20.04.2010
Föderalismus Info 2/2010
Das Institut für Föderalismus ist nun auch im „Web 2.0“ präsent. Wir laden dazu ein, unsere Facebook-Fanpage (Institut für Föderalismus) zu besichtigen und sich ihr anzuschließen. Der Vorteil: Ständige Kurzinformationen zu aktuellen föderalistischen Themen. Weiters teilt Institutsdirektor Peter Bußjäger in Twitter unter „PeterBussjaeger“ aktuellste föderalistische Kurzinformationen mit.
Der Vertrag von Lissabon bietet die seltene Chance, den Bundesrat zumindest geringfügig aufzuwerten: Es könnten die Mitgliedstaaten den Kammern ihrer nationalen Parlamente, also Nationalrat und Bundesrat, Klagerechte gegenüber EU-Gesetzen, wenn sie gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, einräumen. So wie die dafür notwendige Verfassungsänderung („Lissabon-Begleitnovelle“) derzeit diskutiert wird, wäre der Bundesrat gegenüber dem Nationalrat aber wieder einmal krass benachteiligt: Er soll nur dann klagen können, wenn ein EU-Gesetz durch eine Verfassungsänderung umgesetzt werden muss, die zu einer Einschränkung von Länderzuständigkeiten führt. Das ist aber praktisch nie der Fall. Das Institut für Föderalismus kritisiert dieses Vorgehen scharf und erinnert an das Regierungsprogramm, in dem eigentlich ganz Anderes festgeschrieben wurde!
Brauchen wir keine Landtage mehr, weil ohnehin 80 Prozent der nationalen Gesetzgebung auf die EU übergegangen sind? Dieser Mythos hält sich hartnäckig und wird von Zentralisten aller Lager beständig gefüttert. Es gibt nur ein Problem: Die Zahlen stimmen bei weitem nicht! Darauf hat das Institut für Föderalismus bereits öfters hingewiesen, jetzt liegt eine neue Studie der beiden Politikwissenschafter Marcelo Jenny und Wolfgang C. Müller vor, die den Mythos weiter ins Wanken bringt. Fakt ist: Nur rund ein Fünftel der Bundes- sowie der Landesgesetze bezieht sich auf EU-Recht!
Aus föderalistischer Sicht wurde der vorliegende Entwurf einer Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle in der letzten Föderalismus-Info bereits grundsätzlich positiv gewertet. Am 8 April haben sich nunmehr die Länder auf eine positive Stellungnahme geeinigt, gleichzeitig aber einige Verbesserungsvorschläge formuliert sowie die Forderung nach einer Abgeltung der Zusatz- und Umstellungskosten erhoben. Ein Schritt in Richtung Verwaltungsreform, Verfahrensbeschleunigung und bürgernaher Rechtsschutz scheint möglich.
- Ersatzlos entfallen sollte auch die im Begutachtungsentwurf vorgesehene systemwidrige Eingriffsmöglichkeit (zweiter Halbsatz im Art 131 Abs 4 Z 2 B-VG), wonach der einfache Bundesgesetzgeber das Verwaltungsgericht des Bundes für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (zB für Beschwerden gegen baurechtliche Bescheide der Gemeinden) oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers durch Bundesgesetz (ohne Zustimmung der Länder) für zuständig erklären kann.
- Hinsichtlich der Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsgerichts eines Landes ist vorgesehen, dass nicht bindende Dreiervorschläge der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtes einzuholen sind. Die Bestellung der Mitglieder soll der freien Entscheidung der Landesregierung überlassen bleiben.
- Aus Ländersicht abzulehnen ist auch die vorgesehene Streichung jener (bisherigen) Bestimmungen, dass zumindest ein Viertel der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes aus Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst, entnommen werden soll.
- Die im Entwurf vorgesehene Übernahmeautomatik, dh das Recht eines bisherigen Mitgliedes eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf die Ernennung zum Mitglied des jeweiligen Verwaltungsgerichts, bedeutet eine Durchbrechung der den Ländern zukommenden Kompetenz hinsichtlich der Organisation des Landesverwaltungsgerichts und des Dienstrechts ihrer Mitglieder. Die Länder lehnen diese bundesverfassungsrechtliche Vorgabe mit Nachdruck ab.
- Die in der Anlage des Begutachtungsentwurfs enthaltenen Listen der aufzulösenden unabhängigen Behörden sind fehlerhaft und unvollständig und müssen auf Grundlage der Mitteilungen der Länder überarbeitet werden.
- Aus föderalistischer Sicht ist die Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Interesse weiter zu beobachten, da diese durch die Beschleunigung der Verfahren auch einen wichtigen Schritt in der Verwaltungsreform darstellt.
Die Ergebnisse einer Umfrage, die das Föderalismus-Institut gemeinsam mit dem Institut für Politikwissenschaft der Uni Innsbruck durchführte, liegen jetzt vor: Die österreichischen Länder sind im Bewusstsein der Bevölkerung positiv verwurzelt. Ihre Arbeit wird gut bewertet und ihnen im europäischen Mehrebenensystem eine entsprechende Rolle zugebilligt. Eine wichtige Funktion der Länder wird auch darin gesehen, Sprachrohr der Bevölkerung gegenüber dem Bund und der Europäischen Union zu sein. Einem Wettbewerb zwischen den Bundesländern steht die Bevölkerung kritisch gegenüber.
- die Verbundenheit mit den Ebenen des Staates (EU, Bund, Land, Gemeinde)
- die Verbundenheit mit den Institutionen des Föderalismus (Landtage, Landesregierung, Landeshauptmann) und
- bei welchen Staatsaufgaben sich die Bevölkerung mehr/weniger eigenständige Gestaltungsfähigkeit wünscht, erhoben werden.
Stadt/Gemeinde | 21,2% (39%) |
Bundesland | 22,7% (11%) |
Österreich | 38,9% (Deutschland 32%) |
Europa | 17,3% (14%) |
Note | EU | Bund | Länder | Gemeinde/Städte |
1 | 2,8 | 3,7 | 15,5 | 20,9 |
2 | 17,9 | 28,8 | 46,5 | 41,1 |
3 | 48,9 | 46,7 | 25,6 | 25,0 |
4 | 19,9 | 16,4 | 9,1 | 9,9 |
5 | 10,5 | 4,4 | 3,3 | 3,0 |
Mittelwert | 3,2 | 2,9 | 2,4 | 2,3 |
Wettbewerbsbereich | für mehr Wettbewerb sprachen sich aus |
Steuerpolitik | 20,3% |
Verwaltungsreform | 35,5% |
Betriebsansiedelungen | 41,1% |
Bildungspolitik | 34,6% |
Gesundheitspolitik | 27,4% |
Sozialpolitik | 24,4% |
Schuldenabbau | 2,6 |
Solzailleistungen | 2,6 |
Bildung | 1,7 |
Infrastruktur | 2,4 |
Gesundheit | 2,1 |
Verteidigung | 2,7 |
Wirtschaftspolitik | 3,2 |
Bildungswesen | 4,4 |
Gesundheitswesen | 4,2 |
Verwaltung | 2,0 |
Die detaillierten Umfrageergebnisse und eine wissenschaftliche Analyse werden in Kürze als Band 8 der Schriftenreihe „Politische Bildung“ erscheinen.
Vom Institut für Föderalismus wurde seit dem Jahr 1990 die von Werner Brandtner betreute Lose-Blatt-Sammlung „Die Landesverfassungen“ herausgegeben. Künftig wird die Sammlung der Landesverfassungen der österreichischen Länder und die Geschäftsordnungen der Landtage in Buchform herausgegeben. Es ist geplant, eine Aktualisierung in einem Rhythmus von zwei Jahren vorzunehmen. Das soeben erschienene Buch „Die Landesverfassungen der österreichischen Länder einschließlich der Geschäftsordnungen der Landtage“ von Nikolaus Brandtner/Heidemarie Thalhammer, Innsbruck 2010, 579 Seiten, ISBN 978-3-901965-326, enthält den aktuellen Rechtsbestand zum 1. Februar 2010 und ist zum Preis von € 25,00 zzgl Versandspesen ausschließlich beim Institut für Föderalismus erhältlich. Wir laden Sie ein, dieses Angebot zu nützen und freuen uns über Ihre Bestellung.