28.07.2024
Eine Verfassungsnovelle ermächtigt die Länder, in Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung (Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG) landesgesetzliche Regelungen zu erlassen, die zur Verfolgung öffentlicher Interessen das Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrags als Voraussetzung für Flächenwidmungen von Gemeinden bzw. andere hoheitliche Handlungen vorsehen. Damit wird einer Forderung der Länder und Gemeinden entsprochen, auf diese Weise leistbaren Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus soll die Rechtssicherheit im Bereich der Vertragsraumordnung erhöht werden – wobei allerdings zweifelhaft ist, ob das durch die gegenständliche Novelle auch wirklich gelingt.
Um diesen Zweck zu erreichen, wird in Art. 15 B-VG ein neuer Abs. 5 eingefügt. Der Landesgesetzgebung soll damit, entgegen der bisherigen, eine solche Option ablehnenden Rechtsprechung des VfGH,[1] eine Koppelung von hoheitlicher Flächenwidmung und privatrechtlicher Vereinbarung in der örtlichen Raumplanung ermöglicht werden. Gemeinden sollen damit Flächenwidmungen an bestimmte Auflagen knüpfen können. So könnte beispielsweise die Umwidmung eines Grundstückes in Bauland mit der Bedingung verbunden werden, einen Teil des Grundstückes zur Schaffung leistbaren Wohnraums zu verwenden.
Ob das angestrebte Ziel der „Rechtssicherheit“ durch diese Novelle tatsächlich erreicht werden kann, ist dennoch fraglich. Gerade das bereits bisher bestehende Rechtsschutzproblem, das der Vertragsraumordnung innewohnt, könnte durch die gegenständliche Novelle vielmehr befeuert werden, da Grundstückseigentümer bis zu einem gewissen Grad der Willkür des Gemeinderates bzw. der Gemeindevertretung ausgeliefert sind, der bzw. die – sofern damit öffentliche Interessen verfolgt werden – hoheitliche Handlungen oder Flächenwidmungen vom Zustandekommen eines zivilrechtlichen Vertrags abhängig machen kann. Entscheidend wird wohl sein, wie die Landesgesetzgebung die Möglichkeit der Gemeinden, derartige zivilrechtliche Verträge bei Widmungen bzw. anderen hoheitlichen Handlungen abzuschließen, legistisch verankert. Für die Gemeinden wird indes das Hauptaugenmerk darauf liegen, unsachliche Bedingungen in zivilrechtlichen Verträgen hintanzuhalten. Solche unsachlichen Bedingungen könnten – im Rahmen der Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes – in Form eines Individualantrages auch direkt an den VfGH herangetragen werden.
[1] Vgl. grundlegend VfSlg. 15.625/1999.
Die RED III („Renewable Energy Directive“) verpflichtet EU-Staaten, Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energieanlagen zu beschleunigen. Der Bund plant daher ein „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz“. Die Intention ist zwar nachvollziehbar – doch die vorgestellten Eckpunkte des Gesetzes schießen zum Teil über die EU-rechtlichen Vorgaben hinaus, was wiederum größere Kompetenzverluste für die Länder zur Folge haben könnte. Zudem bestehen Unklarheiten bezüglich der Ausweisung von Freiflächen für Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie der (Nicht )Anwendung der Beschleunigungsmechanismen bei bestimmten Wasserkraftanlagen.
Die wesentlichen Eckpunkte dieses Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes wurden den Ländern vom Bundesministerium für Klimaschutz anlässlich einer Besprechung Ende Februar 2024 vorgestellt. Ein Entwurf eines solchen Gesetzes wurde bislang jedoch nicht veröffentlicht. Die Länder äußerten im Rahmen der ihnen eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit auch einige Bedenken gegen die Pläne des Bundes.[1]
Wenngleich der Ausbau erneuerbarer Energie durch Beschleunigung der Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu begrüßen ist, besteht die Gefahr, dass es durch das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz zu einem weitreichenden Kompetenzverlust der Länder in den Bereichen Anlagenrecht und Raumplanungsrecht kommen könnte.
Einige der im Frühjahr seitens des Bundes geplanten Änderungen wären im Übrigen auch nicht zur Umsetzung der RED III erforderlich:
So scheint etwa der Bund die Auffassung zu vertreten, dass nach der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie für sämtliche Vorhaben im Anwendungsbereich dieser Richtlinie ein konzentriertes Genehmigungsverfahren zu etablieren ist. Diese Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut einzelner Richtlinienbestimmungen nicht gestützt. Die Einführung eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens für alle in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Anlagen und der damit zwangsläufig verbundene Eingriff in die Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz der Länder, insbesondere in Angelegenheiten des Baurechts, des Naturschutzrechts und des Elektrizitätswirtschaftsrechts, scheint daher unionsrechtlich nicht geboten. Auch die vom Bund beabsichtigte Erlassung grundsatzgesetzlicher Vorgaben für Beschleunigungsgebiete im Raumplanungsrecht würde einen weitgehenden Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz der Länder bewirken und ihren Handlungsspielraum massiv einschränken. Die maßgeblichen inhaltlichen Vorgaben, die die Länder bereits derzeit im Rahmen ihrer Raumordnungskompetenz treffen können, ergeben sich ohnehin aus der Richtlinie selbst.
Vereinzelt wäre es zudem zweckmäßiger, den Landesgesetzgeber zu ermächtigen, die erforderliche Verfahrenskonzentration im landesrechtlichen Verfahren vorzusehen, etwa bei Vorhaben, die einer Naturverträglichkeitsprüfung bedürfen.
Es bleibt abzuwarten, inwiefern der Bund die durchwegs berechtigten Bedenken der Länder berücksichtigt. Die Umsetzung drängt jedenfalls, da sie bis spätestens 21. Mai 2025 zu erfolgen hat bzw. einige Bestimmungen sogar bereits implementiert werden hätten müssen, was bislang – soweit ersichtlich – großteils aber noch nicht erfolgt ist.
[1] Siehe VSt-2600/3 vom 3.4.2024 sowie die entsprechende Beilage dazu.
Der Nationalrat hat neue Datenschutzregeln für die Gesetzgebung als Reaktion auf ein EuGH-Urteil beschlossen. Der beschlossene Gesetzesantrag enthält keine Bestimmung mehr darüber, ob auch die Landtage und deren Mitglieder zur Verarbeitung personenbezogener Daten ermächtigt sind. Die Ausführungen im Abänderungsantrag stützen die Ansicht, dass der Landesgesetzgeber eine solche Ermächtigung selbst vorsehen darf.
Die entsprechenden Änderungen im B-VG wurden mit BGBl I 68/2024 kundgemacht.
Während im ursprünglichen Initiativantrag (3848/A), der in den Nationalrat eingebracht wurde, noch eine Regelung enthalten war, wonach die Berechtigung zur Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten und Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten, zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch für Landtage und deren Mitglieder sinngemäß gelte, wurde diese Bestimmung im Rahmen der Ausschussberatungen ersatzlos gestrichen. Es stellt sich daher nun die Frage, ob der Landesgesetzgeber selbst eine entsprechende Regelung für die Landtage erlassen darf. Ausweislich der Ausführungen im Abänderungsantrag des Ausschusses scheint der Bundesgesetzgeber davon auszugehen, dass es sich bei einer derartigen Regelung nicht primär um eine Angelegenheit des Datenschutzes (Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG), sondern um eine Frage der Geschäftsbehandlung im jeweiligen Vertretungskörper handelt. Folgt man dieser Auffassung, ist der Landesgesetzgeber auch ermächtigt, eine entsprechende Regelung für den Landtag vorzusehen.
Im Übrigen wurde durch die Verfassungsbestimmung des § 35a Informationsordnungsgesetz mit dem Parlamentarischen Datenschutzkomitee eine eigene Aufsichtsbehörde nach der DSGVO für den Bereich der Gesetzgebung eingerichtet. Auch die Landtage können sich durch Landesverfassungsgesetz dieser neuen Behörde unterstellen (Abs. 2 leg. cit.).
Dieses neue Werk setzt sich mit dem IFG sowie den entsprechenden bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen auseinander. Die Kommentierungen zu den einzelnen Bestimmungen werden von den jeweils einschlägigen Gesetzesmaterialien flankiert. Damit bietet dieser Kommentar bereits jetzt eine praxisnahe Hilfestellung für die sich schon im Vorfeld des Inkrafttretens des IFG am 1. September 2025 stellenden Rechtsfragen. Peter Bußjäger und Marco Dworschak (Hg.), IFG. Informationsfreiheitsgesetz, Jan Sramek Verlag, August 2024, 98,- Euro.
In Zusammenhang mit der Beschlussfassung des EU-Renaturierungsgesetzes, bei der sich Umweltministerin Leonore Gewessler über den Willen der Länder hinweggesetzt und dem Rechtssetzungsvorhaben auf EU-Ebene zugestimmt hat, sind zahlreiche Fragen zu Länderstellungnahmen aufgetaucht. Im neuen Föderalismus Talk setzt sich Institutsdirektor Peter Bußjäger mit den wichtigsten dazu auseinander. Der Talk in seiner Langfassung ist unter https://foederalismus.at/de/media/foederalismus-talk/ frei abrufbar.