22.12.2009
Föderalismus Info 6/2009
Die Föderalismus-Info 6/2009 am Ende eines Jahres zieht kritisch Bilanz: Da war ein neuer, sehr zaghafter Versuch einer Verwaltungsreform, bei der der Bund schon zu Beginn im eigenen Bereich ins Stolpern kommt, da waren Zentralisierungsbemühungen im bereits extrem zentralistischen Bildungswesen und eine Zentralisierung der Aufsichtsbürokratie im Sozialversicherungswesen. Viel wurde vom Bund insgesamt nicht zustande gebracht und man muss feststellen: Es ist viel für das kommende Jahr übrig geblieben. 2010 werden aber auch die Länder gefordert sein, zu zeigen, wie weit sie bereit sind, Verantwortung für notwendige Schritte auf allen Ebenen zu tragen. Und ein Blick auf die jeweiligen Anteile an der Gesamtverschuldung Österreichs zeigt übrigens, dass sich die Länder – trotz der aktuellen Ereignisse im Süden – in dieser Frage nicht verstecken müssen.
Wieder einmal machte sich eine Bundesregierung an die Verwaltungsreform, von der bisher noch wenig Konkretes vorliegt: So warten das Föderalismusinstitut und viele andere mit Spannung auf die Realisierung des Jahrhundertprojektes einer gemeinsamen Fuhrparkverwaltung der Bundesregierung. Dann kann niemand mehr behaupten, dass in Österreich nichts vorwärts gehe!
In der Bildungsreform versuchen die Zentralisten die haarsträubende Performance unseres Staates im internationalen Vergleich mit noch mehr Zentralismus zu toppen – ein bemerkenswertes Unterfangen. Immerhin haben die Landeshauptleute eine Gegenposition zu diesem zentralistischen Wahnwitz eingebracht.
In der Gesundheitsreform erwarten sich viele eine Milliarde Einsparungen. Immerhin können wir in diesem Bereich, wo die Länder im Wege der Spitäler besonders viel Verantwortung tragen, darauf verweisen, anerkanntermaßen eines der besten Systeme der Welt zu erhalten. Die Länder werden unter Beweis stellen müssen, dass sie bereit sind, sich über lokale Egoismen hinwegzusetzen und durch Schwerpunktbildungen die erforderlichen Umstrukturierungen zu machen.
Wir teilen mit vielen, etwa mit Wirtschaftskammerpräsident Leitl, die Einschätzung, dass viele notwendige Reformen aufgeschoben wurden. Der Zwang zum Sparen wird in den kommenden Jahren unabweislich werden. Anders als viele andere sehen wir nicht das Heil in der Zentralisierung der Gesetzgebung, sondern verlangen einen Abbau von Bürokratie. Es werden alle Ebenen des Staates gefordert sein, ihren Beitrag zu leisten.
Eine Vielzahl von Verwaltungseinrichtungen des Bundes in den Ländern könnte in die Organisation der Landesverwaltungen übertragen werden, wodurch Synergien erzielt und Doppelgleisigkeiten abgebaut werden könnten: Arbeitsinspektorate, Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundessozialamt, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Bund könnte durch Schaffung eines einheitlichen Amtes der Bundesregierung viele Supportdienste zusammenlegen, wie dies auf Landesebene schon immer der Fall war. Die kabarettreife Geschichte der Fuhrparkverwaltung zeigt aber die Schwierigkeiten eines solchen Projektes auf.
Natürlich sind auch die Länder gefordert. Abgesehen davon, dass im Zuge des Finanzausgleichs getroffene Vereinbarungen (Harmonisierung der Pensionssysteme) nun einmal einzuhalten sind (was allerdings hinsichtlich der meisten Länder der Fall ist), haben uns die Vorgänge rund um die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria wie viele andere Österreicher auch tief erschüttert. Kein Wunder, dass die Politik mit Rufen nach einer Kuratel für die Länder oder neuen Aufsichtsregeln zur Stelle war!
Das Föderalismusinstitut wird sich auch in Zukunft solchen Knebelungsversuchen widersetzen. Es hat im Bankenbereich in der Vergangenheit vergleichbare Fälle gegeben, die nicht im Einflussbereich eines Landes, wohl aber des Bundes und seiner Aufsichtsorgane gelegen waren, ohne dass der Ruf nach einer Kuratel des Bundes laut geworden war. Dessen ungeachtet ist der Schaden für den Föderalismus in Österreich, der aus dieser Bankenkrise resultiert, hoch und es wird aller Anstrengungen der Länder bedürfen, im folgenden Jahr klarzumachen, dass sie imstande sind eigenverantwortlich zu handeln und auch Verantwortung zu tragen.
Eine kleine Argumentationshilfe für die Länder kann die nachfolgende Darstellung des Anteils der verschiedenen Ebenen des Staates (Bund, Länder, Gemeinden bzw die Sozialversicherungen) an der öffentlichen Gesamtverschuldung liefern:

Die Quelle ist unverdächtig, nämlich der Rechnungshof! Es zeigt sich, dass der Anteil von Ländern und Gemeinden bzw Sozialversicherungsträgern an der Gesamtverschuldung des Staates im Vergleich mit dem Bund gerade zu verschwindend klein ist. Es besteht also kein Anlass, über die Länder generell zu lamentieren!
Nach langwierigen Verhandlungen und Bemühungen wurden in den letzten Monaten Schritte zu einer Sanierung der defizitären Gebietskrankenkassen umgesetzt. Nachteile aus dieser neuen Regelung sind für die bisher gut wirtschaftenden Kassen zu befürchten. Mit der Neuregelung einher ging auch eine Zentralisierung der Aufsicht, deren künftiger Nutzen auf Basis bisheriger Erfahrungen mehr als fraglich ist.
Derzeit befindet sich der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft versandte Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird, in Begutachtung. Die angestrebte Schaffung klarer Zuständigkeiten – kombiniert mit wirksamen Handlungsmöglichkeiten – findet sich darin allerdings nicht. Eher sieht es wieder einmal danach aus, dass Verantwortung auf die Länder abgewälzt wird, ohne ihnen die nötigen Werkzeuge in die Hand zu geben.
Das Föderalismusinstitut bedankt sich bei allen, die uns im laufenden Jahr in vielfältiger Weise unterstützt haben und wünscht allen Lesern der Föderalismus-Info frohe Weihnachten sowie Glück und Erfolg im neuen Jahr!