04.11.2009
Föderalismus Info 5/2009
Wir starten heute eine neue Serie. Das Institut für Föderalismus lädt Persönlichkeiten aus Kultur, Medien, Wissenschaft und Politik ein, ihren ganz persönlichen Blick auf das Thema Föderalismus zu werfen. Die Gastautorinnen und -autoren sind dabei eingeladen, ihren Zugang zu diesem Thema ohne allzu engen Rahmen zu beschreiben. Sie können Ideen zum Staats- und Gesellschaftsaufbau entwickeln, präsentieren, zur Diskussion stellen oder über Erfahrungen mit zentralistischen bzw. föderalistischen Lösungen, mit Bürgerferne bzw -nähe von Politik und Verwaltung berichten. Für den ersten Beitrag haben wir den Südtiroler Journalisten und Autor Hans Karl Peterlini gewonnen, der über das Spannungsfeld von Heimat und Globalisierung – und dessen Auswirkungen auf die Föderalismusdebatte schreibt.
Die neueste Umfrage von Eurobarometer (Standard Eurobarometer 71) zum Stimmungsbild der Union bei den Bürgerinnen und Bürgern hat auch die Einschätzung der regionalen und lokalen Ebene erforscht. Das Ergebnis ist eindeutig und fügt sich ein in eine Reihe anderer Untersuchungen: Die Menschen bringen den Ländern und Gemeinden besonders hohes Vertrauen entgegen, die nationalstaatliche und die europäische Ebene tun sich wesentlich schwerer, Akzeptanz zu finden.
Die schon länger geführte Diskussion um eine Ausweitung der Prüfungskompetenzen der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder auf die Gemeinden hat eine neue Facette erhalten. Geht es nach einer Entschließung des Nationalrats vom September, soll der Bundesrechnungshof künftig auch kleinere Gemeinden prüfen. Dabei war eigentlich vereinbart, dass die Länder im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie entscheiden sollen, mit dieser Aufgabe – im Sinne höherer Effizienz und zur Vermeidung von Doppelprüfungen – die Landesrechnungshöfe betrauen zu können. Der Vorschlag von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter, die Landesrechnungshöfe abzuschaffen und dem Bundesrechnungshof einzugliedern, ist überhaupt der Gipfel an Ineffizienz und Zentralismus.
- Erarbeitung eines Gesamtprüfkonzepts, um die Gebarungsprüfungskompetenzen der jeweiligen Prüfeinrichtungen aufeinander abzustimmen;
- Ausweitung der Prüfkompetenzen des Bundesrechnungshofes; Staffelung nach Einwohnerzahlen der Gemeinden oder ökonomischen Kennzahlen;
- Sicherstellung erhöhter Transparenz hinsichtlich der Prüfergebnisse und Prüfberichte.
Wer ist dafür verantwortlich, den rechtlichen Rahmen für die EVTZ (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit) in den Mitgliedsstaaten der EU zu regeln, Länder oder Bund? Beide Ebenen reklamieren die Kompetenz für sich, wobei die Argumente der Ländern stärker zu sein scheinen, meint das Institut für Föderalismus.
- Genehmigung oder Versagung der Gründung eines EVTZ (Art 4 Abs 3 EVTZ-VO)
- Registrierung und/oder Veröffentlichung der Satzung eines EVTZ (Art 5 Abs 1 EVTZ-VO; vgl auch Art 12 Abs 2 EVTZ-VO)
- Kontrolle der Verwaltung der öffentlichen Mittel durch den EVTZ und Unterrichtung der anderen Mitgliedstaaten über Schwierigkeiten bei der Durchführung seiner Kontrollen (Art 6 EVTZ-VO)
- Liquidation, Zahlungsunfähigkeit, Zahlungseinstellung und vergleichbare Verfahren (Art 12 Abs 1 EVTZ-VO)
- Untersagung der Tätigkeit eines EVTZ, die gegen die Bestimmungen eines Mitgliedstaats über die öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit, Sittlichkeit oder das öffentliche Interesse eines Mitgliedstaats verstößt, oder Verpflichtung der EVTZ Mitglieder zum Austritt aus dem EVTZ, sofern der EVTZ die fragliche Tätigkeit nicht einstellt (Art 13 EVTZ-VO)
- Auflösung eines EVTZ durch das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde des Mitgliedstaats (Art 14 EVTZ-VO).
- Ist ein EVTZ eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts und besteht eine Wahlmöglichkeit der Mitgliedstaaten, was die privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Rechtsform des EVTZ betrifft?
- Wenn ein EVTZ eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, wer ist zur Regelung innerstaatlich zuständig?
- Wenn ein EVTZ eine juristische Person des Privatrechts ist, wer ist zur Regelung innerstaatlich zuständig?
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Bund
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Land
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Öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsform
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EVTZ kann „nach österreichischem Verständnis keine Körperschaft öffentlichen Rechts sein.“
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Öffentlich-rechtliche Rechtsform gemeinschaftsrechtlich vorgegeben
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Kompetenz zur Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform
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Frage erübrigt sich auf Grund der obigen Prämisse.
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Mangels einer enumerativ aufgezählten Bundeskompetenz zur Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform Residualkompetenz der Länder gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG.
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Kompetenz zur Regelung der privatrechtlichen Rechtsform
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Regelung der EVTZ fällt unter die Kompetenzen des Bundes zur Regelung des „Zivilrechtswesens“
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Frage erübrigt sich auf Grund der oben angeführten Prämisse zur öffentlich-rechtlichen Rechtsform.
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Christian Ranacher/Paul Frischhut, Handbuch der Anwendung des EU-Rechts mit Judikatur (EuGH, VfGH, VwGH, OGH). Facultas Verlag, Wien 2009.