. Giovanni BIAGGINI, Lehrstuhl für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht an der Universität Zürich, klärt die Frage, wie im föderalistischen System der Schweiz Effizienz und Verantwortung gewährleistet sind. Kennzeichen des Schweizer Föderalismus ist neben anderem die Steuerhoheit auf der Ebene der Kantone und der Gemeinden. Die Schweiz verfügt seit der Totalrevision der Bundesverfassung im Jahr 1999 über eine der modernsten Verfassungen Europas. Im sog „Neuen Finanzausgleich (NFA)“ wurden die Finanzflüsse und die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen neu geregelt. Donnerstag, 25. November 2010, Universität Innsbruck, Hauptgebäude, Saal University of New Orleans, Beginn 15:00 Uhr s.t.



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Vortrag: Russischer Föderalismus



Die vom Institut für Öffentliches Recht an der Universität Innsbruck, der Tiroler Juristischen Gesellschaft und dem Institut für Föderalismus organisierte Vorlesungsreihe „Europäischer Föderalismus im 21. Jahrhundert“ wird auch im Wintersemester 2010/2011 fortgesetzt. Im Rahmen dieser Vorlesungsreihe hält Prof. Ivan VOLODIN am 23. November 2010 an der Universität Innsbruck einen Vortrag zum Thema „Federalism in Russia“ und beleuchtet die mit Putins Machtübernahme gestoppte Föderalisierung des riesigen Landes. Dienstag, 23. November 2010, Hauptgebäude der Universität Innsbruck, Innrain 52, 1. Stock, Nordtrakt, UNO-Saal, mit Beginn um 18:00 Uhr s.t.

Prof. Volodin ist Professor für öffentliche Verwaltung an der Moscow University for the Humanities. Es ist Vertreter Russlands in der Group of Independent Experts des Europarates. Zu seinen speziellen Forschungsgebieten zählt die lokale und regionale Selbstverwaltung.
Die Demokratisierung Russlands, die durch Boris Jelzin vorangetrieben worden war, kam im Jahr 2000 durch die Machtübernahme von Wladimir Putin zum Stillstand. Dies hatte auch Auswirkungen auf den neuen russischen Föderalismus, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der russischen Verfassung von 1993 verankert worden war.
Der Vortrag behandelt die rechtlichen Rahmenbedingungen des russischen föderalen Systems und setzt sich dabei mit den verfassungspolitischen Implikationen seiner asymmetrischen Gestaltung und des Moskauer Zentralismus auseinander.
Die Veranstalter laden zu diesem Vortrag ein und freuen sich auf zahlreichen Besuch.

Workshop: Finanzkrise, Staatsschulden und Föderalismus – Wege der Krisenbewältigung – Kurzbericht



Gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen veranstaltete das Institut für Föderalismus am 8. und 9. Oktober 2010 in Innsbruck, Landhaus, einen Workshop zum Thema „Finanzkrise, Staatsschulden und Föderalismus – Wege der Krisenbewältigung. Eine umfassende Dokumentation der Veranstaltung ist in Arbeit, im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick über Themen und Referenten.

Im Modul 1Die Betroffenheit von Regionen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise“ stellte der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Karl-Heinz LAMBERTZ, die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den ökonomischen und politischen Status von Regionen im internationalen Vergleich dar. Er ging dabei auf die besondere Situation Belgiens ein, dessen Staatskrise nach wie vor ungelöst ist.
Dieter WOLF von der Universität Bremen, ging auf die Finanzkrise im Europäischen Mehrebenensystem und die Folgen für die mitgliedstaatliche und regionale Finanzpolitik ein.
Der Vorstand des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung, Martin GROSSE HÜTTMANN, erläuterte die Rolle der Landesbanken für bestimmte Wirtschaftsbereiche in den Regionen und stellte auch die möglichen Zusammenschlüsse der derzeit bestehenden Landesbanken in Deutschland zu großen Instituten dar. Gerade in der Finanzkrise mussten die Länder durch die Übernahme von Haftungen zum Weiterbestehen ihrer Landesbanken beitragen.
Prof. Hans PITLIK vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung untersuchte in seinem Vortrag die Frage, ob föderale Staaten bei der Krisenbewältigung und Konsolidierung im Nachteil sind. Bei den Maßnahmen und Reaktionen auf die Finanz- und Wirtschaftskrise war kein signifikanter Einfluss der föderativen bzw unitarischen Staatsstruktur feststellbar. Pitlik kommt zum Ergebnis, dass föderative Systeme bei der Implementierung von fiskalpolitischen Maßnahmen allerdings gewisse Nachteile aufweisen.
Das Modul 2 war dem Thema „Strategien und Krisenbewältigung“ gewidmet.
Prof. Roland STURM, Universität Erlangen, ging in seinem Referat auf die verfassungsrechtlichen Schuldenbremsen und die neuen Haushaltsregeln in Deutschland ein. Die neue Verschuldensregel in Deutschland nimmt den Landesparlamenten, die schon bisher auf der Einnahmenseite weitgehend einflusslos waren, weil der Bund (unter Mitwirkung des Bundesrates) die wesentlichen Steuergesetze verabschiedet, nun auch ihre Autonomie auf der Ausgabenseite. Er fragte kritisch, was ein Landesparlament ohne die Möglichkeit, im Wesentlichen die eigenen Einnahmen und Ausgaben zu bestimmen, eigentlich noch für einen Wert hat.
Cristina FRAENKEL-HAEBERLE, Institut für Föderalismus und Regionalismusforschung, EURAC Bozen, referierte über die Schuldenbremse und die neuen Haushaltsregeln in Italien. Im Mai 2009 wurde das Gesetz Nr 42 verabschiedet, mit dem der sog „Steuerföderalismus“ („Calderoli-Reform“) eingeführt wurde. Als erste Maßnahmen wurden die Föderalisierung des Domänenvermögens, die Harmonisierung der Haushalte und der Gemeindeföderalismus vorgesehen. Auf Grund der angespannten Finanzlage des italienischen Staats wurde inzwischen mit der Notverordnung Nr 78/2010 „Dringende Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen und zur regionalen Wettbewerbsfähigkeit“ (sog „Korrekturmanöver“) versucht, den Regionen einseitige Auflagen und Sparzwänge aufzuerlegen. Es folgten daraufhin zahlreiche Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof, deshalb herrsche derzeit in Italien absolute Rechtsunsicherheit.
Univ.Prof. Erich THÖNI und Caroline BONN, Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck, stellten ausführlich die fiskalische Autonomie und die fiskalische Verantwortung am Beispiel des österreichischen Finanzausgleichs dar.
Univ.Prof. Wolfgang RENSCH, Universität Magdeburg, referierte abschließend über die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise in den alten und neuen Bundesländern und die Effekte des einsetzenden Aufschwungs. Dabei kam er zum Ergebnis, dass speziell die neuen Bundesländer vom Aufschwung profitierten und geringere Haushaltsdefizite aufweisen würden.
Zu den einzelnen Referaten wurden jeweils ausführliche Diskussionen geführt.
Der Präsident des Tiroler Landtages Herwig van STAA begrüßte die Teilnehmer im Namen des Landes Tirol und führte sehr fachkundig durch den Tiroler Landtag und ging auf die Bedeutung der Landesparlamente auch in Zeiten von Wirtschaftskrisen ein.

Landesamtsdirektor Müller in den Ruhestand getreten



Mit 30. September 2010 ist der Landesamtsdirektor von Vorarlberg, Dr. Johannes MÜLLER, nach Erreichen der Altersgrenze aus dem aktiven Dienst ausgeschieden und in den Ruhestand getreten. Johannes Müller gehörte seit der Gründung des Instituts im Jahr 1975 bis September 2010 – also 35 Jahre lang – dem Kuratorium des Instituts an und hat sich in dieser Zeit große Verdienste erworben. Das Institut dankt dem langjährigen Kuratoriumsmitglied für seine Unterstützung und die fachliche und engagierte Zusammenarbeit und wünscht für den Ruhestand alles Gute, vor allem weiterhin viel Gesundheit. Zum Kuratoriumsmitglied wurde der neue Landesamtsdirektor Dr. Günther EBERLE bestellt.

Buchtipp: Vorarlbergs politische Landschaft



Gestützt auf umfangreiche Erhebungen bietet das von Peter Bußjäger/Ferdinand Karlhofer/Günther Pallaver herausgegebene Buch eine aktuelle Bestandsaufnahme der politischen Strukturen Vorarlbergs. In zwölf Beiträgen wird die Landespolitik im Bezugsfeld der österreichischen und europäischen Entwicklungsdynamik beleuchtet. Der Bogen spannt sich von Analysen des Regierungssystems und der Parteienlandschaft über Fragen der Landesverwaltung, des Föderalismus und der Nachbarschaftspolitik bis hin zu den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Kultur und Medien sowie einer historischen Abhandlung zur besonderen regionalen Identität des Landes.



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Vernünftige Reformen im Schulbereich – keine Machtspiele



Die seit Jahren geführten Diskussionen über Reformen im Schulbereich haben in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Das Institut für Föderalismus vertritt in dieser Frage seit Jahren eine klare Linie: Der Bund soll weiterhin für die Vorgabe von Lehrplänen und Bildungszielen sowie das Dienstrecht zuständig sein. Die Länder sollten sämtliche Lehrer in ihren Verwaltungsbereich übernehmen, die Finanzierung über den Finanzausgleich abgesichert werden. Die Bezirks- und Landesschulräte sollten abgeschafft, deren Aufgaben in Landesbildungsdirektionen gebündelt werden. Dieses Modell, das klarere Verantwortlichkeiten und damit höhere Effizienz brächte, wird bisher vom Bund blockiert.

Die seit Jahren geführten Diskussionen über Reformen im Schulbereich haben in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Vor allem der Vorstoß des niederösterreichischen Landeshauptmannes Pröll, wonach den Ländern die Kompetenz für alle Lehrer, also die Landeslehrer an Pflichtschulen (Volks- und Hauptschulen) und Berufsschulen und die Lehrer an allgemein bildenden Schulen (AHS) und berufsbildenden höheren Schulen (BHS) zukommen sollte (vgl zB Wiener Zeitung vom 12.8.2010) und die Beratungsergebnisse der Landeshauptleutekonferenz vom 6. September 2010, führten zu zahlreichen Reaktionen.
Bei der SPÖ-Klausur am 15. September 2010 warnte Bundeskanzler Faymann vor übertriebenen Erwartungen in der Verwaltungsreform, sprach sich für eine Schule „mit zentraler Vorgabe“ aus und lehnte einen Streit Bund gegen Länder im Bereich Schule ab. Unterrichtsministerin Schmied vertritt die Auffassung, dass alle Lehrer in der Zuständigkeit des Bundes zusammengefasst werden sollten, sprach sich aber für baldige Verhandlungen mit den Ländern aus.
Beim derzeitigen Streit im Bereich Schule geht es im Wesentlichen um zwei Punkte:
Zum einen um die Kompetenz für die Lehrer und zum anderen um längst überfällige Reformen in der Schulverwaltung, die von Doppelgleisigkeiten gekennzeichnet ist.
Das Institut für Föderalismus hat dazu seit Jahren einen klaren Standpunkt eingenommen (vgl Verfassungsreform und regionale Bildungsverantwortung der Länder, in: Föderalismus-Info Nr 2/2008 sowie Verländerung des Schulwesens nur mit klaren Rahmenbedingungen, in: Föderalismus-Info Nr 4/2005), der nachstehend bekräftigt wird:
-       Übernahme sämtlicher Lehrer, auch jener an Bundesschulen, in die Vollziehungszuständigkeit der Länder bei transparenter Kostentragungsregelung.
-       Für das Dienstrecht der (neuen) Landeslehrer soll – wie bisher – der Bund zuständig sein.
-       Die Reform der Schulverwaltung muss mit der Abschaffung der Landesschulräte (aber auch der Bezirksschulräte) verbunden sein. Die regionale Schulverwaltung kann im Rahmen der Verwaltungsorganisation der Länder besorgt werden.
-       Bundeseinheitliche Vorgaben von Lehrplänen und Bildungszielen.
Die Reformen im Schulbereich sollen mit Vernunft angegangen werden, sie haben nichts mit Demonstration von Machtausübung zu tun (siehe dazu die Kommentare von Institutsdirektor Bußjäger, Lehrerdebatte: Eine Sache der Vernunft, in: TT vom 20.8.2010 sowie Tausche Schule gegen Krankenhaus, in: TT vom 22.7.2010).

Nepal: Ein Bundesstaat in der Entstehung



Föderalismus wird zunehmend auch von Entwicklungsländern als Weg zu einer rechtsstaatlichen Demokratie entdeckt, der kulturelle und ethnische Vielfalt gewährleistet. Eines der neuesten Beispiele ist Nepal, das sich in seiner Vorläufigen Verfassung seit 2008 als föderaler Staat deklariert. Die föderalen Institutionen (Regionen, Parlamente) müssen in der in Ausarbeitung befindlichen neuen Verfassung allerdings erst eingerichtet werden, da der etwa 30 Millionen Einwohner umfassende Himalayastaat bisher streng zentralistisch ausgerichtet war. Die Verankerung von Föderalismus in einem Staat ohne jegliche föderale Tradition ist eine große Herausforderung. Das Institut für Föderalismus hofft, dass der mutige Schritt Nepals Erfolg hat und zu einem rechtsstaatlichen, demokratischen und effizienten Staatswesen führt.

Bürgernähe, Sparsamkeit und Effizienz von Verwaltungsebenen



Eine in der Zeitschrift „Kommunal“ Nr 6/2010, 20/21, veröffentlichte Umfrage bestätigt verschiedene vom Föderalismusinstitut in der Vergangenheit vorgestellte Ergebnisse anderer Befragungen: Die Verwaltungen der Gemeinden und der Länder genießen bei der Bevölkerung einen guten Ruf. Das Ergebnis zeigt, dass die oft gescholtenen Verwaltungen der Gemeinden und der Länder von den Bürgerinnen und Bürgern deutlich besser als die Bundesverwaltung beurteilt werden. Das Ergebnis der Umfrage ist wohl auch als eine Ablehnung des zentralistischen Vorschlags zu werten, die Bezirkshauptmannschaften als Verwaltungsebene abzuschaffen.

Insgesamt beurteilen 75% der Befragten die Verwaltung in ihrer Gemeinde als sehr/eher gut, 69% die Verwaltung der Bezirkshauptmannschaft, 65% die Verwaltung der Gemeinde sowie 50% die Bundesverwaltung.
Als bürgernahe wird besonders die Verwaltung in der Gemeinde (80%), vor jener der Bezirkshauptmannschaften (75%), der (übrigen) Landesverwaltung (66%) sowie der Bundesverwaltung (47%) betrachtet.
Dieselbe Reihenfolge gibt es bei der Frage nach der Sparsamkeit (57% erachten die Verwaltung der Gemeinde als sehr/eher sparsam), 50% jene der Bezirkshauptmannschaft, 43% die der (übrigen) Landesverwaltung und 30% der Bundesverwaltung.
Als leistungsfähig wird besonders die Verwaltung in der Gemeinde (76%), vor der Bezirkshauptmannschaft (67%), des Landes (65%) und des Bundes (50%) betrachtet.

Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik – Rücksichtnahme auf Länderinteressen



Bei ihren Tätigkeiten sind die Länder im Zusammenhang mit Katastrophenvorkehrungen und der Katastrophenhilfe auf die Informationen verschiedener Einrichtungen angewiesen. Dabei kommt den Wetterdaten (Niederschlagswarnungen für die Landeswarnzentralen, Lawinenwarndienst, Schneewarnungen) der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wesentliche Bedeutung zu. Die Bundesländer verlangen nun vom Bund, bei der Formulierung des neuen ZAMG-Gesetzes darauf Rücksicht zu nehmen, dass ihnen auch künftig die notwendigen Informationen für die Katastrophenabwehr wie bisher kostenlos und verlässlich zukommen.

Vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wurde mit Schreiben vom 16. Juli 2010 der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein ZAMG-Gesetz erlassen und das EG zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das FOG sowie das Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden sollten, zur Begutachtung. Die Begutachtungsfrist endete am 10. September 2010.
Der wesentliche Inhalt des Entwurfes ist die Umwandlung der ZAMG von einer teilrechtsfähigen Anstalt des Bundes in eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
In ihren Stellungnahmen sprachen sich etwa die Länder Kärnten, Tirol und Vorarlberg dafür aus, im Gesetz klarzustellen, welche Informationen die ZAMG wie bisher kostenfrei den Ländern zur Verfügung stellen muss. Weiters müsse sichergestellt werden, dass auch nach der Ausgliederung die bestehenden Regionalstellen in Innsbruck, Salzburg, Graz und Klagenfurt sowie die Dienststelle in Bregenz aufrechterhalten bleiben. Für die Länder mit ihren Warnzentralen, hydrografischen Diensten und Straßendiensten ist es von besonderer Bedeutung, weiterhin die notwendigen meteorologischen, klimatologischen und geophysikalischen Informationen zu erhalten, ohne dass dafür Kosten entstehen.
Der Bund sollte nun – auch im Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung – bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlage auf die berechtigten Anliegen und Wünsche der Länder eingehen und diese im Gesetz entsprechend berücksichtigen.

Die Zukunft des österreichischen Bundesstaates in Europa – Expertenhearing



In den vergangenen Monaten hat sich nicht zuletzt angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte die Diskussion zu Kernfragen des föderalen Systems und insbesondere zu Fragen des Parlamentarismus in Bund und Ländern sowie des Finanzföderalismus in Österreich intensiviert. Am 14. Oktober findet im Haus der Europäischen Union in Wien ein von Foster (Foundation for strong European Regions) und dem Institut für Föderalismus organisiertes Expertenhearing zum Thema „Die Zukunft des österreichischen Bundesstaates in Europa“ statt. Dabei werden im Rahmen zweier prominent besetzter Panels österreichische Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik Grundsatzfragen bundesstaatlicher Ordnung und bundesstaatlicher Finanzen diskutieren. Das genaue Programm finden Sie in der pdf-Datei.



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Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus – Einreichfrist beachten



Am 14. Juni 2010 hat das Institut für Föderalismus den Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus 2010 ausgeschrieben. Die Ausschreibungsunterlagen und das Einreichformular sind auf der Homepage des Instituts abrufbar. Wir dürfen daran erinnern, dass die Ausschreibungsfrist am 31. Oktober 2010 endet und Interessierte einladen, sich rechtzeitig um die Vergabe des Nachwuchspreises zu bewerben.

Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus 2010 – Ausschreibung



Das Institut für Föderalismus schreibt 2010 wieder einen Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus aus. Dieser Preis wird für herausragende Diplomarbeiten, Dissertationen oder wissenschaftliche Projekte zum Themenkreis „Föderalismus“ verliehen. Die Gesamtsumme des Preises von € 3.000,00 wird an eine(n) oder mehrere PreisträgerInnen (Mindestbetrag für einen Preis: € 1.000,00) vergeben werden. Bei noch nicht publizierten wissenschaftlichen Arbeiten umfasst der Preis außerdem die Publikation der Arbeit in der Schriftenreihe des IFÖ. Ansuchen sind bis spätestens 31. Oktober 2010 an das Institut für Föderalismus zu richten.



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Von wegen effizienter Zentralstaat



Die Fast-Pleite Griechenlands wirft auch Fragen nach der Staatsorganisation auf. Wie konnte es so weit kommen und was wird jetzt in Angriff genommen, damit das Land in Zukunft krisenfestere Strukturen aufweist? Eines ist dabei klar: Das zentralistische Modell Griechenlands hat sich gründlich überlebt.

Man kann aus der Finanzkrise Griechenlands viele Lehren ziehen: Selbstverständlich hat dieses Land über Jahrzehnte mehr Geld ausgegeben, als ihm zur Verfügung stand, selbstverständlich haben viele vermeintliche Wohltaten für das Volk dieses letztlich in eine erdrückende Schuldenlast getrieben.
Was aber auch massiv zum aktuellen Desaster beigetragen hat und in der bisherigen Diskussion kaum Beachtung fand, ist eine extrem ineffiziente Staatsorganisation.
Dazu muss man wissen: Griechenland ist das zentralisierteste Land des gesamten OECD-Raumes. Unter dem Druck der Schuldenlast sieht sich die Regierung nun gezwungen, eine radikale Staats- und Verwaltungsreform durchzuführen. Laut dem zuständigen Minister für Inneres, Dezentralisierung (!) und E-Government bedeutet diese Reform „das Ende einer Ära für den am meisten zentralisierten Staat Europas und den Beginn eines neuen Kurses“.
 
Der (nach dem Baumeister der Akropolis benannte) „Kallikratis-Plan“ sieht ua eine wesentliche Straffung der Verwaltungsebenen, aber auch eine Neuverteilung der Verantwortung vor. Griechenland hat 13 Regionen (entsprechen in etwa den Ländern in Österreich) und 54 Präfekturen (entsprechen in etwa den Bezirken in Österreich). Auf beiden Ebenen gibt es zwar parlamentarische Strukturen, die Parlamente haben aber keine Gesetzgebungskompetenz und damit keine echte Verantwortung. Gegenwärtig agieren nicht weniger als 703 Regionalräte und 1.496 Präfekturräte, also etwa 2.200 Mandatare, als bloße Vertreter des zentralistischen Staates. Österreich hat im Vergleich dazu nur 448 Landtagsabgeordnete, und die haben wirklich etwas zu entscheiden.
 
Im Reformplan sind auch radikale Gemeindefusionen und die Zusammenlegung von Präfekturen vorgesehen. Das klingt zunächst wie Wasser auf die Mühlen unserer heimischen Zentralisten, die glauben, auch bei uns müssten Länder und Gemeinden zusammengelegt werden. In Griechenland soll diese Minderung der Anzahl von politischen Einheiten aber mit echter Verlagerung der Verantwortung dorthin verbunden werden. Das Ziel sind weniger Einheiten mit mehr Zuständigkeiten. Parlamentarische Entscheidungskompetenz und Finanzverantwortung sollen aus Athen in die Regionen verlagert werden. Diese Dezentralisierung soll die griechische Verwaltung effizienter und damit billiger machen.
Dass das zentralistische System teuer und ineffizient ist, haben die Griechen nämlich gerade erlebt. Und diese Erkenntnis sei auch allen ins Stammbuch geschrieben, die meinen, mit einer Abschaffung regionaler Strukturen und mehr Zentralisierung sei ein Staat besser zu verwalten.

Lissabon-Begleitnovelle – Gesetzesantrag des Bundesrates



Mit einer Änderung der Bundesverfassung muss klargestellt werden, wie die Mitwirkung der nationalen Parlamente im Gefolge des Lissabon-Vertrages geregelt wird. Drohte ursprünglich im Rahmen dieser Verfassungsänderung eine weitere Schwächung des Bundesrates, so konnte nun – nach heftigen Rückmeldungen aus den Ländern – in einer Allparteieneinigung dessen Position gestärkt werden. Außerdem sollen die Landtage künftig stärker in EU-Angelegenheiten eingebunden werden.

Durch den am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon wurden den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten mehr Mitspracherechte in Angelegenheiten der Europäischen Union eingeräumt.
Um die Mitwirkungsrechte des Parlaments bei EU-Vorhaben generell an das geltende EU-Recht anzupassen, ist eine Änderung der Bundesverfassung erforderlich. Zunächst war von Abgeordneten der Regierungsparteien im Nationalrat ein Initiativantrag auf Änderung der Bundesverfassung (978/A) eingebracht worden.
Dieser Antrag, wenn er vom Nationalrat so beschlossen worden wäre, hätte zu einer deutlichen Schlechterstellung des Bundesrates in EU-Angelegenheiten gegenüber dem Nationalrat – vor allem bei der Erhebung der Subsidiaritätsklage – geführt und damit die Chance, wenigstens eine geringfügige Aufwertung des Bundesrates umzusetzen, ungenützt gelassen. Das Vorhaben wurde vom Institut für Föderalismus (siehe dazu „Lissabon“-Begleitnovelle ist Nagelprobe für den Bundesrat, in: Föderalismus-Info Nr 2/2010 und den Kommentar „Nagelprobe für den Bundesrat“ von Institutsdirektor Peter Bußjäger in der Tiroler Tageszeitung vom 19. März 2010) heftig kritisiert: Die Landesregierungen und die Landtage haben ähnliche Kritik geübt: siehe die Gemeinsame Länderposition zur Lissabon-Begleitnovelle, VST-6298/6 vom 26. März 2010, sowie ua auch die Stellungnahme des Oö. Landtags zur Lissabon-Begleitnovelle vom 25. März 2010, die Entschließung des Tiroler Landtages (82/10) vom 24. März 2010 und die Stellungnahme des Vorarlberger Landtages vom 8. März 2010.
 
Nunmehr hat der Bundesrat – wohl auch angesichts der zahlreichen Reaktionen in den Ländern – am 6. Mai 2010 einen auf einem von allen Fraktionen eingebrachten Antrag (180/A-BR/2010) gestützten Gesetzesantrag (691 dB – XXIV. GP) betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrages von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle), beschlossen und dem Nationalrat zur Behandlung weitergeleitet.
 
Dieser Gesetzesantrag setzt erfreulicher Weise einige der von den Landtagen bzw den Ländern vorgebrachten Verbesserungsvorschläge um, orientiert sich in weiten Teilen am bereits im Verfassungsausschuss vorliegenden Antrag der Regierungsparteien, geht jedoch in folgenden wesentlichen Punkten darüber hinaus:
 
-          Der Nationalrat und der Bundesrat können zu einem Entwurf eines Gesetzgebungsaktes der EU in einer begründeten Stellungnahme darlegen, weshalb der Entwurf nicht mit dem Subsidiaritiätsprinzip vereinbar ist. Um Bedenken der Länder Rechnung zu tragen, sieht der Gesetzesantrag eine Verpflichtung des Bundesrates vor, im Rahmen von Subsidiaritätsprüfungsverfahren eingelangte Stellungnahmen der Landtage in Erwägung zu ziehen und die Landtage über beschlossene Subsidiaritätsrügen zu unterrichten (Art 23g Abs 3).
-          Dem Bundesrat soll hinsichtlich der Einbringung einer Subsidiaritätsklage eine Gleichstellung mit dem Nationalrat zukommen, da er jeden Gesetzgebungsakt der EU werden eines Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip beim Europäischen Gerichtshof anfechten kann (Art 23h Abs 1).
 
Mit einer parallel zur Einbringung des Gesetzesantrages beschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (BGBl I Nr 27/2010) wurde dem EU-Ausschuss des Bundesrates bereits vor Inkrafttreten des Lissabon-Begleitgesetzes die Durchführung von Subsidiaritätsverfahren ermöglicht.
 
Der Gesetzesantrag des Bundesrates wird vom Föderalismusinstitut unterstützt, da er nicht nur zu einer Stärkung der Position des Bundesrates, sondern auch zu einer stärkeren Einbindung der Landtage in EU-Angelegenheiten führen würde. Kritisch bleibt allerdings zu bemerken, dass das Recht des Bundesrates, bindende Stellungnahmen gegenüber der Bundesregierung zu formulieren, gegenüber der derzeitigen Rechtslage nicht ausgeweitet wurde. Weiters besteht auch keine Möglichkeit der Landtage, die Berücksichtigung ihrer Positionen durch den Bundesrat zu erzwingen.
Mit Aufmerksamkeit ist jedenfalls die weitere parlamentarische Behandlung des Gesetzesantrages des Bundesrates bzw des Initiativantrages der Regierungsparteien zu beobachten. Die Regierungsparteien sind neuerlich an die Aussagen zum Thema Verbesserung der Mitwirkungsrechte der Länder in EU-Angelegenheiten im Kapitel „Leistungsfähiger Staat“, H 1-3, S 249, ihres Regierungsprogramms zu erinnern.

Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz – überschießende Regelungen und zusätzlicher Verwaltungsaufwand



Der Begutachtungsentwurf zur Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 erweist sich als große Enttäuschung: überschießende Regelungen werden anstatt zurückgefahren weiter ausgedehnt, Chancen zu Verwaltungsvereinfachungen ausgelassen. Zudem fehlen verbindliche Rahmenbedingungen für Mehrwegsysteme für Getränkeverpackungen. Verbesserungsvorschläge der Länder blieben bei der Erstellung dieses Entwurfs offensichtlich unberücksichtigt.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat mit Schreiben vom 19. April 2010 den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2010) zur Begutachtung versandt. Die Begutachtungsfrist ist am 1. Juni 2010 abgelaufen. Zu den Zielen des Gesetzentwurfes zählen die Umsetzung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (neue Abfallrichtlinie), Kosteneinsparungen beim Vollzug der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen und eine stärkere Nutzung und Weiterentwicklung des elektronischen Datenmanagements.
 
Mit der vorliegenden Novelle wird abermals verabsäumt, über EU-rechtliche Vorgaben hinausgehende Regelungen rückgängig zu machen. Es werden vielmehr erneut überschießende Regelungen geschaffen. Zahlreiche Bestimmungen des Gesetzentwurfes laufen auch der Forderung nach einer Verwaltungsvereinfachung zuwider.
 
Aus Ländersicht erfreulich ist festzuhalten, dass die Kompetenz der Länder zur Regelung der (kommunalen) Siedlungsabfallentsorgung unberührt bleibt. Sollten Abfallvermeidungsprogramme auch von den Ländern erarbeitet werden müssen (alle 6 Jahre – erstmals bis zum 12. Dezember 2013), ist dies abzulehnen, da der Einfluss der Länder auf das Konsumverhalten der Bevölkerung und damit die Abfallvermeidung für Siedlungsabfälle stark begrenzt ist.
 
Im Entwurf fehlen nach wie vor verbindliche Rahmenbedingungen zum Erhalt und Ausbau von Mehrwegsystemen für Getränkeverpackungen, obwohl gemäß Art 4 Abs 1 der Abfallrahmenrichtlinie Maßnahmen im Bereich der Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung eine Prioritätenfolge zu Grunde zu legen ist, an deren erster Stelle die Vermeidung von Abfällen und die Vorbereitung zur Wiederverwendung steht. Die geplante Novelle lässt jedoch sowohl die Beschlüsse der Landesumweltreferentenkonferenz vom 20. Juni 2008 und vom 22. Juni 2009 als auch Art 4 der Abfallrahmenrichtlinie unberücksichtigt.
 
Die vorgesehenen Ergänzungen betreffend den Bundes-Abfallwirtschaftsplan sind kritisch zu betrachten. Die Darstellung der bestehenden Abfallsammelsysteme sowie die Beurteilung der Notwendigkeit neuer Sammelsysteme im Bereich der Siedlungsabfälle sollten auf der Grundlage der Landesabfallwirtschaftspläne bzw der Länderberichte erfolgen, da diese der Kern der Planungsbefugnis der Länder sind und somit nicht originär Gegenstand eines Bundesabfallwirtschaftsplanes sein können.
 
Auch die in der Darstellung der finanziellen Auswirkungen behaupteten Kosteneinsparungen bei den Ländern können nicht nachvollzogen werden. Insbesondere die durch das Projekt „eErlaubnis“ angeblich erzielbaren Einsparungen von 350.000 Euro entbehren jeglicher Grundlage, da die in den Erläuterungen angesprochene „elektronische Übermittlungsmöglichkeit“ im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ohnehin bereits von den Ländern geschaffen wurde.
 
Die von den Ländern – wie auch den anderen begutachtenden Stellen – gemachten Verbesserungs- bzw Änderungsvorschläge sollten in der Regierungsvorlage der AWG-Novelle 2010 berücksichtigt werden, damit vom Nationalrat ein Gesetz, das nicht eine überschießende Umsetzung von EU-Recht enthält, sondern ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand auf die Bedürfnisse des Vollzugs des Abfallrechts eingeht, beschlossen werden kann.

Föderalistisches Bewusstsein in Österreich – Umfrageergebnisse in Buchform



Regionale Identitäten stehen heute in mehrfacher Hinsicht im Fokus von Politik und Forschung. Gerade für die Legitimation eines föderalen Systems spielt Identität eine bedeutsame Rolle. Im Jahr 2009 führte das Institut für Föderalismus daher in Kooperation mit dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck eine österreichweite Umfrage durch, um das regionale Identitätsbewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher und ihr Verhältnis zum Föderalismus zu erheben. Nun sind die Ergebnisse in Buchform erschienen.

Die als Band 8 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ von BUSSJÄGER/KARLHOFER/PALLAVER veröffentliche Studie „Föderalistisches Bewusstsein in Österreich – Regionale Identitätsbildung und Einstellung der Bevölkerung zum Föderalismus“ dokumentiert die Ergebnisse der Umfrage:
Im einleitenden Beitrag „Raum, Föderalismus und Politik - Zur regionalen Identitätsbildung in Österreich“ setzen sich Günther Pallaver und Ferdinand Karlhofer mit den vielfältigen Zusammenhängen zwischen Region, Identität und Raum gerade auch in Bezug auf die österreichischen Länder auseinander.
Die Ergebnisse der Umfrage (siehe dazu auch Umfrage: Föderalistisches Bewusstsein in Österreich – Ergebnisse, in: Föderalismus-Info Nr 2/2010) werden im Beitrag von Peter Bußjäger und Gilg Seeber „Zwischen Föderalismus und Unitarismus“ vorgestellt.
 
Die Umfrage zeigte
-          dass die österreichischen Länder im Bewusstsein der Bevölkerung positiv verwurzelt sind. Ihre Arbeit wird gut bewertet und im europäischen Mehrebenensystem wird ihnen eine entsprechende Rolle zugebilligt;
-          dass eine wichtige Funktion der Länder auch darin gesehen wird, Sprachrohr der Bevölkerung gegenüber dem Bund und der Europäischen Union zu sein;
-          dass die Bevölkerung einer föderalen Differenzierung kritisch gegenüber steht und
-          dass der kooperative Föderalismus in der Bevölkerung weitaus mehr Unterstützung als der Wettbewerbsföderalismus genießt.
 
Der Band 8 der Schriftenreihe Politische Bildung: Bußjäger/Karlhofer/Pallaver „Föderalistisches Bewusstsein in Österreich – Regionale Identitätsbildung und Einstellung der Bevölkerung zum Föderalismus, 51 Seiten, Wien 2010, ISBN 978-3-7003-1751-7, ist ab sofort zum Preis von € 9,90 im Buchhandel erhältlich.

Buchtipp: Die Landesverfassungen der österreichischen Länder



Vor wenigen Wochen ist das Buch „Die Landesverfassungen der österreichischen Länder einschließlich der Geschäftsordnungen der Landtage“ von Nikolaus Brandtner und Heidemarie Thalhammer erschienen. Das Werk enthält den aktuellen Rechtsbestand zum 1. Februar 2010. Damit wurde die vom Institut für Föderalismus seit dem Jahr 1990 herausgegebene und von Werner Brandtner betreute Lose-Blatt-Sammlung „Die Landesverfassungen“ ersetzt, auf einen aktuellen Stand gebracht und um die Geschäftsordnungen der Landtage ergänzt. Es ist geplant, eine Aktualisierung in einem Rhythmus von zwei Jahren vorzunehmen. Das Buch „Die Landesverfassungen der österreichischen Länder einschließlich der Geschäftsordnungen der Landtage“, Innsbruck 2010, 579 Seiten, ISBN 978-3-901965-326, ist zum Preis von € 25,00 zzgl Versandspesen ausschließlich beim Institut für Föderalismus erhältlich. Das Institut lädt Sie ein, dieses Angebot zu nützen, und nimmt Ihre Bestellung gerne entgegen.

Das Institut für Föderalismus im Web 2.0



Das Institut für Föderalismus ist nun auch im „Web 2.0“ präsent. Wir laden dazu ein, unsere Facebook-Fanpage (Institut für Föderalismus) zu besichtigen und sich ihr anzuschließen. Der Vorteil: Ständige Kurzinformationen zu aktuellen föderalistischen Themen. Weiters teilt Institutsdirektor Peter Bußjäger in Twitter unter „PeterBussjaeger“ aktuellste föderalistische Kurzinformationen mit.

„Lissabon“ – Begleitnovelle ist Nagelprobe für den Bundesrat



Der Vertrag von Lissabon bietet die seltene Chance, den Bundesrat zumindest geringfügig aufzuwerten: Es könnten die Mitgliedstaaten den Kammern ihrer nationalen Parlamente, also Nationalrat und Bundesrat, Klagerechte gegenüber EU-Gesetzen, wenn sie gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, einräumen. So wie die dafür notwendige Verfassungsänderung („Lissabon-Begleitnovelle“) derzeit diskutiert wird, wäre der Bundesrat gegenüber dem Nationalrat aber wieder einmal krass benachteiligt: Er soll nur dann klagen können, wenn ein EU-Gesetz durch eine Verfassungsänderung umgesetzt werden muss, die zu einer Einschränkung von Länderzuständigkeiten führt. Das ist aber praktisch nie der Fall. Das Institut für Föderalismus kritisiert dieses Vorgehen scharf und erinnert an das Regierungsprogramm, in dem eigentlich ganz Anderes festgeschrieben wurde!

Vom Parlament wurde der Vorschlag für eine „Lissabon-Begleitnovelle“ der Bundesverfassung (Initiativantrag 978/A XXIV. GP) einer so genannten „Ausschussbegutachtung“ (siehe dazu auch die Stellungnahmen unter www.parlament.gv.at/PG/ME_SN/XXIV.shtml) unterzogen.
Mit der Novelle sollen flankierende Regelungen über die parlamentarischen Mitwirkungsrechte an der EU-Gesetzgebung nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon in die Bundesverfassung aufgenommen werden. Dieses Vorhaben wird grundsätzlich unterstützt.
Bekanntlich bietet der Vertrag von Lissabon ua die Möglichkeit des Klagerechts der Kammern nationaler Parlamente gegenüber EU-Rechtsakten, wenn diese gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Damit wird eine seltene Chance geboten, den Bundesrat wenigstens geringfügig aufzuwerten. Leider versäumt der Vorschlag nicht nur diese Chance, sondern auch die Möglichkeit, die Mitwirkung des Bundesrates in EU-Angelegenheiten grundsätzlich neu zu überdenken.
Es ist beispielsweise nicht einzusehen, weshalb der Bundesrat bei Erstellung der Vorschläge für die Vertreter Österreichs in den Organen der Europäischen Union nicht die gleichen Mitwirkungsrechte wie der Nationalrat haben soll. Der Vorschlag ändert aber an der bestehenden Rechtslage (Art 23c B-VG) ebenso wenig wie an der fehlenden effektiven Möglichkeit des Bundesrates, bindende Stellungnahmen gegenüber der Bundesregierung zu formulieren (derzeit Art 23e Abs 6 B-VG).
Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates gemäß dem vorgeschlagenen Art 23e Abs 3 B-VG sind (wie bisher) nicht nur deutlich schwächer als jene des Nationalrates, sie kommen faktisch gar nicht zum Tragen.
Die Einschränkung der bindenden Wirkung der Stellungnahme des Bundesrates gegenüber dem zuständigen Bundesminister auf Vorhaben, deren „Durchführung die Erlassung bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen erfordern“ oder „auf die Erlassung eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes gerichtet sind, der Regelungen enthält, die bundesverfassungsgesetzlich getroffen werden müssten“, bewirkt bereits nach der bestehenden Rechtslage eine nicht nachvollziehbare Marginalisierung des Bundesrates, wie Öhlinger, Kommentar zu Art. 23e B-VG, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht (1999), Rz 8, zu Recht festhält: „Es dürfte daher kaum einen Fall geben, wonach ein Rechtsakt oder ein sonstiger durch innerstaatliches Gesetz umzusetzender Beschluss der EU aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zwingend eine Einschränkung von Landeskompetenzen verlangt.“ Öhlinger gelangt daher zu folgendem Schluss: „Die Befugnis des Bundesrates zu verbindlichen Stellungnahmen ist also entweder nicht sehr durchdacht oder von vornherein als bloß symbolischer Akt der Verfassungsgesetzgebung zu verstehen.“
Das Institut für Föderalismus findet, dass sich der Bundesverfassungsgesetzgeber bei der Novellierung der Bestimmung keinem dieser beiden Vorwürfe aussetzen sollte.
Das Institut fordert daher, dass der Bundesrat die Möglichkeit einer die Bundesregierung bindenden Stellungnahme erhält, wenn es um EU-Rechtskate geht, die legislative Zuständigkeiten der Länder berühren.
Insoweit nämlich die Länder betroffen sind, ist kein Grund einzusehen, weshalb der Bundesrat schwächere Mitwirkungsrechte als der Nationalrat haben sollte.
Schlimm ist es im Vorschlag auch um die Subsidiaritätsklage des Bundesrates bestellt:
Die im Antrag vorgeschlagene Regelung wäre an die untaugliche Regelung des derzeitigen Art 23e Abs 3 B-VG (siehe oben) angelehnt und wird von uns entschieden abgelehnt. Würde die vorgeschlagene Regelung umgesetzt, würde der Bundesrat faktisch, weil es keine Anwendungsfälle gibt, ausgerechnet aus der Klagebefugnis wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips ausgeschaltet.
Das Institut für Föderalismus fordert daher, dass der Bundesrat ein Klagerecht jedenfalls in allen Fällen hat, in welchen die Länder durch einen EU-Rechtsakt in ihren legislativen Zuständigkeiten oder im Rahmen der Vollziehung von Landesorganen (Landesvollziehung oder mittelbare Bundesverwaltung) berührt sind.
Zu guter letzt verweisen wir auf folgende Punkte des Regierungsprogramms 2008-2013, soweit sie sich auf die Europäische Union beziehen (Kapitel „Leistungsfähiger Staat“, H 1-3, S 249):
1. Evaluierung der Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden unter den Rahmenbedingungen des Vertrags von Lissabon,
2. Prüfung einer besseren Einbindung der Länder und Gemeinden in die innerstaatliche Entscheidungsvorbereitung.
3. Schaffung notwendiger Voraussetzungen, damit der Nationalrat und der Bundesrat (dieser auch für die Länder) ihre Möglichkeiten im Rahmen des neuen Subsidiaritätsprüfungsverfahrens der EU wirksam nützen können.
Das Institut für Föderalismus würde es als ein bemerkenswertes Lebenszeichen der Regierungsparteien betrachten, wenn sie ihr eigenes Regierungsprogramm ernst nehmen würden.
Die Lissabon-Begleitnovelle wird jedenfalls zur Nagelprobe für den Bundesrat (siehe auch den Kommentar von Institutsdirektor Peter Bußjäger in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 19. März 2010).

Europäisierung und der 80 Prozent-Mythos



Brauchen wir keine Landtage mehr, weil ohnehin 80 Prozent der nationalen Gesetzgebung auf die EU übergegangen sind? Dieser Mythos hält sich hartnäckig und wird von Zentralisten aller Lager beständig gefüttert. Es gibt nur ein Problem: Die Zahlen stimmen bei weitem nicht! Darauf hat das Institut für Föderalismus bereits öfters hingewiesen, jetzt liegt eine neue Studie der beiden Politikwissenschafter Marcelo Jenny und Wolfgang C. Müller vor, die den Mythos weiter ins Wanken bringt. Fakt ist: Nur rund ein Fünftel der Bundes- sowie der Landesgesetze bezieht sich auf EU-Recht!

Wir kennen alle den gängigen Stehsatz, dass „80 Prozent der nationalen Gesetzgebung“ auf die EU übergegangen sei. Vor allem in Österreich wird dieser Mythos von Zentralisten sehr gerne dazu verwendet, die angebliche Überflüssigkeit der Landtage unter Beweis zu stellen.
Das Institut für Föderalismus hat diese Aussage schon in früheren Aussendungen und Publikationen (siehe dazu: Ein Prophet und die Folgen, in: Föderalismus-Info Nr 6/2003; Länder nicht für Gesetzesflut verantwortlich, in: Föderalismus-Info Nr 4/2006 sowie Bußjäger/Larch, Landesgesetzgebung und Europäisierungsgrad, FÖDOK-Reihe, Band 16, Innsbruck 2004) als Mythos entlarvt.
Nunmehr liegt eine weitere Studie vor: Die beiden Politikwissenschafter Marcelo Jenny und Wolfgang C. Müller gelangen in ihrem Beitrag „From the Europeanization of Lawmaking to the Europeanization of National Legal Orders: The Case of Austria“, in: Public Administration Vol. 88 No. 1, 2010 (36 – 56) zum Ergebnis, dass sich der Anteil der Bundesgesetze, die sich auf EU-Recht beziehen, zwischen 1995 und 2003 ca 21,4% betrug und der Anteil der Landesgesetze 18,2% (S 46). Die gesamte Bundesgesetzgebung war zum Stand Juli 2003 nach den Erhebungen der Autoren im Ausmaß von 10,6% „europäisiert“ (S 49). Dieses Ergebnis konvergiert nicht nur weitgehend mit den Forschungen des Instituts, sondern auch mit dem internationalen Vergleich (Niederlande und Dänemark, siehe dazu Wolfgang C. Müller ua Legal Europeanization: Comparative Perspectives, in: Public Administration Vol. 88, No. 1, 2010 (75-87).
Interessierte verweisen wir auch folgende weitere Beiträge: Thomas König/Lars Mäder, Das Regieren jenseits des Nationalstaates und der Mythos einer 80-Prozent-Europäisierung in Deutschland. Politische Vierteljahresschrift 49, 438-463); Daniel Göler, Europäisierung hat viele Gesichter. Anmerkungen zur Widerlegung des Mythos einer 80-Prozent-Europäisierung, in: Politische Vierteljahresschrift 50, 75-79 und Thomas König/Lars Mäder, Antwort auf die Replik von David Göler zum Beitrag „Das Regieren jenseits des Nationalstaates und der Mythos einer 80-Prozent-Europäisierung in Deutschland“, in: Politische Vierteljahresschrift 50, 80-85).
Viel Spaß bei der Lektüre zu einem hochinteressanten und umstrittenen Thema!

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010 – Länderstandpunkt



Aus föderalistischer Sicht wurde der vorliegende Entwurf einer Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle in der letzten Föderalismus-Info bereits grundsätzlich positiv gewertet. Am 8 April haben sich nunmehr die Länder auf eine positive Stellungnahme geeinigt, gleichzeitig aber einige Verbesserungsvorschläge formuliert sowie die Forderung nach einer Abgeltung der Zusatz- und Umstellungskosten erhoben. Ein Schritt in Richtung Verwaltungsreform, Verfahrensbeschleunigung und bürgernaher Rechtsschutz scheint möglich.

Zu dem vom Bundeskanzleramt am 12. Februar 2010 versandten Begutachtungsentwurf einer Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010 ist am 9. April 2010 die Begutachtungsfrist abgelaufen. Hiezu gab es zahlreiche Stellungnahmen.
Eine föderalistische Bewertung des Entwurfs wurde vom Institut für Föderalismus bereits vorgenommen und der Entwurf grundsätzlich begrüßt. (Siehe dazu „Institut für Föderalismus begrüßt Landesverwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle“, in Föderalismus-Info Nr 1/2010).
Der vorliegende Entwurf sieht die Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie die Abschaffung des bisherigen zweistufigen administrativen Instanzenzuges (mit Ausnahme der Gemeinden) vor. Für jedes Land wird ein Verwaltungsgericht erster Instanz und für den Bund werden zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz vorgesehen („9+2 Modell“).
Aus föderalistischer Sicht ist diese Initiative grundsätzlich zu begrüßen, da eine langjährige Forderung der Länder erfüllt wird. Es wird durch die vorgesehene grundsätzliche reformatorische Entscheidungsbefugnis ein den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention konformer Rechtsschutz gewährleistet und durch die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten ein dem föderalistischen Aufbau der Republik Österreich Rechnung tragender Rechtsschutz gesichert. Die Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte ermöglicht einen bürgernahen Rechtsschutz verbunden mit verfahrensbeschleunigenden Aspekten sowie die Auflösung einer Vielzahl selbständiger Rechtsmittelinstanzen – insbesondere aus dem Bundesbereich.
In einer Gemeinsamen Position der Länder vom 8. April 2010, VSt-6289/9, wurde der vorliegende Begutachtungsentwurf begrüßt und gefordert, dass die den Ländern entstehenden Mehrkosten abgegolten werden müssen. Nach Vorliegen einer entsprechenden Kostendarstellung, jedenfalls aber vor Einbringung der Regierungsvorlage in den Nationalrat sind Verhandlungen zu führen, in denen eine Einigung über die Finanzierung und Kostentragung erzielt werden muss.
Im Hinblick auf die vom Bund noch nicht vorgelegten Rahmenbedingungen für das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte lösten die Länder Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol den Konsultationsmechanismus aus und verlangten Verhandlungen in einem Konsultationsgremium.
In der Gemeinsamen Position der Länder wurden zu einigen Bestimmungen des Entwurfs Feststellungen und Verbesserungsvorschläge gemacht. Diese sind ua:
Ø      Die in Art 131 Abs 4 Z 2 B-VG des Entwurfes geplante Verschiebung von Zuständigkeiten von den Landesverwaltungsgerichten zum Bundesverwaltungsgericht wird aus Ländersicht abgelehnt. Es ist mit den Grundsätzen des Föderalismus und der Bürgernähe nicht vereinbar, wenn Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden (insbesondere Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung) oder in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers vom Bund beliebig und ohne Einbindung der Länder an das Verwaltungsgericht des Bundes gezogen werden können. Durch derartige Bundesgesetze wird der Anteil der Länder an der Gerichtsbarkeit verringert. Diese Ermächtigung für den Bund betrifft auch die Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung, in denen derzeit ohne Zustimmung der Länder keine Bundes(verwaltungs)behörden zur Entscheidung berufen werden dürfen.
  • Ersatzlos entfallen sollte auch die im Begutachtungsentwurf vorgesehene systemwidrige Eingriffsmöglichkeit (zweiter Halbsatz im Art 131 Abs 4 Z 2 B-VG), wonach der einfache Bundesgesetzgeber das Verwaltungsgericht des Bundes für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (zB für Beschwerden gegen baurechtliche Bescheide der Gemeinden) oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers durch Bundesgesetz (ohne Zustimmung der Länder) für zuständig erklären kann.
  • Hinsichtlich der Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsgerichts eines Landes ist vorgesehen, dass nicht bindende Dreiervorschläge der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtes einzuholen sind. Die Bestellung der Mitglieder soll der freien Entscheidung der Landesregierung überlassen bleiben.
  • Aus Ländersicht abzulehnen ist auch die vorgesehene Streichung jener (bisherigen) Bestimmungen, dass zumindest ein Viertel der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes aus Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst, entnommen werden soll.
  • Die im Entwurf vorgesehene Übernahmeautomatik, dh das Recht eines bisherigen Mitgliedes eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf die Ernennung zum Mitglied des jeweiligen Verwaltungsgerichts, bedeutet eine Durchbrechung der den Ländern zukommenden Kompetenz hinsichtlich der Organisation des Landesverwaltungsgerichts und des Dienstrechts ihrer Mitglieder. Die Länder lehnen diese bundesverfassungsrechtliche Vorgabe mit Nachdruck ab.
  • Die in der Anlage des Begutachtungsentwurfs enthaltenen Listen der aufzulösenden unabhängigen Behörden sind fehlerhaft und unvollständig und müssen auf Grundlage der Mitteilungen der Länder überarbeitet werden. 
  • Aus föderalistischer Sicht ist die Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Interesse weiter zu beobachten, da diese durch die Beschleunigung der Verfahren auch einen wichtigen Schritt in der Verwaltungsreform darstellt.

Umfrage: Föderalistisches Bewusstsein in Österreich – Ergebnisse



Die Ergebnisse einer Umfrage, die das Föderalismus-Institut gemeinsam mit dem Institut für Politikwissenschaft der Uni Innsbruck durchführte, liegen jetzt vor: Die österreichischen Länder sind im Bewusstsein der Bevölkerung positiv verwurzelt. Ihre Arbeit wird gut bewertet und ihnen im europäischen Mehrebenensystem eine entsprechende Rolle zugebilligt. Eine wichtige Funktion der Länder wird auch darin gesehen, Sprachrohr der Bevölkerung gegenüber dem Bund und der Europäischen Union zu sein. Einem Wettbewerb zwischen den Bundesländern steht die Bevölkerung kritisch gegenüber.

Das Ziel der im Jahr 2009 vom Institut für Föderalismus in Kooperation mit dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck durchgeführten Umfrage (Leitung Univ. Prof. Dr. SEEBER) über das föderalistische Bewusstsein in Österreich war es, das regionale Identitätsbewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher und ihr Verhältnis zum Föderalismus zu erheben.
Es sollte vor allem
  • die Verbundenheit mit den Ebenen des Staates (EU, Bund, Land, Gemeinde)
  • die Verbundenheit mit den Institutionen des Föderalismus (Landtage, Landesregierung, Landeshauptmann) und
  • bei welchen Staatsaufgaben sich die Bevölkerung mehr/weniger eigenständige Gestaltungsfähigkeit wünscht, erhoben werden.
Österreichweit wurden über 1.900 Personen befragt, wobei das Sample zwischen 176 befragten Personen in Oberösterreich und 315 in Wien schwankte. Vom Umfrageleiter wurde der Studie entsprechende Repräsentativität bescheinigt.
 
Nachstehend werden die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage zusammenfassend wiedergegeben:
 
Verbundenheit mit den Ländern:
Der Frage „Wir brauchen die Bundesländer nicht mehr, weil sich die EU und der Bund mit den wirklich wichtigen Dingen befassen“, erteilten 20,7% die Zustimmung, hingegen 79,3% eine Ablehnung.
Diese klare Befürwortung der Länder zeigt deren hohe Wertschätzung und stellt unter Beweis, dass die Existenz der Länder im Bewusstsein der Bevölkerung stark und positiv verankert ist.
Bei der emotionalen Verbundenheit der Bevölkerung mit den Ländern im Vergleich mit den anderen Ebenen des Staates zeigte die Umfrage hinsichtlich des Zugehörigkeitsgefühls in Österreich folgende Ergebnisse, wobei der Ergebnisse einer in Deutschland im Jahr 2008 von der Bertelsmann-Stiftung durchgeführten Umfrage in Klammer angegeben sind:
 
Stadt/Gemeinde  21,2% (39%)
Bundesland  22,7% (11%)
Österreich 38,9% (Deutschland 32%)
Europa 17,3% (14%)
 
Anmerkung: Diese Werte enthalten die Ergebnisse ohne Wien, da es bei Wien für die Bürgerinnen und Bürger schwierig ist, zu differenzieren, ob sie sich stärker als Angehörige des Landes oder der Stadt Wien oder eben Österreichs verstehen.


Bewertung der Arbeit:
 
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen vor allem Verwaltungsreformen gefordert werden, ist von besonderem Interesse, wie die Bürgerinnen und Bürger die Arbeit der verschiedenen Ebenen bewerten. Diese erfolgte nach dem Schulnotensystem (1 = Sehr gut, 5 = Nicht Genügend) und brachte folgendes Ergebnis:
 
Note EU Bund Länder Gemeinde/Städte
1 2,8 3,7 15,5 20,9
2 17,9 28,8 46,5 41,1
3 48,9 46,7 25,6 25,0
4 19,9 16,4 9,1 9,9
5 10,5 4,4 3,3 3,0
Mittelwert 3,2 2,9 2,4 2,3
 
 
Dies zeigt, dass die Arbeit der Gemeinden und der Länder von der Bevölkerung deutlich besser bewertet wird, als jene des Bundes und der EU.
 
 


Welcher Ebene soll künftig mehr Einfluss zukommen?
 
EU                 Bund             Länder         Gemeinden/Städte
60,3%          67,4%              58,7%                    69,7%
 
Die Befragten wünschen sich von den Städten und Gemeinden als Einheiten, die ihnen am nächsten liegen, deutlich mehr Einfluss und Macht. Es kann aber auch der Schluss gezogen werden, dass der Nationalstaat in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zunehmend an Wertschätzung gewinnt.


Auf welcher Ebene sollen sich die Lebensbedingungen ähneln?
 
EU                 Bund             Länder         Gemeinden/Städte
37,2%          35,7%              13,4%                    13,7%
 
Die Österreicher und Österreicherinnen stehen der Forderung nach europaweit vergleichbaren Standards eher positiv gegenüber und bekunden auch deutlich eine Bereitschaft zur Solidarität.


Einmischung der Länder in die Bundespolitik?
 
Hier waren 70,2% der Befragten der Meinung, dass sich die Länder nicht zu stark in die Bundespolitik einmischen. Lediglich 29,8% waren der Ansicht, dass die Länder eine zu starke Einmischung betreiben würden. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung schätzen also die Tätigkeit der Interessenvertretung der Länder (etwa jene der Landeshauptleutekonferenz) und tragen auch jene Auffassung mit, dass die oft kritisierten Landtage im Wege von Resolutionen bundespolitische
Aufgaben wahrnehmen sollen.


Stärkere Vertretung der Länder in Brüssel?
 
Bei dieser Frage sprachen sich 57,1% für eine stärkere Vertretung der Länder in Brüssel aus, während 42,9% der Befragten der Meinung waren, dass die Interessen der Länder zufriedenstellend durch den Bund wahrgenommen werden.


Kooperativer Föderalismus oder mehr Wettbewerbsföderalismus?
 
Die Frage, wonach die Bundesländer eher zusammenhalten und sich nicht im Wettbewerb gegenüber stehen sollen, wurde von 88,1% zustimmend beantwortet, lediglich 11,9% sprachen sich für mehr Wettbewerb aus. Dieses Ergebnis zeigt eine hohe Unterstützung für eine Solidarität unter den Ländern.
Bei den großen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der Gesundheitsreform wünschten sich 96,6% der Befragten ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern, nur 3,4% lehnten dies
ab.


Soll es mehr Wettbewerb in bestimmten Bereichen geben?
 
Wettbewerbsbereich   für mehr Wettbewerb sprachen sich aus
Steuerpolitik 20,3%
Verwaltungsreform 35,5%
Betriebsansiedelungen   41,1%
Bildungspolitik   34,6%
Gesundheitspolitik 27,4%
Sozialpolitik   24,4%


In welchen Bereichen soll Geld investiert/eingespart werden?
 
Hinsichtlich der Verwendung zusätzlicher Steuereinnahmen brachte die Umfrage folgende Mittelwerte:
 
Schuldenabbau 2,6
Solzailleistungen 2,6
Bildung 1,7
Infrastruktur 2,4
Gesundheit 2,1
 
 


Die Frage nach der Akzeptanz von Ausgabenkürzungen zeigte folgende Ergebnisse:
 
Verteidigung 2,7
Wirtschaftspolitik 3,2
Bildungswesen 4,4
Gesundheitswesen 4,2
Verwaltung 2,0
 
Die Bevölkerung unterstützt Ausgaben in den Bereichen wichtiger Länderzuständigkeiten (Gesundheitswesen, Bildungswesen) durchaus bzw lehnt Ausgabenkürzungen ab und ist für Kürzungen im Bereich der Verwaltung.

Die detaillierten Umfrageergebnisse und eine wissenschaftliche Analyse werden in Kürze als Band 8 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ erscheinen.

Buchtipp: Die Landesverfassungen der österreichischen Länder



Vom Institut für Föderalismus wurde seit dem Jahr 1990 die von Werner Brandtner betreute Lose-Blatt-Sammlung „Die Landesverfassungen“ herausgegeben. Künftig wird die Sammlung der Landesverfassungen der österreichischen Länder und die Geschäftsordnungen der Landtage in Buchform herausgegeben. Es ist geplant, eine Aktualisierung in einem Rhythmus von zwei Jahren vorzunehmen. Das soeben erschienene Buch „Die Landesverfassungen der österreichischen Länder einschließlich der Geschäftsordnungen der Landtage“ von Nikolaus Brandtner/Heidemarie Thalhammer, Innsbruck 2010, 579 Seiten, ISBN 978-3-901965-326, enthält den aktuellen Rechtsbestand zum 1. Februar 2010 und ist zum Preis von € 25,00 zzgl Versandspesen ausschließlich beim Institut für Föderalismus erhältlich. Wir laden Sie ein, dieses Angebot zu nützen und freuen uns über Ihre Bestellung.

Institut für Föderalismus begrüßt Landesverwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle



Der aktuelle Begutachtungsentwurf des Bundeskanzleramts zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010 wird vom Institut für Föderalismus grundsätzlich begrüßt. Die Neuerrichtung von 9 Landesverwaltungsgerichten und 2 Bundesverwaltungsgerichten (der Asylgerichtshof bliebe bestehen) mit grundsätzlich reformatorischer Entscheidungsbefugnis soll zu schnelleren Verfahren und deutlichen Synergieeffekten führen, da die neuen Gerichte unmittelbar nach der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde entscheiden. Noch weitgehend unklar sind jedoch die Auswirkungen auf sowie die Akzeptanz durch die Gemeinden. Auch die finanziellen Auswirkungen auf die Länder sind noch sehr schwer abzuschätzen, sie sind im Entwurf sehr vage formuliert.

Das Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst) hat am 12. Februar 2010 den Entwurf einer Änderung des Bundesverfassungsgesetzes (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010) zur Begutachtung versendet, mit der ein neuer Anlauf für die Einführung einer erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich genommen werden soll.
Der Entwurf beruht grundsätzlich auf demselben Modell wie jener der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform aus dem Jahr 2007, das seinerseits wiederum auf den Ergebnissen des Österreich-Konvents im Jahr 2005 beruht.
Das Institut für Föderalismus hatte den seinerzeitigen Entwurf (siehe dazu: Staats- und Verwaltungsreform – Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf, in: Föderalismus-Info Nr 4/2007 und: Asylgerichtshof und Verwaltungsgerichte. Ist die Staatsreform stecken geblieben?, in: Föderalismus-Info Nr 6/2007) unterstützt und hält diese Meinung nach wie vor aufrecht.
Vorgesehen ist wiederum eine grundsätzlich reformatorische Entscheidungsbefugnis der neun Verwaltungsgerichte der Länder sowie der (nunmehr) zwei Verwaltungsgerichte des Bundes („Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen“ und ein „Verwaltungsgericht des Bundes“). Weiters besteht der Asylgerichtshof weiter. Damit würde es letztlich insgesamt drei Verwaltungsgerichte des Bundes geben. Das Institut für Föderalismus, das eigentlich immer für ein einziges Verwaltungsgericht des Bundes eingetreten ist („9 + 1“ – Modell), kann die Erwägungen, die dafür sprechen, die doch relativ großen Apparate des bestehenden Unabhängigen Finanzsenates und des Asylgerichtshofes als eigenständige Einrichtungen fortzuführen, grundsätzlich nachvollziehen (de-facto „9 + 3 – Modell“). Allerdings sollten die übrigen Senate, die nunmehr zu einem Verwaltungsgericht des Bundes verschmolzen werden sollen, nicht auch noch segregiert werden, da sonst die erhofften Synergieeffekte verspielt werden. Ein „9 + X – Modell“ lehnt das Institut entschieden ab.
Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden (Art 131 Abs 2 B-VGneu). In allen anderen Fällen (Verwaltungsgericht für Finanzen und Asylgerichtshof abgesehen) sind die Verwaltungsgerichte der Länder zuständig. Allerdings kann der einfache Bundesgesetzgeber Kompetenzen von und zu den Verwaltungsgerichten verschieben, bedarf dafür aber jeweils der Zustimmung der Länder (Art 131 Abs 4 B-VGneu).
Gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist ein Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof möglich, der aber in sämtlichen Fällen ein Ablehnungsrecht hat, wenn die angefochtene Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt oder wenn die angefochtene Entscheidung eine geringe Leistung in Geld oder Geldeswert zum Gegenstand hat, oder wenn die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art 133 Abs 4 B-VGneu). Dies stellt ein überaus weit reichendes Ablehnungsrecht dar, das über das bestehende Modell der Ablehnung von Beschwerden gegen Entscheidungen der UVS durch den Verwaltungsgerichtshof hinausgeht.
Damit ist auch die im früheren Entwurf vorgesehene Alternative (Zulassung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht), die eigentlich vom Institut präferiert worden war, offenbar vom Tisch.
Vorgesehen ist grundsätzlich, dass die Verwaltungsgerichte unmittelbar nach der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde entscheiden (Art 130 Abs 1 B-VGneu). Ein Instanzenzug in der Bundes- oder Landesverwaltung findet demnach nicht mehr statt. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht allerdings erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden. Der zuständige Materiengesetzgeber kann den Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde freilich ausschließen (Art 118 Abs 4 B-VGneu). Das Institut für Föderalismus ist sehr gespannt, wie die Gemeinden zu dieser Neuerung stehen. Nach unserer Auffassung wäre es systemkonformer, das Verwaltungsgericht an Stelle der Aufsichtsbehörde entscheiden zu lassen.
Aus föderalistischer Perspektive ist das Projekt insgesamt zu unterstützen, da es endlich eine Verwaltungsgerichtsbarkeit der Länder ermöglicht. Der dürre Hinweis zu den finanziellen Auswirkungen („Die durch die Einrichtung von Verwaltungsgerichten verursachten Mehrausgaben für die Länder werden – abgesehen vom Umstellungsaufwand – so gering wie möglich gehalten“), ist allerdings etwas seltsam. Nach der langen Vorlaufzeit des Projektes wäre eine tauglichere Kostenabschätzung zu erwarten gewesen als lediglich ein Satz, der nur ein unverbindliches Versprechen darstellt.

Das Institut für Föderalismus teilt die Hoffnung in den Erläuterungen, dass die vorgesehene Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt zu einer Beschleunigung von Verfahren führen kann. Unseres Erachtens bietet der Entwurf sowohl für den Rechtsstaat als auch für den Wirtschaftsstandort eine gewisse Chance, die freilich erst genützt werden muss.

Wendelin Weingartner: Zentralismus ist ansteckend



Im Teil zwei unserer Gastkommentar-Reihe zum Föderalismus schildert Wendelin Weingartner anhand eines kleinen Urlaubserlebnisses die ganz alltäglichen Erfahrungen mit zentralistisch organisierten Staaten. Als Tiroler Landeshauptmann (1993-2002) war er viele Jahre mit der Vertretung der Landesinteressen beschäftigt und damit naturgemäß oft in Konflikt mit Forderungen des Bundes nach Zentralisierungen.

Die Schulden unseres Staates steigen. Vom Finanzminister werden ständig Auskünfte über die künftigen Strategien zur Schuldenbewältigung erwartet. Nicht leicht...
Neue Steuern – so etwas mögen die Wähler nicht. Inflation – das will der Euro nicht gerne.
Daher gibt es dann immer wieder die gleiche Antwort: „Einsparung durch Verwaltungsreform.“ Wer beim Bund von Verwaltungsreform spricht, der hat immer Zentralisierung im Hinterkopf. Dann ist vom Luxus des österreichischen Föderalismus die Rede, von der Abschaffung der Landtage und den vielen Mehrgleisigkeiten, die auf ein Gleis zusammengeführt werden könnten. Natürlich ein zentrales. Die Landespolitiker werden dann oft als starrköpfige Landeskaiser hingestellt, die einer notwendigen Reform, letztlich einer Zentralisierung auf allen Ebenen, entgegenstehen.
Was ein Zentralstaat für die Bürger bedeutet, habe ich an einem kleinen Beispiel erlebt. Eine meiner Töchter lebte einige Zeit zu Forschungszwecken auf der Insel Reunion im indischen Ozean. Die Insel ist ein französisches Departement. Das heißt, alles muss in Paris entschieden werden.
Meine Tochter hatte sich ein altes Auto gekauft und wollte es für die Zulassung versichern. Die Versicherung erklärte, dass der Tarif fast das Doppelte ausmache, wenn sie nicht nachweisen könne, dass auf ihren Namen schon einmal ein Auto zugelassen war. Damit sollte offenkundig auch Fahrpraxis nachgewiesen werden. Meine Tochter telefonierte mit ihrer Versicherung in Tirol und erhielt nach ca. zehn Minuten ein kurzes Fax, in dem in englischer Sprache bestätigt wurde, dass eine Autoversicherung bestanden habe. Stolz überreichte sie dem französischen Versicherungsbeamten die schnelle Antwort aus Tirol. Er erklärte, den kurzen englischen Text wohl zu verstehen, aber es sei Vorschrift, von der Zentrale in Paris eine offizielle Übersetzung zu erhalten. Er müsse daher die Bestätigung der Tiroler Versicherung nach Paris schicken und er werde sie voraussichtlich in etwa vierzehn Tagen wieder erhalten. Bis zu dem Zeitpunkt sei die doppelte Versicherungsprämie zu bezahlen. Das Angebot meiner Tochter, die Bestätigung in französische Sprache zu übersetzen, musste der Beamte in Reunion ausschlagen. Es gehe eigentlich nicht um die Erfassung des Inhalts, den verstehe er auch selbst, sondern einfach um die Befolgung der Vorschrift, alles über die Zentrale zu leiten. So blieb es auch.
Das ist ein kleines Beispiel, dass ein staatlicher Zentralismus offensichtlich ansteckend ist und auch die private Versicherungsgesellschaft erfasst hat.

Dass es sinnvoll ist, das Prinzip föderaler Strukturen auch in den Bundesländern durchzusetzen, zeigt der Vergleich zwischen dem Bundesland Tirol und Südtirol. In Südtirol gibt es seit der zwangsweisen Angliederung an Italien keine Bezirksverwaltungsbehörden mehr. Alles wird im Landhaus in Bozen entschieden. Das bedeutet, dass die Entscheidungen in gewerberechtlichen Verfahren bis zu zehn Mal länger dauern als im Bundesland Tirol. Das hat damit zu tun, dass es in Tirol eine Art Wettbewerb zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden über die Frage gegeben hat, wer schneller entscheidet. Eine zentrale Behörde kennt keinen Wettbewerb und verzichtet damit auf ein wesentliches Element der Effizienzsteigerung der Verwaltung.

Bericht über den Föderalismus in Österreich (2008)



Anfang Jänner 2010 ist der 33. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2008), der einen umfassenden Überblick über das föderalistische Geschehen in Österreich im Jahr 2008 gibt, erschienen.

Der 33. Bericht enthält eine kritische Auseinandersetzung mit
-       dem von der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform vorgelegten Entwurf für eine Reform der Bundesverfassung, der zu einer massiven Schwächung der Länder geführt hätte;
-       den Vorhaben des Bundes im Gesundheitswesen, wie insbesondere die Zentralisierung bei den Sozialversicherungsträgern durch die Schaffung einer SV-Holding;
-       der Einführung der „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“, mit der die Sozialhilfeleistungen der Länder harmonisiert werden sollen;
-       den Plänen des Bundes für ein Bundesklimaschutzgesetz, in dem auch Strafen für die Länder vorgesehen waren, falls diese die Klimaschutzziele nicht einhalten sollten;
-       dem Scheitern der SPÖ-/ÖVP-Regierung unter Bundeskanzler Gusenbauer;
-       dem Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Faymann.
Bei der Tätigkeit des Bundesrates zeigte sich, dass die Parteipolitik bei der Ausübung des Einspruchsrechts und der parlamentarischen Kontrollrechte eine wichtige Rolle spielt.
In den Angelegenheiten der Europäischen Union waren die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon, die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in das innerstaatliche Recht, das Länderbeteiligungsverfahren, mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofes und Vertragsverletzungsverfahren von besonderem Interesse für die Länder. Erfreulich konnte festgestellt werden, dass sowohl der Bund als auch die Länder der rechtzeitigen Umsetzung von EU-Richtlinien besondere Aufmerksamkeit widmen und die Vorgaben der Europäischen Union erfüllen.
Das Inkrafttreten des neuen Finanzausgleich 2008-2013 und des Österreichischen Stabilitätspakt 2008 wird grundsätzlich positiv bewertet. Der Trend der vergangenen Jahre, die Länder zugunsten des Bundes finanziell zu schwächen, konnte eingebremst werden. Schwerpunkte in den finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften waren neben der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise das Vorziehen der Steuerreform auf das Jahr 2009 sowie mehrere steuerpolitische Maßnahmen des Bundes (ua die Umsetzung der im Zuge des Wahlkampfs für die vorgezogene Nationalratswahl gemachten Versprechungen in den Bereichen Pflege und Kindergärten), die zu Mindereinnahmen für die Länder und die Gemeinden führen.
Ein kritischer Blick erfolgt auf die Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes mit der umstrittenen Einrichtung des Bundesasylgerichtshofs und der verfassungsrechtlichen Verankerung des „Kammerstaats“.
Das Verfassungsrecht der Länder wurde weiterentwickelt und in sechs Ländern die Landesverfassung geändert. Diese Änderungen enthalten bspw die Aufnahme des Klimaschutzes als Staatszielbestimmung, die Verpflichtung zur Schaffung und Sicherung eines Sondervermögens des Landes, die Änderung der Bestimmungen über die Ausübung der parlamentarischen Kontrollrechte und die Rechte der Mitglieder des Landtages. Erlassen wurden in Umsetzung der Wahlrechtsreform des Bundes neue Bestimmungen über die Einführung der Briefwahl und die Herabsetzung des Wahlalters.
Der Bericht behandelt in weiteren Kapiteln wichtige Gesetze des Bundes und der Länder, die Mitwirkung der Länder am Gesetzgebungsprozess des Bundes, wobei hier besonders das Begutachtungsverfahren und der Konsultationsmechanismus dargestellt werden. Besprochen werden die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften, die auch im Berichtsjahr durch die geschaffenen Einrichtungen sehr gut funktionierte, und die zahlreichen grenzüberschreitenden Kontakte der Länder im Jahr 2008.
Der 33. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2008); Wien 2009, ISBN 978-3-7003-1747-0, 512 Seiten, ist zum Preis von € 64,90 im Buchhandel erhältlich.

Eine Kurzfassung des 33. Berichtes über den Föderalismus 2008 ist als pdf-Datei abrufbar.



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Kooperativer Föderalismus in Österreich



Der soeben erschienene Band 111 der Schriftenreihe „Kooperativer Föderalismus in Österreich. Beiträge zur Verflechtung von Bund und Ländern“ enthält die Beiträge des im Rahmen der Studie „Intergovernmental Relations in Federal Countries“ des Forum of Federations am 3. März 2009 in Innsbruck abgehaltenen Workshops zum Thema „Intergouvernementale Beziehungen in Österreich“.

Die Beiträge geben einen Überblick über die Verflechtung der intergouvernementalen Institutionen in Österreich unter juristischen, politologischen und finanzwissenschaftlichen Aspekten. In den einzelnen Vorträgen kamen wichtige Fragen zu den bundesstaatlichen Strukturen und Kooperationen zur Sprache, die in der Wissenschaft bei weitem noch nicht vollständig erforscht sind.
Dabei ist festzustellen, dass der relativ hohe Grad an Zentralisierung, der dem österreichischen Bundesstaat eigen ist, im Bereich der intergouvernementalen Gesetzgebung Bestätigung, aber auch Relativierung erfährt, da es durch die in der Verfassungspraxis entwickelten Mechanismen durchaus länder(gemeinden)freundliche Ansätze in der Gesetzgebung gibt.
Die Länderkonferenzen, an denen regelmäßig auch Bundesvertreter teilnehmen, stellen das wichtigste Koordinationsinstrument zur Abstimmung der gemeinsamen Interessen der Länder dar.
In den letzten Jahren haben sich die staatsrechtlichen Vereinbarungen der Gebietskörperschaften zu einem wichtigen Instrument der Kooperation im österreichischen Bundesstaat entwickelt, die aus der Praxis nicht mehr wegzudenken sind. Die Vereinbarungen stellen auch für die effiziente innerstaatliche Durchführung (Umsetzung) von Normen und Planungen der Europäischen Union ein geeignetes Instrument dar.
Dargestellt werden weiters wichtige Aspekte des Fiskalföderalismus in Österreich sowie die Verteilung der finanziellen Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs. Abschließend werden die Auswirkungen von intergouvernementalen Beziehungen auf politische Verantwortlichkeit und Entscheidungen behandelt. Dazu ist festzuhalten, dass die Kooperation der verschiedenen Entscheidungsebenen zu einem Verschwimmen von Verantwortlichkeiten und von Kompetenzgrenzen sowie zur Intransparenz der politischen Entscheidungsprozesse führt.

Der Band 111 der Schriftenreihe BUSSJÄGER (Hg) „Kooperativer Föderalismus in Österreich. Beiträge zur Verflechtung von Bund und Ländern“, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7003-1748-7, ist zum Preis von € 27,90 im Buchhandel erhältlich.

Selbständigkeit und Integration im Alpenraum



Der kürzlich erschienene Band 32 der Föderalismus-Dokumente enthält die Ergebnisse des im Juni 2008 veranstalteten Workshops, der sich mit zentralen Fragen der Lebensbedingungen der Menschen im Alpenraum befasste.

Im Jahr 1982 erschien in der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus der von Pernthaler/Kathrein/Weber herausgegebene Band „Der Föderalismus im Alpenraum. Voraussetzungen, Zustand, Ausbau und Harmonisierung im Sinne eines alpenregionalen Leitbildes“. Die Autoren verwiesen darauf, dass sich der Alpenraum nicht nur landschaftlich, sondern auch in seiner kulturellen, politischen und ökonomischen Struktur eine nicht zu übersehende Eigenart und Eigenständigkeit bewahrt habe und begaben sich auf die Suche nach einem umfassenden Begriff des (alpenregionalen) Föderalismus.
Im Juni 2008 veranstalteten das Institut für Föderalismus, Innsbruck, sowie das Institut für Föderalismus und Regionalismusforschung der EURAC, Bozen, einen gemeinsamen Workshop, um dem alpenraumspezifischen Begriff des Föderalismus erneut nachzuspüren. Der Workshop hatte die Funktion, als Ideensammlung für ein umfangreicheres Projekt zu Fragen der Selbständigkeit und Integration im Alpenraum zu dienen. In der Zwischenzeit hatte sich schließlich viel verändert: Sämtliche Staaten des Alpenraumes sind entweder Mitglieder der Europäischen Union oder mit der Europäischen Union und ihrem Rechtssystem auf mehr oder weniger enge Weise verflochten. Auch die Begriffe „Föderalismus“ und „Regionalismus“ haben in den vergangenen Jahren so manchen Wandel erfahren.
Die Referate der Workshopteilnehmer kreisen um die Fragen, wie zentrale Fragen der Lebensbedingungen der Menschen im Alpenraum von den verschiedenen Ebenen (Europa, Mitgliedstaaten, regionale Ebene) geregelt werden, wie sich die Regionen des Alpenraumes im Wettbewerb behaupten oder wie institutionelle Vergleiche zwischen den Regionen überhaupt durchführbar sind. Die Beiträge sind nicht als abgerundete Bausteine eines bereits fertig gestellten Projekts zu verstehen, sondern vielmehr als erste Ansätze auf dem Weg, den „Föderalismus im Alpenraum“ neu zu analysieren und zu systematisieren.

Der Band 32 der FÖDOK-Reihe BUSSJÄGER/WOELK (Hg) „Selbständigkeit und Integration im Alpenraum. Streiflichter zu einem komplexen Projekt“ ist um € 7,00 zzgl Porto im Institut für Föderalismus erhältlich.


2009


Ein Blick zurück aufs Jahr 2009 und ein kleiner Ausblick auf 2010



Die Föderalismus-Info 6/2009 am Ende eines Jahres zieht kritisch Bilanz: Da war ein neuer, sehr zaghafter Versuch einer Verwaltungsreform, bei der der Bund schon zu Beginn im eigenen Bereich ins Stolpern kommt, da waren Zentralisierungsbemühungen im bereits extrem zentralistischen Bildungswesen und eine Zentralisierung der Aufsichtsbürokratie im Sozialversicherungswesen. Viel wurde vom Bund insgesamt nicht zustande gebracht und man muss feststellen: Es ist viel für das kommende Jahr übrig geblieben. 2010 werden aber auch die Länder gefordert sein, zu zeigen, wie weit sie bereit sind, Verantwortung für notwendige Schritte auf allen Ebenen zu tragen. Und ein Blick auf die jeweiligen Anteile an der Gesamtverschuldung Österreichs zeigt übrigens, dass sich die Länder – trotz der aktuellen Ereignisse im Süden – in dieser Frage nicht verstecken müssen.

Wieder einmal machte sich eine Bundesregierung an die Verwaltungsreform, von der bisher noch wenig Konkretes vorliegt: So warten das Föderalismusinstitut und viele andere mit Spannung auf die Realisierung des Jahrhundertprojektes einer gemeinsamen Fuhrparkverwaltung der Bundesregierung. Dann kann niemand mehr behaupten, dass in Österreich nichts vorwärts gehe!
In der Bildungsreform versuchen die Zentralisten die haarsträubende Performance unseres Staates im internationalen Vergleich mit noch mehr Zentralismus zu toppen – ein bemerkenswertes Unterfangen. Immerhin haben die Landeshauptleute eine Gegenposition zu diesem zentralistischen Wahnwitz eingebracht.
In der Gesundheitsreform erwarten sich viele eine Milliarde Einsparungen. Immerhin können wir in diesem Bereich, wo die Länder im Wege der Spitäler besonders viel Verantwortung tragen, darauf verweisen, anerkanntermaßen eines der besten Systeme der Welt zu erhalten. Die Länder werden unter Beweis stellen müssen, dass sie bereit sind, sich über lokale Egoismen hinwegzusetzen und durch Schwerpunktbildungen die erforderlichen Umstrukturierungen zu machen.
Wir teilen mit vielen, etwa mit Wirtschaftskammerpräsident Leitl, die Einschätzung, dass viele notwendige Reformen aufgeschoben wurden. Der Zwang zum Sparen wird in den kommenden Jahren unabweislich werden. Anders als viele andere sehen wir nicht das Heil in der Zentralisierung der Gesetzgebung, sondern verlangen einen Abbau von Bürokratie. Es werden alle Ebenen des Staates gefordert sein, ihren Beitrag zu leisten.
Eine Vielzahl von Verwaltungseinrichtungen des Bundes in den Ländern könnte in die Organisation der Landesverwaltungen übertragen werden, wodurch Synergien erzielt und Doppelgleisigkeiten abgebaut werden könnten: Arbeitsinspektorate, Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundessozialamt, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Bund könnte durch Schaffung eines einheitlichen Amtes der Bundesregierung viele Supportdienste zusammenlegen, wie dies auf Landesebene schon immer der Fall war. Die kabarettreife Geschichte der Fuhrparkverwaltung zeigt aber die Schwierigkeiten eines solchen Projektes auf.
Natürlich sind auch die Länder gefordert. Abgesehen davon, dass im Zuge des Finanzausgleichs getroffene Vereinbarungen (Harmonisierung der Pensionssysteme) nun einmal einzuhalten sind (was allerdings hinsichtlich der meisten Länder der Fall ist), haben uns die Vorgänge rund um die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria wie viele andere Österreicher auch tief erschüttert. Kein Wunder, dass die Politik mit Rufen nach einer Kuratel für die Länder oder neuen Aufsichtsregeln zur Stelle war!
Das Föderalismusinstitut wird sich auch in Zukunft solchen Knebelungsversuchen widersetzen. Es hat im Bankenbereich in der Vergangenheit vergleichbare Fälle gegeben, die nicht im Einflussbereich eines Landes, wohl aber des Bundes und seiner Aufsichtsorgane gelegen waren, ohne dass der Ruf nach einer Kuratel des Bundes laut geworden war. Dessen ungeachtet ist der Schaden für den Föderalismus in Österreich, der aus dieser Bankenkrise resultiert, hoch und es wird aller Anstrengungen der Länder bedürfen, im folgenden Jahr klarzumachen, dass sie imstande sind eigenverantwortlich zu handeln und auch Verantwortung zu tragen.
Eine kleine Argumentationshilfe für die Länder kann die nachfolgende Darstellung des Anteils der verschiedenen Ebenen des Staates (Bund, Länder, Gemeinden bzw die Sozialversicherungen) an der öffentlichen Gesamtverschuldung liefern:



Die Quelle ist unverdächtig, nämlich der Rechnungshof! Es zeigt sich, dass der Anteil von Ländern und Gemeinden bzw Sozialversicherungsträgern an der Gesamtverschuldung des Staates im Vergleich mit dem Bund gerade zu verschwindend klein ist. Es besteht also kein Anlass, über die Länder generell zu lamentieren!

Krankenkassen-Sanierung umgesetzt, neuer Zentralismus bei Aufsicht



Nach langwierigen Verhandlungen und Bemühungen wurden in den letzten Monaten Schritte zu einer Sanierung der defizitären Gebietskrankenkassen umgesetzt. Nachteile aus dieser neuen Regelung sind für die bisher gut wirtschaftenden Kassen zu befürchten. Mit der Neuregelung einher ging auch eine Zentralisierung der Aufsicht, deren künftiger Nutzen auf Basis bisheriger Erfahrungen mehr als fraglich ist.

Der unendlichen Geschichte Gesundheitsreform (siehe dazu zuletzt: Gesundheitsreform: Noch immer purer Zentralismus ohne Effizienzgewinne, in: Föderalismus-Info Nr 3/2008) wurden in den letzten Monaten ein paar neue Kapitel hinzugefügt.
Im Ministerratsbeschluss vom 10. Februar 2009 legte die Bundesregierung ein umfassendes Bekenntnis für eine nachhaltige Konsolidierung der Gebietskrankenkassen ab. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wurde aufgefordert, bis 30. Juni 2009 „ein mit den Gebietskrankenkassen und den Systempartnern abgestimmtes ausgabenseitiges Sanierungskonzept mit dem Ziel einer mittelfristig ausgeglichenen Gebarung als Voraussetzung für eine vom Bund vorzunehmende Verbesserung der Einnahmensituation vorzulegen“. Die Krankenversicherungsträger wurden aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um bestehende Kostendämpfungspotentiale zu realisieren. Am 26. Juni 2009 legte der Hauptverband das Sanierungskonzept „Gesundheit: Finanzierung sichern – Langfristige Potentiale zur Steuerung der Ausgaben und zur nachhaltigen Kostendämpfung“ vor.
 
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I Nr 52/2009, wurde der Wiener Gebietskrankenkasse aus bestehenden Rücklagen ein Betrag von 33 Mio € zuerkannt und im neuen § 643 Abs 2 ASVG im Ausgleichsfonds für die Gebietskrankenkassen vorgesehen, dass auf Krankenkassen mit einem negativen Reinvermögen entsprechende Mittel verteilt werden, die positiv wirtschaftende Krankenkassen erzielt haben.
Diese Bestimmung wurde mittlerweile von den Landesregierungen von Vorarlberg, Oberösterreich und Salzburg beim Verfassungsgerichtshof angefochten (G 166/09, G 198/09 und G 288/09).
 
Weiters wurde ein Kassenstrukturfonds für die Gebietskrankenkassen (Art 50 des Gesetzes) eingerichtet und durch das Bundesgesetz betreffend den Verzicht auf Bundesforderungen gegenüber Gebietskrankenkassen (Art 51 des Budgetbegleitgesetzes 2009) der Finanzminister ermächtigt, in den Jahren 2010 bis 2012 auf Forderungen des Bundes gegenüber defizitären Gebietskrankenkassen in der Gesamthöhe von 450 Mio zu verzichten.
Die vorgesehenen Maßnahmen stellen eine arge finanzielle Benachteiligung gut wirtschaftender Gebietskrankenkassen dar.
 
Der Nationalrat hat in seiner 49. Sitzung am 10. Dezember 2009 die Regierungsvorlage (RV 476 dB) betreffend das 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 beschlossen.
Mit dem Gesetz wurden ua die Verpflichtung zur Verwendung der E-Card und ihrer Infrastruktur in Krankenanstalten festgeschrieben, Maßnahmen zur Eindämmung von Missbrauchsfällen beim Ausgleichszulagenbezug vorgesehen und ein Kriterienkatalog für die Gesamtvertragsparteien bei der Vereinbarung von Honorarordnungen eingeführt.
Der wichtigste Inhalt des 4. SRÄG ist aber die Neuregelung der Bestimmungen über die Vermögenslage der Sozialversicherungsträger und die Stärkung des Aufsichtsrechts des Bundes über die Krankenkassen.
 
Die geänderten Bestimmungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (§ 448 ASVG – Aufhebung der Abs 2 und 5) sehen nun vor, das die gesamte Aufsicht über die Krankenversicherungsträger beim Bundesminister für Gesundheit konzentriert wird, um damit die Einheitlichkeit und Effizienz im Bereich der Bundesaufsicht zu erhöhen.
Bisher hatte der Landeshauptmann (gemäß § 448 Abs 2 ASVG) ein Aufsichtsrecht über Versicherungsträger, deren Sprengel sich über nicht mehr als ein Land erstreckt und über solche Krankenversicherungsträger, die nicht mehr als 400.000 Versicherte aufweisen.
Im Zuge des Begutachtungsverfahrens zum Gesetzentwurf und zur Regierungsvorlage lehnten die Länder den Entfall des Aufsichtsrechts entschieden ab, da sich dieses über Jahrzehnte bewährt hat. Entgegen der Annahmen des Bundes in den Erläuternden Bemerkungen ist der Entfall des Aufsichtsrechts des Landeshauptmannes nicht im Interesse einer Sparsamkeit, Einfachheit und Zweckmäßigkeit bei der Ausübung der Aufsicht gelegen. Auf Grund der räumlichen Distanz – vor allem bei den westlichen Bundesländern – wird die unmittelbare Ausübung der Aufsicht wesentlich erschwert und durch die weiten Anfahrtswege mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden. Außerdem kommt dem Bund als oberste Aufsichtsbehörde bereits derzeit (§ 448 Abs 5) ein unmittelbares Aufsichtsrecht zu. Die Einheitlichkeit und Effizienz im Bereich der Bundesaufsicht wird nicht erhöht, da von einer Aufstockung des Personalstandes bei den zwei zuständigen Ministerien, zusätzlichen Kosten für Sonderaufwandsentschädigungen und deutlich mehr Reisekosten ausgegangen werden muss.
Die nun umgesetzte Zentralisierung der Aufsicht, die trotz des Widerstands der Länder verwirklicht wurde, führt auch zu einer bedenklichen Aushöhlung der Selbstverwaltung auf regionaler Ebene.

Immissionsschutzgesetz-Luft – Schaffung klarer Zuständigkeiten zur Erreichung der Ziele



Derzeit befindet sich der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft versandte Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird, in Begutachtung. Die angestrebte Schaffung klarer Zuständigkeiten – kombiniert mit wirksamen Handlungsmöglichkeiten – findet sich darin allerdings nicht. Eher sieht es wieder einmal danach aus, dass Verantwortung auf die Länder abgewälzt wird, ohne ihnen die nötigen Werkzeuge in die Hand zu geben.

Mit der Novelle des IG-Luft im Jahr 2001 wurden die Immissionsgrenzwerte der Konzentration von Luftschadstoffen festgelegt und dabei Jahresmittelwerte vorgesehen, die strenger sind als die Grenzwerte, die sich aus den europarechtlichen Vorgaben ergeben. Bereits damals wiesen die Länder, die sich ausdrücklich zu den Zielen der Luftqualitätssicherung bekennen, darauf hin, dass es schwierig sein werde, sowohl die Grenzwerte der EU-Richtlinie als auch jene der Novelle des IG-L einzuhalten.
Auf Grund der Richtlinie 2001/81/EG über nationale Emissionshöchstgrenzen für bestimmte Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie) ist das IG-L stark mit dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft verknüpft. Österreich hat sich verpflichtet, die Stickstoffdioxidemissionen bis zum Jahr 2010 auf 103.000 Tonnen zu begrenzen. Tatsächlich wird dieser Wert zum heutigen Zeitpunkt um mehr als 50% überschritten, wobei der überwiegende Ausstoß dem Kfz-Verkehr zuzuordnen ist.
Ein grundlegendes Problem im IG-Luft ist, dass die Landeshauptleute zwar in mittelbarer Bundesverwaltung verpflichtet sind, Maßnahmen zur Reduktion der Belastung durch Luftschadstoffe zu erarbeiten und umzusetzen, diese aber auf Grund von gesetzlichen Ausnahmen oder fehlender Kompetenzen nur schwer umgesetzt werden können.
 
Die Landesumweltreferentenkonferenz ersuchte in ihrem Beschluss anlässlich der Tagung vom 19. Juni 2009 den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft spätestens im Herbst 2009 einen Entwurf einer umfassenden Gesetzesnovelle zur weiteren Besprechung vorzulegen und diesen bis 31. Oktober 2009 zu einer Abstimmung mit den Ländern zu bringen, wobei auch die Diskussion über die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub enthalten sein müsse. Eine derartige Diskussion erfolgte nicht ausreichend und findet auch im Begutachtungsentwurf keinen Niederschlag.
 
Noch in der letzten Tagung der „Plattform Saubere Luft“ am 13. und 14. Oktober 2009 in Salzburg war völlig unklar, ob überhaupt bzw wann und in welcher Weise eine Novellierung des IG-Luft durchgeführt werden soll. Daher war die nun kurzfristig eingeleitete Begutachtung der Änderungen der IG-L sehr überraschend.
 
Der grundsätzliche Ansatz des geplanten Vorhabens, die Ausnahmebestimmungen für Verkehrsbeschränkungen deutlich zu reduzieren sowie die geplante Form der Kundmachung von Verordnungen, entsprechen einer langjährigen Forderung der Länder.
Nach dem vorliegenden Entwurf liegt die Hauptverantwortung zur Erreichung der Luftreinhalteziele allerdings nahezu ausschließlich bei den Landeshauptleuten. Diesen werden – vor allem emissionsseitige – Aufträge übertragen, ohne dass auch ausreichende rechtliche Möglichkeiten für Maßnahmen zur Verminderung bzw Verbesserung der Luftgüte eingeräumt werden.
 
Ein IG-L in der vorliegenden Fassung kann nur abgestimmt mit einem NEC-Programm des Bundes sinnvoll diskutiert werden. Ein derartiges NEC-Programm zur Einhaltung der Emissionshöchstmengen von 103.000 Tonnen für Stickstoffoxide ist jedoch nicht einmal im Ansatz vorhanden, obwohl dieser Wert bereits im Jahr 2010 eingehalten werden müsste. Es bedarf deshalb eines ressortübergreifenden Gesamtpaketes der Bundesregierung, in allen Bereichen die Schadstoffemissionen zu reduzieren.
 
Die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte wird nur dann möglich sein, wenn auch die Emissionen reduziert werden, zumal die nationalen Regelungen noch strenger sind als jene des EU-Rechts.
Der Bund sollte auch verstärkt seine Kompetenz nach § 22 IG-L wahrnehmen. Von der Bundesregierung könnten zur Reduktion der verkehrsbedingten Emissionen, die zur Überschreitung von Immissionsgrenzwerten führen, verkehrsspezifische Maßnahmen vorgesehen werden, wie zB die Verbesserung oder die Neuerrichtung der Verkehrsinfrastruktur.
 
Zum Begutachtungsentwurf machten die Länder zahlreiche Bemerkungen und Verbesserungsvorschläge. So sollte etwa bei den Maßnahmen für die räumliche und zeitliche Beschränkung des Verkehrs überlegt werden, ob über sog „push-and-pull“ Maßnahmen (zB Förderungen, Bevorzugung moderner abgasarmer Fahrzeuge, Ökologisierung von Steuersystemen, Gebote und Verbote etc) nicht effizienter eine rasche Erneuerung der Fahrzeugflotte oder Nachrüstung mit Abgasreinigungssystemen erreicht werden könnte. Gleichzeitig wären nicht motorisierte Mobilitätssysteme und die Nutzung des ÖPNV zu fördern und der Umstieg ebenfalls unter „push-and-pull“ Gesichtspunkten zu forcieren. Eine derartige Vorgangsweise würde auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
 
Offenbar ist das Bemühen des Bundesgesetzgebers darauf ausgerichtet, durch ein kompliziertes Berechnungssystem die Verantwortung für die Zielerreichung wiederum den Landeshauptleuten zu überantworten und auf diese sowohl den damit verbundenen finanziellen Aufwand als auch das politische Konfliktpotential abzuwälzen.
 
Der vorliegende Begutachtungsentwurf soll im Einvernehmen mit den Ländern grundlegend überarbeitet werden. Es müssen auch klare Zuständigkeiten vorgesehen werden, damit wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Luftgüte getroffen werden können. Eine umfassende Änderung des IG-L unter den derzeitigen Rahmenbedingungen und in der geplanten Form erscheint nicht zielführend. Sinnvoller wäre es, zunächst ausschließlich die gemeinschaftsrechtlich notwendigen Änderungen vorzunehmen und die weitere Novellierung des Gesetzes erst nach Vorliegen eines effizienten NEC-Programmes mit diesem abzustimmen, vollzugstaugliche Bestimmungen einzuführen und die berechtigten Bedenken der Länder für den Vollzug der anlagenrechtlichen Bestimmungen aufzugreifen.

Frohe Weihnachten!



Das Föderalismusinstitut bedankt sich bei allen, die uns im laufenden Jahr in vielfältiger Weise unterstützt haben und wünscht allen Lesern der Föderalismus-Info frohe Weihnachten sowie Glück und Erfolg im neuen Jahr!

Heimat als Gegenentwurf zur Globalisierung – Chance oder Gefahr für die Föderalismusdebatte? Gastkommentar von Hans Karl Peterlini: „Wohl ist die Welt so groß und weit …“



Wir starten heute eine neue Serie. Das Institut für Föderalismus lädt Persönlichkeiten aus Kultur, Medien, Wissenschaft und Politik ein, ihren ganz persönlichen Blick auf das Thema Föderalismus zu werfen. Die Gastautorinnen und -autoren sind dabei eingeladen, ihren Zugang zu diesem Thema ohne allzu engen Rahmen zu beschreiben. Sie können Ideen zum Staats- und Gesellschaftsaufbau entwickeln, präsentieren, zur Diskussion stellen oder über Erfahrungen mit zentralistischen bzw. föderalistischen Lösungen, mit Bürgerferne bzw -nähe von Politik und Verwaltung berichten. Für den ersten Beitrag haben wir den Südtiroler Journalisten und Autor Hans Karl Peterlini gewonnen, der über das Spannungsfeld von Heimat und Globalisierung – und dessen Auswirkungen auf die Föderalismusdebatte schreibt.

„Wohl ist die Welt so groß und weit und voller Sonnenschein, das allerschönste Stück davon ist doch die Heimat mein ...“ Das Südtiroler Heimatlied von Karl Felderer hat einen eigenartigen Charme und eine schier magische Kraft: Wer in dieser Klangkulisse aufgewachsen ist, wer gesehen hat, wie bei politischen Versammlungen Väter und Mütter aufstehen und das Lied singen, mit leuchtenden und manchmal feuchten Augen, der mag sich noch so kritisch mit Heimat- und Identitätsverirrungen auseinandersetzen. Sobald er das Lied hört, mir geht’s zumindest so, zieht es ihn in seinen Bann.
Weder das Heimatlied noch Felderer verdienen Verklärung, es wurde in einer Zeit geschrieben, als alle Heimat gerade an deren Nationalisierung zerbrochen war, die große Monarchie, das kleine Tirol ... Und es feite weder Karl Felderer noch die meisten seiner Generation davor, die besungene Heimat für die Versprechungen des Tausendjährigen Reiches aufzugeben. Es ist in diesem Sinne eher ein Lied des Heimatverlustes, in dem Heimat als Sehnsuchtswelt allem Irdischen entsteigt.
Für jüngere Südtiroler ist das Lied vielleicht ein alter Hut, aber dafür schwenken sie in den flippigsten Diskotheken und schrägsten Partykellern ihre brennenden Feuerzeuge, wenn auf dem Höhepunkt des Fetens ein anderes Lied aufgelegt wird: „Dem Land Tirol die Treue“ von Florian Pedarnig, mit neuen Strophen zusätzlich patriotisch aufgeladen. Was vor wenigen Jahren noch als alter Zopf gegolten hätte wie die Tiroler Landeseinheit oder das Bekenntnis zu Heimat und Geschichte, ist zur Jugendkultbewegung geworden, schrill aufgeputzt mit T-Shirts und allerlei anderem Tand.
Das kommt nicht von ungefähr. „Heimat“ ist ein Gegenentwurf zur Globalisierung. Es bietet einen Mutterschoß an in einer Zeit, in der alle Illusionen von Geborgenheit und Verwurzelung weggerissen werden. Dieselben Jugendlichen, die über Facebook Freundschaften in der ganzen Welt schließen, die mit 20 weiter gereist sind als ihr Eltern das ganze Leben, die im Paradigma des long-life und und widelife learning sozialisiert werden, die sich auf mehrfache Berufswechsel einstellen müssen – diese Generation postmoderner Nomaden sehnt sich trotzdem oder deswegen nach ... Heimat.
Für die Föderalismusdebatte ist das eine große Chance mit manchen Gefahren. Nie war Föderalismus, wenn er endlich auch einer breiteren und jüngeren Öffentlichkeit übersetzt wird, so modern, so attraktiv, so mehrheitsfähig. Die Globalisierung ruft nach der Wiederentdeckung und Aufwertung der kleinen Räume. Was da von oben an Sicherheiten weggerissen wird, schafft Freiheiten auch nach unten. Umso wichtiger wird es sein, Föderalismus nicht als Rückzugspolitik ins Kleine und Feine zu verstehen, sondern als politisches Basiscamp für Horizonterweiterung und Weltbewusstsein. Das größer werdende Europa braucht nicht provinzielle Schutzräume, die sich ängstlich einer weiteren Integration entziehen, wohl aber regionale Kraftgebiete, die ihre Kreativität entfalten und nach außen bringen, die entgrenzte Welt braucht nicht eingezirkelte Kleinstaaten, sondern Regionen, die sich ihrer lokalen und globalen Verantwortung gleichermaßen bewusst sind. Damit Heimat kein letzter Rückzug, sondern ein immerwährender Aufbruch ist.

Europaweite Umfrage zum Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen: Länder und Gemeinden stehen besonders hoch im Kurs



Die neueste Umfrage von Eurobarometer (Standard Eurobarometer 71) zum Stimmungsbild der Union bei den Bürgerinnen und Bürgern hat auch die Einschätzung der regionalen und lokalen Ebene erforscht. Das Ergebnis ist eindeutig und fügt sich ein in eine Reihe anderer Untersuchungen: Die Menschen bringen den Ländern und Gemeinden besonders hohes Vertrauen entgegen, die nationalstaatliche und die europäische Ebene tun sich wesentlich schwerer, Akzeptanz zu finden.

In der Eurobarometer Umfrage zur EU-Stimmung wurde gefragt, welche der verschiedenen Ebenen die größte Bedeutung für die Lebensbedingungen hat.
43% gaben die nationale Ebene (den Bund) an (Europaweit 46%), 38% (europaweit 34%) nannten die regionale oder lokale Ebene (die Länder und die Gemeinden), 15% (europaweit 13%) die europäische Ebene. Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass die Bedeutung der Länder und Gemeinden von der Bevölkerung besonders hoch eingeschätzt wird. Die Bundesebene kommt im europäischen Ranking erst an 22. Stelle, die regionale und kommunale Ebene dagegen bereits an achter Stelle, die europäische Ebene an 9. Stelle.
Die Frage, ob die regionale oder lokale Ebene ausreichend in die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene einbezogen ist, wird in Österreich von 66% der Befragten verneint (europaweit 63%). Österreich liegt damit im europäischen Vergleich an 6. Stelle, was die Forderung nach stärkerer Einbeziehung der regionalen oder lokalen Ebene in die Entscheidungsprozesse betrifft.
Eine etwas länger zurückliegende besondere Umfrage von Eurobarometer (Frühjahr 2008) hatte auch dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen der verschiedenen Ebenen gefragt.
Die Bevölkerung in Österreich vertraut zu 67% den regionalen oder lokalen Behörden (europaweiter Schnitt 50%). Das ist hinter Finnland, Dänemark und Schweden der vierte Rang. Die nationale Ebene liegt mit 50% (EU-Schnitt 34%) deutlich zurück, genießt aber im Vergleich ebenfalls überdurchschnittliches Vertrauen (Rang 8).
Die Ergebnisse korrelieren im Übrigen weitgehend mit den vorläufigen Ergebnissen eines Projekts des Instituts für Föderalismus zum föderalistischen Bewusstsein in Österreich, über das wir voraussichtlich in der nächsten Föderalismus-Info berichten werden.
Zu guter letzt noch einige Ergebnisse der Umfrage von Eurobarometer, die wir allen Parteien mit Nachdruck ans Herz legen (zumal mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon alle im Nationalrat vertretenen Parteien auch im Europäischen Parlament repräsentiert sein werden):
Europaweit trauen gerade mal 26% den Abgeordneten zum Europäischen Parlament zu, am besten dafür geeignet zu sein, die persönlichen Interessen der Bürgerinnen und Bürger in der EU zu vertreten. Dieser bestürzend niedrige Wert wird in Österreich noch dazu weit unterboten: 11% der Bevölkerung halten die österreichischen EU-Abgeordneten dafür geeignet, das ist der schlechteste Wert in ganz Europa! Noch schlechter schneiden die EU-Abgeordneten allerdings bei der Frage ab, ob sie als geeignet eingeschätzt werden, die Auswirkungen der europäischen Politik auf das Alltagsleben zu erklären. Gerade mal 9% trauen ihnen diese Vermittlerfunktion zu, auch hier der schlechteste Wert in Europa. Hingegen trauen immerhin 31% den Vertretern der regionalen und lokalen Ebene diese Leistung zu, immerhin der zweitbeste Wert in Europa!

Rechnungshofkontrolle der Gemeinden – Verfassungsänderung ohne Einbeziehung der Länder?



Die schon länger geführte Diskussion um eine Ausweitung der Prüfungskompetenzen der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder auf die Gemeinden hat eine neue Facette erhalten. Geht es nach einer Entschließung des Nationalrats vom September, soll der Bundesrechnungshof künftig auch kleinere Gemeinden prüfen. Dabei war eigentlich vereinbart, dass die Länder im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie entscheiden sollen, mit dieser Aufgabe – im Sinne höherer Effizienz und zur Vermeidung von Doppelprüfungen – die Landesrechnungshöfe betrauen zu können. Der Vorschlag von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter, die Landesrechnungshöfe abzuschaffen und dem Bundesrechnungshof einzugliedern, ist überhaupt der Gipfel an Ineffizienz und Zentralismus.

Die schon länger geführte Diskussion um eine Ausweitung der Prüfungskompetenzen der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder auf die Gemeinden hat eine neue Facette erhalten:
Am 23. September 2009 beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr 1/1930, geändert wird (BGBl I Nr 106/2009). Nach dem neu gefassten Art 126b Abs 2 B-VG wurde die Prüfkompetenz des Rechnungshofes erweitert, da diesem nunmehr auch die Prüfung der Gebarung von Unternehmungen obliegt, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern jedenfalls mit 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.
Im Zuge dieser Novelle hat der Nationalrat auch einstimmig eine Entschließung (45/E XXIV. GP) gefasst. Mit dieser wurde die Bundesregierung aufgefordert, unter Einbeziehung des Rechnungshofpräsidenten (nicht aber der Länder!) eine Neuordnung der Kompetenzen für die Gebarungsprüfung von Gemeinden mit folgenden Zielsetzungen zu erarbeiten:
  • Erarbeitung eines Gesamtprüfkonzepts, um die Gebarungsprüfungskompetenzen der jeweiligen Prüfeinrichtungen aufeinander abzustimmen;
  • Ausweitung der Prüfkompetenzen des Bundesrechnungshofes; Staffelung nach Einwohnerzahlen der Gemeinden oder ökonomischen Kennzahlen;
  • Sicherstellung erhöhter Transparenz hinsichtlich der Prüfergebnisse und Prüfberichte.
Der Vorschlag einer Neuordnung der Prüfkompetenzen soll dem Nationalrat binnen sechs Monaten zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Es ist auffallend, dass die Diskussion so geführt wird, als ob es die Länder und die Landes-Rechnungshöfe nicht gäbe. Das Föderalismusinstitut verweist in diesem Zusammenhang auf den Konsens in Ausschuss 8 des Österreich-Konvents, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, die Landesrechnungshöfe mit der Gebarungskontrolle von Gemeinden betrauen zu können. Offenbar handelt es sich hier um einen der vielen Konsense der Staatsreform, an die sich nachträglich niemand mehr erinnern will.
Auch im Regierungsprogramm für die XXIV. GP ist eine Formulierung enthalten, wonach es den Ländern möglich sein soll, unbeschadet der bestehenden Zuständigkeit des Rechnungshofes den Landesrechnungshöfen die Überprüfung der Gemeinden und Gemeindeverbände zu übertragen. Zur Vermeidung von Doppelprüfungen soll es zu einer Abstimmung des Rechnungshofes und der Landesrechnungshöfe kommen (vgl im Regierungsprogramm, S 240, Punkt 4.).
Das Föderalismusinstitut erlaubt sich daher, die Bundesregierung und die Regierungsparteien im Nationalrat an ihr eigenes Regierungsprogramm zu erinnern.
Im Interesse der Effizienz kann es nicht gelegen sein, dass der Rechnungshof allein entscheiden soll, welche Gemeinden in den Ländern geprüft werden.
Im Vorfeld dieser Entschließung gab es auch den Vorschlag von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter, die Rechnungshöfe der Länder zusammenzulegen und sie dem Rechnungshof des Bundes unterzuordnen. Das Föderalismusinstitut darf dazu erwidern, dass es die Länder waren, die gegen vielfältigen Widerstand des Bundes im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie eigene Landeskontrolleinrichtungen geschaffen haben. Die Landesrechnungshöfe sind in keiner Weise minderwertigere Einrichtungen als der Rechnungshof und sind Ausdruck der föderalen Eigenständigkeit der Länder. Eine Zusammenlegung kommt daher schon aus diesem Grund gar nicht in Frage.

Neues zu den EVTZ



Wer ist dafür verantwortlich, den rechtlichen Rahmen für die EVTZ (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit) in den Mitgliedsstaaten der EU zu regeln, Länder oder Bund? Beide Ebenen reklamieren die Kompetenz für sich, wobei die Argumente der Ländern stärker zu sein scheinen, meint das Institut für Föderalismus.

Das Institut für Föderalismus hat in der Vergangenheit mehrfach zu den EVTZ Stellung genommen (siehe Föderalismus-Info Nr 2/2006 und zuletzt Nr 6/2008). Nachfolgend wollen wir über die aktuellen Entwicklungen informieren.
 
1.   Die EVTZ-VO der EU und die Aufgaben der Mitgliedstaaten
Die EVTZ-Verordnung (EG) Nr 1082/2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) schafft einen neuen Rechtsrahmen für die territoriale Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten. Ein EVTZ weist einen grenzüberschreitenen Charakter auf, weshalb er aus „Mitgliedern aus dem Hoheitsgebiet von mindestens zwei Mitgliedstaaten“ zusammengesetzt sein muss. Ein EVTZ verfügt über eine eigene Rechtspersönlichkeit.
Es können Staaten, aber auch nur regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder bestimmte Einrichtungen des öffentlichen Rechts solcher Staaten an einem EVTZ beteiligt sein. Seine Mitglieder müssen aber aus mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten stammen.
Die Verordnung ist unmittelbar anwendbar, lässt dem nationalen Gesetzgeber jedoch in manchen Bereichen einen gewissen Regelungsspielraum: Nationales Recht kann gemäß Art 2 Abs 1 lit c EVTZ-VO die Verordnung ergänzen, wo sie selbst keine oder nur teilweise Regelungen trifft. Gemäß Art 2 Abs 2 EVTZ-VO kann es sich beim anwendbaren nationalen Recht auch um das Recht eines Bundeslandes handeln.
Ergänzendes nationales Recht ist insbesondere in folgenden Bereichen erforderlich:
  • Genehmigung oder Versagung der Gründung eines EVTZ (Art 4 Abs 3 EVTZ-VO)
  • Registrierung und/oder Veröffentlichung der Satzung eines EVTZ (Art 5 Abs 1 EVTZ-VO; vgl auch Art 12 Abs 2 EVTZ-VO)
  • Kontrolle der Verwaltung der öffentlichen Mittel durch den EVTZ und Unterrichtung der anderen Mitgliedstaaten über Schwierigkeiten bei der Durchführung seiner Kontrollen (Art 6 EVTZ-VO)
  • Liquidation, Zahlungsunfähigkeit, Zahlungseinstellung und vergleichbare Verfahren (Art 12 Abs 1 EVTZ-VO)
  • Untersagung der Tätigkeit eines EVTZ, die gegen die Bestimmungen eines Mitgliedstaats über die öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit, Sittlichkeit oder das öffentliche Interesse eines Mitgliedstaats verstößt, oder Verpflichtung der EVTZ Mitglieder zum Austritt aus dem EVTZ, sofern der EVTZ die fragliche Tätigkeit nicht einstellt (Art 13 EVTZ-VO)
  • Auflösung eines EVTZ durch das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde des Mitgliedstaats (Art 14 EVTZ-VO).
2.   Erlassung der ergänzenden mitgliedstaatlichen Regelungen in Österreich – Kompetenzrechtslage
Es stellt sich die Frage, wer zur Erlassung der erforderlichen ergänzenden legislativen Maßnahmen auf mitgliedstaatlicher Ebene in Österreich zuständig ist. Nach längerer Zeit der Diskussion haben Bund und verschiedene Länder (Kärnten, Salzburg und Vorarlberg) legislative Maßnahmen in die Wege geleitet (so der Bund mittels einer Regierungsvorlage –175 BlgNR XXIV. GP) oder bereits beschlossen (so die Länder).
Würde die derzeit im Parlament eingebrachte Regierungsvorlage eines EVTZ-Gesetzes beschlossen, so entstünde ein Regelungskonflikt mit den entsprechenden, bereits beschlosssenen Landesgesetzen.
Entscheidend für die Beurteilung des Regelungskonfliktes erscheinen zunächst folgende Fragestellungen:
  • Ist ein EVTZ eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts und besteht eine Wahlmöglichkeit der Mitgliedstaaten, was die privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Rechtsform des EVTZ betrifft?
  • Wenn ein EVTZ eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, wer ist zur Regelung innerstaatlich zuständig?
  • Wenn ein EVTZ eine juristische Person des Privatrechts ist, wer ist zur Regelung innerstaatlich zuständig?
Die unterschiedlichen Auffassungen des Bundes und der Länder zu den hier maßgeblichen Fragestellungen werden in der nachfolgenen Synopse dargestellt.
 
 
Bund
Land
Öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsform
EVTZ kann „nach österreichischem Verständnis keine Körperschaft öffentlichen Rechts sein.“
Öffentlich-rechtliche Rechtsform gemeinschaftsrechtlich vorgegeben
Kompetenz zur Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform
Frage erübrigt sich auf Grund der obigen Prämisse.
Mangels einer enumerativ aufgezählten Bundeskompetenz zur Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform Residualkompetenz der Länder gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG.
Kompetenz zur Regelung der privatrechtlichen Rechtsform
Regelung der EVTZ fällt unter die Kompetenzen des Bundes zur Regelung des „Zivilrechtswesens“
Frage erübrigt sich auf Grund der oben angeführten Prämisse zur öffentlich-rechtlichen Rechtsform.
 
Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass sich die Auffassung des Bundes und der Länder mehr oder weniger diametral gegenüber stehen und einen Kompetenzkonflikt bei der Anwendung des Bundesgesetzes bzw der Landesgesetze bewirken.
 
Auffassung des Instituts für Föderalismus
Als Angelpunkt für die Beurteilung der Kompetenzrechtslage für die angesprochenen EVTZ-Regelungen erweist sich die Frage nach der Rechtsqualität eines EVTZ.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein EVTZ eine juristische Person ist. Die Auffassungen des Bundes und der Länder divergieren diesbezüglich auch nicht. Sie setzen sich aber nur mit der Frage auseinander, ob eine privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Rechtsform durch das Gemeinschaftsrecht vorgegeben ist.
Dem könnte aber entgegen gehalten werden, dass die EVTZ-Verordnung bereits eine juristische Person des Gemeinschaftsrechts schafft. Diese Meinung vertritt auch eine Studie des AdR (Ausschuss der Regionen (Hg), Europäischer Verbund für Territoriale Zusammenarbeit – EVTZ – (2007), S 94 ff).
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Rechtsvorschriften, die auf den EVTZ anzuwenden sind, privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur sind. Auch in diese Richtung weist die angeführte Studie des AdR (AdR, EVTZ, S 97 ff).
Nach diesem Verständnis wäre also der EVTZ eine juristische Person des Gemeinschaftsrechts, auf den aber, abhängig von der nationalen Rechtsordnung, privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Rechtsvorschriften anwendbar sein könnten. Darunter ist ganz allgemein „das für die Auslegung und Durchsetzung der Übereinkunft (über die Gründung des EVTZ, Anm) anwendbare Recht, bei dem es sich um das Recht des Mitgliedstaates handelt, in dem der EVTZ seinen Sitz hat“ (Art 8 Z 2 lit e VO) zu verstehen (AdR, EVTZ, S 98). Diese Rechtsvorschriften (zB das Vereinsrecht, das in vielen Mitgliedstaaten privatrechtlicher Natur ist, oder das Recht der kommunalen Zusammenarbeit, das typischerweise öffentlich-rechtlicher Natur ist) werden aber nur „hilfsweise“ angewendet (AdR, EVTZ, S 98). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass in Deutschland, das wie Österreich von einer starken legalistischen Rechtstradition geprägt ist, die Erlassung gesetzlicher Regelungen weder auf Bundes- noch auf Landesebene für notwendig erachtet wird. Man behilft sich mit einfachen Durchführungsverordnungen der Länder. Dies weist darauf hin, dass auch dort der EVTZ als eine vom Gemeinschaftsrecht bereits geschaffene juristische Person betrachtet wird (vgl nachstehenden Veranstaltungsbericht http://www.tu-dresden.de/ioer/internet_typo3/index.php?id=726).
Versteht man den EVTZ in diesem Sinne als eine juristische Person des Gemeinschaftsrechts, so gelangt man zum Ergebnis, dass ein bundesverfassungsrechtlich vorgesehener Typenzwang, was die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften in Form von Körperschaften des öffentlichen Rechts betrifft, keine Rolle spielen kann. Die juristische Person EVTZ, die nach nationalem Verfassungsrecht nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts geschaffen werden könnte, wird bereits durch unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht ins Leben gerufen. Die unmittelbar anwendbare EU-Verordnung ersetzt eine explizite bundesverfassungsrechtliche Verankerung. Dies ist letztlich ja auch der Sinn der EVTZ-Verordnung, nämlich einen Rechtsrahmen für die territoriale Zusammenarbeit zu liefern, die eben nicht davon abhängig ist, ob das jeweilige nationale Recht eine solche Form der Zusammenarbeit überhaupt kennt.
Damit stellt sich die vom Gemeinschaftsrecht nicht tangierte Frage nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung. Da der Auffassung des Bundesregierung, der EVTZ könne keine öffentlich-rechtliche Rechtsform sein, der Boden entzogen ist und andererseits die Kompetenzen des Bundes zur Regelung des Zivilrechtswesens oder auch des Vereinsrechts auf der Basis der Versteinerungstheorie nicht hinreichen, die „hilfsweise“ (so der von der Studie des AdR immer wieder gewählte Terminus). Anwendung dieser Regelungen auf EVTZ zu tragen, ist wohl im Sinne des Länderstandpunktes von einer Generalkompetenz der Länder auf der Grundlage des Art 15 Abs 1 B-VG auszugehen, die nur insoweit eingeschränkt ist, als hinsichtlich der Genehmigung der Teilnahme des Bundes oder einer Einrichtung nach Art 3 der EVTZ-VO, deren Regelung dem Bund obliegt, sowie im Hinblick auf die Verpflichtung dieser Rechtsträger zum Austritt aus einem EVTZ von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes als Organisationsgesetzgeber auszugehen ist (so die Ausführungen der RV zum Vorarlberger EVTZ-Gesetz).
 
3.   Folgerungen für die Landesgesetze Kärntens, Vorarlbergs und Salzburgs sowie die Regierungsvorlage eines EVTZ-Gesetzes des Bundes
Auf der Grundlage der vom Institut entwickelten Auffassung erscheinen die Landesgesetze Kärntens, Vorarlbers und Salzburgs verfassungskonform, die RV einer EVTZ-Gesetzes des Bundes dagegen verfassungswidrig.
Es wäre wünschenswert, wenn im Zuge der weiteren parlamentarischen Behandlung der RV dieses Problem bereinigt würde und das Bundesgesetz auf die Regelungen jener Bereiche eingeschränkt würde, hinsichtlich derer dem Bund tatsächlich Regelungskompetenz zukommt.

Literaturtipp



Christian Ranacher/Paul Frischhut, Handbuch der Anwendung des EU-Rechts mit Judikatur (EuGH, VfGH, VwGH, OGH). Facultas Verlag, Wien 2009.

Die Autoren legen ein Werk vor, das sich praxisbezogen mit der Anwendung des EU-Rechts und seinem indirekten Vollzug in Österreich anhand der Rechtsprechung des EuGH, VfGH, VwGH, des OGH, EGMR und sonstiger Gerichte auseinander setzt. Die Autoren zeigen, wie stark das EU-Recht die Rechtspraxis in Österreich bereits dominiert. Die Judikatur ist akribisch aufgearbeitet und auf neuestem Stand. Die intensive Durchdringung des Rechtsstoffes macht das umfangreiche Werk für Wissenschafter wie Praktiker zu einer Fundgrube. Literatur- und Judikaturverzeichnis weisen einen ganz beachtlichen Umfang auf.
Der Vertrag von Lissabon ändert an den von der Praxis zu beantwortenden Fragen der Anwendung des EU-Rechts inhaltlich wenig. Das Werk ist daher auf der Grundlage von „Lissabon“ ebenso wertvoll wie zuvor. Das Institut für Föderalismus kann die wertvolle Arbeit allen, die in Wissenschaft und Praxis mit dem EU-Recht befasst sind (und welche Juristinnen und Juristen sind das heute nicht?), nur wärmstens empfehlen.

Reform des Bildungswesens – Zahlen und Fakten aus föderalistischer Sicht



In der Debatte über die Reform des Bildungswesens und potenzielle Einsparungsmöglichkeiten jagt derzeit ein Vorschlag den anderen. Nicht immer wird seriös und nachvollziehbar argumentiert. Das Institut für Föderalismus hilft mit einer kurzen Bewertung und einigen Vorschlägen, den Überblick zu bewahren.

Die Reformvorschläge zum Bildungswesen überschlagen sich derzeit. Am 9. Juli 2009 wurde im Nationalrat ein Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Beratung der „Verwaltungsreform“ eingesetzt, der sich zunächst mit der Reform der Schulverwaltung beschäftigen wird.
Bei einer ersten Sitzung am 27. August 2009 wurden die Ergebnisse der Expertengruppe, der Rechnungshofpräsident Josef Moser, der Leiter des Instituts für Höhere Studien Bernhard Felderer und der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes Karl Aiginger angehören, präsentiert.
Am 20. Oktober 2009 wird eine neuerliche Sitzung stattfinden, in deren Rahmen auch Ländervertreter zu Wort kommen sollen.
Das Institut für Föderalismus hat bereits in der letzten Föderalismus-Info den „Beton-Zentralismus“ im Bildungswesen kritisiert. Der Umstand, dass das Bildungswesen für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft und damit auch der Länder im föderalen Staat von entscheidender Bedeutung ist, veranlasst uns, zu den Vorstellungen über die Reform des Bildungswesens aus föderalistischer Sicht Stellung zu nehmen.
 
 
Reformbedarf ist gegeben!
 
Internationale Studien können dahingehend auf den Punkt gebracht werden, dass Österreich mit einem vergleichsweise hohen Input an finanziellen Mitteln einen vergleichsweise bescheidenen Output erzielt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Sie können – darüber sind sich nicht einmal Bildungsexperten einig – vom Lehrerdienstrecht, über eine zu starke Segregierung im Schulwesen, bis hin zur Frage des (Nicht-)Aufstiegs in eine höhere Klasse mit Nicht Genügend reichen.
Der in den Vorschlägen der letzten Zeit in den Vordergrund gestellte Föderalismus (weil es sich auf die Länder leicht einprügeln lässt) als solcher, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Mit anderen Worten: Das Bildungswesen leidet gewiss nicht an zu viel, sondern an zu wenig Föderalismus.
Allerdings ist Reformbedarf auch bei der zersplitterten Schulverwaltung gegeben. Die komplizierten Regelungen der Art 81a und 81b B-VG allein über die Vollziehung der Schulgesetze (von der legislativen Kompetenzverteilung in Art 14 und 14a B-VG ganz zu schweigen) sind nicht mehr zeitgemäß. Für die Schulverwaltung wurde mit den Landes- und Bezirksschulräten ein eigener Verwaltungsapparat des BUNDES (mit personeller Beteiligung des Landes in Form des Präsidenten des Landesschulrates) aufgebaut. Die Bundesbehörden übernehmen in einigen Ländern auch die Landesvollziehung in Schulangelegenheiten. In anderen Ländern erfolgt die Landesvollziehung in Schulangelegenheiten durch eigenes Personal.
Dies hat das Föderalismusinstitut auch in der Vergangenheit immer wieder festgestellt.
 
 
Einsparungspotenzial eine Milliarde?
 
In den Diskussionen der letzten Monate war zuletzt von einer Milliarde Euro Einsparungspotenzial die Rede. Jährlich, versteht sich (so etwa das Modell des Management Clubs, vorgestellt im Rahmen des Europäischen Forums in Alpbach).
Einer Anfragebeantwortung von Bundesministerin Claudia Schmied (1730/AB XXIV. GP) können wir entnehmen, dass der jährliche Aufwand für die Landesschulräte und die Bezirksschulräte ca 67,6 Mio Euro beträgt. Wo wäre also der Rest zu holen? Im Ministerium? Nein. Das Modell des Management Clubs sieht vielmehr 662 Millionen Euro Einsparung in der Effizienzsteigerung (Reduktion der Klassenwiederholungen und Drop-Outs, Reduktion der Lehrerkosten, Fortbildung während der Dienstzeit etc). Das ist aber keine Frage des Föderalismus.
Für den Föderalismus bleibt nach den Berechnungen des Management Clubs ein Einsparungspotenzial von 116 Millionen übrig. Zu dieser Zahl gelangen die Autoren der Studie, indem sie zu den ungefähr 1.600 Bundesbediensteten im Bereich der Landes- und Bezirksschulräte 990 Bedienstete im Ministerium und geschätzte 1.500 Landesbedienstete in den Schulverwaltungen der Länder heranziehen.
Unseren Erhebungen zufolge sind im Bereich der Landesschulverwaltungen Oberösterreichs, Tirols und Vorarlbergs ca 70 Bedienstete tätig. Schon daraus zeigt sich, dass die geschätzten 1.500 Landesbediensteten eine völlig irreale Zahl sind, sie dürfte um rund 1.200 Bedienstete zu hoch sein. Nun wollen aber die Autoren der Studie ihr Einsparungspotenzial aus 586 Dienstposten lukrieren (sie benötigen in ihrem neuen Modell 3.500 Bedienstete gegenüber angeblich derzeit 4.086). Berücksichtigt man die falsche Berechnung der Zahl der Landesbediensteten um 1.200, ergibt sich für das Konzept des Management Clubs ein Mehrbedarf an Bediensteten von gut 600! Das nennen wir Verwaltungsreform in Österreich!
 
 
Step by Step – Reform: Vorschlag des Föderalismusinstituts
 
Die föderalistische Reform des Bildungswesens sollte paketweise angegangen werden. Ein erster Punkt ist die Schulverwaltung. Wir schlagen vor:
 
Step 1:
 
  • Ersatzlose Abschaffung der Bezirksschulräte. Es gibt in der Diskussion eigentlich niemanden, der diese Einrichtung noch für zukunftsträchtig hält.
  • Organisatorische und personelle Einbindung der Landesschulräte in die Landesverwaltungen im Rahmen des Amtes der Landesregierung. Es gibt keinen Grund, weshalb die Schulverwaltung nicht Bestandteil der allgemeinen Verwaltung sein soll. Dies ermöglicht Synergien und hebt Parallelverwaltungen auf.
  • Die bisherigen Vollzugsaufgaben des Bundes durch die Landesschulräte werden von den neuen Organisationseinheiten im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung erledigt. Dies ermöglicht die erforderliche Steuerung durch das Bundesministerium.
  • Das Bildungsministerium schlankt seine Strukturen ab. Schon ein Blick in den Amtskalender zeugt von einer turbulenten Parallel- und Kreuz-und-quer-Verwaltung.

Mit diesem Modell können wir zwar keine Milliarde Einsparung garantieren, auch nicht 100 Millionen, aber eine Reform mit nennenswerten und vor allem erzielbaren Einsparungen!

 
Step 2:
 
In einem zweiten Schritt kann ein neues Lehrerdienstrecht, das natürlich modernen Erkenntnissen der leistungsgerechten Entlohnung im öffentlichen Dienst Rechnung tragen sollte, angegangen werden.
Das Föderalismusinstitut hat für die Landeslehrer bereits in der Vergangenheit die Dienstrechtskompetenz für die Länder gefordert. Wir können uns auch vorstellen, dass die Lehrer in Zukunft überhaupt Landeslehrer sind. Dies würde bei entsprechend vernünftiger Konzeption den Wechsel des Dienstes zwischen den Ländern nicht behindern, sondern auch das Verantwortungsbewusstsein der Länder bei der Anstellung von Lehrerpersonal erhöhen.
 
Step 3:
 
In einem dritten Schritt kann über größere regionale Spielräume in der Organisation des Unterrichtswesens gesprochen werden. Das Föderalismusinstitut bezweifelt nicht die wichtige Funktion des Bundes, durch die Lehrplangestaltung und Vorgaben von Bildungsstandards die Mobilität in Österreich und der Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu gewährleisten. Dazu sind aber nicht wie bisher tausende Gesetzesseiten erforderlich!
 

Beton-Zentralismus im Bildungswesen



Und wieder einmal wird versucht, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben: Die Bildungsverwaltung soll zentralisiert werden und die Länder wehren sich vehement. Ihr Argument: Das österreichische Bildungssystem ist bereits extrem zentralisiert und zeigt bei allen internationalen Vergleichsstudien (Pisa etc), dass es damit keine guten Ergebnisse erzielt. Länder, die den umgekehrten Weg in Richtung mehr Föderalismus in der Bildung gehen, sind dagegen erfolgreicher.

In der Medienberichterstattung der vergangenen Wochen wurden die Länder immer wieder als Reformverhinderer und Blockierer dargestellt. Von „Beton-Föderalismus“ war in diesem Zusammenhang die Rede. Das Institut für Föderalismus lehnt selbstverständlich jede Reform- und Diskussionsverweigerung von welcher Seite sie auch immer kommt, entschieden ab.
Ebenso entschieden ist aber auch eine einäugige Schuldzuweisung abzulehnen. Der Beton-Föderalismus wird meistens noch durch den Beton-Zentralismus getoppt, der in der öffentlichen Diskussion zwar nicht eine solche Aufmerksamkeit erfährt, aber umso realer ist.
Das klassische Beispiel für Beton-Zentralismus ist in Österreich das Bildungswesen. Obwohl die internationalen Leistungsvergleiche (PISA I und II) dem status quo ein äußerst schlechtes Zeugnis ausstellen und die bestehenden Strukturen im Ergebnis ausgesprochen zentralistisch sind, wird das Heil im weiteren Zentralismus gesucht.
Um es klarzustellen: Österreich weist im Bildungswesen einen Zentralismus auf, der auch unter zentralistischen Kleinstaaten seinesgleichen sucht: Die Länder haben wohl die Gesetzgebungskompetenz für die Pflichtschulen, die aber von der Grundsatzgesetzgebung des Bundes engstens eingeschnürt ist. Die Landeslehrer sind zwar Landesbedienstete, ihr Dienstrecht wird aber bis in die letzte Verordnung vom Bund geregelt (und folgerichtig auch vom Bund bezahlt). Die Schulverwaltung in den Ländern erfolgt weitgehend über die Landesschulräte, die zwar den Eindruck erwecken, Landesbehörden zu sein, in Wahrheit aber Bundesbehörden sind.
Im verblichenen Österreich-Konvent zeigte sich erstmals ein kleiner Lichtblick: Man einigte sich darauf, die Landesschulräte mit der – viel schlankeren – Landesschulverwaltung zusammenzuführen und in den Ämtern der Landesregierung eigene Bildungsdirektionen einzuführen. Das Regierungsprogramm der SPÖ/ÖVP-Regierung unter Bundeskanzler Gusenbauer sah genau dies vor. Damit wäre erstmals eine – wenn auch kleine – Bresche in den Beton-Zentralismus Bildungswesen geschlagen worden.
Nichts davon wurde umgesetzt. Im Gegenteil: Die gegenwärtigen Pläne der Bundesregierung sehen eine vollständige Zentralisierung des Bildungswesens und damit die Ausschaltung der Länder aus der Zukunftsaufgabe der Gewährleistung einer regionalen Bildungslandschaft vor. Wieder einmal wurde ein Verhandlungsergebnis zwischen Bund und Ländern von den Beton-Zentralisten umgestoßen. Es ist nicht nur völlig verständlich, sondern vor allem berechtigt, wenn dieses Projekt auf Widerstand der Länder stößt.

Verwaltungsreform – zahlreiche Reformschritte von den Länder bereits umgesetzt



Während der Bund häufig Verwaltungsreformen fordert und ankündigt, haben die Länder bereits vieles umgesetzt. Von dem, was dort bereits erledigt wurde, kann der Bund in vielen Bereichen nur träumen. Da diese Leistungen der Länder selten das Licht der medialen Öffentlichkeit erreichen, erarbeitet das Institut für Föderalismus eine „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“ mit dem Ziel, die Leistungen der Länder im Bereich der Verwaltungsreform zu präsentieren. Erste Zwischenergebnisse bei einem Workshop am 9. Juni 2009 in Innsbruck zeigen beachtliche Fortschritte in folgenden Bereichen: Modernisierung der Landesverwaltung durch interne Maßnahmen im Amt der Landesregierung, Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, Dienstrechts-, Besoldungs- und Pensionsreformen, Verfahrensbeschleunigung und Verwaltungsmanagement, Ausbau von E-Government.

In den geführten Diskussionen über die Verwaltungsreform entsteht häufig der Eindruck, dass nur der Bund Reformen umgesetzt hat bzw solche in Angriff nimmt. Dabei kommen die Leistungen der Länder, die diese in den letzten Jahren im Bereich der Verwaltungsreform erbracht haben, völlig zu kurz. Gerade die Länder sind es, die ihre Verwaltungen modernisierten, einen Bürokratieabbau, der zu schnelleren Verfahrensabläufen und einer Reduktion von Dienstposten führte, umsetzten und die neuen elektronischen Medien nützten.
Derzeit arbeitet das Institut für Föderalismus am Projekt „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“ mit dem Ziel, die Leistungen der Länder im Bereich der Verwaltungsreform darzustellen und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Bei einem Workshop, der am 9. Juni 2009 in Innsbruck stattfand, stellten die von den Ländern namhaft gemachten Experten die jeweils von den einzelnen Ländern verwirklichten Reformschritte dar.
Zusammenfassend dürfen nachstehend die von den Ländern umgesetzten wichtigsten Punkte in der Verwaltungsreform bzw Verwaltungsmodernisierung angeführt werden:

Modernisierung der Landesverwaltung durch interne Maßnahmen im Amt der Landesregierung:

Umgesetzt wurden ua eine Neugliederung bzw die Neuorganisation der Gruppen und Abteilungen in den Ämtern der Landesregierung, dadurch konnte auch durch die Zusammenlegung und Auflösung bisheriger Abteilungen eine teilweise beachtliche Reduktion von Abteilungen bzw Führungspositionen erreicht werden, die auch mit einer Einsparung von Dienstposten verbunden war.
Von den zahlreichen umgesetzten Maßnahmen dürfen beispielsweise angeführt werden:
  • Seminare und Weiterbildung der Führungskräfte
  • Schaffung von Fahrzeugpoolen und Fuhrparkmanagement
  • Elektronisches Dienstreisenmanagement
  • Professionalisierung im Projektmanagement, Ausbildung von Projektmanagern
  • Beteiligungsmanagement – mit Erfassung sämtlicher Beteiligungen des Landes an Unternehmungen.


Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung
Im Sinne von „New Public Management“ stellt dabei die Implementierung der Kosten- und Leistungsrechnung als betriebswirtschaftliches Steuerungsinstrument eine wichtige Maßnahme dar.
Weiters wurde in mehreren Ländern das Qualitätsmanagementsystem CAF eingeführt.
Ausbau der Planungs-, Steuerungs- und Kontrolltätigkeiten durch interne Revision und strategisches, operatives Controlling etwa im Bereich der Förderungsangelegenheiten.


Dienstrechts-, Besoldungs- und Pensionsreformen:
Vom Großteil der Länder wurden Dienstrechtsreformen umgesetzt und ein modernes Dienstrecht für die Landesbediensteten geschaffen, eine Neubewertung der Stellen vorgenommen und dabei neue Leistungsanreize für die Bediensteten eingeführt, Mitarbeitergespräche vorgesehen, Maßnahmen im Bereich Personalentwicklung umgesetzt oder die Wiederbestellung von Führungskräften reformiert sowie Maßnahmen im Bereich der Gleichstellung der Frauen umgesetzt.
Der Großteil der Länder hat auch eine Pensionsreform für die Landesbediensteten umgesetzt, die sich an den Grundsätzen der Pensionsreform des Bundes – gemäß den Anregungen des Rechnungshofes – orientiert.


Verfahrensbeschleunigung und Verwaltungsmanagement:
Durch die Verfahrensvereinfachung und die Schaffung des One-Stop-Shop-Prinzips konnte eine deutliche Reduktion des für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (zB Gewerberechtliches Betriebsanlagenverfahren) notwendigen Zeitraumes erreicht werden.


Aufgabenkritik und Aufgabenreform
Im Bereich Aufgabenkritik bzw Aufgabenreform wurde eine Durchforstung von Verwaltungsleistungen im Hinblick auf Aufgabenabbau, Ausgliederung, Ablaufverbesserungen und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren vorgenommen. Oberstes Ziel dabei ist eine Kostenreduktion durch Konzentration auf die Kernaufgaben der Verwaltung, verbunden mit schlanken Organisationsstrukturen und optimierten Verwaltungsabläufen.
Verwirklicht wurden auch Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenorientierung, im Bereich Ausbau des Bürgerservices und der Bürgerbüros.


Ausbau von E-Government:
Dazu zählen ua
  • die Einführung eines flächendeckenden elektronischen Aktes,
  • die Einführung eines elektronischen Verfahrensinformationssystems, über das sich der Bürger über den Stand seines Verwaltungsverfahrens erkundigen kann,
  • die Einrichtung eines E-Governmentportals mit Bürgerkartenfähigkeit
  • Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Land und den Gemeinden im Bereich der Informationstechnologie
  • Verbesserung des Internetauftrittes der Länder, um einen schnelleren und einfacheren Zugang der Bürger zu den Leistungen der Landesverwaltungen zu erreichen.
Diese von den Ländern verwirklichten Reformmaßnahmen zeigen deutlich, dass die Länder bedeutende Leistungen in der Verwaltungsreform erbracht haben. Sie könnten für den Bund, man denke nur an die Beharrlichkeit in den einzelnen Bundesministerien, sich internen Verwaltungsreformen zu widersetzen, um damit verbundene Einsparungen umzusetzen, Beispielswirkung haben.
Das Institut für Föderalismus wird das Projekt fortsetzen und in den folgenden Ausgaben der Föderalismus-Info über den weiteren Fortgang berichten.

Wissenschaftspreis – Verlängerung der Einreichfrist



Auf Bitte einiger potenzieller Einreicher wurde die Abgabefrist für Bewerbungen um den Wissenschaftspreis um einen Monat, bis 30. September 2009, verlängert. Die Bewerbungsunterlagen sind auf der Homepage des Instituts abrufbar.

Tagungsband: Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederung



Mit der Frage, wie die parlamentarische Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung im Spannungsfeld von Informationswünschen des Parlaments und diversen Verschwiegenheitspflichten funktionieren kann, beschäftigte sich eine vom Institut für Föderalismus am 28. November 2008 in Linz durchgeführte Tagung. Nun ist der Tagungsband in der Schriftenreihe des Instituts mit einer Dokumentation der Referate und Diskussionsbeiträge dieses Seminars erschienen und im Buchhandel erhältlich.

Wie kann künftig die parlamentarische Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger und anderer Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung aussehen, die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur wiederholt gefordert wird?
Wie kann aber auch die Spannung zwischen den Informationswünschen des Parlaments und den Verschwiegenheitspflichten, die teilweise verfassungsrechtlich abgesichert sind, aufgelöst werden, wenn neben der Amtsverschwiegenheit auch das Grundrecht auf Datenschutz berücksichtigt werden muss? Wie geht man in der parlamentarischen Kontrolle mit weiteren Verschwiegenheitspflichten wie dem Bankgeheimnis, dem Ärztegeheimnis oder ganz allgemein dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen um?
Mit diesen Fragen beschäftigte sich die vom Institut für Föderalismus am 28. November 2008 in Linz durchgeführte Tagung „Parlamentarische Kontrolle von ausgegliederten Rechtsträgern und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung“.
Soeben ist als Band 110 der Schriftenreihe der von Institutsdirektor Dr. Peter BUSSJÄGER herausgegebene Tagungsband „Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederung“ erschienen. Dieser Tagungsband dokumentiert die Referate und Diskussionsbeiträge dieses Seminars.
Dargestellt werden die Transparenz als Wesensmerkmal parlamentarischer Kontrolle im Spannungsfeld der verschiedenen Verschwiegenheitspflichten, die Zulässigkeit der Ausgliederungen von Aufgaben der Gebietskörperschaften und die damit verbundenen Aufsichtsrechte der obersten Organe sowie die Gegenstände der parlamentarischen Kontrolle. Untersucht werden die Beweggründe für Ausgliederungen und die damit bisher gemachten Erfahrungen der öffentlichen Finanzkontrolle dargestellt.
Die Aspekte des Datenschutzes und sonstiger öffentlich-rechtlicher Verschwiegenheitspflichten bei der Kontrolle durch Rechnungshöfe und Volksanwaltschaften zeigen auch, dass der Rechtsschutz von Betroffenen bei Verletzungen des Rechts auf Datenschutz unzureichend geregelt ist. Weitere wichtige Themen sind die Rechenschafts- und Auskunftspflichten der Leitungsorgane gegenüber den Organen von Kapitalgesellschaften sowie die damit im Zusammenhang stehenden Verschwiegenheitspflichten und die Aussageverweigerungsrechte. Eingegangen wird auch auf die ausgegliederten Rechtsträger als Untersuchungsgegenstand in einem Untersuchungsausschuss des Bundes oder der Länder.
 
Der Band 110 Bußjäger (Hg) „Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederung“, Wien 2009, 132 Seiten, ISBN 978-3-7003-1738-3, ist zum Preis von € 24,90 im Buchhandel erhältlich.

Buchtipp: „A Global Dialogue on Federalism“



„A Global Dialogue on Federalism“ ist der Titel einer Serie von Büchern, die seit 2005 vom Forum of Federations, einer internationalen Föderalismusorganisation mit Sitz in Kanada (zu dessen Partnern 9 Bundesstaaten, darunter bis vor kurzem auch Österreich, gehören), herausgegeben wird. Als Kernstück des gleichnamigen Programms wurden mittlerweile 6 englischsprachige Sammelbände zu verschiedenen Themenbereichen der Föderalismusforschung veröffentlicht. Begleitend zu jedem Sammelband wurden so genannte „booklets“ veröffentlicht, die Kurzfassungen der Beiträge enthalten und unter anderem auch in deutschsprachiger Fassung erschienen. Einen kurzen Überblick bietet eine Rezension von Frau Univ.Prof. Dr. Anna Gamper vom Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck.

Die Methodologie der Bände ist stets dieselbe: Aufbauend auf einer Einleitung des oder der Herausgeber werden in jeweils 12 Einzelkapiteln ausgesuchte Bundesstaaten unter einem bestimmten föderalistischen Aspekt dargestellt, wobei ein interdisziplinärer, vornehmlich zwischen Verfassungsrecht und Politikwissenschaft oszillierender Zugang gewählt wird. Bei den Autoren handelt es sich jeweils um ausgewiesene Föderalismusexperten des jeweiligen Staates, die jedoch weder alle (wenn auch überwiegend) der Wissenschaft noch auch derselben Fachrichtung entstammen. Am Schluss erfolgt jeweils eine zusammenfassende Synopse durch den oder die Herausgeber, die den eigentlichen Mehrwert der Publikation ausmacht. Dies entspricht dem traditionellen Schema rechtsvergleichender Sammelbände, deren synoptischer Charakter üblicherweise erst gegen Ende sichtbar wird, während das Schwergewicht auf den nationalen Einzelbeiträgen liegt. Die Struktur der Beiträge ist – trotz der teilweise großen inhaltlichen Divergenzen zwischen den Staaten – in hohem Ausmaß homogen, wofür ein detailliertes Grundkonzept der Herausgeber ebenso wie die Abstimmung der Beiträge auf gemeinsamen, der Publikation jedes Bandes vorangehenden Autorenworkshops verantwortlich sind. Mit den Vorteilen einer solch weitgehenden Homogenität in Struktur, Fragestellung und generellem Ductus der Beiträge muss freilich auch der Nachteil in Kauf genommen werden, dass ein individuelles Ausscheren aus dem vorgegebenen Themenraster nur beschränkt möglich ist. Damit erfüllen die Beiträge klar ihren Auftrag, dem – nicht unbedingt wissenschaftlich vorgebildeten – Leser einen aktuellen und systematischen Überblick über bestimmte Einrichtungen oder Funktionsweisen des jeweiligen Bundesstaats zu vermitteln, die je nachdem einen stärker verfassungsrechtlichen oder aber politikwissenschaftlichen Hintergrund haben. Eine theoretische Durchdringung der verschiedenen Materien gelingt dabei nur ansatzweise, ist allerdings auch nicht primäres Ziel des „Global Dialogue on Federalism“, dem es vor allem darum geht, grundlegende Information über die verschiedenen bundesstaatlichen Systeme zu sammeln und dadurch überhaupt erst die Basis für einen vertieften (auch) wissenschaftlichen Austausch zu schaffen, der im Übrigen nicht nur durch die Publikation der Bände als solche, sondern auch durch die vorangehenden Autorenworkshops in Gang gesetzt wird.
Sehr gelungen ist der Auftakt der Reihe mit dem ersten Band über verfassungsrechtliche Entstehungsgeschichte, Strukturmerkmale und Wandel der verschiedenen bundesstaatlichen Systeme (John Kincaid/G. Alan Tarr [Hg], Constitutional Origins, Structure, and Change in Federal Countries [McGill-Queen’s University Press 2005, Montreal & Kingston et al, ix, 467 S.]). Insbesondere die Synopse von John Kincaid ist eine höchst wertvolle Zusammenschau über die wichtigsten föderalen Systeme der Welt und ihre gemeinsamen Charakteristika. Ein gewisser Wermutstropfen, der gerade bei diesem grundlegenden Band spürbar wird, ist die Beschränkung der dargestellten Bundesstaaten auf zwölf (darunter übrigens nicht Österreich). Bedenkt man, dass doch deutlich mehr Staaten als bundesstaatlich oder zumindest bundesstaatsähnlich angesehen werden können, wäre es durchaus reizvoll gewesen, eine größere Auswahl von Staaten zuzulassen. Freilich ist zuzugestehen, dass eine umfassende Darstellung aller derart in Betracht zu ziehender Staaten schwierig zu bewerkstelligen wäre, weil sich weitere Abgrenzungsprobleme ergäben und auch die wissenschaftlichen Kontakte nicht überall gleich weit reichen dürften wie in den bekannten Bundesstaaten mit ihren etablierten Expertennetzwerken.
Bei den weiteren Bänden handelt es sich um eine lose Aneinanderreihung einzelner Themenbereiche des Bundesstaates: Während im Band 2 (Akhtar Majeed/Ronald L. Watts/Douglas M. Brown [Hg], Distribution of Powers and Responsibilities in Federal Countries [McGill-Queen’s University Press 2006, Montreal & Kingston et al, xi, 373 S.]) die Verteilung von Zuständigkeiten und Aufgaben in Bundesstaaten als klassische Kategorie der Bundesstaatlichkeit näher untersucht wird, widmet sich Band 3 (Katy Le Roy/Cheryl Saunders [Hg], Legislative, Executive, and Judicial Governance in Federal Countries [McGill-Queen’s University Press 2006, Montreal & Kingston et al, x, 403 S.; mit Beitrag zu Österreich]) einer eher untypisch übergreifenden Themenstellung, nämlich der Governance im Kontext horizontaler und vertikaler Gewaltenteilung: In diesem Band werden etwa klassische bundesstaatliche Institutionen wie die Länderkammer, aber auch überhaupt staatliche Spitzenorgane auf Bundes- und gliedstaatlicher Ebene näher dargestellt.
Band 4 (Anwar Shah [Hg], The Practice of Fiscal Federalism: Comparative Perspectives [McGill-Queen’s University Press 2007, Montreal & Kingston et al, xi, 438 S.]) widmet sich dem Fiskalföderalismus, einem gegenwärtig vieldiskutierten Thema der Föderalismusforschung, für dessen vergleichende Bearbeitung auf einen empirisch-ökonomischen Zugang besonderer Wert gelegt wurde.
Band 5 (Hans Michelmann [Hg], Foreign Relations in Federal Countries [McGill-Queen’s University Press 2009, Montreal & Kingston et al, vi, 413 S.; mit Beitrag zu Österreich]) schließlich setzt sich mit den Außenbeziehungen der Gliedeinheiten in Bundesstaaten auseinander, wofür ein weit über klassische Außenkompetenzen, etwa hinsichtlich des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge, hinausgehendes Verständnis zugrunde gelegt ist: So werden etwa auch diplomatische Beziehungen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Allgemeinen oder regionale Partizipationsbefugnisse auf europäischer Ebene einbezogen.
Gerade erschienen ist Band 6 (Nico Steytler [Hg], Local Government and Metropolitan Regions in Federal Countries, McGill-Queen’s University Press 2009, Montreal & Kingston et al, xi, 450 S.; mit Beitrag zu Österreich), der die Rolle von lokalen Gebietskörperschaften und Großstädten in Bundesstaaten näher untersucht. Angesichts der großen Bedeutung der Gemeinden im Rahmen der Daseinsvorsorge, aber auch der Tatsache, dass manche Metropolen (nicht nur Hauptstädte) gleichzeitig Stadtstaaten sind, spielt das Thema nicht nur in Österreich eine große Rolle.
Auch Band 7 (Dialogues on Diversity and Unity in Federal Countries), für den bereits ein „booklet“ veröffentlicht wurde, darf mit Spannung entgegengesehen werden.
Insgesamt kann der Reihe ein solides fachliches Niveau, Aktualität und Relevanz der Themenstellung sowie Sorgfalt in Konzeption und Umsetzung bescheinigt werden. Ein informativer Charakter steht im Vordergrund, während theoretische Aspekte eher vernachlässigt werden; dementsprechend finden sich Tabellen und Landkarten eher als ausschweifende Fußnotenapparate oder Bibliographien. Dass die Reihe jedenfalls einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung eines weltweiten Föderalismusdialogs darstellt und auch für den interessierten österreichischen Leser eine Fülle an Wissenswertem bietet, steht jedoch außer Zweifel. Eine kontinuierliche Fortsetzung der Reihe erschiene nicht nur im Sinne einer regelmäßigen Aktualisierung der Inhalte, sondern auch unter dem Blickwinkel begrüßenswert, dass bisher sowohl hinsichtlich der ausgewählten Staaten als auch der Themenstellungen selektiv verfahren wurde. Als anspruchsvoller neuer Ansatz könnte ein – nicht zuletzt durch die Verwertung der bereits gewonnenen Erkenntnisse ermöglichtes – Abgehen vom bisherigen Schema einzelner Staatenberichte zu Gunsten eines von vornherein synoptisch angelegten Themenbandes in Frage kommen.

FÖDOK Band 31: Transposition von EU-Richtlinien auf Ebene der österreichischen Bundesländer



Soeben ist in der Reihe „Föderalismusdokumente“ als Band 31 die von Herrn Mag. Stefan WASCHMANN verfasste Arbeit „Transposition von EU-Richtlinien auf Ebene der österreichischen Bundesländer“ erschienen.

Nach einleitenden Kapiteln über Begriffsdefinitionen, Theorien, Ansätzen und Sichtweisen zur Transposition (= Übertragung von europäischen Gesetzestexten (vorwiegend Richtlinien) auf die nationale Ebene) und den österreichischen Föderalismus stellt der Autor das Zusammenspiel von Bund und Ländern im Gesetzgebungsprozess und der Transposition dar, überprüft Analysekonzepte und untersucht die Umsetzung einzelner Richtlinien in verschiedenen wichtigen EU-Bereichen, etwa im Binnenmarkt, der Einwanderungspolitik, der Landwirtschaft oder der Sozialpolitik.
Dargestellt wird auch die rechtzeitige Umsetzung der Richtlinien und untersucht, welche von drei vom Autor dargestellten Theorien verantwortlich für eine nicht rechtzeitige Umsetzung von Richtlinien durch Österreich ist. Abschließend werden die Handlungsoptionen auf europäischer Ebene dargestellt, wobei der Autor zum Schluss kommt, dass der Ausschuss der Regionen ein Instrument der Rückkopplung zwischen den regionalen und der supranationalen Ebenen im Mehrebenensystem bilden könnte. Auch die Frage der Überwachung von Implementation scheint nicht dezidiert geklärt zu sein.
Der Band 31 der FÖDOK, Waschmann, Transposition von EU-Richtlinien auf Ebene der österreichischen Bundesländer, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-901965-30-2, 146 Seiten, ist ausschließlich beim Institut zum Preis von € 7,00 zuzüglich Versandspesen erhältlich und auch auf der Homepage als pdf-Datei abrufbar.

Ringvorlesung „Europäischer Föderalismus im 21. Jahrhundert II“ – Universität Innsbruck, Wintersemester 2009/10



In der Ringvorlesung I „Europäischer Föderalismus im 21. Jahrhundert“, die das Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre sowie das Institut für Föderalismus gemeinsam veranstalteten, haben verschiedene Referentinnen und Referenten unterschiedliche Aspekte der föderalen Entwicklung Europas beleuchtet. Europa wurde nicht als die „Europäische Union“, sondern übergreifend, also auch den Balkan und Osteuropa einschließend, betrachtet. Es ging darum, Streiflichter auf dynamische Prozesse zu werfen, die integrativer (Herausbildung der EU als System mit gleichzeitig konföderalen und föderalen Elementen) oder dissolutiver Natur (Dezentralisierungsprozesse, Autonomiebestrebungen, Sezession) waren.

Das Projekt war durchaus erfolgreich. Die Referate zu den Themen Europäische Union, Vereinigtes Königreich, Bosnien-Herzegowina, Belgien und Osteuropa standen auf einem hohen Niveau. Die Veranstaltungen stießen nicht nur auf einen durchwegs guten Publikumszuspruch, sondern erzielten auch durch Ankündigung auf der Homepage der Universität und Berichterstattung durch die Universität sowie der Mitwirkung der Tiroler Juristischen Gesellschaft zusätzlich zur Öffentlichkeitsarbeit des Föderalismusinstituts auch Öffentlichkeitswirksamkeit.
Die Kooperationspartner haben sich auf eine Fortsetzung des Projekts für das Wintersemester 2009/2010 verständigt. Inhalt und Zielgruppen (Juristen, Politologen, aber auch Zeithistoriker, Soziologen und Repräsentanten verwandter Disziplinen) bleiben unverändert.
Zwischen November 2009 und Ende Jänner 2010 werden – jeweils im Senatssitzungssaal – fünf Vorträge stattfinden. Folgende Referenten und Vortragsthemen sind vorgesehen:
Dienstag, 03.11.2009, 18.00 Uhr
„Vielfalt und Effizienz. Der Schweizer Föderalismus im Zeitalter der Globalisierung“
Thomas Fleiner, Universität Fribourg
Donnerstag, 19.11.2009, 18.00 Uhr
„Deutschlands föderale Ordnung nach den Föderalismusreformen I und II“
Roland Sturm, Universität Erlangen
Montag, 30.11.2009, 18.00 Uhr
„Jüngste Entwicklungen im italienischen Föderalisierungsprozess“
Francesco Palermo, EURAC Bozen/Universität Verona
Montag, 11.01.2009, 18.00 Uhr
„Die Grenzen des asymmetrischen Regionalismus Spaniens: Der Fall Baskenland“
Xabier Arzoz Santisteban, Universität Baskenland
Montag, 25.01.2010, 18.00 Uhr
„Regionalisierung in Serbien am Beispiel der autonomen Provinz Vojvodina“
Franz Schausberger, Institut der Regionen Europas, Salzburg
Die offiziellen Einladungen werden zeitgerecht übermittelt. Wir bitten schon jetzt um Terminvormerkung.

Winterschool on Federalism and Governance



Vom 1. bis 12. Februar 2010 können sich Studierende und Verwaltungsbeamte im Rahmen einer zweiwöchigen „Winter School“ des Instituts für Föderalismus- und Regionalismusforschung der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen, der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie der Fakultät für Politikwissenschaften und Soziologie der Universität Innsbruck Spezialwissen in Föderalismusfragen (sowie – bei erfolgreicher Abschlussprüfung – 10 ECTS-Credits) erwerben. Die Winter School findet in Bozen und Innsbruck statt und setzte es sich zum Ziel, aktuelle Themen des Prozesses des Föderalismus und der multi-level governance auf hohem wissenschaftlichen Niveau interdisziplinär, aus vergleichender rechtlicher und politologischer Perspektive zu vertiefen, theoretisch wie auch praxisnah zu vermitteln und anregende Debatten zu führen.

Die zweiwöchige internationale Winter School „Federalism and Governance“ wird gemeinsam vom Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie der Fakultät für Politikwissenschaften und Soziologie der Universität Innsbruck organisiert und ausgetragen. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs des Europarates und wird auch vom Institut für Föderalismus unterstützt. sowie der organisiert und ausgetragen. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs des Europarates und wird auch vom Institut für Föderalismus unterstützt.
Die erste Winter School vom 1. bis 12. Februar 2010 wird „Local Government in Federal and Regional Systems" als Schwerpunktthema haben. Jeweils eine Woche wird an der Universität Innsbruck und an der Europäischen Akademie in Bozen abgehalten werden. Die Inhalte werden von internationalen Experten mittels Vorträgen, Diskussionen, Fallbeispielen, Arbeitsgruppen und Besuchen von öffentlichen Einrichtungen nahegebracht. Im Rahmen der Veranstaltung wird eine public lecture der Öffentlichkeit Gelegenheit geben, sich ein länderübergreifendes Bild von der Thematik zu machen. der Öffentlichkeit Gelegenheit geben, sich ein länderübergreifendes Bild von der Thematik zu machen.
Die internationale Winter School richtet sich an Jungakademiker und Universitätsstudenten unterschiedlicher Fachbereiche sowie an Verwaltungsbeamte verschiedener Länder Europas und weltweit. Um einen Wissensaustausch auf hohem internationalem Niveau gewähren zu können, sollten alle Teilnehmer bereits über Grundkenntnisse in Föderalismus bzw multi-level governance verfügen. verfügen.
Ziel der internationalen Winter School „Federalism and Governance" ist es, aktuelle Themen des Prozesses des Föderalismus und der multi-level governance auf hohem wissenschaftlichen Niveau interdisziplinär, aus vergleichender rechtlicher und politologischer Perspektive zu vertiefen, theoretisch wie auch praxisnah zu vermitteln und anregende Debatten zu führen. Im Anschluss werden die besten schriftlichen Arbeiten der Teilnehmer publiziert und denjenigen, die die Abschlussprüfung erfolgreich bestehen, 10 ECTS-credits verliehen.
Nähere Informationen finden Sie unter www.eurac.edu/winterschool.

Ausschreibung des Nachwuchspreises für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus



Das Institut für Föderalismus schreibt heuer zum zweiten Mal einen Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus aus. Mit dem Preis werden herausragende Diplomarbeiten, Dissertationen oder wissenschaftliche Projekte zum Themenkreis „Föderalismus“ ausgezeichnet. Erste Preisträgerinnen waren Dr. Astrid Berger und Dr. Verena Messner. Die Ausschreibung richtet sich bewusst auch an Arbeiten über Föderalismus in anderen Staaten oder aus dem Ausland. Dadurch sollen die internationale Vernetzung genutzt und die europäische Dimension des Themas dokumentiert werden, so Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger.

Die Details zur Ausschreibung des Nachwuchspreises und das Bewerbungsformular sind als pdf-Datei auf der Homepage des Instituts abrufbar.
Einreichungen sind bis spätestens 31. August 2009 an das Institut zu richten.

Durch Subsidiarität zum Erfolg



Der positive Einfluss von Dezentralisierung auf wirtschaftliches Wachstum und Innovation wurde durch eine Studie von BAK Basel Economics nachgewiesen. Diese Studie bringt es auf den Punkt: Dezentralisierung hat einen positiven Einfluss auf wirtschaftliches Wachstum und Innovation. Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips sei gleichsam ein Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg für ein Gemeinwesen, so Studienautor Urs Müller. Wichtig sei jedoch, das Thema nicht eindimensional zu betrachten: politische Entscheidungshoheit und finanzielle Autonomie gehören ganz wesentlich zusammen. Im Vergleich verschiedener Länder zeigt sich übrigens, dass Österreich nach wie vor weit davon entfernt ist, ein zu stark föderalisierter Staat zu sein. Hohe Verwaltungskosten etwa werden daher nach wie vor durch ein zu viel an Zentralisierung ausgelöst, nicht durch ein zu viel an Föderalismus. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Kleinere Einheiten sind besser in der Lage, Wirtschaftskrisen zu bewältigen.

Die unter der Projektleitung von Urs Müller von BAK Basel Economics erarbeitete Studie im Auftrag der Versammlung der Regionen Europas (VRE) ist zu folgenden Schlussfolgerungen gelangt:
-       Die empirische Analyse zeigt, dass Dezentralisierung einen signifikant positiven Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung von Ländern und Regionen hat: ein höherer Grad an Dezentralisierung führt in der Regel zu höherem Wirtschaftswachstum.
-       Bezüglich Innovation fördert Dezentralisierung angewandete Forschung und Entwicklung (gemessen an der Anzahl der Patente) und in geringerem Ausmaß die Qualität der Universitäten. Die Grundlagenforschung (gemessen an der Anzahl akademischer Publikationen) profitiert dagegen eher von zentralisierten Systemen.
Der Studie zufolge zeigen die Ergebnisse klar auf, dass die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ein Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg ist. Folgende Forderungen werden erhoben:
-       mehr Einfluss der Regionen auf der nationalen Ebene
-       mehr Unabhängigkeit der Regionen von der nationalen Ebene
-       mehr finanzielle Kompetenzen und Mittel für die Regionen
-       mehr Kompetenzen in Freizeit und Kultur, Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Gesundheitswesen.
Nationale Regierungen sollten sich demnach auf die Bereitstellung von Dienstleistungen in Bereichen mit hohen räumlichen Externalitäten (Auswirkungen übersteigen die Grenzen der Regionen) sowie mit beträchtlichen Skalenerträgen (die Erbringung der Dienstleistung kommt im größeren Rahmen wesentlich günstiger) konzentrieren und in den übrigen Gebieten nur die groben Richtlinien vorgeben und deren Einhaltung kontrollieren.
Die Studie fordert, dass in allen anderen Fällen sowohl die Entscheidungen (legislative Kompetenzen) als auch die Umsetzung (exekutive Kompetenzen) bei den sub-nationalen Behörden liegen sollen.
Eine Besonderheit der Studie gegenüber vergleichbaren Untersuchungen ist, dass Dezentralisierung nicht eindimensional (etwa nur über die Befugnis, über finanzielle Mittel zu disponieren), sondern in Aspekten legislativer Entscheidungshoheit, politischer Autonomie oder finanzieller Autonomie gesehen wird.
Die Studie gelangt auch zu einem Ranking nach dem Dezentralisierungsgrad – siehe die Abb 2: Dezentralisierungsindex in der Zusammenfassung und den Schlussfolgerungen der Studie (Seite 4).
Dabei fällt auf, dass Österreich als Bundesstaat zwar insgesamt einen relativ hohen Dezentralisierungsgrad aufweist, aber unter den europäischen Bundesstaaten wie stets hervorgehoben hinter der Schweiz, Deutschland, Belgien und Spanien das zentralisierteste System ist und praktisch gleichauf mit dem „Regionalstaat“ Italien liegt. Der komplexe Ansatz der Studie in der Ermittlung des Dezentralisierungsgrades zeigt, dass etwa zwischen dem Bundesstaat Österreich und dem klassischen unitarischen Staat Niederlande, was die Dezentralisierung betrifft, nur marginale Unterschiede bestehen.
Nicht uninteressant ist auch, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, eine Region mit etwa 70.000 Einwohnern, ein größeres Ausmaß an Autonomie als die österreichischen Länder aufweist. Allen Zentralisten, die nicht an die Zukunftsfähigkeit kleiner Einheiten glauben, sei die Studie nachdrücklich ans Herz gelegt.
Und noch etwas sei hervorgehoben: Es bestehen, worauf auch die Studie hinweist, deutliche Indizien, dass gerade kleinere Einheiten die Wirtschaftskrise wesentlich besser bewältigen werden als große, zentralistische Staaten!

Verwaltungsreform durch Strukturbereinigungen und Deregulierung



Das Institut für Föderalismus beteiligt sich aktiv an der Diskussion um eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform und legt dazu eigene Vorschläge auf den Tisch, die zu wesentlichen Einsparungen durch Strukturbereinigungen in der Verwaltung und durch Deregulierung führen würden. Sie umfassen folgende Bereiche: 1. Straffung des Apparats und der Aufgabenstrukturen in den Bundesministerien 2. Bereinigung der Verwaltungsstrukturen in den Ländern 3. Verfahrensbeschleunigung und Synergien durch Neuorganisation des Rechtsschutzes 4. Ausbau der Verwaltungskooperation 5. Start einer Deregulierungsoffensive

Das Institut für Föderalismus hat immer wieder Positionen zur Staats- und Verwaltungsreform formuliert, die zwar in verschiedenen, internationalen Studien ihre Bestätigung finden (siehe dazu „Durch Subsidiarität zum Erfolg“ in dieser Ausgabe der Föderalismus-Info), bei den Zentralisten aber auf wenig Begeisterung gestoßen sind.
Mit den vorliegenden Positionen will das Institut für Föderalismus einen weiteren Beitrag zur Verwaltungsreform in Österreich leisten. Die gegenwärtige Bundesregierung hat bekanntlich eine Arbeitsgruppe eingerichtet (siehe dazu: Arbeitsgruppe Verwaltungsreform gestartet – Überdenken bestehender zentralistischer Strukturen gefordert, in: Föderalismus-Info Nr 1/2009), jedoch noch keine Ergebnisse vorgelegt.
Das Institut hofft, dass die nachstehend gemachten Vorschläge in der weiteren Diskussion um die Verwaltungsreform in Österreich Berücksichtigung finden.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden zu wesentlichen Einsparungen durch Strukturbereinigungen in der Verwaltung und durch Deregulierung führen, die das Institut in den folgenden Wochen noch näher untermauern wird.
1. Straffung des Apparats und der Aufgabenstrukturen in den Bundesministerien
In den einzelnen Bundesministerien laufen Fachverwaltung und allgemeine Verwaltung (Supportleistungen) nebeneinander. Dadurch findet eine unnötige und kostentreibende Parallelverwaltung bei allgemeinen Supportleistungen (Informatik, Buchhaltung, Personaladministration …) statt. Die dekonzentrierte Ressortlegistik beeinträchtigt die Qualität der Rechtsetzung in erheblichem Maße und begünstigt die Gesetzesflut.
Ein weiteres Problem der Ministerien bilden unübersichtliche Organisationsstrukturen mit einer Vielzahl unklarer und sich überschneidender Aufgaben der einzelnen Sektionen und Abteilungen.
Darüber hinaus nehmen die Bundesministerien noch immer zu viele operative Aufgaben wahr bzw werden durch Aufsichts- und Kontrollbürokratie zu viele Ressourcen gebunden.
Als Maßnahmen werden vorgeschlagen:
Ø      Einrichtung eines „Amtes der Bundesregierung“ ähnlich dem Konzept des Amtes der Landesregierung, in dem Legistik und Supportleitungen für alle Bundesministerien konzentriert wahrgenommen werden.
Ø      Durchforstung der von den Bundesministerien wahrgenommenen Aufgaben mit Reduzierung von Aufsichts- und Kontrollbürokratie über nachgeordnete Stellen des Bundes und der Länder.
Ø      Bereinigung der Organisationsstrukturen der Bundesministerien von Parallelverwaltungen und Aufgabenüberschneidungen.
2. Bereinigung der Verwaltungsstrukturen in den Ländern
Die Verwaltungsstrukturen in den Ländern sind von einem Nebeneinander zahlreicher Bundes- und Landesbehörden geprägt. Aufgabenüberschneidungen und Schnittstellen verursachen Reibungsverluste. Die bestehende Behördenstruktur ist auch für die Bürger und die Wirtschaft unübersichtlich und belastend.
Die Vielzahl spezialisierter Sonderbehörden des Bundes und der Länder ist zu bereinigen und in die allgemeine staatliche Verwaltung der Ämter der Landesregierungen und die Bezirkshauptmannschaften einzugliedern. Operative Aufgaben wären den Bezirkshauptmannschaften zu übertragen, während in den Ämtern der Landesregierungen vorwiegend strategische Aufgaben, spezialisierte Fachverwaltung im technischen Bereich sowie Planungen zu konzentrieren sind.
Als Maßnahmen werden vorgeschlagen:
Ø      Eingliederung des Bundessozialamtes mit seinen Außenstellen in den Ländern in die Organisation der Landesverwaltung.
Ø      Konzentration der Schulverwaltung in den Ämtern der Landesregierungen mit Auflösung der Landes- und Bezirksschulräte.
Ø      Eingliederung der Aufgaben der Wildbach- und Lawinenverbauung zur besseren Abstimmung des regionalen Naturgefahrenmanagements.
Ø      Eingliederung von Sonderbehörden der Länder (Agrarverwaltung) in die allgemeine Verwaltung.
3. Verfahrensbeschleunigung und Synergien durch Neuorganisation des Rechtsschutzes
Der Verwaltungsrechtsschutz erfolgt derzeit durch eine Vielzahl verschiedener Rechtsschutzbehörden auf Bundes- und Landesebene (Finanzsenat, Umweltsenat, Unabhängige Verwaltungssenate, Landesagrarsenate, Oberster Agrarsenat, Bundesvergabeamt, Asylgerichtshof).
Das Konzept einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit neun Landesverwaltungsgerichten und einem Verwaltungsgericht des Bundes würde zu einer Bereinigung dieser Vielzahl von Rechtsschutzbehörden führen, Synergien ermöglichen und die Qualität des Rechtsschutzes steigern. Durch die angestrebte Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes würden Verfahren wesentlich beschleunigt und Wirtschaft und Bürger entlastet.
4. Ausbau der Verwaltungskooperation
Die Kooperation zwischen den verschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften als auch der Gebietskörperschaften gleicher Ebene untereinander muss verbessert werden.
Als Maßnahmen werden vorgeschlagen:
Ø      Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG sollen unmittelbar anwendbar sein können.
Ø      Mit Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG sollen auch länderübergreifende Behörden mit hoheitlichen Aufgaben geschaffen werden können.
Ø      Die Abstimmung von regional tätigen Einrichtungen des Bundes sowie der Landesverwaltung insbesondere im Bereich des Arbeitsmarktservices soll ausgebaut werden.
Ø      Durch Vereinbarungen von Gemeinden sollen auch Gemeindeverbände geschaffen werden können, die nicht nur auf einzelne Aufgaben beschränkt sind.
Ø      Verwaltungskooperationen von Gemeinden (gemeinsame Bauverwaltungen udgl) sollen erleichtert werden.
5. Start einer Deregulierungsoffensive
Die Rechtsvorschriften des Bundes wie der Länder weisen nach wie vor eine viel zu hohe Regulierungsdichte auf. Die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen (Reduzierung der Regulierungsdichte bei der Umsetzung von EU-Recht, Gesetzesfolgenabschätzung) sind zu unterstützen, greifen aber zu kurz.
Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen:
Ø      Bund und Länder starten ein Programm zur Reduzierung der Vielfalt und der Dichte der Normen in ihren Bereichen (zB technische Vorschriften, Recht der Bodenreform, …).
Bund und Länder starten eine Aufgabenkritik in ihren Zuständigkeitsbereichen. Sie tauschen sich über die zu treffenden Maßnahmen aus.

EVTZ – ist der vorhandene Kompetenzkonflikt lösbar?



Eigentlich sollen mit dem Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) die EU-Regionalpolitik effizienter und die Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften und öffentlichen Einrichtungen erleichtert werden. Jetzt führt er zunehmend zu innerstaatlichen Konflikten. War in Österreich ursprünglich geplant, dass die legislative Implementierung von den Ländern getragen ist, versucht der Bund nun, Kompetenzen an sich zu ziehen. Im Zuge der parlamentarischen Behandlung einer neuen Regierungsvorlage zum Thema spitzt sich der Kompetenzkonflikt nun zu.

Um die EU-Regionalpolitik noch effizienter umsetzen zu können, wurde mit der Verordnung (EG) Nr 1082/2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) ein neues Instrument der Zusammenarbeit auf gemeinschaftlicher Ebene eingeführt, das die Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften und öffentlichen Einrichtungen erleichtern soll. An einem EVTZ, der mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist, können sich Gebietskörperschaften oder Gesellschaften, die von Gebietskörperschaften beherrscht werden, aus mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten beteiligen und sich dabei auf das für ein EU-Förderprogramm anwendbare Recht einigen (siehe dazu auch: Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) – eine neue Dimension der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, in: Föderalismus-Info Nr 2/2006). Durch die Einführung einer unionsweit gleich geregelten juristischen Person sollen Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten und der Regionen bei der Durchführung grenzüberschreitender Aktionen reduziert werden.
Hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung bestand in Österreich Einigkeit darüber, dass die Gesetzgebungskompetenz den Ländern zukommen sollte. Der Bund änderte allerdings im Zuge der Begutachtung der EVTZ-Gesetze der Länder seine bisherige kompetenzrechtliche Einschätzung und behauptete im Entwurf des EVTZ-Bundesgesetzes vom 26. Juni 2008 nunmehr eine Zuständigkeit des Bundes zur gesetzlichen Regelung der Registrierung, Auflösung oder Finanzkontrolle von EVTZ, gestützt auf den Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ des Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG. Die überwiegende Mehrzahl der Länder gab zu diesem Entwurf eine negative Stellungnahme ab.
Nachdem die Bundesregierung der Kundmachung des vom Kärntner Landtag am 18. Dezember 2008 beschlossenen – auf dem Muster-EVTZ-Anwendungsgesetz basierenden – Kärntner EVTZ-Gesetz (siehe LGBl 2009/20) gemäß Art 98 Abs 3 B-VG seine Zustimmung erteilte, konnten die Länder nun wieder von einer seitens des Bundes anerkannten weit reichenden Zuständigkeit der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG ausgehen. Auch das Vorarlberger EVTZ-Gesetz (LGBl 2009/18) blieb von der Bundesregierung unbeeinsprucht.
Kürzlich wurde dem Nationalrat die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ-Bundesgesetz) zur Beschlussfassung vorgelegt (RV 175 dB NR XXIV.GP) und diese vom Nationalrat in seiner 22. Sitzung am 19. Mai 2009 dem Verfassungsausschuss zugewiesen.
Den Erläuternden Bemerkungen kann entnommen werden, dass von einer umfassenden Zuständigkeit des Bundes zur Anzeige, Registrierung und Auflösung von EVTZ (auch jener, an denen die Länder beteiligt sind) ausgegangen wird. Für die Finanzkontrolle von EVTZ ist der Landeshauptmann zuständig. Die Gebarung eines EVTZ mit Sitz im Inland unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofes des Bundes. Die Auffassung des Bundes stützt sich auf den Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“.
Vorgesehen wurde auch, dass für Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes über die Registrierung und Auflösung eines EVTZ der unabhängige Verwaltungssenat des jeweiligen Landes zuständig sein soll. Gemäß Art 129a Abs 2 B-VG bedarf die in § 7 des Gesetzes vorgesehene Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern der Zustimmung aller Länder.
Aus föderalistischer Sicht ist die vorliegende Regierungsvorlage kritisch zu beurteilen, da der kompetenzrechtliche Anknüpfungspunkt des Bundes „Zivilrechtswesen“ fragwürdig erscheint. Vielmehr ist der Bund an die seinerzeitige Einigung über die Umsetzung der EVTZ-Verordnung zu erinnern. Bei der Beurteilung, ob es sich beim EVTZ um einen Rechtsträger des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handelt, ist nicht darauf abzustellen, ob dieser Rechtsträger hoheitliche Aufgaben oder solche der Privatwirtschaftsverwaltung wahrnimmt. Neuerlich ist festzuhalten, dass der EVTZ als Rechtsträger öffentlichen Rechts zu qualifizieren ist, der seine Rechtsgrundlage in einer unmittelbar wirksamen EU-Verordnung hat. Da für die Registrierung, die Untersagung der Tätigkeit, die Auflösung und die Finanzkontrolle eines EVTZ keine Kompetenz des Bundes verankert ist, sind die Länder auf Grund der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG hiefür zuständig (siehe dazu auch EVTZ-Gesetz und Kompetenzverteilung, in: Föderalismus-Info Nr 6/2008).
Der Bund soll sich auf die Regelung jener EVTZ beschränken, an den der Bund beteiligt ist und die Länder nicht in kompetenzwidriger Weise neuerlich beschränken, sondern ihnen die von der Bundesverfassung zustehenden Rechte einräumen.

Wissenschaftspreis der Margaretha Lupac-Stiftung



Die Margarethe Lupac-Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung des österreichischen Parlaments, die sich der Förderung von Demokratie und Parlamentarismus sowie Toleranz im Diskurs über Fragen der Politik, der Kunst und der gesellschaftlichen Entwicklung widmet. In Erfüllung des Stiftungszwecks vergibt die Stiftung in einem zweijährigen Rhythmus einen Demokratiepreis und einen Wissenschaftspreis für Arbeiten, die sich mit den gegenwärtigen Herausforderungen der parlamentarischen Demokratie und ihrer Entwicklungsperspektiven befassen. Der mit 15.000,-- € dotierte Preis kann auf bis zu drei Bewerberinnen/Bewerber aufgeteilt werden. Die Ausschreibungsfrist endet am 15. Juli 2009. Nähere Informationen und die Bewerbungsunterlagen stehen über die Webseite des Parlaments unter www.parlament.gv.at zur Verfügung.

Bemerkungen zu den Vorschlägen des Rechnungshofes zur geplanten Verwaltungsreform



Der Rechnungshof hat 315 Vorschläge zur Verwaltungsreform präsentiert, die als Basis für die Arbeit der entsprechenden Arbeitsgruppe der Regierung dienen sollen. Aus Sicht des Föderalismusinstituts zeigt sich an diesen Vorschlägen das Grundsatzproblem jeder Verwaltungsreform: Nur durch ein massives Zurückfahren von staatlichen Leistungen sind echte Einsparungen zu erzielen. Eine Verbesserung der Verwaltungsabläufe – so dringend und richtig diese auch sind – bringt nur relativ geringe Einsparungen. Das Bemühen um eine umfassende Aufgabenkritik und Deregulierung wird vom Institut unterstützt. Wir warnen in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich vor weiteren Zentralisierungen im Gesundheitswesen, die sich schon bisher als Kosten treibend erwiesen haben. Vorsicht auch vor einem Etikettenschwindel bei der Neuorganisation der Schulverwaltung. Hier würde nur eine umfassende Übertragung in den Verantwortungsbereich der Länder Effizienzsteigerungen und Kostenersparnis bringen.

Verwaltungsreform ist angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise einmal mehr angesagt: Die im Regierungsprogramm vorgesehene Arbeitsgruppe bestehend aus dem Bundeskanzler, dem Finanzminister, zwei Landeshauptleuten, Rechnungshofpräsident Moser, den Vertretern von Wifo und IHS, Aiginger und Felderer, hat ihre Arbeit aufgenommen.
Konkrete Ergebnisse liegen uns noch nicht vor. Es ist aber anzunehmen, dass sich die Arbeitsgruppe intensiv mit den Vorschlägen des Rechnungshofes befassen wird, die dieser in der Reihe Positionen 2009/1 veröffentlicht hat.
Die insgesamt 315 Vorschläge sind nicht ganz neu, sie stammen in ihren Grundzügen aus dem Jahr 2007, sind allerdings noch immer aktuell. Sie dokumentieren die Mühsal der Verwaltungsreform, aus oft sehr kleinräumig wirksamen Maßnahmen insgesamt Einsparungen zu erzielen.
Die Vorschläge gliedern sich einerseits in allgemeine, die Verwaltung betreffende Anregungen und solche, die sich auf spezifische Verwaltungsmaterien, also etwa das Gesundheits- und Bildungswesen beziehen.
Wäre man besonders kritisch, könnte man das kunterbunte Nebeneinander von spezifischen Maßnahmen („Konzentration kleiner Späh- und Lauschangriffe bei einer Einheit“ oder „Optimierung der Betreuungszeiten in Kindergärten am Beispiel der Stadt Feldkirch“), umfassenden Reformvorschlägen, etwa im Gesundheitswesen oder Bildungswesen sowie recht beliebig und unverbindlich klingenden Anregungen wie „Evaluierung des gesamten österreichischen Fördersystems“ hinterfragen.
Insgesamt erachten wir jedoch viele Vorschläge als wichtig und richtig: Aufgabenkritik und Deregulierung muss beispielsweise auf allen Ebenen des Staates ein vorrangiges Ziel sein. Die Gesetzesfolgenabschätzung ist jedenfalls weiter auszubauen, der öffentliche Dienst zu flexibilisieren und die Kontrolle über Ausgliederungen zu verstärken.
Ein bisschen nachteilig ist, dass der Rechnungshof die Einsparungspotenziale nicht bewertet. So stehen die 315 Vorschläge etwas beliebig nebeneinander. Welche Vorschläge daher welchen Beitrag zu den vom Rechnungshof geschätzten Einsparungspotenzial von 1 Mrd Euro liefern soll, bleibt uns daher unbekannt.
Kritisch sind die Vorschläge im Gesundheitsbereich zu sehen: Die Zentralisierung der Gesetzgebungskompetenz für die Krankenanstalten würde die Probleme nicht lösen, sondern begünstigen, dass die Bundesbürokratie zentral die Gesundheitsversorgung in den Ländern regelt.
Im Bildungsbereich teilen wir die Meinung, dass die Schulverwaltung Effizienzverbesserungen nötig hätte. Die Position des Föderalismusinstitutes war stets die Auflösung der Landes- und Bezirksschulräte und die Übertragung der Agenden in die Landesverwaltung. Dies würde zu einer Kompetenzbereinigung und zu einer Stärkung der regionalen Bildungsverantwortung der Länder führen. Wir lehnen jedoch die Einrichtung von Bildungsdirektionen, die nur einen anderen Namen als die bisherigen Landesschulräte aufweisen und die zu einer weiteren Zentralisierung führen, ab.

Der Bund missachtet neuerlich die Länderrechte



10 Tage Begutachtungsfrist für das Budgetbegleitgesetz 2009 sah das Bundesministerium für Gesundheit für die Länder vor – und das, obwohl massive Eingriffe in Länderrechte geplant sind. Das Vorgehen des Bundes in diesem Zusammenhang wird nach Meinung des Föderalismus-Instituts immer dreister und inakzeptabler. Auch inhaltlich können sich die Länder dieses Gesetz nicht gefallen lassen: Gut wirtschaftende Gebietskrankenkassen werden massiv, vor allem gegenüber der Wiener GKK benachteiligt, die mit Abstand die größten Verluste schreibt und bisher die wenigsten Reformmaßnahmen getroffen hat. Auch die mit 1. Jänner erfolgte Senkung der Umsatzsteuer würde zu Einnahmenverlusten für die Länder führen, ohne dass diesen ein Mitspracherecht oder gar die Möglichkeit der Kompensation dieser für ihre Aufgabenerfüllung nötigen Einnahmen eingeräumt wurde.

Das Bundesministerium für Gesundheit versandte mit Schreiben vom 17. Februar 2009 (GZ. BMG-90200/0001-1/B/6/2009) den Entwurf eines Budgetbegleitgesetzes 2009 – Beitrag BMG zur Begutachtung. Der Entwurf ist bei den Ländern am 13. März 2009 eingelangt und sah als Ende der Begutachtungsfrist den 23. März 2009 vor. Diese unangemessen kurze Begutachtungsfrist widerspricht der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt und verhindert eine gründliche Begutachtung durch die Länder bzw der anderen begutachtenden Stellen.
Die vorgesehene geplante Änderung des ASVG enthält kurzfristig zu setzende budgetpolitische Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits einiger Gebietskrankenkassen. Vorgesehen sind ua
 
  • ein in der Höhe nicht ausgewiesener einmaliger Zuschuss des Bundes für Gebietskrankenkassen mit negativem Reinvermögen zum Zeitpunkt 31. Dezember 2008;
  • die Auflösung der so genannten Katastrophenmittel im Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen und eine Aufteilung der Mittel (überwiegend zugunsten der Wiener Gebietskrankenkasse);
  • eine Umverteilung bestimmter Mittel der pauschalen Beihilfe nach dem GSBG (und zwar jener Mittel, welche aufgrund der Überdeckung der nicht abziehbaren Vorsteuer aufgrund der Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente entstanden sind, auf die genannten Gebietskrankenkassen mit negativem Reinvermögen).
 
Durch die erstgenannte Maßnahme würden jene Gebietskrankenkassen, welche zum Zeitpunkt 31.12.2008 ein negatives Reinvermögen aufwiesen, in den Genuss – beträchtlicher – Bundesmittel kommen. Andere Gebietskrankenkassen, etwa jene in Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg, werden durch diese Maßnahmen gänzlich und durch die zweit- und drittgenannte Maßnahme nahezu leer ausgehen.
Aus föderalistischer Sicht ist der Gesetzentwurf abzulehnen, da jene Gebietskrankenkassen, die in den letzten Jahren umfangreiche Maßnahmenpakete beschlossen und – begleitet von den Versicherten und des jeweiligen Landes – umgesetzt haben, massiv benachteiligt würden. Das Abstellen allein auf den Stichtag 31.12.2008 für die Beurteilung, ob erhebliche Bundeszuschüsse gewährt werden oder nicht, konterkariert auch die umgesetzten Bemühungen um eine Sanierung der Gebietskrankenkassen.
Die pauschale Beihilfe nach dem GSBG (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) als Ersatz der Vorsteuerabzugsberechtigung im Gesundheits- und Sozialbereich wird durch einen Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer finanziert. Die Länder tragen zur Finanzierung der pauschalen Beihilfe nach dem GSBG aufgrund dessen in der Höhe ihrer Anteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß dem einheitlichen Schlüssel nach dem Finanzausgleichsgesetz bei.
Durch die Senkung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel von 20% auf 10% mit 1. Jänner 2009 hätte auch der Prozentsatz der pauschalen Beihilfe für Krankenversicherungsaufwendungen entsprechend reduziert werden müssen. Dies geschah allerdings nicht, was zu einem Entgang entsprechender Umsatzsteueranteile für die Länder führt. Diese Maßnahme wurde mit den Ländern nicht verhandelt.

Projekt „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“



Nach Auffassung des Instituts für Föderalismus finden die Bemühungen der Länder um die Verwaltungsreform (Dienstrechtsreformen, Kosten- und Leistungsrechnung, wirkungsorientierte Verwaltung, Verfahrensbeschleunigung) in der Öffentlichkeit noch zu wenig Beachtung. Im Rahmen eines neuen Projektes „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“ des Instituts soll daher eine umfassende Leistungsbilanz zur Verwaltungsreform erstellt und dabei der aktuelle Stand der Verwaltungsreform auf Landesebene, aber auch auf Bundesebene, dargestellt werden. Es ist geplant, dass Experten der einzelnen Länder bzw des Bundes nach einem einheitlichen Raster (Themenvorgabe, Umfang) Berichte zum Stand der Verwaltungsreform verfassen, die dann vom Institut ausgewertet und in einem Bericht zusammengefasst und publiziert werden sollten. Bis Dezember 2009 sollen die Rohberichte erstellt werden, der zusammenfassende Bericht durch das Institut soll die Ergebnisse im Mai 2010 präsentieren.

Der Vertrag von Lissabon und die Regionen: Subsidiaritätskontrolle – Tagung am 16./17. April 2009 in Trient



Welchen Mehrwert bringt die im Reformvertrag vorgesehene und teilweise bereits informell praktizierte Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen und regionalen Parlamente für die Regionen in der Europäischen Union? Nimmt die europäische Rechtsetzung das Subsidiaritätsprinzip ernster als bisher? Wird sich der Europäische Gerichtshof zum Hüter des Subsidiaritätsprinzips aufschwingen? Eine gemeinsam von der EURAC research, Bozen, der Universität Trient und dem Institut für Föderalismus organisierte Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft der Provinz Trient und des Südtiroler Landtages steht, möchte sich diesen Fragestellungen widmen und sich mit der Kompetenzaufteilung und der Subsidiarität nach dem Vertrag von Lissabon sowie mit der parlamentarischen Subsidiaritäts-Kontrolle in der Praxis auseinandersetzen. Das genaue Programm und die ReferentInnen entnehmen Sie bitte den pdf-Dateien auf unserer Homepage.

Steuerreform – Keine Rücksicht auf die Länder und Gemeinden?



Werden die Länder die Zeche bei der geplanten Steuerreform des Bundes zahlen müssen? Derzeit sieht es ganz danach aus, denn bisher hat der Bund keinerlei Anstalten gemacht, den Ländern finanzielle Ausfälle auszugleichen. Gleichzeitig wälzt der Bund erneut Aufgaben und damit Ausgaben ab. Auch wenn sich die Länder selbstverständlich zu einer sparsamen Verwaltung bekennen, fordern sie vehement Verhandlungen über einen zumindest teilweisen Ausgleich ihrer Einnahmenverluste. Andernfalls werden sie den Rechtsweg beschreiten und rechnen sich gute Chancen beim Verfassungsgerichtshof aus. Parallel dazu wird versucht, eine verfassungsrechtliche Verankerung eines Verhandlungsgebotes im Finanzausgleich durchzusetzen, um künftig für derartige Situationen besser gewappnet zu sein.

Die Regierung hat sich auf eine Steuerreform geeinigt, die die Bürgerinnen und Bürger spürbar entlasten soll. Darüber dürfen sich alle freuen, mit Ausnahme der Länder, die Einnahmen verlieren, die sie dringend benötigen. Die Länder wollen nachverhandeln, haben sich mit dieser Forderung allerdings gleich unbeliebt gemacht.
Worum geht es bei diesem Streit? Die Aufteilung der Steuereinnahmen erfolgt im Finanzausgleich, bei dem sich Bund, Länder und Gemeinden (also die drei Ebenen des Staates), auf die Verteilung der Steuereinnahmen nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel geeinigt haben. Der derzeit gültige Finanzausgleich wurde im Jahr 2007 paktiert und hat eine Gültigkeit von 2008 bis 2013. Im Zuge der Verhandlungen zum FAG 2008 wurde davon ausgegangen, dass eine Steuerreform mit einem Volumen von rund 3 Mrd Euro und einem Wirksamkeitsbeginn mit 1. Jänner 2010 kommen werde. Die Auswirkungen dieser Steuerreform wurden ins Paktum zum FAG nicht eingerechnet, sondern einvernehmlich davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der kommenden Steuerreform zwischen den Finanzausgleichspartnern extra ausverhandelt werden.
 
Die von der Bundesregierung vereinbarte Steuerreform führt zu einem Rückgang an Steuererträgen, und zwar auch bei jenen, die diese Steuerreform nicht mit gestaltet haben, sondern nur zuschauen konnten, nämlich bei den Ländern und den Gemeinden. Die Bundespolitiker haben sich recht rasch auf die Reform geeinigt, weil der Bund nicht die volle Zeche bezahlen muss.
Die in Aussicht genommene Steuerreform hat – gemeinsam mit bisher bereits beschlossenen gesetzlichen Maßnahmen – ein Gesamtvolumen von jährlich mehr als 4,5 Mrd Euro. Also erheblich mehr, als beim Abschluss des Finanzausgleichs 2008 - 2013 angenommen wurde, darüber hinaus wurde die Wirksamkeit der Maßnahmen gegenüber den ursprünglichen Annahmen um ein Jahr vorgezogen.
Auf Grund der steuerpolitischen Maßnahmen des Bundes ist für den Zeitraum von 2008 bis Ende Dezember 2012 für die Länder mit einem Einnahmenverlust von 3,311 Mrd Euro zu rechnen. Für die Gemeinden wird sich die Steuerreform des Bundes mit einem Einnahmenverlust von 1,498 Mrd. Euro zu Buche schlagen.
 
So gesehen ist der Unmut der Länder (und auch der Gemeinden, wenngleich von diesen nicht so lautstark artikuliert) durchaus verständlich. Schließlich haben sie wichtige Aufgaben zu finanzieren, deren Kosten in manchen Bereichen auf Grund der demographischen Entwicklung weitersteigen werden. Krankenhäuser und Pflegeheime dürfen als Beispiele genannt werden. Um die Wirtschaft anzukurbeln, soll ja auch noch in die Infrastruktur, wie Straßen und Schulen, investiert werden. Wenn dafür jetzt das Geld fehlt, ist dem Bürger nicht wirklich gedient.
 
Die Länder haben rechtlich keine schlechten Karten. Der Bund darf nämlich nach der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seine Position nicht dazu missbrauchen, die Grundlage des Finanzausgleichs einseitig zu ändern.
Natürlich werden die Länder nicht umhinkommen, durch eine sparsame Verwaltung auch ihren Beitrag zur Steuerreform zu leisten. Aber ganz ohne Kompensation der Verluste wird es nicht gehen. Vor allem sollte es ernsthafte Verhandlungen zwischen Bund und Ländern geben. Die Bundesregierung ist gefordert, die Kooperation mit Ländern und Gemeinden, von der sie im Regierungsprogramm ständig redet, zu verwirklichen. Damit der Bund in Zukunft seine Partner ernster nimmt, sollte eine alte Länderforderung endlich umgesetzt werden: die verfassungsrechtliche Verankerung eines Verhandlungsgebotes im Finanzausgleich. Damit wären die Länder und die Gemeinden dem Bund weniger ausgeliefert und wären nicht erst auf den Verfassungsgerichtshof angewiesen. Vielleicht können die Länder (und die Gemeinden) als Ausgleich für das anstehende „Notopfer“ eine solche Regelung erzwingen.

Arbeitsgruppe Verwaltungsreform gestartet – Überdenken bestehender zentralistischer Strukturen gefordert



Diese Woche hat die im Regierungsprogramm vorgesehene Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform ihre Arbeit aufgenommen. Als Ziel wurde definiert, „Wege zu einem effizienteren Staat“ zu finden und Einsparungspotenziale aufzuspüren. Das Institut für Föderalismus unterstützt dieses Ziel und würdigt die Zurückhaltung der Regierungsspitze, wenn es um populistische Ansagen auf Kosten der Länder geht. Gleichzeitig regen wir eine grundsätzliche Diskussion darüber an, wie ein im Sinne der Subsidiaritätspyramide aufgebauter Staat die jeweiligen Aufgaben sachgerecht zuteilt, sprich der Bund die notwendigen Leitungsfunktionen übernimmt, den Ländern und Gemeinden jedoch die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten überlässt, und deren Bürgernähe und Effizienz nutzt. Ein Überdenken zentralistischer Strukturen sowie eine offene Diskussion über eine echte Steuerhoheit der Länder könnten tatsächlich zu beachtlichen Effizienzsteigerungen und damit Einsparungen führen.

Das Regierungsprogramm sieht die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Rechnungshofpräsident, Leiter des IHS (Felderer), des Wifo (Aiginger), Bundeskanzler, Bundesminister für Finanzen und zwei Landeshauptleuten, zur Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen vor (siehe dazu schon die Bewertung des Regierungsübereinkommens aus föderalistischer Sicht vom 25.11.2008).
Die Arbeitsgruppe soll erste Vorschläge bereits im 1. Quartal 2009 vorlegen. Sie hat vor wenigen Tagen ihre Arbeit aufgenommen. Die als Vertreter der Länder angesprochenen Landeshauptleute waren durch Stadträtin Brauner (Wien) und Landtagspräsident Penz (Niederösterreich) vertreten.
 
Die Themenstellungen der Arbeitsgruppe sind von enormer föderalistischer Relevanz, von denen nur die wichtigsten herausgegriffen seien:
 
Deregulierung, Aufgabenreform und Aufgabenverteilung:
•    Strukturbereinigung innerhalb sowie zwischen den Gebietskörperschaften; Identifikation und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten
•    Initiative zur Straffung und Harmonisierung des Rechtsbestandes
 
Behördenorganisation:
•    Zusammenführung der Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung
 
Verwaltungssteuerung:
•    Harmonisierung der Datengrundlagen zwischen den Gebietskörperschaften (zB interne Leistungen, Sozial-, Bildungs- und Pflegebereich).
 
Finanzausgleich:
•    Entflechtung und transparentere Gestaltung der horizontalen und vertikalen Transferströme unter bzw zwischen den Gebietskörperschaften
 
Budget, Haushaltswesen und Haushaltsrecht:
•    Harmonisierung des Rechnungswesens und der Finanzberichterstattung der öffentlichen Hand zur möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Gesamtstaates im Sinne des Art 13 Abs 2 B-VG (Vereinheitlichung der Bewertungsmethoden, Harmonisierung der buchmäßigen Zuordnungen, Entwicklung tragfähiger Indikatoren zur Beurteilung der Haushaltsstabilität)
 
E-Government:
•    Realisierung des ursprünglich angestrebten Einsparungspotenzials durch E-Government
 
Verwaltungsverfahren:
•    Prüfung in Richtung vollkonzentriertes Verfahren, das auch die wasserrechtliche und die naturschutzrechtliche Bewilligung mit umfasst
 
Gesundheitswesen:
•    Gemeinsame Strategieplanung und Steuerung aller Beteiligten zur Steigerung der Effizienz des Gesundheitswesens (zB durch: überregionale Strukturierung, Prüfung der Kapazitäten, optimale Betriebsgröße, Ausweitung der tagesklinischen Versorgung, Anpassung des Bezugsniveaus, Reduktion des Verwaltungsaufwands, ärztliche Hilfe, Heilmittel)
•    Verstärkung der Kooperationen zwischen und innerhalb der Krankenanstalten
 
Schulwesen und Wissenschaft:
•    Zusammenführung der Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung (zB Landeslehrer)
•    Optimierung der Schulstandorte; Maßnahmen in Richtung einheitlicher Vollziehung; effektives Controlling und Steuerungsmöglichkeiten
 
Effizientes Förderwesen:
•    Errichtung einer gesamtösterreichischen zentral geführten Förderungsdatenbank
•    Evaluierung des gesamten österreichischen Förderungssystems mit seiner Vielzahl an Einrichtungen und Institutionen; Verringerung der Anzahl an Förderungsstellen
•    Abstimmung der Ziele von Förderungen zwischen EU, Bund, Ländern und Gemeinden; Koordination und Abstimmung der Förderungen zur Erhöhung der Effizienz und Vermeidung von Mehrfachförderungen
 
Pensionen:
•    Harmonisierung der Pensionssysteme von Bund, Ländern und Gemeinden.
 
Personalpolitik des Bundes:
•    Prüfung der Harmonisierung der Dienst- und Besoldungssysteme von Bund, Ländern und Gemeinden; Die Durchlässigkeit und Kompatibilität des öffentlichen Dienstes mit externen Bereichen und eine Laufbahn- und Aufstiegsentwicklung über verschiedene Gebietskörperschaften und Bereiche hinweg soll stark gefördert und diesbezügliche Barrieren möglichst rasch entfernt werden.
•    Im Bereich der Lehrer des Bundes und der Landeslehrer soll unter Berücksichtigung moderner Bildungsstandards im Hinblick auf die sinkenden Schülerzahlen und die in den kommenden Jahren erfolgenden Pensionierungswellen ein gemeinsamer Personalstandspfad erarbeitet werden.
 
 
Das Institut hat bereits in einer ersten Bewertung des neuen Regierungsprogramms auch zur Aufgabenstellung der „Arbeitsgruppe zur Bearbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen“ im Regierungsübereinkommen aus föderalistischer Sicht (als pdf-Datei auf unserer Homepage abrufbar) hingewiesen, dass diese Aufgabenstellung äußerst ambitioniert ist. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die enorme Offenheit des Themas „Strukturbereinigung zwischen den Gebietskörperschaften“ oder „Entflechtung der Transferströme zwischen den Gebietskörperschaften“.
 
So gesehen ist die Skepsis, mit welcher der Start der Arbeitsgruppe in den Medien begleitet wurde (siehe bspw Staatsreform, der 27. Anlauf, in: Die Presse vom 17.02.2009; Und täglich grüßen …, in: Kurier vom 13.02.2009; Verwaltungsreform – ein neues Kapitel der unendlichen Geschichte, in: Oberösterreichische Nachrichten vom 18.02.2009; Verwaltungsreform: Startschuss für Einsparungsmaßnahmen, in: Kleine Zeitung vom 17.02.2009) verständlich.
Das Institut unterstützt die Bemühungen der Arbeitsgruppe, Wege zu einem effizienteren Staat zu finden. Es ist erfreulich, dass sich Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Pröll als Mitglieder der Arbeitsgruppe nicht, wie manche Experten, dazu hinreißen ließen, Phantasiezahlen über mögliche Einsparungen in Milliardenhöhe zu kolportieren. Wir glauben durchaus, dass ein im Sinne der Subsidiaritätspyramide aufgebauter Staat, der dem Bund die notwendigen Leitungsfunktionen überträgt, den Ebenen der Länder und Gemeinden, aber die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten überlässt, beachtliche Einsparungspotentiale beinhaltet.
In diesem Sinne wird das Überdenken bestehender zentralistischer Strukturen gefordert sein, ebenso wie auch die Länder und die Gemeinden ihren Beitrag zu einer kostengünstigen Verwaltung werden leisten müssen. Wir können uns auch eine Diskussion über eine Steuerhoheit der Länder vorstellen, die gerade nicht wie derzeit bei einigen Bagatellsteuern stehen bleibt, sondern das gesamte Steuersystem umfasst.

Europäischer Föderalismus im 21. Jahrhundert



Das Institut für Föderalismus veranstaltet gemeinsam mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck und der Tiroler Juristischen Gesellschaft im Sommersemester 2009 eine Vorlesungsreihe zum Thema „Europäischer Föderalismus im 21. Jahrhundert“. Im Rahmen der Ringvorlesung werden verschiedene ReferentInnen unterschiedliche Aspekte der föderalen Entwicklung Europas beleuchten. Europa wird dabei nicht ausschließlich als die „Europäische Union“, sondern vielmehr übergreifend, den Balkan und Osteuropa einschließend, betrachtet. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe sollen Streiflichter auf dynamische Prozesse geworfen werden, die integrativer Natur (Herausbildung der EU als System mit gleichzeitig konföderalen und föderalen Elementen) oder dissolutiver Natur (Dezentralisierungsprozesse, Autonomiebestrebungen, Sezession) sind. Die Organisatoren laden zu dieser Veranstaltungsreihe ein.

Programm der Vorlesungsreihe

Tagungsband: Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle



Der soeben in der Schriftenreihe des Instituts erschienene Band „Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle“ dokumentiert die Referate und Diskussionsbeiträge einer Tagung, die das Föderalismus-Institut vergangenen Mai gemeinsam mit der Parlamentsdirektion und der Österreichischen Gesellschaft für Gesetzgebungslehre durchführte. Thematische Schwerpunkte bildeten die „Geschäftsordnungsreformen im Lichte eines lebendigeren Parlamentarismus“, die Ausgestaltung der Instrumente der parlamentarischen Kontrolle, Verschwiegenheitspflichten, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen sowie die Rolle der Rechnungshöfe und der Volksanwaltschaften. Die von Dr. Christoph KONRATH verfasste Synopse der Kontroll- und Minderheitenrechte sowie der Redeordnungen in den Landtagen ist auf unserer Homepage als pdf-Datei abrufbar. Der Band 109 Bußjäger (Hg) „Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle“, Wien 2009, 152 Seiten, ISBN 978-3-7003-1708-1, ist zum Preis von € 26,90 im Buchhandel erhältlich.


2008


Jahresrückblick des Institutsdirektors



Das Jahr 2008 brachte einige für den Föderalismus in Österreich bemerkenswerte Ereignisse, die von Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger kurz beschrieben werden. Die Umsetzung des Regierungsprogramms und die Wirtschaftslage werden im kommenden Jahr für den Bundesstaat zu einer großen Herausforderung.

Liebe Leserinnen und Leser der Föderalismus-Info!
 
Das Jahr 2008 hat einige für den Föderalismus in Österreich bemerkenswerte Ereignisse gebracht, von denen ich in einer Art Jahresrückblick einige herausgreifen möchte: Mit der Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl I Nr 2/2008, wurde ua eine erste Bereinigung des Bundesverfassungsrechts vorgenommen. Weiters wurden die Bestimmungen der Bundesverfassung über die Grenzänderungen (Art 3 B-VG) im Sinne der Zielsetzungen der Verfassungsbereinigung geändert, ebenso die Bestimmungen über die Genehmigung von Staatsverträgen (Art 50 B-VG). Es ist erfreulich, dass dabei föderalistische Interessen durchaus gewahrt werden konnten. Damit wurden immerhin die ersten 10% der Ergebnisse des Österreich-Konventes umgesetzt.
Weniger erfreulich ist es, dass mit derselben Verfassungsnovelle wohl die Konstruktion des Asylgerichtshofes, die systematisch wahrlich keine Glanzleistung darstellt, in die Bundesverfassung aufgenommen wurde, die Landesverwaltungsgerichte aber einmal mehr aber auf die lange Bank geschoben wurden. Dabei schien noch nie zuvor eine Einigung so nahe.
Gänzlich unerfreulich war aus föderalistischer Sicht der Entwurf der Expertengruppe für die Änderung der Bundesverfassung, was die Kompetenzordnung und die Neugestaltung des Bundesrates betraf. Wir haben dazu im abgelaufenen Jahr ausführlich Stellung genommen und die Gründe der Ablehnung dargelegt. Tatsächlich wären den Ländern wichtige Gestaltungsmöglichkeiten wohl auf Dauer entzogen worden. Für uns ist klar, dass der Schlüssel einer Staatsreform in der Neugestaltung des Bundesrates steckt. Erst wenn sich Bund und Länder darüber einig sind, wie in Zukunft die Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung erfolgt, kann darüber gesprochen werden, welche Kompetenzen von Bund und Ländern wahrgenommen werden sollen.
Mit dem Scheitern der vorangegangenen Bundesregierung und dem Neuwahlen vom Herbst dieses Jahres ist allerdings dieser Expertenentwurf Schnee von gestern. Das neue Regierungsübereinkommen bleibt, was die Frage der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern betrifft, äußerst zurückhaltend. Auch darüber hat das Föderalismusinstitut berichtet. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass ein abermaliger Anlauf, eine Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz zu schaffen, die einen starken föderalistischen Ansatz aufweist, doch noch kommt. Das Gleiche gilt für die Schulverwaltung. Wir hoffen, dass es sich nicht um die berühmten Wünsche an das Christkind handelt. Wenn man die bisherigen Erfolge bei diesen Projekten berücksichtigt, dann erscheint das wegen seiner Unbestimmtheit vielfach gescholtene Regierungsprogramm noch immer ambitioniert, und das will was heißen!
Zu gewissen Hoffnungen Anlass geben die Aussagen des neuen Gesundheitsministers Stöger zur Gesundheitsreform. Seine medial mehrfach wiederholte Absage an einen Zentralismus auf diesem wichtigen Gebiet könnte eine Gesundheitsreform in die Wege leiten, die nicht dem Gedanken der Zentralisierung und der Zerschlagung regional verorteter Strukturen verpflichtet ist und trotzdem oder gerade deshalb effizient ist. Das Föderalismusinstitut wird jedenfalls im kommenden Jahr aktiv an der Diskussion über die Gesundheitsreform teilnehmen.
Spannend wird auch die Frage um die Formulierung von Klimaschutzzielen und deren Durchsetzung. Der kooperative Bundesstaat wird hier besonders gefordert sein, wenn ein Ergebnis zustande kommen soll, das die Länder und Gemeinden nicht vollständig den Vorgaben des Bundes unterwirft. Überhaupt wird auch die Wirtschaftslage im kommenden Jahr für den Bundesstaat zu einer großen Herausforderung werden. Das Föderalismusinstitut erblickt nicht zuletzt aus dem neuen Regierungsprogramm zumindest gewisse Anzeichen, dass die Regierung die Gemeinsamkeit in der Bewältigung der Aufgaben in den Vordergrund rückt.
Mit diesem Ausblick verbleibe ich mit besten Grüßen und wünsche Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!
 
Peter Bußjäger

32. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2007)



Soeben ist der 32. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2007) erschienen, der einen Einblick in die föderalistischen Entwicklungen im Jahr 2007 vermittelt. Zentrale Themen sind die Staats- und Verwaltungsreform, Debatten über die Reform des Schulwesens und der Finanzierung der Pflege, der Finanzausgleich, die Wahlrechtsreform sowie als Dauerbrenner die Reformdiskussion über den Bundesrat. Von föderalistischem Interesse auf europäischer Ebene war der Vertrag von Lissabon.

Im Berichtsjahr wurde ein neuer Anlauf für eine Staats- und Verwaltungsreform unternommen. Die eingesetzte Expertengruppe legte Entwürfe für eine Reform des österreichischen Bundesverfassungsrechts vor, die aus föderalistischer Sicht zum Teil, etwa hinsichtlich der Kompetenzverteilung oder der Reform des Bundesrates, kritisch beurteilt werden mussten.
Die Tätigkeit des Bundesrates zeigte, dass die Parteipolitik in der österreichischen Länderkammer einen hohen Stellenwert besitzt und den Länderinteressen übergeordnet wird.
Der Bericht behandelt die Reformen im österreichischen Schulwesen mit der Einführung der „neuen Mittelschule“, die Einigung über die Finanzierung der 24-Stunden-Pflege für ältere und pflegebedürftige Menschen sowie notwendige Reformen im Gesundheitswesen, hier vor allem bei der Krankenanstaltenfinanzierung, und bei den Krankenkassen. Eingegangen wird weiters auf die erfolglosen Bemühungen um eine Lösung im Kärntner Ortstafelkonflikt, auf die Versuche des Bundes, durch die Schaffung einer Agentur zum Schutz vor Naturgefahren bisherige Zuständigkeiten der Länder an sich zu ziehen, und auf die Dauer von Asylverfahren sowie die Erfüllung der Quoten für die Unterbringung von Asylwerbern.
 
Die Gebietskörperschaften einigten sich vergleichsweise rasch über den neuen Finanzausgleich 2008-2013, in dem Verbesserungen für die Länder und die Gemeinden erreicht werden konnten. Weiters wurde der Österreichische Stabilitätspakt 2008 abgeschlossen. Hier verpflichteten sich die Länder, Haushaltsüberschüsse zu erbringen, um dadurch dem Bund ein gewisses Defizit zu ermöglichen.
 
Von föderalistischem Interesse auf europäischer Ebene waren die Verhandlungen über die Reform der Europäischen Union und der Abschluss des Vertrages von Lissabon, die Genehmigung der Programme im Rahmen der EU-Regionalpolitik 2007-2013 sowie die Abwicklung von zahlreichen Projekten in den EU-Regionalförderprogrammen. Die Interessen der Länder waren von Urteilen des EuGH, von mehreren Vertragsverletzungsverfahren und von neuen Richtlinienvorschlägen der EU-Kommission, etwa beim Bodenschutz oder im Einwanderungsbereich, betroffen.
 
Im Bundesverfassungsrecht waren die Reformen im Wahlrecht (Senkung des Wahlalters, Einführung der Briefwahl) und die Einrichtung des umstrittenen Bundesasylgerichtshofes, die Verankerung des „Kammerstaates“ in der Verfassung sowie die Beschlussfassung eines Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetzes von besonderer Bedeutung. Dafür blieb das Projekt einer Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein weiteres Mal unerledigt.
Dargestellt werden die Gesetzgebung des Bundes und jene der Länder. Die Länder wirken an der Gesetzgebung des Bundes durch den Bundesrat mit. Dieser erhob im Berichtsjahr keinen Einspruch gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates. Beim Begutachtungsverfahren war keine Besserung der seit Jahren beklagten und kritisierten Zustände erkennbar. Von den Ländern wurden zu elf Gesetzesvorhaben des Bundes der Konsultationsmechanismus ausgelöst, das Konsultationsgremium vom Bund allerdings – entgegen der Vereinbarung – in keinem Fall einberufen.
Die Länder modernisierten ihre Landesrechtsordnungen und setzten dabei zukunftsweisende Reformen (etwa im Bereich Dienstrecht) um. Mehrere Landesgesetze waren zur Anpassung an das geänderte Bundesrecht, an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw des Europäischen Gerichtshofes oder zur Umsetzung von EU-Richtlinien in das Landesrecht notwendig.
Weitere Kapitel des 32. Berichtes stellen die Rechtsprechung der Höchstgerichte, die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften und die grenzüberschreitende Kooperation dar. Gerade in diesem Bereich wurden vielfältige Aktivitäten gesetzt und die bürgernahe Zusammenarbeit funktionierte sehr gut.
 
Der 32. Bericht über den Föderalismus (2007), Wien 2008, ISBN 978-3-7003-1705-0, 506 Seiten, ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.
Eine Kurzfassung des Berichtes ist als pdf-Datei auf der Homepage des Instituts abrufbar.

EVTZ-Gesetz und Kompetenzverteilung



Wer soll die Kompetenzen des neuen Instruments der EU zur Regionalpolitik, den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), regeln? Der Bund glaubt sich dazu befugt und verpflichtet, die Länder sind anderer Meinung – aus gutem Grund!

Im Zuge der Reform der Regionalpolitik wurde mit der Verordnung (EG) Nr 1082/2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) ein neues Instrument der Zusammenarbeit auf gemeinschaftlicher Ebene eingeführt: Der EVTZ ist mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet und wird aus Gebietskörperschaften oder aus von Gebietskörperschaften beherrschten Gesellschaften aus mindestens zwei Mitgliedstaaten gebildet. Durch einen EVTZ können sich Regionen, rechtsgültig auf gemeinschaftsrechtliche Legitimation berufend, auf ein für ein EU-Förderprogramm anwendbares Recht einigen und administrative Strukturen grenzüberschreitend einrichten (siehe dazu auch: Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) – eine neue Dimension der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, in: Föderalismus-Info Nr 2/2006).
 
Die Verordnung enthält keine Regelungen, wer für die Genehmigung der Teilnahme an einem EVTZ, die Entscheidung über die Verpflichtung zum Austritt, die Registrierung bzw Veröffentlichung der Satzung, die Untersagung der Tätigkeit, die Auflösung des EVTZ sowie dessen Finanzkontrolle zuständig ist. Daher obliegt die Regelung dieser Bereiche den nationalen Gesetzgebern.
In Österreich bestand zunächst Einigkeit darüber, dass die diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz weitestgehend den Ländern zukommt. Im Zuge der Begutachtung der EVTZ-Gesetze einiger Länder im April 2008 änderte der Bund allerdings seine Rechtsauffassung und vertrat die Ansicht, dass die Regelung dieser Bereiche auf Grund der Kompetenztatbestände „Zivilrechtswesen“ bzw „äußere Angelegenheiten“ größtenteils ihm obliegen würde. Im Entwurf des EVTZ-Gesetzes des Bundes, das Ende Juni 2008 in Begutachtung ging, vertrat er schließlich die Auffassung, dass er weitgehend auf Grund des Kompetenztatbestandes „Zivilrechtswesen“ zur Regelung befugt sei.
 
Zu dieser Einschätzung des Bundes ist im Wesentlichen festzuhalten, dass sich die Beurteilung, ob es sich beim EVTZ um einen Rechtsträger des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handelt, nicht danach richten kann, ob dieser Rechtsträger hoheitliche Aufgaben oder solche der Privatwirtschaftsverwaltung wahrnimmt. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts können zweifellos privatrechtlich tätig werden. Auch der Umstand, dass sich von Gebietskörperschaften beherrschte Gesellschaften an einem EVTZ beteiligen können, kann – für sich gesehen – noch nicht die Annahme rechtfertigen, dass es sich bei einem EVTZ um einen Rechtsträger des Privatrechts handeln würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der EVTZ als Rechtsträger öffentlichen Rechts zu qualifizieren ist, der seine Rechtgrundlage in einer unmittelbar wirksamen EU-Verordnung hat. Da für die Registrierung, die Untersagung der Tätigkeit, die Auflösung einer solchen Einrichtung sowie dessen Finanzkontrolle keine Kompetenz des Bundes verankert ist, sind die Länder auf Grund der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG hiefür zuständig. Bislang haben zwei Landesregierungen (Kärnten und Vorarlberg) ihren Landtagen eine entsprechende Regierungsvorlage vorgelegt.

Tagung „Parlamentarische Kontrolle von ausgegliederten Rechtsträgern und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung“ – Kurzbericht



Das Institut für Föderalismus veranstaltete am 28. November 2008 in Linz eine hochkarätig besetzte und sehr gut besuchte Tagung zum Thema der parlamentarischen Kontrolle. Es ist geplant, die Referate und die Diskussionsbeiträge dieses Seminars als eigenen Band in der Schriftenreihe des Instituts zu veröffentlichen.

Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. BUSSJÄGER behandelte in seinem Referat „Parlamentarische Kontrolle bei Bund und Ländern im Spannungsfeld öffentlich-rechtlicher Verschwiegenheitspflichten“ die Transparenz als Wesensmerkmal parlamentarischer Kontrolle und stellte ihr die verschiedenen Verschwiegenheitspflichten (Amtsverschwiegenheit, Datenschutz, Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses) gegenüber. Als Beispielsfälle aus der parlamentarischen Praxis führte der Institutsdirektor Probleme rund um parlamentarische Anfragen und die Geschäfte des ausgegliederten Rechtsträgers, die parlamentarische Anfrage und den Vorwurf der strafbaren Handlung, Berichte von Rechnungshöfen, etwa über den Unternehmensverkauf sowie die Bezüge von Organen oder Angestellten öffentlicher Unternehmen an. Abschließend wurden die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen Verschwiegenheitspflichten für die Mitglieder der Parlamente und der parlamentarischen Hilfsorgane behandelt.
 
Univ.Prof. Dr. RASCHAUER, Universität Wien, untersuchte in seinem Referat „Die Zulässigkeit der Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf ausgegliederte Rechtsträger und Private vor dem Hintergrund der parlamentarischen Kontrolle“ die erfolgten Ausgliederungen von Aufgaben einer Gebietskörperschaft und behandelte auf Grundlage mehrerer Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (zB Austro-Control, BWA-Erkenntnis, GIS-Erkenntnis) die Zulässigkeit solcher Ausgliederungen. Eingegangen wurde auch auf die Aufsichtsrechte der obersten Organe und die Gegenstände der parlamentarischen Kontrolle.
 
Der Direktor des Landesrechnungshofes Oberösterreich Dr. BRÜCKNER ging in seinem Referat „Chancen und Risken von Ausgliederungen aus der Sicht der öffentlichen Finanzkontrolle“ auf den Umfang und die Bedeutung von Ausgliederungen ein. Er untersuchte die Beweggründe und Erwartungen an Ausgliederungen, stellte die möglichen Chancen und Risiken dar und ging ausführlich auf die bisherigen Erfahrungen der öffentlichen Finanzkontrolle mit Ausgliederungen und deren Erfolgsfaktoren ein. Der Referent stellte klar, dass Ausgliederungen kein Allheilmittel, aber taugliche Ansätze für eine Verwaltungsreform darstellen würden. Ausgliederungen führten nicht zur Beendigung der staatlichen Verantwortung für die effiziente und ordnungsgemäße Erfüllung von öffentlichen Aufgaben.
 
Univ.Prof. Dr. KUCSKO-STADLMAYER, Universität Wien, stellte in ihrem Referat „Aspekte des Datenschutzes und sonstiger öffentlich-rechtlicher Verschwiegenheitspflichten bei der Kontrolle durch Rechnungshöfe und Volksanwaltschaften“ ausführlich die Probleme im Zusammenhang mit Mitteilungen der kontrollierten Organe an Rechnungshof und Volksanwaltschaft sowie mit Mitteilungen von Rechnungshof und Volksanwaltschaft an Parlament und Öffentlichkeit dar. Bei beiden Vorgängen seien Amtsverschwiegenheit und Datenschutz kumulativ anwendbar, eine allgemeine Ausnahme für die Kontrollaufgabe von Rechnungshof und Volksanwaltschaft bestehe nicht. Die Referentin stellte fest, dass der Rechtschutz von Betroffenen für Verletzungen des Rechts auf Datenschutz durch Rechnungshof und Volksanwaltschaft unzureichend geregelt sei. Die Datenschutzkommission habe keine Zuständigkeit, daher könne auch der Verfassungsgerichtshof darüber nicht entscheiden. Insbesondere die Ansprüche auf Richtigstellung unrichtiger Daten und auf Löschung unzulässiger Weise verarbeiteter Daten seien derzeit nicht durchsetzbar.
 
RA Univ.Prof. Dr. ENZINGER, Wien, untersuchte in seinem Referat „Geheimhaltungsrechte und Verschwiegenheitspflichten im Privat- und Gesellschaftsrecht im Sondergesellschaftsrecht des Bundes und der Länder“ die Rechenschafts- und Auskunftspflichten der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften gegenüber dem Aufsichtsrat. Die Organe von Kapitalgesellschaften, also Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsratsmitglieder, seien Dritten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Soweit ausgelagerte Rechtsträger Behördenfunktionen wahrnehmen, seien diese gegenüber parlamentarischen Untersuchungsausschüssen auch zur Aktenvorlage verpflichtet. Vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen sei eine Berufung auf die Amtsverschwiegenheit für öffentlich Bedienstete nicht zulässig, Auskunftspersonen stehe aber ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Zu den gesetzlich besonders anerkannten Verschwiegenheitspflichten würden das Bankgeheimnis oder Verschwiegenheitspflichten nach dem Datenschutzgesetz zählen. Ein Aussageverweigerungsrecht bestehe auch dann, wenn die Beantwortung von Fragen für den Betroffenen oder nahe Angehörige einen bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteil nach sich ziehen würde.
 
Abschließend stellte Univ.Prof. Dr. JANKO von der Universität Linz in seinem Referat „Ausgegliederte Rechtsträger und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss“ die ausgegliederten Rechtsträger als Untersuchungsgegenstand in einem Untersuchungsausschuss des Bundes und in Untersuchungsausschüssen der Länder dar. Ausführlich beschäftigte er sich mit den ausgegliederten Rechtsträgern und ihrer Repräsentanten im Beweisverfahren vor Untersuchungsausschüssen und stellte die zulässigen Untersuchungsmittel, die Aktenvorlage, die Zeugeneinvernahme und die Erfüllung von Beweiserhebungsersuchen dar.
 
An der Diskussion beteiligten sich Politiker, Bedienstete von Rechnungshöfen und Beamte aus den Landesverwaltungen.

In Memoriam Univ.Prof. Dr. Heinz Schäffer



Anfang Dezember 2008 ist nach kurzer schwerer Krankheit Univ.Prof. Dr. Heinz SCHÄFFER, Universität Salzburg, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, verstorben. Der anerkannte Verfassungsjurist erwarb sich ua als Gründer und Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Gesetzgebungslehre, hohe Verdienste. Er gehörte seit 1999 dem Verfassungsgerichtshof als Ersatzmitglied an und wirkte an einer Reihe von Entscheidungen mit. Auch dem Institut für Föderalismus war der Verstorbene sehr verbunden. Schäffer gehörte von 1980 bis 1991 dem Kuratorium des Instituts als Ersatzmitglied an und war stets ein aufmerksamer Beobachter des österreichischen Föderalismus. In zahlreichen Aufsätzen und Beiträgen (vgl etwa zuletzt Schäffer, Reformperspektiven für den Bundesrat, in: JRP 2007, 11 ff) nahm er sich immer wieder föderalistischen Anliegen und Themen an. Das Institut wird dem Verstorbenen ein ehrendes Andenken bewahren und ihn als fachkundigen Wissenschaftler in Erinnerung behalten.

Ein Rückblick auf den Nationalratswahlkampf



Sind es wirklich die Länder, die nicht sparsam wirtschaften, oder ist es doch der Bund? Der vergangene Nationalratswahlkampf mit den vielen Versprechungen, die teilweise noch vor der Wahl im Husch-Pfusch-Verfahren beschlossen wurden, hat eindrucksvoll bewiesen, dass es der Bund ist, der das Geld der Wähler mit vollen Händen ausgibt. Einsparungen auf Bundesebene – etwa in der Ministerial- oder Aufsichtsbürokratie – sind jedoch nicht in Sicht. Dabei würden und könnten die Länder viele Aufgaben des Bundes effizienter und kostengünstiger übernehmen. Das Institut für Föderalismus wird Sie über die föderalistisch relevanten Ergebnisse der Regierungsverhandlungen informieren.

Den Ländern wird oft genug vorgeworfen, nicht sparsam zu wirtschaften und Geld, das nicht das ihre sei, zum Fenster hinauszuwerfen. Der soeben vergangene Wahlkampf rückte das Bild ein bisschen zurecht: Wer aufmerksam verfolgte, wie sich die Parteien mit kostspieligen Wahlversprechen überboten, musste erkennen, dass es wohl nicht die Länder sind, die sorglos mit fremdem Geld umgehen (auch der Bund gibt nicht sein eigenes Geld aus, sondern das der Steuerzahler). Es gehört zwar zur Demokratie, dass in jedem Wahlkampf Versprechungen gemacht werden, die letztlich Geld kosten. Wir können uns allerdings an keinen Wahlkampf auf Landesebene erinnern, in welchem es offenbar so gleichgültig war, wer letzten Endes die Zeche bezahlt, wie bei dieser Nationalratswahl.
Damit stellt sich auch schon die Frage, wie die Wahlversprechen finanziert werden. Abgesehen davon, dass das gesamtstaatliche Defizit erhöht und im Ergebnis die Steuerzahler in welcher Form auch immer herangezogen werden dürften, wird man wohl nicht umhin kommen, nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen. Die Zentralisten sehen schon jetzt ihre Stunde gekommen, um wieder einmal den 3,5 Milliarden-Gag zu propagieren.
Fangen wir aber besser bei der Ebene an, wo gegenwärtig offenbar das Geld fließt wie nie zuvor: In den Ministerien gibt es jeweils eigene Personalabteilungen, eigene Buchhaltungen, eigene EDV-Abteilungen. Man könnte sie, wie dies auf Landesebene im Amt der Landesregierung geschieht, zusammenfassen. Ganz abgesehen davon könnten die Aufsichtsbürokratien in den Ministerien abgebaut werden, etwa durch Dezentralisierung der aufgeblähten Schulverwaltung. Die bunte Vielfalt von Behörden des Bundes in den Ländern, angefangen bei A wie Arbeitsinspektorat und B wie Bundesdenkmalamt bis hin zu W wie Wildbach- und Lawinenverbauung wäre zu bereinigen: Ihre Aufgaben, deren Übernahme den Ländern finanziell abgegolten werden müsste, könnten weitgehend in die Bezirkshauptmannschaften oder das Amt der Landesregierung integriert werden. Durch Synergien könnten Kosteneinsparungen erzielt werden.
Trotzdem werden bei der Verwaltungsreform die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Es ist nicht leicht, tatsächlich Einsparungen zu erzielen, weil die Gesetze, für die die Politik verantwortlich ist, nun einmal vollzogen werden müssen und es in den meisten Fällen darum geht, erst einmal Synergien ausfindig zu machen. Umso wichtiger wäre ein sorgsamerer Umgang mit dem Geld der Steuerzahler vor allem dort, wo in unserem Staat die meisten Kompetenzen angesiedelt sind, nämlich beim Bund.

Tagung Parlamentarische Kontrolle von ausgegliederten Rechtsträgern



Am 28. November widmet sich eine Tagung des Föderalismus-Instituts in Linz der Problematik parlamentarischer Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger, etwa durch Verschwiegenheits- und Geheimhaltungsverpflichtungen.

Ausgegliederte Rechtsträger, aber auch andere Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung, spielen in der parlamentarischen Kontrolle eine zunehmend größere Rolle, die auch vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur betont wird.
Auf der anderen Seite geraten die Informationswünsche des Parlaments auch immer häufiger in Konflikt mit Verschwiegenheitspflichten, die teilweise sogar verfassungs-rechtlich abgesichert sind. Neben dem klassischen Thema der Amtsverschwiegenheit rückt immer mehr das Grundrecht auf Datenschutz in den Vordergrund. Aber auch andere Verschwiegenheitspflichten wie das Bankgeheimnis oder auch das Ärztegeheimnis oder ganz allgemein der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen können eine Rolle spielen.
Das Institut für Föderalismus will in der Tagung „Parlamentarische Kontrolle von ausgegliederten Rechtsträgern und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung“, die am Freitag, den 28. November 2008 in Linz, Promenade 37, stattfinden wird, die verschiedenen Aspekte der parlamentarischen Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger behandeln.
Das Programm ist auf unserer Homepage abrufbar.
Anmeldungen zu dieser Tagung nimmt das Institut gerne bis zum 24. November 2008 entgegen.

Splitter von der Verleihung des Föderalismuspreises 2008 an Prof. Lehner



Am 6. November wurde der Föderalismuspreis 2008 in Linz an den Wirtschaftsforscher Prof. Dr. Gerhard Lehner überreicht. Im Rahmen eines kleinen Festakts bekräftigte Oberösterreichs Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer die Bedeutung des Föderalismus als Werkzeug für bürgernahe und effiziente Problemlösungen. Er wandte sich gegen Bestrebungen des Bundes, sich zum alleinigen Verwalter der Steuereinnahmen der Bürger zu erklären, der „gnadenhalber“ den Ländern einen Teil des Geldes überlasse. Festredner Univ.Prof. Dr. Theo Öhlinger zog eine kritische Bilanz bisheriger Versuche einer Staats- und Verwaltungsreform, zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass in einzelnen Bereichen (Landesverwaltungsgerichte, ...) Fortschritte möglich wären. Preisträger Lehner erklärte, die Auszeichnung als Auftrag zu sehen, sich weiter voll für den Föderalismus einzusetzen.

In Kooperation mit den Oberösterreichischen Nachrichten hat das Institut für Föderalismus den Föderalismuspreis 2008 ausgeschrieben. Mit diesem Preis werden bemerkenswerte Initiativen zur Förderung und Sicherung des Föderalismus in Österreich bekanntgemacht und ausgezeichnet.
Am 6. November 2008 fand im Landeskulturzentrum Ursulinenhof in Linz in Anwesenheit zahlreicher Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung die Verleihung des Föderalismuspreises 2008 statt.
 
Univ.Prof. Dr. Öhlinger ging in seiner Festrede „Reflexionen zur Staats- und Verwaltungsreform“ auf die bisherigen Bemühungen zur Umsetzung einer Staatsreform ein und wagte auch einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Er könne sich vorstellen, dass einige Themen, über die im Österreich-Konvent und in der Expertengruppe „Staats- und Verwaltungsreform“ Einigung erzielt werden konnte, wie etwa die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten, verwirklicht werden könnten.
Nach der Würdigung der Preisträger durch Institutsdirektor Dr. Bußjäger (in Vertretung des Vorsitzenden der Jury, Bundesratspräsident Weiss, der durch Koalitionsverhandlungen in Wien verhindert war), ging Landeshauptmann Dr. Pühringer in seiner Rede auf aktuelle Fragen des Föderalismus, wie etwa die Finanzierung des Gesundheitswesens oder die Besoldung der Landeslehrer ein.
 
Föderalismuspreis 2008 geht an Finanzwissenschafter Prof. Gerhard Lehner
Anschließend überreichte der Landeshauptmann den Föderalismuspreis 2008 an Prof. Dr. Gerhard Lehner, der für seine wissenschaftliche Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern von einer Fachjury aus zahlreichen Bewerbungen und Nominierungen ausgewählt worden war.
Lehner war in seiner beruflichen Funktion Budgetexperte des Instituts für Wirtschaftsforschung. Er hat sich vor allem als Budgetexperte für die Landesfinanzen profiliert und ist Mitglied des Staatsschuldenausschusses. Lehner ist wie kein anderer mit der Situation der Landesfinanzen und den Finanzbedarfen der Länder vertraut. Er hat eine große Zahl an Studien zu Fragen des Finanzausgleichs, den Auswirkungen abgabenrechtlicher Maßnahmen auf die Länderfinanzen und zur Reform der finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in Österreich verfasst. Für die Jury liegt darin die föderalistische Bedeutung seiner Tätigkeit. Während gerade viele Finanzwissenschafter die Länder als bloße Kostenfaktoren am Finanztropf des Bundes betrachten, geht Lehner von der Aufgabenseite aus. Er fragt, welche Aufgaben die Länder zu erbringen haben und beurteilt den „Finanzierungsbedarf“. Das Schlagwort „Zusammenführung von Aufgaben und Finanzierungsverantwortung“ sieht Lehner nicht wie viele andere nur in der häufig nicht weiter reflektierten „größeren Steuerautonomie der Länder“ verwirklicht, sondern er bietet als Alternative einen aufgabenorientierten Finanzausgleich an, in welchem den Gebietskörperschaften ausgehend von ihren Aufgaben, ein bestimmter Anteil am Finanzausgleich eingeräumt wird. Dieser Gedanke hat übrigens in den laufenden Finanzausgleich Eingang gefunden.
Lehner ist trotz seines Nahebezugs zu den Ländern ein kritischer Föderalist: Er beurteilt die Situation der Landesbudgets aus kritischer Distanz und ist deshalb allgemein anerkannt. Seine Prognosen sind von großer Sachkenntnis und von Verlässlichkeit geprägt.
 
Anerkennungspreis für das Projekt „Vision Rheintal“
„Vision Rheintal“ ist eine überregionale Kooperation von insgesamt 27 Rheintalgemeinden. Im Rheintal lebt die weitaus überwiegende Zahl der Vorarlberger Bevölkerung in einem relativ kleinen Ballungsgebiet. Es liegt auf der Hand, dass die Existenz von 27 selbständigen Gemeinden in diesem kleinen Raum zur Kooperation zwingt. Vision Rheintal ist ein Projekt, das diese Kooperation befördern soll, als Impulsgeber fungiert, aber noch am Anfang des Prozesses steht. Die föderalistische Bedeutung gewinnt dieses Projekt laut Begründung der Jury „durch seine antihierarchische, netzwerkartige Struktur. Vision Rheintal ist keine erzwungene, sondern eine von unten nach oben aufgebaute Gemeindekooperation, in der die Gemeinden ihre Eigenständigkeit und Autonomie wahren und doch Synergien durch Zusammenarbeit erzielen. Vision Rheintal kann ein wirkliches Vorbildmodell für ganz Österreich werden.“

Ausschreibung Föderalismuspreis 2008



Neuauflage des im letzten Jahr erfolgreichen Förderalismuspreis mit den Oberösterreichischen Nachrichten als Medienpartner

Auf Grund der großen Resonanz, die die Auslobung eines Föderalismus-Preises im vergangenen Jahr auslöste, kommt es heuer zu einer Neuauflage. Das Institut für Föderalismus konnte die Oberösterreichischen Nachrichten als Medienpartner für den Föderalismuspreis 2008 gewinnen.
Der Föderalismus-Preis wird vom Institut für Föderalismus, das von den Bundesländern Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und Niederösterreich getragen wird, gestiftet, und ist mit einem Preisgeld von 3000,- Euro verbunden.

Mehr Informationen finden Sie in der beilgelegten Presseaussendung. Details zur Ausschreibung erhalten Sie auf unserer Website.

Föderalismuspreis 2008



Aufgrund der breiten positiven Resonanz auf die erstmalige Verleihung des Föderalismuspreises im vergangenen Jahr wird auch heuer wieder ein Föderalismuspreis ausgelobt. Als Medienpartner für die diesjährige Verleihung konnten die Oberösterreichischen Nachrichten gewonnen werden. Mehr dazu in wenigen Tagen in einer Sonderausgabe der Föderalismus-Info.

Bedauern über Neuwahl hält sich in Grenzen



Nur eine magere Bilanz in Sachen Staatsreform kann die aktuelle Bundesregierung vorlegen. Immerhin war sie auch nicht in der Lage, größeres Unheil in Form weiterer Zentralisierungen anzurichten. Auf die nächste Regierung wartet in Sachen Staatsreform jedenfalls eine Menge Arbeit.

Das Freundlichste, das sich zur föderalistischen Bilanz der nach eineinhalb Jahren gescheiterten Bundesregierung sagen lässt, ist, dass schwere föderalistische Anschläge unterblieben sind. Wenn man sich vergegenwärtigt, welche Angriffe etwa beim Klimaschutz, bei der Staatsreform und bei der Gesundheitsreform auf Eigenständigkeit und Gestaltungsfähigkeit der Länder schon in konkrete Entwürfe gegossen waren, hält sich das Bedauern über die Neuwahlen in Grenzen.
 
Bei der Staatsreform wäre schrankenloser Zentralisierung etwa in der Sozialhilfe, dem Jugendschutz, dem Bildungswesen und dem Katastrophenschutz Tür und Tor geöffnet worden. Für den umstrittenen Bundesrat war keine wirkliche Änderung seiner recht- und machtlosen Situation in Aussicht. Bei der Gesundheitsreform wären die regionalen Gebietskrankenkassen Zweigstellen einer zentralen Holding geworden, die ihre Vorgaben von Wien aus empfangen hätten. Die Gesundheitsplanung und -versorgung wäre zentralisiert worden.
 
Kleine Lichtblicke sollen nicht verschwiegen werden: Immerhin konnte mit dem ersten Paket zur Staatsreform eine Verfassungsbereinigung durchgeführt werden, die auf die Interessen der Länder Rücksicht nahm. Immerhin gelang es beispielsweise durchzusetzen, dass der Bund die Länder vor dem Abschluss von Staatsverträgen, die ihre Zuständigkeiten berühren, nicht nur anhören muss, sondern auch an ihre Stellungnahme gebunden ist.
 
Im Bereich der Schulverwaltung blieb zwar alles beim Alten, immerhin bestand innerhalb der Experten Übereinstimmung, dass die gesamte Schulverwaltung auf Länderebene in den Ämtern der Landesregierung zu konzentrieren ist und es keine Landesschulräte als Sonderbehörden des Bundes mehr braucht. Es besteht immerhin die Hoffnung, dass auch eine künftige Bundesregierung auf diese Erkenntnis zurückgreifen möge.

Föderalismus und Wahlkampf



Wahlkampf ist eine Zeit flotter Versprechungen. Besonders flott sind Bundespolitiker dann, wenn es um Versprechungen geht, die Länder und Gemeinden bezahlen müssen, wie etwa bei der Kinderbetreuung. Erfreulich dagegen, dass Modelle, die die Bundesländer in eigener Kompetenz und Verantwortung entwickeln (bspw. Beseitigung der Vermögensgrenze beim Pflegekostenersatz), bundespolitische Vorbildwirkung entfalten.

Diesmal mit dem kostenlosen Kindergartenjahr, das schon mehr oder weniger beschlossene Sache sein dürfte, wer auch immer die nächste Bundesregierung stellt. In mehreren Ländern gibt es schon jetzt eine gratis Nachmittagsbetreuung von Kindern.
Im Pflegebereich reichen die Vorschläge von der Streichung des Pflegekostenersatzes, den Angehörige leisten müssen, wenn pflegebedürftige Menschen in Heimen gepflegt werden, bis zur Verdoppelung der Förderung für die 24-Stunden-Betreuung und der Abschaffung der Vermögensgrenze. Die Beseitigung der Vermögensgrenze beim Pflegekostenersatz war von den beiden Ländern Niederösterreich und Vorarlberg ausgegangen und soll nach verschiedenen Ankündigungen nun bundesweit fallen.
Für das Föderalismusinstitut ist es Zeichen eines lebendigen Föderalismus, wenn Länder eigenständige Lösungen suchen und diese dann bundesweit übernommen werden. Auf der anderen Seite ist es aber schon erstaunlich, wie leicht es sich die Vertreter der Bundesparteien machen können, Wahlkampfversprechungen zu machen, für deren Erfüllung sie weder zuständig sind und die sie schon gar nicht bezahlen müssen. Immerhin haben die Gemeinden (vgl. etwa Gemeindebundpräsident MÖDLHAMMER, der meinte, dass Forderungen nach einem Gratiskindergartenjahr, ohne zu sagen wer das bezahlen soll, den Gemeindevertreten die „Zornesröte ins Gesicht jagen“ würden, in: Kleine Zeitung vom 18.08.2008) darauf hingewiesen, dass die Zeche erst noch bezahlt werden muss.

Beirat für Baukultur – was steckt dahinter?



Die geplante Schaffung eines Beirates für Baukultur im Bundeskanzleramt wirft zahlreiche Fragen auf. Die wichtigste: Wozu braucht es überhaupt ein Bundesgremium, das Angelegenheiten koordiniert, für die der Bund nicht zuständig ist und die in den Ländern seit Jahrzehnten klaglos funktionieren?

Im Zusammenhang mit der Behandlung des Baukulturreports im Parlament wurde vom Nationalrat am 8. November 2007 ein Entschließungsantrag (E 42 - NR - XXIII. GP) angenommen. Diese Entschließung betreffend weiterführende Maßnahmen zur Förderung der Baukultur in Österreich beinhaltet unter anderem ein Ersuchen an die Bundesregierung, „zur Etablierung und Förderung eines österreichweiten Baukultur-Dialogs einen Beirat für Baukultur im Bundeskanzleramt einzurichten, in dem jedenfalls die betroffenen Ressorts auf Bundesebene, aber auch die Länder und Gemeinden sowie unabhängige, externe Expertinnen und Experten vertreten sind“.
 
Das Bundeskanzleramt hat nun mit Schreiben vom 11. Juli 2008, GZ BKA-400.000/0011-IV/2008, den Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung eines Beirats für Baukultur zur Begutachtung versandt. Die Begutachtungsfrist endet am 29. August 2008.
 
Der gegenständliche Entwurf sieht die Einrichtung eines Beirats für Baukultur vor, der aus 24 Mitgliedern (und ebenso vielen Ersatzmitgliedern) besteht. Davon werden 11 Mitglieder vom Bund (Bundesministerien), vier Mitglieder von der Landeshauptleutekonferenz, je ein Mitglied vom Österreichischen Städtebund bzw. vom Österreichischen Gemeindebund sowie sieben ExpertInnen aus dem Bereich der Baukultur von verschiedenen Organisationen nominiert.
 
Aufgabe des Beirates, als dessen Geschäftstelle das Bundeskanzleramt dient, soll es sein, die im Beirat vertretenen Dienststellen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene bei der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu beraten.
 
Allein die geplante Zusammensetzung dieses Gremiums zeigt ein eklatantes Übergewicht des Bundes, während hingegen die Gemeinden, die für die Vollziehung des Baurechts im Rahmen der örtlichen Baupolizei verantwortlich sind, nur mit zwei Mitgliedern vertreten sind. Auch den Ländern, die ja für die Gesetzgebung und die Verordnungserlassung im Baurecht zuständig sind, wird keine große Bedeutung zuerkannt, da ihnen lediglich vier Mitglieder im Beirat zugestanden werden. Die Vorsitzführung ist einem vom Bundeskanzler bestimmten Vertreter vorbehalten, dem bei Stimmengleichheit ein Dirimierungsrecht zukommt.
 
Das Föderalismusinstitut fragt sich, was mit diesem Gremium bezweckt werden soll. Immerhin zählen die Angelegenheiten des Bauwesens und damit wohl auch die Baukultur zu den zentralen Kompetenzen der Länder. In den Erläuterungen des Entwurfs wird angeführt, dass das Bundeskanzleramt für die „Koordination der allgemeinen Regierungspolitik“ zuständig sei. Weshalb der Bund etwas koordinieren will, für das er gar nicht zuständig ist, bleibt unklar. Oder soll hier ein Betätigungsfeld für unterbeschäftigte Verwaltungsstäbe geschaffen werden?  
 
Daher erscheint die Schaffung eines neuen - stark bundeslastigen - Gremiums, in einer Angelegenheit, die seit Jahrzehnten von den Ländern bestens erfüllt wird, absolut unnotwendig. Baukultur hängt von der Fähigkeit der jeweiligen Bauordnungen ab, Vielfalt zu ermöglichen und Identität zu erhalten.

Ukraine: Dezentralisierung als Schlüssel zu Reformen



In den durchwegs zentralistisch organisierten Staaten Osteuropas entdeckt man immer mehr die Vorzüge des Föderalismus. Vor allem die Erhaltung regionaler Identität und die effizientere Verwaltung werden als Vorteile gesehen. Institutsdirektor Bußjäger wurde als Gastreferent zu einem hochkarätig besetzten Symposion eingeladen, um über westeuropäische Erfahrungen zu berichten.

Die Staaten Osteuropas sind verfassungsrechtlich insgesamt alle als Einheitsstaaten konstituiert und gleichsam nach dem französischen Modell relativ stark zentralisiert. Dennoch sind regionalistische Tendenzen unverkennbar. Siehe dazu etwa die in der FÖDOK-Reihe des Föderalismusinstitutes (Band 24) erschienene Arbeit von Hristozova über die Tschechischen Regionen im Vergleich mit den österreichischen Bundesländern.
Ein interessantes Beispiel ist die Ukraine. Dieser große Staat mit 47 Millionen Einwohnern ist weitgehend zentralistisch gesteuert, mit Ausnahme der Krim, die eine starke Autonomie mit eigener Gesetzgebungshoheit aufweist.
Über Einladung der Versammlung der Regionen Europas (VRE) hat Institutsdirektor Peter Bußjäger am 15. Juli 2008 an der Konferenz der VRE über Regionalisierung in der Ukraine teilgenommen und ein Referat über den österreichischen Bundesstaat gehalten (nähere Informationen zur Konferenz siehe
http://www.aer.eu/events/standing-committee-on-institutional-affairs/2008/aer-regionalisation-conference-donetsk-ua.html)
Die Konferenz war durch die Anwesenheit von Ministern der Zentralregierung und praktisch aller Gouverneure der Regionen der Ukraine hochkarätig besetzt. In der Schlusserklärung wurden unter anderem eine verstärkte Autonomie der Regionen und eine Kompetenzausstattung gefordert, die es ihnen ermöglicht, eine die regionale Identität stärkende Politik zu betreiben. Dezentralisierung wird als Schlüssel zu einem effektiveren Regieren („Governance“) betrachtet.
Für die Regionen in der Ukraine sind Staaten wie Deutschland, Schweiz, Spanien und Österreich, in welchen die Regionen ihre Geschicke zu einem gewissen Teil selbst gestalten können, Vorbilder. Österreich sollte sich bewusst sein, dass es mit seiner föderalen Verfassung ein Vorteil gegenüber vielen anderen Staaten der Welt besitzt.

Interessantes Projekt über Auswirkungen von Dezentralisierung in Ausarbeitung



Führt Dezentralisierung zu mehr Effizienz und Wirtschaftswachstum, aber auch zu Ungleichheit? Wo liegt das richtige Maß? Darüber soll eine neue Studie Aufschluss bringen.

Die Versammlung der Regionen Europas (VRE) hat die BAK Basel Economics mit einer Studie beauftragt, die sich mit den Auswirkungen von Dezentralisierung befasst. Derzeit liegt eine Pilotstudie im Internet (http://www.aer.eu/de/themenschwerpunkte/regionale-demokratie/bak-basel-decentralisation-study.html) zu diesem Thema vor (Decentralisation Indicators. Final report of the pilot study, Basel, June 2007), die bereits erste interessante Ergebnisse erbracht hat: Die Ökonomen gehen davon aus, dass Dezentralisierung zu größerer Effizienz führt, allerdings auch zur größerer Ungleichheit.
Empirisch wird ein Zusammenhang zwischen Dezentralisierung und Wirtschaftswachstum belegt. Je höher der Anteil der subnationalen Untergliederungen an den gesamten Steuererträgen ist, über die sie selbst verfügen können, umso größer ist in der Tendenz das Wirtschaftswachstum. Dies allerdings nur bis zu einem bestimmten optimalen Punkt, der, wie sich aus der nachfolgenden Tabelle 8 der Studie ergibt, in Österreich noch nicht ausgeschöpft ist.
 


Fig. 8: Relationship between GDP growth and TDec1, 1990 - 2000

Es ist in Aussicht genommen, die Studie insoweit zu erweitern, als konkrete Regionen vergleichend untersucht werden. Österreichische Länder sind darunter nicht vertreten.
Das Föderalismusinstitut wird über die weiteren Ergebnisse des interessanten Projekts informieren.

Symposium Verwaltungskosten senken



Wie Verwaltung effizient funktionieren kann und welche Erwartungen die Wirtschaft an die öffentlichen Verwaltungsdienstleister hat, darüber wird ein Symposion Auskunft geben, das die Wirtschaftskammer Tirol gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus veranstaltet. Es findet am 25. September 2008, mit Beginn um 14.00 Uhr in der Wirtschaftskammer Tirol, Innsbruck, statt und trägt den Titel: „Verwaltungskosten senken – Best Practice-Modelle“ Eine Einladung ergeht in den nächsten Tagen gesondert!

Die Verwaltung ist ein tragender Pfeiler jedes strukturierten staatlichen Gebildes. Die moderne Verwaltung zeichnet sich dadurch aus, dass sie schlank, effizient und effektiv ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der ständigen Auseinandersetzung mit den sich rasch ändernden Rahmenbedingungen.
Gerade die Wirtschaft ist durch ihre zahlreichen Berührungspunkte mit der Verwaltung nachhaltig mit den Auswirkungen dieser Staatsfunktion konfrontiert. Die Verwaltungskosten stellen daher einen wesentlichen Standortfaktor dar. Wenn zB eine neue Betriebsanlage errichtet werden soll, mutiert ein Verfahren öfters zum Spießrutenlauf zwischen verschiedenen Vorschriften, Beteiligten, Interessen und Behörden, der nicht nur Nerven, sondern vor allem auch Zeit und Geld kostet.
Dass es aber keineswegs so sein muss, zeigen erfolgreich umgesetzte Modelle modernen Verwaltungshandelns auf verschiedenen Ebenen. Dank engagierter Verwaltungsdienstleister und serviceorientierter Strukturen wurden positive Beispiele für eine zukunftsweisende kostenbewusste Verwaltung aufgezeigt.
 
Das von der Wirtschaftskammer Tirol und dem Institut für Föderalismus organisierte Symposium „Verwaltungskosten senken - Best Practice-Modelle“, das am Donnerstag, den 25. September 2008, mit Beginn um 14.00 Uhr in der Wirtschaftskammer Tirol, Innsbruck, stattfinden wird, soll das Bewusstsein um die Bedeutung der Verwaltungskostensenkung für unser Land weiter stärken und die positiven Bestrebungen der Verwaltung aufzeigen.

Raumplanung im Spannungsfeld der Kompetenzverteilung



Das Raumordnungsrecht ist in Österreich ein gewichtiger Rechtsbereich, der einerseits von einer komplexen Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern, andererseits von der weitläufigen planungsrechtlichen Zuständigkeit der Gemeinden im Rahmen ihres eigenen Wirkungsbereichs geprägt ist. Soeben ist die von Frau Dr. Astrid BERGER verfasste Arbeit „Netzwerk Raumplanung – im Spannungsfeld der Kompetenzverteilung“ als Band 108 der Schriftenreihe des Instituts erschienen.

Das Buch erfasst das Raumordnungsrecht als vernetztes System und bietet eine erste umfassende Gesamtschau der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Raumordnung.
Einleitend werden neben grundlegenden Erörterungen zur allgemeinen Landesraumplanung verschiedenste Sachmaterien (wie beispielsweise Bundesstraßen, Eisenbahnen, Starkstromleitungsanlagen, etc) daraufhin untersucht, inwieweit bau- und raumplanungsrechtliche Befugnisse im Sinne des Annexprinzips vom jeweils einschlägigen Kompetenztatbestand mit umfasst sind. Ausgehend von kompetenzrechtlichen Ergebnissen entwickelt die Autorin ein raumordnungsrechtliches Gesamtsystem und nimmt die Abgrenzung von örtlicher und überörtlicher Bauplanung vor. Außerdem werden das Naheverhältnis von Bau- und Planungsrecht herausgearbeitet und die daraus resultierenden Konsequenzen dokumentiert. Darüber hinaus werden die Wechselwirkungen von Planungsakten der verschiedenen Planungsträger - Bund, Länder, Gemeinden - mit dem Ziel einer umfassenden Systematisierung der diversen Planungskollisionen erörtert. Abschließende Thesen runden das komplexe Themenfeld präzise ab.
 
Der Band „Netzwerk Raumplanung - im Spannungsfeld der Kompetenzverteilung“, Wien 2008, ISBN 978-3-7003-1685-5, 268 Seiten, ist im Buchhandel zum Preis von € 32.90 erhältlich.

Gesundheitsreform: Noch immer purer Zentralismus ohne Effizienzgewinne



Die von der Bundesregierung geplante Gesundheitsreform ist aus Sicht des Föderalismusinstituts durch seine zentralistische Ausrichtung nicht geeignet, nachhaltig die Finanzierung des Gesundheitswesens zu sichern. Sie führt zu mehr Bürokratie, weniger demokratischer Kontrolle sowie schwerwiegender finanzieller Belastung für die Länder, denen sie noch dazu die für die Gesundheitsversorgung wichtigen regionalen Gestaltungsspielräume nimmt. Diese Bedenken werden auch durch die Überarbeitung in der Regierungsklausur nicht ausgeräumt. Alternativ zum vorliegenden Modell sollte aus Sicht des Föderalismusinstituts über eine Zusammenführung der Sozialversicherungsträger jeweils auf Landesebene diskutiert werden, wodurch tatsächlich die Planung erleichtert und die Effizienz des Systems gesteigert werden könnte.

Der Entwurf zur Gesundheitsreform führt nicht nur zu einer schwerwiegenden finanziellen Belastung für die Länder, die in der bisherigen Diskussion weitgehend ausgeblendet blieb, sondern bedroht regionale Gestaltungsspielräume in der Gesundheitsversorgung.
Schon alleine die Vorgehensweise, das Vorhaben am 14. Mai 2008 per E-Mail zur Begutachtung zu versenden und das Ende der Begutachtungsfrist mit 27. Mai 2008 festzulegen, ist angesichts der Bedeutung des Vorhabens eine Zumutung. Damit setzt sich der Bund in eklatanter Weise über die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über den Konsultationsmechanismus hinweg.
Ganz abgesehen davon fehlte eine der Vereinbarung entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen, was bei einem Vorhaben dieser Größenordnung völlig unverständlich ist.
Aus föderalistischer Sicht ergeben sich folgende Bedenken:
 
1. Zentralisierung durch Sozialversicherungs-Holding untergräbt Autonomie der Sozialversicherungsträger zu Lasten der Versicherten
Mit der Einrichtung der SV-Holding anstelle des bisherigen Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger ist ein grundsätzlicher Systemwandel beabsichtigt. Die SV-Holding soll nicht mehr bloß eine – die Aufgaben koordinierende – Zusammenfassung der einzelnen autonomen Sozialversicherungsträger sein, sondern eine eigenständige Selbstverwaltungseinrichtung mit Durchgriffsrechten auf die einzelnen Sozialversicherungsträger. Der neuen SV-Holding werden Normsetzungs-, Zielvorgabe- und Kontrollkompetenzen gegenüber den einzelnen Sozialversicherungsträgern eingeräumt. Damit verbunden ist eine gravierende Einschränkung der Autonomie der einzelnen Versicherungsträger.
Mit einer Verfassungsbestimmung (im § 31 ASVG) werden nicht nur – wie bisher – alle Sozialversicherungsträger, sondern auch alle sozialversicherten Personen und ihre DienstgeberInnen zu „Zwangsmitgliedern“ eines übergeordneten Selbstverwaltungskörpers, nämlich der SV-Holding, obwohl der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, G 222/02 ua, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Zusammenfassung in Zweifel gezogen hatte. Eine solche tiefgreifende Systemänderung ist aus föderalistischer Sicht nachdrücklich abzulehnen. Sie widerspricht den Grundsätzen der Subsidiarität und birgt die Gefahr, dass ein zentralistisch geführter „Konzern“ entsteht, der nach Gutdünken und mit äußerst geringer indirekt demokratischer Legitimation – aber ohne direkte politische Verantwortlichkeit – Kompetenzen an sich ziehen und Regelungen treffen kann, welche maßgeblich in das Leben aller Versicherungsnehmer Österreichs eingreifen. Durch den vorliegenden Entwurf werden die Möglichkeiten und Chancen, die die Organisation der Sozialversicherung hinsichtlich einer stärkeren Dezentralisation bietet, nicht nur nicht genützt, sondern wird der Trend zur Konzentration und zur Zusammenfassung fortgesetzt und das Naheverhältnis zu den Versicherten und deren Problemen weiter marginalisiert.
Das Föderalismusinstitut erblickt keine Effizienzgewinne durch die vorgesehene Zentralisierung, sondern lediglich Bürokratisierung.
2. Widerspruch gegen Konzept der Selbstverwaltung
Gegen die vorgesehene Einrichtung der SV-Holding und die damit verbundene Beschneidung der Autonomie der ebenfalls als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Versicherungsträger bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Insbesondere stellt sich angesichts der weitgehend unbestimmten Steuerungskompetenzen und Durchgriffsrechte der SV-Holding die Frage, inwieweit den einzelnen Versicherungsträgern noch eigenständige Entscheidungsmöglichkeiten im eigenen Wirkungsbereich verbleiben bzw welche Angelegenheiten überhaupt noch zum eigenen Wirkungsbereich der einzelnen Versicherungsträger gehören. Dies erscheint mit dem verfassungsrechtlich vorgesehenen Konzept der Selbstverwaltung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe die Erk VfSlg 17.023/2003 und 17.172/2004) nicht vereinbar.
 
3. Ineffizienz durch Zentralisierung und Reibungsverluste
Mit der Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen bei der künftigen SV-Holding (insbesondere durch die Zielsteuerung) wird auch die Tätigkeit der Gesundheitsplattformen in den Ländern wesentlich erschwert. Dies gilt insbesondere für die Abstimmung der integrierten Gesundheitsplanung sowie die Entwicklung und Durchführung von Reformpoolprojekten, wofür kurze Wege in der Zusammenarbeit, die Gewährleistung einer permanenten kontinuierlichen Kommunikation, die Möglichkeit der raschen Abklärung bzw die Rücksichtnahme auf regionale Gegebenheiten unverzichtbar sind. Grundlegende Voraussetzung dafür sind auf Seiten der Versicherungsträger autonome Entscheidungskompetenzen auf Länderebene. Gerade die Art der Organisation der derzeitigen Vertretung der bundesweit organisierten Versicherungsträger in den Gesundheitsplattformen hat deutlich gezeigt, welche administrativen und prozeduralen Schwierigkeiten bei der Klärung von Punkten zwischen der Gesundheitsplattform und der in Wien lokalisierten Hauptstelle eines Versicherungsträgers verbunden sein können. Dies führt zu Ineffizienz und Reibungsverlusten.
4. Benachteiligung sparsamer und gut verwaltender Sozialversicherungsträger
Im Entwurf eines Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes ist ein eigenes Bundesgesetz enthalten, mit dem der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, auf insgesamt bis zu 450 Mio € an Forderungen des Bundes gegenüber jenen Gebietskrankenkassen zu verzichten, die zum 31.12.2007 ein „negatives Reinvermögen“ hatten. Weiters ist geplant, den bisherigen so genannten „Katastrophenfonds“ aufzulösen und die vorhandenen Mittel in Höhe von 42,5 Mio € auf die einzelnen Gebietskrankenkassen aufzuteilen. Der vorgesehene Forderungsverzicht des Bundes bevorteilt jene Gebietskrankenkassen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein „negatives Reinvermögen“ aufweisen, während bisher sparsame und gut wirtschaftende Krankenkassen benachteiligt werden.
5. Massive finanzielle Belastungen für die Länder
Durch eine Änderung des Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes soll für die Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen, beginnend mit 2008, anstelle einer pauschalierten Abgeltung der Vorsteuerbeträge eine 1:1-Abgeltung erfolgen. Laut Erläuternden Bemerkungen des Entwurfs finanzieren die Länder zu rund 28 Mio € und die Gemeinden zu rund 14 Mio € pro Jahr die geschätzten insgesamt 125 Mio € an zusätzlichen Beihilfen für die Sozialversicherungsträger mit, da diese Beihilfen als Vorwegabzug im FAG 2008 geregelt sind. Die Länder und Gemeinden werden durch diese einseitigen bundesgesetzlichen Maßnahmen massiv belastet, ohne dass darüber mit ihnen Verhandlungen geführt wurden.
Vorschläge des Föderalismusinstituts
Unzweifelhaft besteht ein Reformbedarf, was die Finanzierung des Gesundheitswesens betrifft Seitens des Föderalismusinstitutes sollte jedoch statt der Schaffung einer Sozialversicherungs-Holding, die im Ergebnis die einzelnen Sozialversicherungsträger überflüssig macht, eine Zusammenführung der Sozialversicherungsträger auf Landesebene angestrebt werden. Dies würde eine integrative Betrachtung ermöglichen und eine bessere Abstimmung mit den Landesgesundheitsplattformen ermöglichen.Das Föderalismusinstitut, das bereits in der Vergangenheit aktiv Vorschläge eingebracht wird, wird das Thema auch in näherer Zukunft bearbeiten und ein Gegenkonzept zu der derzeit propagierten Aushöhlung der regionalen Gesundheitsversorgung und –verantwortung erarbeiten.

Entwurf der Staatsreform stößt auf Ablehnung der Länder



Bereits im März hat das Institut für Föderalismus den Expertenentwurf zur Staatsreform sehr kritisch kommentiert (Stellungnahme als pdf-Datei auf der Homepage des Instituts). Im April und Mai haben nun sowohl die Landeshauptleute- als auch die Landtagspräsidenten-Konferenz den Expertenentwurf abgelehnt (beide Stellungnahmen als pdf-Datei). In der Begründung der Ablehnung folgen sie dabei weitestgehend den Formulierungen des Instituts für Föderalismus. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist neuerlich festzuhalten, dass eine Umsetzung des vorliegenden Entwurfs zur Änderung der Bundesverfassung eine bedeutende Schwächung des bundesstaatlichen Gefüges nach sich ziehen würde. Der vorliegende Begutachtungsentwurf stellt kein taugliches Instrument dar, um zu einer zweckmäßigen und zukunftsweisenden neuen Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern zu kommen. Der Entwurf stellt eine Gesamtänderung der Bundesverfassung dar, die einer Volksabstimmung zu unterziehen wäre.

Stellungnahmen

Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention: Einfallstor für die Zersplitterung der Sicherheitsverwaltung?



Eine aktive Korruptionsbekämpfung und -prävention sind sicherlich zu begrüßen. Ob allerdings das nunmehr geplante Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung der richtige Weg dorthin ist, wird vom Föderalismusinstitut bezweifelt. Zum einen würde diese Sonderbehörde einer Zersplitterung der Sicherheitsverwaltung Vorschub leisten, zum anderen wäre es aus Sicht des Instituts zweckmäßiger, wenn die Korruptionsbekämpfung und -prävention als grundsätzliche Aufgabe in die Verwaltungsorganisationen von Bund, Ländern und Gemeinden einflösse.

Im Entwurf des Innenministeriums für eine B-VG-Novelle (Schreiben BMI-LR/1300/0008-III/1/2008 vom 28. April 2008) ist vorgesehen, den Art. 78a Abs. 1 B-VG über die Organisation der Sicherheitsverwaltung dahingehend zu ergänzen, wonach in Zukunft der einfache Bundesgesetzgeber dem Bundesminister für Inneres unmittelbar nachgeordnete Sicherheitsbehörden schaffen kann. Die Verfassungsänderung würde die Grundlage für die Einrichtung eines Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention schaffen, für welches ein gesonderter Gesetzesentwurf ebenfalls zur Begutachtung vorgelegt wurde.
Das Föderalismusinstitut sieht den verstärkten Einsatz zur Korruptionsbekämpfung und ‑prävention als durchaus notwendig, was sich insbesondere an verschiedenen Vorkommnissen im Bereich der Bundesverwaltung in jüngerer Zeit gezeigt hat. Es ist jedoch nicht erforderlich, mit der Einrichtung eines solchen Amtes gleichzeitig ein Einfallstor für die Zersplitterung der Sicherheitsverwaltung zu schaffen. Diese ist bereits gegenwärtig äußerst bundeslastig, aber im Wege der Sicherheitsdirektionen in den Ländern wenigstens regional verortet. Die pauschale Ermächtigung an den einfachen Bundesgesetzgeber, weitere Sicherheitsbehörden einzurichten, könnte zu einem völligen Unterlaufen der regionalen Sicherheitsverwaltung führen.
Die Einrichtung des Bundesamtes selbst führt zu einer weiteren verselbständigten Behörde in der bunten Behördenlandschaft des Bundes. Auch wenn das Argument der Spezialisierung ins Spiel gebracht wird, so ist doch zu fragen, ob es verwaltungsorganisatorisch sinnvoll ist, eine solche Behörde einzurichten, deren Tätigkeit im Ergebnis zur Verunklarung von Zuständigkeiten und Reibungsverlusten gegenüber den Sicherheitsbehörden, insbesondere der Staatsanwaltschaft, führen muss. Das Institut für Föderalismus erachtet es als sinnvoller, wenn Korruptionsbekämpfung und –prävention als Aufgabe in die Verwaltungsorganisationen von Bund, Ländern und Gemeinden einfließt.

Vergabe des Nachwuchswissenschaftspreises des Föderalismusinstituts 2008



Das Föderalismusinstitut hat im Dezember letzten Jahres seinen ersten Nachwuchswissenschaftspreis ausgeschrieben (Föderalismus-Info 6/2007). Die Jury hat den Preis zu gleichen Teilen Dr. Astrid Berger „Netzwerk Raumplanung – Raumplanung im Spannungsfeld der Kompetenzverteilung“ (Universität Linz, Betreuung durch Univ.-Prof. Dr. Andreas Janko) und Dr. Verena Messner „Verfassungsrechtliche Asymmetrien im Spanischen Autonomienstaat“ (Universität Innsbruck, Betreuung durch Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler) zuerkannt. Die Preisverleihung ist für 24. Juni 2008 im Neuen Landhaus in Innsbruck vorgesehen. Eine gesonderte Einladung wird noch ergehen!

Die beiden Dissertationen sind methodisch einwandfrei erarbeitet und genügen wissenschaftlichen Ansprüchen in hervorragendem Maße. In beiden Fällen handelt es sich zudem um sehr gründliche und tiefschürfende Arbeiten.
Der föderalistische Wert ergibt sich in der Arbeit von Dr. Berger aus dem Umstand, dass Raumordnung eine Querschnittsmaterie ist und die Kompetenzverteilung auf diesem wichtigen Gebiet staatlicher Tätigkeit in Österreich bisher in keiner neueren Arbeit wissenschaftlich so umfassend ausgebreitet wurde wie hier.
Bei Dr. Messner ist der föderalistische Gehalt vor allem in den rechtsvergleichenden Aspekten zu sehen. Asymmetrien sind – (noch) nicht in Österreich, aber in anderen föderalen und regionalstaatlichen Systemen – wichtige Instrumente, um dem Spannungsfeld zwischen Homogenität und Differenz zu entkommen.

Tagung „Zukunft der parlamentarischen Kontrolle“



Gemeinsam mit der Präsidentin des Nationalrates und der Österreichischen Gesellschaft für Gesetzgebungslehre veranstaltete das Institut für Föderalismus am 26. Mai 2008 im Parlament in Wien die Tagung „Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle“. Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Referate. Eine vollständige Dokumentation ist in Arbeit und wird in der Schriftenreihe des Instituts erscheinen. Das Institut für Föderalismus wird sich diesem sehr interessanten und aktuellen Thema weiterhin widmen und veranstaltet am 28. November 2008 in Linz eine Tagung über „Parlamentarische Kontrolle von ausgegliederten Rechtsträgern und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung“. Nähere Informationen werden zeitgerecht erfolgen.

In ihrer Eröffnungsrede sprach sich Nationalratspräsidentin Maga Prammer dabei für den Ausbau der Kontrollrechte des Parlaments und die Stärkung der Rechte der Opposition aus. Vor allem gehe es auch darum, die Arbeit der Abgeordneten besser sichtbarer, verständlicher und nachvollziehbarer zu machen. Parlamentarismus bedeute auch nicht nur „Gesetze zu beschließen“, sondern es gehe vor allem auch um die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben des Parlaments. Sie hoffe, dass von der Tagung ein neuer Impuls für die ins Stocken geratenen Verhandlungen über die Geschäftsordnungsreform des Nationalrates ausgehen werde.
In seiner Begrüßung wies der Präsident des Vorarlberger Landtages und Vorsitzender der Landtagspräsidentenkonferenz, Gebhard Halder, darauf hin, dass die parlamentarische Kontrolle zu den Kernaufgaben der Landtage gehöre. Die Arbeit der Parlamente könne nicht daran gemessen werden, wie viele Gesetze sie in einem Jahr beschließen würden, sondern es müsse auch die inhaltliche Tätigkeit beachtet werden.
Institutsdirektor Dr. Bußjäger ging in seinem Referat auf die jüngste Geschäftsordnungsreform des Vorarlberger Landtages ein. Ziel der Reform war es, die Sitzungen des Landtages aktueller und themenbezogener zu gestalten. Durch aktuelle Stunden und die Neugliederung der Tagesordnung wurde es möglich, die Landtagsarbeit für die Bevölkerung sichtbarer zu machen.
Frau Prof. Dr. Pascale Cancik von der Universität Osnabrück informierte über neuere Entwicklungen der parlamentarischen Kontrolle in den deutschen Bundesländern. Die Verankerung der parlamentarischen Kontrollrechte in den Länderverfassungen habe zu einer vermehrten gerichtlichen Auseinandersetzung geführt. In den deutschen Bundesländern ist das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als parlamentarisches Minderheitsrecht ausgestaltet. Unterschiedlich geregelt ist die Frage der Akteneinsicht. In einigen Ländern ist es auch möglich, dass nicht nur Untersuchungsausschüsse, sondern auch andere Ausschüsse Einsicht in die Akten der Verwaltung begehren können.
Dr. Christoph Konrath von der Parlamentsdirektion Wien schilderte in seinem Erfahrungsbericht den bisherigen Verlauf der Verhandlungen zur Geschäftsordnungsreform des Nationalrats. Obwohl es durch die jüngsten Änderungen der Bundesverfassung und des Bundeshaushaltsrechts bzw die im EU-Reformvertrag festgeschriebenen neuen Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente auf europäischer Ebene Anpassungsbedarf gebe, sind die Verhandlungen ins Stocken geraten. Die Vorschläge der einzelnen Fraktionen für eine Geschäftsordnungsreform reichen von einer attraktiveren Gestaltung der Plenardebatten über eine Ausweitung der Oppositionsrechte und die allgemeine Zugänglichkeit von Ausschusssitzungen bis hin zu strikteren Vorgaben an die Regierungsmitglieder zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen. International zeichne sich jedenfalls eine deutliche Tendenz in Richtung politischer Grundsatzdiskussion im Parlament und in Richtung Ausbau und Professionalisierung parlamentarischer Kontrolltätigkeit ab.
Univ.Prof. Dr. Theo Öhlinger von der Universität Wien ging in seinem Referat auf die Bedeutung von Untersuchungsausschüssen als besonderen Instrumenten parlamentarischer Kontrolle ein. Ausführlich widmete er sich den Fragen, was Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein könne und ob die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht ausgestaltet sein soll. Sinnvoll sei es seiner Auffassung nach, das Verfahren so auszugestalten, dass die Opposition treibende Kraft sein sollte. Überlegt werden könnte auch, den Vorsitz einem außenstehenden qualifizierten Juristen zu übertragen, wie dies in einigen österreichischen Ländern bereits der Fall sei. Ein Problem in Österreich liege auch darin, dass es – anders als etwa in Deutschland – keine unabhängige und unparteiische Instanz gebe. Der Verfahrensanwalt in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen könne diese Lücke nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß schließen. Daher plädierte Öhlinger dafür, über eine grundlegende Reform des Instruments des Untersuchungsausschusses nachzudenken.
Frau Univ.Prof. Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer ging in ihrem Referat ausführlich auf die Bereiche Amtsverschwiegenheit und Datenschutz ein. Aktuelle Anlässe machten deutlich, dass dem Interesse an Aufklärung auch gegenläufige Interessen wie etwa der Schutz der Vertraulichkeit gegenüber stehen könnten. Anhand des parlamentarischen Interpellationsrechts stellte die Referentin die Institutionen Amtsverschwiegenheit und Datenschutz dar. Der Schwerpunkt der Amtsverschwiegenheit liege im Schutz öffentlicher Interessen, jener des Datenschutzes in der Geheimhaltung personenbezogener Daten Dritter. Im Rahmen von Untersuchungsausschüssen sind die Vollzugsorgane umfassend verpflichtet, den Beweiserhebungen Folge zu leisten und Akten vorzulegen. Nach herrschender Lehre gelte dabei die Amtsverschwiegenheit nicht oder nur sehr eingeschränkt. Unzureichend seien auch die Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten, insbesondere wegen der fehlenden Zuständigkeit der Datenschutzkommission und wegen der fehlenden Durchsetzbarkeit des Datenschutzes für den Betroffenen. Überlegt werden sollte, diesen Problemen durch die Schaffung neuer differenzierter Kontrollmechanismen zu begegnen. Ein strukturierter Grundrechtsschutz bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wäre nicht nur ein rechtsstaatliches Anliegen, sondern würde auch die Überzeugungskraft der demokratischen Institutionen stärken.
Univ.Ass. Dr. Reinhard Klaushofer von der Universität Salzburg ging in seinem Referat auf den aktuellen Stand der Reformdiskussion über die Hilfsorgane des Parlaments, Landesrechnungshof, Landesrechnungshöfe, Volksanwaltschaft und Landesvolksanwälte ein. Ein interessanter Vorschlag, der auch im Österreich-Konvent diskutiert wurde, sei etwa, den Wahlvorschlag für den Rechnungshofpräsidenten als Minderheitsrecht auszugestalten. Ausführlich ging der Referent auf die Ausdehnung der Kontrolltätigkeit des Rechnungshofes auf alle Gemeinden, auf Unternehmungen mit mindestens 25% staatlicher Beteiligung (derzeit 50%), auf die Direktförderungen der Europäischen Union, auf gesetzliche Berufsvertretungen sowie auf Großprojekte ein. Bei der Volksanwaltschaft wurde in Anlehnung an den Rechnungshof vorgeschlagen, die Zuständigkeiten auf ausgegliederte Rechtsträger auszudehnen. Weitere Vorschläge betrafen die Erweiterung der Kompetenzen auf Gesetzesanfechtungen und Amtsbeschwerden im Sinne eines öffentlichen Anklägers sowie die Integration des Menschenrechtsbeirates.
Abschließend erläuterte Dr. Daniel Janett von den Parlamentsdiensten in Bern das Instrument der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle. Darunter wird eine umfassende Prüfung der Wirkung einzelner staatlicher Maßnahmen im Auftrag von Ausschüssen der beiden Kammern des Schweizer Parlaments verstanden. Ein fachlich unabhängiger Dienst der Parlamentsverwaltung untersuche auf wissenschaftlicher Basis, ob staatliche Maßnahmen, wie etwa zB konkrete Schritte zur Senkung von Treibgasemissionen, zweckmäßig konzipiert und effizient umgesetzt würden und ob die angestrebte Wirkung auch tatsächlich erreicht wurde. Auf der Basis des Berichts könne der auftraggebende Ausschuss dann Empfehlungen an die Regierung aussprechen bzw gegebenenfalls ein gesetzgeberisches Mittel ergreifen. Die Politikevaluation könne einen wichtigen Beitrag zum Erkennen von Schwachstellen staatlichen Handelns leisten und auch die Transparenz staatlichen Handelns verbessern.
In der anschließenden Diskussion der sehr gut besuchten und hochkarätig besetzten Tagung ging es ua um die Pflicht von Regierungsmitgliedern zur Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss.

Buchtipp: Der EuGH und die Souveränität der Mitgliedstaaten



Soeben ist im Lindeverlag (ISBN 978-3-7073-1335-2, 632 Seiten, € 68,--) das von Univ.Prof. Dr. Günther H. Roth und Univ.Prof. Mag. Dr. Peter Hilpold herausgegebene Buch „Der EuGH und die Souveränität der Mitgliedstaaten – Eine kritische Analyse richterlicher Rechtsschöpfung auf ausgewählten Rechtsgebieten“ erschienen. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer Teamarbeit, deren Ziel eine fachübergreifende Kritik dieses „Integrationsfortschritts durch Richterrecht“ war. Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Bußjäger war Mitglied dieses Teams. Die Buchpräsentation findet am 17. Juni 2008, 18 Uhr s.t., in der Aula der Universität Innsbruck, Innrain 52, statt.

Der Europäische Gerichtshof greift zunehmend nationales Recht der Mitgliedstaaten auf Gebieten an, auf denen diese ihre Souveränität noch nicht preiszugeben gedachten: Hochschulzugang, Transitverkehr, deutsches VW-Gesetz und vieles mehr. Die Rechtsprechung des EuGH zum Diskriminierungsverbot einerseits, zu den Grundfreiheiten andererseits ist darauf ausgerichtet, die Integration kraft Richterrechts zu Lasten der Souveränität der Mitgliedstaaten zu vertiefen.
Dieser Prozess, der von der Wissenschaft und den politischen Eliten vielfach begrüßt wird, hat Österreich beispielsweise in den Bereichen Hochschulzugang oder Transitverkehr vor Zumutungen gestellt, die in dieser Form unerwartet waren und den Betroffenen nicht leicht vermittelt werden können.
Die thematischen Schwerpunkte dieses Werkes sind:
·       Bildungsrecht und Hochschulzugang einschließlich Studienförderung
·       Arbeits- und Sozialrecht
·       Ertragssteuerrecht
·       Steuervergünstigungen und Sozialleistungen
·       Verwaltungsrecht (bearbeitet von Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Bußjäger)
·       Recht des Warenverkehrs
·       Verkehrsrecht
·       Haftungsrecht und Haftpflichtversicherung
·       Gesellschaftsrecht
·       Der rechtstheoretische Rahmen für die richterliche Rechtsfortbildung
Von den Autoren wurde – erstmals – eine fachübergreifende kritische Analyse dieser Art von „Integrationsdynamik“ vorgenommen, deshalb ist das vorliegende Werk jedem EU-Interessierten sehr zu empfehlen.

Zahlreiche Kritikpunkte zum Expertenentwurf zur Staats- und Verwaltungsreform



Am 11. März 2008 wurde vom Bundeskanzleramt ein Begutachtungsentwurf zur Staats- und Verwaltungsreform versandt.

Der Entwurf enthält ein umfassendes Reformpaket der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung, der Organisation der Schulverwaltung und der Verfassungsautonomie. Seine Realisierung würde die umfassendste Änderung der Bundesverfassung seit ihrem Inkrafttreten bewirken.
Das Institut für Föderalismus hat bereits am 14. März in einer ersten Stellungnahme Kritik am Entwurf geübt (pdf-Datei zum Download). Er ist aus unserer Sicht kein taugliches Instrument, um zu einer zweckmäßigen und zukunftsträchtigen neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu kommen. Univ.Prof. Dr. Anna Gamper, Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck, gelangt in ihrer Stellungnahme (die mit Genehmigung der Autorin als pdf-Datei unten abrufbar ist) zum Ergebnis, dass der Verfassungsentwurf unter Umständen als Gesamtänderung der Bundesverfassung zu qualifizieren ist.

Verfassungsreform und regionale Bildungsverantwortung der Länder



Im Expertenpapier zur Staats- und Verwaltungsreform ist auch vorgesehen, das Schulwesen grundsätzlich in mittelbarer Bundesverwaltung zu führen. Das würde zur Errichtung von Landesbildungsdirektionen und damit zur Abschaffung der Landes- und Bezirksschulräte führen. Vorschläge, die das Institut für Föderalismus ausdrücklich als zweckmäßig begrüßt. Abgelehnt wird dagegen der Vorschlag, die gesamte Schulgesetzgebung an den Bund zu übertragen. Ein ohnehin zentralistisches System würde dadurch noch unflexibler und weniger leistungsfähig. Die Schulgesetzgebung sollte stattdessen in der dritten Säule (gemeinsame Gesetzgebung) angesiedelt werden. Bezüglich der Zuordnung aller Lehrer an den Bund bemerkt das Institut, dass es zwar grundsätzlich sinnvoll ist, die Vorantwortung bei einer Körperschaft zusammenzufassen, dass dies aber nicht automatisch der Bund sein müsse. Auch die Länder könnten – bei entsprechender finanzieller Absicherung – diese Aufgabe übernehmen.

Der Entwurf der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform (siehe dazu unsere Bemerkungen oben) sieht insbesondere auch im Bereich des Bildungswesens tief greifende strukturelle Änderungen in der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern vor.
So ist vorgesehen, dass das Schulwesen grundsätzlich in mittelbarer Bundesverwaltung zu führen ist. Im Amt der Landesregierung soll eine Bildungsdirektion (Art 106 B-VGneu) eingerichtet werden. Dies würde auch bedeuten, dass die Landesschulräte als Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung abgeschafft werden und die Bildungsdirektion sämtliche Aufgaben der Schulverwaltung im Bereich der Länder übernehmen würde.
Die Übertragung der Aufgaben der Landesschulräte in die mittelbare Bundesverwaltung wird vom Institut für Föderalismus als sinnvolle Maßnahme der Verwaltungsreform unterstützt. Gleichfalls befürworten wir die vorgesehene ersatzlose Beseitigung der Bezirksschulräte.
Was die Gesetzgebung betrifft, so sehen wir die Übertragung der gesamten Schulgesetzgebung auf den Bund, soweit es sich nicht um die äußere Organisation der Pflichtschulen handelt, als äußerst problematisch und als eine Schwächung der regionalen Bildungsverantwortung der Länder. Wir schlagen für das gesamte Schulwesen eine Verankerung in der gemeinsamen Gesetzgebung („dritte Säule“), gekoppelt mit einer entsprechend effektiven Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung (siehe die Bemerkungen zum Entwurf der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform) vor. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass das international keineswegs mit einer besonders guten Reputation ausgestattete österreichische Bildungswesen in einem Ausmaß zentralisiert ist, das selbst für Kleinstaaten äußerst ungewöhnlich ist (siehe Braucht Österreich mehr oder weniger Dezentralisierung?, in: Föderalismus-Info Nr 3/2006).
Angesichts der Tatsache, dass Bildung zu den entscheidenden Kriterien einer zukunftsfähigen Gesellschaft zählt, ist die regionale Bildungsverantwortung daher zu stärken und nicht zu schwächen.
Im Entwurf der Expertengruppe ist weiters vorgesehen (Art 81a B-VGneu), dass öffentliche Schulen jene Schulen sind, die vom gesetzlichen Schulerhalter errichtet und erhalten werden. Wer dies sein soll, geht aus dem Entwurf nicht hervor, sondern wird der einfachen Gesetzgebung in der dritten Säule überlassen. Demgegenüber ist im Entwurf explizit geregelt, dass Lehrer an öffentlichen Schulen Bedienstete des Bundes wären.
Auch Bildungsministerin Schmied hat jüngst das derzeit bestehende „zersplitterte“ System kritisiert, wonach die Lehrer an Volks-, Haupt- und Polytechnischen Schulen im Landesdienst stehen, hingegen die Lehrer an Höheren und Berufsbildenden mittleren und Höheren Schulen Bundesbedienstete sind, das man sich nicht länger leisten könne und sprach sich dafür aus, dass der Bund dienstrechtlich künftig für alle Lehrer zuständig sein soll (vgl Der Standard vom 31.03.2008).
Seitens des Instituts für Föderalismus wird zu diesen Fragen (Schulerhaltung, Status der Lehrer als Bundes- oder Landesbedienstete) folgende Position eingenommen:
-       Eine Zusammenführung der Lehrer bei einer Gebietskörperschaft macht prinzipiell Sinn, ist aber keine notwendige Voraussetzung für die Reform der Schulverwaltung.
-       Es wird als sinnvoll erachtet, diese Frage zusammen mit der Klärung, welche Schulen in Zukunft weiterhin vom Bund, den Ländern und den Gemeinden getragen werden, zu diskutieren.
Eine Übernahme sämtlicher Lehrer als Landesbedienstete, aber auch der Bundesschulen in die Administration der Länder wurde vom Institut für Föderalismus in Vergangenheit unter der Voraussetzung einer angemessenen und gesicherten finanziellen Absicherung der Länder zur Erfüllung dieser neuen Aufgaben und entsprechender legislativer Gestaltungsspielräume (Dienstrecht!) als sinnvoll betrachtet (siehe Föderalismus-Info Nr 4/2005).

Bedarfsorientierte Mindestsicherung – neuer Zentralismus?



Das Sozialhilferecht ist seit den 1970er-Jahren in den Bundesländern entstanden und hat dabei die jeweiligen regionalen Voraussetzungen genau und treffsicher berücksichtigt. Auf dieser Basis ist nunmehr das System einer bundesweiten „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“ im Entstehen. Wie in derartigen Fällen leider oft üblich – und durch die Vorschläge des Sozialministeriums belegt –, droht nunmehr eine Zentralisierung und damit Verkomplizierung des Systems. Statt einer Erleichterung droht eine Erschwernis für die Betroffenen und eine weitere Verbürokratisierung der Sozialhilfe. Vor allem die geplante Abwicklung über das AMS und die Absicht des Bundes, den Ländern Kosten zu übertragen, die sie nicht mitbestimmen können, stieß auf berechtigte Kritik von Seiten der Bundesländer. Da es noch immer nicht sicher ist, ob dem Anliegen der Länder Rechnung getragen wird, legen wir uns Kritikpunkte nochmals dar.

Ein wesentliches Vorhaben des Regierungsübereinkommens zwischen SPÖ und ÖVP ist bekanntermaßen die Einführung einer so genannten „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“.
Das derzeitige Sozialhilferecht in Österreich ist im Wesentlichen das Ergebnis von innovatorischen Leistungen der Länder seit den 1970er-Jahren, die den Inhalt und das Ausmaß der Leistungen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung, den Kreis der anspruchsberechtigten Personen oder die Kostenersatzbestimmungen festlegen.
Es ist typisch für den Föderalismus in Österreich, dass einerseits diese Fortschritte durchaus geschätzt wurden, andererseits die Unterschiede in den Leistungen der Sozialhilfe, die das Resultat des innovativen Föderalismus sind, auf öffentliche Kritik gestoßen sind.
Die Länder erklärten ihre Bereitschaft, eine Harmonisierung der verschiedenen Bundes- und Landesleistungen mit Mindestsicherungselementen herbeizuführen. Dies sollte durch den Abschluss einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG erfolgen, wobei der Bund aufgefordert wurde, in seinem Zuständigkeitsbereich entsprechende Mindeststandards zu definieren und diese in die Vereinbarung einzubringen.
Im Regierungsübereinkommen (S 109 ff) war vereinbart worden, dass die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung in mehreren Schritten erfolgen sollte. Nach dem ersten Schritt der Erhöhung des Ausgleichzulagenrichtsatzes soll eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern für eine soziale Mindestsicherung zur Vereinheitlichung und Pauschalierung der Sozialhilfe der Länder in Höhe von € 726,-- (Stand 2007) erfolgen.
Am 12. März 2008 hat der Sozialminister dem Ministerrat einen Vorhabensbericht zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung vorgelegt und dabei erklärt, dass diese noch im Juni 2008 vom Parlament beschlossen werden sollte. Trotz der mittlerweile geäußerten Proteste der Länder wolle er am AMS als zuständige Stelle für die Auszahlung der Leistungen festhalten (vgl Presseaussendung des SPÖ-Parlamentsklubs vom 12.03.2008). Die Versendung eines entsprechenden Begutachtungsentwurfes kündigte der Minister für Anfang April 2008 an, damit der ins Auge gefasste Zeitplan für die Verwirklichung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) eingehalten werden könne.
Das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz übermittelte im Wege der Verbindungsstelle der Bundesländer Anfang Februar 2008 den Text der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung zur Vorbegutachtung.
Der vorliegende Entwurf führt zu einer teilweisen Vereinheitlichung des Sozialhilferechts in Österreich. Das Vorliegen einer gewissen Notlage ist die Grundvoraussetzung für die Gewährung einer Leistung aus der Grundsicherung (Sozialhilfe). Darüber hinaus sind Leistungen aus der Grundsicherung immer nur subsidiär und insofern zu gewähren, als die betroffene Person den notwendigen Lebensunterhalt trotz Einsatz der eigenen Mittel und Kräfte nicht oder nicht in ausreichendem Maße decken kann und auch nicht von Dritten bekommt bzw bekommen kann. Im Vereinbarungsentwurf finden sich allerdings auch Regelungen, die im Eckpunktepapier zu den Finanzausgleichsverhandlungen 2007 nicht enthalten waren und über die bisher auch nicht verhandelt wurde.
Aus Sicht der Länder enthält der Entwurf allerdings zahlreiche Kritikpunkte. Teilweise ist eine Zentralisierung zu befürchten, die statt zu einer Erleichterung zu einer Erschwernis für die Betroffenen und zu einer weiteren Verbürokratisierung der Sozialhilfe führen wird.
Kritik ist insbesondere zu folgenden Punkten angebracht:
·       Abzulehnen ist die im Art 7 des Entwurfes vorgesehene Verfahrensabwicklung in einem One Stop Shop (OSS) im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsmarktservice (AMS). Die vorgesehene Ermächtigung des AMS mit der Wahrnehmung einer Behördenfunktion widerspricht dem Regierungsübereinkommen, da die Bezirksverwaltungsbehörden eine Behördenfunktion nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip wahrnehmen sollten, da die Bedarfs- und Vermögensprüfung durch die Sozialhilfeträger erfolgen müsse.
·       Ein wirklicher „One Stop Shop“ wäre für die Betroffenen zum einen dann gegeben, wenn sie mit dem für Lebensunterhalt und Wohnbedarf vorgesehenen Betrag des Auslangen finden könnten. Bei Sonderbedarfen (zB höhere Wohnungskosten, Anschaffung von Haushaltsgeräten uä) und Überbrückungshilfen wären diese Personen gezwungen bzw verpflichtet, sich zusätzlich an die Wohnbeihilfenstelle und/oder die Bezirkshauptmannschaft zu wenden.
·       Für dieselbe Leistung müsste beim AMS ein zusätzlicher (großer) Beamtenapparat aufgebaut werden, ohne dass es zu einer Personalreduktion bei den Bezirksverwaltungsbehörden kommen würde. Das vorgesehene Modell eines OSS würde weder einen verbesserten Kundenservice noch eine Verwaltungsvereinfachung bzw Verwaltungseinsparung darstellen und ist abzulehnen.
·       Das gewählte Modell, wonach das AMS Leistungen gewährt, welche die Länder zahlen müssen, führt zu einem Auseinanderfallen von Vollziehungsverantwortung und Finanzverantwortung. Befürchtet werden muss, dass die Grundsätze der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit nicht in vollem Umfang sichergestellt werden können.
·       Es gibt auch keine gemeinsame Rechtsmittelinstanz, da gegen Bescheide, die im Zuständigkeitsbereich des AMS erlassen werden, der Rechtszug von den regionalen Geschäftsstellen zur Landesgeschäftsstelle gehen würde. Gegen Bescheide, die von einer Bezirkshauptmannschaft erlassen werden, würde der Rechtszug hingegen an die Landesregierung (bzw den Unabhängigen Verwaltungssenat) gehen. Eine einheitliche Vollziehung wäre nicht mehr gegeben, Ungleichbehandlungen wären die Folge.
·       Bisher hatten die Länder die Leistungen der Krankenhilfe für nicht versicherte Grundsicherungsempfänger entweder durch Zahlung eines Krankenversicherungsbeitrages oder durch Abgeltung der tatsächlich angefallenen Krankheitskosten zu erbringen. Nunmehr soll eine Art Pflichtversicherung für diesen Personenkreis eingeführt werden (Art 8 der Vereinbarung). Dies könnte zu bedeutenden Mehraufwendungen für die Länder führen.
·       In der in Art 10 des Vereinbarungsentwurfes vorgesehenen Festsetzung der Richtsätze für die Leistungsbezieher durch den Bund ist ein Eingriff in die Länderkompetenzen zu erblicken.
·       Die Zeiträume für die Erlassung der notwendigen landesrechtlichen Bestimmungen (Art 22) sind viel zu kurz bemessen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei Umsetzung dieser Art 15a B-VG-Vereinbarung die Kompetenz für die Festlegung der Grundsicherungsrichtsätze (Mindeststandards für AusgleichszulagenbezieherInnen) ausschließlich dem Bund obliegen würde und dadurch in die Rechte der Länder, insbesondere auch hinsichtlich der Budgetgestaltung, in bedeutendem Maße eingegriffen würde, obwohl die Länder weiterhin die finanzielle Hauptlast für die Mindestsicherung zu tragen haben. Durch die Verlagerung der Entscheidungskompetenz an das AMS entsteht überdies eine Trennung zwischen jener Gebietskörperschaft, die den Aufwand zu tragen hat und jener, die die Entscheidung trifft.
Die Verwirklichung der Bedarfsorientieren Mindestsicherung ist aus föderalistischer Sicht mit besonderem Augenmerk zu verfolgen, damit hier nicht ein neuer Zentralismus zu Lasten der Betroffenen und zum finanziellen Nachteil der Länder entsteht.
Inwieweit den Einwänden der Länder Rechnung getragen wird, ist derzeit allerdings noch Gegenstand von Gesprächen, sodass Anlass zu einer gewissen Hoffnung durchaus besteht.

Agentur „Schutz vor Naturgefahren“ – dürfte erfreulicherweise nicht eingerichtet werden



Die im Regierungsprogramm der Bundesregierung geplante Schaffung einer „Agentur zum Schutz vor Naturgefahren“ dürfte nun vom Tisch sein – und das ist auch gut so. Denn statt einer erhofften Verbesserung des Naturgefahrenmanagements wäre es in erster Linie zu einer weiteren Zentralisierung der Entscheidungsprozesse, zu höheren Verwaltungskosten und zu einer Abkoppelung von den lokalen und regionalen Kontakten gekommen. Vor allem aber diese regionalen Strukturen haben sich bisher bestens bewährt. Außerdem gehört aus Sicht des Föderalismusinstituts die Naturgefahren-Abwehr in den Kernbereich der öffentlichen Verwaltung, eine Delegierung an Private wäre in diesem Fall nicht zweckmäßig.

Im Regierungsprogramm der Bundesregierung für die XXIII. Gesetzgebungsperiode ist ua auch die Schaffung einer „Agentur zum Schutz von Naturgefahren“ vorgesehen (vgl den Punkt Sicherung der Siedlungsgebiete und Lebensräume auf S 73 – siehe dazu auch Regierungsprogramm enthält föderalistische Fortschritte, aber auch Fußfallen, in: Föderalismus-Info Nr 1/2007).
Durch die Schaffung einer Agentur „Schutz vor Naturgefahren“ wollte der Bund folgende Ziele erreichen:
·       Schaffung einer entsprechenden Organisation, die mit der erforderlichen Budget- und Personalhoheit, Richtlinienkompetenz, Innovations- und Entwicklungskompetenz ausgestattet ist.
·       Absicherung der den Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zugewiesenen Aufgaben der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren, die ausschließlich von der Agentur durchgeführt werden sollen.
·       Vergabe, Verwaltung und Abwicklung der dem präventiven Schutz vor Naturgefahren zugewiesenen Fördermittel des Katastrophenfonds des Bundes sowie die Abwicklung der Beiträge der Länder und Interessenten zu den Schutzprojekten.
·       Verknüpfung und Priorisierung der Förderungsvergabe für den präventiven Schutz vor Naturgefahren mit der umfassenden Berücksichtigung der Schutzziele im Raumordnungs‑, Bau- und Sicherheitswesen, sowie
·       Vertretung des öffentlichen Interesses des Schutzes vor Naturgefahren durch Bereitstellung umfassender Beratungs-, Informations- und Sachverständigenleistungen innerhalb und außerhalb des Verwaltungsverfahrens für alle Gebietskörperschaften.
Durch die Schaffung dieser Agentur würde eine neuerliche Zentralisierung von Vollzugsaufgaben vorgenommen werden. Die geplante Ausgliederung der Wildbach- und Lawinenverbauung hätte
·       eine Zentralisierung von Entscheidungsprozessen,
·       den Verlust regionaler Kontakte von Gebietsbauleitung zu den Gemeinden,
·       den Verlust von Wertschöpfung in der Region,
·       die Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Region sowie
·       eine Befürchtung zusätzlicher Verteuerung durch unnötige Verwaltungsstrukturen etc
zu erwarten.
Bundesminister DI Pröll hat nun angekündigt, dass der Bund von der Schaffung dieser Agentur Abstand nehmen werde. Wörtlich meinte der Minister: „wer glaube, dass dieser Kernbereich öffentlicher Verantwortung an Private abgetreten werden könne, erschüttere das Vertrauen der Bevölkerung in einem hochsensiblen Bereich und muss mit meinem klaren Veto rechnen“ (siehe Presseaussendung des „Lebensministeriums“ (Anm: dieses Ministerium gibt es nicht! – es muss richtig heißen: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 25. Februar 2008). In diesem Zusammenhang ist auch auf zwei parlamentarische Anfrage hinzuweisen. Die Anfrage Nr 2594/J-BR/2008 der Bundesräte Weiss, Mayer und Ing. Einwallner betreffend Agentur für den Schutz vor Naturgefahren und die Anfrage 3897/J XXIII. GP der Abgeordneten Pirklhuber, Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Ausgliederung der Wildbach- und Lawinenverbauung und Schaffung einer Agentur für den Schutz vor Naturgefahren, jeweils gerichtet an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft enthalten ua auch die Frage, ob an der Errichtung der geplanten Agentur festgehalten werden soll.
Aus föderalistischer Sicht ist es ausdrücklich zu begrüßen und sehr erfreulich, dass gemäß der jüngsten Aussagen des Ministers die geplante neue Zentralisierung nicht verwirklicht werden dürfte. Gerade in einem für die Bevölkerung sehr sensiblen Bereich, wie es die Katastrophenprävention und Katastrophenbekämpfung darstellt, haben sich regionale Strukturen bestens bewährt, sodass eine neue Bundeseinrichtung völlig unnötig erscheint.

Neuer Versuch einer Kostenabwälzung durch den Bund



Das Freilegen und Entschärfen von „Bombenblindgängern“ auf Privatgrundstücken hat in der Vergangenheit oft zu heftigen Auseinandersetzungen über die Kostentragung geführt und Privatpersonen an den Rand des finanziellen Ruins getrieben. In Folge einiger Gerichtsverfahren hat nun das Bundesministerium für Inneres ein Bundesgesetz in Begutachtung geschickt, das die Kostentragung neu regelt. In letzter Konsequenz würde es in vielen Fällen sogar zu einer Schlechterstellung von Grundstücksbesitzern führen und außerdem die Länder und Gemeinden ebenfalls in eine finanzielle Verpflichtung nehmen, die gesetzlich eindeutig den Bund trifft. Aus diesen Gründen lehnt das Institut für Föderalismus diese Gesetzesnovelle strikt ab.

Das Bundesministerium für Inneres versandte im Jänner 2008 (GZ BMI-LR 1305/0001-III/1/2008) den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind, erlassen sowie das Waffengesetz (WaffG) geändert wird, zur Begutachtung. Das Ziel des Gesetzes ist es, die jahrzehntelange Diskussion und rechtlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, wer für die Freilegung eines vermuteten Fliegerbombenblindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg zuständig ist, zu beenden. Vorgesehen ist eine finanzielle Entlastung der betroffenen Grundstückseigentümer für ihre Aufwendungen für die Freilegungen eines Fliegerbombenblindgängers aus Bundesmitteln.
Nach den Erläuterungen soll durch landesrechtliche Normen im Hinblick auf Art 17 B-VG eine Unterstützung durch das Land und die Gemeinden im Fall der Freilegung eines vermuteten Fliegerbombenblindgängers erreicht werden. Damit unternimmt der Bund den Versuch, eine Kostenbeteiligung aller betroffenen Gebietskörperschaften zu erreichen, obwohl „Kriegsschadenangelegenheiten“ gemäß Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sind. Der Bund hat dabei allein die daraus resultierenden Kosten zu tragen. Diese Kostentragungspflicht des Bundes hat auch das Landesgericht Salzburg in einem (erstinstanzlichen) Urteil vom 24. August 2007 in der Rechtssache 5 Cg 6/03 festgestellt, da auf Grund der geltenden Bestimmungen nach § 42 Abs 4 und 5 WaffenG von einer umfassenden Kostentragungspflicht des Bundes im Hinblick auf das Aufsuchen und Freilegen von sprengfähigen Kriegsrelikten auszugehen sei.
Im Entwurf ist vorgesehen, dass Unterstützungsmittel durch den Bund nur gewährt werden, wenn auf dem Grundstück tatsächlich ein Fliegerbombenblindgänger freigelegt wurde und eine Person durch die auf sie entfallenden Freilegungskosten in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht ist oder eine Person oder ein naher Angehöriger ein dringendes Wohnbedürfnis auf dem Grundstück hat.
Vor dem Hintergrund der grundsätzlich umfassenden Kostentragungspflicht des Bundes bewirkt das geplante Gesetz jedoch eine bedeutende Schlechterstellung der Betroffenen, weil der Kreis derjenigen, die einen freiwilligen Kostenbeitrag des Bundes begehren können, erheblich eingeschränkt wird und der Zugang dazu von der Erfüllung von mehreren, sehr eingeschränkten Voraussetzungen abhängig ist.
Im Art II (§ 42 Abs 4 WaffenG) des Begutachtungsentwurfes ist weiters vorgesehen, dass bei unter der Erdoberfläche befindlichen sprengkräftigen Kriegsrelikten die Sicherstellungsverpflichtung der Bundesbehörde mit Freilegung der Gegenstände eintrete. Dies bedeutet im Ergebnis, dass sich der Bund seiner Kostentragungspflicht für die bis zur tatsächlichen Freilegung von (sprengfähigen) Kriegsrelikten anfallenden Kosten entzieht und letztlich auf den Grundeigentümer abwälzt.
Aus föderalistischer Sicht ist vor allem der Versuch des Bundes, die ihn treffende Kostentragungspflicht auf die anderen Gebietskörperschaften – zumindest teilweise – abzuwälzen und damit eine gewisse „Mitverantwortung“ der Länder und der Gemeinden zu erzeugen, abzulehnen.

Tagung „Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle“



Die Kontrolle der Regierung ist eine der Kernaufgaben eines modernen Parlaments. Die parlamentarische Diskussion soll Transparenz und Aufmerksamkeit gewährleisten. Die Parlamente sind jedoch gefordert, ihre Arbeit öffentlichkeitswirksamer zu gestalten. Verschiedene Reformbestrebungen im Nationalrat und in den Landtagen sind von diesem Ziel geleitet. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Ausgestaltung bestimmter Instrumente der parlamentarischen Kontrolle, wie den Rechnungshöfen des Bundes und der Länder sowie der Untersuchungsrechte der Parlamente. Die Präsidentin des Nationalrates, Maga Barbara Prammer, lädt gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus und der Österreichischen Gesellschaft für Gesetzgebungslehre zur Tagung „Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle – Reformen und Reformdiskussionen in den österreichischen Parlamenten“ am Montag, den 26. Mai 2008, von 9.30 bis 13.30 Uhr, in das Abgeordneten-Sprechzimmer des Parlaments ein.

Eröffnung: Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer
Begrüßungsworte: Vorsitzender der Landtagspräsidentenkonferenz Gebhard Halder
Geschäftsordnungsreformen im Lichte eines „lebendigeren Parlamentarismus“
Peter Bußjäger, Direktor des Instituts für Föderalismus und Direktor des Vorarlberger Landtags „Die Geschäftsordnungsreform des Vorarlberger Landtags 2007“
Pascale Cancik, J.W.Goethe-Universität Frankfurt „Parlamentarische Kontrolle in den deutschen Bundesländern – neuere Entwicklungen“
Christoph Konrath, Parlament Wien „(Erfahrungs-)Bericht Geschäftsordnungsreform Nationalrat“
Die Verfassung und die parlamentarische Kontrolle
Reinhard Klaushofer, Universität Salzburg „Zum Stand der Reformdiskussion zu den Kontrollrechten der „Hilfsorgane des Parlaments“: Rechnungshof, Landesrechnungshöfe, Volksanwaltschaft, Landesvolksanwälte“
Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Universität Wien „Parlamentarische Kontrolle, Amtsverschwiegenheit und Datenschutz“
Theo Öhlinger, Universität Wien „Die Bedeutung von Untersuchungsausschüssen als besonderes Instrument parlamentarischer Kontrolle
Daniel Janett, Parlamentsdienste Bern – Parlamentarische Verwaltungskontrolle durch Evaluation – Erfahrungsbericht aus der Schweiz
Aus organisatorischen und sicherheitstechnischen Gründen ist es notwendig, die verbindliche Teilnahme an der Veranstaltung bis spätestens 9. Mai 2008 per e-mail an institut@foederalismus.at – unter Angabe der Postanschrift – bekannt zu geben. Allen angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird eine schriftliche Einladung auf dem Postweg übermittelt.
Die Originaleinladung gilt als Zutrittsberechtigung in das Parlamentsgebäude.

Bundesrat als Schlüssel zur Staatsreform



Die Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission zur Staats- und Verwaltungsreform deuten in Richtung einer weiteren Zentralisierung der Gesetzgebung. Dies erfolgt in einem Ausmaß, das einer Gesamtänderung der Bundesverfassung nahe kommt und damit eine Volksabstimmung nach sich ziehen müsste. Eine entscheidende Rolle kommt der Neudefinition der Rolle des Bundesrates zu. Bleibt er eine reine Verzögerungsinstitution oder hat er künftig die Möglichkeit, wirkungsvoll zu verhindern, dass immer mehr Kompetenzen durch den Bund von den Ländern abgezogen werden?

Im „Rechtspanorama“ der Tageszeitung „Die Presse“ vom 5. Februar 2008 wurden die Vorschläge der im Regierungsübereinkommen eingesetzten Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform, die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und den Bundesrat betreffend, erstmals detaillierter der Öffentlichkeit vorgestellt. Demnach soll es einen relativ umfangreichen Katalog einer „gemeinsamen Gesetzgebung“ von Bund und Ländern geben, wonach die Länder grundsätzlich zur Regelung einer Angelegenheit zuständig sind, der Bundesgesetzgeber jedoch die Angelegenheit an sich ziehen und die Landesgesetzgebung verdrängen kann. In der „gemeinsamen Gesetzgebung“ wären sowohl bisherige Zuständigkeiten des Bundes als auch solche der Länder enthalten.
Da es unrealistisch ist, dass Angelegenheiten, die bereits bundesgesetzlich geregelt sind, gleichsam an die Länder „rückübertragen“ werden, würde das Modell in der Praxis vor allem dazu dienen, die in der dritten Säule angesiedelten bisherigen Landeskompetenzen, wie Baurecht und Katastrophenhilfe, zumindest teilweise zu zentralisieren.
Weiters soll die Generalklausel des bisherigen Art 15 Abs 1 der Bundesverfassung (B-VG), wonach nicht ausdrücklich dem Bund übertragene Zuständigkeiten im selbstständigen Wirkungsbereich der Länder verbleiben, nunmehr in dieser gemeinsamen Gesetzgebung angesiedelt sein. Die verfassungsrechtlich abgesicherten Zuständigkeiten der Länder würden sich auf die ihnen ausdrücklich zugewiesenen Angelegenheiten beschränken. Während die Generalklausel gegenwärtig durch das Erfordernis einer mit einer Mehrheit von zwei Dritteln abzugebenden Zustimmung des Bundesrates abgesichert ist (Art 44 Abs 2 B-VG), stünde sie in Zukunft dem Zugriff des einfachen Bundesgesetzgebers offen. Damit würde das der Bundesverfassung zu Grunde liegende Modell eines Staates, in dem der Bund auf die Regelung der ihm ausdrücklich übertragenen Zuständigkeiten beschränkt wird, demoliert. Eine derartige Schwächung des bundesstaatlichen Prinzips könnte eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellen, für welche Art 44 Abs 3 B-VG eine Volksabstimmung erforderlich macht.
Das im Rechtspanorama vorgestellte Modell eines „Bundesrats neu“, wonach die Mehrheit der Länder die Bundesgesetzgebung an der weiteren Kompetenzabsaugung in der dritten Säule hindern könnte, erschiene unter dem Blickwinkel des bundesstaatlichen Prinzips als möglicher Kompromiss. Die als Alternative vorgesehene zweite Option, wonach sich der Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit über einen Einspruch des Bundesrats hinwegsetzen könnte, wäre dagegen nichts anderes als die Fortsetzung des status quo und würde bei einer Verschiebung der Generalklausel samt weiteren Zuständigkeiten der Länder in die dritte Säule geradewegs in die volksabstimmungspflichtige Gesamtänderung der Bundesverfassung münden, was das Projekt nicht einfacher machen würde.
Damit erweist sich, dass der Bundesrat der Schlüssel einer gelungenen Verfassungsreform sein wird. Tatsächlich hat das Organ, das gegenwärtig nur unter ganz besonderen Umständen eine wirkliche Funktion hat (bei Verfassungsänderungen, mit denen Zuständigkeiten der Länder eingeschränkt werden), und im Übrigen aber nur verzögern und nicht wirklich mitwirken kann, heute enorme Legitimationsprobleme. Ein absolutes Zustimmungsrecht in der dritten Säule würde dem Bundesrat eine wichtige Aufgabe übertragen und könnte ermöglichen, dass bundeseinheitliche Regelungen dort, wo sie sinnvoll sind, auch tatsächlich erfolgen und in anderen Fällen unterbleiben.

Amtsmanager: Länder und Gemeinden sind besonders innovativ!



Bereits seit 10 Jahren zeichnet die Wirtschaftskammer besonders innovative und effiziente Behörden mit dem „Amtsmanager des Jahres“ aus. Eine Bilanz anlässlich dieses Jubiläums zeigt, dass die Länder – entgegen eines gerne und weit verbreiteten Vorurteils – besonders effizient und modern arbeiten: Es wurden besonders viele Abteilungen der Landesverwaltung bzw der Bezirkshauptmannschaften ausgezeichnet, die Bundesbehörden liegen deutlich zurück. Besonders erfolgreich waren dabei zwei Trägerländer des Föderalismusinstituts, nämlich Oberösterreich und Niederösterreich.

Die Wirtschaftskammer Österreich vergibt nun schon seit 10 Jahren verdienstvollerweise den so genannten „Amtsmanager“, eine Auszeichnung, mit der Projekte bedacht werden, die sich bemühen, die Verwaltung effizienter, moderner, schlanker und kundenorientierter zu machen. 2007 ist dazu im Manz-Verlag die von Stephan Schwarzer herausgegebene Festschrift „Verwaltungsreform von innen“ erschienen.
Im Hinblick auf den Benchmark zwischen den Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden ist es nun von besonderem Interesse, wie sich Einreichungen und Auszeichnungen auf die verschiedenen Ebenen verteilen.
Dem Beitrag von Anna Maria Hochhauser, der Generalsekretärin der Wirtschaftskammer, die die Geschichte des „Amtsmanagers“ Revue passieren lässt, ist zu entnehmen, dass die Ämter der Landesregierungen mit über 30% bei den Einreichungen klar dominieren. Städte und Gemeinden weisen einen Anteil von ca 15% auf, Bund und Bezirkshauptmannschaften je ca 10%. Bei den Auszeichnungen stellen die Ämter der Landesregierungen knapp 23%, die Gemeinden um 21%, es folgen Bezirkshauptmannschaften mit 17% und Magistrate mit 14%. Bundesbehörden weisen insgesamt einen Anteil um 16% auf.
Dieses Ergebnis stellt der Innovationsfähigkeit der Landesverwaltungen (Ämter der Landesregierungen und Bezirkshauptmannschaften) und Gemeindeverwaltungen (Gemeindeämter und Magistrate) ein ganz hervorragendes Zeugnis aus und widerlegt einmal mehr die Behauptung von der angeblichen Reformunwilligkeit ausgerechnet der Länder und Gemeinden.
Nahezu 40% der Preisträger stammen aus Oberösterreich und Niederösterreich (Landes- und Gemeindeverwaltungen), was für das Föderalismusinstitut besonders erfreulich ist, zählen diese beiden Länder doch zu den Trägerländern des Instituts.

Einladung zur Tagung „Die Besten im Westen?“



Das Institut für Föderalismus veranstaltet gemeinsam mit dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck am 6. März 2008 die Tagung „Die Besten im Westen?“ – Die westlichen Bundesländer und ihre Rolle seit 1945. Dabei soll die Rolle der westlichen Bundesländer in Österreich seit 1945 interdisziplinär und im Kontext der gesamtösterreichischen Entwicklung betrachtet werden. Rolle und Selbstverständnis der westlichen Länder sollen kritisch hinterfragt, gegebenenfalls auch Mythen aufgedeckt werden. Das Programm dieser Tagung ist auf der Homepage des Instituts abrufbar.

„Governance matters“ – Vergleich der „Regierungsfähigkeit“ verschiedener Staaten



Ein Projekt der Weltbank vergleicht föderalistisch bzw zentralistisch organisierte Staaten bezüglich verschiedener Governance-Indikatoren, wie etwa Stabilität, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit oder Qualität der staatlichen Leistungen. Als herausragend zeigt sich in vielen dieser Bereiche die Schweiz, die noch dazu über eine besonders niedrige Staats- und Steuerquote verfügt – ein Beweis dafür, dass ein föderalistisches System sowohl besonders leistungsfähig als auch kostengünstig sein kann. Auch Österreich liegt in diesem Vergleich gut. Eines ist klar: Eine zentralistische Staatsorganisation bedeutet keinesfalls einen automatischen Standortvorteil.

Die Weltbank verfolgt bereits seit mehreren Jahren ein Projekt, das sich mit dem Vergleich verschiedener Governance-Indikatoren unter den Staaten dieser Welt befasst (nähere Informationen dazu unter www.info.worldbank.org/governance/wgi2007/sc-chart.asp).
Von der Weltbank wurden insgesamt sechs Indikatoren ausgewählt:
-       „Voice and Accountability“ (Offenheit und Transparenz des politischen Systems)
-       „Political Stability“
-       Government Effectiveness“ (Qualität der staatlichen Leistungen)
-       „Regulatory Quality“ (Intensität der Regulierung)
-       „Rule of Law“ (Rechtsstaatlichkeit)
-       „Control of Corruption“.
Es ist von Interesse, die Daten ausgewählter Staaten, orientiert an ihren staatsrechtlichen Strukturen zu erfassen. Im Folgenden sollen folgende acht Staaten untersucht werden:
Österreich (föderal)
Deutschland (föderal)
Belgien (föderal)
Schweiz (föderal)
Frankreich (zentralistisch)
Finnland (zentralistisch)
Niederlande (zentralistisch)
Vereinigtes Königreich (zentralistisch mit asymmetrischen „Föderalismus“ in Schottland und Wales)
Die Datenbasis ist das Jahr 2006. Gemessen wurde an einer Skala von – 2,5 bis + 2,5. Ein höherer Wert kennzeichnet eine höhere Leistungsfähigkeit. Bei den hier untersuchten Staaten bewegen sich die Werte allesamt im Plusbereich.
Staat
Voice and
Accountability
Political Stability
Government Effectiveness
Regulatory Quality
Rule of Law
Control of Corruption
Österreich
1,55
1,04
1,62
1,53
1,87
1,99
Deutschland
1,48
0,83
1,52
1,39
1,77
1,78
Belgien
1,46
0,74
1,64
1,32
1,45
1,40
Schweiz
1,72
1,40
2,13
1,45
1,96
2,19
Finnland
1,63
1,47
2,08
1,70
1,95
2,57
Frankreich
1,40
0,46
1,20
1,06
1,31
1,44
Niederlande
1,67
0,77
1,86
1,65
1,75
2,05
Vereinigtes Königreich
1,42
0,46
1,83
1,76
1,73
1,86
 
Der Vergleich zeigt, dass Österreich insgesamt sehr gut liegt. Die Spitzenränge in den – untereinander kaum gegeneinander abwägbaren – Indikatoren nehmen insgesamt die Schweiz und Finnland ein. Es zeigt sich, dass eine hohe Governance-Qualität prinzipiell sowohl in föderalen als auch einheitsstaatlichen Strukturen erzielbar ist. Föderalismus kann also keineswegs ein Hindernis sein.
Allerdings soll im Folgenden ein Vergleich mit der Staatsausgabenquote und der Steuerquote vorgenommen werden. Die Datenbasis für die Staatsausgabenquote ist das Jahr 2005, für die Steuerquote 2004, die Quelle: www.lexikon.meyers.de/meyers/staatsquote
Staat
Staatsausgabenquote
Steuerquote
Österreich
50,0
42,9
Deutschland
47,6
34,6
Belgien
49,8
45,6
Schweiz
35,5
29,4
Finnland
51,8
44,3
Frankreich
54,2
43,7
Niederlande
48,8
39,3
Vereinigtes Königreich
44,8
36,1
 
 
Vergleicht man dieses Ergebnis mit den „Governance-Leistungen“, dann zeigt sich, dass dem hervorragenden Abschneiden der Schweiz eine niedrige Staats- und Steuerquote gegenüber steht, hingegen Finnland in beiden Fällen höhere Werte als Österreich aufzuweisen hat. Dies erlaubt die These, dass ein ausgeprägt föderalistisches System sowohl niedrige Staats- und Steuerquoten aufweisen kann als auch in den Governance-Leistungen hervorragend liegen kann.
Am schlechtesten schneidet ganz offensichtlich Frankreich ab, das ausgesprochen zentralistisch ausgerichtet ist. Österreichs Position liegt im Mittelfeld und erweist sich damit als verbesserungswürdig und -fähig. Die föderale Struktur ist dabei kein Hindernis.
Einen weiteren interessanten Hinweis liefert der Human Development Index (HDI), mit dem der Entwicklungsgrad eines Staates, nicht nur in Bezug auf das auf die nationale Wertschöpfung, sondern auch auf den Bildungsgrad und die Lebenserwartung, misst.
Staat
HDI
Ranking
Österreich
0,948
15
Deutschland
0,935
22
Belgien
0,946
17
Schweiz
0,955
7
Finnland
0,952
11
Frankreich
0,952
10
Niederlande
0,953
9
Vereinigtes Königreich
0,946
16
 
Dieser Index bringt insoweit eine Abweichung gegenüber den vorangegangenen Erkenntnissen, als Frankreich einen deutlich besseren Wert aufweist. Unangefochten an der Spitze liegt jedoch die Schweiz.
Resümee
Die Ergebnisse sind sehr differenziert zu betrachten. Die Feststellung kann indessen getroffen werden, dass eine föderale Staatsverfassung einem Spitzenrang im Standortwettbewerb keineswegs entgegensteht. Der konkrete Erfolg eines Systems ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, unter denen Föderalisierung und Dezentralisierungsgrad nur einer von mehreren ist.

Können Verfassungsreformen gelingen? Tagungsband liegt vor



Anlässlich der geplanten Staatsreform in Österreich fand im September 2007 im Parlament eine internationale Fachtagung zum Thema „Können Verfassungsreformen gelingen?“ statt. Auf Einladung des Instituts für Föderalismus und des „Forum of Federations“ beleuchteten hochrangige Experten und Praktiker jüngere Verfassungsreformen in Deutschland, Italien, Kanada und der Schweiz und diskutierten über die Chancen einer umfassenden Verfassungs- und Verwaltungsreform in Österreich. Ein von Peter Bußjäger und Felix Knüpling herausgegebener Tagungsband bietet nun allen Interessierten die Möglichkeit zur Nachlese. Fazit: Damit Verfassungsreformen gelingen können, ist sowohl ein parteiübergreifender Konsens der großen politischen Lager als auch zwischen Bund und Ländern von Nöten. Nur im Zusammenwirken der maßgeblichen politischen Kräfte und der Entscheidungsebenen kann ein großer Wurf gelingen. In Österreich fehlt dieser Grundkonsens derzeit noch.

Die mehr als 200 Seiten starke Publikation wurde am 19. Februar 2008 auf Einladung von Bundesratsvizepräsident Jürgen Weiss im Hohen Haus vorgestellt, wobei nicht nur das Buch selbst, sondern auch der aktuelle Stand der Staatsreform in Österreich im Fokus stand. Sowohl der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol als auch Verfassungsexperte Theo Öhlinger, beide Mitglieder der zur Vorberatung der Staatsreform eingerichteten Expertenkommission, beleuchteten den Stand der Dinge aus ihrer Sicht.
Weiss erklärte, er fühle sich in Bezug auf die jüngsten Vorschläge der Expertenkommission ein bisschen an den Pandabären Fu Long erinnert. Das Papier der Experten liege in den Händen des Bundeskanzlers, wo es, wie der Panda in der Wurfbox, der Öffentlichkeit verborgen sei. Allerdings gebe es zwei Monitore, die es ermöglichten, in die Wurfbox zu blicken, spielte Weiss auf die geladenen Experten Khol und Öhlinger an.
Der ehemaligen Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes, Wolf Okresek, wies darauf hin, dass die einzelnen Länder, wie sich bei der Tagung gezeigt habe, verschiedene Wege gegangen seien. So hat seiner Schilderung nach Thomas O. Hueglin sehr pointiert dargestellt, wie Defizite in Kanada durch pragmatisches Verhandeln auf politischer Ebene kompensiert würden und dort eine Art „Vertragsföderalismus“ Platz gegriffen habe. Die Schweiz wiederum habe erfolgreich auf das Baustein-Prinzip gesetzt, für die Verfassungsreform insgesamt aber 30 Jahre gebraucht. Österreich scheine sich für einen ähnlichen Weg wie die Schweiz entschieden zu haben, nämlich jenen, die Verfassungsreform in kompromissfähigen Teilschritten zu realisieren.
Ein roter Faden zieht sich, wie es im Vorwort des Buches heißt, allerdings durch alle Referate: Nur wenn es einen Konsens der maßgeblichen politischen Kräfte und einen Konsens zwischen den verschiedenen Entscheidungsebenen, also etwa Bund und Ländern, gibt, kann ein großer Wurf gelingen.
Der von Peter Bußjäger und Felix Knüpling herausgegebene Band 106 der Schriftenreihe „Können Verfassungsreformen gelingen?“ enthält nicht nur alle Vorträge der gleichnamigen Tagung vom vergangenen September, sondern auch sämtliche Kurzstatements und Diskussionsbeiträge der TagungsteilnehmerInnen. Zu ihnen gehörten neben zahlreichen österreichischen und internationalen Verfassungsexperten unter anderem auch der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder, der Schweizer Altbundespräsident Arnold Koller und Bundesratsvizepräsident Jürgen Weiss.
Ziel der Konferenz war es, Ideen und Erfahrungen auszutauschen und einen Impuls für die Diskussion zur Staatsreform in Österreich zu geben. Dabei sollte es weniger um die Inhalte der Verfassungsreformen in Deutschland, Italien, der Schweiz und Kanada gehen, sondern um eine Analyse, welche Bedingungen und politischen Voraussetzungen es braucht, um eine Verfassungsreform erfolgreich abzuschließen.
Der Band 106 der Schriftenreihe, Bußjäger/Knüpling (Hg), Können Verfassungsreformen gelingen?, Wien 2008, ISBN 978-3-7003-1671-8, 224 Seiten, ist im Buchhandel zum Preis von € 32,90 erhältlich.

Khol und Öhlinger zum Stand der Verfassungsreform



Bei der Präsentation des Tagungsbandes berichteten Andreas Khol und Theo Öhlinger (beide Mitglieder der Expertenkommission der Bundesregierung zur Staats- und Verwaltungsreform) über den aktuellen Stand der Beratungen. Khol zeigte sich mit den ersten Umsetzungsschritten nicht unzufrieden, bezeichnete aber die Art der Einrichtung des Asylgerichtshofes als „Schönheitsfehler“. Fortschritte seien in Sachen Kompetenzbereinigung sichtbar, entscheidend werde ua sein, wie die Rolle des Bundesrates künftig aussehe. Jedenfalls sei noch ein langer Atem nötig, um zu zufrieden stellenden Ergebnissen zu kommen. Öhlinger bewertet es als positiv, dass die Verfassung wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit trete. Wie Khol glaubt aber auch Öhlinger nicht an einen schnellen Abschluss der Debatte.

Nationalratspräsident aD Khol berichtete über den aktuellen Stand an den Arbeiten der Verfassungsreform: Wesentliche Teile des ersten Pakets seien bereits umgesetzt worden, dies allerdings mit der Ausnahme der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei eine Regierungsvorlage zur Einrichtung der Länderverwaltungsgerichtsbarkeit noch bis Jahresmitte zu erwarten sei. Das Bundesasylgericht bezeichnete Khol als Schönheitsfehler, mit dem er sich nicht identifizieren könne. In der Expertengruppe habe sich niemand für dieses Modell ausgesprochen, es sei auch äußerst zweifelhaft, dass sich die Lösung bewähren werde. Was das zweite Paket betrifft, so habe man dieses am 19.12.2007 der Bundesregierung übermittelt, eine Reaktion sei allerdings noch ausständig. An seinen wesentlichen Inhalten hob Khol vor allem die Neuordnung der Kompetenzverteilung nach dem Drei-Säulen-Modell hervor. Aus 180 Kompetenztatbeständen habe man 17 Bundeskompetenzen, 16 Länderkompetenzen und 9 gemeinsame Zuständigkeiten von Bund und Ländern gemacht. Hinsichtlich der Reform des Bundesrates wiederum wies Khol unter anderem auf eine Variante hin, die nach dem Vorbild des deutschen Bundesrates die Umgestaltung der Länderkammer in ein kräftiges Mitwirkungsorgan der Länder an der Bundesgesetzgebung vorsieht. Die Schulkompetenzen schließlich sollen, wie Khol betonte, gänzlich neu geordnet werden, sodass der Bund die Gesetzgebung erhält und den Ländern die Vollziehung obliegt. Die diversen „Räte“ werden dabei ersatzlos gestrichen, Mitwirkung soll nur noch durch Beiräte bei der Landesregierung erfolgen. Als weiteren Punkt des zweiten Pakets nannte Khol überdies die Stärkung der Länderautonomie, insbesondere die Streichung aller wechselseitigen Zustimmungsrechte. Ein drittes Paket, dessen Vorarbeiten schon weitgehend gediehen sind, werde einen Menschenrechts- und Grundrechtskatalog enthalten. Voraussetzung für diesen letzten Abschnitt sei aber zunächst die Umsetzung des zweiten Pakets. Abschließend meinte Khol, Verfassungsreformen brauchten einen langen Atem, sie seien ein langer Marsch durch die Zeit. Bis jetzt habe man bereits einiges zustande gebracht, es warte aber noch viel Arbeit.
Verfassungsexperte Öhlinger erinnerte daran, dass man sich in Österreich schon seit 50 Jahren mit einer Verfassungsreform beschäftige, zumal der Beitritt zur MRK 1958 die Diskussion über eine Grundrechtsreform in Gang gebracht habe. Pläne zur Totalrevision der Bundesverfassung in den 70-er Jahren hätten bloß zu Reförmchen geführt, die Grundrechtskommission wiederum habe 30 Jahre lang gearbeitet, sei aber dann nicht mehr einberufen worden. Höhepunkt der Entwicklung in der Reformdebatte war nach den Worten Öhlingers der Österreich-Konvent. Dieser sei zwar gescheitert, habe aber die Verfassung in einer Art und Weise ins Bewusstsein gebracht, die bis dahin völlig unbekannt war. Mit dem aktuellen Regierungsprogramm sei man dann, wie es Öhlinger ausdrückte, so nahe wie nie zuvor an einer Verfassungsreform gewesen. Das erste Paket, das zur Hälfte umgesetzt werden konnte, sollte nicht überschätzt werden, gab er zu bedenken. Erfreulich sei aber, dass es nunmehr die Praxis von Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen nicht mehr geben wird.
Die Frage, ob nun Verfassungsreformen gelingen können, beantwortete Öhlinger dahingehend, dass dies dann möglich sei, wenn sie zum Anliegen der Spitze der Politik werden. Dies erlebe man derzeit auf europäischer Ebene, meinte er. Klar war auch für Öhlinger, dass Verfassungsreformen auf jeden Fall einen langen Atem brauchen.

2007


Asylgerichtshof und Verwaltungsgerichte: Ist die Staatsreform stecken geblieben?



Mit der Einführung des Asylgerichtshofs ergeben sich – neben den Auswirkungen auf das Asylverfahren – möglicherweise auch massive Auswirkungen auf die Staatsreform. So stellt sich ua die Frage, ob der eingeschränkte Instanzenzug künftig auch für alle anderen Verwaltungsgerichte gelten wird oder ob die Staatsreform überhaupt stecken bleibt. Mit der im Nationalrat vergangene Woche beschlossenen „Verfassungsbereinigung“ wurde zwar ein erster kleiner Schritt in die aus föderalistischer Sicht richtige Richtung gesetzt – mehr aber nicht.

Neue Situation durch Asylgerichtshof
Der Nationalrat hat am 5. Dezember ein Verfassungspaket mit der Einführung eines Asylgerichtshofs in Österreich beschlossen. Da ein Einspruch des Bundesrates nicht zu erwarten ist, wird die Verfassungsänderung am 1. Jänner 2008 in Kraft treten.
Die Einführung eines Asylgerichtshofes hat im Vorfeld zu heftigen Diskussionen geführt. Das Institut für Föderalismus hat in der letzten Föderalismus-Info darauf hingewiesen, dass die Verfassungsänderung nicht dazu führen darf, dass die Staats- und Verwaltungsreform steckenbleibt.
Das nunmehr beschlossene Verfassungspaket schafft eine neue Situation und beinhaltet, was die Verwaltungsgerichtsbarkeit betrifft, einige unerfreuliche Präjudizien, die nachfolgend näher dargestellt werden.
Der Asylgerichtshof (Art 129c bis 129f) ersetzt den bisherigen Unabhängigen Bundesasylsenat, jedoch mit einigen wesentlichen Änderungen:
Gegen die Entscheidungen des Asylgerichtshofes besteht lediglich ein stark eingeschränkter Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof, nämlich nur dann, wenn es sich um eine Grundsatzentscheidung handelt. Ob eine Grundsatzentscheidung zu treffen ist, wird unter bestimmten Voraussetzungen vom Asylgerichtshof festgelegt bzw über Antrag des Bundesministers für Inneres.
Wegen Grundrechtsverletzung kann der Verfassungsgerichtshof weiterhin unbeschränkt angerufen werden.
Die Diskussion um den Asylgerichtshof ist in den vergangenen Wochen heftig geführt worden. Seitens des Instituts für Föderalismus wird hervorgehoben, dass, wenn der Rechtszug vom Bundesasylgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof auf Grundsatzentscheidungen eingeschränkt wird, dies konsequenterweise für sämtliche anderen geplanten Verwaltungsgerichte ebenfalls gelten müsste. Einen Hinweis darauf, dass die Arbeit des Asylgerichtshofes qualitätsvoller als jene aller anderen Verwaltungsgerichte sein wird, was eine solche Privilegierung rechtfertigen könnte, sehen wir jedenfalls nicht.
Unser zweiter Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass die durch den Asylgerichtshof geschaffene neue Situation zumindest zu einer merklichen Verzögerung des Projekts der Einführung einer allgemeinen erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes und der Länder führt. Es besteht wohl die abstrakte Möglichkeit, einen einmal geschaffenen Asylgerichtshof nach kurzer Zeit bereits in ein Bundesverwaltungsgericht zu integrieren, realistischerweise wird der Asylgerichtshof als solcher wohl bestehen bleiben. Dies allein ist freilich noch nicht das Problem: Die Folge wird wohl sein, dass viele der bisher eigenständigen Rechtsmittelbehörden im Bundesbereich mit Erfolg ebenfalls eine Weiterexistenz als eigenständiger Bundesgerichtshof reklamieren können, dass es also einen Finanzgerichtshof, einen Vergabegerichtshof, einen Kommunikationsgerichtshof, einen Disziplinargerichtshof und vieles mehr geben wird. Und mit welcher Begründung wollte man einer vergleichbaren Entwicklung auf Landesebene entgegen treten? Damit ginge aber der verwaltungsreformatorisch wichtige integrative Ansatz des „9 + 1 – Modells“ verloren.
Da der Asylgerichtshof nun einmal beschlossene Tatsache ist, fordert das Institut für Föderalismus jedoch, das Projekt Verwaltungsgerichtsbarkeit, wie dies auch schon von Bundeskanzler Gusenbauer angekündigt wurde, intensiv weiter zu verfolgen.
Im Übrigen sind im Reformpaket auch einige durchaus wesentliche Neuerungen enthalten, die es verdienen, näher analysiert zu werden.
Verfassungsbereinigung – die ersten 10% des Österreich-Konvents sind umgesetzt!
Aufhebung überflüssiger Verfassungsbestimmungen
Das Reformpaket enthält ein Erstes Bundesverfassungsbereinigungsgesetz, in welchem eine Vielzahl von obsoleten oder überflüssig gewordenen Verfassungsbestimmungen aufgehoben oder ihres Verfassungsrangs entkleidet werden. Die Verfassungsbereinigung ist Resultat der Arbeiten des Ausschusses 2 des Österreich-Konvents und sollte nicht gering geschätzt werden.
Darüber hinaus sind zahlreiche begleitende verfassungsrechtliche Bestimmungen vorgesehen, die in Zukunft eine weitere Zersplitterung des Bundesverfassungsrechts verhindern sollen.
Bestandsgarantie der Länder in Art 2 und 3 B-VG neu
In diesem Zusammenhang erfahren auch die Bestimmungen des Art. 3 B-VG über die Grenzänderungen eine Änderung. Statt dem bisherigen Erfordernis paktierter Verfassungsgesetze des Bundes und der Länder bei jeglicher Grenzänderung sowohl des Bundes als auch „nur“ der Länder bedürfen nunmehr Staatsverträge, mit denen die Bundesgrenzen geändert werden, der Zustimmung der betroffenen Länder (Art 3 Abs 2 B‑VG neu). Grenzänderungen innerhalb des Bundesgebietes bedürfen übereinstimmender Gesetze des Bundes und der Länder. Für bloße Grenzbereinigungen innerhalb des Bundesgebietes genügen übereinstimmende Gesetze der betroffenen Länder (Art 3 Abs 3 B‑VG neu). Gemäß Art 2 Abs 3 B-VG neu bedürfen Änderungen im Bestand der Länder oder eine Einschränkung der in diesem Absatz und in Art 3 vorgesehenen Mitwirkung der Länder auch verfassungsgesetzlicher Regelungen der Länder.
Diese kompliziert klingenden Regelungen bewirken in der Praxis eine Vereinfachung (nämlich ein Abgehen vom Erfordernis paktierter Verfassungsgesetze bei auch nur geringfügigen Grenzbereinigungen) und wahren auf der anderen Seite die Position der Länder als Gliedstaaten im Bundesstaat mit einer originären Souveränität. Hervorzuheben ist aus Sicht des Instituts, dass die Verfassungsänderung klarstellt, dass eine Änderung im Bestand der Länder bundesverfassungsrechtlich nicht ohne Mitwirkung der Länder, und zwar auf landesverfassungsgesetzlicher Ebene, bewirkt werden kann. Art 2 Abs 3 B-VG regelt, dass eine Länderneugliederung neben der bundesverfassungsrechtlichen Regelung, die eine Gesamtänderung darstellen würde (Art 44 Abs 3 B-VG), zusätzlich einer landesverfassungsgesetzlichen Regelung der Länder und damit der Zustimmung der beteiligten Länder bedürfen würde. Dieses absolute Vetorecht der Länder gegenüber Bestandsänderungen kann auch nicht durch die Beseitigung des Art 2 Abs 3 B-VG revidiert werden, da ja gerade dies nach dem ausdrücklichen Verfassungswortlaut ebenfalls verfassungsgesetzlicher Regelungen der Länder bedürfen würde.
Nach unserer Auffassung umfasst die ausdrücklich positivierte „Bestandsgarantie“ nicht nur die Garantie des formalen Bestands einer „Ländergliederung“, sondern auch die Gewährleistung, dass die Länder nicht nur bloße Verwaltungssprengel des Bundes sind, sondern eben die Gliedstaaten eines Bundesstaates mit originärer Souveränität.
Art 2 und 3 B-VG neu beruhen im Übrigen ebenfalls auf dem im Österreich-Konvent erzielten Konsens.
Außenpolitische Angelegenheiten
Die Stellung der Länder in außenpolitischen Angelegenheiten erfährt eine wesentliche Änderung: Auf der einen Seite können einzelne Hoheitsrechte der Länder nunmehr durch Gesetz oder durch einen Staatsvertrag auf andere Staaten oder zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen werden (Art 9 Abs 2 B-VG neu), was angesichts der zunehmenden Internationalisierung immer wieder erforderlich ist (etwa im Rahmen des grenzüberschreitenden Katastrophenschutzes). Festzuhalten ist, dass es sich nur um „einzelne“ Hoheitsrechte handeln darf.
Auf der anderen Seite wird die Position der Länder in außenpolitischen Angelegenheiten insoweit aufgewertet, als sie den Bund gemäß Art 10 Abs 3 B-VG wie in EU-Angelegenheiten mittels einer einheitlichen Stellungnahme binden können. Der Bund darf davon nur aus zwingenden außenpolitischen Gründen abweichen.
Von besonderer, gesamtstaatlicher Bedeutung ist die Neuregelung des Art 50 B-VG betreffend die Genehmigung von Staatsverträgen. Nunmehr kann der Nationalrat beschließen, dass, wenn ein Staatsvertrag seine vereinfachte Änderung vorsieht, eine solche nicht der Genehmigung des Nationalrats bedarf. Die Rechte des Bundesrates bleiben grundsätzlich gewahrt: Staatsverträge, die Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regeln, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Dies gilt jedoch nicht mehr für die Änderung im vereinfachten Verfahren, sofern der Nationalrat keinen Genehmigungsvorbehalt abgegeben hat. Der Bundesrat wird daher dann, wenn er einen Staatsvertrag zu behandeln hat, bei dem der Nationalrat keinen Genehmigungsvorbehalt gemacht hat, genau prüfen müssen, ob er die Zustimmung ohne Gefährdung von Länderinteressen erteilen kann.
Klargestellt wird im Übrigen, dass in Hinkunft jegliche Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union auch der mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates bedarf (Art 50 Abs 3 B-VG neu).
Für die Verfassungsbereinigung von Bedeutung ist, dass es keine neuen verfassungsändernden Staatsverträge oder verfassungsändernde Bestimmungen in Staatsverträgen mehr geben wird.
Weisungsfreie Verwaltungsorgane
Nach der bisherigen Verfassungsrechtslage bedurfte die Weisungsfreistellung von Verwaltungsorganen verfassungsrechtlicher Regelungen des Bundes bzw. der Länder, abhängig davon, welchem Organisationsbereich das Organ zuzuordnen war. Nach dem neuen Art 20 B-VG können Organe durch einfaches Bundes- oder Landesgesetz weisungsfrei gestellt werden, sofern sie typologisch bestimmten taxativ aufgelisteten Kategorien zugeordnet werden können (z.B. Sachverständige, öffentliche Anwälte wie Umwelt-, Kinder- und Jugendanwälte udgl, Mitglieder von Disziplinar- und Wahlbehörden ua). Allerdings besteht nunmehr die verfassungsrechtliche Verpflichtung von Bund und Ländern, angemessene Aufsichtsrechte vorzusehen, was unter Umständen einen beachtlichen legistischen Anpassungsbedarf in den Rechtsordnungen des Bundes und der Länder erfordert.
Im Landesbereich ermöglicht Art 20 Abs 2 B-VG neu ausdrücklich, dass durch Landesverfassungsgesetz weitere Kategorien weisungsfreier Organe geschaffen werden.

Der Kammerstaat in der Bundesverfassung



Mit dem durchaus kritisch zu sehenden Beschluss des Nationalrates, die Kammern als Selbstverwaltungskörper in der Bundesverfassung abzusichern, dürfte sich durch die neue Gesetzesformulierung in der Realverfassung wenig ändern. Umso mehr stellt sich die Frage, welchen Zweck derartige Beschlüsse haben.

In einem neuen Abschnitt B. „Sonstige Selbstverwaltung“ werden weitere Selbstverwaltungskörper neben den Gemeinden verfassungsrechtlich abgesichert. Das Föderalismusinstitut hat in der Vergangenheit (siehe Föderalismus-Info Nr. 4/2007) seine Position zur Zementierung des Kammerstaates kritisch dargelegt. Gegenüber dem Begutachtungsentwurf wurde aber immerhin auf die gesonderte Hervorhebung von Wirtschafts-, Arbeiter- und Landwirtschaftskammer verzichtet, sodass sich inhaltlich gegenüber der Realverfassung und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Selbstverwaltung wenig Neues ergibt.
Den Erläuterungen des Ausschussberichtes zufolge soll allerdings durch die Wendung in Art 120a Abs 1 B-VG neu, wonach Personen durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden können, die Zwangsmitgliedschaft als „Strukturelement“ eines Selbstverwaltungskörpers zum Ausdruck kommen. Das Institut für Föderalismus bezweifelt, dass der Verfassungswortlaut diese Interpretation erzwingt. Eine bestimmte Personengruppe wird auch dann zu einem Selbstverwaltungskörper „zusammengefasst“, wenn ein Selbstverwaltungskörper eingerichtet wird und es den Angehörigen dieser Gruppe offen steht, ob sie diesem beitreten oder nicht.

Was bringt der Reformvertrag den Ländern und Gemeinden? – eine Analyse



Eine erste Analyse zeigt, dass die Stellung der Regionen und teilweise auch der Gemeinden in der EU gegenüber der derzeitigen Rechtslage aufgewertet wird und einige mehr oder weniger geringfügige Verbesserungen gelungen sind. Zu einer Euphorie besteht keine Veranlassung: Es wird abzuwarten sein, ob es gelingt, das Subsidiaritätsprinzip zu schärfen und es tatsächlich zu einer praktikablen und die Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen wahrenden Kompetenzausübungsregel zu machen. Vor allem die nationalen Parlamente werden gefordert sein, ihre Interessen deutlicher als in der Vergangenheit zu artikulieren. An die Koordinationsfähigkeit mit anderen Parlamenten werden, wenn die Bestimmungen über den Frühwarnmechanismus nicht inhaltsleere Rituale werden sollen, enorme Anforderungen gestellt sein, denen die Parlamente sowohl auf Bundesebene wie auch auf Landesebene infrastrukturell derzeit noch nicht gewachsen sind, auch wenn es da und dort Bemühungen geben mag.

Der Reformvertrag, dessen Entwurf in der Regierungskonferenz am 18. Oktober in Lissabon paraphiert wurde, soll von der Regierungskonferenz am 13. Dezember 2008 in Lissabon unterzeichnet werden. Er stellt die Europäische Union auf neue rechtliche Grundlagen. Das Institut für Föderalismus nimmt im Folgenden eine erste Bewertung aus Sicht von Ländern und Gemeinden vor.
Allgemeines
Der Reformvertrag ist – anders als der gescheiterte Europäische Verfassungsvertrag – lediglich als eine Änderung der bestehenden Rechtsgrundlagen, nämlich des EU-Vertrages und des EG-Vertrages in der Fassung des Vertrages von Nizza konzipiert.
Der Verfassungsvertrag hatte zum Ziel, die Europäische Union mit 25 und mehr Mitgliedstaaten handlungsfähiger, transparenter und demokratischer zu machen. Zu diesem Zweck wurden wichtige institutionelle Reformen verabschiedet:
·       Ein Ratspräsident soll den Vorsitz im Rat der Staats- und Regierungschefs übernehmen.
·       Ein Hoher Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik wird bestellt. Mit Rücksicht auf nationale Befindlichkeiten wird er aber nicht mehr Außenminister heißen.
·       Mehrheitsentscheidungen mit der doppelten Mehrheit werden erst ab 2014 mit einer Übergangszeit bis 2017 eingeführt. Dann gilt: Für eine qualifizierte Mehrheitsentscheidung im Ministerrat sind 55 Prozent der Stimmen erforderlich, die gleichzeitig 65 Prozent der Bevölkerung darstellen müssen.
·       Im Gesetzgebungsverfahren wird das Mitentscheidungsverfahren zum Regelfall. Damit ist das Europäische Parlament als Vertreterin der Bürgerinnen und Bürger Europas gleichberechtigt mit dem Ministerrat.
·       Das Mitspracherecht der nationalen Parlamente im europäischen Gesetzgebungsverfahren wird verbessert. Damit soll insbesondere das Subsidiaritätsprinzip gestärkt werden.
·       Die in der Verfassung festgelegten Zuordnungen der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Union und Mitgliedsländern bleiben erhalten.
·       Die Zahl der EU-Kommissare wird von 27 auf 2/3 der EU-Mitgliedsländer reduziert.
·       Die Grundrechtecharta wird in 26 Ländern (nicht in Großbritannien) geltendes Recht.
·       Das Bürgerbegehren wird eingeführt.
Im Folgenden geht das Föderalismusinstitut näher auf die für die Stellung der österreichischen Länder und Gemeinden im europäischen Mehrebenensystem wichtigen Inhalte ein:
Neue Architektur der Europäischen Union?
In der Architektur der Europäischen Union ergibt sich die grundlegende Änderung, dass die sogenannte zweite und dritte Säule der EU, nämlich die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, was die Entscheidungsmechanismen betrifft, mit der ersten Säule der EG, verschmolzen werden. Dies bedeutet die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip auch in der zweiten und dritten Säule, was für die Weiterentwicklung der Europäischen Union von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein wird.
Vorrang des Unionsrechts
Der Vorrang des Unionsrechts, eine der umstrittensten Fragen im seinerzeitigen Verfassungsvertrag, wird nunmehr als eine eigene Erklärung als Anerkennung der Judikatur des EuGH festgehalten. Der Vorrang wird aber nicht mehr normativ festgeschrieben. Dadurch ist nun außer Streit gestellt, dass der Reformvertrag, was das Verhältnis des nationalen Rechts zum Unionsrecht betrifft, inhaltlich nichts Neues bringt. Jener Vorrang, den die Mitgliedstaaten in der Erklärung anerkennen, war bereits auf der Basis des EU-Beitritts Österreichs 1995 anerkannte und unumstrittene Judikatur des EuGH.
Insbesondere kann nach Auffassung des Instituts für Föderalismus nicht argumentiert werden, dass der Reformvertrag wegen des Vorrangs des Unionsrechts einer neuerlichen Volksabstimmung nach Art 44 Abs 3 B-VG zu unterziehen wäre, da sich gegenüber dem EU-Beitritt 1995 kein grundlegender Wandel der Natur der Europäischen Union ergibt. Auch die zahlreichen neuen Gebiete der zweiten und dritten Säule, die nun der Mehrheitsentscheidung zugänglich sind, rechtfertigen es nicht, von einem solchen strukturellen Wandel zu sprechen.
Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten
Im neuen Art 3a EUV wird die Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten, „die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“, festgeschrieben. Ohne überzogene Erwartungen wecken zu wollen, so könnte diese Bestimmung doch ein Ansatz dafür sein, dass die Rechtsetzung der Union stärker als bisher auf bundesstaatliche Untergliederungen Rücksicht nimmt. Die Praxis der Kommission und die Judikatur des EuGH werden es jedenfalls weisen!
Subsidiaritätsprinzip
In Art 3b EUV wird – wie im seinerzeitigen Verfassungsvertrag – das Subsidiaritätsprinzip in einer gegenüber der derzeitigen Rechtslage (Art 5 EGV) etwas präzisierten Weise verankert: Die Zuständigkeiten der Union sind entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit auszuüben. Das neu formulierte Subsidiaritätsprinzip bezieht ausdrücklich auch die regionale und lokale Ebene mit ein.
Das Subsidiaritätsprinzip kann sowohl von den Mitgliedstaaten, den nationalen Parlamenten als auch dem Ausschuss der Regionen mittels Klage an den EuGH geltend gemacht werden.
Zuständigkeitsverteilung
Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung wird beibehalten. Das bedeutet, dass die „Generalklausel“ weiterhin bei den Mitgliedstaaten liegt. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Verträge der Union weite Felder „geteilter Zuständigkeiten“ übertragen, die im Ergebnis zu einer breiten konkurrierenden Zuständigkeit der Europäischen Union führen.
Um die aktuelle österreichische verfassungspolitische Debatte zu bemühen: Die europäische Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten ist ein Drei-Säulen-Modell, in dem es verhältnismäßig wenige ausschließliche Zuständigkeiten der Union gibt, eine Generalklausel zugunsten der Mitgliedstaaten und eine breite Dritte Säule (siehe dazu die Publikationen des Instituts für Föderalismus: Bußjäger, Homogenität und Differenz (2006), Weber/Schroeder, Die Kompetenzrechtsreform (2006)).
Ausschließliche Zuständigkeiten
Nur in diesen aufgezählten Bereichen kann die EU allein tätig werden.
·       Zollunion
·       Festlegung der Wettbewerbsregeln
·       Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
·       Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik
·       gemeinsame Handelspolitik
·       Abschluss internationaler Abkommen, die im Vertrag genannt sind.
Geteilte Zuständigkeiten
Handelt es sich um eine zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so können in diesem Bereich sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten gesetzgeberisch tätig werden. Die Mitgliedstaaten dürfen in diesen Bereichen nur dann eigenständig handeln, wenn die Union ihre Zuständigkeit nicht oder nicht mehr ausübt.
Zu diesen Bereichen zählen:
·       Binnenmarkt
·       Sozialpolitik
·       Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt
·       Landwirtschaft und Fischerei (ausgenommen Erhaltung der biologischen Meeresschätze)
·       Umwelt
·       Verbraucherschutz
·       Verkehr
·       Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt
·       Transeuropäische Netze
·       Energie
·       Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
·       gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich des Gesundheitswesens (zB Maßnahmen gegen die Vogelgrippe).
In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung, Raumfahrt, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe können die Union und die Mitgliedstaaten gleichzeitig ihre Zuständigkeit ausüben.
Ergänzende Maßnahmen
Unterstützend und koordinierend wirkt die EU bei folgenden Themen:
·         Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit
·         Industrie
·         Kultur
·         Tourismus
·         allgemeine und berufliche Bildung
·         Jugend
·         Sport
·         Katastrophenschutz
·         Verwaltungszusammenarbeit.
Gegenüber dem Reformvertrag ergeben sich dadurch keine wesentlichen Änderungen.
Erwähnenswert ist, dass in dem für die Länder und Gemeinden wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge in einem eigenen Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse die Rolle und der Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage, wie solche Dienste bereitzustellen sind, ausdrücklich hervorgehoben wird.
Rolle der nationalen und regionalen Parlamente
In Art 8c EUV wird eine Informationspflicht der nationalen Parlamente verankert, indem ihnen gemäß dem Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente die Entwürfe von Gesetzgebungsakten der Union zuzuleiten sind. Die nationalen Parlamente sorgen dafür, dass die Grundsätze der Subsidiarität gemäß dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.
Auf dieses Verfahren des sogenannten Frühwarnmechanismus wird im nachfolgenden Abschnitt noch näher eingegangen.
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass es offenbar leider nicht gelungen ist, die regionalen Parlamente in diesen Bestimmungen ebenfalls zu erwähnen. So verbleibt der Eindruck, als würde das Verfahren der Subsidiaritätskontrolle bei den nationalen Parlamenten monopolisiert, was nicht ganz zutreffend ist. Die Nichterwähnung der regionalen Parlamente kann nur mit dem Vorbehalt mancher Zentralstaaten gegenüber dezentralen Autonomien erklärt werden.
Frühwarnmechanismus (Subsidiaritätskontrolle)
Das Verfahren der Subsidiaritätskontrolle, in der Debatte häufig auch mit dem plakativen Titel „Frühwarnmechanismus“ überschrieben, ist in den beiden Protokollen über die Rolle der nationalen Parlamente und über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit näher geregelt. Die Entwürfe von Gesetzgebungsakten der Union werden den nationalen Parlamenten zugeleitet. Diese können innerhalb von acht Wochen eine Stellungnahme erstatten, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Gegenüber dem Verfassungsvertrag ist hier ein kleiner Fortschritt erzielt worden, indem die Frist von sechs auf acht Wochen erhöht wurde.
Dabei obliegt es gemäß Art 6 des Protokolls, dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer eines nationalen Parlaments gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen zu konsultieren. Diese Bestimmung kann wohl nicht anders gelesen werden als dass damit den nationalen Parlamenten die Verpflichtung auferlegt wird, die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen, also die Landtage, nicht nur zu informieren, sondern sie auch zu konsultieren, also ihre Stellungnahmen einzuholen und zu diskutieren. Eine andere Interpretation widerspricht nicht nur dem Wortlaut („obliegt“), sondern ergäbe auch keinen Sinn (natürlich können die nationalen Parlamente jegliche Institution mit einem solchen Rechtsakt befassen, eine ausdrückliche Regelung macht nur dann einen Sinn, wenn sie verpflichtend ist).
Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen. Wenn es, wie das österreichische Parlament, in zwei Kammern organisiert ist, sind die beiden Stimmen aufzuteilen. Erreicht die Zahl der Stellungnahmen, wonach der Entwurf nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip in Einklang zu bringen ist, ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten zur Verfügung stehenden Stimmen, so muss der Entwurf „überprüft“ werden. Dies ist natürlich eine vergleichsweise schwache Sanktion, noch dazu vor dem Hintergrund, dass es für Parlamente enorm schwierig ist, sich in so kurzer Zeit zu koordinieren.
Eine weitere Neuerung gegenüber dem Verfassungsvertrag bringt aber nun die folgende Regelung des Art 7 des Protokolls: Bemängeln mehr als die Hälfte der Stimmen, dass der Entwurf nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist und will die Kommission daran festhalten, kann der Gesetzgeber mit einer Mehrheit von 55% der Stimmen (also das Europäische Parlament und der Rat), entscheiden, dass das Vorhaben nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist.
Diese komplizierte Regelung ist etwas seltsam: Wenn beispielsweise der Rat mehrheitlich der Auffassung ist, dass ein Gesetzgebungsvorschlag gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt, ist es wohl nahe liegender, ihn gar nicht mit der erforderlichen Mehrheit anzunehmen, als mit einer Mehrheit festzustellen, dass er gegen das Subsidiarität verstößt!

31. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2006)



Der 31. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2006) ist soeben erschienen und gibt einen Überblick über die föderalistischen Entwicklungen im Jahr 2006.

Schwerpunkte des Berichts sind u.a. die Beratungen im Besonderen Ausschuss zur Staatsreform, eine föderalistische Bewertung des aktuellen Regierungsprogramms, eine Kritik des Bundesrates als „Waffe der Parteipolitik“, aktuelle Entwicklungen im Energieversorgungsbereich, die Ortstafelfrage, die Verländerung des ÖPNV, Zentralisierungstendenzen in Jugendschutz und Pflege. Ebenfalls in den Blick genommen werden auf europäischer Ebene die österreichische EU-Ratspräsidentschaft, die Einigung über den Finanzrahmen für die Jahre 2007-2013 und die künftige EU-Regionalpolitik, die neue EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, die Abwicklung von zahlreichen Projekten in den EU-Regionalförderprogrammen, sowie mehrere anhängige Vertragsverletzungsverfahren, Urteile des EuGH und neue Richtlinienvorschläge der EU-Kommission.
Der 31. Bericht 2006, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1669-5, 456 Seiten, ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. Eine Kurzfassung des Berichtes ist als pdf-Datei abrufbar.

Anna Gamper, Staat und Verfassung. Einführung in die Allgemeine Staatslehre. Wien 2007 Facultas Verlag



Anna Gamper, Universitätsprofessorin in Innsbruck, legt mit ihrem Werk ein kompaktes Lehrbuch zur Allgemeinen Staatslehre vor, dem es in ausgezeichneter Weise gelingt, das komplexe und sperrige Thema konzise und übersichtlich darzustellen. Sie befasst sich mit den Institutionen und Ausprägungen der Staatlichkeit, mit der Demokratie, dem Rechtsstaat und der Aufteilung von Staatlichkeit auf verschiedene Ebenen, wie wir dies heute in den so genannten „Mehrebenensystemen“ vorfinden. Das Werk bewegt sich auf dem aktuellsten Stand der Forschung und ist daher nicht nur für Studenten, die sich mit der oftmals ungeliebten Allgemeinen Staatslehre auseinander setzen müssen, sondern auch für die Wissenschaft und Praxis von großem Interesse. Wir empfehlen das Buch jedenfalls wärmstens.

Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus



Das Institut hat den Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus ausgeschrieben. Wir möchten hiermit an die Ausschreibung dieses Preises erinnern. Einreichungen für die Vergabe des Preises sind bis 31. Dezember 2007 an das Institut für Föderalismus zu richten. Die Ausschreibungsunterlagen und das Bewerbungsformular sind als pdf-Datei auf der Homepage des Instituts abrufbar.

Staatsreform I darf nicht zu Gunsten des Asylgerichtshofes verzögert werden



Wie den Medienberichten zu entnehmen ist, plant die Bundesregierung für das kommende Jahr die Einrichtung eines Asylgerichtshofes. Das Föderalismusinstitut wird zu diesem Vorhaben Stellung nehmen, sobald die Details bekannt sind. Vorweg sei allerdings klargestellt, dass es bedauerlich wäre, wenn die Einrichtung des Asylgerichtshofes zu einer Verzögerung bei der Umsetzung der Verfassungsreform Stufe 1 (Einrichtung von Verwaltungsgerichten erster Instanz, Verfassungsbereinigung, Kontrollrechte) führen würde. Nach Auffassung des Föderalismusinstitutes wird sich nicht so bald wieder eine Chance ergeben, diese elementare Verfassungsreform umzusetzen und damit Reformfähigkeit zu dokumentieren, zumal hinter den weiteren Stufen der Verfassungsreform (Schulverwaltung, Grundrechte, Kompetenzverteilung) ohnehin noch ein großes Fragezeichen steht.

Föderalismus im Gesundheitswesen hat sich bewährt



Der Föderalismus im Gesundheitswesen wird zuweilen hinterfragt. Auch das Regierungsübereinkommen trägt der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform auf, die Sinnhaftigkeit einer Zentralisierung der Gesetzgebung beim Bund zu prüfen. Betrachtet man die vorliegende Studien, so zeigt sich allem Gerede von der mangelnden Reformfähigkeit zum Trotz, dass Österreichs Gesundheitssystem grundsätzlich hervorragend aufgestellt ist.

Die föderale Gestaltung Österreichs macht sich im Gesundheitswesen vor allem insoweit bemerkbar, als die Krankenanstalten in der Grundsatzgesetzgebung Sache des Bundes, in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung hingegen Sache der Länder sind (Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG). Die Länder bzw Landesgesellschaften sind sehr häufig Träger der Krankenanstalten, mancherorts auch die Gemeinden. Die Angelegenheiten der Pflegeheime sind überhaupt Aufgabe der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung (Art 15 B-VG).
Die WHO reiht Österreich immerhin auf Platz 9 im weltweiten Ranking der Gesundheitssysteme. Eine neue EU-weite Studie sieht es als „konsumentenfreundlichstes Gesundheitssystem“ mit kurzen Wartezeiten und guten Behandlungen. Österreich schneidet dabei besser ab als Länder, die deutlich mehr Geld ausgeben, wie etwa Luxemburg oder die Schweiz. Österreich gibt demnach etwa 3.100 Dollar pro Kopf und Jahr für Gesundheit aus, Luxemburg mehr als 5.000 Dollar, die Schweiz und Norwegen rund 4.000 Dollar. Trotzdem liegt das österreichische Gesundheitssystem in Bezug auf Konsumentenfreundlichkeit auf Platz eins vor den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und Deutschland („Der Standard“ vom 3. Oktober 2007).
Dieses hervorragende Ranking, das auch durch eine hohe Konsumentenzufriedenheit unterstrichen wird, ist nun nicht gerade der Beweis dafür, dass weitere Zentralisierungen erforderlich wären. Dies schließt freilich nicht aus, dass Einsparungspotenziale durch Schwerpunktbildungen und Umschichten ebenso wie auch durch eine bessere Abstimmung von Spitalsbereich und niedergelassenen Ärzten erzielt werden können. Viele der erforderlichen Maßnahmen wurden in den Ländern bereits eingeleitet.
Nachstehend informieren wir sie über ein Gespräch zwischen der Abg. Ingrid Korosec und Institutsdirektor Bußjäger zu diesem Thema, das im „Standard“ vom 5. November 2007 publiziert wurde.

Ausschreibung des Nachwuchspreises für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus



Das Institut für Föderalismus schreibt erstmals einen Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus aus. Dieser Preis wird für herausragende Diplomarbeiten, Dissertationen oder wissenschaftliche Projekte zum Themenkreis „Föderalismus“ verliehen.

Details zur Ausschreibung und das Bewerbungsformular sind als pdf-Datei abrufbar.

Neuer Finanzausgleich: Mehr Planungssicherheit und Gerechtigkeit. Fortsetzung der Staats- und Verwaltungsreform ist notwendig



Das Institut für Föderalismus hat unmittelbar nach dem Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen zu den getroffenen Vereinbarungen Stellung genommen und vor allem das Mehr an Planungssicherheit und Gerechtigkeit begrüßt. Gleichzeitig wurde eine Fortsetzung der Anstrengungen zu einer überzeugenden Staats- und Verwaltungsreform gefordert. Im Folgenden nun eine detailliertere Bewertung der Ergebnisse.

Die Verhandlungsergebnisse des neuen Finanzausgleichs (Abschluss auf sechs Jahre, Erhöhung der finanziellen Mittel für Länder und Gemeinden, insbesondere für die Finanzierung der Krankenanstalten) werden vom Institut für Föderalismus begrüßt.
Die finanziellen Auswirkungen des neuen Finanzausgleichs (siehe ausführlich die Darstellung in der Regierungsvorlage des Finanzausgleichsgesetzes 2008, RV 289 Blg Sten Prot NR, XXIII. GP) zeigen gegenüber der bisherigen Rechtslage folgendes:
-          In der ersten Periode (2008 bis 2010 erhöhen sich die Ausgaben des Bundes um 246 Mio Euro jährlich, in der zweiten Periode (2011 bis 2013) um jährlich 438 Mio Euro.
-     Davon entfallen auf die Länder in der ersten Periode jährlich 193 Mio Euro und auf die Gemeinden 53 Mio Euro, in der zweiten Periode auf die Länder 280 Mio Euro und auf die Gemeinden 158 Mio Euro.
-     Für die Krankenanstaltenfinanzierung leistet der Bund jährlich 100 Mio Euro.
-     Hiezu kommen noch Mehreinnahmen der Länder und Gemeinden aus der Umwandlung bisher fixer Transfers in Ertragsanteile ab dem Jahr 2008 und aus der Valorisierung der Bundesbeiträge zur Krankenanstaltenfinanzierung ab dem Jahr 2009.
Das Institut für Föderalismus wertet es als erfreulich, dass, wie schon im letzten Finanzausgleich die Position der Länder etwas gestärkt wurde und von der in vergangenen Perioden verfolgten Strategie, die Länderanteile laufend zu schmälern, abgegangen wurde.
Eine vom Föderalismusinstitut bei Prof. Gerhard Lehner in Auftrag gegebene Studie über die Länderausgaben und ihre Tendenzen in wichtigen Aufgabenbereichen (Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus Nr 104 – siehe dazu Föderalismus-Info Nr 4/2007), die im Juni 2007 vorgestellt worden war, hatte bereits erbracht, dass die Länderausgaben vor allem in den Bereichen Krankenanstalten, Soziales und Pflichtschulen beträchtlich steigen werden. Diesem Finanzierungsbedarf wurde mit dem Finanzausgleich nun zumindest teilweise Rechnung getragen.
Mehr Planungssicherheit durch Verlängerung der Laufzeit auf sechs Jahre
Die vereinbarte Verlängerung der Laufzeit des Finanzausgleichs auf sechs Jahre wird den Partnern des Finanzausgleichs mehr Planungssicherheit verleihen. Dies bedeutet aber auch, dass überraschende Kostenüberwälzungen auf die Länder im Rahmen der Staats- und Verwaltungsreform ausgeschlossen bleiben sollten.
Als richtig wird auch die Vereinbarung gewertet, statt dem bisher dem Bund zugebilligten Defizit, das durch Überschüsse der Länder zu kompensieren war, mittelfristig ausgeglichene Haushalte aller (!) Gebietskörperschaften anzustreben. Das Institut für Föderalismus hält eine solche Lösung für sinnvoller und gerechter. Auch diesbezüglich entspricht der neue Finanzausgleich dem Gutachten Lehners, der auf Grund der Tendenzen in den Ausgabenentwicklungen das Halten der vereinbarten Haushaltsüberschüsse der Länder als unmöglich betrachtet hatte (Lehner, 63 f).
Sinnhaftigkeit von Einsparungen überprüfen
Die Ergebnisse des Finanzausgleichs müssen auf allen Ebenen des Staates zu einer Fortsetzung der Staats- und Verwaltungsreform führen.
Zum Gesundheitswesen siehe unsere Bemerkungen „Föderalismus im Gesundheitswesen hat sich bewährt“. Was Einsparungen im Bereich der Schulverwaltung betrifft, so wäre es wichtig, die im internationalen Vergleich völlig aufgeblähte Schulbürokratie des Bundes radikal abzuschlanken. Die Schulverwaltung der Länder fällt demgegenüber praktisch nicht ins Gewicht. Hinsichtlich der häufig kritisierten Anstellungspraxis der Pflichtschullehrer fragt sich das Institut, ob irgend jemand ernsthaft glaubt, durch die Reduzierung der Zahl der Lehrer die Qualität des Bildungswesens halten zu können. Im Übrigen darf daraufhin hingewiesen werden, dass das Besoldungsrecht der Lehrer Bundessache ist.

Wirtschaftskammerpräsident Leitl will aktive Länder



Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl outete sich unlängst im Club der Wirtschaftspublizisten als „überzeugter Föderalist“, indem er die Länder aufforderte, sich aktiv um Kompetenzen zu bemühen, und zwar um solche, mit denen sich auch tatsächlich etwas bewegen lasse, wie etwa bei der Neuorganisation des Schulwesens („Der Standard“ vom 17. Oktober 2007, Leitl: „Österreich ein sich selbst lähmendes System“). Das Föderalismusinstitut, das in der Vergangenheit immer an die bildungspolitische Aufgabe der Länder erinnert hatte, freut sich über diese Äußerung. Auf dieser Basis könnte eher eine Grundsatzdiskussion über die Neugestaltung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern geführt werden als über das sehr zentralistische Positionspapier der Wirtschaftskammer im Österreich-Konvent, das den Ländern leider nur wenig Möglichkeiten eingeräumt hätte, sich selbst oder etwas anderes noch zu bewegen.

Buchtipp: Christian Ranacher/Fritz Staudigl, Einführung in das EU-Recht, Facultas.wuv Universitätsverlag, Wien 2007



Die beiden Autoren – Ranacher ist Bediensteter des Verfassungsdienstes, Staudigl Vorstand der Abteilung Außenbeziehungen des Amtes der Landesregierung in Tirol – sind ausgewiesene Experten des EU-Rechts. In einem Kurzlehrbuch liefern sie nun eine Einführung in die rechtlichen Grundlagen der EU. Struktur, Institutionen und Rechtsprinzipien der EU werden kompakt und übersichtlich dargestellt. Die Darstellung berücksichtigt bereits den neuen Reformvertrag für die EU. Das Buch wendet sich vor allem an Studierende, ist aber für alle jene interessant, die grundlegende und aktuelle Informationen zum EU-Recht erlangen wollen.

Dienstrechtsreformen im Bundesstaat



Die Frage, ob die Bundesländer in der Modernisierung ihres Dienstrechts säumig sind und hinter dem Bund herhinken, wird seit längerem kontrovers diskutiert. In einem Workshop des Föderalismus-Instituts wurden Antworten auf diese Frage gesucht – mit einem eindeutigen Ergebnis: Zwar sind die Reformen der Länder weniger öffentlichkeitswirksam, aber zumindest genau so nachhaltig wie die des Bundes. Im Band 26 der FÖDOK-Reihe werden die Ergebnisse dieses Workshops nun zusammengefasst.

Das Dienstrecht ist ein wichtiges Instrument der Verwaltungsreform. Die legis­lativen Zuständigkeiten auf diesem Gebiet sind in Österreich zwischen Bund und Ländern aufgeteilt: Der Bund ist für das Dienstrecht seiner Bediensteten zuständig (Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG), die Länder für das Dienstrecht der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände (Art 21 B-VG).
Diese föderalistische Aufgabenverteilung hat in den letzten Jahren manche Kritik hervorgerufen: Insbesondere wurde den Ländern Reformunwilligkeit im Dienstrecht vorgeworfen und ihnen die beim Bund durchgeführten, durchaus beachtlichen Reformen vorgehalten.
Das Institut für Föderalismus hielt am 24. November 2006 einen Workshop zu diesem Thema ab, in dessen Mittelpunkt die Dienstrechtsreformen auf Landesebene standen. Es konnte gezeigt werden, dass die Maßnahmen der Länder zwar weniger öffentliche Aufmerksamkeit erregen, jedoch nicht weniger nachhaltig als die Reformen auf Bundesebene sind.
Als Band 26 der FÖDOK-Reihe ist soeben der von Institutsdirektor Dr. Peter BUSSJÄGER herausgegebene Band „Dienstrechtsreformen im Bundesstaat“ erschienen, in dem die im Rahmen des Workshops am 24. November 2006 in Vill bei Innsbruck gehaltenen Referate zusammengefasst sind.
Eingangs stellen Dr. Peter Bußjäger und Hans Georg Kissenberth, Amt der Vorarlberger Landesregierung, das System der Stellenbewertung im Vorarlberger Landesbedienstetengesetz 2000 dar. Mag. Franz Meusburger, BWI-Unternehmensberatung, bringt die Funktionsbewertung und den variablen Leistungsanteil in den Vorarlberger Gemeinden näher. Mag. Gerhart Dafert und Mag. Anton Gibisch, Amt der NÖ Landesregierung, stellen ausgewählte Aspekte der Dienstrechtsreform im Land Niederösterreich dar. Dr. Klaus Hartmann vom Bundeskanzleramt geht auf einzelne Aspekte der Pragmatisierung ein und hinterfragt, ob dieses Modell noch zeitgemäß ist. Dr. Christian Ranacher vom Amt der Tiroler Landesregierung stellt ausführlich die dienstrechtlichen Implikationen der Besoldungsreform im Tiroler Landesdienst dar. Abschließend widmet sich Dr. Siegfried Nußbaumer, Amt der oö. Landesregierung, dem neuen oberösterreichischen Beamten-Pensionsrecht.
Der FÖDOK-Band 26, Innsbruck 2007, ISBN 978-3-90165-25-8, ist zum Preis vom € 7,00 ausschließlich im Institut erhältlich.

Umfrage zu „Föderalismus oder Zentralismus?“ – Bemerkenswerte Ergebnisse



Interessante Ergebnisse brachte ein Umfrage des Internationalen Instituts für Liberale Politik Wien (IILP), bei dem mehr als 1000 Personen befragt wurden. Ein Thema der Umfrage war die Bedeutung der Bundesländer. Während 34% der Befragten eine stärkere Rolle der Länder fordern, sprechen sich nur 14 für mehr bundesweite Einheitlichkeit aus. Mehr als die Hälfte hatte allerdings keine Meinung zu diesem Thema.

Das Internationale Institut für Liberale Politik Wien (IILP) hat die Ergebnisse einer Repräsentativbefragung von IMAS-International im Auftrag des IILP veröffentlicht („Liberale Impulse, September 2007 Nr 03/07), wonach 1042 Personen zu ihren Zukunftswünschen befragt wurden.
Eine der insgesamt 21 abgefragten Themenbereiche betraf die Fragestellung, ob es wünschenswert sei, „dass die Bundesländer mehr in der österreichischen Politik mitzureden haben“ sollten bzw „dass die österreichische Politik möglichst einheitlich von Wien aus betrieben wird.“
Insgesamt votierten 34% der Befragten für eine stärkere Rolle der Länder, nur 14% präferierten eine einheitliche österreichische Politik. Insgesamt bewegte sich die Zustimmungsquote von 34% im Mittelfeld aller abgefragten Wünsche, die Zustimmungsquote von 14% landete im Schlussbereich.
Diesem Ergebnis kann zunächst entnommen werden, dass Föderalismus oder Zentralismus die Bevölkerung allenfalls mittelmäßig interessiert, die Zustimmungsrate für eine Stärkung der Länder ist aber deutlich höher als für deren Schwächung.
Der höchste Zustimmungsgrad für die föderalistische Fragestellung findet sich demnach in Salzburg, Tirol und Vorarlberg mit 50%, er ist in Wien mit 14% am niedrigsten. Nur in diesem Land überwiegt die Zustimmung zur zentralistischen Alternative, dies allerdings signifikant (35% der Befragten in Wien wünschen eine von Wien aus möglichst einheitlich betriebene Politik).
Der Zustimmungsgrad für den Föderalismus ist unter höher Gebildeten und Personen mit höherer beruflicher Position stärker ausgeprägt als bei Personen mit niedrigerer Bildung und niedrigerer beruflicher Position, es sind aber keine besonders hohen Unterschiede erkennbar (die Bandbreite reicht von 30% zu 38% und von 26% zu 38%).
Am niedrigsten ist der Zustimmungsgrad für Föderalismus bei den 16-29-jährigen mit 28%, am höchsten bei der Personengruppe über 50 Jahre (40%). Bemerkenswerterweise ist bei den jungen Menschen aber auch die Zustimmung zum Zentralismus am niedrigsten (11%), woraus folgt, dass der Anteil der Unentschlossenen bzw Desinteressierten hier am höchsten ist.
Erwähnenswet ist auch, dass der Zustimmungsgrad zu Föderalismus oder Zentralismus keinen allzu großen Schwankungen, was die Zugehörigkeit zu einem bestimmten politischen Lager betrifft, unterliegt. Die Bandbreite für Föderalimus differiert zwischen 30% (SPÖ-Anhänger) und 42% (FPÖ/BZÖ-Anhänger), Grüne und ÖVP liegen mit 35% bzw 36% in der Mitte. Bemerkenswerterweise stößt bei den ÖVP-Anhängern aber auch die Forderung nach einer möglichst einheitlichen Politik auf die größte Zustimmung (19%).
Insgesamt ist auch die vorliegende Studie ein deutliches Zeichen, dass letztlich nur ein geringer Teil der Bevölkerung mehr Zentralismus will. Die große Zahl der unentschlossenen und indifferenten Personen ist jedoch auffallend und sowohl ein Potential als auch eine Gefahr für den Föderalismus.

Staats- und Verwaltungsreform – Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf



Die im Regierungsübereinkommen vorgesehene Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform hat im Sommer erste Vorschläge für die Themen Landesverwaltungsgerichte und Verfassungsbereinigung, vorgelegt. Institutsdirektor Peter Bußjäger unterzieht ihn einer kritischen Bewertung. Positiv bewertet er vor allem die Vorschläge zur Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Verfassungsbereinigung wird zu einer geringfügigen Verbesserung der äußeren Form der österreichischen Bundesverfassung führen.

Die im Regierungsübereinkommen vorgesehene Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform sollte bis Ende Juni 2007 Vorschläge für die Themen Landesverwaltungsgerichte, Schulverwaltung, Verfassungsbereinigung, Kompetenzverteilung vorlegen (vgl dazu Herzeigbare Staatsreform scheint möglich, in: Föderalismus-Info Nr 2/2007).
Mit Schreiben vom 23. Juli 2007 hat das Bundeskanzleramt, Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform, den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, zur Begutachtung versandt (94/ME XXIII. GP NR).
Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger gibt zu diesem Entwurf folgende Stellungnahme ab und fasst die Bemerkungen in einem Allgemeinen Teil zusammen, der nach thematischen Schwerpunkten gegliedert ist. Die Stellungnahmen zum Besonderen Teil beziehen sich auf einzelne Bestimmungen des Begutachtungsentwurfes.
 
I.         Allgemeiner Teil
A)      Verwaltungsgerichtsbarkeit
Ich erachte den vorliegenden Entwurf als einen wichtigen Schritt im Rahmen der Staats- und Verwaltungsreform in Österreich und würde seine Umsetzung begrüßen. Die Novelle würde mit der Einführung einer erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts-barkeit sowohl einen föderalistischen Akzent setzen als auch den rechtsstaatlichen Standard in Österreich weiter heben.
Letztlich hat sich nach jahrelangen Diskussionen ein „9 + 1 – Modell“ durchgesetzt, das heißt, neun Landesverwaltungsgerichte und ein Verwaltungsgericht des Bundes. Nachdrücklich zu unterstützen ist die Konzeption des Entwurfs, die das Verwaltungs-gericht des Bundes für alle Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung, soweit nicht auch darüber die Landesverwaltungsgerichte urteilen, vorsieht. Damit ist eine Absage an ein „9 + X – Modell“ verbunden, die ich aus verwaltungs-reformatorischer Sicht für äußerst wichtig halte.
Die konsequente Beseitigung der Behörden nach dem bisherigen Art 133 Z 4 B-VG („Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag“) soweit sie als Berufungsbehörden agieren, ist in diesem Zusammenhang äußerst wichtig, ebenso der sonstigen bundesverfassungsrechtlich vorgesehenen Senate, wie der Umweltsenat (Art 11 Abs 7 und 8 B-VG) oder die Agrarsenate (Art 12 Abs 2 und 3 B-VG). Die Aufgaben der zuletzt genannten Senate werden konsequent in die Landesverwaltungsgerichte integriert, was ich für sehr wichtig erachte.
Die Kompetenzen der Verwaltungsgerichte in den Ländern sind relativ breit ausgestaltet, was im Interesse eines dezentralen Rechtsschutzes zu befürworten ist.
Die verschiedentlich zu hörenden Argumente (etwa in den Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung), dass eine bundesweit agierende Instanz im Interesse der Objektivität und des fachlichen Niveaus gegenüber den Landesverwaltungs-gerichten zu präferieren wäre, halte ich für anmaßend. Es ist doch wohl anzunehmen, dass ein professionelles Gericht mit der Sachkompetenz von Einrichtungen, die vorwiegend mit nebenberuflichen Akteuren besetzt sind, wie beispielsweise der Umweltsenat (gleiches gilt für die Agrarsenate, ja überhaupt wohl für sämtliche hier in Betracht kommenden Senate) im Regelfall mithalten kann. Und wenn man den Landesverwaltungsgerichten keine Objektivität zutraut, würde es sich ohnehin empfehlen, das Projekt abzublasen.
Die Verwaltungsgerichte entscheiden im Wesentlichen reformatorisch. Die Vorentscheidung wurde im Grunde mit der Einführung des § 67h AVG mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001 getroffen. Ich war gegenüber einer reformatorischen Entscheidungskompetenz von Verwaltungsgerichten in der Vergangenheit kritisch eingestellt, weil sie der österreichischen Verwaltungstradition und dem Prinzip der Verwaltungsführung durch demokratisch verantwortliche oberste Organe zuwiderläuft.
Dieser starke justizstaatliche Einschlag, den die österreichische Staatsorganisation dadurch erfährt, ist nun allerdings auch vor dem Hintergrund einer europaweit zu beobachtenden Aufwertung justizförmiger Kontrolle der Verwaltung zu sehen und auch deshalb unausweichlich. Sollten sich jetzt doch die einen oder anderen Bedenken gegen die Verschiebung der Gestaltungsmacht von demokratisch gewählten Organen zu „unverantwortlichen“ Organen regen, so kommen diese meines Erachtens um einige Jahre zu spät, als dass sie den „Unbegriff des Politischen“ noch zu retten vermögen würden (dazu näher Bußjäger, Der Unbegriff des Politischen, 1999, insbesondere S 27-37).
Vor diesem Hintergrund können kaum stichhaltige Argumente gegen die reformatorische Entscheidung vorgebracht werden. Ich würde auch meinen, dass, wenn sich die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts wirklich dazu durchringen könnte, den Gestaltungsspielraum der Verwaltung bei Ermessensentscheidungen und Interessen-abwägungen zu wahren, für die Eigenständigkeit der Staatsfunktion Verwaltung mehr gewonnen sein kann als durch die kassatorische Entscheidung.
Aus diesem Grund würde ich dafür plädieren, den großen Schritt zur reformatorischen Entscheidung, der nach dem Verwaltungsreformgesetz 2001 ohnehin kein so großer mehr ist, zu riskieren.
Hinsichtlich der zur Diskussion gestellten Alternativen des Art 133 B-VG plädiere ich für das Modell einer Zulassungsrevision gemäß Variante 2. Ich halte die Möglichkeit, dass das Landesverwaltungsgericht über die Revisionszulassung entscheidet, für eine gewisse föderalistische Note. Außerdem könnte sie in einer doch merklichen Anzahl von Fällen die Betroffenen davon abhalten, aussichtslose Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof zu ergreifen, was insgesamt der Beschleunigung der Verfahren und der Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes dienlich wäre.
Die Kostenseite ist ein nicht zu unterschätzender Faktor: Den Annahmen des Entwurfs, die von einer Kostenneutralität ausgehen, ist nicht zu folgen. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich Einsparungen in der Verwaltungsorganisation, die durch die Übertragung von Aufgaben an die Verwaltungsgerichte lukriert werden werden können, 1:1 in einer entsprechenden Reduktion der Bediensteten niederschlagen. Oftmals sind Bedienstete nur zu sehr geringen Prozentsätzen mit der Bearbeitung von Rechtsmitteln betraut, die nunmehr wegfallen. Derartige Einsparungen schlagen aber oft nur in der Theorie zu Buche, weil die betreffenden Bediensteten die dadurch freiwerdenden Kapazitäten im Regelfall dazu nutzen müssen, andere Aufgaben, die ihnen übertragen sind, (noch) qualitätsvoller als bisher zu erledigen oder neue Aufgaben wahrzunehmen.
Zudem gehe ich davon aus, dass der Sachverständigenapparat der Verwaltung in Zukunft stärker in Anspruch genommen wird, schon allein deshalb, weil es zu mehr öffentlichen Verhandlungen kommen wird, die die Anwesenheit von Sachverständigen erfordern. Zu guter letzt wird sich weisen, wie sich die verstärkte Inanspruchnahme der mündlichen Verhandlung auf die Verfahrensdauer und die Zahl der abgewickelten Verfahren auswirkt.
 
B)      Verfassungsbereinigung
Die Verfassungsbereinigung ist ein ebenfalls nicht unwichtiger Schritt, wenngleich sie lediglich dazu geeignet ist, das Ausmaß der Zersplitterung des österreichischen Bundesverfassungsrechts auf einen erträglichen Stand zurückzuführen. Weiterhin wird die österreichische Bundesverfassung, weder das sprachliche noch das legistisch-technische Niveau vergleichbarer Gesetzeswerke aus dem Ausland (Grundgesetz, Schweizerische Bundesverfassung) auch nur annähernd erreichen können.
Zu den verschiedenen, in Zusammenhang mit der Verfassungsbereinigung stehenden Maßnahmen, wie die neuen Regelungen über die Grenzänderungen oder die Weisungsfreistellungen von Organen, wird im Besonderen Teil Stellung genommen.
 
C)      Kontrollrechte
Die Tatsache, dass die Länder nunmehr verpflichtet sind, entweder die Volksanwaltschaft für ihren Bereich für zuständig zu erklären oder eine Einrichtung mit gleichartigen Befugnissen zu schaffen, ist ein beachtlicher Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder (er bedarf im Übrigen aus diesem Grund gemäß Art 44 Abs 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates, was in den Erläuterungen übersehen wird – vgl dazu Bußjäger, Die Zustimmungsrechte des Bundesrates (2001).
Der Eingriff ist meines Erachtens föderalistisch nur dann akzeptabel, wenn sich der Begriff der Gleichartigkeit auf die Aufgaben und Befugnisse erstreckt, nicht aber auf die personelle und infrastrukturmäßige Ausstattung dieser Organe. Weiters muss es zulässig sein, dass die Länder ihren Einrichtungen auch andere, zusätzliche Aufgaben übertragen.
Ich bewerte es weiters positiv, dass es der Landesverfassung überlassen bleiben soll, zu entscheiden, ob die Landesrechnungshöfe die Gemeinden prüfen dürfen. Ich weise im Übrigen darauf hin, dass es dem Wortlaut des Gesetzes zufolge eindeutig ist, dass es der Rechnungshof ist, der sich mit den Landeskontrolleinrichtungen abzustimmen hat und nicht umgekehrt (Art 127c Abs 3 B-VG). Auch dies halte ich im Interesse des Vorrangs der dezentralen, orts- und sachnahen Kontrolle für sinnvoll.
 
II.            Besonderer Teil
Zu Z 1 und 2:
In den Erläuterungen wäre klarzustellen, dass Änderungen im Bestand der Länder nicht nur einer Änderung des B-VG und verfassungsgesetzlicher Regelungen der Länder be-dürfen würden, sondern auch eine Gesamtänderung im Sinne des Art 44 Abs 3 B-VG darstellen würden, die einer Volksabstimmung zu unterziehen wären (siehe dazu bereits Bußjäger, EU-Primärrecht, Verfassungsvertrag und Zustimmung des Bundes-rates, ÖJZ 2006/3, S 115).
 
Zu Z 3 und 6:
Nunmehr können durch einfaches Bundesgesetz auch einzelne Hoheitsrechte der Länder, nicht mehr nur des Bundes, auf andere Staaten oder zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen werden. Im Gegenzug erhalten die Länder das Recht, vor dem Abschluss von Staatsverträgen, somit nicht mehr nur in EU-Angelegenheiten, den Bund durch einheitliche Stellungnahmen zu binden (Art 10 Abs 3 B-VG). Die Erläuterungen verweisen zur Frage, wie eine einheitliche Länderstellungnahme zustande kommt, auf Art 23d B-VG, worin wiederum auf eine Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern verwiesen wird (Art 23d Abs 4 B-VG). Diese Vereinbarung, nämlich jene über die Mitwirkungsrechte der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Integration, überlässt diese Frage gemäss Art 6 Abs 2 wiederum den Ländern: „In welcher Weise die Länder eine einheitliche Stellungnahme herbeiführen, ist ausschließlich Sache der Länder. Insbesondere kommt hiefür eine Ländervereinbarung gemäß Art 15a B-VG in Betracht.“
Dies bedeutet, dass die Länder, um eine Bindungswirkung ihrer „einheitlichen Stellungnahmen“ gemäß Art 10 Abs 3 B-VG erzeugen zu können, weder eine Vereinbarung abschließen noch die bestehende ändern müssen. Auch wenn sie auf informellem Wege erzeugte Stellungnahmen vorlegen, gegen die kein Einwand geäußert wurde, liegt eine einheitliche Länderstellungnahme mit Bindungswirkung vor.
 
Zu Z 8:
Die hier verbliebene „Restkompetenz“ des Bundes zur Regelung der Organisation der Agrarbehörden könnte ohne Verlust für irgendwen gänzlich beseitigt werden, womit eine weiterer kleiner Beitrag zur Verfassungs- und Rechtsbereinigung geleistet würde.
 
Zu Z 12:
Der Bundesverfassungsgesetzgeber wird weiterhin die Möglichkeit haben, für den Be-reich des Bundes Organe, die nicht unter den Katalog des neuen Art 20 Abs 2 B-VG fallen, weisungsfrei zu stellen. Gleiches muss dem Landesverfassungsgesetzgeber für den Bereich der Landesvollziehung möglich sein. Es muss in diesem Zusammenhang auch möglich sein, im Bereich des Landes auf die Aufsichtsrechte nach Abs 2 zu verzichten. Es kann ja doch leicht der Fall eintreten, dass es für die Unabhängigkeit des betreffenden Organs wichtig ist, dass keine Abberufungsmöglichkeit besteht.
Zu Z 13:
Die Erläuterungen wären dahingehend zu ergänzen, dass es im Bereich der Verfassungsautonomie der Länder gelegen sein wird, beispielsweise die Landtagspräsidenten in dienstrechtlicher Hinsicht als oberste Organe hinsichtlich der Bediensteten in den Landtagen oder der Landeskontrolleinrichtungen einzusetzen.
Zu Z 16:
In den Erläuterungen ist klarzustellen, dass dem Bundesrat bei jenen Staatsverträgen, die seiner Zustimmung bedürfen, die gleichen Rechte zukommen wie dem Nationalrat (Art 50 Abs 2 Z 1 und 2 B-VG in der Fassung des Entwurfs).
Zu Z 31:
Die hier neu eingefügten Bestimmungen der Art 120a bis 120c B-VG bedeuten die Zementierung des Kammerstaates in Österreich. Ich gönne jedem Interessenvertreter seine persönliche verfassungsrechtliche Absicherung. Verfassungspolitisch habe ich allerdings meine Zweifel, ob dieser Neokorporatismus Sinn macht.
Entschieden auf Ablehnung meinerseits stößt die Formulierung in den Erläuterungen, wonach die obligatorische Mitgliedschaft ein Strukturelement der sonstigen Selbst-verwaltung sei. Diese Wendung deckt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut des Art 120a Abs 1 B-VG, der es auch erlauben würde, auf Freiwilligkeit beruhende Organisation, dann, wenn ihre Mitglieder durch Gesetz „zusammengefasst“ werden, als Selbstverwaltungskörper einzurichten. Die Zwangsmitgliedschaft in den Verbänden verfassungsrechtlich abzusichern, hielte ich für einen schweren Fehler.
Zu Z 58:
Der Einführung eines Justizanwaltes stehe ich skeptisch gegenüber. Natürlich steht außer Diskussion, dass es auch in der Justiz Missstände geben kann. Allerdings ist die Unabhängigkeit der Justiz eine meines Erachtens zu sensible Angelegenheit für ein Instrument, das letztlich mit der Volksanwaltschaft vergleichbar ist. Auch auf einen weiteren Unterschied zur Verwaltung erlaube ich mir hinzuweisen: Im Verwaltungsrecht bestehen die weitaus vielfältigeren Möglichkeiten, nachträglich Abhilfe gegen Missstände und Unzukömmlichkeiten zu schaffen und die Beschwerdeführer klaglos zu stellen. Die Einführung eines Justizanwaltes könnte dagegen in vielen Fällen Hoffnungen wecken, die nicht eingelöst werden können.

Einsparungsvorschläge des Rechnungshofes



Das Aufsehen, das der Rechnungshof mit seinen Einsparungsvorschlägen in den vergangenen Wochen erzeugt hat, war beachtlich. Zweifellos können im österreichischen Staatsapparat noch immer beachtliche Einsparungen lukriert werden. Jede größere Einsparung hätte aber selbstverständlich Auswirkungen auf die Leistungen des Staates für die Bürger, etwa durch massive Schließungen von Spitälern oder Schulen. Die Vorstellung, dass eine Zentralisierung von Länderkompetenzen beim Bund von sich aus Einsparungen brächte, darf jedenfalls getrost als Unsinn bezeichnet werden. Spannend wäre hingegen ein Benchmarking zwischen Bund und Ländern bei der effizienten Umsetzung von Reformen im Dienstrecht.

Die gemachten Vorschläge zeigen, dass die Höhe der Einsparungen weniger von den Strukturen als vielmehr vom Niveau der Standards, die den Bürgerinnen und Bürgern zugebilligt oder zugemutet werden, abhängen. Dies lässt sich sehr schön anhand der Reformdiskussion im Gesundheitswesen veranschaulichen: Einsparungen in diesem – derzeit auf Grund des steigenden Niveaus der medizinischen Dienstleistungen und der zunehmend längeren Lebenserwartung der Bevölkerung übrigens von überproportionalen Mehrkosten gekennzeichneten – Bereich sind primär durch Auflassung von Standorten, Zusammenlegungen, Stärkung des niedergelassenen Bereichs, Schwerpunktbildungen, zu erzielen.
Es ist eine politisch zu entscheidende Frage, welches Niveau an medizinischer Versorgung der Bevölkerung garantiert werden soll. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist es wichtig, dass diese Entscheidung unter wesentlicher Mitwirkung der Länder getroffen wird. Die Schlussfolgerung des Rechnungshofes, der die Lösung in der Zentralisierung der Gesetzgebungskompetenz beim Bund sieht, ist die völlig falsche: Sie würde dazu führen, dass auf regionale Strukturen und die regionale Bevölkerung keine Rücksicht mehr genommen würde. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im sozialen und gesundheitlichen Bereich eine primäre Aufgabe der Länder. Wir erneuern unseren Vorschlag, die Angelegenheiten der Krankenanstalten einer neu zu schaffenden dritten Säule zuzuordnen, in welcher die notwendigen bundeseinheitlichen Regeln vom Bundesgesetzgeber unter Mitwirkung der Länder getroffen werden und die Länder im Übrigen legislative Gestaltungsfreiheit haben.
Zu den Vorschlägen des Rechnungshofes im Bereich des Schulwesens bezweifeln wir, ob eine Zusammenlegung kleiner Schulen zu einer nennenswerten Einsparung führt. Jedenfalls würden auch hier der Bevölkerung die sozialen Kosten aufgebürdet, die mit langen Schulwegen und einer Entleerung ländlicher Strukturen konfrontiert wäre.
Der Forderung des Rechnungshofes nach einer Übernahme der Reformen im Bundesdienst bei den Landes- und Gemeindebediensteten ist entgegen zu halten, dass zahlreiche Länder äußerst effiziente Reformen im Dienstrecht präsentieren können und dass es insgesamt auf die erzielten Einsparungseffekte ankommt und weniger darauf, ob bestimmte Reformen des Bundes vollständig umgesetzt werden oder nicht. Das Institut für Föderalismus ermuntert den Rechnungshof, eine solche inhaltliche Betrachtung der Reformen auf Landes- und Gemeindeebene mit jenen des Bundes vorzunehmen. Es wäre wünschenswert, wenn sich auf diesem Gebiet ein Wettbewerb der Reformen entwickeln würde, das auf einem Benchmarking mit vergleichbaren Grundlagen beruht.

Teure Bürokratie in Österreich?



Laut einer Studie des niederländischen Büros für ökonomische Politikanalyse (CPB) aus dem Jahr 2005 lagen die Verwaltungskosten in Österreich über dem Schnitt der damals untersuchten 15 EU-Länder. Die medial häufig geäußerte Vermutung, dies liege an den föderalistischen Strukturen Österreichs, kann leicht widerlegt werden, weil dies nicht Inhalt der Studie war. Allenfalls gibt die Studie darüber Auskunft, dass durch (bundes-)gesetzliche Überregulierung die Unternehmen zu unnötig großem Aufwand gezwungen werden.

Die „Bürokratiekosten“ bewegen sich in Österreich mit 4,6% des BIP auf gleich hohem Niveau wie in Spanien, Italien, Portugal und der Slowakei. Am niedrigsten waren sie demnach in Schweden, Finnland und Großbritannien mit jeweils 1,5% des BIP. Der Schnitt lag bei 3,5% des BIP.
Die dazu veröffentlichten Medienberichte (zB Teure Verwaltung? in: Die Presse vom 30.7.2007) ließen nicht selten anklingen, dass der Grund für die teure Bürokratie wohl in der föderalen Struktur Österreichs mit den Verwaltungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene zu suchen sei und übersahen, dass die Studie gerade nicht die Kosten der Verwaltungen selbst erhob, sondern jene Kosten, die Unternehmen durch die Verwaltung aufgebürdet werden (Ausfüllen von Formularen, Berichtspflichten …) (siehe dazu näher das Arbeitsdokument der EU-Kommission „Berechnung der Verwaltungskosten und Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union vom 14.11.2006 KOM (2006) 691 endgültig).
Die Studie bestätigt die Einschätzung des Instituts für Föderalismus, dass Verwaltungskosten primär durch Überregulierung erzeugt werden, wobei ein überreguliertes Bundesgesetz ungleich mehr an Verwaltungsaufwand erzeugen kann, als neun verschiedene, dafür praktikablere Landesgesetze. Irgendeinen Hinweis, ob die föderale Struktur Österreichs teuer ist oder nicht, liefert die Studie allerdings nicht. Es lässt sich nur annehmen, dass die Verwaltungslasten der Unternehmen in Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen oder umweltschutzrechtlichen Verpflichtungen jenen Verwaltungsaufwand, der ihnen von Ländern und Gemeinden auferlegt wird, bei weitem übersteigt.

Föderalismuspreis erfreut sich großer Resonanz!



Die Ausschreibung eines Föderalismuspreises 2007 in der Sonderausgabe der Föderalismus-Info vom 06.07.2007 ist auf große Resonanz gestoßen. Wir freuen uns über mehr als ein Dutzend interessante Einreichungen und bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben. Die Jury wird sich nunmehr mit den eingereichten Arbeiten, Projekten und Konzepten auseinander setzen. Die Preisverleihung wird am 11. Oktober 2007 stattfinden. Bereits jetzt steht fest, dass wir den Preis auch nächstes Jahr wieder ausschreiben.

Internationale Tagung: „Können Verfassungsreformen noch gelingen?“



Beim Amtsantritt bezeichnete Bundeskanzler Dr. Gusenbauer die „Staats- und Verwaltungsreform“ als „Herzstück“ des Regierungsübereinkommens. Aus Anlass der geplanten Staatsreform veranstalten das Institut für Föderalismus und das Forum of Federations am 19./20.9.2007 in Wien eine Konferenz. Deren Ziel ist es, das Zustandekommen der Verfassungsreformen in Deutschland, Italien, Kanada und der Schweiz darzustellen. Praktiker, die an diesen Reformprozessen beteiligt waren, schildern ihre Erfahrungen. Den Abschluss bildet eine Podiumsdiskussion hochrangiger österreichischer Politiker und Experten.

Länderausgaben – Tendenzen in wichtigen Aufgabenbereichen



Eine Studie zum Finanzausgleich, die Prof. Gerhard Lehner im Auftrag des Föderalismus-Instituts durchführte, bringt brisante Ergebnisse in Hinblick auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen. Sie zeigt, dass in Anbetracht der Alterung der Bevölkerung neue Finanzierungsmodelle für Aufgaben der Länder im Bereich der Daseinsvorsorge gefunden werden müssen. Dass die Personalausgaben der Länder in diesem Bereich überdurchschnittlich steigen würden, widerlegt die Studie übrigens.

Dem Finanzausgleich kommt im österreichischen bundesstaatlichen System zentrale Bedeutung zu. Er verteilt die Abgabenerträge auf die verschiedenen Ebenen des Staates und versetzt die Gebietskörperschaften erst in die Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Zu einem gelebten Föderalismus gehören daher sowohl entsprechende Kompetenzen in Gesetzgebung und Vollziehung als auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung.
Vor dem Hintergrund, dass der gegenwärtig geltende Finanzausgleich mit Ende 2008 befristet ist, gab das Föderalismusinstitut bei Herrn Prof. Gerhard Lehner, eine Studie in Auftrag, die sich mit der Abschätzung des zukünftigen Finanzbedarfs der Länder in zentralen Aufgabenbereichen, wie den Krankenanstalten oder der Pflege, auseinander setzen sollte. Das Ergebnis wird der interessierten Öffentlichkeit in dem soeben erschienenen Band 104 der Schriftenreihe, im Hinblick auf die bereits aufgenommenen Verhandlungen für den neuen Finanzausgleich der Periode ab 2009, gerade zeitgerecht, vorgestellt.
Die Studie beweist, dass sich die Kosten verschiedener Aufgaben der Länder vor allem auf Grund äußerer Umstände, wie der Alterung der Bevölkerung, besonders dynamisch entwickeln und hier ein besonderer Finanzierungsengpass entsteht. Von Interesse ist aber auch, dass eine solche überdurchschnittliche Dynamik bei den Personalausgaben der Länder nicht festzustellen ist, was der verbreiteten Meinung, die in diesem Bereich einen allgemeinen Nachholbedarf der Länder gegenüber dem Bund ortet, widerspricht.
Insgesamt zeigt die Studie, wie komplex das Gefüge des Finanzausgleichs ist, das nicht leicht durch ein anderes System ersetzt werden kann.
Der Band 104 Lehner „Länderausgaben – Tendenzen in wichtigen Aufgabenbereichen“, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1653-4, ist zum Preis von € 19,90 im Buchhandel erhältlich.

Föderalistische Entwicklung und Verfassungsreform in Italien



Die in den letzten Jahren in Italien stattfindende Entwicklung in Richtung einer „Regionalisierung“ bzw „Föderalisierung“ zählt zu den interessantesten Phänomenen von Dezentralisierung in Europa. Als Band 25 der FÖDOK-Reihe ist nun die von Senator Dr. Oskar Peterlini, Südtiroler Parlamentarier in Rom, verfasste Arbeit „Föderalistische Entwicklung und Verfassungsreform in Italien – Ein Streifzug von den gescheiterten Föderalismusdiskussionen in den 90er Jahren über die neue Verfassung von 2001, den Weg zu einem neuen Wahlgesetz und zum Steuerföderalismus“ erschienen. Das vorliegende Werk stellt unter Beweis, dass es mittlerweile in Europa sehr vielfältige Formen der Dezentralisierung legislativer Gewalt auf verschiedenen Ebenen des Staates gibt, auch wenn sie formal nicht als föderale Organisation bezeichnet werden. Auch unter diesem Aspekt ist das Thema von beachtlicher Aktualität.

Senator Dr. Peterlini beschreibt aus der Sicht des politischen Praktikers in einer sehr anschaulichen Weise die aktuelle und wohl noch keineswegs abgeschlossene Entwicklung. Besondere Beachtung schenkt er dem neuen Steuerföderalismus, der auch in Österreich in den letzten Jahren zu einem immer wieder verwendeten Stichwort geworden ist.
Der Autor stellt in seiner Arbeit eingangs die Ausgangslage und die Reformversuche in den 90er Jahren dar und geht auch auf die besondere Rolle der Regionen bei der Föderalismusdiskussion ein. Ausführlich werden die Verhandlungen zur neuen italienischen Verfassung aus dem Jahr 2001 dargestellt, die gescheiterte Verfassungsreform der Mitte-Rechts-Regierung behandelt und auf das neue Wahlgesetz eingegangen. Einen wesentlichen Punkt der vorliegenden Arbeit stellt auch der neue Steuerföderalismus mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen und dem ausgearbeiteten Gesetzentwurf dar. Abschließend werden wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen gezogen.
Der FÖDOK-Band 25 Peterlini „Föderalistische Entwicklung und Verfassungsreform in Italien – Ein Streifzug von den gescheiterten Föderalismusdiskussionen in den 90er Jahren über die neue Verfassung von 2001, den Weg zu einem neuen Wahlgesetz und zum Steuerföderalismus“, Innsbruck 2007, ISBN 978-3-90165-24-1, ist zum Preis von € 7,00 ausschließlich im Institut erhältlich.

Das Institut für Föderalismus und die Vorarlberger Nachrichten schreiben einen Föderalismus-Preis aus



Euro 3.000,-- Preisgeld – Bewerbungen und Vorschläge bis Ende August.

„Der Glaube, dass Zentralisierung zu mehr Effizienz führt, ist ebenso weit verbreitet wie falsch. Letztlich sind zentralistische Systeme fast immer bürokratischer, teurer, ineffizienter und vor allem bürgerferner und undemokratischer. Darauf wollen wir mit unserer Initiative aufmerksam machen und Personen oder Initiativen auszeichnen, die sich gegen einen oft unreflektierten Mainstream stellen.“ So erklärt der Direktor des Föderalismusinstituts, Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger, die Grundüberlegung, die hinter dem neuen Preis steht. Für Dr. Christian Ortner, den Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten, liegt die Motivation, als Medienpartner für diesen Preis aufzutreten, in der langen föderalistischen Tradition und aktuellen Ausrichtung der Zeitung: „Wir haben uns im Interesse unserer Leser immer dafür eingesetzt, dass Entscheidungen bürgernah und transparent fallen. Die Leute haben zu Recht Angst vor anonymen Zentralen, in denen Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden und auf die sie keinen Einfluss haben.“
Der Föderalismus-Preis soll also besonders bemerkenswerte Initiativen zur Förderung und Sicherung des Föderalismus in Österreich bekannt machen und auszeichnen, so Bußjäger und Ortner. Er wird vom Institut für Föderalismus, das von den Bundesländern Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich und Niederösterreich getragen wird, gestiftet und ist mit einem Preisgeld von 3000,-- Euro verbunden. Er wird jährlich durch eine Fachjury vergeben. Als Vorsitzender dieser Jury wurde der ehemalige Föderalismus-Minister und aktuelle Bundesrats-Vizepräsident Jürgen Weiss gewonnen. Ebenfalls in der Jury vertreten sind Ortner und Bußjäger so wie der Innsbrucker Staatsrechtler Univ.-Prof. Dr. Karl Weber, Dr. Gabriele Böheim von der Verwaltungsakademie Vorarlberg und der oberösterreichische Landesamtsdirektor Dr. Eduard Pesendorfer.
Für den Preis in Frage kommen Personen, Gruppen oder Institutionen, die durch ihre Arbeit oder ihr Ehrenamt Föderalismus fördern und damit einen Beitrag zur größtmöglichen Vielfalt im gemeinsamen Staat leisten. Forschungsinitiativen sind ebenso preiswürdig wie soziales, wirtschaftliches und kulturelles Engagement für den Erhalt oder Ausbau von Gestaltungsmöglichkeiten auf den jeweils untersten möglichen Ebenen des Gemeinwesens.
Bußjäger: „Der Preis soll auch der Bewusstseinsbildung dienen. Föderalismus heißt Bürgernähe und Effizienz. Menschen, die vor Ort Verantwortung übernehmen, die regionale Wünsche und Erfordernisse berücksichtigen, machen eine Gesellschaft lebenswerter und menschlicher.“
Für den Preis kann man sich selber bewerben oder vorgeschlagen werden. Für beide Fälle gibt es ein Formular auf der Homepage des Instituts für Föderalismus zum Download. Einreichfrist ist der 31. August 2007. Anschließend werden die eingereichten Vorschläge von der Jury bewertet und ein Sieger gekürt. Die Verleihung des Preises erfolgt am 11. Oktober in Anwesenheit des Vorarlberger Landeshauptmannes Dr. Herbert Sausgruber.

Aufwertung des Bundesrates – Position des Föderalismusinstituts



Der Bundesrat ist von allen Institutionen des Bundesstaates zweifellos jenes Organ, das in der Öffentlichkeit die meisten Legitimationsprobleme hat. Diese werden vor allem dadurch bestärkt, dass er keine für die Öffentlichkeit erkennbare Funktion wahrnimmt. Tatsächlich werden die wenigen Rechte des Bundesrates kaum ausgeübt und wenn, dann weniger, weil es um Länderinteressen geht, als vielmehr, weil parteipolitische Interessen im Vordergrund stehen. Dies hat das Institut in seinen Berichten wiederholt kritisiert (siehe etwa 30. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2005), 25f und 191ff). Eine Reform des Bundesrates muss daher dort ansetzen, wo seine maßgeblichen Schwächen derzeit liegen, nämlich bei dem 1. zu geringen Ländereinfluss und der 2. zu schwachen Rechtsposition. Dazu präsentiert das Föderalismus-Institut wirkungsvolle Maßnahmen, die nur zum Teil einer Verfassungsänderung bedürften.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die rechtliche Aufwertung allein noch nicht ausreicht, den Bundesrat zu einem Organ zu machen, das tatsächlich Länderinteressen vertritt. Vielmehr muss in erster Linie die Bindung des Bundesrates an die Landtage verstärkt werden, damit im Bundesrat nicht die schon im Nationalrat erfolgte politische Positionierung wiederholt wird, sondern tatsächlich die Interessen der jeweiligen Länder vertreten werden. Nur wenn das gelingt, wird der Bundesrat seine Rechte auch im Sinne der Länder ausüben.
Die folgenden Vorschläge gliedern sich in solche, die auf Basis der geltenden Verfassungsrechtslage realisierbar sind und in solche, die eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung erfordern.
1.   Ohne Verfassungsänderung realisierbare Vorschläge
a) Stärkung des Einflusses der Länder durch Entsendung von Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern als Bundesräte
Die Funktion von Bundesräten soll durch Landtagsabgeordnete und Mitgliedern der Landesregierungen wahrgenommen werden. Dies führt zwangsläufig zu einer engeren Bindung der Bundesräte an die Länder.
Allerdings wäre es wünschenswert, dass eine solche personelle Erneuerung des Bundesrates nicht erst nach und nach, sondern gesamthaft zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt. Sonst besteht die Gefahr, dass nicht alle Länder bei diesem Projekt mitziehen. Eine solche gesamthafte Erneuerung – aber nur diese – bedürfte freilich einer Verfassungsänderung.
b) Effizientere Arbeitsweise
Der Bundesrat soll sich nur noch versammeln, wenn über einen Antrag auf Erhebung eines Einspruches oder Verweigerung der Zustimmung zu einem Gesetzesbeschluss des Nationalrates zu entscheiden ist.
Es soll nicht mehr in den Ausschüssen des Bundesrates eine Diskussion wiederholt werden, die im Nationalrat schon längst geführt wurde.
Dies würde Zeit und Kosten ersparen und der bisherigen engen Anbindung an den Nationalrat entgegen wirken.
c) Bundesrat als Vertretung der Interessen der Landtage im Verfahren der Subsidiaritätskontrolle
Die EU-Kommission übersendet seit einiger Zeit den nationalen Parlamenten alle Gesetzesvorhaben, in denen dann eine Prüfung im Hinblick auf eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips stattfinden kann.
Der Bundesrat sollte in diesem Rahmen auch in Vertretung der Interessen der Landtage tätig werden und die Landtage in das im Parlament laufende Prüfverfahren einbinden. Dadurch können Doppelgleisigkeiten im Verfahren der Subsidiaritätskontrolle auf allen Ebenen vermieden werden.
2. Vorschläge für die Reform des Bundesrates auf der Grundlage einer Änderung der Bundesverfassung
a)   Aufwertung der rechtlichen Stellung bei den Zustimmungsrechten des Bundesrates
Neben das derzeit mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgesicherte Zustimmungsrecht des Bundesrates zu Verfassungsgesetzen, mit denen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränkt werden, sollten – mit demselben Quorum – Zustimmungsrechte für Gesetze treten, die für die Länder maßgebliche finanzielle Auswirkungen haben.
Im Konkreten wären folgende Zustimmungsrechte zu folgenden Gesetzen sinnvoll:
-       Gesetze, die für die Länder mit wesentlichen Kostenbelastungen verbunden sind (eine vergleichbare Regelung wurde in Deutschland im Zuge der Föderalismusreform 2006 eingeführt).
-       Im Falle der Einführung einer „gemeinsamen Gesetzgebung“ (so genannte „Dritte Säule“, wie zB Krankenanstalten, Energiewirtschaft …) bei Bundesgesetzen, die diese Bereiche regeln.
b) Bindung der Bundesräte an Landtagsbeschlüsse
Es sollte möglich sein, dass die Landtage den Bundesräten in bestimmten Fällen (z.B. wenn Kompetenzen der Länder betroffen sind), durch Beschluss ein bestimmtes Abstimmungsverhalten auferlegen können. Anwendungsfälle einer solchen Bindung der Bundesräte wären etwa Gesetze in der so genannten „Dritten Säule“.
c)     Sonstige Aufwertung der Position des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren
Entsprechend dem im Österreich-Konvent erzielten Konsens im Ausschuss 5 sollte der Bundesrat
-       möglichst frühzeitig in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden,
-       über die Möglichkeit verfügen, auch nur Teile von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates zu beeinspruchen.
d)   Aufwertung im politischen System durch stärkere Mitwirkung in der Bestellung gemeinsamer Organe von Bund und Ländern
Verfassungsgerichtshof und Rechnungshof sind gemeinsame Organe von Bund und Ländern.
Der Nationalrat und der Bundesrat sollten in Zukunft jeweils vier Verfassungsrichter bestellen können, die Bundesregierung den Präsidenten, Vizepräsidenten und vier weitere Mitglieder (derzeit bestellt die Bundesregierung acht der 14 Mitglieder, Nationalrat und Bundesrat jeweils drei).
Der Präsident des Rechnungshofes könnte von der Bundesversammlung (= Nationalrat + Bundesrat) bestellt werden (derzeit nur vom Nationalrat).

Regionale Bildungsaufgaben und Länderkompetenzen – gegen einen zentralen Steuerungs- und Einheitlichkeitsfetischismus



Die von Bundesregierung eingesetzte Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform hat auch die Aufgabe, Vorschläge für eine Reform der Schulverwaltung vorzulegen. Die Schaffung von Bildungsdirektionen auf Landesebene mit der Option der Länder, deren Aufgaben wahlweise in die Ämter der Landesregierung zu integrieren, ist schon im Regierungsprogramm vereinbart und wird vom Föderalismus-Institut grundsätzlich begrüßt. Aus Sicht des Instituts sollte in weiterer Folge vor allem sichergestellt werden, dass Mechanismen geschaffen werden, die es den Ländern erlauben, regionale Aufgaben tatsächlich regional zu regeln. Um ein Mindestmaß an bundesweiter Einheitlichkeit zu ermöglichen, könnte das Pflichtschulwesen in der sog „Dritten Säule“ – einer gemeinsamen Gesetzgebung von Ländern und Bund – angesiedelt werden. Eine Absicherung gegen Kostenüberwälzungen muss gewährleistet sein.

Die von SPÖ und ÖVP eingesetzte Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform (Mitglieder: Theo Öhlinger, Peter Kostelka, Andreas Khol, Franz Fiedler sowie die Landeshauptleute Gabi Burgstaller und Herbert Sausgruber) soll Vorschläge für eine Reform der Schulverwaltung vorlegen.
Das Regierungsübereinkommen sieht vor, dass Bildungsdirektionen auf Landesebene eingerichtet werden, die entweder Bundesbehörden sind oder von den Ländern, die das wünschen, als Teil des Amtes der Landesregierung geführt werden können. Die Bildungsdirektionen würden die Aufgaben der derzeitigen Landesschulräte sowie der Schulabteilungen der Länder übernehmen.
Das Föderalismusinstitut hat dieses Vorhaben in der Vergangenheit stets unterstützt, wobei wesentliche Voraussetzung jedoch die Wahlfreiheit der Länder ist, die Bildungsdirektion auch als Teil des Amtes der Landesregierung zu führen. Nur sie garantiert, dass die für das jeweilige Land optimale Lösung gefunden werden kann. Außerdem können Synergien durch die Einbindung das Amt der Landesregierung genutzt werden. Durch die Führung der Bundesangelegenheiten in mittelbarer Bundesverwaltung kann die erforderliche zentrale Steuerung ebenso wie bei einer unmittelbaren Bundesbehörde gewährleistet werden. Die Finanzierungsfragen für die Übernahme von Vollzugsaufgaben des Bundes durch die Länder müssten in den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen geklärt werden.
Das Föderalismusinstitut erachtet es angesichts der laufenden Diskussionen über eine grundlegende Reform des Bildungswesens als notwendig, dass regionale Bildungsaufgaben in Zukunft verstärkt auch tatsächlich regional wahrgenommen werden können. Im Bildungswesen erfolgreiche Länder weisen in erster Linie eine im Vergleich zu Österreich äußerst zurückhaltende gesetzliche Regelungsdichte auf zentraler Ebene auf (siehe etwa Schmid, Österreichs Schulgovernance im internationalen Vergleich, Wirtschaftspolitische Blätter 2007/1, 117). Gerade die skandinavischen Länder sind einprägsame Beispiele einer Autonomie des Bildungswesens auf nachgeordneten Ebenen, die für die österreichische Tradition des zentralen Steuerungs- und Einheitlichkeitsfetischismus schlechthin unvorstellbar wäre.
Eine Anordnung des Pflichtschulwesens in der so genannten „Dritten Säule“ (also einer „gemeinsamen Gesetzgebung“ von Bund und Ländern) könnte das erforderliche Ausmaß an einheitlichen Standards garantieren (Lehrpläne udgl) und andererseits die regionalen Bildungsaufgaben der Länder, die einen Standortfaktor bilden und daher Zukunftsaufgaben sind, sichern. Dies setzt freilich eine effektive Ländermitwirkung in der „Dritten Säule“, die sich auch gegen Kostenüberwälzungen zur Wehr setzen kann, voraus.

Wahlrechtsreform – unter föderalistischen Standpunkten betrachtet



Zentrale Punkte der Wahlrechtsreform, die der Nationalrat Anfang Juni beschlossen hat, sind die Senkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre, die Einführung der Briefwahl, die Verlängerung der Legislaturperioden des Nationalrates auf fünf Jahre und Vereinfachungen des Wahlvorganges im Ausland. Die Ermöglichung der Briefwahl auch auf Landesebene stellt dabei die Erfüllung einer langjährigen Länderforderung dar.

Der Nationalrat beschloss in seiner Sitzung am 5. Juni 2007 die Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (RV 94 BlgNR XXIII. GP). Die wesentlichen Punkte dieser Wahlrechtsreform sind
-       die Senkung des Alters für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes auf das vollendete 16. Lebensjahr,
-       die Einführung der Briefwahl,
-       die Vereinfachung des Wahlvorganges im Ausland und
-       die Verlängerung der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates auf fünf Jahre.
Zu dieser Reform, über deren Umsetzung im Regierungsübereinkommen Einigung erzielt wurde, sind aus föderalistischen Gesichtspunkten folgende Anmerkungen zu machen:
·       Mit der Einführung der Briefwahl – auch auf Landes- bzw auf Gemeindeebene – wird eine langjährigen Forderung der Länder (siehe etwa den Beschluss der Landtagspräsidentenkonferenz vom 15.10.1998 – dazu 28. Föderalismusbericht 1998, 26 f) erfüllt. Diese Neuerung ist ausdrücklich positiv zu beurteilen.
·       Die im Gegenzug verpflichtende Senkung des Wahlalters (siehe Art 95 Abs 4 und Art 117 Abs 2 B-VG) auch bei Landtags- und Gemeinderatswahlen bedeutet allerdings eine Einschränkung der Verfassungsautonomie der Länder. In den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (94 BlgNR XXIII. GP, 1) wird im Übrigen der Entfall der Zuständigkeit der Länder zur Anordnung einer Wahlpflicht bei Bundespräsidentenwahlen als zustimmungspflichtig gemäß Art 44 Abs 2 B-VG betrachtet. Dies müsste freilich auch für die Herabsetzung des Wahlalters gelten, da das Zustimmungsrecht des Bundesrates gemäß Art 44 Abs 2 B-VG auch auf Einschränkungen der Verfassungsautonomie der Länder anwendbar ist, wie dies vom Institut für Föderalismus immer argumentiert wurde (vgl Bußjäger, Die Zustimmungsrechte des Bundesrates, 2001, 20ff).
Die Herabsetzung des Wahlalters auf das vollendete 16. Lebensjahr am Wahltag gilt auch für die Bundespräsidentenwahl, die Wahl zum Europäischen Parlament sowie für Volksabstimmungen und Volksbefragungen.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle zum B-VG (94 BlgNR XXIII. GP, 2) führen – im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf – aus, dass die bisher in Art 95 Abs 1, zweiter Satz B-VG verankerte Regelung über die Möglichkeit der Wahlpflicht bei Landtagswahlen (die Regelung gilt gemäß Art 117 Abs 2 B-VG auch für Gemeinderatswahlen) entfallen kann, weil „diese bundesverfassungsgesetzlich nicht geregelt zu werden braucht“. Das Föderalismusinstitut schließt sich dieser Meinung an, sodass die Länder auch in Zukunft, sofern dies für sinnvoll betrachtet würde, eine Wahlpflicht vorsehen könnten.

Podiumsdiskussion: Staatsreform – Ein Schritt vorwärts oder zurück?



Das Institut für Föderalismus veranstaltet am 11. Juli 2007 in Linz, Landesdienstleistungszentrum, Bahnhofplatz 1, mit Beginn um 17.30 Uhr, eine Podiumsdiskussion, an der Landeshauptmann Josef Pühringer, die Universitätsprofessoren Peter Oberndorfer und Ewald Wiederin sowie Institutsdirektor Peter Bußjäger teilnehmen werden. Mit dieser Veranstaltung will das Institut für Föderalismus seine Bemühungen fortsetzen, die laufenden Arbeiten an der im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Staats- und Verwaltungsreform dem interessierten Publikum näher zu bringen. Wir erwarten eine kontroversielle Diskussion mit hervorragenden Experten auf diesem Gebiet.

Programm
Impulse
Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger, Innsbruck, „Neue Wege zu einem modernen Föderalismus in Österreich?“
Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin, Salzburg, Vertreter von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in der Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform, „Bemerkungen zu Aufgaben und Fortschritt der Staats- und Verwaltungsreform in Österreich“
Im Anschluss Diskussion mit den Referenten und
Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Oberösterreich
Univ.Prof. Dr. Peter Oberndorfer, Richter des Verfassungsgerichtshofes in Wien.
Moderation:
Chefredakteur Dr. Johannes Jetschgo, ORF Oberösterreich.
Eine offizielle Einladung zu dieser Podiumsdiskussion wird zeitgerecht versandt.

Katastrophenschutz als Verantwortung im Bundesstaat



Das Institut für Föderalismus veranstaltete am 23. Juni 2006 in Rankweil/Vorarlberg eine Tagung zum Thema „Katastrophenschutz als Aufgabe und Verantwortung im Bundesstaat“, in deren Mittelpunkt die Aufgabenverteilung zwischen den maßgeblichen Entscheidungsebenen und deren Koordination stand. Wert wurde auch auf die Praxisbezogenheit der Veranstaltung gelegt und Vertretern maßgeblicher Einsatzorganisationen Gelegenheit gegeben, ihre Positionen näher darzulegen. Jetzt ist der Tagungsband als Band 102 der Schriftenreihe erschienen und ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Die Organisation eines effizienten Katastrophenschutzes ist in jedem Staatswesen eine essentielle Herausforderung, in der regionale Besonderheiten, von den naturräumlichen Gegebenheiten über die Wirtschafts-, Siedlungs- bis hin zur Bevölkerungsstruktur zu berücksichtigen sind. Dabei kommt dem Zusammenspiel der verschiedenen betroffenen Ebenen, von der Gemeinde über die Länderebene bis hin zu Bund und Europäischer Union, besondere Bedeutung zu. Gerade angesichts einer zunehmenden Häufung von Katastrophensituationen in den letzten Jahren, die sowohl durch technische als auch durch naturräumliche Gefahren bedingt waren, wurde diese Notwendigkeit immer sichtbarer.
Im Band 102 der Schriftenreihe „Katastrophenschutz als Verantwortung im Bundesstaat“, herausgegeben von Peter Bußjäger, werden die bei der Tagung des Föderalismus-Instituts im Juni 2006 in Rankweil gehaltenen Referate, Statements von Vertretern von Einsatzorganisationen und Diskussionsbeiträge zusammengefasst.
Einleitend wird vom Direktor des Instituts für Föderalismus, Innsbruck, Peter Bußjäger, die „Aufgabenverteilung zwischen Gemeinden, Ländern, Bund und Europäischer Union im Katastrophenschutz“ dargestellt. In der Folge befasst sich Karl Weber, Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck, mit dem Katastrophenschutz im Verwaltungsrecht und den damit verbundenen neuralgischen Rechtsfragen des Vollzugs.
„Die Aufgaben des Bundes im Katastrophenschutz“ bildet das Thema des Beitrags von Petra Unterweger vom Bundesministerium für Inneres, Wien, während sich Kurt Kalcher, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Graz, mit der „Landesebene als Drehscheibe des Katastrophenschutzes“ auseinandersetzt. Georg Fröwis, Bürgermeister der Gemeinde Bezau, stellt die „Gemeinde als Katastrophenschutzbehörde vor Ort – Probleme und Herausforderungen“ dar.
Die Rolle der Europäischen Union wird im Beitrag von Franz-Josef Molitor, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn, in seinem Beitrag „Die Rolle der EU im Katastrophenschutz – Einschränkung der Organisationsautonomie oder notwendige Stan­dards?“ veranschaulicht.
Der Band 102 „Katastrophenschutz als Verantwortung im Bundesstaat“, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1631-2, 126 Seiten, ist zum Preis von € 22,90 im Buchhandel erhältlich.

Beiträge zu einem modernen Länderparlamentarismus



Die Landtage stehen – obwohl zentrale Institutionen des Bundesstaates – immer wieder in der Kritik. Mangelnde Kompetenzausstattung und fehlende Profilierung sind dabei häufig gehörte Vorwürfe. Im soeben erschienenen, von Institutsdirektor Peter Bußjäger herausgegebenen Band 103 der Schriftenreihe „Beiträge zum Länderparlamentarismus. Zur Arbeit der Landtage“ werden verschiedene – rechtswissenschaftliche, rechtspolitische und politikwissenschaftliche – Darstellungen vereinigt, die Beiträge zu einem modernen Landesparlamentarismus liefern. Ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Die Landtage sind eine elementare Institution des Föderalismus. Ohne Parlament gibt es keine Gesetzgebung auf Landesebene. Ohne Gesetzgebung gibt es keinen Bundesstaat. Vollzugsföderalismus ist nichts anderes als die Bemäntelung der Degradierung „selbständiger Länder“ (Art 2 B-VG) zu Verwaltungssprengeln eines Einheitsstaats.
Dessen ungeachtet finden sich die Landtage immer wieder der Kritik ausgesetzt, sei es, dass ihre Kompetenzausstattung, insbesondere in legislativer Hinsicht, als unzureichend betrachtet wird, oder ihre Tätigkeit als zu unspektakulär erscheint.
Im soeben erschienenen, von Institutsdirektor Peter Bußjäger herausgegebenen Band 103 der Schriftenreihe „Beiträge zum Länderparlamentarismus. Zur Arbeit der Landtage“ werden verschiedene – rechtswissenschaftliche, rechtspolitische und politikwissenschaftliche – Darstellungen vereinigt, die Beiträge zu einem modernen Landesparlamentarismus liefern.
Auf die Setzung thematischer Schwerpunkte wurde ebenso bewusst verzichtet wie auf die in zahlreichen anderen Abhandlungen diskutierte Frage der Zuständigkeiten der Landtage. Die Publikation soll vielmehr die Bandbreite und Reformaspekte der Landtagsarbeit veranschaulichen und auch zeigen, dass die Vielfalt im Landesparlamentarismus ein wichtiger Aspekt des Föderalismus ist.
Das Thema der Einbindung der österreichischen Landtage in den Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene behandelt Peter Bußjäger in seinem Beitrag „Die Länderparlamente Österreichs in der Europäischen Union – Beteiligungsföderalismus statt Selbstgestaltung?“ Der grenzüberschreitende Rahmen der Landtagsarbeit wird in seinen Chancen und Grenzen im Beitrag von Josef Siegele „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Landtage, insbesondere durch die Gemeinsamen Landtage Tirol – Südtirol – Trentino“ deutlich.
Ferdinand Karlhofer befasst sich in seiner Abhandlung „Landesparlament und Politikgestaltung“ aus politikwissenschaftlicher Sicht mit der Rolle der Landtagsabgeordneten. Der wichtigen Frage der Kontrolle widmet sich Karl Edtstadler in „Was erwartet die Politik von der Kontrolle?“
Karl Lengheimer befasst sich mit der Frage der Geschäftsordnungsreform der Landtage „Die Modernisierung der Landtagsarbeit als Reformanliegen“ – „Moderner Landesparlamentarismus“ sowie dem immer noch aktuellen Thema der Immunität „Die politische Immunität. Information zu einem aktuellen Thema”.
Mit den Auswirkungen einer Abkehr vom Proporz- zum Majorzsystem in der Landesregierung auf das politische System, insbesondere den Landtag befasst sich Walter Thaler „Kooperationsgewinne und -verluste nach der Verfassungsreform in Salzburg und Tirol (1999-2004)“ am Beispiel Salzburgs und Tirols. Heinz Anderwald stellt in seinem Beitrag „e-parliament Steiermark“ einen anderen Aspekt der Modernisierung der Landtagsarbeit dar, nämlich die Nutzung digitaler Kommunikationsformen unter dem Stichwort „e-Parliament“.
Der Band 103 der Schriftenreihe Peter Bußjäger (Hg) „Beiträge zum Länderparlamentarismus. Zur Arbeit der Landtage“ Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1632-9, 196 Seiten, ist zum Preis von € 27,90 im Buchhandel erhältlich.

Herzeigbare Staatsreform scheint möglich



Die im Regierungsübereinkommen vorgesehene Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform hat mittlerweile ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll bis Ende Juni 2007 Vorschläge für die im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Themen (Landesverwaltungsgerichte, Schulverwaltung, Verfassungsbereinigung, Kompetenzverteilung) liefern. Die Arbeiten laufen konstruktiv. Das Föderalismusinstitut rechnet mit einvernehmlichen Vorschlägen zu den Themen Landesverwaltungsgerichte, Schulverwaltung und Verfassungsbereinigung. Zweifel bestehen aus unserer Sicht, ob innerhalb der kurzen Zeit im so umstrittenen Bereich der Kompetenzverteilung große Fortschritte zu erzielen sind. Sollte es jedoch gelingen, in den anderen Bereichen zu einvernehmlichen Vorschlägen zu gelangen, so wäre eine herzeigbare Staatsreform jedenfalls möglich.

Der Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform gehören insgesamt sechs Personen an: von der SPÖ nominiert wurden Volksanwalt Dr. Peter Kostelka und Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger, Vertreter der ÖVP sind Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol und Dr. Franz Fiedler. Außerdem vertreten sind zwei Vertreter der Landeshauptleutekonferenz, nämlich Salzburgs Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller und Vorarlbergs Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber. Die beiden letzteren können sich in den Beratungen vertreten lassen. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin, Verfassungsrechtler an der Uni Salzburg vertritt Landeshauptfrau Burgstaller, Jürgen Weiss, Vizepräsident des Bundesrates, vertritt Landeshauptmann Sausgruber.

Kein „Drei-Säulen-Modell“ ohne effektive Ländermitwirkung



Zu den schwierigsten Themen der im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Staats- und Verwaltungsreform dürfte die Kompetenzrechtsreform nach dem „Drei-Säulen-Modell“ zählen. Darunter kann man eine Form einer gemeinsamen Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern verstehen, in der sowohl Bund als auch Länder bestimmte Materien (zB Krankenanstalten) regeln können. Die beiden anderen „Säulen“ bilden die jeweils ausschließlichen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder. Aus Sicht des Instituts für Föderalismus ist die entscheidende Frage für die Funktionsfähigkeit eines Drei-Säulen-Modells die Ländermitwirkung in der „Dritten Säule“. Nur dann, wenn der Zugriff des Bundesgesetzgebers auf die dort verankerten Materien durch eine effektive Ländermitwirkung auf die Festlegung der unbedingt notwendigen bundeseinheitlichen Regelungen eingeschränkt werden kann, macht dieser neue Kompetenztypus Sinn. Ansonsten werden die betreffenden Materien nach dem Staubsaugerprinzip nach oben gesaugt.

Im Österreich-Konvent – wo dieser Begriff, der einen neuen Kompetenztypus beinhalten soll, kreiert wurde – wurden die verschiedensten „Drei-Säulen-Modelle“ diskutiert.
Über die Frage, nach welchen Kriterien Bund und Länder auf die Materien der „Dritten Säule“ zugreifen dürfen, um Doppelregelungen zu vermeiden, konnte im Konvent ebenso wenig Einigkeit erzielt werden, wie über die Frage, welche Materien dafür in Betracht kämen. Relativ groß war lediglich die Übereinstimmung darüber, dass die Kompetenz „Krankenanstalten“ dafür grundsätzlich geeignet wäre.
Von der Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform liegen dazu noch keine Ergebnisse vor. Wie sich auch in der Diskussionsrunde am 28. März in Innsbruck gezeigt hat (siehe eigenen Bericht), wird dieses Thema voraussichtlich besonders umstritten sein.
Bei der Frage der Ländermitwirkung kommt sowohl dem Bundesrat als auch direkten Mitwirkungsrechten der Länder entscheidende Bedeutung zu. Das Institut für Föderalismus vertritt die Position der doppelten Mehrheit, die von einer erforderlichen Mehrheit im Bundesrat als auch unter den Ländern für die Kompetenzwahrnehmung durch den Bund ausgeht.
Die dazu im Konvent vertretenen Positionen seien in der nachstehenden Darstellung in Erinnerung gerufen. Sie veranschaulichen die große Bandbreite der vertretenen Positionen, wobei zwischen dem ÖVP-Modell, der Länderposition sowie der Position des Ausschussvorsitzenden Bußjäger die größten Übereinstimmungen bestehen. (siehe pdf-Datei)

Staatsreform jetzt oder nie! – Rückblick auf die Diskussionsveranstaltung des Instituts für Föderalismus



Am 28. März 2007 führte das Institut für Föderalismus eine Diskussionsveranstaltung durch, die sich mit der im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Staatsreform befasste. Impulsreferate hielten Institutsdirektor Peter Bußjäger und Theo Öhlinger, Universitätsprofessor in Wien und Mitglied der Expertengruppe, die bis Ende Juni 2007 Vorschläge für eine Staats- und Verwaltungsreform liefern soll. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Univ.Prof. Dr. Karl Weber und Jürgen Weiss, Vizepräsident des Bundesrates, zeigte sich ein weitgehender Konsens darüber, dass der Föderalismus ein wesentliches Element der politischen Kultur dieses Landes ist. Über seine konkrete Ausgestaltung bestehen freilich nicht zu leugnende, breite Meinungsunterschiedenheiten.

Peter Bußjäger verwies auf die Tatsache, dass unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen eine Kompetenzverteilung, die große, abgerundete Kompetenzfelder jeweils bestimmten Trägern von Gesetzgebungshoheit, also der EU, dem Bund und den Ländern, zuweist, kaum mehr realisierbar ist. Vielmehr ist von einer gemeinsamen Verantwortung dieser Ebenen auszugehen. Als Regel für die Inanspruchnahme von Gesetzgebungsverantwortung habe das Subsidiaritätsprinzip zu dienen. Weiters sei eine starke Mitwirkung der Länder erforderlich, da sonst das Subsidiaritätsprinzip auf den Kopf gestellt werde.
Theo Öhlinger stellte die Themen der Beratungen der Expertengruppe vor. Hinsichtlich der Kompetenzverteilung vertrat Öhlinger die Auffassung, dass eine vertikal gegliederte Kompetenzverteilung anzustreben sei. Tatsächlich sei es immer weniger möglich, Kompetenzen auf Bund und Länder aufzuteilen. Vielmehr soll die Bundesgesetzgebung Leitlinien vorgeben und den Ländern in der Ausführung bzw im Vollzug größeren Spielraum lassen.
Der Vizepräsident des Bundesrates Jürgen Weiss nahm in der anschließenden Diskussion zur Rolle der Bundesräte Stellung. Er vertrat die Auffassung, dass jedenfalls die Anbindung der Bundesräte an die Landtage gestärkt werden müssen. Karl Weber, Universitätsprofessor in Innsbruck, verwies auf die demokratische Leistungsfähigkeit des Föderalismus. Allerdings könne diese Leistungsfähigkeit nur ausgespielt werden, wenn die Landtage auch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten hätten.
Das große Interesse an der Veranstaltung ist für das Institut Ansporn, in der nächsten Zeit sich verstärkt der laufenden Diskussion um die Staatsreform zu widmen.

Gemeindegrößen im internationalen Vergleich / Effizienz von Gemeindefusionen



Führt eine Fusion von Gemeinden tatsächlich zu mehr Effizienz in der Verwaltung? Verschiedene Studien lassen daran jedenfalls erhebliche Zweifel aufkommen.

Zur gegenwärtigen Diskussion um Gemeindefusionen sind aus Sicht des Instituts für Föderalismus folgende Hinweise angebracht:
Wie die nachstehende Tabelle zeigt, gibt es im internationalen Vergleich enorme Unterschiede in den Gemeindegrößen (entnommen aus Matschek, Ökonomische Vorteile interkommunaler Zusammenarbeit, in: Potacs/Sturm, Reform der Kärntner Gemeindeverwaltung (2006), S 148. Datenbasis 2001):
 
Land
Zahl der Gemeinden
Durchschnittliche Gemeindegröße
Deutschland
13.854
5.931
Frankreich
37.997
1.615
Italien
8.100
7.141
Niederlande
537
29.542
Österreich
2.359
3.437
Polen
2.489
15.526
Schweden
289
30.736
Schweiz
2.880
2.488
Ungarn
2.910
3.204
Australien
8.564
30.893
 
Durchgängige Tendenz ist, dass die skandinavischen Staaten (Dänemark und Finnland weisen ganz ähnliche Strukturen wie das hier beispielhaft angeführte Schweden auf), die Niederlande (ähnliche Strukturen auch im Vereinigten Königreich) weitaus größere Gemeinden aufweisen als Südeuropa. Das hier ebenfalls angeführte Australien wird man wegen der besonderen Situation nicht weiter behandeln müssen.
Welche dieser Organisationsform effizienter ist, darüber gibt es keine verlässlichen Studien. Nimmt man Steuerbelastung und Staatsquote als Indikatoren, dann weisen Frankreich und die skandinavischen Staaten, also gerade die beiden „Pole“ der Tabelle in Europa, die weltweit höchsten Quoten auf – mit anderen Worten: Aus diesen Indikatoren ist nichts zu gewinnen.
Österreich verfügt im internationalen Vergleich über insgesamt niedrige Gemeindegrößen, dennoch sind die österreichischen Gemeinden keineswegs besonders klein, vor allem auch nicht im Vergleich mit Deutschland, das alleine auf Grund seiner Topographie viel großräumigere Strukturen aufweist.
Für Vorarlberg gilt dies erst recht. Bei 383.000 Einwohnern im Jahre 2005 kommen auf die 96 Gemeinden im Durchschnitt fast 4.000 Einwohner.
Durchgängige Erkenntnis nahezu aller dem Föderalismusinstitut bekannten Studien ist, dass es im Grunde eine optimale Größe von Gebietskörperschaften nicht gibt. Bemerkenswert dabei ist, dass es so gut wie keine verlässlichen empirischen Untersuchungen gibt.
Zur Effizienz von Gemeindefusionen gibt es dagegen eine Reihe von Studien, die praktisch allesamt die Effizienz von Gemeindefusionen äußerst zurückhaltend beurteilen. Eine der genauesten ist jene von Lüchinger/Stutzer (Skalenerträge in der öffentlichen Kernverwaltung. Eine empirische Analyse anhand von Gemeindefusionen, in: Swiss Political Science Review 8 (1), S 27 – 50), von der Universität Zürich. Sie haben vier fusionierte Gemeinden im Kanton Solothurn mit vier nicht zusammengelegten Gemeinden verglichen. Sie gelangen zum Schluss, dass die vier Gemeindezusammenschlüsse insgesamt keinen Hinweis auf zunehmende Skalenerträge (= Effizienzgewinne) zulassen. Im Gegenteil: „Die durchschnittlichen laufenden Ausgaben für die öffentliche Kernverwaltung sind im Vergleich zum Niveau vor der Fusion stärker gestiegen als in einer Kontrollgruppe von ähnlichen Gemeinden, die sich nicht zusammengeschlossen haben.“
Im "Handwörterbuch zur Verwaltungsreform" wird von einem anderen Autor (Wollmann, Gebietsreform, in: Voigt/Rüdiger (Hg), Handwörterbuch zur Verwaltungsreform) festgehalten, dass "schlüssige Aussagen über die Auswirkungen der Reformen, insbesondere in der Frage erhöhter Verwaltungseffizienz bzw Bürgernähe als der beiden Kernziele, kaum verfügbar (sind)".

Bundesstaatliches Rücksichtnahmeprinzip und Beachtung von Länderinteressen beim Vogelfang!



Ein wesentlicher Kritikpunkt des Instituts für Föderalismus an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum bundesstaatlichen Berücksichtigungsprinzip bildete in der Vergangenheit, dass die Rechtsprechung in der Tendenz schwergewichtig der Wahrung der Bundesinteressen gegenüber den Landesinteressen den Vorrang einräumte. Nachdem nun vom VfGH in der Frage eines Verbots des Singvogelfangs in Oberösterreich ausgerechnet in diesem Fall eine Entscheidung zu Gunsten der Länderkompetenzen gefällt wurde, stellt sich die Frage, ob es sich nur um die sprichwörtliche „Ausnahme von der Regel“ handelt, oder ob auch in für die Länder zentraleren Fragen eine Richtungsänderung zu erwarten ist.

Im konkreten Fall ging es um den umstrittenen Brauch des Singvogelfangs und der Ausstellung dieser Vögel bei bestimmten Anlässen im Salzkammergut.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 8. März 2007, V 17/06, im Fall der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über den Schutz der Verwendung von Tieren bei sonstigen Veranstaltungen (Tierschutz-Veranstaltungsverordnung), BGBl II Nr 493/2004, das bundesstaatliche Berücksichtigungsprinzip klar zu Gunsten der Landeskompetenzen angewendet. Der VfGH erblickte in der Regelung der Verordnung der Bundesministerin, die diesen Brauch verunmöglichte, einen Verstoß gegen das durch die Bewilligungsfreistellung solcher Veranstaltungen im oberösterreichischen Veranstaltungsgesetz verankerte Interesse an der Ausübung dieses Brauches.
Das Institut für Föderalismus erachtet es als prinzipiell positiv, dass der VfGH in einem praktischen Fall den Bund zur Berücksichtigung auch von Landesinteressen zwingt. Das Institut erlaubt sich jedoch darauf hinzuweisen, dass es noch viel vitalere Interessen der Länder, wie etwa Raumordnung, Naturschutz, Baurecht und soziale Angelegenheiten gibt, und regt den Verfassungsgerichtshof an, auch diesen Interessen bei zukünftigen Entscheidungen vermehrt zum Durchbruch zu verhelfen.

Regierungsprogramm enthält föderalistische Fortschritte, aber auch Fußfallen



Das Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP enthält zahlreiche Projekte, die aus föderalistischer Sicht von großer Bedeutung sind. Neben einigen positiven Ansätzen (Verfassungsbereinigung, Schaffung von Landesverwaltungsgerichten, Bildungsdirektionen, ...) zeigen sich aber auch kritische Punkte (Krankenanstalten, Naturgefahrenmanagement, ...), die zu einer Aushöhlung des Bundesstaates führen könnten. Vieles wurde an eine Expertengruppe delegiert, die bis zum Sommer Ergebnisse liefern soll.

Das Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP enthält zahlreiche Projekte, die aus föderalistischer Sicht von großer Bedeutung sind. Im Mittelpunkt steht die Staats- und Verwaltungsreform. Sie greift einige der zentralen Punkte auf, die das Föderalismusinstitut für durchsetzungsfähig betrachtet:
·       Landesverwaltungsgerichte, die zu einem bürgernahen und konzentrierten Rechtsschutz führen, den Verwaltungsgerichtshof entlasten können und damit die Bürger schneller zu ihrem Recht kommen lassen,
·       Bildungsdirektionen in den Ländern, mit denen Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung aufgehoben werden können,
·       die Verfassungsbereinigung, mit der die Grundordnung des Staates von überflüssigem Ballast befreit wird.
 
Diese Punkte sind, obwohl natürlich erst das Ergebnis zählt, zunächst einmal positiv zu bewerten. Ihre Realisierung wäre für sich schon ein Erfolg, vergangene Regierungen haben dies jedenfalls nicht geschafft. Dazu gehört auch das Bekenntnis zu einer Stärkung der Gemeinden und der interkommunalen Zusammenarbeit. Man sollte daher das Projekt nicht klein reden, aber vorsichtig sein, denn der Teufel liegt oft im Detail. Es wird daher viel von der Expertenkommission abhängen, die bis zum 30. Juni 2007 Vorschläge erarbeiten soll.
Kritische Punkte
Dies gilt insbesondere für jene Punkte, bei denen eine Zentralisierung durch die Hintertür droht: So wird es vom Institut als kritisch gesehen, wenn etwa Zentralisierungen bei den Krankenanstalten (ausschließliche Bundesgesetzgebung, aber die Länder haben zu zahlen) oder im Naturgefahrenmanagement (Lawinen, Hochwasserschutz, ...) erfolgen sollten. Hier ist im Regierungsprogramm eine Agentur für den Schutz vor Naturgefahren im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vorgesehen. Dies wirft die Frage auf, warum ausgerechnet eine zentrale Stelle in Wien allein entscheidungsbefugt sein soll, ob und wo bspw. in Vorarlberg eine Lawine verbaut wird. Solche für den Lebensraum der Bevölkerung wichtigen Entscheidungen sollten doch möglichst vor Ort getroffen werden können!
 
Chance im kooperativen Föderalismus
Positiv ist dagegen, dass in den schwierigen Fragen der Harmonisierung der Sozialhilfe, aber auch in der Finanzierung der Krankenanstalten oder im Jugendschutz ein kooperativer Weg beschritten werden soll. Es ist vorgesehen, in Verhandlungen mit den Ländern zu einem Ergebnis zu kommen. Es ist zu hoffen, dass die große Koalition nicht die unheilvolle Tradition der Vergangenheit wiederholt, mit ihrer Verfassungsmehrheit zu schalten und zu walten wie ihr beliebt.

Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen und Schnellstraßen nunmehr „Bundeskompetenz“?



Laut Regierungsübereinkommen sollen künftig Geschwindigkeitsbeschränkungen gemäß dem Immissionsschutzgesetz-Luft „Bundeskompetenz“ werden. Auch wenn darin noch nicht ausgeführt wird, was darunter genau zu verstehen ist, dürfte es sich wieder einmal um eine klassische „österreichische Lösung“ handeln: Eine einzelne Maßnahme aus einem ganzen Maßnahmenbündel wird herausgenommen und auf eine andere Verantwortungsebene verschoben. Auch wenn sich die Länder sicher nicht darum reißen, derart unpopuläre Maßnahmen in Vertretung des Bundes zu setzen, darf bezweifelt werden, dass diese Lösung sinnvoll ist.

Im Regierungsübereinkommen ist im Punkt „Verkehrssicherheit“ auf Seite 65/66 ausgeführt, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen und Schnellstraßen gemäß Immissionsschutzgesetz-Luft nunmehr „Bundeskompetenz“ sein sollen. Schon die Formulierung lässt einige Fragen offen. Das Föderalismusinstitut vermutet, dass gemeint sein könnte: „Statt des Landeshauptmannes sollen die Verordnungen von einem Bundesminister erlassen werden.“
Das Vorhaben hat einigen medialen Wirbel erzeugt. Aus föderalistischer Sicht ist der Verlust zu verschmerzen: Die Vollziehung des Immissionsschutzgesetzes-Luft durch die Landeshauptleute erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung, in Unterordnung unter den Bundesminister, ist also nur ein scheinbarer Föderalismus. In den Ländern dürfte das Unbehagen darüber, für die nicht sehr populären Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht mehr verantwortlich zu sein, nicht besonders groß sein.
In der Sache selbst wird man freilich angesichts der Tatsache, dass Immissionsbelastungen sehr unterschiedlich sind und dementsprechend auch das zu treffende Maßnahmenbündel, seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Regelung haben. Warum hier ausgerechnet ein Aspekt aus dem Maßnahmenbündel herausgebrochen wird, bleibt unklar. Wenn die Maßnahme wirklich so sinnvoll wäre, warum sollte dann nicht die ganze Vollziehung des Immissionsschutzgesetzes-Luft auf den Bundesminister übertragen werden?

Zwischen Wettbewerb und Konsens



Mit der Rolle der Bundesländer zwischen Klischee und realer Gestaltungsmöglichkeit beschäftigt sich ein neues Buch, das von Univ.Prof. Dr. Herbert Dachs herausgegeben wird. In einer Analyse der Landtagswahlkämpfe zwischen 1945 und 1970 wird der höchst unterschiedlich wirkende Einfluss historischer und kultureller Umstände auf die einzelnen Bundesländer und ihr politisches Selbstverständnis beschrieben. Eine höchst empfehlenswerte Lektüre!

Österreich ist ein Bundesstaat und daher mit einer „Doppelstaatlichkeit“ ausgestattet. Es gibt gewählte regionale Parlamente, Regierungen und Gestaltungs- und Mitentscheidungsrechte. Die Politik in den Ländern wird nicht durch „Exekutivbeamte des Zentralstaates“ ausgeübt, sondern von Repräsentanten, die sich die demokratische Legitimation in periodisch wiederkehrende regionale Wahlen erwerben müssen.
In der überregionalen Berichterstattung wurde und wird die Politik in den Ländern meist klischeehaft dargestellt, die von allmächtigen und selbstgefälligen Landeskaisern (‑fürsten) und undurchsichtiger Proporzpackelei geprägt sei.
In dem von Univ.Prof. Dr. Herbert DACHS herausgegebenen und im Böhlau-Verlag erschienenen Sammelband „Zwischen Wettbewerb und Konsens. Landtagswahlkämpfe in Österreichs Bundesländern 1945 bis 1970“ werden erstmals Landtagswahlkämpfe in den österreichischen Bundesländern während der Zeitspanne von 1945 bis 1970 in Form von Einzelstudien beschrieben, analysiert und vergleichend dargestellt. Der Sammelband, der jedem geschichts- und politikinteressierten Leser zu empfehlen ist, vermittelt in den Analysen der einzelnen Landtagswahlkämpfe interessante Besonderheiten und Rückschlüsse auf Inhalte und Stil sowie Konfliktmuster der „Innenpolitik“ in den einzelnen Bundesländer. Der Herausgeber zeigt in seinen resümierenden Schlussbemerkungen wie unterschiedlich die spezifischen Kombinationen an historischen, sozialkulturellen, ökonomischen, politischen und persönlichen Elementen in den einzelnen Bundesländern ausgeformt waren und eine erhebliche Vielfalt aufwiesen.

Forschungsprojekt „Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes“ – Beteiligung von Institutsdirektor Dr. Bußjäger



Ist das Selbstverständnis des Europäischen Gerichtshofes als „Motor der Integration“ noch zeitgemäß oder gar kontraproduktiv? Ein entsprechendes Forschungsprojekt der Universität Innsbruck will dieser Frage auf den Grund gehen. Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger ist an diesem Forschungsvorhaben mit dem Teilprojekt „Der EuGH als rechtsschöpfende und rechtsgestaltende Instanz unter dem Blickwinkel des österreichischen Verwaltungsrechts (Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren ua)“ beteiligt. Als Ergebnis der Untersuchungen soll eine allgemeine Theorie des „judical self-restraint“ für den EuGH abgeleitet werden, die die durch die nationale Souveränität gezogenen Grenzen ebenso bestimmt wie die Rahmenbedingungen einer offenen und diskursiven Rechtsfortbildung. Die Föderalismus-Info wird Sie auf dem Laufenden halten.

Der Europäische Gerichtshof hat bereits mehrere Male mit der Begründung in die nationale Gesetzgebung eingegriffen, dass diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße. Die Regierungen der Mitgliedstaaten zeigen sich dann verwundert, da sie beim Beitritt zur Europäischen Union dachten, die Souveränität auf diesem Gebiet nicht zu verlieren, wie es in Österreich zum Beispiel bei der Beschränkung der Grundverkehrsfreiheit oder bei den Verkehrsreglementierungen der Fall war.
Die Österreichische Nationalbank hat im Dezember 2006 ein Forschungsprojekt der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck zum Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union und der Rolle des Europäischen Gerichtshofes für die Förderung mit Mitteln aus dem Jubiläumsfonds ausgewählt.
Die zentrale Fragestellung des Forschungsprojektes, das von Univ. Prof. Dr. Günther Roth vom Institut für Unternehmens- und Steuerrecht geleitet wird, lautet, ob das Selbstverständnis des EuGH als „Motor der Integration“ in Zeiten einer bereits erreichten Konsolidierung des Gemeinschaftsrechts und gleichzeitig wachsender Integrationsskepsis noch angebracht ist. In sieben Teilprojekten, die alle Bereiche der Rechtsprechung abdecken, soll der Europäische Gerichtshof als rechtsetzende Gewalt kritisch analysiert werden.

Wissenschaftspreis der Margaretha Lupac-Stiftung



Die Margaretha Lupac-Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung des Parlaments, in deren Mittelpunkt die Förderung von Demokratie und Parlamentarismus sowie Toleranz im Diskurs über Fragen der Politik, der Kunst und der gesellschaftlichen Entwicklung stehen. In Erfüllung des Stiftungszwecks vergibt die Stiftung in einem zweijährigen Rhythmus einen Demokratiepreis und einen Wissenschaftspreis. Das Institut für Föderalismus möchte die Leserinnen und Leser unserer Föderalismus-Info auf die Ausschreibung des Wissenschaftspreises 2007 der Margarethe Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie zum Thema „Entwicklungen im politischen System Österreichs unter Berücksichtigung der europäischen Dimension“ aufmerksam machen. Der Preis ist mit € 15.000,-- dotiert und kann auf bis zu drei Preisträger aufgeteilt werden. Die Ausschreibungsfrist endet mit 31. März 2007. Nähere Informationen und die Bewerbungsunterlagen stehen über die Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) zur Verfügung.

Salzburger Jahrbuch für Politik 2005



Vor kurzem ist im Böhlau-Verlag das von Herbert DACHS und Roland FLOIMAIR herausgegebene Salzburger Jahrbuch für Politik 2005 erschienen. Die zehn Beiträge dieses Buches behandeln Fragen des Machtwechsels in der Landespolitik, der Rolle des Landtages, die Bedeutung des Salzburger Raumordnungsgesetzes, gehen auf den demografischen Wandel im ländlichen Raum und die Armutspolitik in Salzburg ein, stellen Kunst und Kultur als Wirtschaftsfaktor in Salzburg dar sowie das Museum der Moderne Salzburg vor und ziehen eine Bilanz der Ära Ruzicka. Univ. Prof. Dr. Herbert DACHS kommt in seinem Beitrag „Der Salzburger Landtag – nur mehr Fassade? Einige kritische Überlegungen“ zum Ergebnis, dass eine halbherzige Geschäftsordnungsreform zu wenig sei, um den Landtag neu zu beleben und zu einer kritischen Begleitung des Regierungshandelns durch den Landtag zu kommen.


2006


Liebe Leserinnen und Leser der Föderalismus-Info!



Diese Info schließt das Jahr 2006 ab. Wir glauben, dass sich unsere Bilanz sehen lassen kann: In der Schriftenreihe sind vier Publikationen erschienen, daneben der Föderalismusbericht, auf Grund des Einsatzes aller Beteiligten sogar besonders rasch. Wir haben drei große Veranstaltungen zu aktuellen föderalistischen Fragen (Katastrophenschutz, Dienstrechtsreformen im Bundesstaat, Sozialkapital und Föderalismus) abgehalten. Das Institut dankt Ihnen für Ihr immer wieder bekundetes Interesse an föderalistischen Fragen. Ich darf Sie herzlichst einladen, uns Vorschläge und Anregungen für Themen der Föderalismus-Info, Publikationen und Veranstaltungen zu machen. Ich danke an dieser Stelle meinen MitarbeiterInnen im Institut für ihr Engagement. Den Trägerländern danke ich dafür, dass sie diese wissenschaftliche Einrichtung finanzieren, die, so glaube ich, der österreichische Bundesstaat dringend braucht. Ihnen allen wünsche ich frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr. Peter Bußjäger

Erste Resultate der Koalitionsgespräche zur Staatsreform – verhaltener Optimismus erlaubt?



Erste Einigungen in den Koalitionsverhandlungen über eine Staats- und Verwaltungsreform geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Die Errichtung von Bildungsdirektionen der Länder oder die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten entsprechen etwa den Vorschlägen des Föderalismus-Instituts. Das Institut begrüßt auch ausdrücklich, dass es zu einer schrittweisen Verfassungsbereinigung kommen soll und eine Gesamtänderung der Verfassung – weil unnötig und unrealistisch – vorerst vom Tisch ist.

Nach den in den Medien kolportierten Informationen wurde bei den Koalitionsverhandlungen über verschiedene Aspekte der Staats- und Verwaltungsreform Einigung erzielt. So sollen die Landes- und Bezirksschulräte aufgelöst und eigene Bildungsdirektionen geschaffen werden, in die auch die Schulabteilungen der Ämter der Landesregierungen zu integrieren wären. Diese Bildungsdirektionen könnten auch als Teile des Amtes der Landesregierung geführt werden, was das Institut begrüßt.
Weiters sollen Landesverwaltungsgerichte geschaffen werden, die in weiten Bereichen als zentrale Rechtsschutzinstanzen in den Ländern fungieren würden. Für bestimmte Angelegenheiten der Bundesverwaltung, wie etwa dem Asylwesen, sollen Bundesverwaltungsgerichte eingerichtet werden.
Das Institut für Föderalismus bewertet diese Einigungen positiv. Sie decken sich weitgehend mit unseren bisherigen Vorschlägen zu diesen Themen. Bis zur Umsetzung wird es allerdings noch ein weiter Weg sein und manche Schwierigkeiten und Beharrungskräfte weitgehend innovationsresistenter Bürokratien zu überwinden sein.
Das Anliegen der Verfassungsbereinigung wurde vom Föderalismusinstitut stets mit Nachdruck unterstützt. Wir freuen uns darüber, dass offenbar ein grundsätzlicher Konsens besteht, dieses Projekt in Angriff zu nehmen.
Die Koppelung der Briefwahl mit einer Herabsetzung des Wahlalters durchgängig für alle politischen Ebenen des Staates, wie sie in den Verhandlungen ebenfalls diskutiert wurde und wird, hält das Institut für schädlich. Wir treten für eine Überantwortung der Frage, ob bei Landtags- und Gemeindewahlen die Briefwahl eingeführt werden darf, in die Verfassungsautonomie der Länder ein, so wie dies bisher hinsichtlich der Herabsetzung des Wahlalters der Fall war. Eine Einheits-Paketlösung halten wir nicht für notwendig.
Das Beispiel zeigt auch, dass eine gesamthafte Verfassungsreform zu schwierig ist, als dass sie gute Aussichten hätte, kurzfristig realisiert werden zu können. Wir erachten es deshalb als wichtig, dass offenbar darüber Konsens besteht, die Staatsreform in einzelnen Gesetzespaketen umzusetzen. Es soll demnach auch nicht zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung kommen, was wir auch nicht für notwendig halten. Das System als solches hat sich in seinen Grundsätzen mittlerweile durch sechs Jahrzehnte bestens bewährt und Österreich zu einem der politisch stabilsten und wohlhabendsten Länder der Welt gemacht. Änderungen sollen dazu dienen, das System zu optimieren, Fehlentwicklungen zu korrigieren und nicht die bisherigen Errungenschaften aufs Spiel setzen.
Das Föderalismusinstitut unterstützt das Vorhaben, einen ersten Schritt der Verfassungsreform in einer Arbeitsgruppe anzugehen. Wir warnen jedoch vor einem zu großen Zeitdruck, der sich schon im Österreich-Konvent als Belastung erwiesen hat.
Selbstverständlich wird das Institut, sobald weitere Einzelheiten bekannt sind, umgehend dazu Stellung nehmen.

30. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2005)



Vor wenigen Tagen ist der 30. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2005), der einen Überblick über die Entwicklungen Österreichs im Jahr 2005 gibt, erschienen. Schwerpunkte sind ein Fazit aus Bundesländersicht zum Österreich-Konvent, der ohne Einigungen auf eine neue Verfassung zu Ende gegangen ist, die neue Bedeutung des Bundesrates nach dem Wechsel der Mehrheiten und die Verhandlungen im „Besonderen Ausschuss zur Verfassungsreform“. Auf internationaler Ebene beleuchtet der Bericht die Folgen des Scheiterns des europäischen Verfassungsprojekts.

Im 30. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2005) werden der Abschluss der Beratungen im Österreich-Konvent, die Position der Länder zum zentralistischen Verfassungsentwurf des Konventsvorsitzenden und die Verhandlungen im eingesetzten „Besonderen Ausschuss zur Verfassungsreform“ dargestellt.
Von Interesse waren im Berichtsjahr der Wechsel der politischen Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer sowie die Diskussionen und die neue verfassungsrechtliche Regelung der Vorsitzführung im Bundesrat. Der Bericht stellt die Verhandlungen über die Verwaltungsreform II und die Reformen im Schulwesen dar. Erörtert werden zudem die Bemühungen um eine Verländerung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs, der Konflikt um neue Ortstafeln in Kärnten und die Auseinandersetzungen über die Inanspruchnahme des Steuererfindungsrechts der Länder.
In den Angelegenheiten der Europäischen Union waren das Scheitern der Ratifizierung des Verfassungsvertrages, die Einigung über die künftige EU-Regionalpolitik, die Abwicklung von zahlreichen EU-Regionalförderprogrammen sowie mehrere Richtlinienvorschläge, Urteile des EuGH und anhängige Vertragsverletzungsverfahren von föderalistischem Interesse.
Der 30. Bericht stellt die Entwicklung im Verfassungsrecht des Bundes und der Länder dar, behandelt einzelne wichtige Bundesgesetze und Landesgesetze (wie etwa das Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz oder die Gentechnikgesetze der Länder), die Einbindung der Länder in das Verfahren der Bundesgesetzgebung und führt jene Fälle, in denen der Konsultationsmechanismus ausgelöst wurde (bspw zum Fremdenrechtspaket 2005 oder zur Gefahrengutbeförderungsgesetz-Novelle 2005), an.
Weitere Kapitel des Berichtes widmen sich der Rechtsprechung der Höchstgerichte, der Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften und den grenzüberschreitenden und internationalen Kooperationen. Gerade hier zeigt sich durch die Tätigkeiten der Europaregionen und der bestehenden Arbeitsgemeinschaften und Konferenzen, dass bürgernahes und effektives Zusammenwirken in Europa sehr gut funktioniert und die Länder vielfältige Aktivitäten setzten.
Eine Kurzfassung des 30. Föderalismusberichtes ist als pdf-Datei abrufbar.
Der 30. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2005), Wien 2006, 420 Seiten, ISBN 3-7003-1607-0 und 978-7003-1607-7, ist ab sofort im Buchhandel zum Preis von € 55,90 erhältlich.

Symposium „Sozialkapital“ - Zusammenfassung



„Sozialkapital“ ist für den Zusammenhalt und Fortschritt von Gesellschaften von großer Bedeutung. Es entlastet den Staat in der Finanzierung und Erhaltung vielfältiger Strukturen – vom Katastrophenschutz über die Pflegevorsorge bis zu kulturellen Angelegenheiten. Gemeinsam mit der Donau-Universität Krems veranstaltete das Institut für Föderalismus am Donnerstag, den 7. Dezember 2006, an der Donau-Universität ein Symposium zum Thema „Sozialkapital – regionale Identität und Föderalismus“. Ein Ziel des Symposiums war es zu untersuchen, welche Rahmenbedingungen benötigt werden, um das gesellschaftsstützende Tätigwerden von unten zu begünstigen, und ob dabei föderale Strukturen eine wesentliche Rolle spielen könnten.

Eingangs der Tagung stellte Rektor Prof. Dr. Helmut KRAMER, in seinem Referat „Sozialkapital als ökonomische Überlebensnotwendigkeit des Staates“ die Wirkungen des Vorliegens von Sozialkapital auf die Dynamik der Entwicklung einer Gesellschaft, einer Region oder eines Staates dar. Sozialkapital kann Innovationen unterstützen, Motivationen stärken und Risken erträglich machen. Das Vorhandensein von Sozialkapital ist für die Entscheidung über konkrete Wirtschaftsstandorte von Bedeutung. Die regionale Ausstattung mit Sozialkapital wirkt nicht nur als dynamischer Entwicklungsfaktor, sondern sie macht auch interregionale Kooperationen mit Partnern attraktiv und verstärkt die Eigendynamik durch deren Synergieeffekte.
Univ.-Prof. Dr. Oscar GABRIEL von der Universität Stuttgart stellte in seinem Referat „Sozialkapital, Demokratie und Partizipation“ den Begriff „Sozialkapital“ als ein neues Konzept der Politikgestaltung vor. Demokratie, individuelle Freiheit und Selbstverantwortung sowie freie wirtschaftliche Verantwortung zählen zu den Entstehungsbedingungen von Sozialkapital. Dieses steigert die Qualität des gesellschaftlichen und politischen Zusammenlebens und übt einen starken Einfluss auf die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität aus, daher ist auch eine überproportional gute Sozialkapitalausstattung in traditionsreichen, wohlfahrtsstaatlich verfassten Demokratien feststellbar.
Den Zusammenhang von „Bürgerschaftlichem Engagement und Föderalismus“ untersuchte Univ.-Prof. Dr. Roland STURM von der Universität Erlangen. Er kommt zum Ergebnis, dass bürgerschaftliches Engagement eine Facette der lebendigen gesellschaftlichen Dimension des Föderalismus ist und es einen Zusammenhang von Engagement und Sozialkapital gibt. Sozialkapital trägt wesentlich zum ökonomischen Erfolg von Gliedstaaten in föderal organisierten Staatswesen bei.
Prof. Dr. Ernst GEHMACHER, Wien, untersuchte „Die regionale Verortung von Sozialkapital in Österreich“ und stellte u. a. fest, dass ein Unternehmen oder eine Region sehr profitieren, wenn sie Leute mit starken sozialen Normen und hoher sozialer Intelligenz erziehen oder anziehen. Die Sozialkapital-Theorie entwickelte drei Ebenen (Mikro-Ebene: 4-15 Personen; Meso-Ebene: 10 bis hunderte Personen; Makro-Ebene: ideelle Masse). Für jede Größenstufe gibt es funktionale Optima und Leistungen, die dort am besten erbracht werden können. Diese Optima sind aber nur zu finden, wenn für alle Arten politischer und wirtschaftlicher Leistungen spezifische Maßnahmen auf allen Ebenen entwickelt und erprobt werden.
Institutsdirektor Univ.Doz Dr. Peter BUSSJÄGER ging in seinem Referat „Sozialkapital und Verfassungsdiskurs in Österreich“ auf den Österreich-Konvent und die Rolle der Zivilgesellschaft ein. Er untersuchte die föderative Aufgabenverteilung und ging dabei auf die Kompetenzen mit enger inhaltlicher Verbindung zur Bürgergesellschaft ein. Kritisch stellte er fest, dass es in Österreich keine Auseinandersetzung mit der Frage der Entlastung des Staates durch Sozialkapital gibt. Im Verfassungsdiskurs blieb der Zusammenhang von Identität und Sozialkapital unerschlossen, wobei ein Problem auch darin gelegen sein dürfte, dass Grundfragen der Gesellschaft ausschließlich von Juristen diskutiert werden.
In ihrem Beitrag „Zukunftsfaktor Sozialkapital - Praktische Überlegungen zu Staat + Wirtschaft + Zivilgesellschaft in Österreich“ ging Mag. Rita TRATTNIGG, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien, zunächst auf die globalen und lokalen Herausforderungen und Trends, die Auswirkungen auf das gegenwärtige ökologische und sozioökonomische System haben und eine zukunftsfähige, nachhaltige Entwicklung beeinträchtigen, ein. An Hand konkreter Beispiele zeigte sie dann, dass Sozialkapital „von unten“ durch beständige Aktivitäten wieder aufgebaut und verstärkt werden kann. Dabei müsse der Faktor Mensch wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt und das Vertrauen in die Politik gestärkt werden.
Das Institut für Föderalismus dankt der Donau-Universität Krems, insbesondere Herrn Rektor Prof. Dr. Helmut Kramer, für die freundliche Kooperation.
Die Powerpoint-Präsentationen und die Kurzfassungen der Referate sind als pdf-Datei abrufbar:

Die Kompetenzrechtsreform aus österreichischer und europäischer Perspektive



Die beiden Universitätsprofessoren Werner SCHROEDER und Karl WEBER beleuchten im Band 101 der Schriftenreihe den aktuellen Diskussionsstand über eine Kompetenzrechtsreform in Österreich und auf europäischer Ebene. Die Autoren beschreiben und bewerten die aktuellen Forderungen bezüglich einer neuen Kompetenzverteilung auf Bundesebene. Sie kritisieren die Vorstellung, dass sich diese zwangsläufig an der Kompetenzordnung der Europäischen Union orientieren müsse. Breiten Raum geben die Autoren der Arbeit des Ausschusses V des Österreich-Konvents, in dem einzigartige Vorarbeiten für eine funktionierende neue Kompetenzverteilung geleistet wurden.

Die Reform der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ist ein seit langem gefordertes Anliegen der österreichischen Verfassungspolitik. Die Schwerfälligkeit, Zersplitterung und Unübersichtlichkeit des bundesstaatlichen Kompetenzrechtsgefüges erschwert immer wieder wichtige Gesetzesvorhaben zur Lösung anstehender Probleme. Der – bisher noch nicht in Kraft getretene – Verfassungsvertrag der Europäischen Union hat die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten auf eine neue Basis gestellt. Der Österreich-Konvent hat versucht, im Gefolge des Europäischen-Konvents die Verfassungsreform auf eine neue Basis zu stellen („Konventsmethode“). Nachdem das Föderalismusinstitut als Band 100 der Schriftenreihe unlängst das von Institutsdirektor Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger verfasste Werk „Homogenität und Differenz“ herausgegeben hat (siehe Föderalismus-Info Nr 5/2006), befasst sich nun ein weiteres Werk der Schriftenreihe mit diesen Fragen: bisher noch nicht in Kraft getretene – Verfassungsvertrag der Europäischen Union hat die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten auf eine neue Basis gestellt. Der Österreich-Konvent hat versucht, im Gefolge des Europäischen-Konvents die Verfassungsreform auf eine neue Basis zu stellen („Konventsmethode“). Nachdem das Föderalismusinstitut als Band 100 der Schriftenreihe unlängst das von Institutsdirektor Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger verfasste Werk „Homogenität und Differenz“ herausgegeben hat (siehe Föderalismus-Info Nr 5/2006), befasst sich nun ein weiteres Werk der Schriftenreihe mit diesen Fragen:
Die von Univ.-Prof. Dr. Werner SCHROEDER und Univ.-Prof. Dr. Karl WEBER verfasste und soeben als Band 101 der Schriftenreihe erschienene Studie „Die Kompetenzrechtsreform. Aus österreichischer und europäischer Perspektive“ untersucht, inwieweit die politischen Wünsche an eine neue Kompetenzverteilung machbar und wünschenswert sind. Die beiden Autoren untersuchen, ob eine neue Kompetenzordnung der Europäischen Union Vorbild für eine österreichische Kompetenzrechtsreform sein kann. Außerdem werden die Reformvorstellungen des Ausschusses 5 des Österreich-Konvents dargestellt und kritisch bewertet. Weiters wird gezeigt, dass die Kompetenzrechtsordnung des in seiner Zukunft derzeit völlig ungewissen Vertrages über eine Verfassung für Europa als Vorbild für eine nationale Kompetenzrechtsreform nur sehr bedingt zu gebrauchen ist. Die immer wieder geäußerten Forderungen nach einer Angleichung der österreichischen Kompetenzrechtsordnung an die der Europäischen Union werden damit erheblich relativiert. Die Studie zeigt auch, welche Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit in einer reformierten Kompetenzordnung zukommt.
Im Ergebnis wird nachgewiesen, dass die Reformvorstellungen des Österreich-Konvents keineswegs gescheitert sind, wie dies vielfach in den Medien dargestellt wird. Vielmehr leistete der Ausschuss 5 Vorarbeiten, wie sie bisher in der Verfassungsreformdiskussion um die bundesstaatliche Kompetenzverteilung einzigartig sind. Die Studie schließt mit einer – allerdings skeptischen – Bewertung der Vorstellung einer „abgerundeten“ Kompetenzordnung.
Der Band 101 der Schriftenreihe SCHROEDER/WEBER, „Die Kompetenzrechtsreform. Aus österreichischer und europäischer Perspektive“, Wien 2006, 190 Seiten, ISBN 3-7003-1608-9 und ISBN 978-3-7003-1608-4 ist im Buchhandel zum Preis von € 29,90 erhältlich.

Kooperation von Föderalismus-Institut und Institut der Regionen Europas besiegelt



Das Föderalismus-Institut, das von den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg getragen wird, und das Institut der Regionen Europas, das vom ehemaligen Salzburger Landeshauptmann Univ.-Doz. Dr. Franz Schausberger geleitet wird, wollen künftig enger zusammenarbeiten. Dazu haben die beiden Forschungseinrichtungen eine Kooperation vereinbart: Geplant sind unter anderem ein Informations- und Publikationsaustausch sowie die Organisation gemeinsamer Veranstaltungen.

Föderalistische Forderungen an das Parlament und die neue Bundesregierung



In der neuen Legislaturperiode wird die mit dem Österreich-Konvent begonnene Verfassungsdiskussion sicher weiter gehen, ganz unabhängig davon, ob letztlich eine große Koalition (mit Verfassungsmehrheit) oder eine andere Regierungskonstellation zu Stande kommt. Auch wenn es – angesichts der bisherigen Debatte – wohl zu keiner Totalrevision der Bundesverfassung kommen wird, sind einzelne Ziele, die das Föderalismus-Institut bereits wiederholt formuliert hat – durchaus umsetzbar: • Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit • Föderalistische Reform der Schulverwaltung • Reform des Bundesrates • Mehr Verfassungsautonomie der Länder • Flexiblere Kompetenzverteilung durch unmittelbar anwendbare Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG.

Das Institut für Föderalismus geht davon aus, dass die mit dem Österreich-Konvent initiierte Verfassungsdebatte auch in der nun angelaufenen Legislaturperiode des Nationalrates weiter geführt wird. Damit stellt sich allerdings die Frage, ob weiterhin eine Totalreform der Bundesverfassung angestrebt werden soll. Das Projekt des Österreich-Konvents hat gezeigt, wie schwierig es sein dürfte, einen Konsens über eine grundlegend neue Verfassung zu erzielen, die sich im Kern durchaus bewährt hat.
An Stelle eine Totalreform der Bundesverfassung anzustreben, sollten daher erreichbare Ziele gesetzt werden, die in Paketlösungen abgearbeitet werden sollten. Das Föderalismusinstitut geht davon aus, dass zumindest für folgende Projekte die erforderliche Verfassungsmehrheit erreichbar sein sollte:
Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit
In jedem Land soll nach Maßgabe der im Grabenwarter/Jabloner-Entwurf im Konvent vorgezeichneten Grundsätze ein Landesverwaltungsgericht eingerichtet werden. In die Landesverwaltungsgerichte sollen möglichst viele Aufgaben, die bisher von besonderen Senaten des Bundes und der Länder erledigt werden, integriert werden. Dies bedeutet: Einbeziehung zB der Aufgaben des Unabhängigen Umweltsenates und der Agrarsenate (Oberster Agrarsenat und Landesagrarsenat) in die Landesverwaltungsgerichte.
Föderalistische Reform der Schulverwaltung
Die bestehende Schulverwaltung mit den Landes- und Bezirksschulräten ist in hohem Maße zentralistisch gestaltet. Ihre Aufgaben können Bildungsdirektionen erledigen, die in die Landesverwaltung integriert sind.
Reform des Bundesrates
Das Föderalismusinstitut unterstützt den von Bundespräsident Dr. Fischer gemachten Vorschlag, wonach in Hinkunft alle Verfassungsgesetze der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates bedürfen sollen. Damit erhält der Bundesrat in Verfassungsfragen eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber dem Nationalrat, die verfassungspolitisch nicht zu unterschätzen ist. Auch hat der Bundespräsident eine Ausweitung der Kompetenzen des Bundesrates im Finanzausgleichsgesetz vorgeschlagen, was vom Föderalismusinstitut bereits im Österreich-Konvent gefordert worden war.
Auf die nach der bestehenden Verfassungsrechtslage beruhende Möglichkeit, Landtagsabgeordnete oder auch Mitglieder der Landesregierungen in den Bundesrat zu entsenden, weist das Föderalismusinstitut nochmals hin. Es wäre in diesem Zusammenhang zu überlegen, eine solche grundlegende neue Zusammensetzung des Bundesrates verfassungsrechtlich unter einem zu ermöglichen (derzeit werden die Mitglieder des Bundesrates ja laufend neu bestellt).
Mehr Verfassungsautonomie der Länder
Den Ländern sollte die Einführung der Briefwahl ermöglicht werden. Das unzeitgemäße Einspruchsrecht der Bundesregierung gegenüber Landesgesetzen, sollte, wie dies übereinstimmende Meinung im Österreich-Konvent war, beseitigt werden.
Unmittelbar anwendbare Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG
Das Föderalismusinstitut hält an seinem Vorschlag fest, Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG unmittelbar anwendbar zu machen. Dies könnte der erleichterten Umsetzung von EU-Recht dienen. Weiters könnte damit die Kompetenzverteilung flexibler gestaltet werden.
Kompetenzverteilung
Der Österreich-Konvent hat gezeigt, dass in diesem Bereich die Positionen besonders weit auseinander klaffen. Das Föderalismusinstitut verweist auf die von Institutsdirektor Dr. Bußjäger gemachten Vorschläge, die sich in vielen Inhalten mit den späteren Positionspapieren der ÖVP und der Landeshauptleute decken (siehe dazu die Vorschläge als pdf-Datei). Hier sind jedoch keine raschen Ergebnisse zu erwarten. Vielmehr sollten auf dieser Basis weitere Verhandlungen geführt werden, um die Umrisse des „Drei-Säulen-Modells“, über das nur in sehr groben Zügen Konsens herrscht, zu präzisieren.

Studie beweist: Österreich gehört zu den zentralisiertesten Ländern der Welt



Das Föderalismusinstitut hat bereits mehrmals darauf hingewiesen, jetzt belegt es eine neue Studie eindrucksvoll: Fiskalisch betrachtet gehört Österreich zu den zentralisiertesten Ländern der Welt. Der Schweizer Finanzwissenschaftler Hansjörg Blöchliger zeigt, dass Österreich sogar im Vergleich zu einheitsstaatlich organisierten Ländern überdurchschnittlich zentralistisch verwaltet wird. Die Einnahmen der Länder sinken kontinuierlich, die Aufgaben steigen. Die Budgetsanierung lief großteils auf Kosten der Bundesländer.

Diese Aussage wurde vom Schweizer Finanzwissenschaftler Hansjörg Blöchliger im Rahmen eines Workshops des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung am 14. November 2006 in Wien getroffen. Blöchliger stützt sich dabei auf eine von ihm mitverfasste Studie im Rahmen der OECD über „Fiscal Autonomy of Sub-Central Governments“ (OECD Network on Fiscal Relations Across Levels of Government, Working Paper No 2, 2006). Damit wird eine Aussage bestätigt, die das Institut für Föderalismus unlängst in der Föderalismus-Info Nr 4/2006 getätigt hatte: Damals wurde festgestellt, dass der Ausgabenanteil der subnationalen Gebietskörperschaften in bestimmten Verwaltungsagenden wie Sicherheit, Bildung und Gesundheit, deutlich unter dem Schnitt sogar von Einheitsstaaten liegt.
Unabhängig von seiner föderalistischen Verfassungskonzeption ist Österreich in finanzwissenschaftlicher Hinsicht besonders zentralisiert. Was der durchschnittliche Ausgabenanteil der subnationalen Gebietskörperschaften (also Länder und Gemeinden) betrifft, liegt Österreich, wie Abbildung 1 zeigt, insgesamt im unteren Durchschnitt und damit auch hinter sämtlichen skandinavischen Staaten, die bekanntermaßen einheitsstaatlich konzipiert sind.


Abbildung 1
 
 
Noch dramatischer zeigt Abbildung 2 die Situation, die die Entwicklung der Dezentralisierung von öffentlichen Einnahmen und Ausgaben in der Zeit zwischen 1995 und 2004 veranschaulicht:
Österreich weist in dieser Zeit einen Rückgang an Einnahmen von Ländern und Gemeinden von etwa 6% und einen Rückgang bei den Ausgaben um etwa 1% auf. Beide Gebietskörperschaften sind damit mit dem stärksten Einnahmenverlust aller untersuchten Länder konfrontiert. Dies unterstreicht, dass die Budgetsanierung der letzten Jahre zu einem guten Teil auf Kosten von Ländern und Gemeinden erfolgt ist. Österreich ist damit auch eines der ganz wenig entwickelten Länder, in denen der Anteil der subnationalen Einheiten an Einnahmen und Ausgaben zurückgegangen ist. Nicht einmal Luxemburg ist so zentralisiert wie Österreich.


Abbildung 2
 
 
Auch diese Studie unterstreicht, dass die Tendenz der ständigen Zentralisierung in Österreich völlig gegenläufig zu europäischen Entwicklungen, gleichgültig, ob es sich um große Staaten oder Kleinstaaten handelt, stattfindet.

Symposium Sozialkapital – regionale Identität und Föderalismus



Sind es die kleinen, überschaubaren Einheiten, die Menschen in ihrem Gemeinsinn stärken und bürgerschaftliches Engagement fördern? Oder sind die Entstehung und der Erhalt von „Sozialkapital“ unabhängig von regionaler Identität? Dass „Sozialkapital“ für den Zusammenhalt und Fortschritt von Gesellschaften von großer Bedeutung ist, wird von niemandem bestritten. Sozialkapital entlastet den Staat in der Finanzierung und Erhaltung vielfältiger Strukturen, angefangen vom Katastrophenschutz über die Pflegevorsorge bis hin zur Kultur. Welche Rahmenbedingungen allerdings dieses gesellschaftsstützende Tun von unten begünstigen, ist noch wenig untersucht. Wir wollen uns dieser Frage bei einem Symposium am 7. Dezember 2006 in Krems stellen. Anmeldungen sind noch möglich!

Wir laden Sie herzlich zu diesem Symposium, das am Donnerstag, 7. Dezember 2006, in der Donau Universität Krems, Audimax, Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30, 3500 Krems, stattfindet, ein.
Möglicherweise fördert diese gemeinsame Veranstaltung von Donau-Universität Krems und dem Institut für Föderalismus neue, entscheidende Argumente für föderale Strukturen zutage. Dann nämlich, wenn sich zeigen lässt, dass das unverzichtbare soziale Engagement von Menschen in föderalen, identitätsbezogenen Einheiten am besten wächst. Denken Sie mit, arbeiten Sie mit an diesem spannenden Thema!
PROGRAMM:
09.30 Uhr       Eröffnung durch Landesrätin Mag. Johanna Mikl-Leitner, Niederösterreich
09.45 Uhr       Rektor Prof. Dr. Helmut Kramer, Krems: „Sozialkapital als ökonomische Überlebensnotwendigkeit des Staates“
Univ.-Prof. Dr. Oscar W. Gabriel, Stuttgart: „Sozialkapital und Demokratie – eine Chance für die Bürgergesellschaft?“
Diskussion
11.00 Uhr       Kaffeepause
11.30 Uhr       Univ.-Prof. Dr. Roland Sturm, Erlangen: „Bürgerschaftliches Engagement und Föderalismus“
Diskussion
12.30 Uhr       Mittagspause
13.30 Uhr       Prof. Dr. Ernst Gehmacher, Wien: „Die regionale Verortung von Sozialkapital in Österreich“
Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger, Innsbruck: „Sozialkapital und Verfassungsdiskurs“
Mag. Rita Trattnigg, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien: „Zukunftsfaktor Sozialkapital – Praktische Überlegungen zu Staat + Wirtschaft + Zivilgesellschaft in Österreich“
Diskussion
16.00 Uhr       Ende
Anmeldeschluss: Donnerstag, 30. November 2006. Anmeldungen über E-Mail an institut@foederalismus.at.

Buchtipp – Homogenität und Differenz



Homogenität und Differenz sind die beiden zentralen Herausforderungen für jedes bundesstaatliche System. Homogenität garantiert die notwendige Einheit des Staates, Differenz ermöglicht Autonomie auf der regionalen Ebene. Ein neues Werk versucht, Orientierungen darüber zu geben, wie die Spannung zwischen diesen beiden Polen im Bundesstaat Österreich aufgelöst werden kann.

Im vorliegenden Werk wird dargelegt, dass die Verfassungsdiskussion, die mit dem Österreich-Konvent in den letzten Jahren begonnen wurde, noch längst nicht abgeschlossen ist. Weil sich die Frage nach dem optimalen Maß von Homogenität und Differenz heute schon längst nicht mehr nur im nationalstaatlichen Rahmen stellt, wird auch die Entwicklung auf der Ebene der Europäischen Union in die Untersuchung miteinbezogen. Das Resultat sind Leitlinien, anhand derer die Diskussion über die Zukunft des Bundesstaates in Österreich fortgesetzt werden kann.
Der Band 100 der Schriftenreihe BUSSJÄGERHomogenität und Differenz. Zur Theorie der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern in Österreich“, Wien 2006, ISBN 3-7003-1595-3, 978-3-7003-1595-7, ist im Buchhandel zum Preis von € 32,90 erhältlich.

Neues äußeres Erscheinungsbild - erfolgreiche Zusammenarbeit



Mit dem oben vorgestellten Band 100 der Schriftenreihe, Bußjäger „Homogenität und Differenz“, wurde das äußere Erscheinungsbild der Schriftenreihen des Instituts für Föderalismus – auf Anregung des Braumüller-Verlages, mit dem die seit Jahren bestehende Kooperation erfolgreich weitergeführt wird – auf ein neues, modernes Erscheinungsbild umgestellt. Ab sofort werden daher alle Bände in den einzelnen Schriftenreihen und der Föderalismusbericht mit einem neuen Cover und in einer neuen Schriftart (Optima Medium) erscheinen. Wir hoffen, dass unseren Leserinnen und Lesern das neue „Outfit“ gefällt und unsere Publikationen – wie bisher – gerne zur Hand genommen werden.

Nicht nur die Schriftenreihe des Instituts erscheint in einem neuen „Outfit“, auch die Homepage des Braumüllerverlages wurde komplett neu gestaltet und dabei auch dem Institut für Föderalismus entsprechend Platz eingeräumt.
Die einzelnen Bände der Schriftenreihe können unter www.braumueller.at/shop/catalog/product abgerufen werden.
Informationen über das Institut und den Institutsdirektor stehen unter www.braumueller.at/shop/catalog/autoren zur Verfügung.
Bitte besuchen Sie auch diese Webseiten, wenn Sie nähere Informationen benötigen.

Abgabenlast in föderalistischen Ländern niedriger



Wie vor jeder Wahl wird auch diesmal über mögliche Steuersenkungen und nötige Verwaltungsreformen diskutiert. Allzu leicht wird dabei der Kurzschluss gezogen, dass vor allem die föderalistische Struktur Österreichs zu einer unnötig hohen Abgabenquote führe. Ein Vergleich verschieden organisierter Länder beweist das Gegenteil. Gerade die föderalistischen Länder verfügen über eine besonders niedrige Abgaben- und Steuerquote. Österreich liegt im Mittelfeld.

Angesichts der Nationalratswahl vom 1. Oktober 2006 werden von den Interessenvertretungen der Wirtschaft – verständlicherweise – von der kommenden Regierung Steuersenkungen eingefordert. Gleichzeitig wurden auch von den Regierungsparteien Steuerreformen, die Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger versprechen, angekündigt. Die Finanzierung solcher Steuerreformen müsste zwangsläufig durch Einsparungen bei den Staatsausgaben erfolgen. Eine Kürzung der Leistungen des Staates – sei es im Gesundheitsbereich, dem Sozialbereich oder bei den Subventionen für Wirtschaft und Landwirtschaft – anzukündigen, die derartige Einsparungen versprechen würden, wäre im Vorfeld von Wahlen wenig opportun. Somit bleiben als einzige Alternative Einsparungen in der Verwaltung. Insoweit geht das Institut für Föderalismus mit diesen Meinungen konform.
In der medialen Verbreitung wird allerdings auch immer wieder der Eindruck erweckt, als sei der Föderalismus an der hohen Abgabenquote schuld und als müssten und sollten Länder und Gemeinden die Steuerreform durch Einsparungen finanzieren. Diese Argumentation scheitert zwar im Grunde schon daran, dass der Durchschnitt der föderalen Staaten im Schnitt eine viel niedrigere Abgabenquote hat (siehe dazu auch Staatsausgaben und Personalstände in verschiedenen politischen Systemen, in: Informationsblatt des Instituts Nr 2/2003), wird aber dessen ungeachtet unverdrossen weiter gepredigt.
Die jüngst veröffentlichte Studie von Bernhard Felderer/Heinz Handler, Internationaler Vergleich der Abgabenquoten, zeigt nun einen neuen Aspekt auf: Bereinigt man die Abgabenquoten um die Transferleistungen und Subventionen des Staates (Wirtschaftsförderung, Sozialleistungen usw …), dann liegt Österreich mit einer Abgabenbelastung von 16,19% des BIP (2004) im Mittelfeld, freilich immer noch hinter der Schweiz mit 13,7% (2002). Die Spitze der Abgabenbelastung bilden (auch) bei dieser Sichtweise allerdings mit Dänemark (29,32%), Schweden (28,2%) und Finnland (24,15%) klassische zentralistische Einheitsstaaten. Wer daher immer wieder, etwa auch im Zusammenhang mit der PISA-Studie, auf die Effizienz der Verwaltungen in diesen Staaten verweist, muss im selben Atemzug seriöser weise auch die viel höhere Steuerbelastung anführen.
Natürlich wird auch die kommende Bundesregierung die Verwaltungsmodernisierung konsequent fortsetzen müssen – auch diese Statistik zeigt jedoch einmal mehr, dass die Abgabenbelastung vom Föderalismus gewiss nicht negativ beeinflusst wird.
Um Transfers und Subventionen bereinigte Abgabenquoten in Prozent des Bruttoinlandprodukts:

Föderalistische Staaten
Abgabenquote in % des BIP
Österreich
16,19
USA
13,24 (2003)
Schweiz
13,70 (2002)
Deutschland
6,69
Belgien
21,08
Einheitsstaaten mit starkem Dezentralisierungsgrad
 
Spanien
19,78
Italien
21,08
Einheitsstaaten mit starkem
Zentralisierungsgrad
 
Dänemark
29,32
Schweden
28,20
Finnland
24,15
Vereinigtes Königreich (abgesehen von
Schottland und Wales)
22,03
 

Länder nicht für Gesetzesflut verantwortlich



Es ist ein leicht widerlegbares Vorurteil, dass die Länder seit Österreichs Beitritt zur Europäischen Union für Umsetzungsdefizite und Gesetzesflut verantwortlich seien. So erlässt der Bund ein Vielfaches an Gesetzen, verglichen mit den Bundesländern. Auch ist der Bund wesentlich öfter mit der Aufhebung von Gesetzen durch den Verfassungsgerichtshof betroffen als die Länder. Und auch ein anderes Vorurteil ist beim Blick auf nüchterne Zahlen zu widerlegen. Nur rund ein Viertel der vom Nationalrat und den Landtagen beschlossenen Gesetze sind Umsetzungen von EU-Richtlinien.

Länder nicht für Gesetzesflut verantwortlich:
Die Diskussion über die Auswirkungen der Einbindung Österreichs in die Europäische Union und über den Föderalismus in Österreich ist von ziemlich vielen Vorurteilen geprägt. So wird etwa der Föderalismus für Umsetzungsdefizite verantwortlich gemacht oder für die Gesetzesflut schlechthin. Es erscheint deshalb angebracht, die Fakten zu überprüfen:
1. Gesetzesflut auf Ebene des Bundes:
Im Jahr 2005 hat der Bundesgesetzgeber 139 Gesetze erlassen. Das Land Oberösterreich im Vergleich dazu 30. Berücksichtigt man, dass mit einem Gesetzesbeschluss häufig gleich mehrere Gesetze erlassen/geändert werden (sog „Sammelgesetze“), zeigt sich schon ein ganz anderes Bild: 436 Bundesgesetzen stehen 55 Gesetze des oberösterreichischen Landtages gegenüber. Das beweist, dass die Gesetzesflut zunächst einmal auf der Bundesebene statt­findet.
2. Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes:
Den Tätigkeitsberichten des Verfassungsgerichtshofes kann entnommen werden, dass sich die Gesetzesflut auch auf die Qualität der Bundesgesetzgebung niederschlägt:
im Jahr 2005 wurden vom VfGH 18 Bestimmungen in Bundesgesetzen aufgehoben, dagegen waren nirgends mehr als zwei landesgesetzliche Vorschriften von der Aufhebung betroffen. In Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark überhaupt keine.
3. Verhältnis zur Europäischen Union:
Es bleibt noch das Verhältnis zur Europäischen Union zu klären. Im Jahr 2005 hat die EU 94 Richtlinien erlassen, die in nationales Recht (Bundesrecht oder Landesrecht) umzusetzen waren. Etwa 25% der vom Nationalrat beschlossenen Gesetze setzten zumindest teilweise EU-Recht um. Ähnlich hoch ist der Anteil auf Landesebene. Das widerlegt die Behauptung, die nationalen Parlamente wären hauptsächlich damit beschäftigt, Recht der Europäischen Union umzusetzen.
Zum 31. Dezember 2005 war Österreich hinsichtlich der Umsetzung von insgesamt 24 Binnenmarktrichtlinien säumig: Keine einzige davon betraf ausschließlich die Länder. In 11 Fällen war ausschließlich der Bund säumig, in 13 Fällen der Bund sowie zumindest ein Land.
Ebenso betraf keine einzige der seit dem Jahr 1995 ergangenen insgesamt 19 Verurteilungen Österreichs durch den EuGH wegen Säumigkeit in der Umsetzung von EU-Recht ausschließlich ein Land, immer war zumindest auch der Bund säumig.
Wegen fehlerhafter Vollziehung von EU-Recht ergingen bisher 13 Verurteilungen Österreichs durch den EuGH: In zwei von 13 Fällen lag das Verschulden auf Seiten der Länder, in den restlichen Fällen beim Bund.
Die angeführten Zahlen widerlegen eindeutig viele Vorurteile. Die Länder erfüllen ihre Aufgaben in Angelegenheiten der EU mehr als professionell.
Das Institut für Föderalismus regt an, die Diskussion um die EU-Verträglichkeit des österreichischen Föderalismus auf der Basis von Fakten zu führen.

Symposium „Sozialkapital, regionale Identität und Föderalismus“



Der Begriff „Sozialkapital“ ist in den letzten Jahren zu einem Schlüsselwort geworden, das im Zusammenhang mit der Stärkung von Gemeinsinn und bürgerschaftlichem Engagement Verwendung findet. Sozialkapital soll das Schlüsselwort sein, das Zusammenhalt und Fortschritt von Gesellschaften gewährleistet. Sozialkapital entlastet den Staat in der Finanzierung und Erhaltung vielfältiger Strukturen, angefangen vom Katastrophenschutz, über die Pflegevorsorge bis hin zur Kultur. Damit stellt sich die Frage, welche Rahmenbedingungen am ehesten die Entstehung von Sozialkapital erhalten. Ebenso wäre zu klären, ob ein Zusammenhang zwischen Sozialkapital, regionaler Identität und Föderalismus besteht. Wenn dies so wäre, könnte Sozialkapital ein Argument für föderale Strukturen sein? Das Institut für Föderalismus veranstaltet zu diesem Themenkomplex gemeinsam mit der Donau-Universität Krems am 7. Dezember 2006 in der Donau-Universität, Audimax, ein Symposium.

Das Symposion beginnt um 9.30 Uhr. Folgende Referate sind vorgesehen: Rektor Prof. Dr. Helmut Kramer, Krems: „Sozialkapital als ökonomische Überlebensnotwendigkeit des Staates“. Univ.Prof. Dr. Oscar W. Gabriel, Stuttgart: „Sozialkapital und Demokratie“ – eine Chance für die Bürgergesellschaft? Univ.Prof. Dr. Roland Sturm, Erlangen: „Bürgerschaftliches Engagement und Föderalismus“. Prof. Dr. Ernst Gehmacher, Wien: „Die regionale Verortung von Sozialkapital in Österreich“. Mag. Rita Trattnigg, Lebensministerium, Wien: „Zukunftsfaktor Sozialkapital – Praktische Überlegungen zu Staat + Wirtschaft + Zivilgesellschaft in Österreich“. Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger, Innsbruck: „Der Umgang mit dem Sozialkapital in der Verfassungsdiskussion“.
Nach den Referaten ist genügend Zeit für eine Diskussion vorgesehen. Ende der Veranstaltung 16.00 Uhr. Das Institut nimmt Anmeldungen zu diesem Symposium bereits jetzt gerne entgegen. Die offizielle Einladung wird zeitgerecht versandt.

Pflege in Österreich – keine zentralistischen Lösungen



Im aktuellen Wahlkampf wurden unterschiedlichste Konzepte zur Lösung der Pflege-Problematik diskutiert. Von verschiedenen Seiten geforderte zentralistische Lösungen, wie bundeseinheitliche Pflegestandards sind wieder von der Bildfläche verschwunden. Zu Recht, meint das Föderalismusinstitut. Denn tatsächlich sind regionale Strukturen wesentlich besser geeignet um die verschiedenen Aspekte wie die mobilen Hilfsdienste, die ehrenamtlichen Tätigkeiten, die Hauskrankenpflege, aber auch die Unterstützung durch ausländische Pflegekräfte zu koordinieren.

Die Diskussionen über die Pflege der älteren und kranken Menschen in Österreich zählen zu den beherrschenden Themen in den letzten Wochen und sind auch in den Auseinandersetzungen im Nationalratswahlkampf ein zentraler Punkt. Dabei stellt die Frage, welche Möglichkeiten es – angesichts der ca 40.000 illegal in Österreich tätigen Pflegekräfte, vorwiegend aus Osteuropa, und der hohen Kostenbelastungen für die Angehörigen aber auch für die Träger der Sozialversicherung und der Sozialhilfe (den Ländern und Gemeinden) – für eine Lösung des angesichts der steigenden Lebenserwartung immer dringender werdenden Problems geben kann.
Interessanterweise sind die Stimmen, die sich im August 2006 für die Schaffung einheitlicher Pflege- und Finanzierungsstandards aussprachen, verstummt. Offenbar wurde erkannt, dass eine Zentralisierung allein die Probleme nicht lösen kann.
Aus Sicht des Instituts für Föderalismus sind einheitliche Pflegestandards nicht dazu geeignet, das Problem zu lösen. Vielmehr geht es darum, Strukturen zu schaffen, die eine leistbare Pflege ermöglichen. Dazu zählen die Leistungen mobiler Hilfsdienste im Rahmen des Ehrenamtes, die Hauskrankenpflege, aber auch die wertvolle und nicht wegzudenkende Unterstützung durch ausländische Pflegekräfte. Eines dürfte mittlerweile klar geworden sein: Erst die ständige Forderung nach immer höheren Standards der Pflege hat zu den extrem hohen Pflegekosten, die sich kaum noch jemand leisten kann, geführt.

Workshop: Dienstrechtsreformen im Bundesstaat



Das Dienstrecht der öffentlich Bediensteten befindet sich im Umbruch. In den vergangenen Jahren haben die Länder von der ihnen durch die Beseitigung des Homogenitätsprinzips im Jahre 1999 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Gestaltung des Dienstrechtes ihrer Bediensteten von den Strukturen des Bundesdienstrechtes abzuweichen. Auf der anderen Seite hat auch der Bund sein Dienstrecht wesentlich reformiert bzw. es bestehen Pläne einer noch weiter gehenden Modernisierung. Am 24. November 2006 veranstaltet des Föderalismus-Institut im Grillhof-Tiroler Zentrum für Weiterbildung eine Workshops, in dessen Rahmen verschiedene Themenbereiche der Dienstrechtsreformen bei Bund und Ländern diskutiert werden.

Bei diesem Workshop, der um 9.00 Uhr eröffnet wird, werden Praktiker von Bund, Ländern und Gemeinden über die Themenbereiche „Funktionsbezogene Entlohnung“, „Allgemeines Dienstrecht“, und „Pensionsregelungen für Beamte“ referieren. Es ist auch genügend Zeit für eine Diskussion vorsehen.
Ziel des Workshops ist auf wissenschaftlicher Ebene die Herausarbeitung der Bedeutung der Lösungsansätze als Teil der Verwaltungsreform, auf der praktischen Ebene der Erfahrungsaustausch, die den Beteiligten einen in ihrer täglichen Arbeit verwertbaren Nutzen bringen sollen.
Die Einladung zu diesem Workshop wird zeitgerecht versandt und ist auch auf der Homepage des Instituts abrufbar. Um Terminvormerkung wird gebeten.

Buchtipp: „Finanzausgleich und Finanzverfassung auf dem Prüfstand“



Die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften sind in jedem dezentralisierten System von enormer politischer Bedeutung. In föderalen Staaten, in denen parallel zur zentralen Ebene regionale Träger auf Grund ihrer Gesetzgebungshoheit als eigenständige Akteure auftreten, ist die Frage nach dem System der Verteilung von Besteuerungsrechten und Steuererträgen nicht unwesentlich. Am 25. November 2005 veranstaltete das Institut für Föderalismus in Linz ein Seminar zum Thema „Finanzausgleich und Finanzverfassung auf dem Prüfstand“, bei dem auch der Blick über die österreichischen Grenzen nicht zu kurz kam. Nun liegt der Tagungsband vor.

Im Tagungsband setzt sich Institutsdirektor Peter Bußjäger in seinem Beitrag „Modelle der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs im europäischen Vergleich“ mit der Frage, wie in anderen Staaten Europas subnationale Einheiten finanziert werden, auseinander. Gisela Färber, Speyer, untersucht im Beitrag „Chancen und Grenzen von Steuerwettbewerb in der Europäischen Union“ die immer wieder diskutierte Frage der Steuerautonomie und untersucht dabei die Gründe für den schon seit längerem verschärften Steuerwettbewerb, weist aber auch auf die daraus resultierten Konsequenzen und Herausforderungen hin. Giovanni Biaggini, Zürich, erläutert in seinem Beitrag „Der neue Finanzausgleich in der Schweiz“ einleitend die starke föderalistische Tradition der Schweiz und den Handlungsbedarf. Im Gegenzug dazu widmet sich Gerhard Lehner, Wien, in seinem Beitrag „Die Bewertung des Finanzausgleichs 2005-2008 aus finanzwissenschaftlicher Sicht“ dem österreichischen Finanzausgleich. Hans-Georg Ruppe, Graz, untersucht die „Reformoptionen in der österreichischen Finanzverfassung und im Finanzausgleichsrecht“. Nach einem historischen Rückblick auf die Entwicklungen des F-VG und des FAG in der 2. Republik wendet er sich den Reformoptionen, zunächst mit rechtstechnischen Fragen und dann den inhaltlichen Problemen, zu.
Der Band 99 der Schriftenreihe BUSSJÄGER (Hg) „Finanzausgleich und Finanzverfassung auf dem Prüfstand“, Wien 2006, ISBN 3-7003-1589-9, 978-3-7003-1589-6, ist zum Preis von € 20,90 im Buchhandel erhältlich.

Staaten im Umbruch – Föderalismus und Dezentralisierung im Trend?



Die große Föderalismus-Reform in Deutschland, die Volksabstimmungen über das neue Statut Kataloniens, die Verfassungsreform in Italien oder die Unabhängigkeit Montenegros sind Symbole für einen Trend, der sich in vielen Teilen Europas abzeichnet: Föderalisierung und Dezentralisierung erhalten – trotz einiger Rückschläge – neue Chancen.

Am 30. Juni hat der Bundestag in Deutschland die große Föderalismusreform verabschiedet (siehe ausführlich Föderalismus-Info Nr 1/2006). Sie reduziert die Zustimmungsrechte des Bundesrates und bringt den Ländern im Gegenzug mehr Kompetenzen. Ein Einspruch des Bundesrates war auf Grund des großen parteienübergreifenden Konsenses nicht zu erwarten.
Als zweiten Schritt will die Bundesregierung eine Reform der Finanzverfassung angehen.
Am 18. Juni 2006 wurde vom katalanischen Volk mit großer Mehrheit das neue Statut von Katalonien angenommen, das dieser Autonomen Gemeinschaft Spaniens eine noch größere Eigenständigkeit bringen wird (siehe Föderalismus-Info Nr 2/2006).
Dagegen wurde am 3. und 4. Juli die Verfassungsreform in Italien, die unter anderem den Regionen mehr Kompetenzen hätte bringen sollen, in einem Referendum mit recht deutlicher Mehrheit abgelehnt. Die Reform war von Anfang an höchst umstritten, unter anderem wegen ihrer Unklarheit und weil die Ausweitung der Kompetenzen der Regionen auch mit größeren Aufsichtsrechten der Zentralregierung in Rom verbunden gewesen wäre. Sie wurde insbesondere in den Regionen mit Sonderstatut (insbesondere in Südtirol und dem Trentino) abgelehnt.
Mit der Volksabstimmung vom 21. Mai 2006 in Montenegro, die diesem Staat mit knapper Mehrheit die Unabhängigkeit brachte, gibt es einen Bundesstaat (Serbien-Montenegro) weniger, dafür einen Kleinstaat in der Größe Tirols mehr.
Alle diese Beispiele, so verschieden sie auch sind, zeigen, dass sich viele Staaten im Umbruch befinden. Gerade das Beispiel Italiens unterstreicht aber auch die Schwierigkeiten im Ringen um die „mittlere“, nämlich regionale Ebene der Staaten. Das Beispiel Montenegros wiederum zeigt, dass sogar sehr kleinen Einheiten in der Zeit der Globalisierung zugetraut wird, eigenständig Staatsfunktionen wahrzunehmen. Man kann vorsichtig von einem Trend zur Föderalisierung und Dezentralisierung sprechen, bei dem es aber gilt, das richtige Maß zu finden.

Braucht Österreich mehr oder weniger Dezentralisierung?



Österreichs Verwaltung ist nach wie vor zu teuer. Das liegt allerdings nicht an seiner föderalistischen Struktur, sondern ganz im Gegenteil an einem nach wie vor vorhandenen Zentralismus. So zeigt ein Vergleich zwischen zentralistisch und föderalistisch organisierten Ländern, dass Österreich bei den Staatsausgaben in wichtigen Politikfeldern wie Innere Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Sozialpolitik in einer Reihe mit den Zentralstaaten steht.

Vor dem Hintergrund von Äußerungen in der Presse, in denen die Meinung vertreten wird, dass Österreich als Kleinstaat und Mitglied der Europäischen Union eigentlich zuviel Föderalismus aufweise, mag folgende Übersicht von Interesse sein, die dem jüngst erschienen, äußerst informativen Buch der deutschen Politologen Roland Sturm/Petra Zimmermann-Steinhart, Föderalismus (Nomos Verlag 2005), S. 75 entnommen ist:
Unter Heranziehung von jeweils fünf föderalen Staaten (Australien, Kanada, Deutschland, USA und Schweiz sowie fünf Einheitsstaaten (Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Großbritannien) wurden für verschiedenste Politikfelder ein Durchschnittswert für die Verteilung der Staatsausgaben auf die zentrale bzw. dezentrale (Länderebene oder lokale Ebene) errechnet. Dieser ergibt für folgende Politikfelder nachstehende Resultate:
 
Innere Sicherheit
Zentral/dezentral
Bildung
Zentral/dezentral
Gesundheit
Zentral/dezentral
Sozialpolitik
Zentral/dezentral
Föderale Staaten
6/94
11/89
47/53
78/22
Einheitsstaaten
74/26
49/51
67/33
78/22
 
Es fällt somit auf, dass es zwischen föderalen und Einheitsstaaten, von der Sozialpolitik abgesehen, tatsächlich signifikante Unterschiede in der Verteilung der Staatsausgaben gibt. Wie steht jedoch das von den Autoren nicht untersuchte Österreich in diesem Vergleich da? Unter Heranziehung von Quellen der Statistik Austria für 2004 ergibt sich folgendes Bild:
 
Innere Sicherheit
Zentral/dezentral
Bildung
Zentral/dezentral
Gesundheit
Zentral/dezentral
Sozialpolitik
Zentral/dezentral
Österreich
84/16
62/38
66/34
87/13
 
Die Folgerung: Österreich ist – was längst bekannt ist – nicht nur ein besonders zentralistischer Bundesstaat, sondern – von den Staatsausgaben her betrachtet – ein besonders zentralistischer Einheitsstaat! Es ist in dieser Beziehung auch deutlich zentralistischer als das kleine Dänemark, in dem beispielsweise in der Bildung 51% der Staatsausgaben auf der zentralen Ebene erfolgen, in der Gesundheit nur 8% der Staatsausgaben auf der zentralen Ebene angesiedelt sind und im Bereich der Sozialpolitik 47%. Vor dem Hintergrund laufender Diskussionen zeigt sich daher: Österreich braucht im internationalen Bereich nicht weniger, sondern eine noch viel stärkere Dezentralisierung, die am besten durch eine Stärkung der föderalen Gestaltungskraft hergestellt werden kann.

Föderalismus in Österreich – Ergebnisse einer Umfrage



Die Österreichische Gesellschaft für Marketing (OGM) veröffentlichte soeben die Studie „Föderalismus in Österreich“. In der im Mai 2006 im Auftrag der „Jungen Industrie“ der Industriellenvereinigung durchgeführten repräsentativen Umfrage wurden österreichweit 401 Personen (220 Männer und 181 Frauen) im Alter von 18 bis 40 Jahren unterschiedlicher Schulbildung befragt. Die Ergebnisse der Umfrage sind – gerade aus föderalistischer Sicht – sehr interessant: Eine höhere Identifikation der Bürger mit den Bundesländern als den anderen politischen Ebenen führt unter anderem zur Forderung nach mehr Länderkompetenzen.

In den Ergebnissen der Umfrage zeigt sich eine stärkere Verbundenheit der Menschen mit dem Land als mit Österreich oder Europa. Das beweist, dass die Bedeutung der regionalen Identität ungebrochen hoch ist und durchaus als Auftrag zu mehr Eigenständigkeit gesehen werden kann. Das Bedürfnis nach mehr regionaler Eigenständigkeit verdeutlichen auch die Ergebnisse der Frage 8. Die überwiegende Zahl der Befragten spricht sich in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Umweltrecht, Schulwesen, Jugendschutz und Betriebsanlagenrecht für mehr Länderkompetenzen aus, lediglich bei der Gesundheitspolitik spricht sich eine Mehrheit für Bundeskompetenzen aus. Dies bestätigt auch die Haltung des Instituts für Föderalismus, dass sich der Bund auf die Vorgabe von grundsätzlichen Leitlinien zurückziehen soll und den Ländern viel größeren Spielraum in der Ausführen belassen soll. Die Studie zeigt aber auch, dass die Landtagsarbeit besser vermittelt werden muss und dass die Tätigkeit des Bundesrates einer großen Mehrheit nicht klar erkennbar ist.
Nachstehend werden einzelne vom Institut ausgewählte Fragen (die Ergebnisse sämtlicher Fragen - Tabellenteil - sind als pdf-Datei abrufbar) wiedergegeben. Da die Ergebnisse nach Regionen durchaus unterschiedlich sind (so sind im Westen Österreichs 52% der Befragten der Meinung, dass Österreich zentralistisch organisiert ist), werden diese in den Tabellen angeführt. Die Region Ost umfasst die Länder Burgenland, Niederösterreich und Wien, die Region Mitte Oberösterreich und Salzburg, die Region Süd Kärnten und die Steiermark und die Region West die Länder Tirol und Vorarlberg. Die Anzahl der Befragten betrug 401 Personen und verteilte sich wie folgt: Region Ost 160, Region Mitte 106, Region Süd 89 und Region West 47 Personen.
 
Frage 1: Als was fühlen Sie sich zuerst: als … (Bundesland einsetzen), als Österreicher oder als Europäer? (Alle Angaben in Prozent)
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
Bundesland
48
41
42
61
55
Österreicher
39
49
40
30
23
Europäer
12
9
16
8
21
keine Angabe
1
1
2
1
1
 
Frage 2: Die Vertretung der Bundesländer im Parlament ist der Bundesrat. Sind Ihrer Meinung nach die politischen Aufgaben und Tätigkeit des Bundesrates klar erkennbar oder weniger klar erkennbar?
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
klar erkennbar
25
21
33
15
36
weniger klar erkennbar
68
73
64
76
46
keine Angabe
7
5
3
9
18
 
 
Frage 4: Wie sehen Sie die Rolle der Landtage: haben die Landtage in den vergangenen Jahren mehr oder weniger Kompetenzen bekommen?
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
mehr
22
25
26
10
28
weniger
30
34
29
31
21
gleich geblieben
25
23
23
40
8
keine Angabe
22
19
22
19
43
 
Frage 5: Wie wichtig ist Ihrer Ansicht nach der Landeshauptmann oder die Landeshauptfrau für die Identifikation mit Ihrem Bundesland: sehr, etwas, weniger oder gar nicht wichtig?
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
sehr
63
67
66
55
58
etwas
29
23
30
33
36
weniger
4
5
1
7
2
gar nicht
2
2
3
2
4
keine Angabe
2
3
0
3
0
 
Frage 7: Wo werden Ihrer Ansicht nach die meisten Gesetze, die unseren Alltag bestimmen, gemacht …?
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
im EU-Parlament in Brüssel
33
33
40
29
35
im Parlament in Wien
49
50
40
52
52
in den Landtagen der
einzelnen Bundesländer
11
11
16
9
5
keine Angabe
6
6
4
10
8
 
Frage 8: Welche der nachstehend angeführten Materien sollen der Bund oder das Land übernehmen?
 
 
 
Region
Materie
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
Umweltrecht
Bund
47
41
56
42
53
 
Land
48
52
44
49
47
 
kA
5
7
0
8
5
Jugendschutz
Bund
45
41
44
52
49
 
Land
52
52
56
48
51
 
kA
3
6
0
0
0
Verkehrsinfrastruktur
Bund
47
54
46
39
38
 
Land
48
40
52
53
62
 
kA
5
7
2
9
0
Schulwesen
Bund
46
35
59
45
53
 
Land
51
59
41
52
42
 
kA
4
6
0
3
5
Gesundheitspolitik
Bund
54
61
52
49
48
 
Land
41
33
45
50
50
 
kA
5
6
2
1
1
Betriebsanlagenrecht
Bund
35
31
45
37
21
 
Land
55
54
51
60
62
 
kA
10
15
4
4
17
 
Frage 9: Was meinen Sie, ist der österreichische Staat föderalistisch oder zentralistisch organisiert?
 
 
Region
 
TOTAL
Ost
Mitte
Süd
West
föderalistisch
36
39
35
37
29
zentralistisch
43
45
48
31
52
keine Angabe
20
16
18
32
19

Alle Ergebnisse sind auch als PDF abrufbar.

Missachtung der Länderinteressen im Gesetzgebungsverfahren durch den Bund



Im Begutachtungsverfahren zum neuen Bundesgesetz über den Unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchsabgabengesetz, die Bundesabgabeordnung und das Bodenschätzegesetz werden die Länder – trotz massiver finanzieller Auswirkungen – übergangen. Dieses Vorgehen des Bundes ist ein weiteres Beispiel für die viel zu schwache Verankerung der Länder und Gemeinden in der Bundesgesetzgebung. Es ist darüber hinaus aber auch gesetzeswidrig.

Ende Juni 2006 wurde dem Nationalrat die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungsgesetz 1970 geändert werden - UFSG-Novelle 2006 (RV 1567 dB) zur parlamentarischen Behandlung weitergeleitet. Neben Klarstellungen bei der Definition der Leitungsaufgaben des Präsidenten des unabhängigen Finanzsenates wird aufgrund eines VfGH-Erkenntnisses die Vergütung der Normverbrauchsabgabe auch bei der Verbringung eines privaten Gebrauchsfahrzeuges ins Ausland oder beim Export durch einen Fahrzeughändler zuerkannt.
Die Länder wurden mit dem gegenständlichen Vorhaben erstmalig durch die Regierungsvorlage befasst. Auf der Homepage des österreichischen Parlaments (www.parlament.gv.at) ist ersichtlich, dass der Ministerialentwurf des Bundesgesetzes vom Bundesministerium für Finanzen am 6. Mai 2006 zur Begutachtung versandt wurde, das Ende der Begutachtungsfrist war am 19. Mai 2006! Die Länder, der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund waren in das Begutachtungsverfahren nicht eingebunden! Dies zeigt sich auch daran, dass auf der Parlaments-Homepage die Stellungnahmen der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, des Rechnungshofes, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und des Bundeskanzleramtes veröffentlich sind, die Stellungnahmen der Länder und des Städtebundes bzw. des Gemeindebundes jedoch nicht auffindbar sind.
Aus der in den Erläuterungen enthaltenen Darstellung der finanziellen Auswirkungen der geplanten Änderungen des Normverbrauchsabgabegesetzes geht hervor, dass die Mindereinnahmen aus der Normverbrauchsabgabe insgesamt jährlich rund 20 Millionen Euro betragen werden. Davon entfallen auf den Bund 14,6 Mill. €, 3,1 Mill. € auf die Länder und 2,3 Mill. € auf die Gemeinden. In Anbetracht der erheblichen finanziellen Auswirkungen der Normverbrauchsabgabe auf die Länder und die Gemeinden muss gegen diese Vorgangsweise aus föderalistischer Sicht schärfstens protestiert werden.
Gemäß Art 6 Abs 1 Z 3 der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt kann kein Verlangen nach Aufnahme von Verhandlungen in einem Konsultationsgremium gestellt werden, da die Vereinbarung nicht für Recht setzende Maßnahmen auf dem Gebiet des Abgabenrechts und der bundesgesetzlichen Regelung des Finanzausgleichs gilt.
Übersehen wird jedoch, dass gemäß § 6 des Finanzausgleichsgesetzes 2005, BGBl I Nr 156/2004, der Bund mit den am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften vor der Inangriffnahme steuerpolitischer Maßnahmen, die für die Gebietskörperschaften mit einem Ausfall an Steuern, an deren Ertrag sie beteiligt sind, Verhandlungen zu führen hat. Dieser gesetzlichen Verhandlungspflicht ist der Bund bisher nicht nachgekommen, sondern hat das Gesetzesvorhaben ohne vorherige Einbindung der Länder und auch der Gemeinden in den Ministerrat eingebracht. Diese Vorgangsweise ist damit gesetzwidrig und aus Ländersicht wegen der finanziellen Beeinträchtigung der Landesfinanzen abzulehnen.
Die Vorgangsweise des Bundes zeigt einmal mehr, in welch schwacher Position sich die Länder – und auch die Gemeinden – im Gesetzgebungsverfahren des Bundes befinden.

Seminar „Katastrophenschutz als Aufgabe und Verantwortung im Bundesstaat“ - Rückblick und Erkenntnisse



Beim vom Institut für Föderalismus am 23. Juni 2006 im Feuerwehrhaus Rankweil durchgeführten Seminar „Katastrophenschutz als Aufgabe und Verantwortung im Bundesstaat“ konnte der Vorarlberger Landtagspräsident Gebhard Halder zahlreiche Teilnehmer aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Vertreter der Einsatzorganisationen begrüßen, die sich in ihren Referaten mit den rechtlichen, ökonomischen, humanitären und organisatorischen Problemstellungen befassten.

In seinem Einleitungsreferat ging Institutsdirektor Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger zunächst auf den Begriff Katastrophenschutz ein und erläuterte dann die innerstaatliche Kompetenzverteilung und die daraus resultierenden Aufgaben und Verantwortungen, auch unter Einbeziehung der Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts. Er verwies auf die noch nicht abgeschlossenen Reformdiskussionen im Bereich der Katastrophenprävention, ‑bekämpfung sowie der ‑schutzplanung, insbesondere in legislativer Hinsicht.
Univ.Prof. Dr. Karl Weber verwies zunächst auf die drei verwaltungsrechtlichen Bereiche des Katastrophenschutzes: Präventive Maßnahmen, Katastrophenmanagement und –nachsorge, um dann auf die Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelungen, aber auch auf die Problematik selbiger im Katastrophenfall einzugehen. Da Katastrophenbekämpfung flexibles, gleichwohl straff organisiertes Handeln aller beteiligten Einrichtungen und Stellen erfordert, stellt die Festlegung der Einsatzleitung und die Koordination unterschiedlicher Behörden und Dienststellen einen verwaltungsrechtlich neuralgischen Punkt dar. Der Vollzug der Katastrophenhilfegesetze und Katastrophenmanagementgesetze werfe laut Weber immer wieder Probleme auf, ebenso sei bei der Nach- und Aufarbeitung von Katastrophen ein Auseinanderklaffen der Erwartungshaltungen der Betroffenen und der realen Möglichkeiten der Länder und Gemeinden zu beobachten, wobei aber gerade in Hinblick auf mögliche künftige Ereignisse seiner Ansicht nach eine realistische und problemorientierte Kooperation von Staat, Gesellschaft und Individuum wichtig wäre.
Die Referenten Georg Fröwis, Bürgermeister von Bezau, und Dr. Kurt Kalcher, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, gingen insbesondere auf die vergangenen Katastrophen in ihren Gebieten (Hochwasser, Schneechaos) ein und veranschaulichten die Situationen durch Bildmaterial. Beide sprachen sich hinsichtlich der Bewältigung solcher oder ähnlicher Katastrophen für ein dezentrales System aus, nicht zuletzt aufgrund der lokalen Kenntnisse der Einsatzkräfte, der Flexibilität und Bürgernähe, aber auch mit den Nachteilen der eigenen Möglichkeiten, der Eigenverantwortung und der finanziellen und personellen Mehrbelastungen. Eine gute und fundierte Ausbildung der Einsatzkräfte, eine gute Koordination sowie das Vorliegen von entsprechenden Katastrophenschutzplänen seien essentiell. Dr. Kalcher erwähnte außerdem die Notwendigkeit der entsprechenden Zusammenarbeit mit den Medien, um die Bevölkerung ausreichend zu informieren.
Auf diesen Punkt ging auch Frau Dr. Petra Unterweger vom Bundesministerium für Inneres, in Ihrem Beitrag „Staatliches Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM) in Österreich und im internationalen Kontext“ ein. Sie erläuterte die Entstehungsgeschichte, die Notwendigkeit, die Aufgaben, die Koordinations- und Kommunikationsmöglichkeiten des SKMM bzw der einzelnen Bundesministerien untereinander, aber auch auf internationaler Ebene, in Hinblick auf Prävention, Abwicklung, Zusammenarbeit, Finanzierung, Nachbearbeitung der unterschiedlichsten Arten von Katastrophen (vgl Natur, Nuklear, Epidemien).
Franz-Josef Molitor vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn, verwies auf die Rolle des Katastrophenschutzes sowie die jüngsten Tendenzen und Entwicklungen (vgl etwa SEVESO II und die Hochwasser Richtlinie) innerhalb der EU. Er erwähnte die Notwendigkeit der länderübergreifenden Zusammenarbeit bei Katastrophenfällen, teilte jedoch mit, dass im Katastrophenfall internationale Hilfskräfte erst innerhalb von 1 – 2 Tagen vor Ort sein könnten, weshalb die Erhaltung von nationalen bzw. lokalen Strukturen unverzichtbar sei.
Anschließend an die Vorträge fand ein runder Tisch mit Vertretern des Österreichischen Bundesheeres und der Einsatzorganisationen statt. Dabei gingen Gebhard Barbisch, Landesleiter des Österr. Bergrettungsdienstes, Michael Beyrer, Landeseinsatzleiter der Österr. Wasserrettung, Major Ing. Andreas Eberle, Militärkommando Vorarlberg, Dr. Markus Maass, Bezirkshauptmann von Landeck, Werner Meisinger, Landesrettungskommandant ÖRK und Ulrich Welte, Landesfeuerwehrinspektor von Vorarlberg, auf gemachte Erfahrungen und aktuelle Fragen und Probleme ein.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine gute Koordination im Bereich des Katastrophenschutzes und der -bekämpfung in Österreich besteht, dies nicht zuletzt aufgrund der Ausbildung und Erfahrung der Einsatzkräfte, auch durch internationale Einsätze.
In der Diskussion wurde das Thema Katastrophenschutz - insbesondere der Umgang, die Abwicklung, die Nachbearbeitung und die Prävention – aus rechtlicher, ökonomischer, sowie humanitärer Sicht aus Theorie und Praxis beleuchtet und Reformvorschläge andiskutiert.

Buchtipp: 60 Jahre Länderkonferenzen 1945 – Die Länder und die Wiederbegründung der Republik



Am 14. September 2005 veranstaltete das Institut für Föderalismus im Palais Niederösterreich (Altes Landhaus) im Rahmen des „Gedankenjahres 2005“ ein Symposium, um dabei die wichtige Rolle der Länder bei der Wiederbegründung der Republik im Jahre 1945 klarzustellen. Als Band 6 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ ist der von Univ.Doz. Dr. Peter BUSSJÄGER herausgegebene Tagungsband unter dem Titel „60 Jahre Länderkonferenzen 1945 – Die Länder und die Wiederbegründung der Republik“, erschienen. Er enthält die vier Referate, die bei dieser Tagung gehalten wurden und ist zum Preis von € 12,90 im Buchhandel erhältlich.

Peter Bußjäger zeigt in seinem Beitrag „Stunde Null: Die staatsrechtlichen Perspektiven 1945 aus der Sicht der Länder“ den Weg zu den Länderkonferenzen aus der Perspektive der Länder auf. Peter Mähner von der Österreichischen Gesellschaft für historische Quellenstudien unterwirft die „Bedeutung der Länderkonferenzen für die Wiederbegründung der Republik“ einer zeitgeschichtlichen Analyse. Univ.Prof. Michael Gehler geht in seinem Beitrag „Karl Gruber als Vertreter des Westens und die erste Länderkonferenz 24. bis 26. September 1945“ausführlich auf die Persönlichkeit des Tiroler Landeshauptmannes und späteren Außenministers ein und zeigte auch auf, dass die letztlich gefundene Einigung bei den Länderkonferenzen keineswegs vorgezeichnet war und dass Karl Gruber mit seiner Bereitschaft zur Teilnahme an der ersten gesamtösterreichischen Länderkonferenz entscheidend zur Anerkennung der Regierung Renner durch die Westmächte beitrug. Landtagsdirektor Karl Lengheimer setzte mit seinem Referat „Die Bausteine zur Wiederherstellung der bundesstaatlichen Verfassung 1945“ einen staatsrechtlichen Schlusspunkt unter die Konferenz, die eine wesentliche Voraussetzung des Wirksamwerdens der bundesstaatlichen Ordnung in Österreich bildete.
Der Band 6 „60 Jahre Länderkonferenzen 1945 – Die Länder und die Wiederbegründung der Republik“, Wien 2006, 91 Seiten, ISBN 3-7003-1582-1, 978-3-7003-1582-7, ist zum Preis von € 12,90 im Buchhandel erhältlich.

Buchtipp: Subsidiarität anwenden: Regionen, Staaten, Europäische Union



Die Euroregionale Vereinigung für vergleichendes öffentliches Recht und Europarecht/Associazione Euroregionale di Diritto Pubblico Comparato ed Europeo und das Institut für Föderalismus hielten von 27. bis 28. Oktober 2005 in Innsbruck die Tagung „Subsidiarität anwenden: „Regionen, Staaten, Europäische Union/La Sussidiarietà Applicata: Regioni, Stati, Unione Europea“ ab. Der von Anna GAMPER/Peter BUSSJÄGER herausgegebene Band 98 der Schriftenreihe umfasst die anlässlich dieser Tagung gehaltenen Referate sowie weitere Konferenzbeiträge in deutscher und italienischer Sprache und ist in jeder Buchhandlung zum Preis von € 32,90 erhältlich.

Die Euroregionale Vereinigung für vergleichendes öffentliches Recht und Europarecht/Associazione Euroregionale di Diritto Pubblico Comparato ed Europeo und das Institut für Föderalismus hielten von 27. bis 28. Oktober 2005 in Innsbruck die Tagung „Subsidiarität anwenden: „Regionen, Staaten, Europäische Union/La Sussidiarietà Applicata: Regioni, Stati, Unione Europea“ ab. Der von Anna GAMPER/Peter BUSSJÄGER herausgegebene Band 98 der Schriftenreihe umfasst die anlässlich dieser Tagung gehaltenen Referate sowie weitere Konferenzbeiträge in deutscher und italienischer Sprache.
Im Mittelpunkt dieses Bandes steht die für die Aufgabenverteilung in europäischen Mehrebenensystemen zentrale Frage, wie das Subsidiaritätsprinzip in der Praxis so operabel gemacht werden kann, dass sich die „übergeordneten“ Ebenen in ihrer Aufgabenwahrnehmung dort zurückziehen, wo der regionalen Ebene sinnvoll Gestaltungsspielräume verbleiben sollen. Neben einer kompetenztheoretischen Untersuchung des Subsidiaritätsprinzips behandeln die Beiträge verschiedenste praxisrelevante Aspekte, etwa die Interpretation des Subsidiaritätsprinzips durch den EuGH oder nationale Höchstgerichte und seine Einforderung durch nationale und regionale Parlamente, den Europarat und den Ausschuss der Regionen sowie die Aktivitäten der Verbindungsbüros in Brüssel. Untersucht werden aber auch die Subsidiarität zwischen Ländern und Gemeinden, als Prinzip für Gesetzgebung und Verwaltung, praktische Probleme der Subsidiaritätsprüfung auf der regionalen Ebene sowie die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der deutschen Föderalismusreform.
Der Band 98 GAMPER/BUSSJÄGER „Regionen, Staaten, Europäische Union/La Sussidiarietà Applicata: Regioni, Stati, Unione Europea”, Wien 2006, 219 Seiten, ISBN 3-7003-1580-5, 978-3-7003-1580-3, ist in jeder Buchhandlung zum Preis von € 32,90 erhältlich.

Fussballweltmeister Italien



Zum Abschluss eine augenzwinkernde föderalistische Nachlese zur Fußballweltmeisterschaft

Dass der Gewinn des Weltmeistertitels für einen Staat enorme politische Auswirkungen haben kann, ist eine mittlerweile wissenschaftlich gut abgesicherte Erkenntnis.
Für das Institut für Föderalismus war es daher auch interessant, zu analysieren, wie sich die Weltmeistertitel bisher verteilt haben: Seit 1930 wurden 14 von 18 Weltmeisterschaften von föderalistisch organisierten Staaten gewonnen. Brasilien (5x), Deutschland (3x) und Argentinien (2x) sind eindeutig föderalistisch, Italien (4x) kann man seit der Verfassungsreform 2001 durchaus als „semi-föderalen“ Staat bezeichnen.
Klassische Einheitsstaaten wie Uruguay (2x), Frankreich und England (je 1x) bilden die eindeutige Minderheit. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter als es weltweit bekanntlich nur knapp zwei Dutzend föderale Staaten gibt.
Das Institut für Föderalismus zieht den vorsichtigen Schluss, dass Föderalismus neben vielen anderen Vorzügen auch im Fußball überlegen ist. Ein (weiterer) Grund für mehr Föderalismus in Österreich?

Liebe Leserinnen und Leser, sehr geehrte Damen und Herren!



Mit dieser weiteren Ausgabe unserer Föderalismus-Info möchten wir Sie wie gewohnt über aktuelle föderalistische Anliegen und Vorgänge informieren und hoffen, auch mit dieser neuesten Ausgabe Ihr Interesse zu wecken. Seit 1. März 2006 dürfen gemäß § 107 Telekommunikationsgesetz keine e-mails ohne vorherige Zustimmung der Empfängerin/des Empfängers versendet werden. Sie haben bisher die Föderalismus-Info des Instituts für Föderalismus erhalten und sich nicht gegen diese Zusendung ausgesprochen. Wir dürfen daher davon ausgehen, dass Sie auch weiterhin an unseren aktuellen Informationen auf elektronischem Weg interessiert sind. Sollten Sie auf den weiteren Bezug unserer Föderalismus-Info jedoch verzichten, ersuchen wir um eine kurze Benachrichtigung an claudia.zung@foederalismus.at. Mit freundlichen Grüßen Univ. Doz. Dr. Peter Bußjäger Institutsdirektor

Der 3,5 Milliarden-Gag



In den „Salzburger Nachrichten“ vom 21. April 2006 werden die „Einsparungspotenziale im Beamten- und Bundesstaat Österreich“ unter Berufung auf Aussagen des früheren Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler mit 3,5 Mrd Euro pro Jahr geschätzt. Daran zeigt sich, wie hartnäckig sich auch in Qualitätszeitungen einmal in die Welt gesetzte Gerüchte halten können, solange sie nur oft genug wiederholt werden. Das Gerücht war bereits im Vorfeld des Österreich-Konvents von Interessenvertretungen der Wirtschaft propagiert worden. Eine Aufschlüsselung, wo diese Kosten genau eingespart werden könnten, hat das interessierte Publikum freilich nie gehört. Stattdessen erfolgt immer wieder ein nebuloser Verweis auf angebliche Expertenmeinungen, die in dieser Form nicht belegbar sind. Das Gerücht, das eine große Karriere zum „Running Gag“ gemacht hat, indem ihm auch maßgebliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie eben der zitierte frühere Rechnungshofpräsident erlegen.

Strafvollzugsgesetz-Novelle bringt neuen Zentralismus



Mit dem geplanten neuen Strafvollzugsgesetzt droht ein weiterer Schritt hin in Richtung mehr Zentralisierung. Eine neu zu schaffende, direkt dem Justizministerium nachgeordnete Vollzugsdirektion soll zukünftig für den Strafvollzug zuständig sein und die Aufgaben der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz und der jeweiligen Oberlandesgerichte übernehmen. Argumentiert wird mit einer Zuständigkeitsbereinigung. Faktisch wird es aus Sicht des Föderalismusinstituts aber nicht zu einer Vereinfachung, sondern zu einer Verkomplizierung des Strafvollzugs und einer Aufblähung der Apparate in den Zentralstellen kommen. Außerdem würde durch die Neuregelung auf die bewährte Kompetenz und die rasche Reaktionsmöglichkeit der vor Ort Tätigen verzichtet. Eine tatsächliche Vereinfachung könnte stattdessen durch die Einsparung einer Ebene im Rahmen eines dezentralen Modells gelingen. Einer bürgernahen und effizienten Vollzugsjustiz würde durch die Novelle jedenfalls ein Bärendienst erwiesen.

Die Begutachtungsfrist des Entwurfes eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden, ist am 10. April 2006 abgelaufen.
Mit diesem Gesetz soll eine neue, dem Bundesministerium für Justiz unmittelbar nachgeordnete Vollzugsdirektion geschaffen werden, der die operative Durchführung des Straf- und Maßnahmenvollzuges nach den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes obliegt.
Den Erläuterungen zufolge sollen damit die teilweise parallelen Agenden der Dienst- und Fachaufsicht sowohl in der Zentralstelle als auch beim Präsidenten des Gerichtshofes I. Instanz und beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes, überwunden und die Kompetenzen bei der Vollzugsdirektion gebündelt werden.
Aus verwaltungsorganisatorischer und föderalistischer Sicht ist die Bildung einer neuen, unmittelbar dem Bundesministerium für Justiz nachgeordneten Bundesdienststelle äußerst kritisch zu beurteilen: Durch diese Zentralisierung des Strafvollzugs mögen wohl bei den Landesgerichten und den Oberlandesgerichten gewisse Kapazitäten eingespart werden, diese werden jedoch in die Vollzugsdirektion (also der neuen Bundesbehörde) eingebracht. Da das Bundesministerium für Justiz zwangsläufig die Fachaufsicht über die Vollzugsdirektion wahrnehmen und ausüben wird, ist nicht zu erwarten, dass auf zentraler Ebene eine Kostenreduktion eintreten dürfte. Vielmehr führen die geplanten Maßnahmen eher zu einer Aufblähung der Apparate in der Zentrale. Der Entwurf lässt völlig unberücksichtigt, dass sich die Präsidenten der Oberlandesgerichte mit ihrer Fach- und Sachkompetenz in den Bereichen Organisation, Personal, Wirtschaft, Bau und Controlling bewährt und auch die ihnen im Jahr 2002 übertragene Dienstaufsicht über die Justizanstalten bestens wahrgenommen haben.
Sinnvoller wäre es sicherlich, die Agenden des Strafvollzugs weiterhin in den bestehenden Strukturen der Justizverwaltung zu belassen. Sollten sich Parallelitäten oder Überschneidungen in der Aufgabenerledigung ergeben, könnten diese dadurch abgebaut werden, dass etwa eine Ebene eingespart wird. Ein dezentrales Organisationsmodell würde erheblich kürzere Verfahrenswege in der ersten Instanz und einen beträchtlich geringeren Rechtsmittelaufwand bedeuten und eine im Vergleich zum zentralistischen Modell höhere Einbindung des Fachwissens von Mitarbeitern in den Justizanstalten bringen.
Es ist kein Grund ersichtlich, mit dieser geplanten Reorganisationsmaßnahme die jahrzehntelang bewährte Arbeit der Präsidenten der Landesgerichte als Vollzugsoberbehörde vor Ort abzuschaffen und dafür eine von den wirklichen Vorgängen weit entfernte zentrale Behörde in Wien zuständig zu machen. Dies widerspricht auch elementaren Grundsätzen moderner Unternehmensführung und ist zudem einer raschen Reaktion in Krisenfällen hinderlich. Das Vorhaben ist ein weiterer Schritt, die föderale Gerichtsorganisation zu unterhöhlen.
Das geplante Gesetz widerspricht einer bürgernahen Vollzugsjustiz und ist in der vorliegenden Fassung - auch aus föderalistischen und verwaltungsökonomischen Gründen - abzulehnen.

Neues Autonomiestatut für Katalonien



Ein neues, sehr kontrovers diskutiertes Autonomiestatut für Katalonien wurde Ende März vom spanischen Abgeordnetenhaus beschlossen und soll im Juni einer Volksabstimmung in Katalonien unterzogen werden. Im Wesentlichen geht es um eine größere finanzielle und politische Eigenständigkeit der Region. Katalonien wird zwar nicht als Nation, aber als eigene „Nationalität“ bezeichnet. Eigene Nationalmannschaften für Sportbewerbe – wie von Katalonien ursprünglich gefordert, wird es allerdings nicht geben. Besonders weitgehend sind dagegen die Möglichkeiten im Bereich der Einhebung und Verwendung der Steuermittel. Sogar eine eigene Mehrwertsteuer kann künftig eingehoben werden. Die Zentralregierung soll aber weiterhin dafür sorgen, dass die innerspanische Solidarität gewährleistet bleibt. Dieses Statut kann als weiteres Indiz für eine europäische Entwicklung hin zu einer differenzierteren föderalistischen Organisation der Mitgliedsstaaten gewertet werden.

Am 30. März 2006 stimmte das spanische Abgeordnetenhaus einem heftig umstrittenen, neuen Statut für Katalonien zu, das der wirtschaftlich stärksten Region des Landes eine größere finanzielle und politische Eigenständigkeit einräumt. Für den Text stimmten 189 Abgeordnete der regierenden Sozialisten (PSOE), der katalonischen Nationalisten (CiU), der Vereinten Linken (IU) und kleinerer Parteien. Dagegen stimmten 154 Abgeordnete der konservativen Volkspartei (PP) und der katalanischen Linksrepublikaner (ERC). Zwischenzeitig wurde das neue Statut auch vom Senat gebilligt und wird am 18. Juni 2006 den 6,8 Millionen Katalanen zum Referendum vorgelegt.
Das neue Statut löst das bisherige aus dem Jahre 1979 ab und bringt eine neuerlich erweiterte Autonomie Kataloniens. Allerdings konnten sich die Katalanen mit zwei wichtigen Forderungen nicht durchsetzen. Ministerpräsident Zapatero (PSOE) verweigerte ihnen die Übergabe des Flughafens der katalanischen Hauptstadt Barcelona und lehnte es ab, dass Katalonien an internationalen Sportwettbewerben mit eigenen „Nationalmannschaften“ teilnehmen kann.
Die Kernpunkte des neuen Statuts für Katalonien sind folgende:
 
1. Frage der katalanischen „Nation“
Die Definition Kataloniens als „Nation“, wie im Entwurf vorgesehen, wird durch die Kompromissformel „Nationalität“ ersetzt. In der nicht verbindlichen Präambel des neuen Statuts werden die „nationalen Gefühle“ der Bürger/innen in der Autonomen Region anerkannt.
 
2. Finanzhoheit
Nach der Verankerung des Prinzips, dass die Mittelzuweisungen für Katalonien nicht zu Lasten anderer Autonomer Regionen gehen dürfen, wird normiert, dass Katalonien bei der Festlegung der Steuern des Gesamtstaates (Höhe der Steuersätze, Ausnahmebestimmungen, usw.) ein Mitspracherecht hat, sowie, dass es jene Steuern, die ihm vom Gesamtstaat übertragen werden, vollkommen autonom einheben und verwalten darf. Im ersten Gesetz zur Abtretung von Steuereinnahmen nach Inkrafttreten des neuen Statuts sollen 50% der Einkommenssteuer, 50% der Mehrwertssteuer und 58% der Sondersteuern an Katalonien übertragen werden. Diese Prozentsätze können zu einem späteren Zeitpunkt modifiziert werden, ohne dass eine Änderung des Statuts notwendig ist.
Katalonien wird ermächtigt, seine eigenen Finanzbehörden einzurichten, welche neben den staatlichen Finanzbehörden für die autonome Steuerverwaltung zuständig sind.
Zudem kommt es zu einer Einrichtung einer bilateralen Kommission (Zentralstaat – Katalonien), zur Festlegung der Details der Finanzautonomie, insbes. bei Fragen im Zusammenhang mit der Übertragung von Steueranteilen und der Teilnahme am gesamtspanischen Finanzausgleich.
Als Legislativbefugnis wird Katalonien die Kompetenz eingeräumt, eine besondere (katalanische) Mehrwertsteuer für Verkäufe an Endverbraucher („Sales Tax“) einzuführen.
 
3. Teilnahme Kataloniens an der innerstaatlichen Solidarität und Umverteilung
Die Budgetmittel der katalanischen Regierung bestimmen sich nach deren Bedürfnissen. Sie können durch die Notwendigkeit eines gerechten und solidarischen Finanzausgleichs mit den anderen Autonomen Regionen modifiziert werden, um zu gewährleisten, dass die wohlfahrtstaatlichen Sozialleistungen (Gesundheit, Erziehung, usw.) in allen Autonomen Regionen auf gleichem Niveau erbracht werden. Diese Ausgleichsmechanismen werden von der Zentralregierung festgelegt, wobei sich diese verpflichtet, dass jedenfalls die Position Kataloniens in der Rangordnung der Autonomen Regionen (nach pro Kopf-Einkommen) gewahrt bleibt.
 
4. Höhere staatliche Investitionen in Katalonien
Die Zentralregierung verpflichtet sich, die Infrastrukturinvestitionen in Katalonien für einen Zeitraum von sieben Jahren aufzustocken. Die staatlichen Investitionen sollen sich nach dem prozentualen Verhältnis des katalanischen BIP am gesamtspanischen BIP richten.
Das katalonische Beispiel zeigt, dass die Regionen in Europa in der Tendenz weiter durch Übertragungen von Zuständigkeiten des Nationalstaates gestärkt werden. Es kommt dabei freilich zu so genannten Asymmetrien, das heißt, zu einer durchaus unterschiedlichen Ausstattung der einzelnen Regionen innerhalb desselben Staates mit Autonomierechten. Zu beachten ist noch, dass das neue Statut noch der Annahme in einem Referendum in Katalonien am 18. Juni 2006 bedarf.

Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) – eine neue Dimension der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit



Auf Basis einer Verordnung der EU-Kommission aus dem Jahr 2004 könnte erstmals ein echtes Rechtsinstrument für grenzüberschreitende Zusammenarbeit geschaffen werden. Derzeit laufen die entscheidenden Verhandlungen im Rat. Besonders aktiv an der Diskussion beteiligen sich die österreichischen Bundesländer. Durch einen derartigen „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) könnten erstmals Regionen – unter Berufung auf eine gemeinschaftsrechtliche Legitimation – sich auf ein für ein EU-Förderprogramm anwendbares Recht einigen und gemeinsame administrative Strukturen rechtsgültig schaffen. Dadurch würde eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionen deutlich vereinfacht und wesentlich transparenter.

Am 14. Juli 2004 wurde von der Europäischen Kommission ein Paket mit fünf Verordnungen für die zukünftige Strukturfondsperiode 2007 - 2013 angenommen und dem Rat und dem Parlament übermittelt. Diese fünf Verordnungen bestehen aus einer allgemeinen Verordnung, drei spezifischen Verordnungen für die jeweiligen Fonds (Fonds für regionale Entwicklung, Europäischer Sozialfonds und Kohäsionsfonds) und einer neuen Verordnung betreffend eines Rechtsinstrumentes für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVTZ) - siehe KOM(2004) endg.-COD 2004/0168.
Derzeit existiert kein auf öffentlichem Recht basierendes Rechtsinstrument, das europaweit und direkt für alle dezentralen, grenzüberschreitenden Kooperationen anwendbar wäre. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der INTERREG IIIA Programme beruht derzeit auf reinen „Gentlemen-agreements“ ohne rechtliche Verbindlichkeit.
Durch eine EVTZ könnten sich die Regionen, rechtsgültig auf gemeinschaftsrechtliche Legitimation berufend, auf ein für ein EU-Förderprogramm anwendbares Recht einigen und administrative Strukturen grenzüberschreitend einrichten. Dies würde eine bedeutende Vereinfachung für das grenzüberschreitende Tätigwerden der Regionen und größere Transparenz für die Projektträger nach sich ziehen. Für die Bildung einer EVTZ bedarf es laut Verordnungsentwurf zweier Mitglieder. Mitglieder können Mitgliedstaaten, regionale oder lokale Gebietskörperschaften sein. Über eine Teilnahme von Privatpersonen bzw. privaten Organisationen wird noch diskutiert.
Der Aufgabenbereich einer EVTZ richtet sich nach der von den Mitgliedern beschlossenen Konvention. Der generelle Aufgabenbereich bezieht sich auf jene Aufgaben, die auf die Erleichterung und Förderung der territorialen Zusammenarbeit zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts abzielen. Ausgenommen vom Aufgabenbereich der EVTZ sind die Ausübung hoheitlicher Befugnisse, die Verpflichtungen zur Wahrung der allgemeinen Interessen des Staates oder sonstiger öffentlicher Einrichtungen, etwa der Polizei, und die Verordnungsbefugnis.
Der Verordnungsentwurf für einen Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit befindet sich derzeit in seiner entscheidenden Phase (vgl. den Bericht zur 54. Sitzung der Ratsarbeitsgruppe „Strukturmaßnahmen“ am 23. Februar 2006 oder die Entschließung des Ausschusses der Regionen vom 16. Februar 2006 zum Thema „Der grenzüberschreitende Zusammenarbeit macht Europa greifbar - ein Appell zur Annahme der Verordnung über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“).
In einer Gemeinsamen Länderstellungnahme vom 24. Jänner 2006 haben sich die österreichischen Länder positiv zum vorliegenden Entwurf für einen EVTZ geäußert und Verbesserungsvorschläge zu den bisherigen Verhandlungsergebnissen gemacht. Mit dem EVTZ würde ein vornehmlich den Regionen und Gemeinden zugute kommendes Rechtsinstrument geschaffen, um die grenzüberschreitende, interregionale und transnationale Zusammenarbeit, speziell im Rahmen der EU-Strukturförderung, zu erleichtern und zu verbessern. Im Zuge der Erweiterung der EU 2004 hat sich der Bedarf nach Kooperation unter lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu und zwischen den „neuen“ Mitgliedstaaten enorm gesteigert.
Die Verhandlungen über den endgültigen Text der Verordnung des neuen Rechtsinstruments „Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“ sind jedenfalls mit besonderem Interesse zu verfolgen, da hier eine neue Dimension für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ermöglicht wird. Österreich nimmt dabei eine besonders aktive Rolle ein. Das Institut für Föderalismus wird über das weitere Fortschritten des Projekts berichten.

Seminar „Katastrophenschutz als Aufgabe und Verantwortung im Bundesstaat“



Die Bedeutung eines wirksamen, gut organisierten Katastrophenschutzes wird bei Elementarereignissen sehr schnell deutlich. Das Interesse an diesem Thema verflacht danach aber meisten sehr rasch. Trotzdem werden Fragen im Zusammenhang mit dem Katastrophenschutz in den folgenden Jahren mit Sicherheit zunehmen. Der Katastrophenschutz ist im Bundesstaat Österreich im Wesentlichen dezentral organisiert. Das Seminar will aufzeigen, welche Chancen, aber auch Probleme die derzeitigen Strukturen mit sich bringen sowie welche rechtlichen Herausforderungen auf die im Vollzug tätigen Behörden und Einsatzorganisationen warten. Das Institut für Föderalismus veranstaltet am Freitag, den 23. Juni 2006, im Feuerwehrzentrum Rankweil, Vorarlberg, ein Seminar zum Thema „Katastrophenschutz als Aufgabe und Verantwortung im Bundesstaat“. Anmeldungen zu diesem Seminar - die Teilnahme ist kostenlos - nimmt das Institut für Föderalismus gerne bis spätestens 16. Juni 2006 entgegen.

Freitag, 23. Juni 2006, im Feuerwehrzentrum Rankweil, Vorarlberg,
Programm:
Nach der Eröffnung des Seminars durch den Präsidenten des Vorarlberger Landtages, Gebhard Halder, um 9.00 Uhr, sind folgende Referate vorgesehen:
Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger, Institut für Föderalismus, Innsbruck: “Die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinden, Ländern, Bund und Europäischer Union im Katastrophenschutz“.
Univ.-Prof. Dr. Karl Weber, Universität Innsbruck: „Der Katastrophenschutz im Verwaltungs­recht. Neuralgische Rechtsfragen des Vollzugs“.
Dr. Petra Unterweger, Bundesministerium für Inneres, Wien: „Die Aufgaben des Bundes im Katastrophenschutz“.
Dr. Kurt Kalcher, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Graz: „Die Landesebene als Drehscheibe des Katastrophenschutzes“.
Georg Fröwis, Bürgermeister von Bezau, Vorarlberg: „Die Gemeinde als Katastrophen­schutzbehörde vor Ort – Probleme und Herausforderungen“.
Franz-Josef Molitor, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn: „Die Rolle der EU im Katastrophenschutz – Einschränkung der Organisationsautonomie oder notwendige Standards“?
Roundtable: Statements von Vertretern von Landesregierungen und Einsatzorganisationen zu aktuellen Problemen mit Diskussion. Nach den Referaten ist auch genügend Zeit für eine Diskussion vorgesehen.
Anmeldungen zu diesem Seminar - die Teilnahme ist kostenlos - nimmt das Institut für Föderalismus gerne bis spätestens 16. Juni 2006 entgegen.

„Verländerung“ des Öffentlichen Personennahverkehrs – sinnvolle Aufgabenverlagerung oder neues Notopfer der Länder?



Die Verhandlungen über eine Neuorganisation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stecken fest. Das ursprüngliche Angebot der Bundesregierung, den Ländern mehr Verantwortung zu übertragen, wurde nicht mit einer ausreichenden Finanzierung gekoppelt. Da damit nur eine Übertragung der Risiken vom Bund auf die Länder stattfinden würde, kam es bisher zu keiner Einigung. Im Jänner wurde nunmehr von den Ländern in einer gemeinsamen Stellungnahme die Position gegenüber dem Bund festgeschrieben: So wird die Entwicklung eines Gesamtkonzepts gefordert, das Grundlage für die Festlegung der organisatorischen und finanziellen Eckpunkte sein muss. Es wird außerdem eine leistungsfähige Koordination von regionalem und überregionalem Schienenverkehr angeregt, um eine Vernetzung des Angebots sicherzustellen.

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist eine wichtige regionale Aufgabe. Die geplante „Verländerung“ ist jedoch höchst umstritten. Die Gründe dafür werden nachfolgend dargelegt:
Im Dezember 2004 hat Staatssekretär Mag. Kukacka den Ländern ein Reformkonzept zum öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr präsentiert. Die wichtigsten Eckpunkte dieses Konzeptes waren
  • die Verländerung des Schienenregionalverkehrs bei gleichzeitiger Übertragung der vom Bund dafür bisher aufgewendeten Mittel an die Länder und
  • die Neuordnung der bisherigen ÖPNV-Finanzierung des Bundes bzw. ihre Bündelung im Rahmen des Finanzausgleichs.
 
Unter der Voraussetzung einer ausreichenden Finanzausstattung der Länder und ihrer langfristigen Absicherung hätte das Reformprojekt möglicherweise tatsächlich eine tragfähigere Basis für die Weiterentwicklung und die Finanzierung des öffentlichen Regionalverkehrs schaffen können – zumal die heutige Situation vor allem beim Schienenverkehr alles eher denn befriedigend ist. Die derzeit bestehende Doppelzu­ständigkeit von Bund und Ländern erschwert die Weiterentwicklung erheblich und behindert oder verunmöglicht die Nutzung von Optimierungspotenzialen. Dazu kommt eine fragwürdige Doppelrolle des Bundes, der bei den ÖBB Eigentümer- und Bestellerfunktion wahrnimmt. Das Ziel, durch kontrollierten Wettbewerb zu einem effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel zu kommen, lässt sich unter diesen Rahmenbedingungen nur sehr schwer realisieren.
Im Herbst 2005 hat Staatssekretär Mag. Kukacka den Entwurf eines neuen Bundesgesetzes über den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr (ÖPNRV-G) vorgestellt, zu dem zwischenzeitlich das Begutachtungsverfahren durchgeführt wurde. Der Entwurf sieht vor, dass der Bund seine Beiträge zum öffentlichen Verkehr festschreibt – ohne oder ohne ausreichende Wertsicherung – und sich aus seiner derzeitigen Verantwortung zurückzieht. Alle Risiken künftiger Kostenentwicklungen würden auf die Länder abge­wälzt.
Am 10. Jänner 2006 haben die Länder eine gemeinsame Stellungnahme verabschiedet, aus der deutlich hervorgeht, dass sie im vorgelegten Entwurf keine taugliche Diskussions-grundlage sehen, und die vom Bund selbst vorgegebenen Reformziele so nicht erreicht werden können. Gleichzeitig haben die Ländervertreter aber auch auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Reform des öffentlichen Verkehrs verwiesen und konkrete Schritte zum weiteren Vorgehen empfohlen: Zunächst wäre ein Gesamtkonzept zur Entwicklung des öffentlichen Verkehrs zu erarbeiten, das Grundlage für die Festlegung der organisator-ischen und finanziellen Eckpunkte in einer Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG sein könnte. Die notwendigen Änderungen des ÖPNRV-G wären dann der letzte Schritt.
Zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung des öffentlichen Verkehrs gehören neben einer längerfristig tragfähigen Finanzierungsgrundlage Rahmenbedingungen, die es den Aufgabenträgern ermöglichen, Verkehrsdienste kundengerecht und effizient zu organisieren. Auch in dieser Hinsicht bestünde Handlungsbedarf – vor allem beim Schienenverkehr. Die durch die Strukturreform erfolgte Desintegration der ÖBB hat die Eisenbahn nicht effizienter gemacht, vieles ist umständlicher und aufwändiger geworden. Und beim Fernverkehr wird immer deutlicher, dass es eines koordinierenden Aufgabenträgers bedürfte, wenn die Vorteile eines integrierten, mit dem Regionalverkehr vernetzten Gesamtangebotes nicht aufgegeben und Landesteile abseits der großen Magistralen nicht „abgehängt“ werden sollen. Die Zuständigkeit dafür läge beim Bund – der eine Bereitschaft, diese Aufgaben konsequent anzugehen, derzeit aber leider nicht erkennen lässt.
Das Föderalismusinstitut betrachtet den öffentlichen Personennahverkehr grundsätzlich als eine auf der Länderebene gut angesiedelte Aufgabe. Ohne gesicherte Finanzierungs­ausstattung und inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten wäre dieses Projekt jedoch nur ein Abschieben von Kostenverantwortung auf die Länder und daher so nicht akzeptabel.

Föderalismusreform in Deutschland nun doch geglückt?



Nach langen Verhandlungen ist es zum Jahreswechsel zu einem Durchbruch bei der deutschen Föderalismusreform gekommen. Es ist gelungen, zahlreiche Kompetenzfelder klarer zuzuordnen und so den Ländern, aber auch der Bundesregierung wieder mehr Spielraum zu geben. Bisher ausgeklammert, aber bereits in Arbeit ist eine zweite Stufe der Föderalismusreform, in der auch die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu geregelt werden. Diese Woche sollen die Ergebnisse nun erstmals in Bundestag und Bundesrat beraten werden. Annegret Eppler vom Europäischen Zentrum für Föderalismusforschung in Tübingen hat für die Leser/innen der Föderalismus-Info eine kompakte und übersichtliche Darstellung der Geschichte, der Ergebnisse und der noch offenen Punkte verfasst.

von Annegret Eppler, Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung, Tübingen

1. Ziele:

Ziel der aktuellen Reform des Föderalismus in Deutschland ist es, die Zuordnung von Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder, die Mitwirkungsrechte der  Länder in der Bundesgesetzgebung und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vor dem Hintergrund der europäischen Integration neu zu ordnen. Der Schwerpunkt des jetzigen Reformschritts liegt nicht auf der Finanzordnung, sie soll jedoch in einer zweiten Stufe ebenfalls neu geregelt werden.

Die Ziele resultieren aus der Beobachtung, dass das hochgradig verflochtene föderale System Deutschlands blockadeanfällig ist, dass Zweckmäßigkeit und Effizienz der Aufgabenerfüllung deswegen zweifelhaft sind und mangels Transparenz die Zuordenbarkeit von politischen Verantwortlichkeiten nicht gegeben ist. In den letzten Jahrzehnten sind immer mehr Politikbereiche durch Bundesgesetze und immer weniger durch Landesgesetze geregelt worden. Dadurch wurde die schon weit vor 1949 praktizierte Zuordnung der Aufgaben der Legislative eher zum Bund und der Verwaltung bzw. Ausführung von (Bundes)Gesetzen zu den Ländern manifestiert. Der Kompetenzverlust der Länder und ihrer Parlamente wurde ausgeglichen durch Beteiligungsrechte des Bundesrats (also der Landesregierungen) an der Bundesgesetzgebung. So steigert sich die vertikale Politikverflechtung, die letzten Endes dazu führte, dass keine der beiden Ebenen unabhängig von der jeweils anderen etwas regeln kann und dass Politikergebnisse oft Paketlösungen nach langwierigen Verhandlungen einer „faktischen großen Koalition“ auf Bundesebene sind, zumal in Zeiten gegenläufiger Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Durch die deutsche Wiedervereinigung kamen in das ohnehin stark auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bedachte System fünf neue Länder, die in nahezu allen Bereich ganz erhebliche Unterschiede zu den alten Bundesländern aufwiesen und das Verbundssystem so vor sehr große Aufgaben stellte. Mit der Regelung über die Mitwirkung der Länder in  Angelegenheiten der Europäischen Union haben sich die bestehenden Verflechtungs­strukturen verdoppelt, wieder wird die Logik „Kompetenzabgabe gegen Mitwirkungsrechte“ angewandt. Die europäische Integration tangiert das föderale System auch insofern, als es inzwischen kaum einen Politikbereich gibt, in dem nicht alle drei Ebenen des europäischen Mehrebenensystems, also die Europäische Union, der Bund und die Länder, Kompetenzen irgendwelcher Art innehaben, was eine allein das deutsche System berücksichtigende „Entflechtung“ erschwert.

  

2. Geschichte der Föderalismusreform:

In mehreren Anläufen wurde die Föderalismus-Reform seit dem Jahr 2001 vorangetrieben, zunächst in Verhandlungen der Exekutiven von Bund und Ländern, danach in der ergebnislos beendeten Bundesstaatskommission,  die von November 2003 bis Dezember 2004 tagte. Der zum Zeitpunkt des unerwarteten Scheiterns im Dezember 2004 fast gefundene Kompromiss liegt in einem „Sprechzettel der Vorsitzenden“ vom 13.12.2004 vor. Eine Fortsetzung erfolgte in nicht-öffentlichen Gesprächen infolge des so genannten „Job-Gipfels“ im Frühjahr 2005, die im Mai 2005 angesichts der angekündigten Bundestagswahl abgebrochen wurden. Die Ausgestaltung der Rechte, die der Europäische Verfassungs­vertrag den nationalen Parlamenten und damit auch dem Bundesrat in Sachen Subsidiaritätskontrolle einräumen würde (Frühwarnmechanismus und Klagerecht), wurden in eigenen Verhandlungen und damit parallel zu den Föderalismus-Verhandlungen diskutiert und festgelegt, obwohl sie föderale Fragen betrafen.

 Ein Ergebnis für die Föderalismus-Reform erzielte schließlich die „Arbeitsgruppe Föderalismusreform“, die ihre Beratungen im Rahmen der Verhandlungen zur Bildung der jetzt bestehenden Großen Koalition auf Bundesebene zwischen CDU, CSU und SPD abhielt. Der Beinahe-Kompromiss der Bundesstaatskommission konnte so in einen frühen Regierungserfolg umgemünzt werden. Das Ergebnispapier der Arbeitsgruppe bildet einen Annex des Koalitionsvertrags vom 11.11.2005. Die Ministerpräsidentenkonferenz stimmte Mitte Dezember 2005 dem Kompromiss der Koalitionsverhandlungen in Sachen Föderalismus-Reform zu. Am 16.02.2006 hat sich eine Spitzengruppe aus Minister­präsidenten, Bundesministern und Fraktionsführern der Großen Koalition in den noch strittigen Details geeinigt, bis Ende Februar 2006 wird daran gearbeitet, das Ergebnis in eine Gesetzesvorlage zu bringen. Die Kabinette der Landesregierungen, die Ministerpräsidenten­konferenz und die Bundestagsfraktionen sollen mit einbezogen werden, bevor die Reform am 10.03.2006 zeitgleich in Bundestag und Bundesrat erstmals beraten werden soll. Die betreffende Grundgesetzänderung könnte noch vor der Sommerpause 2006 in Kraft treten.

 

 

3. Inhalte:

Das Ziel – mehr Spielraum für einzelnen Ebenen, insbesondere für die Länder und weniger zustimmungspflichtige Bundesgesetze – soll nach dem nun vorliegenden Vorschlag zum einen durch eine Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen auf die Landesebene, zum anderen durch die Reform der Rechte des Bundesrats in der Bundesgesetzgebung, vor allem des Art. 84 Abs. 1 Grundgesetz, verfolgt werden. Zur Stärkung der Gesetz­gebungsbefugnisse der Länder sollen sowohl die Kompetenzarten als auch die Kompetenz­verteilung in einzelnen Politikbereichen reformiert werden. 

Die Rahmengesetzgebung soll ganz abgeschafft werden, ihre Gegenstände werden auf Bund und Länder verteilt (Umwelt in die konkurrierende Gesetzgebung, Bildung an die Länder, Hochschulzulassung und -abschlüsse jedoch zur konkurrierenden Gesetzgebung). Aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung - hier haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat -  sollen insgesamt 20 Materien herausge-nommen werden, davon gehen ungefähr 2/3 in die Kompetenz der Länder, der Rest in die Kompetenz des Bundes. In der konkurrierenden Gesetzgebung soll es in vielen Bereichen eine Befreiung von der Erforderlichkeitsklausel nach Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz geben, die durch aktuelle Urteile des Bundesverfassungsgerichts (zur Altenpflege, Juniorprofessur und Studiengebühren) eine neue Interpretation erlangt hatte, die allerdings von den beiden Ebenen ganz unterschiedlich beurteilt wird. In Zukunft sollen die Bereiche, in denen die Erforderlichkeitsklausel gilt, enumerativ festgelegt werden, was den Spielraum des Bundes erweitern wird.

In den Bereichen Hochschule und Umweltrecht soll eine materielle Abweichungs­gesetzgebung eingeführt werden. Das bedeutet, dass die Länder durch ein Landesgesetz auf bestimmte, genau definierte Teile von Bundesgesetzen „zugreifen“ können sollen. Die Regel „Bundesrecht bricht Landesrecht“ soll in diesen Fällen nicht mehr gelten, sondern für die Landesgesetze soll ein Anwendungsvorbehalt gelten. Das betreffende Bundesgesetz bleibt weiter in Kraft und gilt in denjenigen Ländern weiterhin, die nicht willens oder nicht in der Lage sind, Abweichungsgesetze auch tatsächlich zu erlassen. Abzuwarten bleibt, ob sich eine Rechtszersplitterung einstellen wird. Durch die Abweichungsgesetzgebung ergibt sich die Chance, Bundeskompetenzen zu erhalten bzw. auszubauen, ohne unbedingt ein Zustimmungserfordernis des Bundesrates zu haben, da die Länder im betreffenden Bereich eigene Kompetenzen haben. In der Bundesstaatskommission war die Einführung eines materiellen Zugriffsrechts zunächst auch für andere Politikfelder diskutiert worden, die Bereiche Umwelt und Bildung könnten im Falle von positiven Erfahrungen eine Türöffner-Funktion haben.

Im Umweltrecht hatte die Bundesregierung massiv die Einführung eines Bundes­umweltgesetzbuches (UGB) und dazu eine Querschnittskompetenz „Umweltschutz“ in der konkurrierenden Gesetzgebung gefordert. Die Länder wollten möglichst viele eigene Kompetenzen behalten und es ging dann im Wesentlichen darum, einzelne Kompetenzbereiche im Umweltrecht zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. Eine Lösung bot sich durch das oben erwähnte materielle Abweichungsrecht, allerdings war auch die Breite der jeweiligen Bereiche, in dem Abweichungen möglich sein sollten, umstritten. Es ist nun geplant, einzelne Bereiche des Umweltrechts der Abweichungsgesetzgebung, andere der konkurrierenden Gesetzgebung zuzuordnen.

Im Öffentlichen Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht bilden die Personalauf-wendungen einen sehr hohen Anteil an Landeshaushalten und bisher regelt der Bund die Besoldung und Versorgung dieses Landespersonals. Von Seiten einiger Länder bestand ein großes Interesse, die eigenen Kompetenzen in diesem Bereich zu stärken, allerdings gab es hier nicht durchgehend eine einheitliche Länderposition. Die nun gefundene Regelung sieht eine Verlagerung weiter Kompetenzen auf die Länder vor, nur der „statusrechtliche Kernbestand“ des Beamtenrechts soll im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung bleiben, in die ausschließliche Länderkompetenz übertragen werden sollen das Laufbahnrecht und die Besoldung und Versorgung von Beamten.

Die Kompetenzen im Bildungs- und Hochschulbereich sind für die Länder von sehr großer Bedeutung, sie forderten eine Abrundung derselben „vom Kindergarten bis zur Hochschule“. Nach bestehender Rechtslage kann der Bund über die Rahmenkompetenz für die Grundsätze des Hochschulwesens und die Gemeinschaftsaufgaben Bildungsplanung und Hochschulbau wesentlichen Einfluss auf die Hochschulpolitik nehmen. Nun soll die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau abgeschafft werden, wobei die Förderung von Großgeräten und Vorhaben nationaler Exzellenz über die Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung weiter laufen soll. Die Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung soll verändert werden und sich künftig auf die „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen“ beziehen. Die Kompetenzen des bisherigen Hochschulrahmenrechts gehen im Wesentlichen an die Länder, nur Hochschulzulassung und -abschlüsse gehen in die konkurrierende Gesetzgebung.

Weitere Kompetenzen sollen neu geregelt werden, etwa im Bereich der Inneren Sicherheit (hier soll der Bund Kompetenzen hinzubekommen), Kompetenzen mit regionalem Bezug (u.a. öffentliche Fürsorge, Recht der Wirtschaft, regionale Arbeitsmarktpolitik, land- und forst-wirtschaftliche Erzeugung, Bodenrecht, Raumordnung und Bodenverteilung, Wohnungswesen, Verkehr), außerdem soll die Stellung der Hauptstadt Berlin geregelt werden.  

 

4. Auswirkungen:

Die graduelle Stärkung der Länderautonomie führt naturgemäß zu einer Verringerung zustimmungspflichtiger Bundesgesetze. Diese sollen auch durch ein formelles Zugriffs-recht für Fälle des Art. 84 Abs. 1 Grundgesetz eingeschränkt werden. Diese Regelung war in der Vergangenheit der Hauptgrund für die Ausweitung der Zustimmungspflicht zu Bundesgesetzen. Nach ihr ist die Zustimmung des Bundesrats zu Bundesgesetzen erforderlich, wenn der Bund Vorgaben zur Ausführung dieser Gesetze durch die Länder (Verwaltungsverfahren und die Behördeneinrichtung) macht, also in die Verwaltungshoheit der Länder eingreift. Heute enthalten 30 bis 40 Prozent aller Bundesgesetze Regelungen, die das Verwaltungsverfahren betreffen und so die Zustimmungspflichtigkeit auslösen. Durch ein „formelles Zugriffsrecht“ soll den Ländern zugestanden werden, von den Verwaltungsregelungen des Bundes abzuweichen, und im Gegenzug verzichten sie auf das Zustimmungserfordernis im Bundesrat. Allerdings soll es abweichungsfeste Kerne geben, die der Bund festlegen kann. Außerdem ist ein neuer Zustimmungstatbestand für den Erlass von für die Länder kostenintensiven Gesetzen eingeführt worden, Art. 104a Abs. 3a -neu- Grundgesetz. Zwar schafft dies wieder neue Zustimmungserfordernisse – nach Berechnungen des Sekretariats der Bundesstaatskommission werden in Zukunft jedoch nur 35 bis 40 Prozent statt bisher rund 60 Prozent aller Bundesgesetze zustimmungspflichtig sein.

In Sachen Mitwirkung der Länder in Europa-Angelegenheiten forderte die Bundesseite im Sinne klarerer und effizienterer Verhandlungsführung in Brüssel ein Alleinvertretungsrecht des Bundes und die Streichung der Möglichkeiten der Länder, auf die nationale Europapolitik je nach Grad ihrer Betroffenheit Einfluss zu nehmen. Die Länder beharrten dagegen auf ihren bestehenden Rechten und verwiesen darauf, dies sei der einzige Bereich seit 1949, in dem die Position der Länder gestärkt worden sei. Der gefundene Kompromiss zielt darauf ab, die Verhandlungsposition Deutschlands durch bessere Zusammenarbeit der Ebenen (und auch der Akteure innerhalb der Ebenen untereinander) zu verbessern. Die Verdoppelung der Struktur der Politikverflechtung (Logik: Kompetenzabtretung gegen Mitwirkung) wird dadurch nicht gebrochen. Möglicherweise wäre die Einbeziehung der Rechte, die der Europäische Verfassungsvertrag eröffnet, in die Föderalismus-Verhandlungen ein erster Schritt in diese Richtung gewesen.   

In seinen einzelnen Bestandteilen ist der hier nur in groben Zügen und Schwerpunkten skizzierte Kompromiss sehr differenziert. Das ist unter anderem auf die Schwierigkeit zurück zu führen, ganze Bereiche einer Ebene zuzuordnen. Tatsächlich wurden aber in etlichen Kompetenzfeldern klarere Zuordnungen erreicht. Den Hauptanliegen der Föderalismus-Reform, den Ländern und ihren Parlamenten und ebenso der Bundesebene wieder mehr Spielraum zu geben, könnte der Kompromiss gerecht werden. Inwieweit sich die gefundenen Regelungen in der Praxis bewähren, muss sich erst noch herausstellen. Auch muss sich zeigen, ob der Kompromiss im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch verändert werden wird.  

 

5. Ausblick:   

Je zielgerichteter das Reformvorhaben Kurs in Richtung Gesetzgebungsverfahren nimmt, desto lauter wird Kritik vorgebracht. Die FDP pochte bereits im Dezember 2005 auf eine nachfolgende Reform der Finanzverfassung und macht davon ihre Zustimmung im Bundesrat abhängig. Da im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung nötig ist, sind die Stimmen der Landesregierungen erforderlich, an denen die FDP beteiligt ist. Inzwischen haben alle Beteiligten zugesichert, ab Herbst 2006 in einer „zweiten Stufe“ der Föderalismus-Reform die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern zu entflechten.  Weitere Kritik kam von Seiten Schleswig-Holsteins an der Zuordnung des Beamtenrechts zu den Ländern. Von der Abkehr von der bisher bundeseinheitlichen Bezahlung von Beamten erwartet es einen Wettbewerbsföderalismus um die besten Beamten, der zu Lasten finanzschwacher Länder gehen würde. Vor allem seitens der Bundes-Opposition von Grünen und Linkspartei ist Kritik an der geplanten Stärkung der Länder im Bildungsbereich zu vernehmen. Angeführt wird das Fazit des UN-Bildungsexperten Villalobos, der das deutsche Bildungssystem in Folge der Pisa-Studien inspizierte und der das zergliederte deutsche Schulsystem und die Kompetenzen der Länder mitverantwortlich machte für soziale Ungerechtigkeit bei den Bildungschancen.  

Die geplanten Regelungen für die Umweltpolitik gerieten von ganz verschiedenen Seiten unter Beschuss. Die Umweltschützer fürchten um die Standards, während Wirtschaftsfachleute die Bürokratie wachsen sehen und vermuten, dass Investoren durch die unterschiedlichen Regelungen abgeschreckt werden könnten. Vor allem wird kritisiert, dass die Umweltkompetenzen in verschiedenen Bereichen unterschiedlich ausgestaltet werden sollen.   

Zwölf ehemalige Justizminister aus Bund und Ländern kritisieren die geplante Verlagerung der Kompetenzen für den Strafvollzug auf die Länder und „die Netzwerker“, die einen Flügel der SPD-Fraktion im Bundestag bilden, sprechen sich inzwischen gegen den Kompromiss aus, wegen der von ihnen so empfundenen unfairen Bevorzugung der „reichen“ Bundesländer. Sie sehen einen erheblichen Nachbesserungsbedarf, vor allem im Bereich der Hochschulfinanzierung und des Umweltschutzes.   

Die aktuelle öffentliche Diskussion zeigt, wie sehr Gesellschaft und Politik dem Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse verhaftet ist. Die Chance, transparente und effiziente Entscheidungsstrukturen und angemessene Politikergebnisse durch ein vertretbares Maß an Differenzierung zu erlangen, scheint zumindest im Moment nicht im öffentlichen Bewusstsein aufzutauchen. Der Gang des Gesetzgebungsverfahrens und damit der Erfolg der Föderalismus-Reform könnte nun vor allem davon abhängen, ob der bereits beschlossene, die Länder stärkende Kompromiss trotzdem die Brücke schlagen kann zwischen „gerade noch gemeinwohlverträglicher Ungleichheit und gerade noch föderalismusverträglicher Einheitlichkeit“ (Dietsche/Hinterseh 2006). Das föderale System Deutschlands  könnte davon profitieren, wenn die Deutschen ein gewisses Maß an Unterschieden zwischen den Ländern akzeptieren würden, genauso wie von andern „Bewusstseinserweiterungen“, etwa einem vertrauensvolleren und offeneren Umgang der Ebenen Bund und Ländern miteinander und der Erkenntnis, dass sich die beiden deutschen Ebenen im größeren Mehrebenensystem der EU befinden, also immer weniger in einem in sich geschlossenen nationalen System, sondern in einem offenen System.

  

6. Literatur- und Linkauswahl: 

Aus Politik und Zeitgeschichte: Föderalismus, Heft 13-14/2005.

http://www.bpb.de/files/8GLMUC.pdf

Borchard, Michael / Margedant, Udo (Hrsg.) 2006: Der deutsche Föderalismus im Reformprozess, Sankt Augustin

(http://www.kas.de/db_files/dokumente/zukunftsforum_politik/7_dokument_dok_pdf_8001_1.pdf

Bußjäger, Peter / Hrbek, Rudolf (Hrsg.) 2005: Projekte der Föderalismusreform – Österreich-Konvent und Föderalismuskommission im Vergleich, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus Band 96, Innsbruck.

 Deutscher Bundestag, Bundesrat, Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.) 2005: Zur Sache 1/2005. Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Berlin, mit einer CD-Rom, auf der alle relevanten Dokumente gespeichert sind. Die Dokumente der Bundesstaatskommission sind außerdem abrufbar unter: www.bundesrat.de  

 

Dietsche, Hans-Jörg / Hinterseh, Sven 2006: Die Ergebnisse der Bundesstaatskommission als Basis für die Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen durch die Große Koalition, in: Borchard, Michael/ Fischer, Thomas / Hrbek, Rudolf (Hrsg.): Föderalismus in Europa, Nomos-Schriftenreihe des Europäischen Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen, Baden-Baden, (i.E.).  

Eppler, Annegret 2006: Föderalismus-Reform und Europäischer  Verfassungsvertrag in Deutschland: Verhandlungspositionen und Kompromissfindung in Fragen der Mitwirkungsrechte der Länder in Europaangelegenheiten, in: Bußjäger, Peter / Gamper, Anna (Hrsg.): Subsidiaritätanwenden: Regionen, Staaten, Europäische Union, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus, Innsbruck, (i.E.).  

Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung, Tübingen: www.foederalismus.de

Fischer, Thomas / Große Hüttmann, Martin 2001: Aktuelle Diskussionsbeiträge zur Reform des deutschen Föderalismus. Modelle, Leitbilder und die Chancen ihrer Übertragbarkeit, in: Jahrbuch des Föderalismus 2001. Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Baden-Baden, S. 128-142.  

 

Fischer, Thomas 2003: Deutscher Föderalismus vor der Herausforderung einer europäischen Verfassung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, H-B 29-30/2003, S. 3-5. (http://www.bpb.de/publikationen/1RNOE8,0,0,Deutscher_Foederalismus_vor_der_Herausforderung_einer_europaeischen_Verfassung.html)

Große Hüttmann, Martin 2004: „Wir müssen aus dem Mischmasch raus“: Die Europafähigkeit des deutschen Föderalismus, in: Decker, Frank (Hrsg.): Föderalismus an der Wegscheide? Optionen und Perspektiven einer Reform der bundesstaatlichen Ordnung, Wiesbaden, S. 203-222.   

Hrbek, Rudolf 1986: Doppelte Politikverflechtung: Deutscher Föderalismus und die europäische Integration. Die deutschen Länder im EG-Entscheidungsprozess, in: Hrbek, Rudolf/ Thaysen, Uwe (Hrsg.): Die deutschen Länder und die Europäische Gemeinschaft, Baden-Baden, S. 17-36.  

Hrbek, Rudolf 2001: Die föderale Ordnung – Anspruch und Wirklichkeit, in: M.-L. Recker / B. Jellonek / B. Rauls (Hrsg.): Bilanz: 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland, St. Ingbert, S 33-68. 

Hrbek, Rudolf / Eppler, Annegret (Hrsg.) 2005: Die unvollendete Föderalismus-Reform. Eine Zwischenbilanz nach dem Scheitern der Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung im Dezember 2004, Tübingen. 

(http://www.uni-tuebingen.de/ezff/ocp31.html)

Kemmler, Iris 2005: Arbeit und Ergebnisse der Föderalismuskommission im Bereich der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung (Hrsg.): Jahrbuch des Föderalismus 2005. Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Baden-Baden, S. 118-134.

Koalitionsvereinbarung: „Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005“, dort ab S. 145: „Verhandlungsergebnis zwischen Bund und Ländern auf der Basis der Gespräche von Franz Müntefering, MdB, Edmund Stoiber, Ministerpräsident, zusammengestellt von Dr. Rainer Holtschneider, StS a.D., und Dr. Walter Schön, Bayerische Staatskanzlei“.  (http://www.bundesregierung.de/Anlage920135/Koalitionsvertrag.pdf)

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Bundesverfassungskonformität der Vorarlberger „Volksgesetzgebung“



Die Vorarlberger „Volksgesetzgebung“ sah vor, dass der Inhalt eines Volksbegehrens, das von mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten unterstützt wird, zwingend einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, wenn der Vorarlberger Landtag kein „entsprechendes“ Gesetz erlässt. Diese „Volksgesetzgebung“ wurde 2001 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Im neu erschienen Band 97 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus beschäftigt sich Dr. Ulrich Willi mit dieser Entscheidung und zeigt Argumentationslinien für die Verfassungskonformität im Rahmen der Verfassungsautonomie der Länder auf. Der Band 97 der Schriftenreihe, Wien 2005, 149 Seiten, ISBN 3-7003-1563-5 bzw. 978-3-7003-1563-3, ist im Buchhandel zum Preis von € 22.90 erhältlich.

Der kürzlich erschiene Band 97 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus hat zum Ziel, die Frage der Bundesverfassungskonformität der Vorarlberger „Volksgesetzgebung“ (Art 33 Abs 6 aF Vbg LV) aufzuarbeiten, nachdem der österreichische VfGH mit Erkenntnis G 103/00-22 vom 18. Juni 2001 (VfSlg 16.241/2001) die fragliche Norm aufgehoben hat. Art 33 Abs 6 aF Vbg LV war eine Norm im österreichischen Landesrecht, die es in dieser Ausgestaltung nur im Gliedstaat Vorarlberg gab. Hier galt, wenn ein Volksbegehren von wenigstens 20 % der stimmberechtigten Landesbürger/innen unterstützt wurde, und der Vorarlberger Landtag nicht gewillt war, ein „entsprechendes“ Gesetz zu erlassen, folgende Vorgangsweise: Es folgte eine Volksabstimmung über den „Inhalt des Volksbegehrens“. War jene positiv, so war der Landtag „gezwungen“, „einen dem Inhalt des Volksbegehrens entsprechenden Gesetzesbeschluss zu fassen.“
In den Ausführungen des Autors Dr. Ulrich Willi wurden, entgegen den Argumentationslinien des österreichischen VfGH, Argumentationslinien aufgezeigt, weshalb die Vorarlberger „Volksgesetzgebung“ bundesverfassungskonform war. Dabei wird der Rahmen der Verfassungsautonomie der Länder dargestellt.
Für die Föderalismusforschung ist die Arbeit auch insoweit interessant, als wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verfügung gestellt werden, die die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Instrumentariums der direkten Demokratie auf Landesebene abschätzen lassen.
Der Band 97 der Schriftenreihe, Wien 2005, 149 Seiten, ISBN 3-7003-1563-5 bzw. 978-3-7003-1563-3, ist im Buchhandel zum Preis von € 22.90 erhältlich.

Mitwirken und Mitgestalten – Europa und die österreichischen Länder



Im neu erschienenen Band 5 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ beschäftigen sich anlässlich zehn Jahren EU-Mitgliedschaft Österreichs Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger und Dr. Andreas Rosner von der Verbindungsstelle der Bundesländer mit der Rolle der österreichischen Länder in einem vereinten Europa. Bußjäger stellt fest, dass sich die Länder als verlässliche Partner des Bundes erwiesen haben, aber deren Gestaltungsspielraum deutlich enger geworden ist. Umso mehr müssten die Länder der durch die europäische Integration hervorgerufenen Entparlamentarisierung entgegenwirken.

Vor kurzem ist als Band 5 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ die von Institutsdirektor Dr. Bußjäger und Dr. Rosner/Verbindungsstelle der Bundesländer, Wien, verfasste Arbeit erschienen.
Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union jährte sich am 1. Jänner 2005 zum zehnten Male. Die beiden Beiträge in diesem Band widmen sich der Rolle der österreichischen Länder in einem vereinten Europa.
Peter Bußjäger zieht in seinem Beitrag eine Bilanz der letzten zehn Jahre aus bundesstaatlicher Sicht und untersucht die Auswirkungen der Mitgliedschaft in der EU auf die österreichischen Länder.
Er kommt zum Ergebnis, dass sich das Verfahren der Länderbeteiligung in EU - Angelegenheiten und die innerstaatlichen Kooperationsmechanismen bewährt und die Länder sich dabei als verlässliche Partner des Bundes erwiesen haben. Nicht übersehen werden darf, dass der eigenständige Gestaltungsspielraum der Länder bei der Umsetzung von EU-Recht erheblich eingeschränkt ist. Reformbedarf sieht Bußjäger bei der Umsetzung von EU-Recht, die allerdings keine neue Bundeskompetenz erfordert, sondern durch eine Selbstkoordination der Länder - etwa durch unmittelbar anwendbare Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG - erfolgen sollte. Eine vordringliche Aufgabe der Landtage sieht Bußjäger auch darin, der durch die europäische Integration hervorgerufenen Entparlamentarisierung entgegenzuwirken.
Im zweiten Beitrag untersucht Andreas Rosner drei umstrittene Rechtsfragen der innerstaatlichen Mitwirkung der Länder in Europa-Angelegenheiten.
Er kommt zum Ergebnis, dass Einheitliche Stellungnahmen der Länder gem. Art 23d B-VG nicht nur von der Integrationskonferenz der Länder, sondern auch von den bestehenden Koordinationsinstrumenten der Länder, etwa der Landeshauptleutekonferenz, rechtsgültig erzeugt werden können. Ein Abweichen von einer bindenden Stellungnahme ist nur dann zulässig, wenn es zu diesem Abweichen keine vernünftige Handlungsalternative gibt. In der umstrittenen Frage, ob widersprüchliche bindende Stellungnahmen auftreten können und wie diese rechtlich zu behandeln sind, kommt Rosner zum Ergebnis, dass sich die Tatbestandbereiche von Stellungnahmen des Nationalrates, des Bundesrates oder der Länder nicht überschneiden und daher eine Konkurrenz von Bindungswirkung verschiedener Akteure nicht auftreten kann.
Der Band 5 der Schriftenreihe Politische Bildung von Bußjäger/Rosner „ Mitwirken und Mitgestalten - Europa und die österreichischen Länder“, Wien 2005, 104 Seiten, ISBN 3-7003-1564-3 bzw 978-3-7003-1564-3 ist im Buchhandel um den Preis von € 12.90 erhältlich.

29. Bericht über den Föderalismus in Österreich 2004



Im Jänner 2006 erschien der 29. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2004). Der Bericht gibt einen Überblick über die föderalistische Entwicklung in Österreich und behandelt schwerpunktmäßig die Beratungen und Ergebnisse des Österreich-Konvents. Dargestellt werden auch die Verfassungsentwicklung im Bundes- und Landesbereich, wichtige Anliegen der Europäischen Integration, die Rechtsprechung der Höchstgerichte, die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften und die internationale Kooperation der Länder und Regionen. Der 29. Föderalismusbericht, ISBN3-7003-1569-4 bzw. 978-3-7003-1569-8 ist im Buchhandel zum Preis von € 53.90 erhältlich.

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2005


Internationale Anerkennung für das Föderalismusinstitut



Das Föderalismusinstitut setzt seine Internationalisierung und Eingliederung in internationale Forschungsnetzwerke fort und ist dabei sehr erfolgreich: So wurde das Föderalismusinstitut von drei renommierten Forschungseinrichtungen zu einer Partnerschaft eingeladen, um gemeinsam Föderalisierungs- und Dezentralisierungsprojekte in Europa zu untersuchen: Die Bertelsmann-Stiftung mit Sitz in Gütersloh, die Compagnia di San Paolo und das Centro Studi sul Federalismo, beide mit Sitz in Turin, leiten ein Forschungsprojekt, das Föderalisierungs- und Dezentralisierungsprojekte in Europa untersuchen wird.

Institutsdirektor Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger sowie der Politologe Dr. Franz Fallend aus Salzburg werden den Österreich-Teil der Untersuchung erarbeiten. Andere Länderberichte werden Deutschland, Spanien, Italien, Belgien, Frankreich, Polen und das Vereinigte Königreich betreffen. Von Interesse dabei werden natürlich die länderübergreifenden Schlussfolgerungen dieses interessanten Projektes sein.
Die Kooperation mit den genannten renommierten Forschungseinrichtungen ist die logische Fortsetzung eines bereits länger erfolgreich beschrittenen Weges. Schon unter der Leitung von Institutsdirektor Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler ist das Institut Mitglied der IACFS (International Association of Centers for Federal Studies) geworden. Seit mehreren Jahren ist Institutsdirektor Dr. Bußjäger Mitglied des vom Europäischen Zentrum für Föderalismusforschung in Tübingen geleiteten Netzwerks, dem Wissenschafter aus zahlreichen Staaten Europas angehören. Schließlich nimmt der Institutsdirektor gemeinsam mit Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper an einem vom Forum of Federations, einer in Kanada ansässigen Nichtregierungsorganisation, geleiteten Forschungsprojekt teil. Zu guter letzt sei auf die gut besuchte internationale Tagung am 27. und 28. Oktober in Innsbruck zum Thema „Subsidiarität anwenden: Regionen, Staaten und Europäische Union“, verwiesen, bei der das Institut für Föderalismus gemeinsam mit der Euroregionalen Vereinigung für vergleichendes öffentliches Recht und Europarecht als Veranstalter aufgetreten ist.

Verfassungsbereinigung nicht ohne Tücken



Der vom Nationalrat eingesetzte „Besondere Ausschuss zur Verfassungsreform“ hat sich darauf geeinigt, dass im Rahmen der Fortsetzung der Verfassungsreform zunächst die Verfassungsbereinigung angegangen werden soll. Tatsächlich handelt es sich dabei um eines der vergleichsweise am wenigsten kontroversiellen Themen – zumindest auf den ersten Blick. Wie eine erste Analyse der Ausschuss-Arbeit zeigt, ist für die Länder jedenfalls höchste Vorsicht geboten, um nicht vom Bund übervorteilt zu werden. Das Föderalismusinstitut mit Direktor Dr. Peter Bußjäger wird jedenfalls weiter hartnäckig um die Rechte der Länder kämpfen.

Eine erste Analyse der bisherigen Ergebnisse zeigt die Schwierigkeiten der Verfassungsbereinigung auf:
Im Österreich-Konvent bestand Konsens darüber, durch eine Neuformulierung des Art 9 Abs 2 B-VG es zu ermöglichen, dass Hoheitsrechte der Länder übertragen werden können, ohne dass dafür eine Regelung im Verfassungsrang erforderlich wäre.
Auf Ersuchen des Präsidiums legte der Ausschuss 2 einen Textvorschlag vor, dem zu Folge den Ländern beim Abschluss eines Staatsvertrages, der Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, ein Mitwirkungsrecht zukommt. Im Präsidium konnte Konsens über folgende Inhalte des neuen Abs 4 im Art 10 B-VG erzielt werden.
Demnach wäre der Bund an eine einheitliche Stellungnahme der Länder zu einem Staatsvertrag, der Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, gebunden (Regelung analog dem Mitwirkungsrecht der Länder im Art 23d B-VG) und darf davon nur aus zwingenden außenpolitischen Gründen abweichen.
Aus dem kürzlich beschlossenen Antrag des besonderen Ausschusses geht aber hervor, dass lediglich die Neuformulierung des Art 9 Abs 2 B-VG vorgenommen werden soll, das im Österreich-Konvent konsentierte Mitwirkungsrecht der Länder im Art 10 Abs 4 wurde hingegen nicht berücksichtigt.
Es wurde also der im Konvent geschnürte Kompromiss offenkundig wieder (zu Lasten der Länder) aufgemacht.
Bei Grenzänderungen sollten nach dem Ziel der Verfassungsbereinigung in Hinkunft nicht mehr übereinstimmende Bundes- und Landesverfassungsgesetze erforderlich sein.
Im Österreich-Konvent bestand Konsens darüber, dass Veränderungen im Bestand der Länder sowie eine Verminderung der Rechte der Länder im Zusammenhang mit Gebiets- und Bestandsänderungen verfassungsgesetzlicher Regelungen der betroffenen Länder bedürfen (Neuformulierung der Art 2 und 3 B-VG).
Im Antrag des besonderen Ausschusses ist nunmehr vorgesehen, dass ein Tatbestand geschaffen wird, der die Vornahme von Grenzbereinigungen ohne Regelungen im Verfassungsrang ermöglichen würde. Dabei wird auf den im Konvent vorgeschlagenen Art 3 Abs 2 B-VG verwiesen. Unklar bleibt, ob auch der im Konvent erzielte Konsens über die Neufassung des Art 2 Abs 3 B-VG, der insbesondere ihre Mitwirkung im Falle von Bestandsänderungen gesichert hätte, von der Verfassungsbereinigung erfasst ist.
Es zeigt sich somit, dass nicht einmal die Verfassungsbereinigung ohne Tücken ist. Vor allem dann nicht, wenn ein im Konvent erzieltes Einvernehmen schlicht und einfach „übersehen“ wird. Die Länder werden auf der Hut sein müssen, insbesondere auch dort, wo es um die Inkorporierung von Normen außerhalb des B-VG in die eigentliche Verfassung geht, wie insbesondere bei Kompetenzdeckungsklauseln oder etwa dem Bundesverfassungsgesetz über die Ämter der Landesregierungen. Auch hier erweist es sich als unschätzbarer Vorteil, dass das Föderalismusinstitut über die Person von Institutsdirektor Peter Bußjäger den Stand aller maßgeblichen Konventsdiskussionen aufzeichnen konnte.

Umfrage zeigt: Bürger halten Bundesländer für besonders bürgernah und wollen Stärkung der Landtage



Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Dr. Berndt in Vorarlberg stellt dem Bundesland ein gutes Zeugnis aus.

Mehr als zwei Drittel der 403 Befragten sind der Meinung, dass ihr Bundesland „näher am Bürger“ ist als der Bund, über drei Viertel sehen das so im Vergleich zur EU. Auf diesen Befund gestützt wünscht sich mehr als die Hälfte der Befragten (52%) eine Aufwertung des Landtages gegenüber Bund und EU, 29 Prozent meinen, das Verhältnis solle so bleiben, wie es ist.
Für Institutsdirektor Dr. Peter Bußjäger zeigt die Studie, dass es den Ländern insgesamt gut gelingt, die Bürger mit Service und Transparenz zu überzeugen: „Die Zentralen des Bundes und der EU sind für viele Bürger nicht nur geographisch weit entfernt. Sie werden als intransparent, distanziert, bürokratisch und unüberschaubar empfunden. Diese Grundbefindlichkeit der Bürger/innen sollte bei jeder Neuorganisation eines Gemeinwesens, wie sie in Österreich beispielsweise derzeit im Rahmen der Verfassungsreform diskutiert wird, berücksichtigt werden. Die Bevölkerung hat ein sehr gutes Gespür, was besser funktioniert und was weniger.“

Verfassungsgerichtshoferkenntnis zum Gemeindegut



Der Verfassungsgerichtshof hat der Gesetzesanfechtung einer Vorarlberger Gemeinde, die in den Regelungen über das Gemeindegut einen Eingriff in die Zivilrechtskompetenz des Bundes erblickte, keine Folge gegeben und die Beschwerde abgewiesen.

Der Vorarlberger Landesgesetzgeber hatte im Jahr 1998 die Regelung des Gemeindegutes auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt (Gesetz über das Gemeindegut, LGBl Nr 49/1998), nachdem der Verfassungsgerichtshof im Jahr 1982 die Bestimmungen im Flurverfassungsgesetz über die Regulierung von Gemeindegut als verfassungswidrig aufgehoben hatte. Im Gesetz über das Gemeindegut wurden die Eigentumsrechte der Gemeinden klargestellt (siehe dazu auch den 23. Bericht über den Föderalismus in Österreich (1998), 122). Von Bedeutung war, dass das Land die Angelegenheiten des Gemeindegutes nicht als Bodenreform (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG), sondern als solche des Gemeinderechts (Art 15 Abs 1 B-VG) behandelt hat. Bereits seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes waren in Vorarlberg keine Gemeindegüter mehr in Agrargemeinschaften umgewandelt worden. Das Gesetz über das Gemeindegut hatte dann endgültige Klarheit geschaffen.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11.10.2005, G 42/05, V 38/05, einer Gesetzesanfechtung der Gemeinde Gaschurn, die ua einen Eingriff in die Zivilrechtskompetenzen des Bundes moniert hatte, keine Folge gegeben. Damit ist nach Auffassung des Instituts für Föderalismus eine wichtige Richtungsentscheidung getroffen.

Neue Homepage des Instituts für Föderalismus



Um das Service für alle am Föderalismus Interessierten weiter zu verbessern, hat das Institut nach der Umgestaltung der Föderalismus-Info einen weiteren großen Schritt gesetzt. Die Homepage wurde noch nutzerfreundlicher gestaltet. Aktuelles und Hintergründe sind übersichtlicher aufbereitet, Informationen werden so noch schneller zu finden sein. Wir hoffen, dass Sie an der neuen Homepage Gefallen finden, und sind für Anregungen und Verbesserungsvorschläge sehr dankbar. Sollte es in der Umstellungsphase noch zu kleineren Schwierigkeiten kommen, bitten wir um Nachsicht.
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Föderalismusinstitut begrüßt die Vorschläge des Bundespräsidenten und des Nationalratspräsidenten zur Bundesratsreform



Möglicherweise kommt doch noch Bewegung in die Verfassungsreform! Bundespräsident Dr. Heinz Fischer hat im Rahmen eines Festaktes anlässlich der 85. Wiederkehr der Beschlussfassung des Bundes-Verfassungsgesetzes beachtenswerte Vorschläge zur Reform des Bundesrates gemacht: Ähnlich wie dies bereits vom Föderalismusinstitut vorgeschlagen wurde, sollte nach den Vorstellungen des Bundespräsidenten das ritualisierte Einspruchsverfahren bei einfachen Bundesgesetzen beseitigt werden. Der Bundesrat sollte sich nur noch dann mit dem Gesetz befassen, wenn dies von einer qualifizierten Mehrheit verlangt würde.

Das Föderalismusinstitut unterstützt auch Fischers Vorschlag, dass in Hinkunft alle Verfassungsgesetze der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates bedürfen sollen. Damit erhält der Bundesrat in Verfassungsfragen eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber dem Nationalrat, die verfassungspolitisch nicht zu unterschätzen ist. Auch im Konvent war dieser Gedanke stark unterstützt worden: Er fand sich nicht nur im Vorschlag von Institutsdirektor Bußjäger für die Kompetenzverteilung, sondern auch im Vorschlag der ÖVP. Auch schlägt der Bundespräsident eine Ausweitung der Kompetenzen des Bundesrates im Finanzausgleichsgesetz vor, was wiederum Bestandteil der Länderposition im Österreich-Konvent war.
In ähnlicher Weise hat sich nunmehr Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol in einem Interview in den „Vorarlberger Nachrichten“ vom 14.10.2005 geäußert und darüber hinaus auch das Modell der „doppelten Mehrheit“, das in den genannten Vorschlägen verankert war, vertreten. Demnach sollen in bestimmten Angelegenheiten (insbesondere jene der so genannten „dritten Säule“) Gesetzesbeschlüsse nicht nur der Zustimmung des Bundesrates, sondern auch der Mehrheit der beteiligten Länder bedürfen. Das Föderalismusinstitut wertet es als überaus positiv, dass die höchsten Repräsentanten des Staates konstruktive, weiterführende Vorschläge zur Reform des Bundesrates machen.

Hat die Verfassungsreform doch noch eine Chance?



Anlässlich des Festaktes zur Erinnerung an die Länderkonferenzen 1945 gab Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein engagiertes Bekenntnis zur föderalistischen Ordnung Österreichs ab. Der Bundeskanzler betonte auch seine Bereitschaft zu einer Verfassungsreform im Einvernehmen mit den Ländern. „Das Institut für Föderalismus begrüßt diese Ankündigung, das Projekt einer Verfassungsreform in kooperativer Weise fortzusetzen. Gerade die Länderkonferenzen, mit denen 1945 die Grundlagen für die erfolgreiche Zweite Republik geschaffen wurden, können ein Vorbild sein“, meint dazu der Direktor des Föderalismusinstituts, Dr. Peter Bußjäger.

In einem Sonderausschuss des Nationalrats wird derzeit der Bericht zum Österreich-Konvent debattiert. Zwar liegen noch keinen konkreten Ergebnisse vor, und auch mit einem „großen Wurf“ vor der Nationalratswahl ist nicht zu rechnen. Mit einigem guten Willen könnten allerdings wichtige Schritte schnell umgesetzt werden. Dazu ist es allerdings notwendig, dass die Zentralisten einige ihrer Argumente hinterfragen und zu einer sachlichen Diskussion bereit sind. Vor allem dem Argument, die europäische Integration mache einen innerösterreichischen Föderalismus überflüssig, fehlt jegliche Grundlage.
Als sofort umsetzbare Schritte auf dem Weg zu einer umfassenden Bundesstaatsreform sieht das Föderalismus-Institut die Schaffung von Landesverwaltungsgerichtshöfen, die Modernisierung des Wahlrechts sowie eine Dezentralisierung des Bildungswesens.
Ob es dann zu einer großen Lösung nach den kommenden Wahlen kommen kann, wird letztlich von der Regierungszusammensetzung abhängen. Bisher haben sich die beiden großen Parteien, die jeweils über eine Sperrminorität in Verfassungsfragen verfügen, in wichtigen Fragen nicht einigen können.
In jedem Fall werde es aber erforderlich sein, dass die Länder in den Beratungen des Ausschusses nicht nur durch Vertreter am Rande geduldet sind, sondern eine aktive Rolle spielen und auch Expertinnen und Experten entsenden können, fordert Institutsdirektor Bußjäger. Nur dann könne man auch wirklich von einer kooperativen Vorgangsweise sprechen.
Ungeachtet der Signale zu einer konstruktiven Zusammenarbeit sei die Föderalismusreform neben den Grundrechten die wohl schwierigste Klippe in der Verfassungsreform, hält Bußjäger fest und meint weiter: „Die Zentralisten haben aus dem Konvent bisher nicht allzu viel gelernt. Es wird schwierig sein, in der Frage der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern zu befriedigenden Resultaten zu gelangen.“
Die Zentralisten unterliegen dem grundlegenden Missverständnis, dass die Länderebene in Österreich auf Grund der Einbindung in die Europäische Union überflüssig geworden ist, kritisiert der Institutsdirektor. Tatsächlich ist in nahezu allen Mitgliedstaaten der EU – auch in den kleineren Ländern – ein dreistufiger Staatsaufbau (Gemeinden – Regionen – Nationalstaat) üblich. Österreich hat mit anderen Staaten wie Deutschland, Belgien, Italien und Spanien allerdings gemeinsam, dass die regionale Untergliederung nicht bloß ausführende Ebene ist, sondern auch eine gesetzgeberische Autonomie hat. Das Föderalismus-Institut fordert daher: „Diese Gestaltungsfähigkeit als Kern der Eigenständigkeit und Demokratie in den österreichischen Ländern darf nicht weiter geschwächt werden.“
Institutsdirektor Bußjäger wehrt sich dagegen, die geplante Verfassungsreform als Gesamtes abzuschreiben und fordert stattdessen ein schrittweises Vorgehen: „Chancen hat die Verfassungsreform am ehesten in Teilschritten, über die im Verhandlungsweg Konsens gefunden werden kann: Als Föderalismusinstitut schlagen wir die Umsetzung folgender Projekte vor, die mit einigem guten Willen machbar ist:
  • Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, die für die Bürgerinnen und Bürger einen rascheren Zugang zum Recht bedeuten würde.
  • Modernisierung des Wahlrechts, die es den Ländern erlauben würde, die Briefwahl einzuführen.
  • Dezentralisierung der Strukturen im Bildungswesen durch Einbau der Landesschulräte in die Landesverwaltungen. 
  • Verfassungsbereinigung durch Einbau verstreuter Verfassungsbestimmungen in die ursprüngliche Verfassung sowie Straffung und Abschlankung des Verfassungstextes.“

Wir wollen Österreich als freien Staat aufbauen“: Die Bedeutung der „Länderkonferenzen“ 1945 für die Zweite Republik



In den Lehrbüchern des Staatsrechts beginnt die Zweite Republik mit der Proklamation der Unabhängigkeit Österreichs durch die Renner-Regierung am 27. April 1945. Wenig später wurde die Vorläufige Verfassung vom 1. Mai erlassen, die Österreich als einen zentralistischen Staat einrichtete. Erst am 12. Oktober 1945 wurden die Kompetenzen der Länder wieder hergestellt. Nur durch diese Einbindung der Bundesländer gelang es letztlich, die Republik zu stabilisieren. Die Länder wurden zu tragenden Säulen des neuen Österreich, auf die man auch in Krisenzeiten bauen kann.

Was war zwischen der Proklamation der ursprünglichen Verfassung und der Wiederherstellung der Länderkompetenzen geschehen? Die Regierung Renner war außerhalb der sowjetischen Besatzungszone (also außerhalb von Wien, Niederösterreich, dem heutigen Burgenland und Teilen Oberösterreichs) nicht anerkannt und übte keinerlei staatliche Gewalt aus. Die Westalliierten waren von tiefem Misstrauen gegenüber Renner und seiner Regierung beherrscht, in der sie nur eine Marionette der Sowjets erblickten. Ebenso waren die Landesregierungen im westlich besetzten Österreich gegenüber Renner und seinem zentralistischen Konzept äußerst skeptisch und fürchteten eine kommunistische Unterwanderung Österreichs.
Renner wusste, dass er nur dann die Chance hatte, die Einheit Österreichs wiederherzustellen, wenn er von den Ländern außerhalb der sowjetischen Besatzungszone akzeptiert wurde. Renner suchte diese Zustimmung in einer gesamtösterreichischen Länderkonferenz zu erhalten, in der wie 1919/1920 Einigkeit über den zukünftigen Aufbau Österreichs gefunden werden sollte.
Tatsächlich erbrachten die Länder in der ersten Länderkonferenz vom 24. bis 26. September 1945 die gewünschte Zustimmung zur Renner-Regierung. Sie verlangten und erhielten dafür die Wiederherstellung von Bundesstaat, Beteiligung an der Regierung und Demokratie. Die Wortführer des Föderalismus sind im Westen zu suchen, maßgebliche Akteure waren vor allem der Vorarlberger Landeshauptmann Ulrich Ilg und der Tiroler Landeshauptmann Karl Gruber. Ilg hatte im Vorfeld denn auch erklärt: „Wir wollen Österreich als freien Staat aufbauen.“
Wäre die Länderkonferenz gescheitert, wäre es nicht zur Anerkennung der Renner-Regierung gekommen. Darüber, wie die Geschichte der Zweiten Republik in diesem Fall verlaufen wäre, lässt sich natürlich nur spekulieren. Die Konsequenzen eines Negierens der Wünsche und Forderungen der Länder durch das nur von den Sowjets anerkannte Kabinett in Wien wären jedenfalls nicht abzusehen gewesen.
Als diese Zustimmung der Länder vorlag und den Ergebnissen der Länderkonferenz durch die Renner-Regierung tatsächlich entsprochen worden war, anerkannten schließlich auch die westlichen Alliierten die Renner-Regierung am 20. Oktober 1945.
Wie wichtig die Länderkonferenz war, wird aus der Erklärung des Staatskanzlers am Ende der Konferenz deutlich, wenn er unter Anspielung auf die Erste Republik meinte: „…auf diesen zweiten Versuch, durch den Zusammenschluss unserer Länder unsere Republik für die Ewigkeit zu begründen, auf diesen Versuch sind wir stolz. Und dieser Versuch muss gelingen durch unsere gemeinsame Tatkraft.“
Die Länderkonferenz vom 24. bis 26. September 1945 war daher tatsächlich die Geburtsstunde eines neuen, freien Österreich, dem eine glücklichere Zukunft beschieden sein sollte, als der tragisch gescheiterten Ersten Republik. Sie unterstreicht auch die Bedeutung, die den Ländern gerade in Krisenzeiten als Säulen des Gesamtstaates zukommt.

Gentechnik-Urteil – ein Schritt zu einer allgemeinen Klagslegitimation der Länder?



Das erstinstanzliche Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum oberösterreichischen Gentechnik-Verbot hat noch eine bisher vernachlässigte juristische Dimension: Kommt es zu einer allgemeinen Klagslegitimation der Länder vor dem EuGH? Auf jeden Fall ist die Entscheidung auf juristischer Ebene ein wichtiger Fortschritt für die Länder und Regionen, da erstmals vom EuGH eine „individuelle Betroffenheit“ alleine von der innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Kompetenzlage abhängig gemacht wird.

Mit Urteil vom 5. Oktober 2005 hat das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften die Klage des Landes Oberösterreich wegen Nichtigerklärung einer Entscheidung des Kommission über die einzelstaatlichen Bestimmungen zum Verbot des Einsatzes gentechnisch veränderter Organismen im Land Oberösterreich abgewiesen. Unabhängig von der Sachentscheidung hat sich der Gerichtshof mit der Zulässigkeit der vom Land Oberösterreich erhobenen Klage beschäftigt und geprüft, ob die angefochtene Entscheidung das Land Oberösterreich im Sinn von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betrifft. Die Klagslegitimation des Landes wurde von der Kommission nicht bestritten, dennoch sah sich der Gerichtshof zur näheren Prüfung der Zulässigkeit veranlasst.
Vorauszuschicken ist, dass die Entscheidung, die vom Land Oberösterreich angefochten wurde, an die Republik Österreich ergangen ist. Das Land Oberösterreich hat argumentiert, dass die mitgeteilte Maßnahme - verfassungsrechtlich gesehen - in seine ausschließliche Zuständigkeit falle und es daher von der Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen sei.
Der Gerichtshof hat anerkannt, dass das Land Oberösterreich Urheber des angefochtenen Gesetzentwurfs ist und dieser in seine Zuständigkeit fällt. „Aus der angefochtenen Entscheidung (der Kommission) folgt somit nicht nur, dass ein Rechtsakt, dessen Urheber das Land Oberösterreich ist, betroffen ist, sondern außerdem, dass dieses daran gehindert wird, seine eigenen, ihm durch die österreichische Verfassungsordnung zugewiesenen Befugnisse nach seinem Gutdünken auszuüben.“ Der Gerichtshof folgt daraus, dass das Land Oberösterreich von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen ist. „Außerdem verfügt die Republik Österreich, obwohl die angefochtene Entscheidung an sie gerichtet war, bei deren Weiterleitung an das Land Oberösterreich nicht über einen Entscheidungsspielraum, sodass das Land ... auch unmittelbar betroffen war.“ Da beide Voraussetzungen für die aktive Klagslegitimation gemäß Art. 230 Abs. 4 EG vorliegen, bejahte das Gericht die Zulässigkeit der erhobenen Klage.
Wenngleich nach der ständigen Judikatur feststeht, dass im Bereich des Beihilfenwesens auch Regionen aktive Klagslegitimation zusteht, ist diese Entscheidung doch ein Fortschritt im Hinblick auf die Rechte von Ländern und Regionen. Es ist zum ersten Mal, dass eine „individuelle Betroffenheit“ alleine von der innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Kompetenzlage abhängig gemacht wird. Weist die innerstaatliche Verfassungsrechtslage einen Akt der Gesetzgebung einem Land oder einer Region zu, so kann dieses im Verfahren nach Art. 95 Abs. 5 EG bei einer negativen Entscheidung dagegen Klage erheben.
In weiterer Folge stellt sich die Frage, ob ein Land bzw. eine Region auch gegen eine Verordnung von EU-Organen, wenn diese Verordnung das Land unmittelbar und individuell quasi gleich einer Entscheidung betrifft, wegen Eingriff in seine innerstaatlich eingeräumten Kompetenzen Klage im Sinn von Art. 230 Abs. 4 EG erheben kann. Eine solche Klagsmöglichkeit könnte die Chance der Länder und Regionen, sich gegen Kompetenzüberschreitungen zu wehren, substantiell erhöhen.

Institutsdirektor Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger zum Richter des Verwaltungsgerichtshofes von Liechtenstein ernannt



Die Ernennung von Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger zum Richter des Verwaltungsgerichtshofes von Liechtenstein durch Erbprinz Alois nach vorangegangener Wahl durch den Landtag ist eine Auszeichnung und eine Anerkennung der wissenschaftlichen Arbeit des Institutsdirektors auch außerhalb der engen Grenzen Österreichs. „Die Auseinandersetzung mit dem Liechtensteinischen Recht wird auch meine Kenntnisse über die Effizienz kleinräumiger Rechtsordnungen bereichern“, ist der Institutsdirektor überzeugt.