28.09.2010

Föderalismus Info 4/2010

Vernünftige Reformen im Schulbereich – keine Machtspiele

Die seit Jahren geführten Diskussionen über Reformen im Schulbereich haben in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Das Institut für Föderalismus vertritt in dieser Frage seit Jahren eine klare Linie: Der Bund soll weiterhin für die Vorgabe von Lehrplänen und Bildungszielen sowie das Dienstrecht zuständig sein. Die Länder sollten sämtliche Lehrer in ihren Verwaltungsbereich übernehmen, die Finanzierung über den Finanzausgleich abgesichert werden. Die Bezirks- und Landesschulräte sollten abgeschafft, deren Aufgaben in Landesbildungsdirektionen gebündelt werden. Dieses Modell, das klarere Verantwortlichkeiten und damit höhere Effizienz brächte, wird bisher vom Bund blockiert.



Die seit Jahren geführten Diskussionen über Reformen im Schulbereich haben in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Vor allem der Vorstoß des niederösterreichischen Landeshauptmannes Pröll, wonach den Ländern die Kompetenz für alle Lehrer, also die Landeslehrer an Pflichtschulen (Volks- und Hauptschulen) und Berufsschulen und die Lehrer an allgemein bildenden Schulen (AHS) und berufsbildenden höheren Schulen (BHS) zukommen sollte (vgl zB Wiener Zeitung vom 12.8.2010) und die Beratungsergebnisse der Landeshauptleutekonferenz vom 6. September 2010, führten zu zahlreichen Reaktionen.
Bei der SPÖ-Klausur am 15. September 2010 warnte Bundeskanzler Faymann vor übertriebenen Erwartungen in der Verwaltungsreform, sprach sich für eine Schule „mit zentraler Vorgabe“ aus und lehnte einen Streit Bund gegen Länder im Bereich Schule ab. Unterrichtsministerin Schmied vertritt die Auffassung, dass alle Lehrer in der Zuständigkeit des Bundes zusammengefasst werden sollten, sprach sich aber für baldige Verhandlungen mit den Ländern aus.
Beim derzeitigen Streit im Bereich Schule geht es im Wesentlichen um zwei Punkte:
Zum einen um die Kompetenz für die Lehrer und zum anderen um längst überfällige Reformen in der Schulverwaltung, die von Doppelgleisigkeiten gekennzeichnet ist.
Das Institut für Föderalismus hat dazu seit Jahren einen klaren Standpunkt eingenommen (vgl Verfassungsreform und regionale Bildungsverantwortung der Länder, in: Föderalismus-Info Nr 2/2008 sowie Verländerung des Schulwesens nur mit klaren Rahmenbedingungen, in: Föderalismus-Info Nr 4/2005), der nachstehend bekräftigt wird:
-       Übernahme sämtlicher Lehrer, auch jener an Bundesschulen, in die Vollziehungszuständigkeit der Länder bei transparenter Kostentragungsregelung.
-       Für das Dienstrecht der (neuen) Landeslehrer soll – wie bisher – der Bund zuständig sein.
-       Die Reform der Schulverwaltung muss mit der Abschaffung der Landesschulräte (aber auch der Bezirksschulräte) verbunden sein. Die regionale Schulverwaltung kann im Rahmen der Verwaltungsorganisation der Länder besorgt werden.
-       Bundeseinheitliche Vorgaben von Lehrplänen und Bildungszielen.
Die Reformen im Schulbereich sollen mit Vernunft angegangen werden, sie haben nichts mit Demonstration von Machtausübung zu tun (siehe dazu die Kommentare von Institutsdirektor Bußjäger, Lehrerdebatte: Eine Sache der Vernunft, in: TT vom 20.8.2010 sowie Tausche Schule gegen Krankenhaus, in: TT vom 22.7.2010).

Nepal: Ein Bundesstaat in der Entstehung

Föderalismus wird zunehmend auch von Entwicklungsländern als Weg zu einer rechtsstaatlichen Demokratie entdeckt, der kulturelle und ethnische Vielfalt gewährleistet. Eines der neuesten Beispiele ist Nepal, das sich in seiner Vorläufigen Verfassung seit 2008 als föderaler Staat deklariert. Die föderalen Institutionen (Regionen, Parlamente) müssen in der in Ausarbeitung befindlichen neuen Verfassung allerdings erst eingerichtet werden, da der etwa 30 Millionen Einwohner umfassende Himalayastaat bisher streng zentralistisch ausgerichtet war. Die Verankerung von Föderalismus in einem Staat ohne jegliche föderale Tradition ist eine große Herausforderung. Das Institut für Föderalismus hofft, dass der mutige Schritt Nepals Erfolg hat und zu einem rechtsstaatlichen, demokratischen und effizienten Staatswesen führt.

Bürgernähe, Sparsamkeit und Effizienz von Verwaltungsebenen

Eine in der Zeitschrift „Kommunal“ Nr 6/2010, 20/21, veröffentlichte Umfrage bestätigt verschiedene vom Föderalismusinstitut in der Vergangenheit vorgestellte Ergebnisse anderer Befragungen: Die Verwaltungen der Gemeinden und der Länder genießen bei der Bevölkerung einen guten Ruf. Das Ergebnis zeigt, dass die oft gescholtenen Verwaltungen der Gemeinden und der Länder von den Bürgerinnen und Bürgern deutlich besser als die Bundesverwaltung beurteilt werden. Das Ergebnis der Umfrage ist wohl auch als eine Ablehnung des zentralistischen Vorschlags zu werten, die Bezirkshauptmannschaften als Verwaltungsebene abzuschaffen.



Insgesamt beurteilen 75% der Befragten die Verwaltung in ihrer Gemeinde als sehr/eher gut, 69% die Verwaltung der Bezirkshauptmannschaft, 65% die Verwaltung der Gemeinde sowie 50% die Bundesverwaltung.
Als bürgernahe wird besonders die Verwaltung in der Gemeinde (80%), vor jener der Bezirkshauptmannschaften (75%), der (übrigen) Landesverwaltung (66%) sowie der Bundesverwaltung (47%) betrachtet.
Dieselbe Reihenfolge gibt es bei der Frage nach der Sparsamkeit (57% erachten die Verwaltung der Gemeinde als sehr/eher sparsam), 50% jene der Bezirkshauptmannschaft, 43% die der (übrigen) Landesverwaltung und 30% der Bundesverwaltung.
Als leistungsfähig wird besonders die Verwaltung in der Gemeinde (76%), vor der Bezirkshauptmannschaft (67%), des Landes (65%) und des Bundes (50%) betrachtet.

Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik – Rücksichtnahme auf Länderinteressen

Bei ihren Tätigkeiten sind die Länder im Zusammenhang mit Katastrophenvorkehrungen und der Katastrophenhilfe auf die Informationen verschiedener Einrichtungen angewiesen. Dabei kommt den Wetterdaten (Niederschlagswarnungen für die Landeswarnzentralen, Lawinenwarndienst, Schneewarnungen) der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wesentliche Bedeutung zu. Die Bundesländer verlangen nun vom Bund, bei der Formulierung des neuen ZAMG-Gesetzes darauf Rücksicht zu nehmen, dass ihnen auch künftig die notwendigen Informationen für die Katastrophenabwehr wie bisher kostenlos und verlässlich zukommen.



Vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wurde mit Schreiben vom 16. Juli 2010 der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein ZAMG-Gesetz erlassen und das EG zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das FOG sowie das Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden sollten, zur Begutachtung. Die Begutachtungsfrist endete am 10. September 2010.
Der wesentliche Inhalt des Entwurfes ist die Umwandlung der ZAMG von einer teilrechtsfähigen Anstalt des Bundes in eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
In ihren Stellungnahmen sprachen sich etwa die Länder Kärnten, Tirol und Vorarlberg dafür aus, im Gesetz klarzustellen, welche Informationen die ZAMG wie bisher kostenfrei den Ländern zur Verfügung stellen muss. Weiters müsse sichergestellt werden, dass auch nach der Ausgliederung die bestehenden Regionalstellen in Innsbruck, Salzburg, Graz und Klagenfurt sowie die Dienststelle in Bregenz aufrechterhalten bleiben. Für die Länder mit ihren Warnzentralen, hydrografischen Diensten und Straßendiensten ist es von besonderer Bedeutung, weiterhin die notwendigen meteorologischen, klimatologischen und geophysikalischen Informationen zu erhalten, ohne dass dafür Kosten entstehen.
Der Bund sollte nun – auch im Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung – bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlage auf die berechtigten Anliegen und Wünsche der Länder eingehen und diese im Gesetz entsprechend berücksichtigen.

Die Zukunft des österreichischen Bundesstaates in Europa – Expertenhearing

In den vergangenen Monaten hat sich nicht zuletzt angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte die Diskussion zu Kernfragen des föderalen Systems und insbesondere zu Fragen des Parlamentarismus in Bund und Ländern sowie des Finanzföderalismus in Österreich intensiviert. Am 14. Oktober findet im Haus der Europäischen Union in Wien ein von Foster (Foundation for strong European Regions) und dem Institut für Föderalismus organisiertes Expertenhearing zum Thema „Die Zukunft des österreichischen Bundesstaates in Europa“ statt. Dabei werden im Rahmen zweier prominent besetzter Panels österreichische Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik Grundsatzfragen bundesstaatlicher Ordnung und bundesstaatlicher Finanzen diskutieren. Das genaue Programm finden Sie in der pdf-Datei.

Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus – Einreichfrist beachten

Am 14. Juni 2010 hat das Institut für Föderalismus den Nachwuchspreis für wissenschaftliche Forschung zum Föderalismus 2010 ausgeschrieben. Die Ausschreibungsunterlagen und das Einreichformular sind auf der Homepage des Instituts abrufbar. Wir dürfen daran erinnern, dass die Ausschreibungsfrist am 31. Oktober 2010 endet und Interessierte einladen, sich rechtzeitig um die Vergabe des Nachwuchspreises zu bewerben.