Der österreichische Bundesrat, dessen Hauptaufgabe als Länderkammer des Parlaments die Mitwirkung und Wahrnehmung der Länderinteressen bei der Bundesgesetzgebung ist, steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Mit der Länderkammer ist kaum jemand zufrieden, deshalb werden immer wieder Reformvorschläge geäußert und auch in letzter Zeit wiederum seine Abschaffung gefordert.
Kürzlich äußerte die Bundesregierung Überlegungen, dass in den Bundesrat auch Landtagsabgeordnete entsandt werden könnten, um damit offenbar auch Kosten einzusparen. Dazu ist festzuhalten, dass das Institut bereits vor etwa 10 Jahren den Vorschlag machte, in den Bundesrat Landtagsabgeordnete zu entsenden (siehe BUSSJÄGER, Reform und Zukunft des Föderalismus - ein Konzept der Modernisierung des österreichischen Bundesstaates, FÖDOK Band 13, 2002, 6 ff), wobei dies ohne Verfassungsänderung möglich wäre (vgl dazu auch den kürzlich erschienenen Kommentar von Peter Bußjäger: Bundesrat reformieren?, in: Vorarlberger Nachrichten vom 16. Dezember 2011).
Das Institut für Föderalismus hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit den Reformvorschlägen für die Aufwertung der Stellung des Bundesrates befasst und diese in den Föderalismusberichten entsprechend dargestellt (vgl 30. Bericht 2005, 25 f und 191 ff; 32. Bericht 2007, 28 ff, 33. Bericht 2008, 25 ff und 34. Bericht 2009, 12 ff). Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesrat durch die „Lissabon-Begleitnovelle“ eine gewisse Stärkung erfahren hat, da er im Wege der Subsidiaritätsprüfung von EU-Vorhaben die Interessen der Länder entsprechend wahrnehmen kann.
Die Position des Föderalismusinstituts zur Aufwertung des Bundesrates, an der sich bis dato nichts geändert hat, wurde bereits im Jahr 2007 vorgelegt (vgl Aufwertung des Bundesrates - Position des Föderalismusinstituts, in: Institut für Föderalismus, Föderalismus-Info Nr 3/2007). In erster Linie geht es um eine stärkere Bindung des Bundesrates an die Landtage und um die Zurückdrängung des Einflusses der Parteien auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat.
Wir dürfen diese Position zusammenfassen und nachstehend wiedergeben:
a) Vorschläge, die ohne Verfassungsänderung umgesetzt werden könnten:
- Entsendung von Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern in den Bundesrat. Dies wäre bereits jetzt möglich ‑ wird allerdings von keinem Landtag wahrgenommen ‑ und würde zu einer stärkeren Bindung der Bundesräte an die entsendenden Länder führen.
- Der Bundesrat soll nur dann zu einer Sitzung zusammentreten, wenn geplant ist, gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates einen Einspruch zu erheben oder die Zustimmung gemäß Art 44 Abs 2 B-VG zu verweigern. Dies würde dazu beitragen, dass der Bundesrat nicht die zahlreichen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates einfach „durchwinken“ muss.
b) Reformen des Bundesrates auf Grundlage einer Änderung der Bundesverfassung:
- Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Gesetzen, die für die Länder maßgebliche finanzielle Auswirkungen haben.
- Bindung der Bundesräte an Landtagsbeschlüsse, dh den Bundesräten könnte ein bestimmtes Abstimmungsverhalten auferlegt werden, um die Interessen der Länder entsprechend wahrzunehmen. Wenn Landtagsabgeordnete im Bundesrat vertreten wären, würden diese im Bundesrat wohl kaum gegen die artikulierten Interessen des jeweiligen Landes stimmen.
- Möglichkeit für den Bundesrat, auch nur Teile von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates beeinspruchen zu können und rechtzeitige Einbindung des Bundesrates in das Gesetzgebungsverfahren. Dies sieht übrigens auch ein Gesetzesantrag des Bundesrates (174/A-BR-2009) vor, der nach wie vor unerledigt im Nationalrat liegt.
An Reformvorschlägen für den Bundesrat mangelt es wirklich nicht, gefehlt hat in den letzten Jahren immer der politische Wille, diese längst überfällige Reform auch umzusetzen und in Angriff zu nehmen. Den Vorschlag, die Bundesräte direkt vom Volk wählen zu lassen, sehen wir kritisch, da er nicht dazu beitragen dürfte, die Verknüpfung zwischen Nationalrat und Bundesrat zu durchbrechen.